Möglichkeiten und Grenzen bei der Regelung von umrichtergespeisten Kurzschlussläufermaschinen

Möglichkeiten und Grenzen bei der Regelung von umrichtergespeisten Kurzschlussläufermaschinen

L. Abraham, W. Kuhn MOGLlCHKElTEN UND GRENZEN BEl DER REGELUNG VON UMRlCHTERGESPElSTEN KURZSCHLUSSLAuFERMASCHlNEN L. Abraham, Entwicklungsabteilung ...

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L. Abraham, W. Kuhn

MOGLlCHKElTEN UND GRENZEN BEl DER REGELUNG VON UMRlCHTERGESPElSTEN KURZSCHLUSSLAuFERMASCHlNEN

L. Abraham, Entwicklungsabteilung fUr Energieelektronik, Brown,Boveri & Cie. AG, BRD W. Kuhn, Entwicklungsabteilung fUr Energieelektronik, Brown,Boveri & Cie. AG, BRD ZUSAMMENFASSUNG Es werden zunachst die bekannten Untersuchungen Uber das dynamische Verhalten der KurzschluElaufermaschine bei variabler Speisefrequenz zusammengefaEt. Das flir transiente Vorgange optimale Steuerverfahren wird beschrieben. Die dabei notwendige Erhohung der Umrichterspannung ist bei vielen Antrieben im Bereich hoher Drehzahlen nicht rnoglich. Es werden Untersuchungen und Simulationsergebnisse aufgezeigt, wie auch mit konstanter Spannungsamplitude Verbesserungen des dynamischen Verhaltens bei Umrichterantrieben erzielt werden konnen. SUMMARY Already known investigations of the behaviour of squirrel cage motors in variable frequency operation are first summarised. The optimal control techniques for transient response are described. The necessary voltage increase at the converter in the high r.p.m. range is not possible with many drive systems. The results of computer simulations are used to illustrate how the dynamic performance of converter drives may be improved in constant voltage operation. ElNFUHRUNG FUr Antriebe, bei denen besonders robuste Motoren oder hohe Drehzahlen benotigt werden, setzt man schon seit einigen Jahren Kafiglaufermaschinen auch fUr veranderliche Drehzahlen ein. Die dazu notwendige Anpassung der Frequenz der Motorspannung wird mit Hilfe von Umrichtern vorgenommen. Sind keine besonderen dynamischen Anforderungen vorhanden, so werden Frequenz und Amplitude der Motorspannung gesteuert vorgegeben. Bei derartigen einfachen Antrieben ist das Verhalten des KurzschluElaufermotors ahnlich wie bei Speisung aus dem Netz. Eine wesentliche Verbesserung der dynarnischen Eigenschaften von Asynchronmaschinen wird dadurch geschaffen, daE man das Kippen verhindert. Dies erreicht man am einfachsten dadurch, daE man die mechanische Drehfrequenz der Maschine in die Umrichtersteuerung zurtickfUhrt und die Speisefrequenz durch Addition mit einer vorgegebenen Schlupffrequenz erzeugt. Bei gleichzeitiger Vorgabe des

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Standerstromes wird das Drehmoment dann weitgehend unabhangig von der Drehzahl (/3/). Es sind auch andere RUckftihrungsmethoden in Gebrauch(/8/, /9~ die im wesentlichen das Gleiche bewirken. Urn einen Drehzahlregelkreis mit sehr gut en dynamischen Eigenschaften aufzubauen, muE das Drehmoment darUber hinaus schnell aufgebracht werden. Die Vektoreigenschaften der elektrischen und magnetischen GroEen in der Maschine sind dann bei der Gestaltung des Regelsystems besonders zu beachten. Es gibt verschiedene Losungsvorschlage und Ausftihrungsbeispiele fUr die Steuerung und Regelung des Umrichters(/4/, /9~, mit denen eine schnelle Veranderung des Drehmomentes ermoglicht wird. Bei der Anwendung dieser Verfahren tritt jedoch haufig die Schwierigkeit aUf, daE der Umrichter in bestimmten Betriebsbereichen die benotigten Spannungen nicht zur VerfUgung stellen kann. Im folgenden soll deswegen auch untersucht werden welche dynamischen Eigenschaften bei Umrichterantrieben unter BerUcksichtigung dieser Begrenzungen erreichbar sind. STROM- UND SPANNUNGSGRENZEN VON UMRICHTERN Obwohl vie le verschiedene Umrichterarten und -schaltungen (Beispiel siehe /10/, /11/) verwendet werden, lassen sich ihre Strom- und Spannungsgrenzen durch ahnliche Kennlinien beschreiben. Diese sind in Bild 1 zusammen mit den entsprechenden Kennlinien von KurzschluElaufermaschinen aufgetragen. Die GroEen sind auf die entsprechenden GroEen im Nennbetriebspunkt bezogen, in dem sich die Spannungskurven von Umrichter und Motor schneiden. Ein wesentliches Dimensionierungskriterium fUr Umrichter ist die Wahl der Sperrspannung fUr die verwendeten Halbleiter-Bauelemente. Der Umrichter kann im gesamten Betriebsbereich eine annahernd konstante Maximalspannung liefern. Bei elektrischen Maschinen wird die maximale Spannung durch Sattigung des Eisens bestimmt. Erst bei hohen Frequenzen wird eine weitere Grenze durch die gewahlte Isolation in der Maschine erreicht. Diese Isolationsgrenze laEt sich mit maEigem Aufwand nach ob en verschieben. Der zulassige Dauerstrom des Umrichters ist ahnlich wie bei der Maschine durch die Erwarmung gegeben und andert sich im gesamten Frequenzbereich nur wenig. Die thermischen Zeitkonstanten von Umrichtern sind relativ klein (1 bis 10 min), so daE der Dauerstrom bei Aussetzbetrieb fUr den Umrichter hoher gewahlt werden muE als fUr die Maschine. Wahrend bei den elektrischen Maschinen sehr hohe Spitzenstrome zulassig sind, da sie im allgerneinen nur durch die auftretenden Spitzenrnomente und sonstigen Stromkrafte begrenzt werden, ist die Uberstrombelastbarkeit von Um588

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richtern relativ gering; denn die Kommutierungseinrichtung (bzw. der Sicherheitsabstand bei netzgeftihrten Stromrichtern) wird im allgemeinen so gewahlt, daB nur etwa das 1,5- bis 2-fache des Dauerstromes als Kurzzeitstrom zulassig ist. Eine wesentliche Erhohung des Kurzzeitstromes wUrde eine merkliche VergroBerung des Umrichters zur Folge haben. Man erkennt in Bild 1, daB bei Betrieb der Maschine mit Drehzahlen die einer Frequenz entsprechen, die kleiner als die Nennfrequenz ist, der Umrichter einen groBen SpannungsUberschuB liefern kann. FUr die Regelung in diesem Betriebsbereich ist nur zu beachten, daB der Motorstrom die Kommutierungsgrenzen nicht Uberschreitet. Dies bedeutet keine Einengung fUr einen guten dynamischen Betrieb der Maschine (siehe /4/ bis /9/). Bei hoheren Drehzahlen kann der Umrichter keine oder nur eine geringe Spannungsreserve zur VerfUgung stellen. Ein Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wieweit sich diese Einschrankung auf das transiente Verhalten der Maschine auswirkt. DAS TRANSIENTE VERHALTEN DER ASYNCHRONMASCHINE Das Gleichungssystem Die elektrischen und magnetischen Vorgange in der Asynchronmaschine werden im folgenden mit Hilfe von Raumvektoren beschrieben. Diese Raumvektoren werden in einer komplexen Ebene, die man sich senkrecht zur Maschinenachse vorstellen kann, dargestellt (siehe auch /1/, /2/). In den folgenden Gleichungen sind diese "komplexen GroBen" durch tTberstreichen gekennzeichnet (ZUIl Beispiel ii). Bei der Darstellung durch Raumvektoren wird das Nullsystem nicht berUcksichtigt. Diese Vernachlassigung ist zUlassi~; denn man kann durch schaltungstechnische MaBnahmen (z.B. keine Sternpunktverbindung) die Auswirkung eines in der Umrichterspannung vorhandenen Nullsystems auf den Motorstrom verhindern. Die bei der Raumvektordarstellung·unberUcksichtigten Oberwellen - infolge des nicht sinusformigen Strombelages in der Maschine - spielen fUr die hier behandelten dynamischen Vorgange nur eine untergeordnete Rolle, so daB sie ebenfalls vernachlassigt werden konnen. Nach /2/ kann das dynamische Verhalten der KurzschluBlaufermaschine durch das folgende Gleichungssystem beschrieben werden, wobei mit cukeine beliebig wahlbare Drehfrequenz bezeichnet ist, mit der die komplexe Bildebene umlauft.

(1)

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o ip1

fJl2

12'R2+d if'2/ dt + j (W k - cu)!P2

(2)

(1 61+~)r1+~ 1 2 ~ 1 1+(1 6 2+~) 1 2

(3)

=1, 5p z'

~

(4)

- -,,2(lf/1 x %)=K.lm(lj!1·lj!2)

1112-~

Man kann dieses Gleichungssystem durch das in Bild 2

gezeigte Ersatzschaltbild fur transiente Vorgange darstellen. Dabei ist zu beachten, daB die Strome, Spannungen und Flusse zeitabhangige Raumvektoren sind und keine Zeiger.

Eine and ere Darstellungsart der Gleichungen (1) bis (5) ist der Strukturplan in Bild 3. Dabei gilt: w1

1 d1/~

*)

(6)

cu 2

1d2/~

*)

(7)

d

= 1-1/(~+1d1)'

(~+1d2)

(8)

cu k1

R1/d(~+1d1)

(9)

cu k2

R2 /d (~+1d2)

(10)

cu k2 ist die Kippschlupf-Kreisfrequenz bei Vernachlassigung des Standerwiderstandes; Wk1 ist die Kippschlupf-Kreisfrequenz bei einer (fiktiven) Speisung uber den 1aufer bei vernachlassigtem Lauferwiderstand. Die Kehrwerte dieser Kreisfrequenzen werden im folgenden auch als Streuzeitkonstanten bezeichnet. Die WirkungsgroBen in Bild 3 sind zweidimensionale Vektoren in komplexer Darstellung. FUr die konkrete Berechnung mussen diese Vektoren in Realteil und Imaginarteil aufgespalten werden. Den sich dann ergebenden Strukturplan zeigt Bild 4. Er enthalt vier Energiespeicher, deren Kopplung wesentlich von der Drehfrequenz (w) bestimmt wird. Ausgleichsvorgange bei konstanter Drehzahl Bei der Betrachtung der in der Maschine auftretenden transient en Vorgange geht man am besten vom 1auferfluB aus. Die Gleichungen (1) und (2) lassen sich zu folgender Differentialgleichung zusammenfassen, wobei Wk=O gesetzt wurde: *)Anm. :Diese Definition ist in der deutschen 1iteratur uberwiegend anzutreffen.ln /2/werden d1 u. d2 anders definiert. 590

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U1 . Wk2 / (1+ 61 )=

ifi2[d c.Jk1 +

c.Jk2-j( W



w k1 + W)J

ijJ 2' [c.J k1 + c.J k2 -j W J

+

0/2

Im folgenden solI angenommen werden, daB die Drehzahl der Maschine konstant ist. Wie bereits erwahnt, laBt sich namlich durch Ruckflihrung der Maschinendrehzahl auf die Speisefrequenz die Auswirkung der Drehzahlanderung auf die Ausgleichsvorgange weitgehend unterdrucken. Die Losung der charakteristischen Gleichung bei konstanter Drehzahl ist:

r y( w k2 -w k1 -j W

•w k1 k2 Durch Aufteilung in Real- und Imaginarteil kann man allgemein schreiben: -1 /T a + j

Gt)

)2+ 4 ( 1- d) w

( 12)

a

-1/T b +j W b Es ergeben sich also zwei Ausgleichsvorgange a und b in der komplexen Ebene. Dies bedeutet, daB der transiente An.!.eil von _ fj!2 durch die Summe von zwei Raumvektoren ~2a und ~2b gebildet wird, wobei jeder dieser Ausgleichvektoren mit konstanter Drehzahl (W a bzw. WD) und mit gedampfter Amplitude (Zeitkonstante Ta bzw. Tb) umlauft. Aus Gleichung (12) geht hervor, daB zwischen den Drehfrequenzen W undW b folgende Beziehung besteht: a ( 15)

(16 ) In Bild 5 sind oben die Zeitkonstanten Ta' Tb und die durch die Gleichungen (15) und (16) definierte "Ausgleichs-Drehfrequenz" f p als Funktion. der mechanischen Drehfrequenz fur die weiter unten beschriebene Maschine aufgetragen. Man kann erkennen, daB f p im gesamten Drehzahlbereich klein bleibt. Unten in Bild 5 sind die Ortskurven von Pa und Pb als Funktion der Drehzahl aufgetragen, dabei wurde wegen der einfacheren Darstellungsmoglichkeit statt Pb die GroBe 1/Tb + jW p (17) gezeichnet. Der Ausgleichsvorgang a hat bei kleinen

Pt

=

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Maschinendrehzahlen eine groBe Zeitkonstante T~ und lauft gegen den Stander nur langsam um. Der Vorgang b lauft mit der gleichen kleinen Drehzahlfrequenz relativ zum Laufer um. Es laBt sich nachweisen, daB bei hohen Drehzahlen (W» wk1' Wk2) mi~ dem Ausgleichsvorgang a _ im wesentlichen eine Anderung des Standerflusses ~1 und mit dem Vo~ang b im wesentlichen eine Anderung des Lauferflusses ~2 verbunden ist. FUr die Zeitkonstanten gilt dann: Ta ~

1/W k1

(18 )

Tb....

1/W k2

( 19 )

Die Ausgleichsvorgange in der Maschine laufen also bei hoheren Drehzahlen mit den Streufeldzeitkonstanten und damit relativ schnell - ab. Spezielle Regeleingriffe sind nur dann notwendig, wenn die Zeitkonstante der Momentenverstellung kleiner sein soll als diese Streuzeitkonstanten der Maschine. DIE OPTIMALE STEUERUNG FUR TRANSIENTE VORGANGE Die gtinstigsten dynamischen Eigenschaften fUr Ubergeordnete Regelkreise erhalt man dann, wenn es einem gelingt, die Eingangsspannung der Maschine so vorzugeben, daB sich nach jeder Anderung sofort der neue Dauerzustand einstellt. Aus der Differentia~leichung (11) kann man ~rsehen, daB nur die GroBe ~2 durch eine sprunghafte ~derung~on u1 unmittelbar beeinfluBt wird. Die GroEen ~2 und ~2 mUssen also zu jedem Zeitpunkt einem stationaren Betriebszustand entsprechen, wenn keine Ausgleichsvorgange angeregt we~den sollen. Nun ist die allgemeine Beziehung zwischen ~2 und ~2 fUr stationaren Betrieb: o/2=jW 1 ·rp2

(20)

Will man diese Bedingung auch bei transienten Vorgangen aufrecht erhalten, so ist w1 als die Standerfrequenz anzusehen, die fUr den momentanen Betriebszustand den stationaren Zustand reprasentiert. Der LauferfluE ltiuft auch tatsachlich stets mit w1 urn, die Kreisfrequenzen der anderen Vektoren weichen bei transient en Vorgangen von W1 ab. Man schreibt deswegen besser: (21) 2 = j ·(w+ W 2 ) 'l.f'2 '

ifi

wobei die "Schlupf-Kreisfrequenz" w2 diejenige Kreisfrequenz ist, mit welcher der LauferfluE gegen den Laufer umlauft. Im stationaren Zustand entspricht diese "Schlupf-Kreisfrequenz" der Ublichen Definition fUr die Schlupffrequenz. Gleichung (21) laSt sich noch einfacher fassen, wenn man das Koordinatensystem rnit der Winkelgeschwindigkei t (w + r..V2) des Lii.uferflusses rotieren laBt; es gilt dann:

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L. Abraham, '11. Kuhn

= 0;

~2

= const

~2

(22)

Und es ergibt sich: i 2

-j~2ip2/R2

J.

(o+jW /w k2 )if2 /dL 2

1

u1~k2

ip2[dwk1Wk2-W2(~+Wz)

= (1+61)

(23) (24) (25)

+j' (Wk1W2+Wk2(W+W2)+c.i2)]

md = 1,5 pzWi¥~/R (26) Bei Einhaltung der Bedingungen (22) ist das Drehmoment der Schlupf-Kreisfrequenz direkt proportional. Letztere kann deswegen als fiktive SteuergroEe fur das Drehmoment angesehen werden. Bild 6 zeigt die Raumvektoren und deren Ortskurven bei erner-Steuerunfl der Maschine nach den Gleichungen (22) bis (25) fur UJ2=0, d. h. fur stationaren Betrieb. Die Pfeile an den Ortskurven weisen in Richtung wachsender Schlupffrequenz und damit auch wachsenden Drehmoments. Die gestrichelten Kurven zeigen, daE sich die Sattigung des Eisens nur unwesentlich auf die Standerspannung auswirkt. In Bild 7 ist die vollstandige Ortskurve des Standerspannungsvektors als Funktion von Schlupffrequenz und Drehzahl fur stationaren Betrieb aufgetragen. Der Vektor U1 muE also in der Amplitude sowie in der Phasenlage gegenuber dem LauferfluEvektor an den jeweiligen Betriebszustand angepaEt werden, wobei auEerdem die richtige Kreisfrequenz (.<)1 =W+ W2 eingehalten werden muE. Man erkennt aber, daB eine Drehmomentanderung sich bei konstanter Drehzahl vor allem in einer Winkelanderung f200 auswirkt. Bei transienten Vorgangen muB auEerdem eine dynamische Zusatzspannung £lU

1

=

ifi 2 ·j(1+

01)W 2 /W k2

(27)

aUfgebracht werden, wie sie sich aus der Gleichung (25) ergibt. Um die Bedingungen nach Gleichung (22) zu erfullen, muE also der Vektor der Zusatzspannung stets senkrecht zu VJ2 stehen und der Betrag der Zusatzspannung proportional mit Geschwindigkeit der Momentenverstellung ansteigen. Der Verlauf des Spannungsvektors fUr eine Drehmomenterhohung in 0,01 sek ist in Bild 8 fUr die weiter unten beschriebene Maschine aufgetragen. Oben im Bild wird der zeitliche Verlauf des Drehmomentes gezeigt, wie er bei einer Simulation ermittelt wurde. Die Restschwingungen des Drehmomentes sind dadurch bedingt, daB der Verlauf der Spannung U1 wegen bestimmter Linearisierungen - so wie sie bei einer praktisch ausgeftihrten Regelung vorgenommen wurden - nicht genau der Gleichung (25) entsprach. 593

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TRANSIENTE VORGANGE BEI KONSTANTER SPANNUNGSAMPLITUDE FUr die dynamisch optimale Regelung der Asynchronmaschine ist nach Bild 8 ein SpannungsliberschuB notwendig, der im wesentlichen von der Anderungsgeschwindigkeit des Drehmomentes abhangt. Urn diese Regelreserve mliBte der Umrichter groBer ausgelegt werden, wenn man die dynamischen Moglichkeiten der Maschine voll ausnutzen wollte. Wegen der hohen Kosten werden Umrichter liblicherweise nur flir den stationaren Betrieb dimensioniert (siehe auch Bild 1). Die transienten Vorgange bei hohen Drehzahlen kdnnen dann nur liber den Phasenwinkel von u1 beeinfluBt werden. Die dabei auftretenden dynamischen Vorgange sind mathematisch nur schwer beschreibbar. Sie wurden deswegen simuliert. Um moglichst wirklichkeitsnahe Ergebnisse zu erzielen, wurde der Antrieb flir eine Dieselelektrische Lokomotive mit KurzschluBlaufer-Fahrrnotoren - wie er in /12/ genauer beschrieben ist - untersucht. Uber diesen Antrieb liegen genligend praktische Betriebserfahrungen vor. Die Daten der Maschine sind: U1N = 540 Vj I 1N =230 Aj f N = 20 HZj Wk1 =15,6/sekj w k2 = 6,4/sek. Der verwendete Urnrichter mit Gleichspannungszwischenkreis gibt bei hohen Drehzahlen eine rechteckformige Ausgangsspannung ab. Phasensprwlge in der Standerspannung lassen sich mit diesem Umrichtersystern sehr einfach realisieren. Die Maschine wurde entsprechend dern Strukturplan nach Bild 4 auf einem Digitalrechner nachgebildet. Zur Vereinfachung der Untersuchungen wurde die Drehzahl (cu) jeweils fest vorgegeben. Urn den stationaren Zustand abzuspalten, wurde in einem Koordinatensystem simuliert, das mit cuk = w1 umlauft. Bild 9 zeigt einen Ausgleichsvorgang nach einem Sprung der Standerfrequenz um AW1 ohne Phasensprung. Dabei ist unten der Drehmomentenverlauf bei rechteckformiger und oben bei sinusformiger Speisespannung aufgetragen. Der prinzipielle Verlauf beider Kurven ist gleichj man kann sich den unteren Ausgleichsvorgang als Uberlagerung des Ausgleichsvorganges bei sinusformiger Spannung mit den dUTCh die Oberschwingungen bei Rechteckspeisung verursachten Drehmomentpulsationen erklaren. Ahnliche Pulsationen durch die Oberschwingungen treten in Standerstrom, Lauferstrom und StanderfluB aUf, sie wirken sich dagegen nur wenig auf den LauferfluB aus. Bei den weiteren Untersuchungen wurde das Modell mit sinusformigen Spannungen gespeist, da sich dann die hier interessierenden Ausgleichsvorgange am deutlich-

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lichsten zeigen. Bei Speisung mit rechteckformigen Spannungen muE den Simulationsergebnissen die Pulsation aufgrund der Oberschwingungen wie Bild 9 uberlagert werden. Um einen Eindruck uber das Verhalten der KurzschluElaufermaschine zu gewinnen, wurde zusammen mit einem~UJ1­ Sprung auch ein Sprung der Standerspannung um den Winkel Ai'1 vorgegeben. In den Bildern 10 bis 12 ist der EinfluE dieses Phasensprunges auf das Drehmoment und auf den Betrag des Standerstromvektors zu erkennen. Die GroEe des Winkelsprunges ~f1 ist dabei auf den Winkel '200 bezogen, der sich nach Ablauf des Ausgleichsvorganges zwischen dem Standerspan~ungsvektor U1 und dem mit dem Laufer verketteten FluE 0/2 einstellt. Wie man sieht, ist die schnelle Veranderung des Drehmomentes nur auf Kosten von Drehmoment- und Stromschwingungen moglich. Die Amplituden dieser Pendelungen sind dem Winkelsprung Af1 proportional, wahrend ihre Frequenz fast genau der Drehzahl entspricht. Wenn der Umrichter den maximal auftretenden Strom kommutieren kann und vom Antrieb her die Drehmomentschwingungen nicht storen, kann man durch den vollen Winkelsprung Ai' = 'f2°° (siehe Bild 10) sehr schnell das Drehmoment verandern. Bei begrenzter Kommutierungsfahigkeit des Umrichters kann es von Vorteil sein, die maximale GroEe des Phasensprunges zu begrenzen, wie es in den Bildern 11 und 12 dargestellt ist. In Bild 13 werden die in den Bildern 10 bis 12 auftretenden Ausgleichsvorgange an Hand der Ortskurven fur den transient en Verlauf von 0/1 und 0/2 erklart. Die Ortskurven sind in einem Koordinatensystem dargestellt, das mit der Kreisfrequenz W1 der Standerspannung umlauft. FUr einen Sprung von ~W1 ohne Phasensprung (Ai'1 = 0) ergibt sich der oben_beschriebene Ausgleichsvorgang b. Der Vektor des Flusses 0/2 lauft mit der Zeitkonstante Tb in seinen Endwert ein, wahrend der mit dem Stander verkettete FluE sich kaum andert. Das Drehmoment als vektorielles Produkt dieser beiden GroEen andert sich ebenfalls mit der Zeitkonstante Tb; was manauch in den Bildern 10 bis 12 erkennen kann. Bei zusatzlicher Vorgabe eines Phasensprungs Ai'1 = '1'200 andert sich vor allem der mit dem Stander verkettete FluE ~1. Er dreht sich nach dem oben beschriebenen Ausgleichsvorgang a in einer logarithmischen Spirale in seinem Endwert. Die Drehfrequenz der Spirale ist dabei gleich der Kreisfrequenz UJ - "'p. Der mit dem Laufer verkettete FluE andert sich Rur wenlg. Der oben in Bild 13 abgebildete Verlauf ~1 entspricht in einem rUhenden Koordinatensystem einem abklingenden Gleichglied. Der Verlauf des mit dem Stander verketteten Flusses erklart auch die Drehmomentpendelungenwd die Oberschwingungen des Standerstrombetrages in den Bildern 10 bis 12.

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Eine Verbesserung des Prinzips der transient en Steuerung mit Hilfe einer Phasenanderung des Standerspannungvektors erhalt man dadurch, daB man den Phasensprung Af1 auf mehrere Umschaltpunkte-des Umrichters verteilt. Dadurch wird das Gleichglied, das sich im Stander aufbaut, verringert, so daB auch die Drehrnornentenpendelungen und die Oberschwingungen irn Standerstrornbetrag sehr stark reduziert werden. Bild 14 zeigt den Verlauf des Drehmoments bei Unterteilung des gesamten Phasensprungs aUf 5 Umschaltpunkte flir Drehzahlen entsprechend 30 Hz und 60 Hz. Man erkennt, daB die Drehmomentenpendelungen gegenliber Bild 10 verringert sind, ohne daB der Anstieg des Drehrnomentes wesentlich verlangsarnt wird. Die Ergebnisse der Simulation zeigen, daB durch geeignete Steuerung des Phasenwinkels der Standerspannung auch bei konstanter Spannungsamplitude vorzligliches dynamisches Verhalten von umrichtergespeisten KurzschluBlaufermotoren zu erzielen ist. Zur Realisierung dieser Verfahren gibt es verschiedene Hoglichkeiten, auf die hi er nicht naher eingegangen werden solI. FORMELZEICHEN Raumvektor des Standerstromes Raumvektor des bezogenen Lauferstromes Hauptinduktivitat Standerstreuinduktivitat bezogene Lauferstreuinduktivitat Drehmoment des Motors Polpaarzahl Standerwiderstand bezogener Lauferwiderstand Zeit Anderung des Winkels des Standerspannungsvektors Anderung der Frequenz der Standerspannung Tragheitsmoment des Rotors Winkel zwischen Standerspannungs- und LauferfluBvektor im stationaren Betrieb Raumvektor des Standerflusses Raumvektor des Lauferflusses Kreisfrequenz entsprechend der mechanischen Drehzahl Winkelgeschwindigkeit des Koordinatensystems Kippschlupf-Kreisfrequenz des Standers Kippschlupf-Kreisfrequenz des Laufers Winkelgeschwindigkeit, die dem stationaren Zustand der Standerspannung entspricht.(im stationaren Zustand laufen alle Raumvektoren mit W1 urn) Winkelgeschwindigkeit des mit dem Laufer verketteten Flusses relativ zum Rotor INDIZES, soweit bisher nicht aufgeflihrt i Imaginarteil des Raumvektors N NenngroBe Realteil des Raumvektors r 596

L.

Abraha~,

W. Kuhn

SCHRIFTTUM

/1/

Kovacs, K.P., und Racz, I.: Transiente Vorgange in Wechselstrommaschinen, Band I., Verlag der ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest 1959 /2/ Kovacs, K.P., und Racz, I.: Transiente Vorgange in Wechselstrommaschinen, Band 11., Verlag der ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest 1959 /3/ Abraham, L., und Koppelmann, F.: Kafiglaufermotoren mit hoher Drehzahldynamik. AEG-Mitteilungen 55 (1965) 2, S. 118-123 /4/ Abraham, L.: Verfahren zur Steuerung des von einer Asynchronmaschine abgegebenen Drehmomentes. DBP-Patent Nr. 1 563 228 vom 2.7.1966 /5/ Sattler, P.K., und Ulrich, B.: Untersuchung der stromrichtergespeisten Asynchronmaschine am Analogrechner. Elektrotechnische Zeitschrift A 89 (1968), S.25-31 /6/ Naunin, D.: Ein Beitrag zum dynamischen Verhalten der frequenzgesteuerten Asynchronmaschine. Dissertation Technische Universitat Berlin 1968 /7/ Hasse, K.: Zur Dynamik drehzahlgeregelter Antriebe mit stromrichtergespeisten Asynchron-KurzschluBlaufermaschinen. Dissertation Technische Hochschule Darmstadt 1969 /8) Floter, W., und Ripperger, H.: Die TransvektorRegelung fur den feldorientierten Betrieb einer Asynchronmaschine. Siemens-Zeitschrift 45 (1971) 10, S. 761-764 /9/ Blaschke, F.: Das Verfahren der Feldorientierung zur Regelung der Asynchronmaschine. Siemens Forschungs- und Entwicklungsberichte 1 (1972) 1, S.184-193 /10/ Abraham, L., Heumann, K., und Koppelmann, F.: Zwangskommutierte Wechselrichter veranderlicher Frequenz und Spannung. Elektrotechnische Zeitung A 86 (1965) 8, S. 268-274 /11/ Brenneisen, J., und Schonung, A.: BestimmungsgroBen des selbstgeflihrten Stromrichters in sperrspannungsfreier Schaltung nach dem Unterschwingungsverfahren. Elektrotechnische Zeitung A 90 (1969) 14, S.353-357 /12/ Brenneisen, J., Futterlieb, ~, Muller, E. und Schulz, M.: A new converter drive system for a Diesel-electric-locomotive with asynchronous traction motors. lEE Transactions on Industry Applications IA-9 (1973) 4, S. 482-491

597

L. Abraham, W. Kuhn

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