Accepted Manuscript Title: Nicht-invasive Stimulationsverfahren in der Psychiatrie am Beispiel der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) Author:
Nora Behler Irmgard Hantschk Linda Wulf Ulrich Palm Oliver Pogarell Frank PadbergGeteilte Autorenschaft: Die gekennzeichneten Autoren haben zu gleichen Teilen zu der Arbeit beigetragen PII: DOI: Reference:
S1439-4847(17)30025-X http://dx.doi.org/doi:10.1016/j.neulab.2017.06.002 NEULAB 10243
To appear in: Received date: Accepted date:
13-6-2017 26-6-2017
Please cite this article as: N. Behler, I. Hantschk, L. Wulf, U. Palm, O. Pogarell, F. Padberg, Nicht-invasive Stimulationsverfahren in der Psychiatrie am Beispiel der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS), Neurophysiologie-Labor (2010), http://dx.doi.org/10.1016/j.neulab.2017.06.002
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Nicht-invasive Stimulationsverfahren in der Psychiatrie am Beispiel der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) Nora Behler1*, Irmgard Hantschk1*, Linda Wulf1,2, Ulrich Palm1, Oliver Pogarell1, Frank Padberg1
ip t
1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität München, LMU München 2 NeuroCare Group, München
cr
* Geteilte Autorenschaft: Die gekennzeichneten Autoren haben zu gleichen Teilen zu der
us
Arbeit beigetragen
an
Korrespondenzadresse: Nora Behler
M
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Klinikum der Universität München, LMU München Nußbaumstraße 7, 80336 München
ce pt
ed
[email protected]
Englischer Titel:
Transcranial magnetic stimulation (TMS) as an example of non-invasive brain stimulation techniques in psychiatry
Ac
Eingereicht am 13. Juni 2017
Angenommen am 26. Juni 2017
Interessenkonflikt: ((as query to the author during proof correction))
Zusammenfassung Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist ein Verfahren, das u. a. zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen angewendet wird. Es ist ein nicht-invasiver Behandlungsansatz, der relativ nebenwirkungs- sowie schmerzarm ist. In diesem Artikel soll
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eine kurze Vorstellung der nicht-invasiven Hirnstimulation bei psychiatrischer Indikation erfolgen und die rTMS als repräsentatives Verfahren genauer beschrieben werden. Insbesondere soll ein gestuftes Therapievorgehen im Sinne einer „standard operating procedure“ (SOP) vorgestellt werden.
Abstract
ip t
Concerning psychiatric disorders non-invasive brain stimulation (NIBS) techniques have evolved as a new treatment option. Of note repetitive transcranial magnetic stimulation
cr
(rTMS) is employed in diverse indications including unipolar and bipolar depression as well as schizophrenia. The procedure is considered safe, painless and involving minimal side-
us
effects. In this article we give a short view on non-invasive brain stimulation and provide a more extensive insight in rTMS as an exemplary technique. In particular we introduce a
an
graded therapeutical approach in treatment of depression in terms of a standard operating
M
procedure (SOP).
Schlagwörter: rTMS, NIBS, repetitive Magnetstimulation, Behandlungsablauf, SOP,
ed
Depression
Ac
depression
ce pt
Keywords: rTMS, repetitive magnetic stimulation, NIBS, standard operating procedure, SOP,
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1. Einleitung Die klassische, pharmakologische Therapie psychischer Erkrankungen stößt aufgrund schlechter Verträglichkeit, Nebenwirkungsreichtum oder mangelnder Wirksamkeit immer
ip t
wieder an therapeutische Grenzen. Aus diesem Grund werden nicht-pharmakologische
Behandlungsmöglichkeiten in der Psychiatrie aktuell aktiv beforscht und teilweise auch in der
cr
täglichen Praxis angewandt. Hierzu zählen die invasiven und nicht-invasiven
us
Hirnstimulationsverfahren.
an
2. Stimulationsverfahren
Unter den invasiven Verfahren muss insbesondere die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) (minimal invasiv) erwähnt werden, da diese zu einem der wirksamsten Therapeutika in der
M
psychiatrischen Praxis zählt (9). Weitere invasive Verfahren wie die Magnetkonvulsionstherapie (MKT), die tiefe Hirnstimulation (THS) sowie die
ed
Vagusnervstimulation (VNS) finden aufgrund unzureichender Wirksamkeit als hoch invasive Verfahren in der psychiatrischen Behandlung nur nach individueller Indikationsstellung und im Rahmen von Forschung vereinzelt Anwendung (15). Zu den nicht-invasiven Verfahren
ce pt
zählen die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS), die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) sowie die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS). Für die tVNS konnte bisher noch kein suffizienter therapeutischer Effekt nachgewiesen werden (3), die Wirksamkeit der tDCS wird kontrovers diskutiert und ist aktuell Objekt
Ac
intensiver Forschungsbemühungen (14, 15). Im Folgenden soll aufgrund ihrer sehr guten Evidenzlage sowie zur besseren Übersicht ausschließlich auf die rTMS und ihre therapeutische Anwendung eingegangen werden.
3.
Überblick
Die transkranielle (= „durch den Schädel hindurch“) Magnetstimulation wurde im Jahr 1985 an der University of Sheffield unter Leitung von Anthony Barker entwickelt (1). Es handelt sich um eine fokale, kortikale Stimulation durch kurzzeitige elektromagnetische Induktion, die in den Nervenzellen Aktionspotentiale auslöst.
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Sie findet Anwendung in der Neurologie und Psychiatrie, sowohl zur Grundlagenforschung als auch in Diagnostik und Therapie. Hierzu wird die TMS in verschiedenen Modalitäten mit teils einzelner, teils wiederholter Darbietung von elektromagnetischen Pulsen verwendet. Dies beruht auf der Tatsache, dass das Auslösen eines oder mehrerer Aktionspotentiale, je nachdem in welcher zeitlichen Folge dies geschieht, unterschiedlichen Einfluss auf Reaktionen der stimulierten Zelle hat. So haben Stimulationen mit langem Inter-Stimulus-
ip t
Intervall (ISI) inhibierende Effekte auf die Grundaktivität der Zelle, während Stimulationen mit kurzem ISI aktivierende Effekte auf die Zelle zeigen (17). So können durch Variation der
cr
Impulse verschiedene Grundzustände der Nervenzellen sowie potentiell pathologische
Reaktionen des Parenchyms ausgelöst werden. In der therapeutischen Anwendung findet im
us
allgemeinen eine repetitive Darbietung von elektromagnetischen Pulsen statt, welche je nach Pulsintervall sowie Anzahl an abgegebenen Pulsen, Stärke des magnetischen Feldes und
an
somit induzierten Stromflusses unterschiedliche Wirkung auf die stimulierten Cortexareale aufweist. Dieses Verfahren nennt sich repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS). Therapeutische Indikation besitzt die rTMS in der Psychiatrie vor allem bei Depressionen,
Demenzen sowie Zwangserkrankungen.
M
aber auch bei Schizophrenien (Negativsyndrome), bei akustischen Halluzinationen,
ed
In der Neurologie wird das Verfahren vorwiegend bei Tinnitus, zur Rehabilitation nach Schlaganfall, Parkinson, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom sowie bei Kopfschmerzen angewandt
ce pt
(11).
4. Repetitive TMS (rTMS)
Zur dauerhaften Modulation der kortikalen Aktivität bei therapeutischer Indikation wird die
Ac
rTMS mit 1000 bis 3000 Impulsen (Impulssalven) täglich appliziert. Die Stimulation erfolgt standardmäßig mit einer Figure-8-Spule (Abb. 1). Diese Bezeichnung ergibt sich aus der Kombination von zwei gegenläufigen Magnetspulen, welche in Form einer 8 angeordnet sind. Bei dieser Spulenkonfiguration bildet sich durch Fließen elektrischen Stromes in den Spulen ein maximales Magnetfeld von bis zu 2,5 Tesla unter dem Kreuzungspunkt der beiden Spulenkreise. Dieses Magnetfeld dringt durch die Schädelkalotte und löst im Gehirn erneut einen Stromfluss entlang der Nervenfasern und hierdurch
Abb. 1: rTMS Spule "Figure 8"
ein Aktionspotential aus.
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5. Anwendung bei verschiedenen Indikationen Im Rahmen von psychischen Erkrankungen kann eine Hypo- oder Hyperaktivierung von Gehirnarealen zu Symptomen führen. Aus diesem Grund wird die rTMS abhängig von der individuellen Indikation in unterschiedlichen Frequenzen angewandt. Im Gehirn von depressiven Personen liegt eine frontale Hypoaktivierung der linken Seite (im
ip t
sog. dorsolateralen präfrontalen Cortex l-DLPFC) und relative Hyperaktivierung der rechten Seite (r-DLPFC) vor (7). Zur Behandlung hiervon wird die linksfrontale kortikale Aktivität
cr
durch hochfrequente rTMS (5-20 Hz) gesteigert. Alternativ kann zu diesem Zweck die rechtsfrontale Aktivität durch niederfrequente rTMS (1 Hz) verringert werden (5).
us
Bei Erkrankungen, bei denen primär eine kortikale Hyperaktivierung angenommen wird, wie beispielsweise bei akustischen Halluzinationen oder Tinnitus, findet hingegen die niederfrequente rTMS (1 Hz) über dem entsprechenden Hirnareal Anwendung (11).
an
Spulenposition nach Erkrankung:
M
Depressionen dorsolateraler präfrontaler Cortex (F3, 10/20-System), (Abb. 2) (8)
ce pt
Abb. 2: Lage des DLPFC
ed
Tinnitus auditorischer Cortex (T3 bzw. T4, 10/20-System) (Abb. 3)
Halluzinationen Heschl’scher Gyrus (TP3 bzw. TP4, 10/20-System) (Abb. 3)
akustische
Abb. 3: Elektrodenposition T3/T4 sowie TP3/TP4
Ac
6. Effektivität von rTMS in der Behandlung der unipolaren Depression rTMS wird in internationalen Empfehlungen zur Behandlung der unipolaren Depression mit einem Empfehlungsgrad A angegeben (10, 11). Eine überarbeitete Version dieser Leitlinie wird für das Frühjahr 2018 erwartet. Es existieren verschiedene kontrollierte Studien zur therapeutischen Effizienz der rTMS bei Depression, hierunter auch zwei große multizentrische Studien (6, 13). Die Mehrheit dieser Studien erbrachten ein positives Ergebnis, wobei allgemein ein Ansprechen auf die Therapie als eine Verbesserung des Hamilton Depression Rating Scores (HDRS) um 50 % gewertet wurde (11). Nach Nationaler Versorgungsleitlinie (S3-Leitlinie, 2.Aufl. 2015) besteht in Deutschland für die hochfrequente
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rTMS des linken DLPFC ein Empfehlungsgrad von 0, welches einer „Kann-Empfehlung“ entspricht. Dies beruht auf mehreren randomisiert kontrollierten Studien sowie auf evidenzbasierten Leitlinien und einer kürzlich erschienenen Metaanalyse, welche auf Basis von 26 positiven und 14 negativen Studien eine antidepressive Wirksamkeit von rTMS auf hohem Evidenzlevel zeigt (4). Im Vergleich zur Leitlinie von 2009 erfuhr die rTMS damit eine Aufwertung in der Bewertung der Wirksamkeit. Die rTMS ist somit für die Indikation
ip t
der unipolaren Depression abrechnungsfähig. Bei Privat-Krankenkassen kann die Leistung unter der Ziffer GOÄ 828 abgerechnet werden, in Institutsambulanzen in Bayern unter der
cr
Nummer IA771 bis IA773, je nach Zeitaufwand. Bei gesetzlichen Krankenversicherungen
us
muss im Vorfeld eine Kostenübernahme der jeweiligen Kasse eingeholt werden.
an
7. Nebenwirkungen
Bei der Behandlung mit rTMS treten durch Reizung von Hautnerven relativ häufig (ca. 80 %) lokale Dysästhesien am Stimulationsort auf. Ebenso können sich auch motorische
M
Entäußerungen (ca. 60 %) in Form von Zuckungen an Stirn, Augenbraue, Augenlid, Nasenflügel, Lippen, Kinn etc. zeigen. Kopfschmerzen und Schwindel treten in 15-30 % der
ed
Fälle auf. In der Regel werden diese vom Patienten als nicht sehr belastend beschrieben und zeigen eine gute Ansprechrate auf handelsübliche Schmerzmittel, wie z. B. Ibuprofen. Sehr selten kommen Trigeminusreizung, Migräneanfälle sowie Synkopen vor. Bei Patienten
ce pt
mit einer erhöhten zerebralen Anfallsbereitschaft liegt ein erhöhtes Risiko (ca 1,4%) vor, einen epileptischen Anfall auszulösen. Bei Patienten ohne Epilepsie in der Vorgeschichte liegt das Risiko hierfür unter 1%.
Bei Patienten mit bipolarer Erkrankung besteht im Rahmen einer rTMS-Behandlung ein
Ac
gewisses Switch-Risiko zum manischen Pol. Kasuistisch wurde im Rahmen von rTMS auch das Auftreten von Wahnsymptomen beschrieben. Grundsätzlich nimmt das Risiko Nebenwirkungen zu erleiden mit steigender Stimulationsintensität, steigender Stimulationsdauer, steigender Stimulationsfrequenz sowie reduziertem Behandlungsintervall zu. Unter Berücksichtigung der Sicherheitskriterien nach Rossi et al. (16) gilt die rTMS als ein sicheres und nebenwirkungsarmes Verfahren.
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8. Stimulationsprotokolle Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über verschiedene Stimulations-Protokolle gegeben. Hierzu sollen die folgenden Begriffe eingeführt werden: Impuls
Elektrischer Strom, welcher durch einmaliges Ein- und Ausschalten des Magnetfeldes erzeugt wird Block oder Abfolge einer bestimmten, großen Anzahl von Impulsen (z.B. 1500
ip t
Train
Impulse bei 10 Hz)
Block einer geringen Anzahl von Impulsen mit sehr hoher Frequenz (z.B. 3
cr
Burst
Impulse bei 50 Hz)
Inter Stimulus Intervall (Pause zwischen zwei Stimuli)
ITI
Inter Train Intervall (Pause zwischen zwei Trains)
us
ISI
an
a) hochfrequente repetitive TMS (10 Hz) (Abb. 4, Abb. 5)
ce pt
ed
M
Insgesamt 1500 Impulse (= 9 min. 30 sec.) 100 Impulse pro Train 15 Trains ISI 100 ms ITI 30 sec.
Ac
Abb. 4: Darstellung eines Trains (=100 Impulse) bei hochfrequenter rTMS
Abb. 5: Darstellung von Trains mit Inter-Train-Intervall (ITI) bei hochfrequenter rTMS
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b) niederfrequente repetitive TMS (1 Hz) (Abb. 6)
us
cr
ip t
Insgesamt 2000 Impulse (= 33 min. 19 sec.) ISI 1000 ms Keine Trains, sondern kontinuierliche Puls-Abgabe
an
Abb. 6: Darstellung von Einzelimpulsen bei niederfrequenter rTMS
M
9. Methodische Weiterentwicklungen der rTMS
Mit dem Ziel besserer Wirksamkeit, Verkürzung der Behandlungszeit sowie Erweiterung des
ed
Indikationsspektrums wurden Weiterentwicklungen sowohl bezüglich der Stimulationsfrequenz als auch der Spulentechnologie vorangetrieben. Vielversprechende
Spule).
ce pt
Beispiele hierzu sind die Theta-Burst Stimulation und die deep TMS (rTMS mit einer sog. H-
Die Theta-Burst Stimulation wird u. a. in antidepressiver sowie antipsychotischer Indikation im Rahmen von Studien angewendet. Hier werden über zwei Sekunden in einer Frequenz von 5 Hz (entsprechend alle 200 ms) zehn magnetische Puls-Gruppen (Bursts über 40 ms) mit pro
Ac
Burst je drei Pulse abgegeben (vgl. Abb. 7, Abb. 8). Dies entspricht einer „Burst-Frequenz“ vergleichbar zur Frequenz von Theta-Wellen im EEG. Mit einem ITI von 8 sek. werden diese Trains 20-mal wiederholt, sodass sich eine Gesamtdauer der Stimulation von nur 200 sek. ergibt. Hierbei hat sich in Studien gezeigt, dass die TBS mit kürzeren Stimulationszeiten und geringerer Stimulations-Intensität bei Patienten höhere Akzeptanz als andere nicht-invasive Stimulationsarten aufweist (18). Ein kürzlich erschienener Review, welcher sich mit der Effektivität von TBS in der Depressionsbehandlung auseinandersetzt, kommt zu dem Ergebnis, dass die TBS einer hochfrequenten rTMS, jeweils des linken dlPFC, in ihrer antidepressiven Wirkung nicht unterlegen ist (2).
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- Theta-Burst Stimulation (TBS) (Abb. 7, Abb. 8): hochfrequente Stimulation (3 Stimuli = Burst, alle 200 ms)
an
us
cr
ip t
Insgesamt 600 Impulse (= 3 min. 16 sec.) 3 Impulse pro Burst, 10 Bursts/Train, 20 Trains ISI 200 ms ITI 8 sec.
ce pt
ed
M
Abb. 7: Darstellung der Theta-Burst rTMS
Ac
Abb. 8: Einzelimpulse, Burst, Trains sowie ITI bei ThetaBurst Stimulation
Die H-Spule (vgl. Abb. 9, H1-Spule), welche mit dem Ziel einer größeren Eindringtiefe der elektromagnetischen Stimulation entwickelt wurde, zeigt eine geringere Fokalität als die übliche Figure 8-Spule, bei einer Eindringtiefe von bis zu 7 cm. Hierdurch können anders als bei der konventionellen TMS auch subcortikale Strukturen erreicht werden. Die somit applizierte Stimulation wird deep TMS
Abb. 9: Helm mit integrierter H-Spule
genannt. In einer großen multizentrischen plazebokontrollierten Studie konnte eine akute antidepressive Wirkung dieser Stimulationsform nachgewiesen werden. Hierbei wurde die
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deep TMS als Monotherapie bei depressiven Patienten mit ein bis zwei erfolglosen medikamentösen Behandlungsversuchen eingesetzt (12).
10. Schematischer Ablauf der Behandlungsphasen am Beispiel Depression Vor der ersten TMS-Behandlung soll der aktuelle Zustand des Patienten dokumentiert
ip t
werden. Zu diesem Zweck wird durch den Patienten der Selbstbeurteilungs-Fragebogen BDI (Beck-Depression-Inventar) ausgefüllt, ebenso wird durch den behandelnden Arzt der
cr
Fremdbeurteilungsbogen Montgomery Asberg Depression Rating Score (MADRS) erhoben. Dies dient zur späteren Therapiekontrolle und Entscheidungsgrundlage bezüglich weiterer
us
Behandlung.
In einer ersten Phase erhält der Patient werktags täglich das für ihn individuell festgelegte
an
Stimulationsprotokoll.
Nach 15 Behandlungen wird anhand erneuter Erhebung des MADRS überprüft, ob der Patient von der TMS-Behandlung profitiert. Ein Therapieansprechen ist als eine Verbesserung des
M
MADRS-Wertes um 50% des Ausgangswertes festgelegt. Bei Ansprechen wird eine zweite Therapiephase durchgeführt, d. h. der Patient erhält für weitere drei Wochen zweimal
ed
wöchentlich das entsprechende Stimulationsprotokoll. In den darauffolgenden drei Wochen folgt eine Beobachtungsphase. Erleidet der Patient in dieser Zeit einen depressiven Einbruch mit einem MADRS-Wert > 10 Punkten, kann eine
ce pt
Erhaltungs-TMS in Erwägung gezogen werden. Diese wird zunächst wöchentlich über drei Wochen durchgeführt. Im Anschluss erfolgt eine erneute Evaluation des Therapieerfolges mittels MADRS, welche erlaubt ein individuelles Therapiesetting für den Patienten zu entwerfen (BDI für wissenschaftliche Auswertung). Dies wird alle drei Monate erneut anhand
Ac
des MADRS und einem Arzt-Patientengespräch überprüft (vgl. Abb. 10).
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ip t cr
an
us
Abb. 10: Schematischer Ablauf der Behandlungsphasen bei depressiven Patienten, SOP der psychiatrischen Klinik der LMU München, Skalen: Montgomery-Asberg Depression Rating Scale (MADRS), Beck Depressions Index (BDI)
11. Bestimmung der Stimulationsintensität
M
Die Stimulationsintensität wird individuell durch iterative Suche des motorischen Cortex bestimmt.
Eine spezielle TMS-Kappe (es kann auch eine gewöhnliche Textil-Badehaube benutzt
ce pt
Name Abstand Nasion – Mützenrand Mittellinie CZ (10-/20-System) 45° Linien anterior Cz Stimulationsintensität (nach Erhebung)
Abb. 11: Beschriftung der Kappe für die TMS-Behandlung
Ac
-
ed
werden) wird wie folgt beschriftet (Abb. 11):
Zur Messung von muskulärer Response auf die TMS wird an die rechte Hand des Patienten ein Elektromyogramm (EMG) angelegt: eine Elektrode wird auf dem M. abductor pollicis brevis (alternativ M. interosseus dorsalis I oder M. abductor digiti minimi) und die zweite Elektrode am nächsten distal liegenden Gelenk angebracht. Die TMS-Spule legt man nun tangential auf die Position des MotorCortex (geschätzt) und löst einen Einzel-Impuls, ca. 50 % Stimulationsintensität, aus. Dieses wiederholt man solange (evtl. Erhöhung der Stimulationsintensität bis höchstens 70 %), bis man den sogenannten „Motor-Hot-Spot“ gefunden hat, (deutlichste Response (MEP) am Daumen).
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Die Schwellenbestimmung kann manuell sowie auch, bei neueren Geräten, automatisch über das TMS-Gerät durchgeführt werden. Um die Schwelle manuell zu bestimmen, löst man zehn Impulse – in einem Abstand von mindestens zwei Sekunden – aus. Wenn mindestens fünf dieser Impulse ein sichtbares bzw. messbares MEP aufweisen, kann die Intensität um 2 % reduziert werden. Dies wird solange wiederholt, bis weniger als fünf von zehn Impulsen eine Response bieten. Die niedrigste
ip t
Intensität, mit der noch eine sichere Antwort (5 von 10 Impulsen) zu erhalten ist, ist die
individuelle Stimulationsintensität, mit der der Patient die folgenden Behandlungen erhält.
cr
Die automatische Schwellenbestimmung über das TMS-Gerät erfolgt durch einen speziell
programmierten Algorithmus, bei dem 16 Impulse abgegeben werden. Nach jedem Impuls
us
reguliert das Programm nach Prüfung der EMG-Response die Intensität und erhält so nach
an
den 16 Impulsen die motorische Schwelle.
12. Bestimmung des Stimulationsortes am Beispiel Depression
M
Die Bestimmung des Stimulationsortes (DLPFC) kann mithilfe der Software „Beam F3Navigator“ erfolgen (Abb. 12).
ed
Dieses Programm gibt es als Freeware unter http://www.clinicalresearcher.org/software.htm.
Drei Messwerte dienen zur genauen
ce pt
Bestimmung des Stimulationsortes:
Ac
1. Strecke Tragus - Tragus 2. Strecke Nasion – Inion 3. Kopfumfang
Abb. 12: Beam F3-Shortcut zum Bestimmen des Stimulationsortes, Grafik von: http://www.clinicalresearcher.org/software.htm
Nach Eingabe dieser drei Werte in das Programm ermittelt dieses die Strecken X und Y in cm.
Die Strecke X trägt man auf der Kappe von der Mitte der Stirn (Abb. 13) nach links ein, für die Y-Strecke verbindet man Cz mit dem soeben markierten X-Punkt und trägt die
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entsprechenden Zentimeter an (Cz in Richtung X-Punkt). So erhält man den Stimulationspunkt ⊛.
Nachdem der durch den Beam F3-Navigator errechnete Stimulationsort ⊛ auf dem Cap eingezeichnet wurde, wird im 45°-Winkel eine Sichtsichel
Stimulations-
Mittelpunkt Spule – Rand Spule) weiter frontal eine
ort
markiert wird. An diese „Sicht-
cr
„Sicht-Sichel“
⊛
ip t
Sichtlinie eingezeichnet, an der 3,5 cm (Abstand
Sichel“ wird bei der Behandlung die Spulen-
Abb. 13: Beschriftung der Kappe mit Stimulationsort
us
Außenkante angelegt.
Das jeweilige Stimulationsprotokoll wird gestartet und kontinuierlich in dieser Spulenposition
an
appliziert.
M
13. Zusammenfassung
Die rTMS gilt als sichere Behandlungsmethode (Rossi et al., 2006) und wird von den meisten
ed
Patienten als relativ schmerz- und nebenwirkungsarm beschrieben. In der Akutphase ist die einfach durchzuführende rTMS jedoch relativ zeitintensiv, da der Patient in der ersten Phase
ce pt
(15 Behandlungen) täglich für ca. 10 Minuten stimuliert werden muss. Das Verfahren befindet sich jedoch unter fortlaufender Forschung zur Weiterentwicklung der Stimulationsparameter. Hierdurch könnte in Zukunft eventuell auch der Zeitaufwand für Patienten und Personal reduziert werden. Aktuelle neue Entwicklungen umfassen pathologiespezifische Stimulationsprotokolle bezüglich Ort, Intensität und Frequenz der
Ac
Impulsabgabe, sowie Neuentwicklungen im Bereich der magnetischen Spulentechnik zur Variation der therapeutischen Eindringtiefe. Individuelle Behandlungskonzepte sollen einem standardisierten Protokoll folgen, welches die therapeutischen Effekte der Behandlung durch wiederholte ärztliche Evaluation in einen Entscheidungsbaum einfließen lässt. In Abhängigkeit von der Symptomatik des Patienten müssen im Vorfeld der Behandlung sowohl Stimulationsort als auch Frequenz festgelegt werden, wobei die gewählte Stimulationsfrequenz die Wirkung der rTMS auf darunterliegende Cortexareale festlegt. Nach Nationaler Versorgungsleitlinie (S3-Leitlinie) für die unipolare Depression besteht bei der rTMS eine „Kann-Empfehlung“. Somit wird die rTMS nach aktueller Studienlage als
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effektives und sicheres Therapieverfahren erachtet und kann bei therapieresistenter Depression oder Kontraindikation anderer Behandlungen als alternatives Verfahren angeboten werden.
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Elektrodenposition T3/T4 sowie
Spule "Figure 8"
TP3/TP4
M
an
us
cr
Abb. 14: rTMS
ip t
Abb. 16:
des DLPFC
Abb. 17: Darstellung eines Trains (= 100 Impulse) bei hochfrequenter
Ac
ce pt
ed
rTMS
Abb. 18: Darstellung von Trains mit Inter-Train-Intervall (ITI) bei hochfrequenter rTMS
Abb. 19: Darstellung von Einzelimpulsen bei niederfrequenter rTMS Page 17 of 19
ip t cr
Abb. 20: Darstellung der Theta-Burst
M
an
us
rTMS
Abb. 22: Helm mit integrierter H-Spule
ed
Abb. 21: Einzelimpulse, Burst, Trains sowie
Ac
ce pt
ITI bei Theta-Burst Stimulation
Abb. 10: Schematischer Ablauf der Behandlungsphasen bei depressiven Patienten, SOP der psychiatrischen Klinik der LMU München, Skalen: Montgomery-Asberg Depression Rating Scale (MADRS), Beck Depressions Index (BDI)
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Abb. 25: Beschriftung der Kappe für die TMS-
M
an
us
cr
ip t
Behandlung
ed
Abb. 24: Beam F3-Shortcut zum Bestimmen des Stimulationsortes,
ce pt
Grafik von: http://www.clinicalresearcher.org/software.htm
Sichtsichel
⊛
Stimulations-
Ac
ort
Abb. 23: Beschriftung der Kappe mit Stimulationsort
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