Praktisches Vorgehen bei der Entwicklung von „Klug-entscheiden“-Empfehlungen

Praktisches Vorgehen bei der Entwicklung von „Klug-entscheiden“-Empfehlungen

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 129 (2017) 18–21

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Schwerpunkt / Special Issue

Praktisches Vorgehen bei der Entwicklung von ,,Klug-entscheiden‘‘-Empfehlungen How to develop Choosing Wisely recommendations for internal medicine Jan Galle 1,∗ für die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), Berthold Jany 2 für die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) 1 2

Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren, Klinikum Lüdenscheid, Lüdenscheid, Deutschland Klinikum Würzburg Mitte – Standort Missionklinik, Würzburg, Deutschland

a r t i k e l

i n f o

Artikel-Historie: Online gestellt: 16. November 2017

Schlüsselwörter: Leitlinie Evidenz Innere Medizin Graduierung Empfehlung

a r t i c l e

i n f o

Article History: Available online: 16 November 2017

Keywords: guideline evidence recommendation internal medicine graduation

z u s a m m e n f a s s u n g ,,Klug entscheiden‘‘ ist eine von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) initiierte Serie, im Rahmen derer diagnostische und therapeutische Positivempfehlungen zusammengefasst werden sollen, die von besonderer medizinischer Bedeutung sind und die wissenschaftlich nachweislich nutzbringend sind, jedoch nach Expertenmeinung häufig nicht fachgerecht erbracht werden. Diese Positivempfehlungen weisen also auf eine Unterversorgung hin. Neben Positivempfehlungen wurden gleichzeitig Negativempfehlungen formuliert, d.h. es wurden diagnostische und therapeutische Empfehlungen herausgearbeitet, die zwar häufig angewandt werden, für die es aus Sicht der Fachgesellschaften aber wenig bzw. keine wissenschaftliche Evidenz gibt, und die somit den Kriterien der Überversorgung entsprechen. Bislang wurden von jeder internistischen Fachgesellschaft je fünf Positiv- und fünf Negativ-Empfehlungen erarbeitet, weitere sind derzeit in Vorbereitung.

a b s t r a c t ,,Choosing Wisely‘‘ is an initiative of the German Society of Internal Medicine with the aim to provide recommendations for diagnostic and therapeutic procedures that are of clear medical and scientifically proven benefit, but are rather underused in daily practice. As such, these positive recommendations are indicative of an undersupply. On the other hand, the German Society of Internal Medicine also developed ,,negative recommendations‘‘, pointing out diagnostic and therapeutic procedures that are frequently used but for which there is little or no scientific evidence. They indicate oversupply. So far, the various internal medicine societies have each developed five positive and five negative recommendations, and there are more to come.

,,Klug entscheiden‘‘ ist eine von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) initiierte Serie, im Rahmen derer diagnostische und therapeutische Positivempfehlungen zusammengefasst werden sollen, die von besonderer medizinischer Bedeutung sind und wissenschaftlich nachweislich nutzbringend

∗ Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Jan Galle, Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren, Klinikum Lüdenscheid, Paulmannshöher Strasse 14, D-58515 Lüdenscheid, Deutschland E-mail: [email protected] (J. Galle). https://doi.org/10.1016/j.zefq.2017.10.009 1865-9217/

sind, jedoch nach Expertenmeinung häufig nicht fachgerecht erbracht werden. Diese Positivempfehlungen weisen also auf eine Unterversorgung hin. Neben Positivempfehlungen wurden gleichzeitig Negativempfehlungen formuliert, d.h. es wurden diagnostische und therapeutische Empfehlungen herausgearbeitet, die zwar häufig angewandt werden, für die es aus Sicht der Fachgesellschaften aber wenig bzw. keine wissenschaftliche Evidenz gibt, und die somit den Kriterien der Überversorgung entsprechen. Bislang wurden von jeder internistischen Fachgesellschaft je fünf Positiv- und fünf Negativ-Empfehlungen erarbeitet, weitere sind derzeit in Vorbereitung.

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Die bislang verfassten Positiv- und Negativempfehlungen wurden prominent publiziert (u.a. im Deutschen Ärzteblatt und in Der Internist) und haben entsprechende Aufmerksamkeit auf sich gezogen, teilweise auch kontroverse Diskussionen ausgelöst. Daher erscheint es sinnvoll und notwendig, den Prozess der Entscheidungsfindung innerhalb der beteiligten Gremien transparent darzustellen. Die Verfasser dieses Artikels wollen dies am Beispiel der von der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) entwickelten Empfehlungen darstellen. Die Positiv- und Negativempfehlungen sollten allesamt einen möglichst hohen Evidenzgrad aufweisen. Bei den meisten Empfehlungen konnten die Autoren auf hochwertige Publikationen zurückgreifen. Für das Einstufen des Evidenzlevels wurde das allgemein anerkannte Grading für klinische Studien und Leitlinienempfehlungen, wie es z.B. seitens der internationalen Leitlinienverfasser KDIGO angewandt wird (Kidney Disease: Improving Global Outcome) [1]. Unterschieden wird zwischen Level 1, was einer klaren Empfehlung entspricht, und Level 2, was einem Vorschlag entspricht. Kombiniert werden die Level 1 und 2 mit Evidenzgraden A (,,hoch‘‘) bis D (,,sehr niedrig‘‘) (Abb. 1). Danach erhält eine Empfehlung den höchsten Evidenzlevel, wenn sie auf mehrere kontrollierte und prospektiv randomisierte Studienergebnisse fußt (Evidenzlevel 1A). Allerdings hielten die Fachgesellschaften auch manche Aussagen für sinnvoll und notwendig, selbst wenn der Evidenzlevel niedriger war, d.h. nicht mehrere Studien entsprechend Evidenzgrad 1A zugrunde gelegt werden konnten. Im Folgenden sollen nun beispielhaft je eine KlugEntscheidung-Empfehlung mit hohem, mittlerem und niedrigerem Evidenzniveau aus dem Bereich der Nephrologie und aus dem Bereich der Pneumologie dargestellt werden.

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Klug-Entscheidung-Empfehlung in der Nephrologie An der Erstellung der Empfehlungen war die gesamte nephrologische ,,Community‘‘ beteiligt: Der DGfN-Vorstand hatte alle DGfN-Mitglieder, insbesondere den 45-köpfigen Erweiterten Vorstand, schriftlich aufgefordert, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Aus den eingereichten Vorschlägen wählte der Vorstand dann die Positiv- und Negativ-Empfehlungen aus, die nach erster Einschätzung die beste Datengrundlage boten, und beauftragte zwei Vorstandsmitglieder mit der weiteren Ausarbeitung. Die Qualität der Datengrundlage wurde nach den Kriterien definiert, die auch den KDIGO Leitlinien zugrunde liegen (s.o., Abb. 1) [1]. Nach Ausarbeitung wurden die Positiv- und Negativempfehlungen zunächst innerhalb des DGfN-Vorstands zirkuliert und redigiert, und mit den Empfehlungen verschiedener Leitliniengremien abgeglichen, soweit vorhanden. Die wichtigsten Leitliniengremien waren das internationale KDIGO Konsortium (s.o.), die amerikanische ,,National Kidney Foundation‘‘, und die ,,European Renal Best Practice Guidelines (ERBP)‘‘; die DGfN verzichtet derzeit auf eine eigene Leitliniengebung, sondern schließt sich im Wesentlichen den ERBP und KDIGO Empfehlungen an, an deren Erstellung DGfN Mitglieder kontinuierlich aktiv mitwirken. Schließlich wurden die Empfehlungen innerhalb der Konsensusgruppe ,,Klug entscheiden‘‘ der DGIM vorgestellt und abgestimmt.

Empfehlung mit hohem Evidenzgrad (1A) Die Negativ-Empfehlung: ,,Eine Angioplastie einer unkomplizierten Nierenarterienstenose bei gut einstellbarem Blutdruck soll nicht durchgeführt werden‘‘ kann als Empfehlung hoher Evidenz

Abb. 1. Graduierung der Empfehlungen und der Evidenz in der klinischen Praxis nach Uhlig et al, [1].

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angesehen werden. Zwei große Studien (ASTRAL und CORAL [2,3]) belegen keinen Nutzen einer Angioplastie einer unkomplizierten Nierenarterienstenose in Hinblick auf Blutdruck oder Nierenfunktion und allgemein Sterblichkeit. Bei diesen Studien handelt es sich um multizentrische, prospektiv und kontrolliert angelegte Untersuchungen. Auch eine jüngst publizierte, systematische Literatur-Übersicht kommt zu dem Schluss, dass die Evidenz für die Überlegenheit eines interventionellen versus konservativen Ansatzes bei Nierenarterienstenosen gering ist, wobei allerdings die Mehrheit der Studien hochgradige oder bilaterale Nierenarterienstenosen ausgeschlossen hat [4]. So konnten 5 von 7 randomisierten kontrollierten Studien keinen Unterschied zwischen den beiden Ansätzen in Hinblick auf Blutdruck-Kontrolle, Nierenfunktion, Mortalität, kardiovaskuläre Ereignisse oder Lungenödeme finden. Als unkompliziert in diesem Zusammenhang gelten Nierenarterienstenosen jedweden Grades bei gut einstellbarem Blutdruck und stabiler Nierenfunktion. An diesem Beispiel kann man daher zeigen, dass es in der ärztlichen Entscheidungsfindung Konstellationen gibt, in denen die Datenlage für oder gegen eine Behandlungsmaßnahme eigentlich ziemlich eindeutig ist, dies aber in der Praxis nicht ausreichend gewürdigt wird. Konzidiert werden sollte der Vollständigkeit halber noch, dass es durchaus Fallberichte gibt, die klinische Verbesserungen bezüglich Nierenfunktion und Blutdruck nach einer Angioplastie zeigen. In der Regel handelte es sich hierbei jedoch um Patienten mit raschem renalen Funktionsverlust, schwer einstellbarer Hypertonie und/oder sog. ,,Flash-Lungenödem‘‘, für die die DGfN auch in ihrer Klug-Entscheidung-Empfehlung eine Ausnahme vorsieht und ein interventionelles Vorgehen empfiehlt. Vor allem in solchen Situation soll daher interdisziplinär über eine mögliche Intervention (immer mit begleitender konservativer Therapie) entschieden werden.

dem Ausmaß der Niereninsuffizienz an [8]. Ein besonderes Risiko für schwere Verläufe infektiöser Erkrankungen weisen immunsupprimierte Patienten auf, dies gilt gleichermaßen für Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie für Patienten nach Nierentransplantation. Daher sollte der Impfstatus regelmäßig überprüft und gemäß den aktuellen Empfehlungen der STIKO [9], der amerikanischen National Kidney Foundation (NKF) [10] bzw. dem ,,Center for Disease Control‘‘ (http://www.cdc.gov/vaccines/) aufgefrischt werden. Insbesondere gängige Impfungen wie eine Influenza A- und B-Impfung sollten bei allen Patienten der o.g. Gruppen regelmäßig erfolgen. Diese Empfehlungen sind allgemein anerkannt und finden sich in internationalen Leitlinien wie der NKF und der KDIGO Leitlinie für Transplantation [11]. Prospektiv und kontrolliert vergleichende Studien liegen dem aber nicht zugrunde, und solche Studien wird es aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht geben.

Empfehlung mit mittlerem Evidenzgrad (1B)

Empfehlung mit hohem Evidenzgrad (1A)

Die Negativ-Empfehlung: ,,Die Gabe von Schleifendiuretika bei oligo-anurischen Patienten mit akutem Nierenversagen soll nicht erfolgen‘‘ kann als Empfehlung mittlerer Evidenz angesehen werden. Gemäß einer Metaanalyse bietet die Überführung eines oligo-anurischen Nierenversagens in ein normourisches ANV mit Schleifendiuretika keinen Vorteil für die Patienten [5]. Die internationalen KDIGO-Leitlinien empfehlen deshalb bisher, Schleifendiuretika zur Behandlung des akuten Nierenversagens (außer zum Volumen-Management) nicht zu verwenden [6]. Allerdings liegen für die Fragestellung bislang nur relativ kleine Kohortenanalysen vor, und die Autoren der Klug-Entscheiden-Empfehlungen konnten nicht auf mehrere multizentrische, prospektiv und kontrolliert angelegte Untersuchungen zurückgreifen, so dass der Evidenzgrad 1A (noch) nicht erreicht wird. Derzeit testen aber klinische Studien, wie die australische SPARK-Studie [7], prospektiv, ob Schleifendiuretika im akuten Nierenversagen Vorteile bieten, die Daten der Studien sind jedoch noch nicht veröffentlicht.

Die Positiv-Empfehlung ,,Jedem Raucher mit einer chronischen Lungenerkrankung soll eine strukturierte Tabakrauchentwöhnung angeboten werden‘‘ ist eine Empfehlung mit sehr hoher Evidenz. Es liegen zahlreiche prospektive Studien vor, die den Nutzen der Rauchentwöhnung belegen. Besonders für die Volkskrankheiten COPD und Lungenkrebs ist Zigarettenrauchkonsum der dominante Risikofaktor. Rauchentwöhnung führt nicht nur zur symptomatischen Besserung von Luftnot, Husten, Sputumproduktion und Infektionen der Luftwege, sondern zur messbaren Verbesserung von Lungenfunktion und signifikanter Abnahme der Sterblichkeit. Dies konnte in der prospektiven randomisierten klinischen ,,Lung Health Study‘‘ in den USA bezüglich der 14,5 Jahres-Mortalität eindrucksvoll gezeigt werden [14]. In Deutschland liegt eine S3Leitlinie zur Tabakentwöhnung bei COPD vor, die diese Maßnahme bezeichnet als ,,die wirksamste und kosteneffektivste Einzelmaßnahme, um das Risiko der COPD-Entstehung herabzusetzen und das Voranschreiten der Erkrankung zu stoppen‘‘ [15]. Für die DGP war es wichtig, Rauchentwöhnung als Positivempfehlung herauszustellen gerade weil diese Maßnahme entgegen der überragenden Evidenz seiner Effektivität, die im Übrigen die Effektivität jeder medikamentösen Therapie weit übertrifft in Deutschland so selten angeboten wird. Es fehlen ausreichende Strukturen und finanzielle Ressourcen für die Tabakentwöhnung, die auf allen Versorgungsebenen gefördert werden soll.

Empfehlung mit niedrigem Evidenzgrad (2B) Die Positiv-Empfehlung: ,,Bei allen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und/oder unter immunsuppressiver Therapie soll regelmäßig der Impfstatus geprüft und Impfungen gemäß den Empfehlungen der STIKO aufgefrischt werden‘‘ kann nicht mit kontrollierten Studien aufwarten und muss somit als Empfehlung eher niedriger Evidenz bzw. als Expertenmeinung angesehen werden. Dennoch hält die DGfN diese Empfehlung für ,,selbst-evident‘‘ und misst ihr eine hohe Priorität bei. Das Risiko von infektiösen Erkrankungen und schweren Verläufen dieser Erkrankungen steigt mit

Klug-Entscheidung-Empfehlung in der Pneumologie Zunächst identifizierte der geschäftsführende Vorstand der DGP 16 mögliche Themenfelder, die nach den Kriterien der ,,Klug entscheiden‘‘- Initiative relevant sein konnten. Diese wurden den 12 wissenschaftlichen Sektionen der DGP mitgeteilt und aufgefordert, eigene Vorschläge zu erstellen. Eine 11-köpfige Arbeitsgruppe wählte je 5 Positiv- und Negativempfehlungen aus, analysierte die verfügbare Literatur und formulierte einen ersten Entwurf. Dieser Entwurf wurde dem wissenschaftlichen Beirat der DGP vorgelegt und nach Änderungsvorschlägen im Vorstand der DGP verabschiedet. Zuletzt wurden die Vorschläge in der ,,Klug entscheiden‘‘-Arbeitsgruppe der DGIM konsentiert und publiziert [12]. Auch für die Pneumologie wurde zum ,,Grading‘‘ der Qualität von Evidenz und Stärke von Empfehlungen von der American Thoracic Sosiety (ATS) eine ,,Official Statement‘‘ publiziert, an dem sich die Empfehlungen der DGP orientieren [13].

Empfehlung mit mittlerem Evidenzgrad (1B) Die Positiv-Empfehlung ,,Bei Adipösen, Diabetikern, Patienten mit Vorhofflimmern und Patienten mit Hypertonie, die über

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Schnarchen berichten, soll die Diagnostik zum Ausschluss eines Schlafapnoesyndroms erfolgen‘‘ kann als Empfehlung mit mittlerem Evidenzgrad angesehen werden. Es liegen zwar eine Vielzahl von Untersuchungen zu den klinischen Assoziationen einzelner Entitäten zum obstruktiven Schlafapnoesyndroms vor [16]. Die Empfehlung gründet sich aber im Wesentlichen auf ein systematisches Review, bei dem von 4449 Publikationen lediglich 42 den Evidenzkriterien genügten [17]. Empfehlung mit niedrigem Evidenzgrad (2B) Ein großer Fortschritt in der medikamentösen Therapie pulmonaler Erkrankungen stellte die Entwicklung inhalierbarer Pharmaka dar, denn auf diese Weise können hohe Konzentrationen hochwirksamer Medikamente wie Bronchodilatoren oder entzündungshemmende Substanzen direkt an den Wirkort gebracht werden ohne potenziell systemische Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen. Von höchster Bedeutung ist allerdings das Inhalationssystem, mit dem die Pharmaka appliziert werden. Diese unterscheiden sich nach Hersteller und Art der Anwendung ganz erheblich. Bei der Vielzahl von auf dem Markt verfügbarer ,,Devices‘‘ ist eine Umstellung für die Patienten häufig mit Risiken verbunden.Daraus resultiert die Negativ-Empfehlung: ,,Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde‘‘. Für diese Empfehlung liegen nur wenige Untersuchungen von ausreichender Qualität vor. Zwei prospektive Beobachtungsstudien weisen zwar eine hohe Fallzahl auf, sind aber monozentrisch [18]. Eine Empfehlung der ,,European Respiratory Society‘‘ hat die Evidenz einer Expertenmeinung [19]. Randomisierte prospektive Studien zu diesem Thema sind ethisch nicht zu vertreten und wird es deshalb nicht geben. Die DGP hat sich wegen der erheblichen praktischen Bedeutung und der möglichen Patientengefährdung bei Nichtbeachtung dazu entschieden, diese Empfehlung auch bei niedrigem Evidenzgrad auszusprechen. Schlußwort Es war den Schwerpunktgesellschaften der Inneren Medizin durchaus überlassen, einen jeweils eigenen Prozess zur Erstellung der ,,Klug entscheiden‘‘-Empfehlungen zu wählen. Beide hier exemplarisch vorgestellte Vorgehensweisen haben versucht, möglichst viele Gremien und Interessierte in den Prozess einzubinden. Sie führten zu Empfehlungen unterschiedlicher Evidenzgrade, wobei das Interesse an einer verbesserten Patientenversorgung eine relevante Entscheidungsgrundlage zusätzlich und neben der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz lieferte. Es wird zu prüfen sein, in welcher Form und zeitlichem Abstand die Empfehlungen überprüft und adaptiert werden müssen.

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Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur [1] Uhlig K, Macleod A, Craig J, Lau J, Levey AS, Levin A, Moist L, Steinberg E, Walker R, Wanner C, Lameire N, Eknoyan G. Grading evidence and recommendations for clinical practice guidelines in nephrology. A position statement from Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO). Kidney Int 2006;70:2058–65. [2] Wheatley K, Ives N, Gray R, Kalra PA, Moss JG, Baigent C, Carr S, Chalmers N, Eadington D, Hamilton G, Lipkin G, Nicholson A, Scoble J. Revascularization versus medical therapy for renal-artery stenosis. N Engl J Med 2009;361:1953–62. [3] Cooper CJ, Murphy TP, Cutlip DE, Jamerson K, Henrich W, Reid DM, Cohen DJ, Matsumoto AH, Steffes M, Jaff MR, Prince MR, Lewis EF, Tuttle KR, Shapiro JI, Rundback JH, Massaro JM, D’Agostino Sr RB, Dworkin LD. Stenting and medical therapy for atherosclerotic renal-artery stenosis. N Engl J Med 2014;370:13–22. [4] Raman G, Adam GP, Halladay CW, Langberg VN, Azodo IA, Balk EM. Comparative Effectiveness of Management Strategies for Renal Artery Stenosis: An Updated Systematic Review. Ann Intern Med 2016;165:635–49. [5] Ho KM, Power BM. Benefits and risks of furosemide in acute kidney injury. Anaesthesia 2010;65:283–93. [6] Kellum JA, Lameire N. Diagnosis, evaluation, and management of acute kidney injury: a KDIGO summary (Part 1). Crit Care 2013;17:204. [7] Bagshaw SM, Gibney RT, McAlister FA, Bellomo R. The SPARK Study: a phase II randomized blinded controlled trial of the effect of furosemide in critically ill patients with early acute kidney injury. Trials 2010;11:50. [8] Kausz A, Pahari D. The value of vaccination in chronic kidney disease. Semin Dial 2004;17:9–11. [9] Wiese-Posselt M, Tertilt C, Zepp F. Vaccination recommendations for Germany. Dtsch Arztebl Int 2011;108:771–9. [10] National Kidney Foundation. A Guide for Adults with Chronic Kidney Disease or Kidney Failure Living on Dialysis or with a Kidney TransplantGuide for Adults with Chronic Kidney Disease or Kidney Failure Living on Dialysis or with a Kidney Transplant. https://www kidney org/atoz/content/vaccinations. 2016. [11] Kasiske BL, Zeier MG, Chapman JR, Craig JC, Ekberg H, Garvey CA, Green MD, Jha V, Josephson MA, Kiberd BA, Kreis HA, McDonald RA, Newmann JM, Obrador GT, Vincenti FG, Cheung M, Earley A, Raman G, Abariga S, Wagner M, Balk EM. KDIGO clinical practice guideline for the care of kidney transplant recipients: a summary. Kidney Int 2010;77:299–311. [12] Jany B. Klug entscheiden in der Pneumologie. Dtsch Arztebl 2017;113:A930–3. [13] Schunemann HJ, Jaeschke R, Cook DJ, Bria WF, El Solh AA, Ernst A, Fahy BF, Gould MK, Horan KL, Krishnan JA, Manthous CA, Maurer JR, McNicholas WT, Oxman AD, Rubenfeld G, Turino GM, Guyatt G. An official ATS statement: grading the quality of evidence and strength of recommendations in ATS guidelines and recommendations. Am J Respir Crit Care Med 2006;174:605–14. [14] Anthonisen NR, Skeans MA, Wise RA, Manfreda J, Kanner RE, Connett JE. The effects of a smoking cessation intervention on 14.5-year mortality: a randomized clinical trial. Ann Intern Med 2005;142:233–9. [15] Andreas S, Batra A, Behr J, Chenot JF, Gillissen A, Hering T, Herth FJ, Kreuter M, Meierjurgen R, Muhlig S, Nowak D, Pfeifer M, Raupach T, Schultz K, Sitter H, Walther JW, Worth H. [Smoking cessation in patients with COPD]. Pneumologie 2014;68:237–58. [16] Chervin RD. Sleepiness, fatigue, tiredness, and lack of energy in obstructive sleep apnea. Chest 2000;118:372–9. [17] Myers KA, Mrkobrada M, Simel DL. Does this patient have obstructive sleep apnea?: The Rational Clinical Examination systematic review. JAMA 2013;310:731–41. [18] Melani AS, Bonavia M, Cilenti V, Cinti C, Lodi M, Martucci P, Serra M, Scichilone N, Sestini P, Aliani M, Neri M. Inhaler mishandling remains common in real life and is associated with reduced disease control. Respir Med 2011;105:930–8. [19] Laube BL, Janssens HM, de Jongh FH, Devadason SG, Dhand R, Diot P, Everard ML, Horvath I, Navalesi P, Voshaar T, Chrystyn H. What the pulmonary specialist should know about the new inhalation therapies. Eur Respir J 2011;37:1308–31.