Prozessoptimierung im Krankenhaus - mehr als eine Methode aus der „QM-Werkzeugkiste“

Prozessoptimierung im Krankenhaus - mehr als eine Methode aus der „QM-Werkzeugkiste“

Available online at www.sciencedirect.com Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 104 (2010) 433–434 Editorial PD Dr. med. habil. Maria Eber...

755KB Sizes 0 Downloads 36 Views

Available online at www.sciencedirect.com

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 104 (2010) 433–434

Editorial

PD Dr. med. habil. Maria Eberlein-Gonska Leiterin Zentralbereich Qualitätsmanagement Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74, 01307 Dresden Tel.: +49 (0)351 458 2323; Fax: +49 (0)351 458 5847. E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Detlev Michael Albrecht Medizinischer Vorstand Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74, 01307 Dresden Homepage: http://www.uniklinikum-dresden.de

Prozessoptimierung im Krankenhaus - mehr als eine Methode aus der „QM-Werkzeugkiste‘‘ „Wir haben gerade eine heftige und sicher noch zunehmende Kostendiskussion im deutschen Gesundheitswesen. Hier geht es darum, ob Einsparungen oder Veränderungen im System zu einer Qualitätsminderung für den Patienten führen. Vor allem im Krankenhaus ist es deshalb existentiell notwendig, dass die Qualität der eigenen Klinik im Kontext des Kosteneinsatzes professionell, d.h. systematisch analysiert und bewertet wird. . . . Insofern wird diese Thematik bestimmt noch an Fahrt gewinnen‘‘. So die Position des Medizinischen Vorstandes des Universitätsklinikums Dresden, Herrn Prof. Dr. D. Michael Albrecht, zur aktuellen Qualitätsdiskussion in deutschen Krankenhäusern (Interview im Juli 2010 mit MEDICA.de). Damit gewinnt eine wesentliche Säule des Qualitätsmanagements, die Prozessorientierung, eine weit höhere Bedeutung als es Fortbildungsveranstaltungen mit dem Thema „QM-Werkzeuge leicht gemacht‘‘ zuweilen vermitteln. Prozessanalyse bzw. –optimierung ist als integraler Bestandteil der Qualitätspolitik eines Krankenhauses auf der Managementebene zu verankern und zudem eine unternehmensweite Aufgabe. Ein besonderer Fokus ist dabei der präventive Ansatz mit der Abkehr von der rein ergebnisorientierten Qualitätsbetrachtung hin zur kritischen Analyse von Arbeitsabläufen als Voraussetzung, möglichst frühzeitig Eingriffsmöglichkeiten zu erkennen. Im Zusammenspiel

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) doi:10.1016/j.zefq.2010.07.013

von Struktur- und Prozessqualität wird hierdurch wiederum ein positiver Einfluss auf das Ergebnis und damit auch auf die Patientenversorgung erreicht. Im Kontext eines ganzheitlichen Managements erfordert Prozessoptimierung als Überlebensstrategie und Erfolgskonzept eine mehrdimensionale Betrachtung. Demzufolge stellt sich die erste Frage nach der Zielrichtung und künftigen Entwicklung in einem Krankenhaus mit klarer Formulierung der Vision und Strategie. Grundlage hierfür bildet eine detaillierte Analyse der Stärken und Schwächen sowie der Chancen und Risiken. Hieran schließt sich die zweite Frage an, wie die Positionierung im Wettbewerb mit anderen Krankenhäusern erfolgt und nach innen umgesetzt wird. Einen wesentlichen Ansatz hierfür ist die Optimierung von Abläufen bzw. Prozessen. Es geht letztlich darum, die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur und die Qualität der angebotenen Leistungen zu erhöhen bzw. auf einem hohen Niveau zu halten. Das vorliegende Schwerpunktheft versucht, dem Anspruch einer mehrdimensionalen Betrachtungsweise von Prozessoptimierung durch unterschiedliche Beiträge aus verschiedenen Richtungen und Sichtweisen gerecht zu werden. Dabei liegt der Fokus zum einen auf der konkreten Umsetzung im Sinne einer Zusammenstellung kondensierter Erfahrungen von Experten. Andererseits soll auch die kritische Re-

433

flexion im Sinne einer Abwägung der Chancen, des Nutzens und der Grenzen nicht fehlen. Die Autoren entstammen nicht nur dem Gesundheitswesen; gleich der erste Beitrag von Töpfer macht deutlich, dass die Notwendigkeit prozessorientierten Denkens und Handelns schon vor mehreren Jahren in der Industrie und Dienstleistungsbranche erkannt wurde und als eine zentrale Aufgabenstellung nun auch Eingang in den Krankenhausbereich gefunden hat. Töpfer vermittelt in seinem Beitrag nicht nur Grundkenntnisse zum Thema Prozessorientierung, sondern verknüpft diese mit Beispielen zur konkreten Vorgehensweise. Bemerkenswert ist in diesem Kontext die enge Zusammenarbeit des Autors mit dem Universitätsklinikum Dresden als ein enger und erfolgreicher Schulterschluss zwischen Medizin und Betriebswirtschaft. Prozessoptimierung ohne strategische Einbindung in das Management eines Krankenhauses und ohne die Verankerung als Führungsaufgabe baut auf Sand und damit nicht auf Erfolg und Nachhaltigkeit. Dies machen die beiden Beiträge von Sens und Rafler deutlich. Während Sens die strategische Unternehmensführung fokussiert und Prozessoptimierung als Prinzip der Reorganisation mit Beispielen veranschaulicht,

434

stehen bei Rafler die Mitarbeiter im Zusammenspiel mit den Führungskräften als die kritischen Erfolgsfaktoren einer Prozessoptimierung im Vordergrund. Der Beitrag von Eberlein-Gonska mit dem Schwerpunkt der Prozessgestaltung im Kontext der Betriebsorganisationsentwicklung ermöglicht konkrete Einblicke in die Erarbeitung von Festlegungen zur Organisation der Abläufe und Zuständigkeiten am Beispiel eines Krankenhausneubaus. Prozessoptimierung erhält damit frühzeitig eine ganz wesentliche Bedeutung und illustriert die beiden Beiträge von Sens und Rafler. Die klinische Praxis steht in den folgenden drei Fallstudien im Vordergrund. Dabei gleicht die Prozessverbesserung im OP eines Krankenhauses einer niemals endenden Geschichte und darf schon aus diesen Gründen in einem Schwerpunktheft zur Prozessoptimierung nicht fehlen. Krier beschreibt dabei die komplexen Zusammenhänge sowie kritischen Erfolgsfaktoren einer OP-Reorganisation und veranschaulicht diese anhand verschiedener Handlungsfelder im eigenen Krankenhaus. Sobottka et al. zeigt hingegen, dass sich Methoden aus der Industrie auch auf das Gesundheitswesen übertragen und anwenden lassen. Die Six Sigma Methode ist dabei kein Zauber-

wort, sondern ein innovatives Managementkonzept, um eine praktikable Null-Fehler-Qualität in medizinischen Leistungsprozessen zu erreichen. Den Abschluss der drei Beispiele und des Schwerpunktheftes bildet auch im Hinblick auf ihre Bedeutung die Kommunikation im Krankenhaus als einer der wichtigsten Risikofaktoren nicht nur für Veränderung. Drauschke verpackt wesentliche Erkenntnisse und eigene Erfahrungen in eine Gesprächssituation mit einem guten Freund, so dass der Leser zum Zeugen eines interessanten Dialoges mit zugleich wertvollen Inhalten wird. Die ehemalige Sozialministerin des Freistaates Sachsen, Helma Orosz, vertrat im Jahr 2006 in einem Geleitwort zu einem Buch über „Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus‘‘ folgende Position: „Ohne die aktive Mitwirkung der Krankenhäuser selbst wird eine Verbesserung der stationären Versorgung im Besonderen und des Gesundheitswesens im Allgemeinen nicht gelingen. Denn in den Krankenhäusern müssen neue Konzepte und Instrumente erfolgreich umgesetzt werden. . .‘‘ Und damit gewinnt Prozessoptimierung eine Bedeutung, die weit über den „Griff in die QM-Werkzeugkiste‘‘ hinausgeht.

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen 104 (2010) 433–434 www.elsevier.de/zefq