Spectrochimica Acta, Vol. 34A, pp. 857 to 862 © Pergamon Press L td., 1978. Printed in Great Britain
0584 8539/78/0901 0857502.00/0
Schwingungsspektren und Normalkoordinatenanalyse von (CFa)2SbX-Verbindungen (X = H, CI, Br, I) P. DEHNERT,R. DEMUTHund J. GROBE Eduard Zintl-Institut der Technischen Hochschule Darmstadt, West Germany
(Received 17 May 1977) The gas phase i.r. and liquid phase Raman spectra of (CF3)2SbX (X = H, C1, Br, I) have been investigated. The spectra are assigned on the basis of C, local symmetry and a normal coordinate analysis making use of a transferred force field. Abstract
EINFUHRUNG In frtiheren Mitteilungen wurde fiber die Schwingungsspektren von Perfluormethyl-Elementhalogeniden des Typs CF3EY2[1] und (CF3)2EY (E = P, As; Y = Halogen)[-2] berichtet. Die vorliegende Untersuchung der Antimonverbindungen(CF3)2 SbX erg~nzt diese Reihe und versucht charakteristischc Ph/~nomcne der Schwingungsspektren von CF3-Verbindungcn d~r Elemente Phosphor, Arsen und Antimon abzuleiten. Da bisher nur (CF3)3Sb [3] schwingungsspektroskopisch untersucht war, bestand die erste Aufgabe in der Darstellung und sorgf~iltigen spektroskopischen Untersuchung der (CF3)zSbXVerbindungen. Erst auf der Grundlage dieser Ergebnisse konnte eine Antwort auf die Frage gesucht werden, inwieweit die bei der Normalkoordinatenanalyse von CF3-Phosphor- und -Arsenverbindungen gefundenen GesetzmfiBigkeiten auf die analogen Antimonverbindungen fibertragbar sind. Wir berichten hier fiber die Schwingungsspektren und Normalkoordinatenanalyse der Stibane (CF3)2SbX (X = H, CI, Br, I), wobei die Ergebnisse entsprechender Studien an den Verbindungen (CF3)2SbCH3 und CF3Sb(CH3)2 [-4,5] zur Diskussion mit herangezogen werden.
+ 1 cm- 1. Die Aufnahme der Raman-Spektren erfolgte an den fl/issigen Proben in Kapillaren von 1 mm innerem Durchmesser mit Hilfe eines Cary 82 Laser-Gerfites (Kr ÷Laser-Anregung: 500mW bei 647.1nm, Wellenzahlgenauigkeit +2cm-1). Die Polarisationszust~nde wurden qualitativ ermittelt.
ERGEBNISSE
Allegemeines Die Molekfile (CF3)2SbX geh6ren bei symmetrischer Orientierung der CF3-Gruppen zur Punktgruppe Cs. Die Verteilung der 24 Grundschwingungen vl-vz4 auf die Rassen a' (IR, Ra p) und a" (IR, Ra dp) ist in Tabelle 1 aufgeffihrt. Von den Verbindungen (CF3)zSbX liegen bisher keine Strukturuntersuchungenvor; die ffir die Aufstellung der G-Matrizen ben6tigten Strukturdaten wurden deshalb aus den Werten yon (CF3)3E [-8] und EX3 (X = H, CI, Br, I)[9-12] extrapoliert. Sie sind in Tabelle 2 zusammengefaSt.
SPEKTREN U N D IHRE Z U O R D N U N G ;
NORMALKOORDINATENANALYSE Die Normalkoordinatenanalyse basiert auf den in Tabelle 2 aufgeffihrten geometrischen Daten. Die GMatrizen wurden mit Hilfe eines RechenSubstanzen programms [13] aufgestellt, die Ausgangs-F-Matrizen (CFa)2SbI und (CF3hSbCI wurden nach Literaturver- aus den Daten von HCF3"[14] und SbX3 [10, 15, 16] fahren dargestellt Durch Umsetzung von (CF3)3Sb mit Jod ist (CF3)2SbI[6] zug~inglich. Aus dieser Verbindung abgeleitet und zu einem MVFF zusammengefal3t: Die entsteht durch Reaktion mit Silberchlorid [6] (CF3)2SbC1 Zahl der Nebendiagonalelemente wurde m6glichst klein gehalten; die Wechselwirkungskraftkonstanten und in Analogie dazu mit Quecksilberbromid[7] (CF3)2SbBr.(CF3)2SbHwird durch Spaltung von Sbz(CF3)4 wurden innerhalb der Verbindungsreihe nach M6glichmit (CH3)3SnH erhalten [7]. Sb2(CF3)4, das wesentlich keit gleich angesetzt und nur bei starker Xstabiler und besser handhabbar als (CF3)zSbl ist, wird mit Abh~ingigkeit geringffigig variiert. In Tabelle 3 sind die Quecksilber aus dieser Verbindung dargestellt [6]. von Null verschiedenen Symrnetriekraftkonstanten Spektren zusammengefal3t; Tabelle 4 gibt die beobachteten und Die Infrarot-Spektren wurden an den gasf6rmigen Proben berechneten Schwingungen, ihre Zuordnung und ihre in 10 cm Kfivetten mit KBr- bzw. Polyfithylenfenstern mit Potentialenergieverteilung V(K) wieder. Den Spektren den Spektrometern IR 12 der Firma Beckman bzw. Modell 325 der Firma Perkin Elmer im Bereich von 4000 bis gemeinsam ist die Lagekonstanz folgender Schwin200 cm- i bei Drficken zwischen 2 und 80 mbar registriert. gungen, die sich somit als "Leitfrequenzen" zur Die Wellenzahlgenauigkeit scharfer Banden ist besser als qualitativen IR-spektroskopischen Identifizierung 857 EXPERIMENTELLES
858
P. DEHNERT,R. DEMUTHund J. GROBE Tabelle 1. Grundschwingungen der Molckiil¢ (CF3)2SbX (X = H, C1, Br, I) Cs-Symmetrie
a'
a"
Schwingungsform
914' 915
~1' @2
~as CF3
16
J4 4
4
5' 7'
J 4
4s CF3
417
6s
6
418' g19
~as CF3
8
420' ~21
~ CF3
9 22
$ SbC2
9
SbC 2
10
.J
4
11
SbX
912
423
~ CSbX
13
q24
"~
eignen: v(CF3) , ~s(CF3), t~as(CF31, vs(SbC), v,~(SbC) und v(SbX). Die intensivsten Absorptionen des IR-Spektrums sind die CF-Streckschwingungen. Die Bande h6chster IR-Intensit/it wird vs(a') zugeordnet; ffir die energieh6chste Absorption erscheint in Ubereinstimmung mit
der Normalkoordinatenanalyse v,~(a") sinnvoll. Im Raman-Spektrum erscheinen diese Schwingungen als sehr schwache Linien. Die symmetrische Deformation v4[tSs(CF3)] ist im Raman-Spektrum leicht an der starken, polarisierten Linie zu erkennen, die sich bei 720 cm- 1 als lagekonstant erweist; vl 7 f~illtmit v4 in
Tabelle 2. Angenommene Geometrie der Verbindungen (CF3)2SbX (X = H, CI, Br, I) X
CF3
=
H
C1
Br
r CF [pm]
133,6
r SbC [pin]
220,2
r sbx
[Psi
C a m Sb FCF ¢ FCSb
171,1
236,0
249,0 100 ° 108,5 ° 110,5 °
I
267",O
Schwingungsspektren und Normalkoordinatenanalyse von (CF3)2SbX-Verbindungen (X = H, CI, Br, I)
859
Tabelle 3. Von Null verschiedene, auf 100pm abstandsnormierte Symmetriekraftkonstanten [102 N/m]
Fij; ij =
(CF3)2SbH
(CF3)2SbCI
(CF3)2SbBr
(CF3)2SbI
11
5,00
5,20
5,20
5,10
33
7,55
7,50
7,50
7,50
44
1,60
1,65
1,65
1,65
55
1,50
1,50
1,55
1,55
77
0,68
0,60
0,65
0,65
99
2 O8
2,05
1,98
1,95
1010
0
65
0,68
0,68
0,65
1111
2 10
2,30
1,55
1,OO
1212
0 56
0,70
0,65
0,50
1414
500
4,70
4,70
4,70
1616
7,50
7,65
7,70
7,70
1717
1,70
1,75
1,70
1,70
1818
1 50
1,53
1,55
1,55
2O2O
0,60
0,65
0,60
0,65
2222
1,60
1,55
1,45
1,45
2323
0,53
0,40
0,40
0,30
911
0,10
0,10
0,10
1012
0,05
-,--
-,--
-0,10
-0,08
1011
Konstant:
,
15 = 1418
=
34 = 1617 =
-O,50;
17 = 1420 = 0,50;
0,65; 39 = 1622 = 0,25; 49 = 1722 = -O,48
allen F/illen zusammen. Ebenso sicher 1/iBt sich die asymmetrische Deformationsschwingung der CF3,Gruppe [vs; 6=(CF3)] als im IR- und Raman-Spektrum schwache Bande bei ~ 525 c m zuordnen. Besonders dberraschend ist die Lagekonstanz der SbC2-Schwingungen [Vg; vs(SbC2)], obwohl sie in der Rasse a' stark mit anderen Koordinaten gekoppelt sind (vgl. Normalkoordinatenanalyse). Sie eignen sich gut als Leitfrequenzen zur Identifizierung von CFaAntimonverbindungen und sind auf Grund ihrer hohen IR- und Raman-Intensitfit (polarisierte Ra-Linien) zweifelsfrei zu lokalisieren. Die asymmetrische Valenzschwingung •22 [v~s(SbC2)] liegt durchweg um 20 cm- 1 unter der Frequenz vs(SbC2) und tritt im IR als mittelstarke, im Raman-Spektrum als schwache, depolarisierte Linie auf. Ebenso eindeutig sind die Sb-X-Valenzschwingungen als im IR- und RamanSpektrum starke Banden zuzuordnen.
Als problematischer erweist sich die Identifizierung der p-Schwingungen im Erwartungsbereich zwischen 200 und 300cm -1, da sie von den SbC2-Valenzschwingungen verdeckt sein kbnnen. Die in Tabelle 4 getroffene Zuordnung stiitzt sich auf die bereits diskutierten IR- bzw. Raman-Intensit/itsmerkmale und die Normalkoordinatenanalyse, die einen physikalisch sinnvollen Kraftkonstantensatz ergibt. In den Raman-Spektren treten bei den Halogenverbindungen (CF3)2SbX (X = Hal) unterhalb 200 cm-1 drei mittelstarke bis schwache Banden auf. In fJbereinstimmung mit der Normalkoordinatenanalyse und im Vergleich mit den bei den analogen (CF3)2PX- und (CF3)2AsX-Verbindungen [2] ermittelten Werten ergibt sich die Zuordnung vlol-,~(SbC2)] > v23[,%sICSbX)] > v~2[,%(CSbX)]. Ffir das (CFa)2SbH konnte vlo wegen der geringen Qualildit des Raman-Spektrums (Zersetzung der Substanz) nicht ermittelt werden.
860
P. DEHNERT, R. DEMUTHund J. GROBE
It
II
v
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2 - 2 2 2 2 o
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2 o
N ,4 N ~
~
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~
ii ~
Schwingungsspektren und Normalkoordinatenanalyse von (CF3)2SbX-Verbindungen(X = H, CI, Br, I)
861
Tabelle 5. Vergleich von Kraftkonstanten [102 N/m]
f CF
f CF/CF'
f CE
fCE/CE j
f EX
f CEX ~
(CF3) 2PH [17]
5,86
0,76
2 76
0,26
3,23
0,27
(CF3) 2AsH [17]
5,90
0,82
2 50
0,30
2,75
0,21
(CF3) 2SbH
5,76
0,76
I 84
0,24
2,10
O,15
(cF3) 3P [3]
6,04
0,84
2 86
0,27
-
-
(CF3) 2PCl
[2]
6,03
0,73
2 53
0,43
2,45
0,25
(CF3) 2PBr
~]
6,02
0,74
2 48
0,43
1,95
0,23
(CF3) 2PI
[2]
6,OO
0,73
2 45
0,40
1,70
0,22
(cF 3)2As
t33
6,03
0,85
2 50
0,22
-
-
(CF3) 2AsCI [2]
6,11
0,80
2 ,32
0,43
2,45
0,16
(CF3) 2AsBr [21
5,95
0,80
2 ,25
0,45
1,85
O,15
(CF3) 2AsI
[2]
5,90
0,79
2 ,23
0,43
1,65
0,14
[.3]
5,97
0,85
2 ,O1
0,23
-
-
(CF 3) 2SbCI
5,82
0,87
1 80
0,25
2,30
0,11
(CF 3) 2SbBr
5,82
0,87
I .67
0,22
1,55
0,09
(CF 3) 2SbI
5,80
O, 90
1 ,60
0,25
1,O0
0,07
(CF3) 3Sb
SbH 3 C15]
2,O1
[10]
1,74
SbBr 3 [181
1,49
[161
O,81
SbCI 3
3
* Auf r(EC) • r(EX) normiert. KRAFTKONSTANTEN In Tabelle 5 sind die wichtigsten inneren Kraftkonstanten Vergleichswerten verwandter Verbindungen gegen/ibergestellt. Die Deformationskraftkonstanten sind zur Optimierung des Vergleichs abstandsnormiert. Die vorliegende Untersuchung bestfitigt die bei den Phosphor- und Arsenverbindungen festgestellten GesetzrrfiBigkeiten in vollem Umfang : 1. Die CF-Valenzkraftkonstante sinkt mit abnehmender Elektronegativit~t des an das Zentralatom gebundenen Halogens. 2. In gleicher Richtung nimmt auch die CEValenzkraftkonstante ab. 3. Die EX-Kraftkonstante wird durch den EinfluB der CF3-Gruppen erh6ht. 4. Die Deformationskraftkonstanten nehmen mit steigender Masse des Halogensubstituenten ab. Insgesamt wird auch in der Reihe der (CFa)2SbXVerbindungen die schwingungsspektroskopische Klassifizierung der CF3-Gruppe als Pseudohalogen [1]
bestfitigt gefunden. Ihr Einflufl entspricht hinsichtlich der Masse dem Bromatom, beziiglich der Elektronegativitfit dem Chloratom. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir fiir die Unterstfitzung mit Sachmittdn, Herrn Prof. Bfirger ffir die Aufnahme der Raman-Spektren.
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