Biochem. Physiol. Pflanzen (BPP), Bd. 164, S. 475-486 (1973) Institut fiir Allgemeine Botanik der Universitat Mainz
Shikimisaure-Dehydrogenase (E.C. 1.1.1.25) in keimenden Erbsen Vergleich der Aktivitiit zweier Isoenzyme mit der Aktivitiit von Glucose-6phosphat-Dehydrogenase (E.C. 1.1.1.49) und Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase (E.C. 1.1.1.44) Von
GUNTER ROTHE
Mit 8 Abbildungen (Eingegangen am 11. J anuar 1973)
Activities of Shikimate Dehydrogenase-isoenzymes (E.C. 1.1.1.25), Glucose-6phosphate Dehydrogenase (E.C. 1.1.1.49) and Phosphogluconate Dehydrogenase (E.C. 1.1.1.44) in Germinating Peas Summary Two different shikimate-dehydrogenase-isoenzymes could be isolated from cotyledones of Pisurn sativurn. Both enzymes were highly specific for NADP and shikimate. Quinate had a slightly and equally inhibitory effect on both isoenzymes. Their pH-optimum was 9,5 respectively 10.0. The two enzymes had different activities during a germination period of 10 days. One of them developed a maximum of activity during the early stages of germination, whereas the other one had a strong activity from the beginning of germination. Both enzymes therefore seem to be regulated by different mechanisms. Glucose-6-phosphate dehydrogenase and gluconate-6-phosphate dehydrogenase were also examined during 10 days of germination. Whereas glucose-6-phosphate dehydrogenase develops a maximum of activity during germination, gluconate-6-phosphate dehydrogenase has a high activity from the onset of germination. Although both enzymes are linked at the pentose-phosphate-pathway, they have independent activities during germination. In this biochemical pathway the activity of glucose-6-phosphate dehydrogenase must be of regulatory effect. Since both glucose-6-phosphate dehydrogenase and gluconate-6-phosphate dehydrogenase develope maximum activity before one of the shikimate-dehydrogenase-isoenzymes, possible substrat induction of this enzyme is discussed.
Einleitung
Untersuchungen zur Charakterisierung des Enzyms Shikimisaure-Dehydrogenase aus Hoheren Pflanzen zeigten, daB es sich urn ein SH-aktives Enzym handelt (z. B. UDVARDY and FARKAS 1968), das fUr seine Aktivitat keine Schwermetallionen benotigt (KOJIMA et al. 1969). Das pH-Optimum fUr die Dehydrierung von Shikimi-
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same in Gegenwart von NADP+ wurde zwischen pH 8,2 (FRIC und FRICOVA 1968) und pH 10,0 (BALINSKY and DAVIES 1961) gefunden. Trotz umfangreicher Kenntnisse tiber das kinetische Verhalten der Shikimisaure-Dehydrogenase ist bisher nur wenig tiber multiple molekulare Formen dieses Enzyms bekannt geworden. FRIC und FRICOVA (1968) sowie UDVARDY and FARKAS (1968) gelang es bisher als einzige Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme in GerstenbIattern nachzuweisen. AnlaJ3 fUr die vorliegenden Untersuchungen war deshalb die Frage nach weiteren Vorkommen von Isoenzymen der Shikimisaure-Dehydrogenase in Hoheren Pflanzen. Das Studium des Aktivitatsverlaufs dieser Enzyme wahrend der Keimung von Pisum sati'vum, in Verbindung mit 2 Dehydrogenasen aus dem Pentosephosphatweg, sollte Einblick in die Bereitstellung· aromatischer Verbindungen bei der Mobilisierung von Reservestoffen gewahren. Material und Methoden
1. Anzucht der Erbsen Als Versuchspflanzen dienten Erbsen (Pisum sativum) der im Handel erhaltlichen Varietat "Kleine Rheinlanderin". Die Anzucht erfolgte mit oberfliichensterilisierten Sam en, die auf sterilem Quarzsand im 16 h Tag (24 DC, Tageslichtleuchtstofflampen 5000 Lux) herangezogen wurden. Je 1 kg trockener Sand wurde in Plastikwannen gefiillt und mit 200 ml KNopscher NahrlOsung angefeuchtet; hierauf kamen 6 h lang vorgequollene Erbsen. Die Plastikwannen waren so mit einer Glasplatte abgedeckt, daB ausreichende Beliiftung gewahrleistet war.
2. Extraktion loslicher Proteine Als Ausgangsmaterial fiir jedes Keimungsstadium dienten 10 g lufttrockene Samen. Nach Erreichen eines bestimmten Keimungsstadiums wurden, nach Entfernen der Testa, die Kotyledonen abgetrennt. Zu einem Frischgewichtsteil Kotyledonen kam die 3fache Menge eines 0,1 J\I Phosphat-Puffers pH 7,6, der 3 X 10- 3 M Mercaptoiithanol und 3 X 10- 3 M A.thylendiamintetraessigsaure enthielt. Naeh dem Homogenisieren wurde fiir 30 min bei 20000 g zentrifugiert. Der klare Uberstand diente als Ausgangslosung fiir elektrophoretische Untersuchungen. Er wurde bei - 25 DC aufbewahrt und fiir enzymatische Bestimmungen verwendet.
3. Elektrophorese Die Durchfiihrung der Elektrophorese erfolgte mit dem von ORNSTEIN und DAVIS (1962) angegebenen Gelsystem. Fiir 5%ige Trenngele wurden 0,33, fiir 7,5%ige 0,20, fiir 10%ige 0,145 und fiir 16%ige 0,10 % Bismethylenacrylamid als Quervernetzer verwendet. Da Erbsenkotyledonen reich an Reserveproteinen sind, stellen die nichtenzymatischen Proteine einen erheblichen Tei! des GesamteiweiBgehaltes in den Extrakten dar (vgl. DANIELSSON and LIS 1952). Fiir enzymatische Nachweise in Polyacrylamidgelen muBten deshalb groBere EiweiBmengen als sonst iiblich eingesetzt werden. Vergleichende Elektrophoresen zeigten, daB die Nachweise am besten gelangen, wenn 50 fll Rohextrakt pro Gel eingesetzt wurden. Dies entsprach, je nach Keimungsstadium, einer EiweiBmenge zwischen 1,9 und 0,4 mg/m\.
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Die Untersuchungen der einzelnen Keimungsstadien wurden stets mit dem gleichen Volumen Extraktionslosung durchgefiihrt. Die Ergebnisse beziehen sich demnach auf gleiche Frischgewichte der Kotyledonen.
4. Enzymnachweise Der Nachweis von Dehydrogenasen in Polyacrylamidgelen erfolgte mit Hilfe der Tetrazoliumsalzmethode. Als Grundlage fiir die vorliegenden Untersuchungen dienten dabei Inkubationsmedien, wie sie bereits an anderer Stelle beschrieben wurden (ROTHE 1972). Fiir quantitative Auswertungen der Formazanbanden erwies sich das Tetrazoliumsalz 3 (4,5-Dimethylthiazolyl-2-) 2,5-diphenyltetrazoliumbromid (MTT) als am besten geeignet. Der Vorteil dieser Verbindung liegt darin, daB die Enzymbanden im Gel wesentlich schneller sichtbar werden als bei der Verwendung von p-Nitro-blautetrazoliumchlorid (Nitro BT). So waren beim Shikimisaure-Dehydrogenase-Nachweis, wie er im folgenden noch naher beschrieben wird, mit MTT schon nach 30 min deutlich sichtbare Farbzonen in den Gelen zu erkennen, wohingegen dies bei Verwendung von Nitro BT erst nach 50 min moglich war. Aufgrund der kiirzeren Reaktionszeit von MTT konnte die unspezifische Reduktion der Verb in dung im Gel, die zu storenden Untergrundfarbungen fiihrt, weitgehend vermieden werden. Hohe Konzentrationen des Elektroneniibertragers N-Methylphenaziniummethylsulfat (PMS) hatten ebenfalls eine Erhohung der Untergrundfarbung der Gele zur Folge. Die Konzentration dieser Verbindung wurde deshalb auf den 10. Teil der iiblichen Menge (vgl. LATNER 1961) verringert. Die Reaktionsgeschwindigkeit wurde hiervon nicht beeinfluBt. Nach eingehenden Untersuchungen kam fiir die im weiteren b€schriebenen Dehydrogenasen folgende Inkubationslosung zur Anwendung: 10-2 M Substrat, 10-4 M Cosubstrat (NAD+ bzw. NADP+), 10-4 M PMS und 10-3 M MTT. Nach Beendigung der Elektrophorese wurden die Gele zunachst 4mal fiir 30 min in der Pufferlosung aquilibriert, die auch als Inkubationspuffer verwendet wurde. Fiir den pH-Bereich von 6,0-7,0 diente Phosphat-Puffer, fiir den von 7,5-9,0 Tris-HOI-Puffer und fiir den von 9,5 -12,0 Glycin-Puffer. Die Molaritat der Puffer betrug 0,1 M. Die Inkubation der Gele wurde in Reagenzglasern mit SchraubversehluB mit je 10 ml Inkubationslosung pro Gel unter Stiekstoff bei konstanter Temperatur vorgenommen. Die Spezifitat der Enzymreaktion wurde durch Kontrollreaktionen am Gel ohne Zusatz von Substrat iiberpriift. Nach einer bestimmten Reaktionszeit wurden die Gele aus der Inkubationsliisung herausgenommen und in 10%iger Formaldehydlosung fixiert.
5. Densitometrische AuswertUl1g del El1yzmaktivitaten Die Bestimmung von Enzymaktivitaten wurde an zylindrischen Polyacrylamidgelen einer Lange von 15 cm und einem Querschnitt von 0,6 em durchgefiihrt. Bei Verwendung von iiberschiissigem Substrat und Tetrazoliumsalz ist die Reduktionsgeschwindigkeit des letzteren proportional der Enzymaktivitat (SCHUMACHER 1961). Unter Beachtung dieser Bedingungen konnen GroBe und Intensitat der Farbzonen als MaB fiir die Aktivitat der untersuchten Dehydrogenasen herangezogen werden. Die densitometrische Auswertung der Gele erfolgte an einem Chromatogramm-Spektralphotometer der Firma ZEISS, Typ M4, Q III in Transmissionsmessung bei einer Wellenlange von 580 nm unter Verwendung eines Kompensationsschreibers. Zur Berechnung der Enzymaktivitat diente die von dem Kompensationsschreiber aufgezeichnete Flache unter der Kurve einer Formazanbande. Die Starke der Formazanablagerung (opti~che Dichte) wurde mit Hilfe einer Eichkurve in Gelen mit bekanntem Formazangehalt bestimmt. Die Grundlinie der Kurve diente zur Berechnung des Volumens der Formazanbande.
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Volumen und optische Dichte der Formazanbande wurden dazu verwendet, die Menge gebildeten Formazans in .uMo1 zu errechnen. Unter Beriicksichtigung der Reaktionszeit und des Volumens der verwendeten Enzymlosung wurde die Aktivitat der Enzyme schlie13lich in m U jml (= .uMo1 Substrat· t(min)-l. v(ml)-l) berechnet.
Experimentelle Ergebnisse
1. Ermittlung des Gelsystems Zur Ermittlung optimaler Trennungsbedingungen fUr die im folgenden nachgewiesenen Enzyme wurde das Gelsystem nach ORNSTEIN and DAVIS (1962) unter Verwendung verschiedener Acrylamidkonzentrationen herangezogen. Abb.l zeigt die schematische Darstellung der Trennergebnisse bei Anwendung unterschiedlich konzentrierter Trenngele. Die Anfarbung der EiweiBe erfolgte mit Coomassie. Die beste Auflosung wurde mit 15%igen Acrylamidgelen erreicht. 2. Bestlmmung des EiweiBgehaltes der Kotyledanen Den Verlauf des EiweiBabbaues in den Kotyledonen wahrend der Keimung zeigt Abb. 2. Wie aus dem Kurvenverlauf hervorgeht, erfolgt eine besonders starke EiweiBabnahme vom Keimungstag 0 (= 6 h lang vorgequollene Erbsen) bis zum 1. Keimungstag. Sodann ist die Abnahme bis zum 10. Keimungstag nahezu gleichmaBig. Die Bestimmung der EiweiBmenge erfolgte nach LOWRY et al. (1951). Der Kurvenverlauf ist unabhangig von dem der noch zu beschreibenden Dehydrogenasen. Dies ist von Bedeutung fUr die Interpretation der Ergebnisse.
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Abb. 1. Eiwei13muster der Kotyledonen von Pisum sativum nach Auftrennung in unterschiedlich konzentrierten Acrylamidgelen.
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3. Bestimmung von Shikimisa,ure-Dehydrogenase-Isoenzymen Nachdem Untersuchungen im Reagenzglas (vgl. ROTHE 1(72) untel Verwendul1g des beschriebenen Inkubationsmediums den Nachweis von Shikimisaure-Dehydrogenase in den Kotyledonen von Erbsen erbracht hatte, wurde das Enzym elektrophoretisch getrennt und bei verschiedenen pH-Werten inkubiert. Abb.3 zeigt das Ergebnis eines solchen Versuches. Wie deutlich zu sehen ist, konnen in Erhsenkotyledonen 2 Isoenzyme der Shikimisaure-Dehydrogenase nachgewiesen werden. Ihr RZ-Wert liegt in 15%igen Acrylamidgelen flir Isoenzym A bei 0,11 und fiir Isoenzym B bei 0,17. Aus der densitometrischen Auswertung der Gele (Abb. 4) geht hervOl, da.B das pH-Optimum fiir beide Isoenzyme im Bereich zwischen pH 9,0 und 10,0 liegt. Dies stimmt mit den Angaben anderer Autoren (BALINSKY and DAVIES 1961 sowie UDVARDY and FARKAS 1(68) iiberein. Abb. 4 zeigt ein fUr Isoenzym A weiter im Alkalisch~l1 liegendes pH-Optimum (pH 10,0) als £iiI Isoenzym B (pH 9,5). Die nachgewiesenen Isoenzyme zeigten im pH-Optimum unterschiedliche Aktivitat. Isoenzym B ist von gro.Berer Aktivitat als Isoenzym A. Beide Isoenzyme erwiesen sich als streng spezifisch, d. h., Ric konnten nur bei Verwendung von NADP+, nicht aber bei Anwen dung von NAD+, im Gel nachgewiesen werden und vermochten ausschlie13lich Shikimisaure zu dehydrieren. Die nahe vcrwandte Verbindung Chinasaure wurde 50
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Abb. 3. pH-Abhangigkeit der Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme. Von links nach reehts: pH 7,0; 8,0; 9,0; 10,0; 11,0 und 12,0. A: Isoenzym A; B: Isoenzym B. Trennung und Nachweis der Enzyme siehe Material und Methode. Abb.4. pH-Abhangigkeit der Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme aus Erbsenkotyledonen o Isoenzym B; !.::, Isoenzym A.
nicht dehydriert. Waren sowohl Shikimisaure als auch Chinasaure im Inkubationsmedium zugegen, so zeigte sich eine geringfiigige und in etwa gleichma13ige Hemmung der Enzymaktivitat. 4. Aktivitatsverlauf der Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme Nachdem es gelungen war, multiple molekulare Formen der ShikimisaureDehydrogenase in den Kotyledonen von Erbsen nachznweisen, wurde der Aktivitatsverlauf beider Enzyme tiber einen Keimungszeitraum von 10 Tagen untersucht. Abb. 5 zeigt das Ergebnis einer solchen Untersuchung nach elektrophoretischer Trennung der Enzyme. Wie aus der Abbildung hervorgeht, ist Isoenzym B wah rend des ganzen Keimungsverlaufs aktiv, wahrend das andere Isoenzym nur kurze Zeit ill Erscheillung tritt. Die densitometlische Auswertullg wird in Abb. 6 dargestellt.
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Abb. 5. Aktivitat der Shikimisaure-Dehydrogenase- Isoenzyme in Abhangigkeit von der Keimung. A: Isoenzym A; B: Isoenzym B. Trennung und Nachweis der Enzyme siehe Material und Methode. 1 0
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Abb.6. Aktivitatsverlauf der heiden Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme wahrend 10tagiger Keimung. 0 Isoenzym B; L Isoenzym A.
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Sie macht deutlich, daB das Isoenzym mit der geringen Aktivitat nur bis zum 6. Keimungstag nachgewiesen werden kann. Seine Aktivitat steigt yom Beginn der QueBung (Stadium 0) kontinuierlich bis zum 4. Tag an, urn dann rasch abzufallen. Dagegen vermindert sich die Aktivitat des Isoenzyms mit der griiBeren Aktivitat zunachst bis zum 2. Tag, steigt dann bis zum 5. Tag und falIt amchlieBend auf den Ausgangswert zuriick. Dieser auffallende Unterscbied in der Aktivitat beider Isoenzyme, in Verbindung mit - wenn auch geringen - Unterschieden im pH-Optimum, macht deutlich, daB es sich hier urn echte multiple molekulare Formen der Shikimisaure-Dehydrogenase handelt. 5. Aktivitatsverlauf der Glucose-6-phosphat-Dchydrogenase Nachdem es gelungen war, Isoenzyme eines Enzyms aus dem Biosyntheseweg aromatischer Verbindungen zu verfolgen, erhob sich die Frage, mit welcher Aktivitat Enzyme tatig sind, die Vorstufen fiir diesen Weg liefern. Dazu wurde die Aktivitat zweier Dehydrogenasen aus dem Pentosephosphatweg untersucht, da bekannt ist, daB iiber ihn ein Ausgangsprodukt fiir aromatische Verbindungen bereitgestellt Wild.
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Abb.7. Aktivitatsverlauf der Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase wahrend lOtagiger Keimung.
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Abb. 7 zeigt den Aktivitiitsverlauf der Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase im Verlauf der Keimung. Diese Enzymbestimmung erfolgte ebenfalls an Polyacrylamidgelen, wobei die Aktivitiit der 6-Phosphogluconat-Dehydrogenase keinen Einflu.B auf das Me.Bergebnis hatte. Multiple molekulare Formen beider Enzyme konnten dabei in Erbsenkotyledonen nicht nachgewiesen werden. Die Aktivitiit des Enzyms Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase stieg bis zum 3. Keimungstag stark an, um dann bis zum 6. Tag rasch abzufallen. 6. AktiviUitsverlauf der Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase hatte eine wesentlich hohere Aktivitiit als das El1zym Glucose-6-phosphat-Dehydrogel1ase. Beide Enzyme, die im Pentosephosphatweg unmittelbar hintereinandergeschaltet sind, zeigell dennoch wiihrend der Keimung vollig verschiedene Aktivitiiten. Dies geht aus Abb. 8 hervor. Auffallend ist vor allem, da.B das Enzym Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase yom Keimungstag 0 an mit starker Aktivitiit in den Kotyledonen vorhanden ist, wiihrend Glueose6-phosphat-Dehydrogenase, das erste Enzym der Reaktionskette, erst am 2. Tag der Keimung starker in Erscheinung tritt, um dann ebcnso rasch wieder an Aktivitat zu verlieren.
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Abb.8. Aktivitatsverlauf der Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase wahrend lOtagiger Keimung.
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Diskussion
Das Vorkommen von Shikimisaure-Dehydrogenasen in den Kotyledonen von Pisum sativum legt die Vermutung nahe, da.B diese Gewebe zur Synthese aromatischer Verbindungen befahigt sind. Dies war zunachst nicht zu erwarten, da viele Speicherkotyledonen nach der Samenruhe keinerlei Zellteilungs- und Zellwachstumsaktivitaten mehr aufweisen (VARNER 1961) und somit im allgemeinen als Musterbeispiel katabolischer Stoffwechselvorgange gelten. 1m Gegensatz dazu stehen allerdings Befunde, die Syntheseleistungen auf enzymatischer Ebene wahrscheinlich machen. So konnten z. B. BROWN and WRAY (1968) eine de novo Synthese fUr Amylase in Erbsenkotyledonen wahrscheinlich machen. Der in den vorliegenden Untersuchungen beobachtete Aktivitatsanstieg des Enzyms Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase in Erbsenkotyledonen scheint ebenfalls auf cine Enzymneubildung zuriickzugehen. So gesehen solI ten Speicherkotyledonen auch zu anderen Syntheseleistungen befahigt sein. Der Nachweis von Shikimisaure-Dehydrogenase, einem Enzym aus der Synthesekette aromatischer Verbindungen, kann als Beweis hierfiir herangezogen welden. Ein Vergleich der Abnahme des Eiwei.Bgehaltes in den Kotyledonen mit der Aktivitat der Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme la.Bt keinen Zusammenhang erkennen. Wie eingangs dargestelIt, fa,lIt der Eiwei.Bgehalt stetig iiber einen Keimungsverlauf von 10 Tagen ab, die Aktivitat der Shikimisaure-Dehydrogenase-Isoenzyme zeigt jedoch cinen hiervon ganzlich verschiedenen Verlauf. Auf Grund dieses Befundes kann angenommen werden, da.B bestimmte aromatische Verbindungen durch Neusynthese aus KohIenhydraten bereitgestelIt, aromatische Aminosauren dagegen aus den Reserveeiwei.Ben freigesetzt werden. Die Untersuchung von 2 Enzymen des Pentosephosphatweges, welcher eine der beiden Ausgangsverbindungen zur Synthese aromatischer Verbindungen liefert (Erythrose-4-phosphat), zeigt, da.B die Aktivitat einer der multipIen moIekularen Formen der Shikimisaure-Dehydrogenase (Isoenzym A) mit der Aktivitat dieser Enzyme in Zusammenhang gebracht werden kann. Zunachst ist festzustelIen, da.B Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase bereits mit gro.Ber Aktivitat in den Kotyledonen vorhanden ist (vgl. auch BROWN and WRAY 1968), wahrend GIucose-6-phosphatDehydrogenase im Verlauf der Keimung einen sprunghaften Aktivitatsanstieg erfiihrt. Da beide Enzyme in unmittelbarem Zusammenhang stehen, besteht die MogIichkeit, da.B das Endprodukt der durch GIuconat-G-phosphat-Dehydrogenase kataIysierten Reaktionen die Neusynthese des Enzyms GIucose-6-phosphat-Dehydrogenase hervorruft. Die Aktivitat des zuIetzt genannten Enzyms ist somit von reguIatorischem Effekt im Pentosephosphatweg der Kotyledonen.
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Das Aktivitatsmaximum der beiden Enzyme aus dem Pentosephosphatweg liegt jeweils vor dem der Shikimisaure-Dehydrogenase A. Hieraus kann geschlossen werden, da13 dieses Enzym erst nacb Bereitstellung genugender Mengen von Ausgangsprodukten fUr die Synthese von Aromaten einen Aktivitatsanstieg erfahrt. Wie eingangs dargelegt, hahen die Isoenzyme del Shikimisaure-Dehydrogenase verschieden en Aktivitatsverlauf. Fur das Enzym mit der kurzeren Aktivitiit (Isoenzym A) konnte ein moglicher Zusammenhang mit der Aktivitat des Pentosephosphatweges aufgezeigt werden. Demgegenuber konnpn Aussagen uber die Beeinflussung der Aktivitat des Isoenzyms B bis jetzt noch nicht gemacht werden. Sieher scheint jedoch, da13 beide rsoenzyme unterschiedlichen Regulationsmechanismen unterliegen. Die genannten biochemischen Befunde konnen zusatzlich in Zusammenhang mit histologischen Beobachtungen gebracht werden. So ware es moglich, da13 die Aktivitii.t der kurzfristig aktiven Shikimisaure-Dehydrogenase in Zusammenhang mit der von KOLLOFFEL (1969) gemachten Beobachtung einer Neubildung von Tracheen in den Kotyledonen wahrend der ersten Tage der Keimung steht. Die Funktion dieses Enzyms (Isoenzym A) konnte darin bestehen, aromatische Verbindungen fUr die Lignifizierung der Tracheen bereitzustellen. Die Aktivitat des 2. Isoenzyms scheint demgegenuber eine kontinuierliche Bereitstellung von Aromaten fUr den wachsenden Keimling anzuzeigen.
Zusammenfassung Aus Kotyledonen von Pisum sativum konnten 2 Shikimisaure-Dehydrogenase- Isoenzyme isoliert werden. Beide waren streng spezifisoh fiir NADP+ und Shikimisaure. Chinasiiure hatte einen geringen und gleichmiiBigen Hemmeffekt auf die Aktivitiit beider Enzyme. Ihr pH -Optimum lag bei 9,5 bzw. 10,0. Die einzelnen Isoenzyme zeigten unterschiedliche Aktivitiiten wiihrend 10tagiger Keimung. Das eine der beiden Enzyme entwickelte erst im Verlauf der Keimung ein deutliches Aktivitiitsmaximum, wahrend das andere von Anfang an mit starker Aktivitiit vorhand en war. Die beiden Isoenzyme scheinen somit unterschiedlichen Regulationsmechanismen zu unterliegen. Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase und Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase wurden ebenfalls wiihrend 10tiigiger Keimung untersucht. Wiihrend Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase erst im Verlauf der Keimung stark an Aktivitiit gewinnt, ist Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase bereits yom Beginn der Keimung an mit starker Aktivitiit vohanden. Obwohl beide Enzyme im Pentosephosphatweg hintereinandergeschaltet sind, verfiigen sie wiihrend der Keimung iiber giinzlich verschiedene Aktivitiiten. In dieser Stoffwechselkette ist die Aktivitiit der Gluconat 6-phosphat-Dehydrogenase von regulatorischem Effekt. Da sowohl Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase als auch Gluconat-6-phosphat-Dehydrogenase ihre maximale Aktivitat vor dem Aktivitiitsmaximum eines der beiden ShikimisiiureDehydrogenase-Isoenzyme entwickeln, wird eine mogliche Substrat-Induktion dieses Enzyms diskutiert. 32
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G. ROTHE, Shikimisaure-Dehydrogenase (E. C. 1.1.1.25) in keimenden Erbsen usw.
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