SfB Ab3
Build. ScL Vol. 1, pp. 45-56, Pergamon Press 1965. Printed in Great Britain
UDC 69.024.2
Spannungs- und Verformungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton Prof. dr ADAM MITZEL* dr inL A L F R E D D Z I E N D Z I E L *
Der Verformungs- und Spannungszustand einer hyperbolischen Paraboloidsehale wird experimentell an einer Stahlbetonschale in nati~rlieher Gr6sse untersucht. Die Ergebnisse werden mit den Untersuehungsergebnissen einer Modelmessung vergliehen. An Hand der aus den Messungen erhaltenen Werte wird gezeigt, class man die Sehnittkriifte der Schale nicht auf Grund der Membrantheorie berechnen kann, sondern dass fi~r die Bemessung der Biegezustand massgebend ist.
Aus oben angefiihrten Griinden entschloss man sich die Verformungen und Spannungen der Schale durch eine Modellmessung zu ermitteln. Letztere wurde im Jahre 1961 im Laboratorium des Lehrstuhls ffir Stahlbetonkonstruktionen der Technischen Hochschule Wroclaw durchgefiihrt. Im selben Jahre wurde eine Untersuchung der Betonschale in natiJrlichen Masstab vorgenommen. Nachdem diese Betonschale auf der Baustelle ungenau ausgefiihrt wurde, musste die Untersuchung wiederholt werden. Eine genaue Messung der Verformungen der Schale wurde im Sommer 1963 vorgenommen.
1. ALLGEMEINES F12R die Lagerung von Rohmaterialien einer Rohrfabrik wurde ein Lagerhaus entworfen dessen Abmessungen im Grundriss 36 x 42 m betrugen. Die Dachkonstruktion bestand aus 42 einzelnen Dachelementen (Fertigteilen), die als Paraboloidschalen ausgebildet waren und einen Grundriss yon je 6 × 6 m iiberdeckten. Die St~irke der Schale betrug im mittleren Teil 3 cm; am Rande waren Verstiirkungen in Form von Rippen vorgesehen. Jede Schale stiitzte sich auf vier S~iulen, wobei drei Stiitzpunkte in einer waagrechten Ebene lagen, w~hrend der vierte Stiitzpunkt sich 2 m hfiher befand. Zwei Ecken der Schale waren durch ein Stahlzugband verbunden. Zwecks Ermittlung der Schalenbewehrung und der Bewehrung der Randglieder (Randrippen) wurden die Schnittkr~ifte tier Schale auf Grund der Membrantheorie berechnet. Auf diese Weise konnte man nur die Schnittkr~ifte der Schale, und auch nur in dessen mittleren Teil ermitteln. Den Biegezustand der Randzone und der Rippen konnte man dabei nicht erfassen. Der Vorentwurf enthielt zwar die Bewehrung der Randglieder; die Abmessungen wie auch der Stahlquerschnitt wurden aber nur ' gefiihlsm/issig ' bestimmt.
2. H E R S T E L L U N G DER SCHALEN
In vorliegender Arbeit werden die Untersuchungsergebnisse der Verformungsmessungen an zwei Stahlbetonschalen dargestellt und mit den im Jahre 1961 durchgefiihrten Modellmessungen vergliechen. Es wurden zwei Schalen in derselben Form hergestellt. Die an Betonzylinderproben untersuchte Betondruckfestigkeit betrug nach 28 Tagen 180 kg/cm 2. Die eine Schale wurde aufvier Punkten gelagert und wird weiterhin als Schale I bezeichnet: die zweite Schale die nur drei Stiitzpunkte hatte ist als Schale II bezeichnet. Die drei Stiitzpunkte yon Schale II lagen in einer waagrechten Ebene. Die Stfirke der Schalen betrug im mittleren Teil 3
* Lehrstuhl fiir Stahlbetonkonstruktionen, Technische Hoehschule Wroclaw, Polen. 45
Adam Mitzel und Alfred Dziendziel
46
cm und nahm zu den Rgnder hin zu. Die Querschnittsabmessungen der Randverst~irkungen (Randrippen) betrugen 15 x 12 cm, wobei die H6he 15 cm ausmachte. Der [Jbergang yon 3 auf 15 cm erfo[gte auf einer L/inge yon 20 cm. Der Durchmesser des Stahlzugbandes betrug 40 mm und verband zwei, l/ings einer Diagonale, gegenfiberliegende Schalenecken. Um das Anspannen des Zugbandes zu erm6glichen, wurden an beiden Enden Gewinde vorgesehen, die mit Muttern gesichert wurden. Die Bewehrung der Schale besteht aus sich senkrecht kreuzenden Rundst~ihlen q5 4,5 mm mit einer Maschenweite yon 12 x 24 cm. Die Rippen wurden mit 3 Rundst~ihlen 4 11,7 mm unten und 2 Rundst~ihlen ~b 11,7 mm oben bewehrt, wobei gerippter Stahl mit einer Fleissgrenze von 3600 kg/cm z benutzt wurde. Die 4,5 m m starken Btigel wurden in Abst/inden yon 12 cm angeordnet (Abb. 1). Die zur Herstellung der Schalenelemente benutzte Form wurde aus Holz ausgefiJhrt und sorgfgltig bearbeitet. U m eine glatte Unterfl~iche der Schale zu erreichen, wurden die Bretter gehobelt und mit einer lgelitfolie abgedeckt. Letztere hatte ausser-
Schale gefiihrt war, abgegl/ittet. Die Verdichtung des Betons erfolgte dutch Rtitteln. Die Eckbewehrung der Schale ist aus Abb. 2. die fertige Schalc aus Abb. 3 ersichtlich. Die Stfitzen der Schale bestanden aus 70 cm hohen Betons~iulen mit Querschnittsabmessungen yon 30 x 30 cm. Die Sfiulen S~, S~ rind $4. standen unmittelbar auf der Betondecke, die S/iule $2 hingegen war mit einem Einzelfundament verbunden, welches sich in einer Tiefe yon 1,20 m tinter der Betondecke befand. Diese Massnahme
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Abb. 1. Bewehrung der Schale.
dem den Zweck das Abheben des Schalenelementes aus der Form zu erleichtern. Um eine gleichm/issige Oberfl~che und die vorgeschriebene St/irke zu erhalten, wurde w~ihrend des Aufbringens des Betons die Oberfl/iche mit einer gehobelten Latte, die an den R/indern der
Abb. 3. Die Schale nach dem Betonieren in der Form.
war wegen der dort auftretenden Zugkrafl notwendig. Zwischen den Sfiitzen S1, $2 und $3 und den entsprechenden Schalenecken wurden Stahllager eingebaut. Das Lager S 1 konnte Verschiebungen in alle Richtungen ausfiihren, S z bildete ein unverschiebliches Gelenk. Das Lager $3 erm/Sglichte Verschiebungen in Richtung der S/iulen S I - S 3. Die um 2 m h6her liegende Ecke (S 4) war bei Schale I auf einer Rohrsttitze gelagert, die sowohl mit der Betons/iule a|s auch mit der Schale lest verbunden war. Das Herausheben des Schalenelementes aus der Form und dessen Montage wurde mit Hilfe eines viertonnen Hebekrans durchgefiihrt (Abb. 4). Als Belastung wurden Betonelemente verwendet, welche schichtenweise, zu je drei Stiick in einen
Spannungs- und VerJormungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton
47
Quadratmeter gelegt wurden. Drei Stiick per m 2 entsprechen einer Belastung von 80 kg]m z, 6, 9 und 12 S t i i c k - einer Belastung von 160, 240 und 320 kg/m 2 (Abb. 5). Die Betonelemente waren 8 cm stark, 20 cm breit und 70 em lang und wogen 26,7 kg/Stiick. Das auf Abb. 4 dargestellte, leichte Holzgeriist diente als Schutz gegen ein eventuelles Einstiirzen der Schale.
3. DURCHFi~rHRUNG DER VERFORMUNGSMESSUNGEN
Abb. 4. Die fertig montierte Schale auf vier Stiitzen.
Die Verformungen wurden mit Hilfe von elektrischen Dehnungsmesstreifen bei einer Basis von 30 mm, einer Messkonstante von k = 2,10 und einem nominellen Widerstand von 350 f~ gemessen. Die Messtreifen wurden auf einer vorher sorgf~iltig vorbereiteten Grundlage aufgeklebt, 5 bis 6 Stunden mittels infraroten Strahlen getrocknet und nachher gegen Feuchtigkeit geschfitzt. Die Dehnungsmesstreifen wurden mit dem Messger~it durch Leitungen von drei verschiedenen L~ingen verbunden (4, 8 und 12 m). Die Anzahl der Messpunkte war fiir beide Schalen (I u. II) die gleiche. Alle, an der Oberseite der Schale sich
Abb. 5.
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Abb. 6. Anordung der Messtreifen.
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Adam Mitzel und Alfred Dziendziel
48
befindenden Messtreifen wurden vor mechanischer Besch~idigung und vor Regen geschi]tzt. Die Anordnung der Messpunkte fiJr Schale I ist auf Abb. 6 angegeben.
Elastizit~itsdruckmodul experimentell bestimmt. Die Messergebnisse bei verschiedenen Spanntmgen sind auf Abb. 9 dargestellt. Die Einheitsdehnungen ~: wurden an beiden Schalen ffir alle in Abb. 6 angegebenen Messpunkten mit der elektrischen Widerstandsmethode bestimmt. Die ~-Werte wurden fiir Schale I f/it vier Belastungsstufen (80, 160, 240 und 320 kg/m z),
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Abb. 7.
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kg/cm e Abb. 9. Elastizitiitsmodul E (Beton).
fiJr Schale 1I nur fiir drei Belastungsstufen (80, 160 und 240 kg/m 2) gemessen. Mit Hilfe der e-Werte: wurden die Langskr~ifte und Biegemomente a u f Grund folgender Formeln berechnet. Fiir die L~ingskr~ifte N = el + e2 2
Abb. 8.
Ebb (in kg/m),
fiir die Biegemomente lnsgesamt wurden folgende Messtreifen angeordnet: An der Schalenoberfl~iche
- - 24 Messtreifen
An der Schalenunterfl~iche - - 24 Messtreifen
M=
e~ - e2 . E W ( i n k g m / m ) . 2
In obigen Formeln bedeuten g~, ~2, die Einheitsdehnungen oder Stauchungen an der oberen oder unteren Faser;
An den Randrippen
- - 30 Messtreifen
Auf den Stahleinlagen
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6 Messtreifen
E, der Elastizit~itsmodul des Betons;
Am Zugband
--
2 Messtreifen
h, die Schalenst~irke (3 cm);
Auf den Lagerbolzen
--
6 Messtreifen
b, die Einheitsbreite;
Ausserdem, zum Messen der Durchbiegungen, wurden Messuhren verwendet. Auf Abb. 7 sind die auf den Stahleinlagen aufgeklebten Messtreifen und eine Messuhr zu sehn. Abbildung 8 steilt Schale II ~'~ihrend der Vorbereitungen, vor dem Messen, dar.
4.
MESSERGEBNISSE
(a) Die Betondruckfestigkeit wurde an 10 Betonzylinder q5 16 cm gepriift und betrug im Druchschnitt 180 kg/cm 2, das mittlere Raumgew i c h t - - 7 = 2,3 T/m 3. Ausserdern wurde der
W, das Widerstandsmoment bezogen auf I m Breite. Bei der Berechnung der L~ingskr~ifte und Biegemomente wurden folgende Werte des Elastizit~itsmoduls angenommen : b e i e v o n 0 b i s l 0 x 10-5, E =
3,2 x 105kg/cln '-,
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3,0 x 105kg/cm z
x 10 -5 , E =
bei~,> 20 • 10 - 5 ` E =
2,8 x 105kg/cm 2.
Die auf diese Weise berechneten L~ingskr~ifte und Biegemomente sind fiir Schale i auf den Abb. 10 und 11, fiir Schale I1 auf den Abb. 12 und 13 dargestellt.
Spannungs- und Verformungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton
49
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Abb. 11. L~ingskr{tfte in der Schale bei Belastungen yon 160 und 240 kg/m 2 (Schale 1). Abb. 10. Biegemomente in der Schale bei Belastungen yon 160, 240 und 320 kg/cm 2 (Schale I). $3
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Abb. 12. Biegemomente in der Schale bei Belastungen yon 80, 160 und 240 kg/m 2 (Schale II). D
Abb. 13. Liingskriifte in der Schale bei Belastungen yon 80. 160 und 240 kg/m 2 (Schale 1I).
50
Adam Mitzel und Alfred Dziendziel
(b) Die Ver~inderlichkeit der Querschnittsform der Randglieder (Rippen) l~ings der Schalenr~inder erschwert die Ermittlung der Biegemomente; es tritt hierzweiachsige (schiefe) Biegung auf. Deshalb wurden die Biegemomente in Bezug auf die waagrechte Achse der Randglieder berechnet. Die Momente wirken daher in lotrechten Ebenen (I1-11).
wobei Z~ die Zugresultierende in den Stahleinlagen bedeutet. Zs wurde folgendermassen errechnet Die Betonzugresultierende Z~ wurde durch Integrieren des Betonzugprismas ermittelt, welches nach unten zu durch die Annahme einer Grenzdehnf~lhigkeit des Betons von eo,-
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Abb. 14. Spannungsdiagramme.
Die Biegemomente wurden in den Querschnitten a, b und c der waagrechten Randglieder, und in den Querschnitten d, e und f der schr~igen Randglieder bestimmt (Abb. 6). Nachdem in den Querschnitten b und e eine geniigende Anzahl von Messtreifen vorhanden war, konnte man mit Hilfe der aus der Messung erhaltenen Einheitsdehnungen alas Spannungsprisma, und dadurch die neutrale Achse f'tir die jeweilige Belastung berechnen. Dies ,erm6glichte die Druck- und Zugresultierende der Betonspannungen zu ermitteln (Db und Vb). Die gesamte resultierende Zugkraft (Stahl und Beton) wurde auf Grund folgender Formel erhalten Z=Zs+Zb
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A b b . 15. S p a n n u n g s d i a g r a m m e .
ist. Mit Hilfe des aus den Spannungsdiagrammen ermittelten Hebelarmes z der inneren Kr~ifte wurde das Biegemoment auf folgender Weise ermittelt M = z(Db + Z)/2.
In den Querschnitten a, c, d und f, in welchen die ~-Werte nur in der oberen und unteren Faser in einzelnen Punkten gemessen waren, wurden die Biegemomente in ~ihnlicher Weise berechnet. Die am oberen Rande (Faser) der Rippenquerschnitte gemessene Verformung wurde als Mittelwert der Verformungen dieses Randes fiir die Druckzone angenommen. Die Dehnungen in den Stahleinlagen wurden aus folgender Beziehung ermittelt: G = E~ • ~ b/E b,
Spannungs- und Verformungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton t~arnr.~nnt e
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Die auf dieser Weise berechneten Biegemomente der Randglieder sind ftir Schale I in Abb. 17, fiir Schale II in Abb. 18 wiedergegeben. (c) Die Dehnung des Zugbandes wurde fiir beide Schalen an zwei Messtreifen, die in halber /.~nge auf zwei gegeniiberliegenden Stellen des Durchmessers aufgeklebt waren, gemessen. Der Querschnitt des Zugbandes betrug F = 12,56 cm 2, der Elastizit/~tsmodul E = 2,1. 10 6 kg/cm 2. Die
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Abb.
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wobei eb die Einheitsverformung des Betons in der H/She der Stahleinlagen bedeutet. Der Verlauf der e-Werte wurde als linear angenommen, was mit R iicksicht auf den in d iesen Querschnitten kleineren Spannungswerten, zul/issig ist (Abb. 14 und 15). Die Anordnung der Dehnungsmesstreifen und die neutrale Achse ist beispielsweise fiir die Querschnitte h und e in Abb. 16 dargestellt. Mit wachsender Belastung verschiebt sich die neutrale Achse nach oben und vermindert dadurch die Betondruckfl~che.
a
b
c
Abb.
18.
Biegemomente in den Randgliedern (Schale H).
Ergebnisse ftir verschiedene Belastungen per Quadratmeter der Schale zeigt Abb. 19. Wie daraus zu ersehen ist, sind die Spannungen im Zugband proportionell zur jeweiligen Belastung. Dabei sind sie bei Schale II um ca. 20 Prozent grtJsser als bei Schale I. Der bei einer Belastung von p = 320 kg/m 2 auftretende Knick wurde durch die bei dieser Belastung schon stark gerissene Schale und den bedeutenden Verformungen (Durchbiegungen) der Randglieder hervorgerufen. Nachdem die gemessenen Verformungen im Zugband das Eigengewicht der Schale (110 kg/cm 2) nicht
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5chrdiges Rondglied 5~ S~
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Abb.
17.
Biegemomente in den Randgliedern (Schale I).
Abb,
19.
Die Stahlspannung as in Zugband bei veriinderlicher Belastung der Schale.
Adam Mitzel und Alfred Dziendziel
52
beriJcksichtigten, ist die tats/ichlich auftretende Spannung gr6sser. Bei einer Belastung von 300 kg/m z wiirde beispielsweise in Schale 1 die Spannung ungeffihr 1900 kg/cm2 betragen. (d) Die Auflagerkrfifte wurden in den StiJtzpunkten S~, S 2 und $3 durch Verformungsmessungen an zwei gegeniiberliegenden Messtreifen bestimmt. Die Bolzendurchmesser betrugen 22 ram, der Querschnitt F 3,80 cm 2. Die ~-Werte wurden fiir beide Schalen bei Belastungen von 80, 160 und 240 kg/m 2 gemessen. Die Auflagerkr~ifte wurden auf Grund der Einheitsverformungen, die Auflagerkraft $4 auf Grund der Gleichgewichtsbedingungen berechnet (Tafel 1).
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Tafel 1. Auflagerkriifte in kg fiir Schale 1 und II.
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Belastung der Schale Schale
Schale 1
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1080kg 540kg 1080 kg 280 kg
1930kg 1420kg 1930 kg 480 kg
3140kg 1980kg 3140kg 390 kg
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cm I
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Schale II
S~ $3 Sz gemessen $2 berechnet
P = 36 : p = Gesamtlast
1500kg 3060kg 4540kg 1500kg 3060kg 4570kg - 120 kg --360 kg - 4 9 0 kg -- 170 kg -- 320 kg -- 585 kg 2880 kg
5760 kg
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Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, iibertragen die Sditzen Sa und $3 (Schale I) 70-75 Prozent, die Stiitze 5"4 nur 10 Prozent der gesamten Belastung. Bei Schale lI wird die ganze Belastung durch die Stiitzen S~ und $3 iJbernommen. Bei $4 wurden Zugkr/ifte festgestellt. (e) Die Durchbiegungen der Randbalken wurden mittels Messuhren in halber Spannweite bei verschiedenen Belastungsstufen gemessen. Die Ergebnisse sind in Abb. 20 wiedergegeben. Wie man daraus ersehen kann waren die Durchbiegungen verh/iltnism/issig klein und iiberschritten, bei einer Belastung von 240 kg/m 2 nicht ~ der Spannweite. Wahrend die Durchbiegungen der waagrechten Randbalken in beiden Schalen ungef~ihr gleich gross sind, waren die Durchbiegungen der schr~tgen Randbalken bei Schale I1 ca. zweimal gr6sser als bei Schale I. Die gr6sste Durchbiegung wies die Ecke S, bei Schale II auf. Abbildung 21 zeigt die Durchbiegung des Randbalkens $2-$3 bei einer Belastung von 375 kg/m 2. ( f ) Riss- und Bruchlast. Die ersten Risse (Schale 1) traten in den schr~igen Randbalken bei einer Belastung von 320 + 110 = 430 kg/m 2 ungef~ihr in halber Spannweite auf. Bei weiterer, nicht grosser Belastungszunahme (urn ungef~ihr 27 kg/m 2)erweiterten sich die Risse und es erschienen neue auch in den waagrechten Randbalken. Bei einer Belastung yon 375 + 110 = 485 kg/m z konnte man mit freiem Auge eine starke Durchbiegung der Randbalken feststellen; die ganze
Abb. 20. Durchbiegungen.
Schale stiJtzte sich auf das Holzgeriist, die Tragf/ihigkeit der Schale war erschiSpft. Bei Schale II traten Risse in den Randbalken schon bei kleinerer Belastung auf (Abb. 22). Bei einer Belastung von 240 + 110 = 350 kg/cm 2 wurde die weitere Auflast allm/ihlich bis 430 kg/m z erhiSht, bei welcher innerhalf 2 bis 3 Minuten die ganze Schale einstiirtzte. Es ist anzunehmen dass auch eine etwas geringere Belastung und 1/ingere Belastungsdauer die ZerstiSrung der Schale hervorgerufen h/itte.
Abb. 21.
Spannungs- und Verformungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton
Als Bruchlast der Schale wurde deshalb 400 kg/m 2 angenommen. Der Sicherheitskoeffizient
Abb. 22.
(Verh/iltnis zwischen Bruchlast und einschl. Eigengewicht) betr/igt daher: Eigengewicht der Schale
53
Die Grundrissabmessungen der Schale waren 120 x 120 cm, die ~berh6hung der Stiitze $4 betrug 40 cm, die St/irke der Schale - - 6 mm. Die Randglieder wurden mit 2 mm starken Kupferdr~ihten bewehrt (2 Dr~ihte je Randglied). Das Zugband wurde aus Rundstahl ~b 6 mm angefertigt und in den Ecken der Schale eingespannt (Abb. 23). Der Elastizit/itsmodul betrug E = 2,1 • 106 kg/cm 2. Die Auflagerart der vier, beziehungsweise der drei Stiitzpunkte, war dieselbe wie bei der naturgrossen Stahlbetonschale. Die Belastung war in Form von kleinen Einzellasten regelm/issig auf der Schalenoberfl/iche verteilt und betrug insgesamt 56,5 kg. Die Einzellasten griffen in Abst/inden von 15 cm in beiden Richtungen an. Das Modell auf vier Stiitzen ist auf Abb. 24 wiedergegeben. (b) Die Drehwinkel der Biegelinientangenten wurden mit Hilfe eines Autokollimationsger/ites in zwei senkrechten Richtungen gemessen. Auf Grund der Drehwinkel konnte man durch graphische
Nutzlast 110 kg/m2
Isolierung und Dacheindeckung (Pappschichten)
40 kg/m 2
Schneebelastung (I Zone)
60 kg/m 2 210 kg/m 2
Bei Schale I, s = 485/'210 = 2,30, bei Schale II, s = 400/210 = 1,90.
5. MODELLUNTERSUCHUNG
Abb. 23.
(a) Wie schon in der Einleitung erw/ihnt wurde, wurde im Jahre 1961 im Laboratorium des Lehrstuhls fiir Stahlbetonkonstruktionen der Technischen Hochschule in Wroclaw eine Modelluntersuchung dieser Schale durchgefiihrt. Die Modelluntersuchung wurde vom ehemaligen Oberassistenten des Lehrstuhls Herrn Dipl.-Ing. K. Nowak bearbeitet. Der Anlass zu einer Modelluntersuchung ergab sich aus der Tatsache, dass der fiJr das erw/ihnte Zementlagerhaus bearbeitete Entwurf einen grossen Aufwand von Stahl aufwies. Der Stahlaufwand betrug 11,39 kg/m 2 Grundfl/iche bei einem Betonverbrauch von nur 0,0485 m3/m 2. Die Modelluntersuchung hatte die Aufgabe den Biegungszustand aufzukl~iren und stellte die erste Stufe der sp/iter beabsichtigten Untersuchung der Schale in natiirlicher Gr6sse dar. Es wurden ebenfalls zwei Stiitzarten, an zwei Modellschalen ausgefiihrt. Die Modelle wurden im Masstab 1 : 5 der natiirlichen Gr6sse aus Zahntechnischen Gips in spezieller Form hergestellt. Der Elastizit/itsmodul dieses Werkstoffes, bei Biegung und Zug, betrug bei Spannungen yon a = 10 bis 30 kg/cm 2 ungefahr E = 120.000 kg/cm z. Die Zugfestigkeit bei axialem Druck betrug im Mittel 58 kg/cm 2.
Differenzierung die Biegemomente der Modeilschale ermitteln (Abb. 25). Die Membrankr/ifte in Schale und Randgliedern wurden mit Hilfe des elektrischen Widerstandsverfahren an vorher aufgeklebten Messtreifen gemessen (Abb. 26). Alle Verformungsmessungen wurden dreimal wiederholt. Die Durchbiegungen der Randglieder und der iJberh6hten Schalenecke wurden mit Messuhren gemessen. Ebenso die L/ingen/inderungen des Zugbandes.
Abb. 24.
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Adam M i t z e l und Alfred Dziendziel
Um das Verhalten der Schale bei stark dehnbahrem Zugband zu untersuchen, wurden noch zwei Schalen mit einem Zugband aus hochwertigen Stahl von4~ 2,5 mm und E = 1,92 • 106 angefertigt und ebenso far zwei StiitzfS.lle untersucht.
Abb. 25.
Die graphische Darstellung der Biegemomente in zwei Richtungen, der Membrankr/~fte in Schale und Randgliedern ist ein sehr umfangreiches Material und kann im Rahmen dieses Beitrages nicht angegeben werden. Deshalb werden nur einige charakteristische Schnittkr/ifte behandelt und deren Verlauf mit den Ergebnissen der Stahlbetonschale verglichen.
St/irke) ausgefiihrt werden als die Betonschale auf der Baustelle. (d) Die Ergebnisse der elektrischen Widerstandsmessungen sind, mit Rticksicht auf Temperaturund Feuchtigkeitsschwankungen viel genauer im Laboratorium als im Freien. (e) Der bei der Modellmessung auftretende Verformungs- und Spannungszustand bezieht sich auf den elastischen Bereich, w/ihrend die Stahlbetonschale bis zum Bruch belastet wurde. Trotz dieser Bemerkungen, stimmen die Ergebnisse beider Untersuchungen- bis zu einem bestimmten Belastungswert--gut tiberein. Abbildungen 27 und 28 stellen den Verlauf der Biegemomente und L/ingskr/ifte in Schale ! f i i r eine Belastung yon 160 kg/m 2 dar. Die [Jbereinstimmung der Biegemomente auf Abb. 27 ist eine ziemlich gute. lm Querschnitt A-B und C-D treten blos bei der Betonschale gr6ssere negative Einspannmomente auf. Letztere werden durch die gr6ssere Drehsteifigkeit der Randglieder der Betonschale hervorgerufen, welche mit der Schale durch Stahlnetzbewehrung verbunden sind. Die Schale des Modells hingegen war nicht bewehrt. Das bei der Stiitze S 4 auftretende negative Einspannmoment (Diagonale S~-$4) wurde durch die konstruktive L/Ssung der Stahlbetonschale bedingt, welche dutch die steife Verbindung yon Schale und Rohrstiitze eine geringe Einspannung hervorrief. lm Modell war das Auflager als Pendelsttitze ausgebildet. Die Biegemomente und L/ingskrfifte der Schale II sind auf den Abb. 29 und 30 widergegeben. Die Llbereinstimmung beider Kurven ist hier eine -53
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6. V E R G L E I C H D E R E R G E B N I S S E !
Beim Vergleich mtissen folgende, die VergleichsmiSglichkeiten einigermassen begrenzende, Umstiinde beriicksichtigt werden. (a) Die Grenzdehnbarkeit des Betons bei Zug ist bedeutend kleiner als die des Modellwerkstoffes (Gips); deshalb sind die gemessenen Dehnungen in der Stahlbetonschale kleiner und daher ungenauer. (b) Die lsotropie des Modellwerkstoffes ist bedeutend besser als die des Betons. Ausserdem war die Betonschale bewehrt (Netzbewehrung). (c) Das Modell konnte im Laboratorium viel genauer (Kriimmungen, Lfingenabmessungen,
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Abb. 27. Vergleich der Biegemomente in tier Schale bei 16t) kg/m 2 (Schale I).
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Spannungs- und Verformungszustand einer hyperbolischen Paraboloidschale aus Stahlbeton 5~
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Abb. 30.
Vergleich der Liingskr/ifte in der Schale bei 160
kg/m2 (Schale II). Abb. 28. Vergleich der Li~ngskr~fte in der Schale bei 160 kg/m~ (Schale 1).
schlechtere. Im allgemeinen sind die Biegemomente und L~ngskr~ifte der Stahlbetonschale gr6sser als in der Modellschale. Der gr~Ssste Unterschied ist bei den L~ingskr~iften zu verzeichnen was teilweise der Tatsache zuzuschreiben ist, dass die gemessenen e-Werte klein waren.
Die in den Abb. 31 und 32 dargestellten Diagramme stellen die Biegemomente der Randglieder fiir Betonschale und Modellschale beider Stiitzf~ille dar. Aus dem Verlauf der Biegemomente sieht man dass der Unterschied zwischen beiden Ergebnissen, ftir kleine Belastungswerte (80-160 kg/m 2) gering ist. Gr6ssere Unterschiede, besonders bei Schale I, treten erst bei 240 kg/m 2 auf, was infolge des nicht linearen Verh~iltnisses zwischen Verformung und Belastung ausserhalb der Elastizit~itsgrenze erkl~ilich ist. 7. SCHLUSSBEMERKUNGEN
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Auf Grund der dargestellten Ergebnisse und der durchgef~ihrten Analyse kann folgendes festgestellt werden : 5t ~____
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Abb. 29.
Vergleich der Biegemomente in der Schale bei 160 kg/m 2 (Schale H).
Abb. 31.
Vergleich der Biegemomente in den Randgfierden (Schale I).
Adam Mitzel und Alfred Dziendziel
56
(a) F~ir die Verformungen und Spannungen der Schale ist der Biegezustand und nicht der Membranzustand massgebend. Schale und Randglieder m~issen vor allem auf Grund der auftretenden
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Abb. 32. Vergleich der Biegemomente in den Randgliedern bei Belastung yon 80, 160 und 240 kg/m 2 (Schale II). Biegemomente bemessen werden. Die Berechnung der Schale nur auf Grund der Membrantheorie fiihrt zu fehlerhaften Ergebnissen.
(b) Die Bewehrung der Randrippen muss haupts~ichlich unten verlaufen. Im oberen Teil des Querschnittes ist, ausser Montageisen, keine Bewehrung notwendig. (c) Die ffir die Bruchlast errechneten Sicherheitskoeffizienten sind ausreichend. Die Tragf~ihigkeit der Schale 1 (auf vier StiJtzen) ist um ca. 20 Prozent gr6sser als die Tragffihigkeit der Schale 11 (auf drei Stiitzen). (d) Die Spannungen im Zugband ck 40 mm wurden nicht ausgenutzt, es geniigt ein Zugband von einen Durchmesser von q5 35 ram. (e) Obwohl die Modellmessung den Verformungs- und Spannungszustand der Schale aufkl~irt, kann man die Riss- und Bruchlast am Modell nicht genau ermitteln. Die Untersuchung der Stahlbetonschale in natiJrlicher Gr6sse gestattet die Verformungen jenseits der Elastizitfitsgrenze des Werkstoffes zu erfassen und die Riss- und Bruchlast genauer festzustellen. Solch' eine Untersuchung ist nicht immer wirtschaftlich und kann nur dann durchgefiihrt werden, wenn es sich urn Einzelelemente als Fertigteile handelt. ( f ) In solchen F~illen von Schalenkonstruktionen, ftir welche analytische L6sungen des Biegezustandes nicht vorhanden sind, ist es angezeigt eine Modelluntersuchung und eine Untersuchung der Schale in natiirlicher Gr6sse durchzuftihren. (g) Die erhaltenen Untersuchungsergebnisse k6nnen, unter bestimmten Voraussetzungen und Begrenzungen fiJr gr6ssere Abmessungen der Schale Anwendung finden.
The degree of deformation and tension of a hyperbolic paraboloid shell is experimentally examined on a full-size reinforced concrete shell. The results are compared with those of tests carried out on a model. The data resulting from these measurements show that the sectional tensile stresses cannot be deduced by means of the membrane theory but that the degree of flexibility is the essential factor in their determination.