J. inorg, nucl. Chem., 1973, Vol. 35, pp. 2249-2257. Pergamon Press.
Printed in Great Britain
THIOCYANATO-KOMPLEXE D E S 4- U N D 5-WERTIGEN TECHNETIUMS K. S C H W O C H A U , L. A S T H E I M E R und H. J. S C H E N K Institut fiir Nuklearchemie der KernforschungsanlageJiilich GmbH, 5170 Jiilich, Westdeutschland
(First received 14 September 1972; in revised form 11 October 1972) Zusammenfassung-Die Komplexe [TcXv(NCS)d 2- und [Tcv(NCS)6] - wurden dargestellt und als [(CH3)4N]-Salze isoliert. Sie bilden ein Redoxsystem mit dem Potential E~5oc = + 0,53 V in 1 M H2SO4. Die I.R.-Spektren weisen auf N-Koordination hin. Die Absorptionsspektren zeigen im sichtbaren und ultravioletten Spektralbereich intensive Metallreduktionsbanden. Nach Leitfahigkeitsmessungen mug fiir den d~-Komplex eine erheblich hfhere Stabilit~it angenommen werden. [(CH3)4N][Tc(NCS)6] kristallisiert rhomboedrisch mit den Gitterkonstanten a = 8,84,~ und a = 82°56'; das magnetische Moment tz2et"~°~ = 2,65 B.M. 15.13teine trigonale Streckung des Koordinationsoktaeders erwarten. A b s t r a c t - T h e complex anions [Tc~v(NCS)8]z- and [Tcv(NCS)6] - are prepared and isolated as [(CH3)4N]-salts. They form a redox system the potential of which is found to be E~zsoc = +0.53V in 1 M H2SO4. 1.R. spectra indicate nitrogen bonding. Electronic spectra exhibit strong metal reduction bands. According to conductance measurements the d 2 complex proves to be considerably more stable. [(CH3)4N][Tc(NCS)d crystallizes in the rhombohedral system with cell dimensions of a = 8.84 ,~ and a = 82°56'; the magnetic moment of/z2~TM= 2-65 B.M. suggests a trigonal stretching of the ligand framework. EINLEITUNG
DIE BILDUNG von Thiocyanato-Komplexen des Technetiums beschrieb erstmals Crouthamel[1] und schlug die intensiv gefiirbten Komplexl6sungen zur spektralphotometrischen Bestimmung des Radioelements vor. Anwendung fand die Komplexbildung zur Analyse des Technetiums in Uran- und KernbrennelementL6sungen [2, 3]. Die Isolierung und Untersuchung der Thiocyanato-Komplexe sollte zur weiteren Charakterisierung der Koordinationschemie des Technetiums[4-8] beitragen und iiber Zusammensetzung, Struktur sowie Oxidationszust~inde des Zentralatoms AufschluB geben. Insbesondere stand die Frage often, ob Technetium die Thiocyanatgruppe tiber Stickstoff oder Schwefel koordiniert und sauerstoffhaltige Komplexe gebildet werden. 0ber Thiocyanat-Komplexe des Rheniums liegen zahireiche Arbeiten vor[9-16], die jedoch beziiglich Zusam1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
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2250
K. S C H W O C H A U , L. A S T H E I M E R und H. J. S C H E N K
mensetzung und Struktur der Komplexe durchweg zu unterschiedlichen Aussagen ftihren. DARSTELLUNG
9~I'cO4--lonen reagieren mit iiberschiissigem Thiocyanat unter Bildung rot gef'~iubter L6sungen, deren Absorptionsspektrum haupts~ichlich durch zwei intensive Banden bei 500 und 400 m/x gekennzeichnet ist. Da das ExtinktionsverhgJtnis durch Oxidations- und Reduktionsmittel stark beeinfluBt wird, war anzunehmen, dal3 zwei Komplexe mit verschiedenem Oxidationszustand des Technetiums vorliegen. Die Ausf~illung gelang mit [(CH3)4N]+-oder Tl+-lonen, jedoch nicht mit Cs ÷, selbst aus konzentrierten L6sungen. Die dunkelbraunen Niederschl~e waren h~iufig rtintgenamorph und 16sten sich nach dem Trocknen vielfach nur unvollst~indig in verdiinnten S~iuren. Durch Ausschiitteln der sauren Ltisungen mit Di~ithyl-oder Isopropyl~ither gelang eine Anreicherung des Komplexes der 500 m/x-Bande in der ~itherischen Phase. Die nach Verdampfen des Athers isolierte Substanz war jedoch grtil3tenteils unl6slich. In w~isseriger L6sung wurde mit wachsender S~iurekonzentration eine geringe aber deutliche Anderung des Extinktionsverh~iltnisses zugunsten der 500m/~-Bande beobachtet. Oxidationsmittel wie H~O2 oder HNO3 fiihrten kurzzeitig zu einer Violettf~bung und ErhiShung der 500 m/xExtinktion, ergaben jedoch bald eine v611ige Entf~irbung der Ltisung durch Oxidation zu TcO4-. Als geeignetes Oxidationsmittel zur Isolierung des Komplexes der hiSheren Oxidationsstufe erwies sich schliel31ich Pertechnetat selbst. Zur Pr~iparation wurde folgendes Verfahren angewandt: Zwanzig mg NH4TcO4 werden in w~isseriger Ltisung mit HBr zu Bromotechnetat(IV) reduziert. TcO2-Hydrat wird durch Hydrolyse mit NH3 ausgef~illt, gewaschen, in einer L6sung von 400 mg NH4SCN in 2 ml 1 M H~SO4 aufgeschl~immt und 1 bis 2 Std. auf dem Wasserbad erhitzt. Mit frisch gef'~illtem TcO2Hydrat tritt sofort Reaktion unter Bildung einer gelbroten L6sung ein. Nicht umgesetztes TcO2-Hydrat wird abzentrifugiert und die filtrierte L6sung mit einer schwefelsauren 0,1 M [(CH3)4N]+-LiSsung versetzt. Die Tetramethylammonium-Salze beider Thiocyanat-Komplexe fallen als brauner, feinteiliger Niederschlag aus. Die oxidative 0berf'tihrung des Komplexgemisches in den Komplex der 500 m/z-Bande erfolgt in 1 M HzSO4 mit NH4TcO4 in konzentrierter L6sung. Aus der sich tiefviolett f~irbenden L6sung fgllt ein violettschwarzer, kristalliner Niederschlag aus, der abzentrifugiert, gewaschen und iiber P20~ getrocknet wird. Die Darstellung des Thiocyanato-Komplexes niedrigerer Oxidationsstufe war sowohl durch Umsetzung von TcO~-Hydrat mit Thiocyanat unter Ausschlu8 von Sauerstoffals auch durch Reduktion des Komplexgemisches zu erwarten. Die Reaktion einer Aufschl~nmung von TcO2-Hydrat mit iiberschiissigem SCN- unter Argon ergibt eine gelbe L6sung, deren Spektrum im Sichtbaren haupts~ichlich eine intensive Bande bei 400 m/x zeigt und nicht mehr die 500 m/z-Bande enth~Ut. Das etwas leichter liSsliche [(CHz)4N]-Salz des gelben Komplexes kann ausgef~illt werden. Eine andere Darstellungsweise ftihrt iiber die Reaktion einer sauren TcO4--
Thiocyanato-Komplexe des Technetiums
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LSsung mit iiberschiJssigem SCN-. Die beide Komplexe enthaltende L6sung wird zur Reduktion des h6herwertigen violetten Anteils bei einem Potential yon 0,3 bis 0,4 V, bezogen auf die Normalwasserstoffelektrode, an einer PlatinKathode elektrolysiert, bis die Bande bei 500 m/~ spektralphotometrisch nicht mehr festzustellen ist. Die Tetramethylammonium-Salze der Thiocyanat-Komplexe sind in Aceton und Acetonitril leicht 16slich, etwas schwerer in verdiinnter H2SO4, H C I O 4 oder HC1. Es gelang nicht, sie durch Umkristallisieren zu reinigen, da sie sich durch Oxidation, Reduktion oder Hydrolyse leicht zersetzen. Nach oxidativer LSsung der Komplexsalze wurde Technetium als (C6H~)4AsTcO4, Schwefel als BaSO4 gef~illt und ausgewogen. Die Bestimmung von Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff erfolgte mit dem Perkin-Elmer 240 Elemental Analyzer. Tabelle 1. Analysenergebnisse in Gew.%; die berechneten Werte sind in Klammern gesetzt Komplexsalz [(CH:~)4N]2[Tc(NCS)~] [(CH:04N]ITc(NCS)~]
Tc
N
C
S
H
16,6 (16,6) 19,0 (19,0)
19,1 (18,8) 16,7 (18,8)
27,6 (28,2) 20,4 (23,0)
28,9 (32,3) 33,0 (36,9)
4,0 (4,1) 2,6 (2,3)
Die Analysendaten (Tabellel) werden im Hinblick auf weitere Untersuchungsergebnisse ng.herungsweise den Tetramethylammoniumhexathiocyanatotechnetaten mit 4- bzw. 5-wertigem Technetium zugeschrieben. Sie sind unter BeriJcksichtigung der Labilit~it und der schwierigen Reindarstellung der Verbindungen zu verstehen. Der Tc-Gehalt konnte radiometrisch aufgrund der fS--Stmhlung des Tc-99 best~itigt werden, die Oxidationsstufen durch Reduktion von T c O 4 - mit ~iquivalenten Mengen SnC12 in Gegenwart von SCN-. Im Unterschied zu den getrockneten, festen Verbindungen mit zu niedrigem S-Gehalt wurde fiir die Komplexsalzli~sungen das molare Tc : S-Verhaltnis 1 : 6 gefunden. MESSERGEBNISSE
1. Redoxsystem Beide Thiocyanato-Komplexe des Technetiums k6nnen durch Oxidation bzw. Reduktion ineinander iiberfiihrt werden. Der spektralphotometrisch untersuchte Verlauf der Oxidation einer gelben LSsung des Thiocyanatotechnetat(IV) durch Luftsauerstoff ist in Abb. 1 wiedergegeben. Die Oxidation fiihrt zur Bildung des violetten Thiocyanatotechnetat(V) mit der Absorptionsbande bei 20 kK. Es treten zwei isosbestische Punkte bei 23 und 30 kK auf, deren Lage mit den Schnittpunkten der Spektren der reinen Komplexe zusammenf~ilit (vgi. Abb. 2 !). Die Oxidation erfolgt danach ohne Neben- und Folgereaktionen [17] u n d e s ist anzunehmen, dab die beiden Komplexionen das einfache Redoxsystem [Tc(NCS)6] 2- ~--- [Tc(NCS)6]- + ebilden. 17. H. L. Schl~iferund O. Kiing, A ngew. C h e m . 68, 667 (1956).
2252
K. SCHWOCHAU, L. ASTHEIMER und H. J. SCHENK mF 600
500
400
300
0.6
0,4
LU
0.2
16
20
25
33
kK
Abb. I. Beobachtungisosbestischer Punkte bei der tiber mehrereStundernverlaufenden Oxidation einer 2 M HCl-sauren Thiocyanatotechnetat(IV)-LiJsungdurch Luftsauerstoff. Durch potentialkontrollierte coulometrische Oxidation des Tc(IV)-Komplexes an einer Platin-Anode bei +0,63 V konnte der dem Redoxsystem zugeh6rige 1-Elektroneniibergang nachgewiesen werden. Das Redoxpotential wurde nach der Nernstschen Gleichung bei 25°(2 an 10 -4 bis 10 -s M Ltisungen der Komplexsalze in 1 M HzSO4 zu E ° = + 0,53 _.+0,02 V bestimmt; es ist danach ungefiihr gleich dem Potential des Systems 2 J - ~ J2 + 2e-
2. Absorptionsspektren im Sichtbaren und UV Die Absorptionsspektren der Komplexe in saurer w~isseriger L6sung wurden zwischen 9 und 5 0 k K mit dem Cary 14-Spektrophotometer aufgenommen. Sie zeigen einen weitgehend analogen Verlauf (Abb. 2). Die Ligandenfeldiiberg~inge bei 10kK werden durch die starken Elektroneniibergangsbanden bei 20 bzw. 25 kK iiberdeckt, deren Extinktionskoettizienten nach radiometrischer Analyse des Technetiums zu E19,aSkK= 2,7" 104 mo1-1. 1 • cm -1 und E24,SlkS= 1,7" l04 mol -~. 1 • cm -1 bestimmt wurden. (Die LiJsung des Thiocyanatotechnetat(V) in Aceton fiihrt zu einer erheblichen Intensit~itssteigerung der Bande bei 30 kK; E19,SSkSb e t r ~ t hier 4,7 • 104 mol -I • 1 • cm-1.) Weiter treten Elektroneniibergangsbanden als Schultern bei 39 bzw. 41 kK auf. Der _Komplex des Tc(V) zeigt auBerdem ein flaches Maximum bei
Thiocyanato-Komplexe des Technetiums
2253
m~ I000
500
400
300
250
I
I
I
I
I
5
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4 --
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• ET~.CS~l ~-
I
10
I
20
1
30
40
50
kK Abb. 2. Absorptionsspektren der Thiocyanato-Komplexe
des Technetiums.
33 kK. Die vom Tc(IV) zum Tc(V) zu beobachtende Verschiebung der Elektroneniibergangsbanden zu niedrigeren Wellenzahlen weist auf Metallreduktionsbanden hin. Sie k6nnen paritiitsedaubten Uberg~ingen von einem ungeraden Ligandenorbital zum t2~-bzw. eg-Orbital der Zentralionen zugeordnet werden.
3. lnfrarot-Spektren Die I.R.-Spektren (Abb. 3) wurden nach Einbettung der Komplexsalze in KBr-Preglingen mit dem Perkin-Elmer-Spektrophotometer 225 aufgenommen. 4
5
7
I
I
I0
20
I
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I/CS
/ -
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~
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50
F
F --
I
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r./i,T~ ~os-r, 4
i
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[(CH,I,Nirr~Ncs)j
2062 I~.)
II t
2028 2500
I
I
I
I
I
2000
1500
I000
500
200
errd Abb. 3. I.R.-Spektren der Tetramethylammonium-thiocyanatotechnetate.
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K. S C H W O C H A U , L. A S T H E I M E R und H. J. S C H E N K
Lage und Intensit~itsverh~iltnis der Banden konnte durch Anwendung der NujolTechnik best~itigt werden. Aufgrund der hohen Intensit~it der CN-Valenzschwingung sowie der hohen Frequenz der CS-Valenzschwingung und der NCS-Deformationsschwingung ist t'fir beide..Komplexe N-Koordination der Thiocyanatgruppe anzunehmen. Sie steht in Ubereinstimmung mit der Klassifizierung von Ahrland et a/.[18] ffir d ~- und d3-Komplexe. Die Verschiebung analoger Banden kann durch die st~rkere TcN-Bindung im d~-Komplex erkl~irt werden. Eine TcO-Schwingung war nicht festzustellen. Die Banden bei 1500 und 1000 cm -1 sind Schwingungen des Tetramethylammonium-Kations. 4. Leitfiihigkeitsmessungen Zur qualitativen Aussage fiber die Komplexstabilit~it sowie zur Best~itigung der Komplexsalze als 1 : 1- bzw. 2: 1-Elektrolyte wurde die molare LeitfS.higkeit in Acetonitril bei 25°C in Abh~ingigkeit v o n d e r Konzentration bestimmt und mit der Leitf~ihigkeit bekannter Elektrolyte verglichen (Abb. 4). 600
;m
500
D
•
o
400
E u
~° 300
--
T
\ejCH3NH3] 2[SnC16]
cl
20 0 I~.e"-I
L ,oo I
- - e,.o ....... e
[(CH~)4N] Br
~
[(ella)4N][T~ZN ( CS)6] I I
I 2
I
-
3
Abb. 4. Konzentrationsabhiingigkeit der molaren Leiffiihigkeit der Komplexsalze in Acetonitril. 18. S. Ahrland, J. Chatt und N. R. Davies, Q. Rev. chem. Soc. 12, 265 (1958)
T h i o c y a n a t o - K o m p l e x e des T e c h n e t i u m s
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W~isserige L6sungen konnten nicht gemessen werden, da sich beide Komplexe in s~iurefreiem Wasser zersetzen. Thiocyanatotechnetat(IV)-L6sungen in Acetonitril sind sehr oxidabel, so dab die Leitfiihigkeitsmessungen in einer Glovebox mit inerter Atmosph~ire durchgefiihrt werden muBten. Die molare LeitfS,higkeit des Tetramethylammonium-thiocyanatotechnetat(V) unterscheidet sich erwartungsgem~il3 wenig von der Leitf~ihigkeit des [(CHa)4N]Br und zeigt mit abnehmender Konzentration nur einen schwachen Anstieg durch Komplexdissoziation. Auch f'tir Tetramethylammonium-thiocyanatotechnetat(IV) liegt die molare Leitf~ihigkeit in der GriSI3enordnung der Leitf~ihigkeit des 2: lElektrolyten [CH3NHa]2[SnCIn]. Im Vergleich zum Thiocyanatotechnetat(V) muB jedoch eine st~irkere Dissoziation und eine merklich geringere Stabilit~it angenommen werden. [(CHa)4N]2SnCIn konnte nicht als Vergleichselektrolyt herangezogen werden, weil es in Acetonitril zu schwer 16slich ist.
5.ROntgenographische Untersuchungen Einkristalle der Komplexsalze lieBen sich wegen der leichten Zersetzbarkeit und des m~iBigen Kristallisationsverm6gens nicht gewinnen. Die schwerer 16slichen Tl(l)-Salze der Thiocyanatotechnetate fielen zum Teil r6ntgenamorph an. Pulveraufnahmen nach Straumanis mit CuK~-Strahlung in einer 114,6 mmZylinderkammer ergaben von den Tetramethylammonium-Saizen auswertbare Reflexe, die bisher jedoch nur fiir den d2-Komplex einwandfrei indiziert werden konnten. [(CH3)4N][Tc(NCS)6] kristallisiert rhomboedrisch mit den Gitterkonstanten a = 8,84 A und a = 82056'. Die Dichte wurde mit wenigen mg der Komplexsalze n~iherungsweise bestimmt[19]; sie b e t r ~ t bei Zimmertemperatur fiJr [(CHa)4N][Tc(NCS)6] p = 1,25±0,02g .cm -3, ffir [(CH3)4N]2[Tc(NCS)6] p = 1,05 ±0,02 g • cm -3. Die Elemantarzelle des Tetramethylammonium-thiocyanatotechnetat(V) enthiilt danach 1 Formeleinheit.
6. Magnetische Momente Die magnetischen Suszeptibilitiiten der Komplexsalze wurden nach der Faradayschen Methode zwischen 90°K und Zimmertemperatur gemessen. Beide Verbindungen befolgen im MeBbereich das Curie-WeiBsche Gesetz; die Weil3schen Konstanten betragen -29 bzw. - 28°K. Das effektive magnetische Moment bei 293 °K ergibt sich fiir das Komplexsalz des 5-wertigen Technetiums in Ubereinstimmung mit der d2-Konfiguration zu.H~eff z9~K_- - , ~ u ~¢ B.M. Fiir [(CH3)aN]2 J [Tc(NCS)6] wir d ~eff • 293oK= 2,34 B.M. gefunden. DISKUSSION
Sowohl f'tir den Thiocyanato-Komplex des 4-wertigen als auch •r den des 5-wertigen Technetiums erwiesen sich die Analysenergebnisse von Ansatz zu Ansatz als nicht ganz konstant. Vielfach gelang es auch nicht, die bei Zimmertemperatur getrockneten Komplexsalze in verdiinnten S~iuren, Aceton oder Acetonitril restlos aufzul6sen. Das Moiverh~iltnis S : T c erreichte niemals ganz den Wert 6. Frisch gef~illte Niederschl~ige 16sten sich dagegen immer vollst~indig. In LiSsungen wurde ausnahmslos das zu erwartende S:Tc-Verh~iitnis gefunden. 19. K. S c h w o c h a u , Z. Naturforsch. 17a, 630 (1962).
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Die Komplexsalze erleiden danach zum Teil beim Trocknungsvorgang irreversible, noch nicht aufgekl~irte Ver~inderungen. Durch verschiedene Ab~inderungen der Darstellungsbedingungen konnten diese Schwierigkeiten nicht behoben werden. Bei den Thiocyanato-Komplexen des Rheniums beobachteten wir die gleichen Erscheinungen, die die Ursache fiir die unterschiedliche Zusammensetzung der in zahlreichen Publikationen beschriebenen Komplexe sein ktinnte. Zur Interpretation des Absorptionsspektrums des Thiocyanatotechnetat(IV) wurde aus der Frequenz der langwelligen Metallreduktionsbande bei 25 kK mit dem Elektronenwechselwirkungsparameter des [TcC16] 2- 7 B = 3,2kK[5] der bekannten optischen Elektronegativit~it der Thiocyanat- und Isothiocyanat Liganden XscN= 2,9 und XNcs= 2,6[20] die Elektronegativit~it[21] des Tc(IV) berechnet. Fiir Stickstoff-Koordination betr~igt sie nur 2,0, fiir SchwefelKoordination in guter l]bereinstimmung mit den Hexahalogenotechnetaten(IV) 2,3 [5]. Die hiernach zu erwartende S-Bindung der Thiocyanat-Gruppe steht jedoch im Widerspruch zu dem aus dem I.R.-Spektrum gezogenen Schlul3 auf N-Bindung. Leitfiihigkeitsmessungen weisen allerdings auf erhebliche Dissoziation des Thiocyanatotechnetat(IV) in Acetonitril hin und lassen auch f'fir verdiinnte w~isserige Ltisungen eine starke Komplexdissoziation erwarten. Es mul3 deshalb angenommen werden, dal3 die Elektroneniibergangsbande bei 25 kK nicht einem reinen Hexathiocyanato-, sondern einem AquothiocyanatoKomplex zugehtirt. Bedingt durch die grtil3ere optische Elektronegativit~it des H~O-Liganden von x = 3,5[22] ktinnte z.B. ein DiaquotetraisothiocyanatoKomplex des Technetium(IV) mit Xzc,+ = 2,3 tats[ichlich einen mittleren Absorptionsschwerpunkt bei 24 bis 25 kK haben. Wegen der Giiltigkeit des LambertBeerschen Gesetzes sowie der Beobachtung isosbestischer Punkte w ~ e zu schliel~en, dab die Dissoziation des Isothiocyanato-Komplexes in verdiinnten w~isserigen L6sungen zun~ichst nur bis zu einem stabileren Aquo-Komplex verl~iuft. Wenn im Absorptionsspektrum des ~-Komplexes die Bande bei 25 kK dem Elektroneniibergang rr (ungerade) ---> t2~ und die Schulter bei 41 kK dem 0bergang 7r(ungerade)--> eo zugehiSrt, kann der Ligandenfeldst~keparameter berechnet werden; er ergibt sich zu A = 28,8 kK. FiJr [TcCI6] 2- wurde aus dem Absorptionsspektrum dotierter Einkristalle bei der Temperatur des fliissigen Stickstoffs A zu 24,4 kK bestimmt[23], so daft der Wert von 28,8 kK fiir den Aquo-isothiocyanato-Komplex des Tc(IV) plausibel erscheint. Die Ligandenfeldstabilisierungsenergie errechnet sich n[iherungsweise zu - 12 Dq = 34,6 kK = 98,8 Kcal • mo1-1. Die f'tir [(CH3)4N][Tcv(NCS)6] festgestellte rhomboedrische Elementarzelle schliel3t eine streng oktaedrische Symmetrie des Komplexions aus, wodurch eine Aufspaltung des t2fNiveaus bedingt ist. Das magnetische Moment von 2,65 B.M. weist auf ein zweifach entartetes Grundniveau hin, so dab eine trigonale Streckung des Koordinationsoktaeders anzunehmen ist[24]. Eine 20. 21. 22. 23. 24.
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Thiocyanato-Komplexe des Technetiums
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Deutung des magnetischen Moments des [(CH3)4N]~[Tcw(NCS)6]mit/zeff = 2,34 B.M. ist schwierig und soll erst dann versucht werden, wenn die Symmetrie der Elementarzelle des Komplexsalzes bekannt ist. Danksagung-Frau M. Mielert miSchten wir fiir die mit viel Umsicht und Geschick durchgefiihrten experimentellen Arbeiten unseren Dank sagen. Herrn Dipl.-Physiker R. Bucksch, AEG-Forschungsinstitut Frankfurt-Niederrad, danken wir fiir die freundliche Hilfe bei der Indizierung der R6ntgenPulverdiagramme.