Flora, Bd.152, S. 580-589 (1962)
(Aus der Abteilung fiir Forstliche Pflanzenphysiologie des Institutes flir Forstwissenschaften Tharandt der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin)
Untersuchungen fiber die Geschwindigkeit des Transpirationsstromes 1. Mitteilungl ): Die Transpirationsstromgeschwindigkeit von Pappeln bei Diirrebeiastung Von
Margit Klemm Mit 5 Abbildungen im Text (Eingegangen am 20. Juni 1962)
Einleitung
Der Wasserhaushalt der Pflanzen ist in starkem MaBe vom Wassergehalt des Bodens abhangig. Verringerung des Angebotes bewirkt eine Einschrankung, Bewasserung trockenen Bodens eine Erh6hung des Wasserumsatzes. Dabei ist noch umstritten, ob hierzu die Bodenfeuchtigkeit erst bis zum Welkebereich abgesunken sein muB; unterschiedliche Meinungen vertreten z. B. P. J. KRAMER (1956), F. H. VEIHMEYER (1956) und Y. VAADlA u. a. (1961). Den EinfluB einer Bewasserung auf den Wasserhaushalt verschiedener Pflanzen nach befristeter Trockenheit bzw. nach trockener Anzucht untersuchten in neuerer Zeit mit unterschiedlichsten Versuchsanstellungen P. J. KRAMER (1950) (Transpiration und WasserdurchfluB im Wurzelsystem von Tomaten und Sonnenblumen), O. STOCKER u. a. (1954) (Beregnungsversuche mit gartnerischen Kulturen), L. N. SauROWSKAJA und Ju. L. ZELNIKER (1955) (Transpiration einiger Holzarten in der Djerkulsker Steppe), M. E. BLOODWORTH u. a. (1956) (Transpirationsstromgeschwindigkeit von Baumwollpflanzen), H. SCHANDERL (1956) (Transpirationsstromgeschwindigkeit von Reben), H. REICHENBACH (1958) (Transpiration von Pappeln bei intermittierender Belichtung), H. POLSTER und S. FUCHS (1960) (Transpiration von Fichte und Larche bei intermittierender Belichtung), G. NEUWIRTH und H. POLSTE~ (1960) (Transpiration von Schwarzpappeln und Aspen), G. GEISLER (1961) (Transpiration von Reben) u. a. m. Dauer 1) Die 2. Mitteilung wird iiber den EinfluB des Lichtes auf die Transpirationsstromgeschwindigkeit berichten.
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und AusmaB der Trockenheit und der Bewasserung sind in derartigen Versuchen von ausschlaggebender Bedeutung, ebenso die Wasserversorgung vor der Dtirrebelastung und die untersuchte Pflanzenart oder -sorte ("Species differ from each other markedly with respect to withstanding desiccation", W. S. ILJIN 1957, S. 271). In der vorliegenden Arbeit solI untersucht werden, ob die Reaktion einer Pflanze auf Bewasserung nach erschwerter Wasserzufuhr Aussagen tiber deren Dtirrevertraglichkeit hinsichtlich des Wasserhaushaltes gestattet. Der Wasserhaushalt der Pflanzen wird dabei an Hand der Transpirationsstromgeschwindigkeit beurteilt.
Methodik
Die Untersuchungen erfolgten mit Hilfe der thermoelektrischen Methode nach B. HUBER. Diese Methode, die in ihrer "einfachen Form" von B. HUBER 1932 und als "Kompensationsmethode" von B. HUBER und E. SCHMIDT 1937 erstmals beschrieben wurde, ist seither von verschiedenen Autoren in zahlreichen Untersuchungen angewandt worden. Sie beruht im Prinzip darauf, daB der Transpirationsstrom lokal begrenzt kurzfristig erwarmt wird und die Aufstiegsgeschwindigkeit des erwarmten Wassers mit Thermoelementen in geringer Entfernung von der Heizstelle gemessen wird. In den folgenden Versuchen wurde bei den dreijiihrigen Pappeln im Freiland die einfache Methode benutzt, bei den h"eurigen Pappeln im Gewachshaus und Klimaraum die Kompensationsmethode. Die 3jiihrigen Pappeln waren aus Stecklingen angezogen worden und standen in engem Verb and auf sandig-lehmigem Boden. Zur Versuehszeit hatten sie je naeh Sorte eine Hohe von 2,5-3,5 m erreicht. Die MeBstellen befanden sieh auf der Nordseite der Biiume in 115 em Hohe (Stammdurehmesser 1,5 em). Die heurigen Pappeln wurden in MITSCHERLICH-GefiiBen mit 7 kg sandig-lehmigem Boden aus Steeklingen angezogen. Zur Versuehszeit waren sie 5 Monate alt und je naeh dem Bodenwassergehalt und der Sorte durehschnittlieh 95-115 em hoeh. Die MeBstell en wurden in 15 em Hohe angelegt. Die Heizung bestand aus einem 30 mm langen, stiftfiirmigen Niekelindraht (0,2 mm 0). Mit einem 4-V-Akku wurde 1 (-2) sec lang geheizt. Die Liitstellen der Kupfer-KonstantanThermoelemente waren bei einem Durchmesser von 0,5-0,6 mm 2-3 mm lang. Als MeBgeriit diente das Schleifengalvanometer von Zeiss bei einer Empfindliehkeit von etwa 3,5. 10- 8 AfSkt.1). :NIeBstellen, Zuleitung und Galvanometer waren sorgfiiltig gegen storende iiuBere Einfliisse gesehiitzt. 1) Zur Zeit sind Arbeiten im Gange, die Methodik auf automatisehe Registrierung umzustellen. Ais ~achweisgeriit dient hierbei ein Multiflex-Galvanometer der Fit. Dr. B. LANGE, dem ein ~ achlaufschreiber des gleiehen Herstellers angesehlossen ist. Mit Hilfe eines elektronisch gesteuerten MeBstellenumschalters (Sonderanfertigung) werden nacheinander sechs :MeBstellen geheizt und gemessen. Naeh AbsehluB der Entwicklnngsarheiten wird iiber Einzelheiten und erste Erfahrungen berichtet werden.
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Bei der Kompensationsmethode fand die Messung der Zeit to fiir die Warmeleitung ohne Wasserstriimung entweder nach 12-16stiindiger Aufbewahrung der Pflanzen bei viilliger Dunkelheit oder 2 Stunden nach dem Abschneiden zuvor ausreichend mit Wasser versorgter Pflanzen statt.
Abb. 1 zeigt die Heizdrahte und Thermoelemente und ihre Anlage an die Pflanzen.
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Abb. 1. Anlage der MeBstellen an heurige Pappelstecklingsaufwiichse. a) Heizdraht (unten) und Thermoelement (oben) bei der "einfachen Methode". b) Heizdraht in der Mitte zwischen beiden Liitstellen des Thermoelementes bei der Kompensationsmethode. c) Isolierung der MeBstelle mit IsoHer- und Veredlungsband, Vaseline und Baumwachs. d) Sonnenschutz tiber der MeBstelle.
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Versuche
Von Mai bis Oktober 1957 wurden vergleichende Untersuchungen uber die Transpirationsstromgeschwindigkeit verschiedener Pappelsorten im Freiland durchgefiihrt. Eine im JunijJuli aufgetretene Trockenperiode gab Gelegenheit, die Einwirkung dieser Diirrebelastung auf den Wasserhaushalt der Pappeln zu beobachten. Wie aus Abb. 2 ersichtlich, sank die Transpirationsstromgeschwindigkeit wahrend der Trockenperiode bis auf 70 % des Jahresmittelwertes und stieg nach den Niederschlagen wieder an. Bei dies em Anstieg wurde das Jahresmittel teils uberschritten, teils nicht wieder erreicht. Dieses unterschiedliche Verhalten fand seine Parallele im Auftreten sichtbarer Durreschaden. Populus angulata 1) und x P. ,berolinensis', die nach der Bewa.s-serung ihre Transpirationsstromgeschwindigkeit um 60-65 % des Trockenheitswertes erhiihten, wiesen keine Anzeichen von Schadigungen auf. Bei X P. ,brabantica' und X P. ,regenerata Dtschld.' dagegen, bei den en die Steigerung nur 6 % bzw. 30 % betrug, vergilbte ein groBer Teil des Laubwerkes, vertrocknete und fiel spater abo Die Pflanzen, die den EinfluB der Trockenpefiode ohne sichtbare Durreschaden uberstanden, zeigten auch das starkere Ansteigen der Geschwindigkeitswerte nach den Regenfallen ..
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80
P.angulata xIrberolinensis xP. 'regenertIfa')( P.'brabantica'
Abb. 2. Transpirationsstrolllgeschwindigkeit 3jahriger Steeklingsaufwiiehse versehiedener Pappelsorten wahrend (0) und naeh (.) einer Troekenperiode im Freiland (in % der Jahreslllittelwerte). Mittelwerte aus mehrmals taglieh an vier Exemplaren je Sorte durehgefiihrten Vergleiehsmessungen vor Beendigung der Troekenheit (6.-10. 7.) und naeh ausgiebigen Regenfiillen (12.7.-1. 8.). 100% Jahreslllittel (2.5.-3.10.) (Nordseite der Baume): P. angulata 284 em/h, x P. ,berolinensis' 164 cm/h, x P. ,regenerata' 185 cm/h, x P. ,brabantica' 186 cm/h. . ~-
Zur Untersuchung des Einflusses unterschiedlicher Wasserversorgung vor der Trockenbelastung auf die Erhiihung der Transpirationsstromgeschwindigkeit nach Wiederbewasserung wurden heurige Stecklingsaufwuchse von x P. ,brabantica' und x P. ,regenerata Dtschld.' im Gewachshaus bei 40,60 und 80 % WK (Wasserkapazitat 1) Nach neueren Untersuchungen wahrscheinlich keine reine P. angulata; genaue Ide-;tifizierung steht noch aus.
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des Bodens) angezogen und ihre Wasserverluste taglich ausgeglichen. Ein Teil der Pflanzen erhielt dann 10 Tage lang nur die Halfte des taglichen Wasserverlustes; danach wurde der ursprtingliche Wassergehalt des Bodens wiederhergestellt. Der andere Teil der Pflanzen diente als Kontrolle. Aus Abb. 3 ist zu ersehen, daB sich die Transpirationsstromgeschwindigkeit durch den Wassermangel bis auf 50 % der Kontrollc verringerte. Die Wiederbewasserung ftihrte in allen Fallen zu einer ErhOhung der Geschwindigkeiten tiber die Werte der Kontrolle hinaus. Der Grad dieser Erhohung war deutlich von der Wasserversorgung wahrend der Anzucht abhangig. 1m Mittel beider untersuchter Sort en betrug der Unterschied zwischen "Trocken"- und "NaBwert" bei 40% WK 56% der Kontrolle, bei 60% WK 49% und bei 80% WK 24%. Die Pflanzen, deren Wasserversorgung vor der Dtirrebelastung ungtinstiger war, reagierten auf die Wiederbewasserung mit dem starkeren Anstieg der Transpirationss tro mg esch windigk ei t. Im Verlaufe dieser Untersuchungen wurde beobachtct, daB sich die Geschwindigkeit des Wasserstromes bereits unmittelbar nach der Wiederbewasserung erhohte . und kurze Zeit darauf wieder abfiel. Zur Klarung der Frage, ob dieses vortiber-
% 14Q
60 40 60 80
)( R'regenerafa!
40 60 80
%WK
x p 'brabantica '
Abb. 3. Transpirationsstromgeschwindigkeit heuriger Stecklingsaufwiichse von x P. ,regenemta' und x P. ,bmbantica' bei 40, 60 und 80 % WK wahrend (0) und nach (_) verminderter Wasserversorgung (in % der Kontrolle). Mittelwerte aus mehrmals taglich an vier Exemplaren je Sorte und WK-Stufe durchgefiihrten Vergleichsmessungen wahrend der 10tagigen Trockenperiode und der ersten 7 Tage nach Wiederherstellung des urspriinglichen Bodenwassergehaltes. 100 % Kontrolle (Trocknung/Bewasserung): 40% WK 60% WK 80% WK
x P. ,regenerata'
x P. ,brabantica'
81/51 cm/h 165/37 cm/h 107/75 cm/h
112/ 50 cm/h 102/ 62 cm/h 182/112 cm/h
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gehende Ansteigen der Transpirationsstromgeschwindigkeit von der .Wasserversorgung der Pflanze abhangig ist, wurde zunachst ein bei 40 % WK im Gewachshaus angezogener heuriger Stecklingsaufwuchs von X P. ,berolinensis', dessen Wasserverluste sonst taglich ausgeglichen wurden, 1 Tag vor dem Versuch nicht gegossen. An den Versuchstagen erfolgte fortlaufend die Bestimmung der Transpirationsstromgeschwindigkeit unter konstanten Bedingungen im Klimaraum. Am erst en Tage erhielt die Pflanze Y2 Stunde nach Versuchsbeginn die Halfte der an 40 % WK im Boden fehlenden Wassermenge, 3Y2 Stunden hiernach die zweite Halfte. Weitere 4 Stunden spater wurde das am Versuchstag abgegebene Wasser erganzt. Am folgenden Tage wurde Y2 Stunde nach Versuchsbeginn der Boden des VersuchsgefaBes, dessen Wassergehalt noch genau 40% WK betrug, im VberschuB bis zum Durchlaufen gegossen. Aus Abb. 4 geht hervor, daB die Transpirationsstromgeschwindigkeit nach der ersten und zweiten Bewasserung rasch anstieg und sich im Verlaufe weniger Stunden wieder verminderte. Die dritte Bewasserung blieb demgegenuber ohne Wirkung. Eine Wassergabe fuhrte nur solange zu einem unmittelbaren, vorubergehenden Ansteigen der Transpirationsstromgeschwindigkeit, solang ein Wasserdefizit bestand. Es war nunmehr zu untersuchen, welch en EinfluB die Wasserversorgung wahrend der Anzucht auf diese Erhohung der Geschwindigkeit des Wasserstromes besitzt. Hierzu wurden im Gewachshaus heurige Stecklingsaufwuchse von X P. ,berolinensis' bei 30, 50 und 80 % WK angezogen und ihre Wasserverluste taglich erganzt. Vor den Versuchen erhielten die Pflanzen 2 Tage lang kein Wasser; danach wurde der ursprungliche Bodenwassergehalt wiederhergestellt. Das gleiche wiederholte sich anschlieBend fUr 6 Tage Trocknung. Wahrend der letzten Stunde der %
Abb. 4. Transpirationsstromgeschwindigkeit eines heurigen Stecklingsaufwuchses von X P. ,berolinensis' bei Wiederbewasserung nach ltagiger Austrocknung des Bodens (in % des Werte;, vor der Bewasserung; 100 % = 90 cm/h). t 1 = Bewasserung mit der ersten Halfte der an 40 % WK fehlenden Wassermenge. t 2 = Bewasserung mit der zweiten Halfte der an 40 % WK fehlenden Wassermenge. t 3 = Bewasserung von 40 % auf 100 % WK. Mittelwerte aus 10 J\fessungen je 30 Min. unter konstauten Bedingungen im Klimarallm.
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Trocknung und der erst en 3 Stunden nach der Bewasserung erfolgte die Bestimmung der Transpirationsstromgeschwindigkeit im Klimaraum unter konstanten Bedingungen. Abb. 5 zeigt, daB die Geschwindigkeit des aufsteigenden Wasserstromes in allen Fallen in der 1. Stunde nach der Bewasserung anstieg; danach verringerte sie sich wieder. Das AusmaB dieses Anstieges war auch hier von der Bodenfeuchtigkeit vor der Trocknung abhangig. 1m Durchschnitt beider Trockenperioden betrug die Geschwindigkeitserhohung bei 30 % WK 59 % des Wertes vor der Bewasserung, bei 50% WK 23% und bei 80% 3%. Je geringer der Wassergehalt des Bodens bei der Anzucht war, desto starker reagierten die Pflanzen auf eine Wiederbewasserung nach Trockenheit mit einem unmittelbaren, vorubergehenden Ansteigen der Transpirationsstromgeschwindigkeit.
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Abb. 5. Transpirationsstromgesehwindigkeit heuriger Steeklingsaufwiiehse von x P. ,berolinensis' bei 30, 50 und 80 % WK 1 h vor und 3 h naeh einer Wiederbewasserung naeh (a) 2tagiger und (b) 6tagiger Austroeknung des Bodens (in % des Wertes vor der Bewasserung). Mittelwerte aus 10 Messungen je Stunde an je vier Exemplaren jeder WK-Stufe unter konstanten Bedingungen im Klimaraum. 80% WK 50% WK 30% WK 100 % Troekenwerte (alb): 100/119 em/It 55/48 em/h 18/10 em/h
Diskussion
Auf Grund unterschiedlicher morphologischer und physiologischer Eigenschaften reagieren die P.flanzen auch in verschiedener Weise auf eine Verschlechterung ihrer Wasserversorgung. Wird das Wasserdefizit infolge Trockenheit zu gro13, so ver-.
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mindern sie ihren Wasserumsatz. Aus dem Grad dieser Einschrankung aHein geht jedoch noch nicht hervor, ob die gestOrte Wasserbilanz dadurch wieder ausgeglichen gestaltet werden kann. Umfassende Verringerung des Umsatzes kann zwar zu einer ausgeglichenen Wasserbilanz fiihren, aber ebenso der Ausdruck starker Diirreschaden sein. Geringe Einschrankung dagegen kann entweder in dem Unvermogen zu sparsamem Wasserverbrauch trotz Defizits begriindet sein oder aber ausreichende Wasserversorgung auf Grund eines leistungsfahigen Wurzelsystems anzeigen. In dem geschilderten Freilandversuch (Abb. 2) verringerte sich infolge abnehmendim Bodenwassergehaltes bei allen vier untersuchten Pappelsorten die Geschwindigkeit des aufsteigenden Wasserstromes. Sichtbare Diirreschaden traten jedoch nur an zwei Sorten auf, die durch die Trockenheit offensichtlich in ein zu groBes Wasserdefizit gerieten. Nach Wiederbewasserung erhohte sich ihre Transpirationsstromgeschwindigkeit in geringerem MaBe als bei den nicht (sichtbar) geschadigten Sorten. Dieser Versuch zeigte, daB die Transpirationsstromgeschwindigkeit durch eine Bewasserung nach Trockenheit bei den Pflanzen starker anstieg, die ihren Wasserhaushalt auf die Diirrebelastung besser einstellen konnten. Das verschiedene Verhalten beruhte hierbei auf unterschiedlichen genetischen Eigenschaften der untersuchten Sorten, die den gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt waren. Diese Ergebnisse finden ihre Parallele in Untersuchungen von G. NEUWIRTH und H. POLSTER (1960) tiber den Wasserverbrauch und die Stoffproduktion von Schwarzpappel und Aspe unter Diirrebelastung. Wahrend den Aspen kaum Diirreschaden anzusehen waren, verfarbte sich das Laubwerk der Schwarzpappeln und vertrocknete zum groBten Teil. Nach Wiederbewasserung erhOhte sich die Transpiration der Aspen bis auf das 25fache, die der Schwarzpappeln aber nur auf das Doppelte der Wasserabgabe zur Zeit der Trockenheit.
Zur Erhartung der Befunde wurde untersucht, ob entsprechende Unterschiede auch innerhalb einer Sorte als Folge verschiedener Wasser'1ersorgung bei der Anzucht auftreten. Diejenigen Pflanzen, die durch ungiinstigere Wasserverhaltnisse bereits im Sinne der Diirreresistenztheorie STOCKERS abgehartet waren, sollten eine Herabsetzung des Bodenwassergehaltes auch besser iiberstehen, nach den Erfahrung en aus dem Freilandversuch also starkere Erhohung der Transpirationsstromgeschwindigkeit bei Wiederbewasserung aufweisen. Die Ergebnisse (Abb. 3) bestatigten diese Erwartungen. In Ubereinstimmung mit Angaben von O. STOCKER u. a. (1954), G. GEISLER (1961) u. a. wurden dabei die Geschwindigkeitswerte del' gleichmaBig bewasserten Kontrollen tibertroffen.
Der beobachtete kurzfristige Anstieg der Transpirationsstromgeschwindigkeit sofort nach Wiederbewasserung (Abb. 4 und 5) ist von der spateren bleibenden Erhohung zu unterscheiden, da es sich hierbei noch nicht um eine Einstellung des Wasserhaushaltes auf die verbesserte Wasserversorgung handeln kann. Dazu erfolgte die Reaktion zu unmittelbar und ist auch nur voriibergehend. Es ist eher anzunehmen, daB dieser Anstieg der Geschwindigkeitswerte ein Ausdruck starker Zugkrafte in den
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GefiiBen der Pflanze ist, die sich infolge des Wasserdefizits in den Pflanzen ausbildeten und durch die Bewasserung rasch ausgeglichen werden. M. E. BLOODWORTH u. a, (1956), die diese Erscheinung bei welkenden Tomaten- und Baumwollpflanzen beobachteten, auBern die gleiche Ansicht.
Die nachgewiesene Abhangigkeit der Reaktion von der Wasserversorgung vor • der Trockenbelastung diirfte jedoch kaum auf der unterschiedlichen GroBe der Zug- . krafte in den Pflanzen der verschiedenen WK-Stufen beruhen, denn dann ware gerade in den verwohntesten Pflanzen (80 % WK) selbst nach 6tagiger Tl\ockenheit das geringste Wasserdefizit aufgetreten. Wahrscheinlicher ist vielmehr, da/3 sich hierin die unterschiedliche Leistungsfahigkeit der Wurzelsysteme ausdriickt. Je trockener die Pflanzen angezogen wurden, je mehr sie also fiir eine Trockenbelastung . abgehartet waren, desto leistungsfahiger ware demnach ihr Wurzelsystem. Neben ' der Einschrankung der transpirierenden Oberflache ist aber die "Forderung der Wasseraufnahme durch ein starkeres Wurzelsystem ... gerade das, was der Pflanze eine erhohte Diirreresistenz verleiht ... " (H. ~ALTER 1951, S. 218). Angaben iiber eine relative Forderung des Wurzelwachstums bei trocken gehaltenen Pflanzen finden sich bei W. SIMoNIS (1947).
Die Bestimmung der Transpirationsstromgeschwindigkeit wahrend einer Trockenbelastung und nach einer Wiederbewasserung kann also dariiber Auskunft geben, wie die untersuchte Pflanze auf Grund ererbter und erworbener Eigenschaften auf bestimmte Bedingungen angespannter Wasserversorgung reagiert. Je gro.l3er das Ausma.13 dieser Reaktion ist, desto besser ist der Wasserha ushalt dieser Pflanze geeignet, die b etreffende Diirrebelastung . zu ertragen. Dabei mu.13 jedoch beriicksichtigt werden, da.13 infolge von Anpassungsvorgangen (0. STOCKER 1956) die Pflanze nach einer Diirrebelastung nicht mehr die gleiche ist wie zuvor; " ... das zugefiihrte Wasser ist nicht von der friiheren, sondern . von einer neuen Organisation aufgenommen worden" (W. S. lLJIN 1923, S. 377). ' Die ErhOhung der Geschwindigkeit des Transpirationsstromes ist daher auf die Zeit vor der Wiederbewasserung und nicht vor Beginn der Trockenheit zu beziehen. Zusammenfassung Mit Hilfe der thermoelektrischen Methode nach B. HUBER zur Bestimmung der Transpirationsstromgeschwindigkeit wurden Untersuchungen iiber den EinfluB einer Diirrebelastung auf verschiedene Pappelsorten durchgefiihrt. Die Versuche fan den teils an mehrjahrigen Baumen im Freiland statt, teils an heurigen Stecklingsaufwiichsen im Gewachshaus und Klimaraum. Es wurde festgestellt, daB sich die Geschwindigkeit des aufsteigenden Wasserstromes als Folge einer , ausreichenden Wiederbewasserung zunachst voriibergehend, spater dann aber bleibend erhiiht. Das AusmaB dieses Anstieges, bezogen auf den Wert wahrend der Trockenheit, steht dabei Zusammenhang mit der Diirrevertraglichkeit der Pflanzen. Je starker ihre Reaktion auf Wiederbewasserung ist, desto besser ertragen sie hinsichtlich ihres Wasserhaushaltes die liegende Trockenheit.
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