Vergleich von ELISA (Lipopolysaccharid) und Widal-reaktion (O-Antigen) in der Diagnose von Salmonellen-infektionen

Vergleich von ELISA (Lipopolysaccharid) und Widal-reaktion (O-Antigen) in der Diagnose von Salmonellen-infektionen

Zbl. Bakt. Hyg., 1. Abt. Orig. A 255, 247-257 (1983) Vergleich von ELISA (Lipopolysaccharid) und Widal-Reaktion (O-Antigen) in der Diagnose von Salmo...

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Zbl. Bakt. Hyg., 1. Abt. Orig. A 255, 247-257 (1983)

Vergleich von ELISA (Lipopolysaccharid) und Widal-Reaktion (O-Antigen) in der Diagnose von Salmonellen-Infektionen Comparison of ELISA (Lipopolysaccharide) and Widal-Reaction (O-Antigen) in Diagnosis of Salmonella Infections ALEXANDER HIRSCHL\ GEROLD STANEK\ MANFRED ROTTER\ ADOLF H. NIEMETZ 2 und GERHARD DIRIDL3 Hygiene-Institut der Universitat Wi en (Vorstand: Prof. Dr. H. Flamm) 2Institut fiir Blutgruppenserologie der Universitat Wi en (Vorstand: Prof. Dr. P.Speiser) 3Infektionsabteilung des Kaiser Franz Josef-Spitals Wien (Vorstand: Prim. Prof. Dr. H.Pichler)

1

Mit 3 Abbildungen . Eingegangen am 12. Juli 1982

Abstract At various times after the onset of disease 50 sera of patients with bacteriologically proven salmonella infections were investigated for O-antigen specific antibodies in ELISA and Widal-tests. 21 of these sera were derived from patients with typhoid fever, 10 from patients with gastroenteritis due to various species of salmonella group D and 19 from patients with group B salmonella-gastroenteritis. Additional 44 sera stemming from patients without such infection were included in the investigation as a control. With ELISA the sera were examinated for antibodies of the IgM- and IgG-class separately. As antigens lipopolysaccharide W-preparations from S. typhi ("group D-antigen") and S. typhimurium ("group B-antigen") were used in the ELISA. High reciprocal titers (geometric means :1404,2560, and 1020) of IgM were demonstrable in sera drawn 11-30 days after onset of the disease with group D- and group B-antigen respectively (Fig. 1, Table 1 and Table 2). With increasing distance of time from the onset of the disease these titers decreased rapidly. The titers of agglutinating antibodies as measured in the Widal-test behaved similarily to those of IgM (Fig. 1, Table 1 and 2), and the correlation between both was high (r = + 0.93, Fig. 2). In contrast, titers of IgG-antibodies reached their maximum later, namely 31-60 days after onset of the disease (Table 1), and the correlation to the agglutinin-titers (r = + 0.33, Fig. 3) was much lower. In sera of patients with typhoid fever reciprocal titers of IgM against the homologeous group antigen surmounted those of IgG at the average by about 5log 2 -steps (Xg: 1404 and 79 respectively) between the 11 th and 30th day of disease. At this stage of the disease also sera from patients with gastroenteritis due to both salmonella D or B demonstrated clearly an IgM-dominated ratio. After a period of more than 2 month this ratio was about 1: 1 in sera of patients with typhoid fever or with salmonella group D-gastroenteritis, but was clearly IgG-dominated in sera obtained from patients with group B-gastroenteritis. This might be due to the fact that most of the sera classified as "obtained> 2 months after onset" stemmed from excreters of salmonella B species. In both test-systems cross reactions between the salmonella B- and

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A. HirschI, G. Stanek, M. Rotter, A. H. Niemetz und G. Diridl

D-group did occur but they never created diagnostic problems as the titers measured with the homologeous antigen always were clearly higher. Using W-lipopolysaccharide and cell suspensions of S. typhi as an antigen in ELISA or the Widal-test respectively, for both tests a sensitivity of 100% and a specificity of 90% were calculated. Also with antigenpreparations of group B salmonellae IgM-ELISA and Widal-test do not differ from each other in both respects. In this case, however, sensitivity for both tests amounted only to 75%, as 3 sera stemming from patients with salmonella B-gastroenteritis were drawn already during the first week of disease. From the results it was concluded that in non-endemic areas the much simpler Widaltest is as appropriate as the ELISA. The latter offers additional informations only when used for specific immunological objectivs. Zusammenfassung Fur den Nachweis von homologen Antikorpern wurden Widal-Test und ELISA mit 50 Seren von Patienten mit kulturell verifizierter Salmonellose, sowie mit 44 negativen Seren durchgefuhrt. 11-30 Tage nach Erkrankungsbeginn finden sich hohe ELISA-IgM Titer, die mit zunehmendem Abstand vom Erkrankungsbeginn deutlich absinken. Die in der WidalReaktion gemessenen agglutinierenden Antikorper zeigen einen sehr ahnlichen Veri auf. Die Korrelation zwischen ELISA-IgM- einerseits und Widal-Titern andererseits ist sehr hoch (r = 0,93). ELISA-IgG-Titer hingegen erreichen ihren Maximalwert erst 31-60 Tage nach Erkrankungsbeginn. Zwischen dies en Titern und den Widal-Titern besteht eine wesentlich schlechtere Beziehung (r = 0,33). Widal-Test und IgM-ELISA wei sen sowohl eine gleich hohe Spezifitat als auch Sensitivitat auf. Diese Ergebnisse erlauben den SchluB, daB bei der Routinediagnostik von Salmonelleninfektionen in Nicht-Endemiegebieten der aufwendige ELISA keine zusatzlichen diagnostischen Informationen bietet, so daB in der Regel mit dem wesentlich einfacheren Agglutinationstest das Auslangen gefunden werden kann. Der von van Weemen u. Schuurs (13) sowie Engvall u. Perlmann (5) in den Jahren 1971-1972 beschriebene Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) fand bald in der Diagnostik bakterieller Infektionen Anwendung. So haben schon 1972 Carlsson et al. (3) die prinzipielle Brauchbarkeit dieses Tests zum Nachweis von Salmonellen-Antikorpern beschrieben. In den darauffolgenden Jahren haben sich einige Autoren (1, 2, 4, 6, 7, 8, 10, 11) - sowohl aus humanals auch aus veterinarmedizinischer Sicht - mit der Frage der Anwendbarkeit dieses Tests in der indirekten Diagnose von Salmonellen-Infektionen beschaftigt. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind aber zum T eil recht unterschiedlich und lassen daher kaum Schltisse tiber die Brauchbarkeit dieses Tests in der humanmedizinischen Diagnostik zu. Es war daher unsere Absicht zu untersuchen, ob ein ELISA, verglichen mit einer etablierten serologischen Mtthode, dem Widal-Test, beim indirekten Nachweis von Salmonellen-Erkrankungen eine Erweiterung des diagnostischen Spektrums darstellt.

1. Material und Methoden 1.1. ELISA 1.1.1. Antigene: Lipopolysaccharide W (Priiparation nach Westphal) von S. typhi und S. typhimurium (Difco-Laboratories); in Vorversuchen wurde in einer Schachbrett-Titra-

Diagnose von Salmonellen-Infektionen

249

tion eine Antigenverdiinnung von 0,01 mg/ml als optimal ermitteit. Die Lipopolysaccharide wurden in Carbonatpuffer pH 9,6 (S. typhi) oder Phosphatpuffer pH 8 (S. typhimurium) verdiinnt. 1.1.2. Feste Phase: U-N unc-Mikrotiterplatten. 1.1.3. Koniugat: mit Peroxidase gekoppeltes Antihuman-IgG und -IgM (Fc-spezifisch) von der Ziege (F. Nordic); die letztlich dann in den Tests verwendete Gebrauchsverdiinnung von 1: 1000 wurde in Vorversuchen bestimmt. 1.1.4. Substrat: 40 mg Orthophenylendiamin und 0,04 ml Wasserstoffperoxid in 100 ml Phosphat-Citratpuffer (pH 5). 1.1.5. Verdiinnungs- und Waschlosungen: Serum und Conjugat wurden in Phosphatpuffer pH 7,4 + 2% Hammelserum + 2% Tween 20 verdunnt. Als Waschflussigkeit diente Phosphatpuffer pH 7,4 + 0,05% Tween 20. 1.1.6. Durchfiihrung: Die Napfchen der Mikrotiterplatten wurden mit 0,05 ml Antigenverdunnung beschickt und iiber Nacht bei 4°C inkubiert. Am nachsten Tag wurden die Platten ausgeklopft. Danach wurden sie entweder sofort we iter verwendet oder im Luftstrom einer reinen Werkbank getrocknet und in PlastikhUlIen bei 4°C bis zu 6 Wochen aufbewahrt. Vor dem eigentlichen Test wurden die Napfchen der Mikrotiterplatten mit 0,1 ml Phosphatpuffer (pH 7,4) + 2% Hammelserum gefUllt und 1 h bei 37 DC inkubiert. Anschliegend wurden die Platten ausgeklopft und mit Verdiinnungen (0,05 ml) der Testseren (geometrische Verdiinnungsreihe, beginnend mit 1:20) gefiillt. In der Folge wurden die Platten zugedeckt 2 h bei 37°C (wie fiir ELISA-Reaktionen iiblich) inkubiert. Nach dreimaligem Waschen wurden pro Napfchen 0,05 ml der Konjugat-Gebrauchsverdunnung zugetropft. Danach wurde das System wiederum 2 h bei 37°C bebrutet. Anschliegend wurden die Platten dreimal gewaschen und aile Napfchen mit je 0,1 ml Substratlasung beschickt. Schlieglich wurde nach halbstundiger Inkubation in einem abgedunkelten Raum (22-24 DC) die enzymatische Reaktion mit 2,5 M Schwefelsaure (0,05 ml) gestoppt. Die Extinktion wurde direkt in der Mikrotiterplatte mit Hilfe eines 8-Kanal-Photometers (Titertek-Multiscan, Flow Laboratories) bei 492 nm gemessen. Als Leerwert diente eine Reihe einer antigenbeschichteten Platte, die anstelle des Serums nur Puffer enthielt. Als Kontrollen fanden positive und negative Seren mit bekanntem Titer Verwendung. 1.1.7. Bewertung: Als Titer galt die starkste Serumverdunnung, bei welcher eine Extinktion ?: 0,5 gemessen wurde. Dieser Wert wurde nach der Verteilung der Extinktionswerte der positiven und negativen Seren festgelegt. 1.2. Widal- Test 1.2.1. Antigen: S. typhi 0 und S. paratyphi B-O (Wellcome, Widal Kit); die Antigene wurden in einer Gebrauchsverdunnung von 1: 30 im Test eingesetzt. 1.2.2. Durchfiihrung: Je 0,025 ml von Serumverdunnungen (in physiologischer Kochsalzlasung) und Antigen wurden in U-Nunc-Mikrotiterplatten gemischt und wie jede Widal'sche Reaktion in unserem Institut 18 ± 2 h bei 35°C bebrutet. 1.2.3. Bewertung: Als Titer galt diejenige Serumverdunnung, bei der mit freiem Auge gerade noch eine Agglutinationsreaktion sichtbar war. 1.3. Seren

Mit Ausnahme einiger Proben, die mehr als 2 Monate nach Erkrankungsbeginn abgenommen worden sind, stammten aile Seren von hospitalisierten Patienten. Es wurden 21 Seren von Patienten mit kulturell verifiziertem Typhus abdominalis, 10 und 19 Seren von Patienten mit enteritischen Erkrankungen durch Salmonellen der Gruppe D bzw. B getestet. Weiters wurden 44 Seren von Patienten ohne Saimonellenerkrankung untersucht. 1.4. Behandlung der Seren mit 2-Mercaptoiithanol

Zu 0,1 ml eines mit physiologischer KochsalzlOsung 1:5 verdunnten Serums wurde 0,1 ml verdunntes 2-Mercaptoathanol zugefugt, so dag eine 0,2 M Konzentration im Serum

250

A.Hirschl, G.Stanek, M.Rotter, A.H.Niemetz und G.Diridl

vorlag. Dieses Gemisch wurde 30 min bei 37 DC im Wasserbad inkubiert. Davon wurde dann wie iiblich eine geometrische Verdiinnungsreihe hergestellt. 1.5. Analyse der Daten

Zur Berechnung der Sensitivitat wurden nur Seren von Personen mit kulturell verifizierter Salmonellenerkrankung, die in einem Zeitraum von 0-60 Tagen nach Erkrankungsbeginn abgenommen worden waren, herangezogen. Zur Berechnung der Spezifitat wurden nur negative Seren, d. h. Seren von Patienten, die an keiner Salmonelleninfektion erkrankt waren oder Seren von Personen, deren Infektion mehr als 60 Tage zuriicklag, verwendet. Sensitivitat und Spezifitat wurden wie folgt berechnet: Sensitivitat (%) = Spezifitiit (%)

Anzahl infizierte Personen mit positivem Test x 100 Gesamtzahl infizierte Personen Anzahl nicht infizierte Personen mit negativem Test x 100 Gesamtzahl nicht infizierte Personen

Die Beziehung der im Widal-Test und ELISA gemessenen Titer wurde durch den Korrelationskoeffizienten r nach Pearson beziffert.

2. Ergebnisse

In Abb. 1 sind die reziproken ELISA-IgM-, ELISA-IgG- und Widal-Titer gegeniiber dem Lipopolysaccharid bzw. somatischem Antigen von S. typhi (getestet bei Seren von Patienten mit kulturell verifiziertem Typhus abdominalis oder enteritischer Salmonellose D) aufgezeichnet. Ebenso sind in dieser Abbildung die reziproken Titer (ELISA und Widal) gegeniiber dem Lipopolysaccharid von S. typhimurium und dem somatischen Antigen von S. paratyphi B bei Patienten mit enteritischer Salmonellose B enthalten. In T abelle 1 und 2 sind die geometrischen mittleren Serumantikorpertiter gegeniiber dem Lipopolysaccharid (S. typhi bzw. S. typhimurium) und somatischem Antigen (S. typhi bzw. S. paratyphi B) bei Patienten mit und ohne Salmonellenerkrankung enthalten. Bei Patienten mit kulturell verifiziertem

Abb. 1. Reziproke ELlSA-IgM (= M) -und -IgG (= G) -Titer sowie Widal (= W)-Titer zu verschiedenen Zeiten nach Erkrankungsbeginn. Antigene: Bei Seren von Patienten mit Typhus abdominalis oder Salmonella D-Gastroenteritis: ELISA: Lipopolysaccharid W (S. typhi), Widal: somatisches Antigen (S. typhi). Bei Seren von Patienten mit Salmonella B-Gastroenteritis: ELISA: Lipopolysaccharid W (S. typhimurium), Widal: somatisches Antigen (S. paratyphi B). Fig. 1. Reciprocal titers of IgM (= M)- and IgG (= G) in ELISA as well as of agglutinating antibodies (= W) in Widal-test at various times after the onset of disease. Antigens: For sera of patients with typhoid fever or salmonella D-gastroenteritis: ELISA: W-lipopolysaccharide of S. typhi, Widal: somatic antigen of S. typhi. For sera of patients with salmonella B-gastroenteritis: ELISA: W-lipopolysaccharide of S. typhimurium, Widal: somatic antigen of S. paratyphi B.

Diagnose von Salmonellen-Infektionen

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Tabelle 1. Reziproke Serumantikorpertiter (geometrische Mittelwerte) gegeniiber dem Lipopolysaccharid (ELISA) und somatischem Antigen (Widal-Test) von S. typhi Table 1. Reciprocal titers of serumantibodies (geometric means) against lipopolysaccharide (ELISA) and somatic antigen (Widal) of S. typhi Kulturergebnis

Tage nach Krankheitsbeginn

Anzahl Seren

mittlere reziproke Titer

resul t of culture

days after onset of disease

number of sera

mean reciprocal titers ELISA-IgM ELISA-IgG Widal

Salmonella typhi

0-10 11-30 31-60 >60

0 8 10 3

1404 488 253

79 794 253

1531 741 253

0-10 11-30 31-60 >60

0 4 2 4

2560 320 160

380 2560 190

4315 320 320

Salmonella B (auBer S. paratyphi) (except S. paratyphi)

19

28

46

89

negativ

44

20

<20

28

Salmonella D (auBer S. typhi) (except S. typhi)

KULTUR . CULTURE·

SALMONELLA TYPHI

SALMONELLA B

SALMONELLA D

(AUSSER / EXCEPT S.PARATIFHI B)

(AUSSER / EXa:::PT S.lYPHI)

....

~10000

5120 2560

88 0



1280 N

640

~

320

ffi

160 80

....

;:::

.

40

.

:. I!

••

•• II

IAA-

:520 MGW MGW MGW

MGW

>.......,--J '--r--' '---v-' '--r--'

0-10

11-30 31-60 >60

MGW

MGW

'--r--' '--r--'

MGW MGW

'-y-J

'--r--'

MGW

MGW

MGW

'--r--' '--v--' '--r--'

MGW

'-y-J

0-10 11-30 31-60 >60 0-10 11-30 31-60 >60 TAGE NACH ERKRANKUNGSBEGINN DAYS AFTER ONSET OF DISEASE

Abb.1

252

A. Hirschi, G. Stanek, M. Rotter, A. H. Niemetz und G. Diridl

Typhus oder enteritischer Salmonellose D wurden 11-30 Tage nach Erkrankungsbeginn sehr hohe IgM-Titer mit durchschnittlichen Werten von 1: 1404 bzw. 1 :2560 gemessen. Diese sinken in den folgenden Wochen deutlich ab; mehr als 60 Tage nach Erkrankungsbeginn sind die IgM-Titer allerdings immer noch deutlich hCiher als die der negativen Seren (Tab. 1). Die IgG-Titer hingegen erreichen ihr Maximum erst nach 31-60 Tagen. Mehr als 60 Tage nach Erkrankungsbeginn find en sich schon wieder deutlich geringere IgG-Titer, die aber im Vergleich zu den negativen Seren immer noch als erhoht zu bezeichnen sind. Die Agglutinationstiter sind zum Teil haher als die ELISA-IgM-Titer; ansonsten zeigen sie jedoch einen sehr iihnlichen Verlauf. 1m Serum von Patienten mit enteritischer Salmonellose B finden sich in allen Tests nur wenige Antikorper, die mit S. typhi kreuzreagieren (Tab. 1). Bei Seren von Patienten mit enteritischen Erkrankungen durch Salmonellen der Gruppe B (Abb. 1, Tab. 2) fallt auf, dag weniger als 10 Tage nach Erkrankungsbeginn keine oder nur sehr geringe Titer gemessen werden konnten. ELlSA-IgMund Widal- Titer nehmen mit zunehmendem Abstand vom Erkrankungsbeginn deutlich ab, wiihrend die durchschnittlichen ELlSA-IgG-Titer nach 11-30 Tagen und mehr als 60 T agen etwa gleich hoch sind. Erwartungsgemiig find en sich zwischen den Salmonellengruppen B und D gewisse Kreuzreaktionen, wiihrend Seren von Patienten, die an keiner Salmonellen-Infektion erkrankt waren, geringe oder gar keine Titer aufweisen. Abb. 2 und 3 zeigen die Korrelation zwischen den IgM- und IgG-ELlSA-Titern einerseits und den Widal-Titern andererseits bei Seren von Patienten mit Typhus oder enteritischen Salmonellenerkrankungen. Dabei wurden die insgesamt 50 positiven, in Abb. 1 dargestellten, Seren miteinander verglichen. Die Korre!ation zwischen ELlSA-IgM- und Widal-Titern ist sehr hoch (r = + 0,93), wiihrend zwischen ELlSA-IgG- und Widal-Titern eine vie! schwiichere Beziehung (r = + 0,33) besteht.

Tabelle 2. Reziproke Serumantikorpertiter (geometrische Mittelwerte) gegeniiber dem Lipopolysaccharid von S. typhimurium (ELISA) und somatischem Antigen von S. paratyphi B (Widal-Test) Table 2. Reciprocal titers of serumantibodies (geometric means) against lipopolysaccharide of S. typhimurium (ELISA) and somatic antigen of S. paratyphi B (Widal) Kulturergebnis

result of culture

Tage nach Krankheitsbeginn days after onset of disease

Anzahl Seren

mittlere reziproke Titer

number of sera

mean reciprocal titers ELISA-IgM ELISA-IgG Widal

3 9 0 7

< 20 1020

< 20 348

32 510

72

321

59

Salmonella 0

31

104

179

57

negativ

44

<20

< 20

<20

Salmonella B (auger S. paratyphi) (except S. paratyphi)

0-10 11-30 31-60 > 60

Diagnose von Salmonellen-Infektionen

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~10000

5120 2560 ;::; 1280

w cr cr w

I-

;::::

640 320

I

:l:

~

160

I

«

(/)

::::;

w

80 40 520 520

40

80

160

320

640 1280 2560 5120 ~10000

WIDAL - TITER (REZ)

Abb. 2. Korrelation zwischen reziproken ELISA-IgM- und Widal-Titern bei Seren von Patienten mit kulturell verifiziertem Typhus abdominalis oder enteritischer Salmonellose B und D gegeniiber den homologen Antigenen. Fig. 2. Correlation of reciprocal ELISA-IgM- and Widal-titers with sera from patients with bacteriologically proven typhoid fever or enteric salmonella B or D infections (homologous antigens). ~10000

5120

r

=0.33

2560

2

1280

N

640

2

2

cr 320 cr 160

2

I

C>

C1I

80

I

«

(/)

::::;

40

W

520

2

2

W

w I;::::

/

)/ /

520

/

/

/

2/

/

/

/

/

/

/

/

/

/

/

/

3/

/

/

/

4

/

/

,

/

/

/

/

/

/

/

/

l'

3

2

2

2 2

2 40

/

/

/

/

/

2

2 80

160

320

640 1280 2560 5120 ~10()()()

WIDAL - TITER (REZ.)

Abb. 3. Korrelation zwischen reziproken ELISA-IgG- und Widal-Titern bei Seren von Patienten mit kulturell verifiziertem Typhus abdominalis oder enteritischer Salmonellose B und D gegeniiber den homologen Antigenen. Fig. 3. Correlation of reciprocal ELISA-IgG- and Widal-titers with sera from patients with bacteriologically proven typhoid fever or enteric salmonella B or D infections (homologous antigens). 17 Zbl. Bakt. Hyg., 1. Abt. Orig. A 255

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A.Hirschl, G.Stanek, M.Rotter, A.H.Niemetz und G.Diridl

In Tabelle 3 ist der Einflug von Mercaptoathanol auf die Titer der Agglutination von S. typhi dargestellt. Diese Behandlung, die zu einer selektiven Zerstorung von 19-5-Antikorpern fiihrt, reduzierte die Titer der agglutinierenden Antikorper betrachtlich. Die Berechnung von Sensitivitat und Spezifitat erfolgte unter Zugrundelegung eines Grenztiters von 1: 160 sowohl fiir den Widal-Test als auch fiir den IgMELISA (Tab. 4). So man S. typhi als Antigen verwendet, sind Sensitivitat und Spezifitat beider Tests mit 100 bzw. 90% vollig gleich. Auch bei Verwendung von Antigenen der Salmonellengruppe B unterscheiden sich IgM-ELISA und Widal-Test hinsichtlich dieser beiden Parameter nicht. Die Sensitivitat betrug allerdings lediglich 75%, da auch 3 Seren von Patienten aus der ersten Krankheitswoche in die Berechnung mit einbezogen wurden. Zu diesem Zeitpunkt sind weder im Wid alTest, wie hinlanglich bekannt ist,noch im IgM -ELISA signifikante Titer nachweisbar.

Tabelle 3. EinflufS einer Mercaptoathanol (MCA)-Behandlung auf agglutinierende Antikorper gegeniiber S. typhi Table 3. Influence of mercaptoethanol (MCA) on agglutinating antibodies (Widal) against S. typhi Serum-Nr.

reziproker Widal-Titer bei MCA-Behandlung reciprocal Widal-titer with MCA-treatment nachher vorher after before

1

320 640 1280 640 640

2

3 4

5

<20 <20 40 20 <20

Tabelle 4. Sensitivitat und Spezifitat von IgM-ELISA und Widal-Test Table 4. Sensitivity and specificity of IgM-ELISA and Widal-test Test

Antigen

test

antigen

ELISAIgM Widal

LPS/S. typhi O/S. typhi

ELISA IgM Widal

LPS/S. typhimurium O/S. paratyphi B

Infizierte Personen: mit positivem Test/gesamt infected persons: with positive test/total

Sensitivi tat senSltivity

Infizierte Personen: mit negativem Test/gesamt infected persons: with negative test/total

Spezifitiit specificity

24/24 24/24

100% 100%

46/51 46/51

90% 90%

9/12 9/12

75% 75%

48/51 48/51

94% 94%

Diagnose von Salmonellen-Infektionen

255

3. Diskussion Ein groger Vorteil des ELISA gegenuber dem Agglutinationstest besteht in der Moglichkeit, die Titer von Antikorpern verschiedener Immunglobulinklassen relativ einfach messen zu konnen. Die differenzierte Messung von Immunglobulinen ermoglicht oft anhand einer einzigen Serumprobe die Aussage, ob Antikorper von einer frischen oder langer zuriickliegenden Infektion stammen. Daher find en ELISAs auch in vielen Bereichen der mikrobiologischen Routinediagnostik - vor aHem in Virologie und Parasitologie - Anwendung. Obwohl auch flir eine Reihe von Antikorpern gegen bakterielle Antigene oder fur diese selbst der Nachweis im ELISA moglich ist (14, 15), findet diese Methode in der Bakteriologie - zumindest routinemagig - noch kaum Anwendung. Mit ein Grund ist sicherlich, dag uber die Immunantwort nach Salmonelleninfektionen - vor aUem uber das zeitliche Auftreten und die Kinetik der verschiedenen Antikorper - recht unterschiedliche Ergebnisse vorliegen. So fanden z. B. Beasley et al. (1) keinen Unterschied zwischen den Titern von Seren, die in der akuten Krankheitsphase und solchen, die zu einem spateren Zeitpunkt entnommen worden waren. Augerdem konnten diese Autoren ebenso wie Tsang et al. (12) in Seren der akuten Phase mehr IgG als IgM nachweisen. Ahnliche Ergebnisse werden von Lentsch et al. (8) nach experimentellen Infektionen von Mausen sowie von Lange et al. (7) nach Verabreichung eines Typhusimpfstoffes bei Menschen berichtet. Aus den Ergebnissen von Svenungsson et al. (11) hingegen geht hervor, dag einige Tage nach einer S. enteritidis-Infektion IgM uberwiegt; erst mit zunehmendem Abstand vom Erkrankungsbeginn verschiebt sich die Relation IgM/IgG deutlich zugunsten der IgG. Eine Erklarung fur diese unterschiedlichen Ergebnisse kon.nte im Patientengut der Autorengruppen zu find en sein. Wahrend die von Beasley et al. und Tsang et al. untersuchten Seren von Patienten aus Indonesien und Hongkong, Regionen also, wo Salmonelleninfektionen endemisch vorkommen, stammten, untersuchten Svenungsson et al. Seren schwedischer Patienten. Bei diesen ist es wahrscheinlich, dag es sich um Erstinfektionen mit Salmonellen hande1te, die eine primare Immunantwort ausgelost hatten. Bei Menschen, die in Endemiegebieten leben, ist hingegen ein mehrmaliger Kontakt mit Salmonellen durchaus wahrscheinlich. Demnach wird dort eine Salmonelleninfektion im Erwachsenenalter vielfach eine sekundare Immunantwort, iiberwiegend mit Antikorpern der IgG-Klasse, hervorrufen. Auch in unseren Ergebnissen fallen deutlich Unterschiede im Verhaltnis IgM/IgG auf. Vor aUem im Serum von Typhus-Patienten findet man 11-30 Tage nach Erkrankungsbeginn etwa achtzehnfach hohere ELISA-Titer von IgM (Xg: 1404), als von IgG (xg:79); aber auch bei Patienten mit nur enteritischen SalmoneHosen sind zu diesem Zeitpunkt deutlich hohere Titer von IgM als von IgG zu messen (Abb. 1). Der Wechsel von IgM zu IgG vollzieht sich mehrheitlich nach 4-8 Wochen. Mehr als 2 Monate nach Erkrankungsbeginn lassen sich im Serum von Personen mit Typhus oder enteritischer Salmonellose D IgG und IgM mit etwa gleich hohem Titer nachweisen, wah rend zu dies em Zeitpunkt bei Patienten mit enteritischer Salmonellose B IgG noch deutlich uberwiegen. Dieser Unterschied hangt moglicherweise damit zusammen, dag mehr als 2 Monate nach Erkrankungsbeginn abgenommene Seren einerseits vorwiegend von Personen mit vollig ausgeheilter Infektion (Typhus und enteritische SalmoneHosen D), andererseits aber von Dauerausscheidern (SalmoneHen der Gruppe B) stammten. In Anbetracht der wenigen untersuchten Seren mug diese Vermutung aber erst in weiteren Untersuchungen bestatigt werden.

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A. HirschI, G. Stanek, M. Rotter, A. H. Niemetz und G. Diridl

Insgesamt kann an der Brauchbarkeit des ELISA zum Nachweis von Salmonelleninfektionen kein Zweifel bestehen. Die Bestimmung der verschiedenen Klassen von Antikorpern ermoglicht es sogar, das Krankheitsstadium ziemlich genau festzulegen. Da dieser Test aber - verglichen mit dem Agglutinationstest - einen wesentlich hoheren Arbeits- und Kostenaufwand mit sich bringt, mug man eine routinemagige Anwendung kritisch abwagen. Der direkte Vergleich zwischen ELISA und Widal-Test bestatigt ebenso wie das fast vollstandige Verschwinden agglutinierender Antikorper aus Mercaptoathanol behandelten Seren, dag im Agglutinationstest vor allem 19 S-Antikorper erfagt werden (1, 3, 4, 6). Wenn also eine Salmonelleninfektion vorwiegend eine IgGImmunantwort auslost, so wird diese mit dem Widal-Test nur unzureichend erfagt. Das konnte vor all em beim indirekten Nachweis von Salmonelleninfektionen in Endemiegebieten eine Rolle spielen. In unserem Untersuchungsgut zeigten jedoch praktisch aile Patienten in der akuten Krankheitsphase eine Immunantwort mit vorwiegend IgM. In diesem Fall ermoglicht es die hohe Spezifitat von IgM-ELISA und Widal-Test akute Salmonelleninfektionen anhand einer einzigen Serumprobe in mehr als 90% der Faile zu erkennen. Dazu ist allerdings notwendig, in beiden Tests die Grenztiter relativ hoch anzusetzen. Dber die hohe Spezifitat des Agglutinationstests haben auch schon Levine et al. (9) berichtet. Zumindest bei ungeimpften Personen, die nicht in Endemiegebieten leben, ist dieser Test zum Nachweis von Salmonelleninfektionen gut geeignet. Falsch positive Ergebnisse sind in beiden Tests zumeist durch eine langere Persistenz von IgM nach iiberstandener Infektion bedingt. In der Sensitivitat hingegen besteht iiberhaupt kein Unterschied; denn weder im ELISA noch im Agglutinationstest konnten signifikante Titer bei Seren entdeckt werden, die aus der ersten Krankheitswoche stammten. Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Salmonellengruppen sind in beiden Tests nachweisbar; diese gaben jedoch in keinem Fall zu einer Fehlbeurteilung Anlag, da die Titer gegeniiber dem homologen Antigen stets haher waren. Aufgrund dieser Ergebnisse glauben wir, dag man in der Routinediagnostik von Salmonellenerkrankungen in Nicht-Endemiegebieten in der Regel mit dem wesentlich weniger aufwendigen Agglutinationstest das Auslangen linden wird. In Endemiegebieten konnte hingegen ein Test, der den zusatzlichen Nachweis von IgG ermoglicht, von Interesse sein. Untersuchungen, die diese Frage klaren sollen, sind an unserem Institut bereits im Gange. Literatur 1. Beasley, W.]., S. W.Joseph, and E. Weiss: Improved Serodiagnosis of Salmonella Enteric Fevers by an Enzyme Linked Immunosorbent Assay. J. din. Microbio!. 13 (1981) 106-114 2. Carlsson, H. E. and A. A. Lindberg: Application of Enzyme Immunoassay for Diagnosis of Bacterial and Mycotic Infections. Scand. J. Immuno!. 8, Supp!. 7 (1978) 97-110 3. Carlsson, H.E., A.A.Lindberg, and S.Hammarstrom: Titration of Antibodies to Salmonella 0 Antigens by Enzyme Linked Immunosorbent Assay. Infect. Immun. 6 (1972) 703-708 4. Carlsson, H. E., A. A. Lindberg, S. Hammarstrom, and A. L. L;unggren: Quantitation of Salmonella O-Antibodies in Human Sera by Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA). Int. Arch. Allergy 48 (1975) 485-494

Diagnose von Salmonellen-Infektionen

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