Zbl. Bakt. Hyg. A 257, 51-59 (1984)
Vorkommen und Nachweis von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen in Milch und Milchprodukten Incidence and Identification of Enterotoxigenic E. coli Strains in Milk and Milk Products
v.
FRANKE, G. HAHN und A. TOLLE
Institut fUr Hygiene der Bundesanstalt fur Milchforschung in Kiel (Leiter: Professor Dr.
A. Tolle)
Mit:[ Abbildung . Eingegangen am 5. November 1983 . Angenommen am 29. Dezember 1983
Abstract Enteric diseases caused by enterotoxigenic E. coli strains (ETEC) become more and more important all over the world. Frequently food is implicated as a vector. - From this the necessity arises to identify ETEC strains and/or their heatlabile (LT) and heat-stable enterotoxins (ST). The examinations carried out for the presented paper showed the following results: Detection of LT by coagglutination is a simple and rapid test and may be helpful for screening. Most suitable, however, is the application of ELISA which enables the detection of 1 ng/ml LT with a good reproducibility. For identification of ST the suckling mouse assay (SMA) yields reliable results. ELISA and SMA have proved to be useful in practice for examination of food samples. By means of these methods 157 E. coli strains predominantly isolated from milk and milk products were examined. Hereby, five ETEC strains could be identified (3.2 %). For the purpose of food examination a procedure was developed which ensures a reliable and dficient identification of E. coli enterotoxin. The essential steps are enrichment in E.E.broth, subcultivation in CA YE-2-broth, identification of LT by ELISA resp. coagglutination and the detection of ST with aid of the SMA. So, isolation of single colonies can be omitted, which is an essential advantage.
Zusammenfassung Darmerkrankungen durch Enterotoxin-bildende E. coli (ETEC) gewinnen weltweit an Bedeutung. Lebensmittel sind haufig als Vektor impliziert. - Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, ETEC-Stamme und/oder die von ihnen gebildeten hitzelabilen (LT) sowie hitzestabilen Toxine (ST), sicher zu identifizieren. - Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit hierzu durchgefuhrten Untersuchungen haben zu folgendem Ergebnis gefuhrt:
52
V.Franke, G.Hahn und A. Tolle
Fur den LT-Nachweis ist die einfach durchzufiihrende Coagglutination insbesondere als Screening geeignet. Die Methode der Wahl ist der ELISA, mit dessen Hilfe weniger als 1 ng! ml Toxin bei guter Wiederholbarkeit nachgewiesen werden konnte. Fur den Nachweis von ST ist der Baby-Maus-Test (BMT) gut geeignet. ELISA und BMT haben sich auch im praktischen Einsatz zur Untersuchung von Lebensmittelproben bewahrt. Mit diesen Methoden wurden insgesamt 157 vorwiegend aus Milch und Milchprodukten isolierte E. coli-Stamme untersucht. Davon waren funf Enterotoxinbildner (3,2 %). Es lids sich ein Untersuchungsgang entwickeln, der eine sichere und rationelle Identifizierung von E. coli-Enterotoxinen ermoglicht. Die wesentlichen Schritte sind: Anreicherung in E.E.-broth, Ubertragung und Zuchtung in CA YE-2-Bouillon, LT-Nachweis im ELISA bzw. der Coagglutination und ST-Nachweis im BMT. Ein wesentlicher Vorteil ist, dag dabei auf die herkommliche Isolierung von Einzelkolonien verzichtet werden kann. 1. Einleitung
Nach heutiger Auffassung konnen Gastroenteritiden-auslosende E. coli entsprechend ihrer unterschiedlichen pathogenetischen Prinzipien in drei Gruppen eingeteilt werden (18): EPEC (Enteropathogene E. coli) sind identisch mit den "Dyspepsie-E. coli" EIEC (Enteroinvasive E. coli) verursachen Shigellose-ahnliche, ETEC (Enterotoxin-bildende E. coli) wassrige Durchfalle Die Vertreter der letzten Gruppe gelten als Hauptursache weltweit auftretender Darmkrankheiten (3). Die dafiir verantwortlichen ETEC k6nnen zwei verschiedene plasmidcodierte Toxine bilden: Ein thermolabiles (LT) bzw. ein thermostabiles (ST) oder beide gleichzeitig (7). Das thermolabile E. coli-Enterotoxin und das Choleratoxin sind immunologisch nahezu identisch und unterscheiden sich hauptsachlich durch den Ort der genetischen Codierung (Plasmid bzw. Chromosom) (8). Beide wei sen ein hohes Molekulargewicht (ca. 80.000 Dalton) auf, das fiir die guten antigenen Eigenschaften verantwortlich ist, und beide haben am Diinndarmepithel des Wirtstieres den gleichen Rezeptor, ein Monosialogangliosid (GMt). Zum Nachweis von LT konnen in vivo der Darmschlingentest sowie in vitro Zellkulturen und serologische Methoden eingesetzt werden. Das thermostabile E. coli-Enterotoxin hat ein Molekulargewicht von ca. 4.000 Dalton und ist daher nicht immunogen (6). Zum Nachweis des ST ist man auf Tierversuche angewiesen. Die Darmschlingen-Technik kann analog zum Nachweis von LT eingesetzt werden, jedoch mit dem Unterschied, dag die Reaktion bereits nach 6 Std. beurteilt werden mulS. Als Methode der Wahl wird bei humanpathogenen Stammen der Baby-Maus-Test (BMT) angesehen. Auch fur den ST-Nachweis sind serologische Methoden wie RIA und ELISA beschrieben worden, allerdings benotigt man zur Kopplung an Tragerprotein gro/Se Mengen gereinigten Toxins, des sen Herstellung zur Zeit Speziallabors vorbehalten bleibt (14, 22). In den letzten Jahren sind ETEC im Zusammenhang mit Lebensmittelvergiftungen aus Patientenstuhl isoliert worden (16). Daraus leitet.sich die Notwendigkeit ab, sie auch aus Lebensmitteln tierischer Herkunft sicher zu identifizieren, da diese nicht selten mit E. coli kontaminiert sind. In friihereI1 Untersuchungen am hiesigen Institut iiber die Mikroflora von Milchpro-
Vorkommen und Nachweis von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen
53
dukten konnte gezeigt werden, daB insbesondere Camembert gunstige Vermehrungsbedingungen fur E. coli bietet: Bei 108 (43,5 %) von 191 Proben war der E. coli-Titer positiv, teilweise bis zu einem Titer von 10-7 • Aufgabe der vorliegenden Arbeit soUte es daher sein, in der neueren Literatur beschriebene Methoden zum Nachweis von E. coli-Enterotoxinen auf ihre Eignung fur die lebensmittelhygienische Diagnostik zu prufen, und einen Untersuchungsgang zu entwickeln, der eine sichere und rationeUe Identifizierung von Enterotoxinbildnern ermoglicht.
2. Material und Methoden 2.1 E. coli-Stiimme Die ETEC-Referenzstamme wurden uns dankenswerterweise von Herrn P.A.M. Guintie, Bilthoven, Niederlande und Herrn Prof. Bockemuhl, Hamburg iiberlassen. - 52 Feldstamme wurden aus Milchprodukten, vor all em Camembert isoliert. 105 Stamme aus Lebensmitteln, iiberwiegend Milch und Milchprodukten, stell ten uns verschiedene Veterinaruntersuchungsamter zur Verfiigung.
2.2 Versuchstiere Miiuse: NMRI-Auszucht (Zentralinstitut fiir Versuchstiere, Hannover), Kaninchen zur Antiserum-Gewinnung (Privatzucht).
2.3 Anzuchtungs- und Isolierungsmedien Enterobacteriaceae-Anreicherungsmedium (E.E.-broth) und Cas amino Acid-Yeast-Extract-Salts-Medium (CA YE-2-Bouillon).
2.4 Kulturbedingungen zur Toxinproduktion Inokulation einer Einzelkolonie des zu untersuchenden Stammes in 12 ml CA YE-2-BouilIon (17) in groBvolumigen Erlenmeyerkolben (ca. 300 ml): Inkubation 24 h/3rC auf Rundschiittelgerat (150 U/min): Zentrifugieren und Sterilfiltrieren der Kultur; sofortige Verwendung des Dberstandes fiir die Toxinidentifizierung (eine Lagerung bei - 20°C ist nur fur den ST-Nachweis maglich).
2.5 Identifizierung von LT-Bildnern 2.5.1 Antiserum: Als Antigen diente Cholera-Toxin (Sigma, Miinchen), da E. coli-LT nicht kommerziell erhaltlich ist und beide Toxine immunologisch weitgehend identisch sind (13, 19, 24). - Herstellung der Vakzine: Cholera-Toxin lasen in 0,5 ml isotonischer NaCl, emulgieren in 0,5 ml inkompletten Freund'schen Adjuvans (Difco) und 0,5 ml Alu Gel (Serva, Heidelberg) (i.e. 1,5 mliDosis). - Immunisierungschema (Kaninchen): Subkutane Applikation in aufsteigender Konzentration (50, 100,200 IlgiDosis) im Abstand von 14 Tagen. - Serumgewinnung: 7 T age nach der letzten Impfung Blutentnahme durch Herzpunktion. Sterilfiltrieren des Serums und Konservieren bei - 20°C. Weitere Herzpunktionen jeweils eine Woche nach Boosterimpfung von 200 Ilg Cholera-ToxinlTier. 2.5.2 Coagglutination (modifiziert nach BRILL et ai., 1979): Praparation der Triigerpartikel (S. au reus, Cowan I); Kopplung des Antitoxins; Agglutination auf Objekttrager. 2.5.3 ELISA (modifiziert nach Svennerholm u. Holmgren, 1978): Coaten von Polystyrol-
54
V.Franke, G.Hahn und A.Tolle
peden (6 mm) mit GM1-Gangliosid (1,5 !-tmol) (Seromed, Miinchen); Bindung von Referenztoxin (Standard) bzw. Toxin im Probenmaterial; Kopplung des Antitoxins (v. Kaninchen 1: 200); Bindung des mit alkalischer Phosphatase konjungierten Anti-Kaninchen-Ig (1: 2.000) (Herstellung modifiziert nach Avrameas et al., 1978); Messung der Extinktion nach Zugabe des Substrats (Nitrophenylphosphat 1 mg/ml, bei 405 nm). 2.6 Identifizierung von ST-Bildnern
Baby-Maus-Test (BMT, modifiziert nach Gianella, 1976); Intragastrale Applikation des Kulturfiltrates (0,1 ml) an 1-3 Tagen alte Mause; "Inkubation" der Tiere 28°C; Toten durch Chloroform und Praparation des gesamten Darmkonvoluts; Bestimmung des Darm(a) und des Restkorpergewichts (b) und Berechnung des Quotienten aus alb; Bestimmung des Mittelwertes aus mindestens drei einwandfrei durchgefiihrten Tests je Probe; Bewertung:a/b > 0,083 gilt als positiv.
3. Ergebnisse 3.1 LT-Nachweis Coagglutination: Ais N achweisgrenze fiir E. coli- LT konnten unter Verwendung von Cholera-Toxin als Referenzantigen 10 ng/ml ermittelt werden. Diese unter Beriicksichtigung der Methodik hohe Empfindlichkeit ist aUerdings nur mit einem hochtitrigen Antiserum moglich. Mit Hilfe der Coagglutination waren aUe 11 Referenzstamme als LT-Bildner identifizierbar. Neun negative KontroUstamme zeigten keine Agglutination. Von 157 Feldstammen waren im Vergleich zum ELISA zwei falschnegativ. Geschwindigkeit und VoUstandigkeit der Agglutination sind in gewissen Grenzen von der Toxinmenge abhangig und erlauben somit nur eine semiquantitative Beurteilung der Agglutinationsreaktion (Einteilung von + + + bis +). ELISA: Die Zuverlassigkeit und Empfindlichkeit des ELISA wurde mit CholeraToxin als Referenzantigen getestet. Bei einer Linearitat der Extinktionswerte bis 100 ng/ml (E = 1,8) konnte als sichere Nachweisgrenze mindestens 1,0 ng/ml (E = 0,150) ermittelt werden. Durch Gegeniiberstellung der Extinktionswerte aus LT-positiven und LT-negativen Stammen wurde als Grenzwert fiir eine quantitative Beurteilung eines unbekannten Stammes eine Extinktion von 0,200 bestimmt. Durch rechnerischen Vergleich ergaben sich fiir die LT -positiven Stamme T oxinkonzentrationen im Kulturiiberstand entsprechend einer Aktivitat von 16,7 bis 63,5 ng/ml Cholera-Toxin. Zur Priifung der Spezifitat der Methode wurden Stamme verschiedener Arten (Yersinia enterocolitica, Klebsiella pneumoniae, Vibrio parahaemolyticus, Bacillus cereus und Enterotoxin-bildender Staph. aureus) unter identischen Bedingungen eingesetzt. Dabei trat in keinem Fall eine Kreuzreaktion auf. 3.2 ST-Nachweis BMT: In Ermangelung von reinem E. coli-ST wurden zur Beurteilung dieser Methode definierte ST-positive und ST-negative Referenzstamme verwendet. Von den 15 ST-bildenden Stammen konnten mit dem BMT 13 einwandfrei als solche eingeordnet werden. Eine mogliche Erklarung fiir die fehlende Identifizierung der drei iibrigen Stamme konnte der Verlust des determinierenden Plasmids sein. Fiir
Vorkommen und Nachweis von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen
55
ST-Bildner ergab sich eine Variationsbreite des Darm/Restkorper-Quotienten zwischen 0,090 und 0,137 (XA = 0,118), fur die negativen Kontrollstiimme von 0,057 bis 0,075 (XA= 0,064). Die Zuverliissigkeit des BMT sowohl fur die exakte Zuordnung von Feldstiimmen (a) als auch in bezug auf die Wiederholbarkeit des Tests (b) geht aus den folgenden Werten hervor: a. Bei doppelter Standardabweichung iiberschneiden sich die maximalen Streuungswerte der T oxin-negativen nicht mit den minimalen Streuungswerten der T oxin-positiven Stamme, d. h. der international angegebene Grenzwert von 0,083 kann bestatigt werden. b. In hinf unabhangigen Wiederholungen des Tests mit einem positiven und einem negativen Stamm ergaben sich Variationskoeffizienten der arithmetischen Mittelwerte (XA = 0,141 bzw. 0,67) von nur 7,4 % bzw. 7,6 %.
3.3 Identifizierung von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen aus Lebensmitteln Insgesamt wurden 157 E. coli-Stamme aus Lebensmitteln, vorwiegend Milch und Milchprodukte, untersucht. Von diesen bildeten funf Enterotoxin, drei ausschlieBlich LT, einer ST und ein weiterer gleichzeitig LT und ST. Diese Enterotoxin-bildenden Stamme waren aus Camembert bzw. Joghurt isoliert worden, wobei der Nachweis aus Joghurt als seltener Befund gewertet werden muB. Die Extinktionswerte der LT -bildenden Stamme im ELISA nach Bebrutung in CAYE-Z-Bouillon lagen zwischen 0,396 und 0,653, und entpsrechen damit einer Aktivitat von ca. 6-15 ng/ml Cholera-Toxin. Die ST-Bildner ergaben im BMT gemittelte Darm/Restkorper-Quotienten von 0,106 und 0,130. Die Identifizierung der Enterotoxin-bildenden Stamme war labortechnisch ohne Schwierigkeiten moglich, wurde jedoch bei Reihenuntersuchungen viel Zeit und Aufwand erfordern. 1m folgenden wird daher ein Untersuchungsgang vorgeschlagen, mit dessen Hilfe in Lebensmittel vorhandene ETEC nachgewiesen werden konnen, ohne vorherige Isolierung der Stamme selbst.
Tabelle 1. Enterotoxinbildungsvermogen der aus Lebensmitteln isolierten E. coli-Stamme Anzah! isolierter Stamme (davon Anz. zugesandter Stamme in Klammern)
Lebensmittel
77 48 4 3
(25) (48) (4) (3)
7 2 4
(7) ( 2) ( 4)
9 3
(9) (3)
Camembert Milch Joghurt Sahne Milchpulver Hartkase Rinderhackfleisch Schweinehackfleisch Fliissigei
Ges.: 157
(105)
STbi!denden Stamme
Anzahl der
LT-
bildenden Stamme
LT/STbildenden Stamme
2
1
56
V.Franke, G.Hahn und A.Tolle
Durchfuhrung (s. Abb.) 1. Homogenisierung des Lebensmittels (z. B. 10 g in 90 ml E.E.-broth) und Anreichern der gramnegativen Flora (4 h/3]DC). 2. Subkultivieren des Homogenats (1 ml) in CA YE-2-Bouillon und Inkubieren (20 hi 37°C). 3. Zentrifugieren (3000 g) und Sterilfiltrieren. 4. Verwenden des Uberstandes fur ELISA, Co agglutination (LT) und BMT (ST).
~~-=--lml t::::::'::JI
ELISA ____
tj
~(36h)
BMT
- --(4h)
Co.ggl. (10mln.)
3000g
80ml 12ml Ent.,ob.ct.,lec .. n- Cey.-2-Boullion An,. l ch.,ungeboulllon RundlchOItl., Milch
4h / 37· C
c• .20h / 37· C
Abb. 1. Schematischer Untersuchungsgang zur Isolierung und Identifizierung Enterotoxinbildender E. coli-Stiimme aus Lebensmitteln.
Mit dies em Untersuchungsprinzip lieBen sich aile Referenzstiimme nach experimenteller Inokulation (10 2 Keime/g, Inkubation 24-48 h/20°C) von Camembert eindeutig als T oxinbildner identifizieren. Der Vorteil der beschriebenen Methode liegt neb en der Einsparung an Zeit- und Arbeitsaufwand darin, daB nicht eine mehr oder weniger zufiillig isolierte Einzelkolonie aus einer heterogenen Population, sondern die Gesamtheit potentieller Toxinbildner in die Untersuchung einbezogen wird.
3.4 Zur Toxinbildung von ETEC in Lebensmitteln 1m vorangehenden Kapitel wurden ETEC aus Lebensmitteln isoliert und danach auf ihr Toxinbildungsvermogen gepriift. Damit kann nicht die Frage beantwortet werden, ob bereits im Lebensmittel durch ETEC Toxine gebildet werden. Zur Kliirung dieser Frage wurden Toxin-bildende Referenzstiimme in Magermilch, Camembert- und Gouda-Kiise sowie Hackfleisch und vergleichend in CAYE-2-Bouillon angeziichtet, in phys. NaCI-Losung homogenisiert und der Uberstand anschlieBend in dem o. a. Toxinnachweis gepriift. In der als Kontrolle dienenden CA YE-2-Bouillon wurde eine Endkeimzahl von 10 7 KbE/ml, in den gepriiften Lebensmitteln eine Endkeimzahl von 108_10lD KbE/g erreicht. Der Toxinnachweis gelang allerdings nur aus der CA YE-2-Bouillon (LT: 10-80 ng/ml, ST: BMT positiv), nicht jedoch, trotz deutlich hoherer ETEC-Keimzahl, aus dem Uberstand der untersuchten Lebensmittel. Wurde dagegen Camembert-Kase in phys. NaCI-Losung homogenisiert und erst anschlieBend mit ETEC-Referenzstammen inokuliert, so war nach einer Inkubation von 24 h13rC auf einem Rundschiittler der LT-Nachweis bei 4 von 10 Stammen und der ST-Nachweis bei 3 von 4 Stammen positiv. Entsprechendes gilt fiir Hackfleisch.
Vorkommen und Nachweis von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen
57
4. Diskussion Seit die mogliche Bildung von Ektotoxinen bei E. coli-Stammen und dadurch bedingte Nahrungsmittelvergiftungen bekannt sind, muB das Spektrum bakteriologischer Untersuchungsmethoden im Bereich der Lebensmittelhygiene erweitert werden. Hitzelabiles Toxin kann grundsatzlich uber den Tierversuch, die Gewebekultur und serologische Methoden nachgewiesen werden. Der Tierversuch muB aus ethischen Grunden uberall dort ausscheiden, wo er durch andere mindestens gleichwertige Methoden ersetzt werden kann. Dieses ist fur den Nachweis von LT der Fall. Der Gewebekultur-Test ist zwar nach Donta et al. (1974) und Guerrant et al. (1974) fur den LTNachweis gut geeignet, erfordert jedoch nach Back et al. (1979) einen erheblichen Aufwand. Zudem sind die Ergebnisse bisweilen nicht zweifelsfrei zu interpretieren. Die Methode der Wahl ist nach dem gegenwartigen Stand des Wissens der Einsatz serologischer Verfahren mit ihrer hohen Spezifitat, Empfindlichkeit und vergleichsweise eleganten Durchfuhrbarkeit. Fur die praktische Diagnostik ist - wie Rappaport u. Bonde (1981) gesichert haben - die serologische Identitat von Cholera- und E. coli-LT von wesentlicher Bedeutung. Cholera-Toxin ist in hochgereinigter Form bereits kommerziell verfugbar. Mit seiner Hilfe konnen spezifische Antikorper zum Nachweis von E. coli-LT gewonnen werden. Dieses wurde auch fUr die DurchfUhrung der vorliegenden Arbeit genutzt. Der LT-Nachweis mit Hilfe der Co agglutination bietet die Vorzuge eines einfachen Objekttragertests und ermoglicht in kurzer Zeit die Beurteilung der Reaktion. Allerdings ist diese nicht unerheblich subjektiv beeinfluBt und erschwert somit den Vergleich der Ergebnisse zwischen Untersuchern. Zudem treten bei der Prufung von Feldstammen nicht selten fragliche Reaktionen auf. Insgesamt ist die Coagglutination aber fur Screening-Zwecke gut geeignet. Der ELISA ist durch hohe Empfindlichkeit und gute Wiederholbarkeit gekennzeichnet und ermoglicht eine sichere Quanti-fizierung der Ergebnisse. Die Modifikationen von Svennerholm u. Holmgren (1978), die erstmals das GMrGangliosid als Antigenrezeptor zum Coaten von Polys tyro I einsetzten, erubrigt im Testsystem die Verwendung von Antikorpern aus verschiedenen Tierarten. Die Nachweisempfindlichkeit des ELISA fUr LT - gem essen als Choleratoxin-Aquivalent -liegt bei mindestens 1 ng/ml. Fur den Nachweis von hitzestabilen Toxinen ist der Tierversuch z. Z. noch nicht durch andere Methoden ersetzbar. Die Darmschlingen (Loop)-Technik erfordert im Vergleich zur intragastralen Injektion beim Baby-Maus-Test (BMT) einen gr6Beren chirurgischen Eingriff. Nach Sack et al. (1975) stimmen die Ergebnisse des BMT gut mit denen der 6-Stunden-Darmschlingen-Technik beim Kaninchen uberein. Von den in der vorliegenden Arbeit gepruften 15 ST-bildenden Referenzstammen konnte nur bei 12 Stammen ein positiver Toxin-Nachweis gefuhrt werden. Wahrscheinlich ist bei drei der uber lange Zeit im Labor gehaltenen Stamme das fur die STProduktion verantwortliche Plasmid verlorengegangen. Von Feldstammen sollte daher moglichst schnell nach Bebrutung in CA YE-2-Bouillon ein bakterienfreier Dberstand gewonnen und bis zur Untersuchung tiefgefroren werden. Das E. coli-ST ist auf diese Weise uber Monate zu konservieren. Die Empfindlichkeit des ST-Nachweises im BMT wird mit 2 ng angegeben (15). Die hervorragende Eignung des BMT zeigt sich durch den fur Tierversuche sehr klein en Variationskoeffizienten zwischen mehreren Wiederholungen (VK = 7,5 %) sowie durch die sichere Trennung zwischen Toxin-positiven und -llegativen Stammen.
58
V.Franke, G.Hahn und A. Tolle
Aufgrund dieser Ergebnisse wurden der ELISA und die Coagglutination sowie der BMT fur den Nachweis von ETEC aus Handelsproben verschiedener Lebensmittel (uberwiegend Milch und Milchprodukte) eingesetzt. Aus den gewonnenen Erfahrungen uber den Methodenvergleich und den Einsatz ausgewahlter Tests in der praktischen Diagnostik lids sich ein Untersuchungsgang entwickeln, der eine sichere und rationelle Identifizierung von E. coli-Enterotoxinen ermoglicht. Die wesentlichen Schritte sind: Inkubation in E.E.-broth (Anreicherung der Enterobacteriaceae), Subkultivierung in CA YE-2-Bouillon, Nachweis von LT im ELISA bzw. durch die Coagglutination und von ST im BMT. Das Ergebnis aus der Coagglutination und dem BMT liegt nach 28 Std. vor, fur den ELISA werden weitere 32 Std. benotigt. Somit werden zwei Arbeitstage fUr Anreicherung und Selektion eingespart. Daruber hinaus werden dadurch alle im Probenmaterial vorhandenen Enterobacteriaceen in den Toxin-Nachweis einbezogen, wahrend bei konventionellem Untersuchungsgang die Auswahl von ETEC-Kolonien aus einer Mischflora weitgehend dem Zufall unterliegt. Von insgesamt 157 daraus isolierten E. coli-Stammen waren drei LT-, einer ST- und ein weiterer LT/ST-Bildner (3,2 %).4 dieser 5 Stamme wurden aus Camembert und 1 Stamm aus Joghurt isoliert. Sack et al. (1977) konnten unter 240 aus Lebensmitteln tierischer Herkunft isolierten Stammen 22 ETEC identifizieren (9,2 %). Dieser Untersuchung lagen jedoch uberwiegend Fleischprodukte zugrunde. Dem entspricht, daB die von ihnen am haufigsten gefundenen O-Antigene der ETEC (0 149, 0 147 und 0 8) zu den am weitesten verbreiteten O-Antigenen der Coli flora des Schweines gehoren. Mehlman et al. (1976) wiesen einen Enterotoxinbildner aus 40 von verschiedenen Lebensmitteln gewonnenen Isolaten nach (2,5 %). Glatz u. Brudvig (1980b) konnten in 78 Kaseproben keine ETEC feststellen. Trotz unterschiedlicher Nachweismethoden und Probenmaterialien scheint so mit der Anteil Enterotoxin-bildender E. coli-Stamme relativ gering zu sein. Fur die Beurteilung der Pathogenese der durch ETEC verursachte Gastroenteritiden ist der Befund von Interesse, daB trotz experimentell erzeugter extrem hoher ETECKeimzahl (10 8-10 10 KbE/g) in Milch, Weichkiise und Hackfleisch im ZentrifugenOberstand keine nachweisbaren Toxinmengen vorhanden waren. Glatz u. Brudvig (1980a) konnten jedoch in mit ETEC angereicherter Milch (24 h/37"q geringe Mengen LT nachweisen. Dieses Ergebnis war mit den eigenen Referenzstammen nicht reproduzierbar. Die Untersuchungen zur Praformation von ETEC-LT und -ST in Lebensmitteln werden fortgesetzt. Nach dem gegenwartigen Stand des Wissens (18) sind fur die Entstehung der ETEC-Diarrhoe Erreger erforderlich, die LT bzw. ST bilden und zudem wirtsspezifische Adhasionspili besitzen. Literatur 1. Avrameas, S., T. Ternynck, and J.-L. Guesdon: Coupling of enzyme to antibodies and antigens. Scand. J. Immunol. 8 (1978) 7-23 2. Back, E., A.-M. Svennerholm, J. Holmgren, and R. Mol/by: Evaluation of a ganglioside immunosorbent assay for detection of Escherichia coli heat-labile enterotoxin. J. Clin. Microbiol. 10 (1979) 791-795 3. Black, R. E., M. H. Merson, I. Huq, A. R. M. Alim, and M. Yunus: Incidence and severity of rota virus and Escherichia coli diarrhoea in rural Bangladesh. Implications for vaccine development. Lancet I (1981) 141-143 4. Brill, B. M., B. L. Wasilauskas, and S. H. Richardson: Adaption of the staphylococcal
Vorkommen und Nachweis von Enterotoxin-bildenden E. coli-Stammen
59
co agglutination technique for detection of heat-labile enterotoxin of Escherichia coli. J. Clin. Microbiol. 9 (1979) 49-55 5. Donta, S. T., H. W. Moon, and S. C. Whipp: Detection of heat-labile Escherichia coli enterotoxin with the use of adrenal cells in tissue culture. Science 183 (1974) 334-336 6. Dorner, F., H. Jaschke, and W. Stockl: Escherichia coli enterotoxin: Purification, partial characterization, and immunological observations. ]. infect. Dis. 133 (1976) 142-156 7. Evans, D. G., D.]. Evans jr., and H. L. Dupont: Virulence factors of enterotoxigenic Escherichia coli. ]. infect. Dis. 136 (1977) 118-123 8. Finkelstein, R. A.: The cholera-enterotoxin - Robert Koch revisited. Zbl. Bakt. Hyg., I. Abt. Orig. A 235 (1976) 13-19 9. Gianella, R. A.: Suckling mouse assay model for detection of heat-stable Escherichia coli enterotoxin: Characteristics of the model. Infect. Immun. 14 (1976) 95-99 10. Glatz, B. A. and S. A. Brudvig: Enterotoxin production in milk by enterotoxigenic Escherichia coli. J. Food Protect. 43 (1980a) 298-299 11. Glatz, B. A. and S. A. Brudvig: Survey of commercially available cheese for enterotoxigenic Escherichia coli. J. Food Protect. 43 (1980b) 395-398 12. Guerrant, R. L., L. L. Brunton, T. C. Schnaitman, L. ]. Rebhun, and A. G. Gilman: Cyclic adenosine monophosphate and alteration of Chinese hamster ovary cell morphologie: rapid, sensitive in vitro assay for the enterotoxins of Vibrio cholerae and Escherichia coli. Infect. Immun. 10 (1974) 320-327 13. Holmgren, J., A.-M. Svennerholm, ]. Lonnroth, M. Fallpersson, B. Markman, and H. Lundbeck: Development of improved cholera vaccine on subunit toxoid. Nature 269 (1977) 602-604 14. Kaufman, P. E.: Production and evaluation of antibody to the heat-stable enterotoxin from a human strain of enterotoxigenic Escherichia coli. App\. Environ. Microbiol. 42 (1981) 611-614 15. Klipstein, F. A., R. F. Englert, and J. D. Clements: Protection in rats immunized with Escherichia coli heat-stable enterotoxin. Infect. Immun. 34 (1981) 637-639 16. Mehlman, I.]., M. Fishbein, S. L. Gorbach, A. C. Sanders, E. L. Eide, and]. C. Olson ir.: Pathogenicity of Escherichia coli recovered from food.]. Ass. Off. Analyt. Chern. 59 (1976) 67-80 17. Mundell, D. H., C. R. Anselmo, and R. M. Wishnow: Factors influencing heat-labile Escherichia coli enterotoxin activity. Infect. Immun. 14 (1976) 383-388 18. 0rskov, F. and I. 0rskov: Special Escherichia coli serotypes from enteropathies in domestic animals and man. Verlag Paul Parey, Fortschritte d. Veterinarmed. 29 (1978) 7-14 19. Rappaport, R. S. and G. Bonde: Development of a vaccine against experimental Cholera and Escherichia coli diarrheal disease. Infect. Immun. 32 (1981) 534-541 20. Sack, D. A., M. H. Merson, ]. G. Wells, R. B. Sack, and G. K. Morris: Diarrhea associated with heat-stable enterotoxin-producing strains of Escherichia coli. Lancet II :1975) 239-241 21. Sack, R. B., D. A. Sack, 1. J. Mehlman, F. 0rskov, and 1. 0rskov: Enterotoxigenic Escherichia coli isolated from food. J. infect. Dis. 135 (1977) 313-317 22. Staples, S. ]., S. E. Asher, and R. A. Gianella: Purification and characterization of heatstable enterotoxin produced by a strain of E. coli pathogenic for man. ]. BioI. Chern. 255 (1980) 4716-4721 23. Svennerholm, A.-M. and]. Holmgren: Identification of Escherichia coli heat-labile enterotoxin in means of a ganglioside immunosorbent assay (GM,-ELISA) procedure. Curro Microbiol. 1 (1978) 19-23 24. Yolken, R. H., H. B. Greenberg, M. H. Merson, R. B. Sack, and A. Z. Kapikian: Enzyme-linked immunosorbent assay for detection of Escherichia coli heat-labile enterotoxin. J. Clin. Microbiol. 6 (1977) 439-444 Dr. V. Franke, Institut fur Hygiene der Bundesanstalt fur Milchforschung, HermannWeigmann-Str. 1, D-2300 Kiel 1