Flora (1999) 194 127-136
© by Urban & Fischer Verlag
Zeitliche und raumliche Dynamik segetaler Populationen von Lithospermum arvense L. und ihre Beeinflussung durch Bewirtschaftungsfaktoren ARMIN BISCHOFF Institut flir Geobotanik und Botanischer Garten, Martin-Luther-Universitat Halle, Neuwerk 21, D-06108 Halle Derzeitige Adresse: Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ), Theodor-Lieser-Str. 4, D-6120 Halle Accepted: February 16, 1998
Temporal and spatial dynamics of Lithosphermum arvense L. populations on arable fields and the effect of different crop management Summary Like many other weeds, Lithospermum arvense has strongly declined during the last five decades. Studies on population biology and the effect of crop management (nitrogen, herbicides, one year fallow) were carried out to find reasons for this decline. During three vegetation periods seedling emergence, phenology, growth, reproduction and demography of L. arvense in competition to different crops were studied. A comparison with former investigations on the same experimental sites provides knowledge about long-term dynamics. To obtain information about dispersal and reestablishment, a small initial population was artificially introduced on a field where L. arvense was previously absent. Germination and seedling emergence took place in autumn and early spring. The mean coverage was larger in winter cereals than in spring cereals where the autumn cohort was destroyed by spring tillage. The plasticity in growth (especially shoot length and number of branches) was very high, but even under favourable conditions seed production did not exceed 1000 per plant. The artificially introduced population was dispersed only 2.5 m within two years. Due to short-term seed viability in the soil and low dispersability, the potential of regeneration must be assessed as low. Nitrogen fertilizer had a positive effect on growth and reproduction. One reason for the success of L. arvense in fertilized crops was the ability to avoid light limitation by increasing the shoot length. The sensivity of L. arvense against different phenoxy acid herbicides was low. Key words: Lithospermum arvense, population dynamics, agroecosystem, nitrogen fertilizer, plant reestablishment, seed dispersal
1. Einleitung Wie viele andere Segetalarten istLithospermum arvense in den vergangenen flinf Jahrzehnten in Mitteleuropa stark zuriickgegangen (ALBRECHT 1995). Die friiher auf Ackem haufig zu findende Art wird heute in einigen Regionen bereits als gefahrdet eingestuft (SCHNEIDER et al. 1994). Ais Ursachen flir den Riickgang von Segetalarten wird in der Regel die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion, vor aHem der inzwischen flachendeckende Einsatz von mineralischem Stickstoffdiinger und Herbiziden genannt (HAAS & STREIBIG 1982, HILBIG & BACHTHALER 1992). L. arvense ist jedoch gegeniiber Wuchsstoffherbiziden, die am haufigsten zur Unkrautbekampfung auf 0367-2530/991194/01-127
$ 12.00/0
Ackem eingesetzt werden, relativ unempfindlich (FRYER & EVANS 1968). Auch eine mineralische Stickstoffdiingung wirkt sich nach Angaben von WELLS (1979) und SVENSSON & WIGREN (1982) nicht unbedingt negativ aus. Ihre Untersuchungsgebiete lagen allerdings in Australien und Siidschweden, so daB die Ubertragbarkeit der Ergebnisse auf Mitteleuropa bereits durch die stark abweichenden klimatischen Bedingungen eingeschrankt wird. UmAufschluB dariiber zu erhalten, warumL. arvense trotzdem so deutlich zuriickgegangen ist, wurden vergleichende Untersuchungen zur Dynamik segetaler Populationen dieser Art bei unterschiedlicher Bewirtschaftung (Variation von Diingung, Herbizideinsatz und Fruchtfolge) durchgefiihrt. Einen Schwerpunkt bildete FLORA (1999) 194
127
die Analyse des Stickstoffeffektes unter Agrarokosystem-Bedingungen. Mit dem Wunsch, artenreiche Segetalzonosen zu schtitzen oder zu regenerieren, dem inzwischen zahlreiche staatliche Forderprogramme (EG-Agrarreform 1992, "Flankierende MaBnahmen") Rechnung tragen, rtickt zunehmend die Frage nach der Reetablierung zurtickgedrangter Segetalarten in den Mittelpunkt. In Begleituntersuchungen zu solchen Extensivierungsprogrammen wurde festgestellt, daB nicht mit einem raschen Wiederauftreten standorttypischer Arten zu rechnen ist, wenn deren Diasporenvorrat infolge einer langjlihrig intensiven Bewirtschaftung erloschen ist (OESAU 1991, SCHMIDT et al. 1995). Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts wurde L. arvense wie viele andere Segetalarten mit dem Kulturpflanzensaatgut verschleppt, so daB auch ein Transport tiber groBere Entfernungen gewahrleistet war (WEHSARG 1918, MULLER-SCHNEIDER 1986). Durch eine verbesserte Saatgutreinigungstechnik wurde dieser Ausbreitungsweg in der Folge nahezu ausgeschaltet. SCHNEIDER et al. (1994) gehen heute von einer sehr geringen Ausbreitungsflihigkeit der Art aus, experimentelle Nachweise wurden jedoch bislang nicht erbracht. In der vorliegenden Arbeit wurde daher als zweiter thematischer Schwerpunkt untersucht, wie rasch sich eine ktinstlich eingebrachte L. arvense-Population auf einer Ackerflache ausbreitet.
2. Material und Methoden Die Untersuchungsmichen liegen im mitteldeutschen Schwarzerdegebiet 15 km sUdwestlich von Halle und sind durch geringe Niederschlage gekennzeichnet (Bad Lauchstadt: 492 mm/Jahr).
2.1. Untersuchungen zum EinfluB von Stickstoff, Herbiziden und einer einjahrigen Brache auf die Populationsdynamik Die Untersuchungen wurden 1992 bis 1994 (-1996) auf der Dauerversuchsflache Etzdorf (Lehr- und Forschungsstation Etzdorf der Universitat Halle, Landwirtschaftliche Fakultat) durchgeflihrt. Hier wird bereits seit 1976 der EinfluB von Herbiziden, seit 1981 der EinfluB einer StickstoffdUngung auf das Agrarokosystem analysiert, so daB Aussagen zur Langzeitdynamik von Populationen unter verschiedenen Bewirtschaftungsbedingungen moglich sind (vgl. SCHUBOTH & MAHN 1994). 1991 wurde auf der Halfte der Parzellen Sommergerste angebaut, die andere Halfte wurde als eine einjahrige Brache nicht bewirtschaftet (Abb. 1). In den folgenden Jahren wurde die gesamte Flache wieder bestellt (Fruchtfolge: Winterweizen-Mais-Sommergerste-Winterweizen-Wintergerste). Das Versuchsdesign entspricht einer drei128
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faktoriellen Blockanlage mit jeweils zwei Faktorstufen und flinf Wiederholungen, d. h. flinf Parzellen (10 m . 10 m) pro Variante. Die Faktoren "Bewirtschaftung im Jahr 1991" (Brache/Sommergerste) und "Herbizideinsatz" (ja/nein) waren innerhalb der BlOcke randomisiert angeordnet. Die DUngungsvarianten (NO/N!) wurden aus agrotechnischen Grunden abweichend vom klassischen Blockdesign streifenfOrmig angelegt. Die NO-Parzellen wurden nicht mit Stickstoff gedUngt, die NI-Parzellen erhielten standardmaBig 80 kg N/ha· a. Aufgrund des hoheren Nahrstoffbedarfs der Kulturart wurde die Stickstoffzufuhr in der N 1-Variante beim Winterweizen auf 100 kg N/ha· a erhoht, beim Mais auf 120 kg N/ha·a. Auf allen Versuchsparzellen wurden von 1992 bis 1996 Vegetationsaufnahmen nach BRAUN-BLANQUET (1928) durchgeflihrt. FUr die Jahre 1983 bis 1991 wurde Aufnahmematerial von VIEHWEGER (1984), KONOPATZKI (1988) und SCHUBOTH (unpublizierte Daten) herangezogen. Zur Verrechnung der Artmachtigkeiten wurden jeweils die Mittelwerte der Braun-Blanquet-Stufen verwendet, flir ,,+" und "r" wurden 0,2% und 0,01 % eingesetzt. Die im folgenden beschriebenen detaillierten populationsbiologischen Studien an L. arvense wurden 1992 bis 1994 ausschlieBlich in den Varianten "ohne Brache" und "ohne Herbizidbehandlung" durchgeflihrt (Abb. 1: unschattierte Parzellen). Pro Variante wurden 50 Keimlinge, moglichst gleichmaBig (je zehn) auf aIle Blocke verteilt, mit farbigen Kunststoffringen markiert. AIle zehn Tage wurden das Entwicklungsstadium, die SproBlange, die Zahl der Blatter am langsten Trieb sowie die Zahl der Verzweigungen, Bltiten und Diasporen festgehalten. 1994 wurden zum AbschluB der Vegetationsperiode 15 Individuen pro Variante oberirdisch abgeemtet, in SproBachse, Blatter und Reproduktionsorgane getrennt, bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und gewogen.
2.2. Ausbreitungsversuch Auf einer 10 km entfemten, standortlich weitgehend identischen Versuchsflache in Bad Lauchstadt (Versuchsgelande des Umweltforschungszentrums (UFZ) Leipzig-Halle) war L. arvense, wie Vegetationsanalysen aus den Vorjahren zeigen, nicht mehr vertreten. Am 12. 5.1993 wurden 45 im Gewachshaus angezogene Jungpflanzen in drei Reihen auf einer Flache von 1 m . 5 m am Nordwest-Rand der Flache ausgebracht. Durch die Randlage wurde ein Wachstum unter abgeschwachter Kulturartkonkurrenz und eine entsprechend hohe Diasporenproduktion gewahrleistet. 1m Abstand von 0,5 bis 1,0 m wurden nach Osten in den Kulturpflanzenbestand hinein insgesamt 21 Diasporenfallen installiert. Ais Fallen dienten Kunststofftrichter (0 10 cm), in die engmaschige Siebe eingehangt wurden. Die Anzahl der in die Fallen eingetragenen Lithospermum-Diasporen (als Diasporen fungieren die Klausen) wurde zweimal, 9 und 16 Wochen nach Beginn der Samenreife, bestimmt. In den Folgejahren wurde die Ausbrei tung der Population durch die Erfassung des Keimlingsaufkommens festgehalten. Zur PrUfung der Moglichkeit einer Einwanderung von auBen wurden 1992, 1993 und 1994 aIle authochthonen Vorkommen von L. arvense in der naheren Umgebung (bis 1 km) erfaBt.
Nl
NO 10m
D ohne Herbizide, keine Brache 1991 hier: pop.-biolog. Untersuchungen an L. arvense
=
ohne Herbizide, 1991 Brache
(
herbizidbehandelt, keine Brache 1991 herbizidbehandelt, 1991 Brache
Fruchtfolge (1991-1996): SG-WW-Mais-SG-WW-WG 1991 Brache (selbstbegrlint) Brachevariante:
NO: 0 kgN/ha Nl: 80 (-120) kg N/ha Herbizide: MCPA, 2,4 OP, Oichlorprop, Gardoprim plus
Oiingung:
Abb. 1. DauerversuchsfHiche Etzdorf; SG: Sommergerste, WW: Winterweizen, WG: Wintergerste.
2.3. Keimversuche Injedem Jahr wurde die Keimfahigkeit der Diasporen gepriift. Dazu wurden je 50 Diasporen auf mit destilliertem Wasser feucht gehaltenem Filterpapier in vier Petrischalen ausgeJegt und vier Wochen lang bei einer Konstanttemperatur von 10°C und Dauerlicht inkubiert. Nicht gekeimte Diasporen wurden mit einem Tetrazolium-Test nach den Vorgaben der ISTA (1993) auf ihre Vitali tat untersucht.
2.4. Statistik Der EinfluB der Stickstoffdtingung auf L. arvense wurde mittels t-Test gepriift. Die Aussagen zur Signifikanz von Unterschieden sind unter dem Vorbehalt zu sehen, daB die Plots der Dauerversuchsflache Etzdorf beztiglich des Faktors Stickstoff nicht randomisiert angeordnet waren. Es sei jedoch in diesem Zusammenhang auf die auBerordentliche Homogenitat der Bodenbedingungen verwiesen (vgl. KORSCHENS & MAHN 1995). Waren die Voraussetzungen flir den t-Test (Normalverteilung, Intervallskalierung) nicht gegeben, wurde auf den U-Test (Mann-Whitney) ausgewichen. Abhangigkeiten zweier Merkmale wurden mittels linearer Regressionsanalyse gepriift. Die Beeinflussung der Regressionen durch den Faktor Stickstoff wurde durch Kovarianzanalysen getestet.
3. Ergebnisse
trockener Lagerung unter Freilandbedingungen zu diesem Zeitpunkt wie auch im darauffolgenden Winter und Frlihjahr meist bei 90%, in jedem Fall aber tiber 70%. Bei trockener Lagerung und Zimmertemperatur waren nach 4,5 Jahren noch 20% der Diasporen keimfahig. Unter Agrarokosystem-Bedingungen (Etzdorf) liefen im Winterweizen aIle Keimlinge zwischen dem 14. 10.91 (Aussaattermin) und dem 23. 4. 92 (erster Beobachtungstermin) auf, im Mais (1993) lag das groBte Keimlingsaufkommen zwischen dem 7. und 13. Mai,jedoch wurden auch noch Anfang Juni neue Keimling registriert. In der Sommergerste (1994) war tiber 90% des Keimlingsaufkommens zwischen dem 22. und 28. April zu verzeichnen. Die Auflaufraten lagen in allen Versuchsjahren in der gedtingten Variante (N 1) signifikant hoher. Bei winterannuellem Zyklus (Winterweizen 1991/ 1992) dauerte die vegetative Phase mehrere Monate, bei sommerannueller Entwicklung (1993 und 1994) setzte die Bltite schon vier bzw. flinf Wochen nach dem Auslaufen ein (Abb. 2). 10 Tage nach dem Bltihbeginn wurden bereits Frlichte gebildet, die Bltite dauerte jedoch in der Folge noch mehrere Wochen an. 1m Winterweizen bltihten die Pflanzen durchschnittlich 7,5 Wochen lang, in den Sommerkulturen lediglich drei bis vier Wochen. Bis Mitte Juli waren in allen Versuchsjahren die meisten Individuen abgebltiht.
3.1. Entwicklungszyklus
3.2. Wachstum und Reproduktion
1m Sommer produzierte Diasporen von L. arvense keimten bereitsim Oktoberdes gleichenJahres. Die Keimraten von nach dem Tetrazolium-Test vitalen Samen lagen nach
1m Winterweizen (1992) erreichte L. arvense Wuchshohen von 50-60 cm und war damit zum Zeitpunkt seiner Bltite etwa so hoch wie die Kulturart (Abb. 3). FLORA (1999) 194
129
1991/92 (Winterweizen)
1994 blieb die Art im Uingenwachstum urn 35% hinter der Sommergerste zurUck. 1m Vergleich zum Mais 100% """";"""'""""'"'<""<""1 (1993) war L. arvense bis zum Beginn der Fruktifikation 30% kleiner, wurde aber spater (wahrend der Frucht80% reife) urn das zwei- bis dreifache von der Kulturart ubertroffen. Eine Dungung von 80-120 kg N/ha . a fiihrte 60% 1992 und 1994 zu einer signifikanten Zunahme der SproBachsenlange. Fur 1993 lieBen sich die Daten 40% aufgrund der geringen Wiederholungszahl in der NOVariante (n = 7) nicht absichern. 20% Die gedungten Pflanzen wiesen im Verhaltnis zur Gesamtbiomasse langere SproBachsen auf als die 0% ungedungten (Abb.4). Die allometrische Beziehung ? 23.4. 7.5. 21.5. 4.6. 7.7. zwischen beiden GraBen wurde durch die Dtingung verschoben. Nach der Kovarianzanalyse mit der Ge1993 (Mais) samtbiomasse als Kovariable war der EinfluB von Stickstoff auf die SproBlange signifikant. Die unteren, alteren Blatter, die aufgrund der zunehmenden Beschattung nicht mehr assimilieren kannen, 80% begannen bereits wahrend der Bltite abzufallen, so daB die Blattzah1 am 1angsten Trieb in der Folgezeit abnahm 60% (Abb. Sa). Die Assimilation wurde also verstarkt in die oberen Pflanzenabschnitte verlagert. Der Blattverlust 40% am Haupttrieb wurde tei1weise durch eine Neubildung von beblatterten Seitentrieben kompensiert (Abb. 5b). 20% Sowohl beim Parameter Verzweigungszahl als auch im Verzweigungsmuster war eine hohe Plastizitat zu 0% ~~~~~~~~ beobachten. In der Sommergerste (1994) b1ieben eine 12.5. 26.5. 4.6. 17.6. 29.6. 8.7. 20.7. 3.8. Reihe von Individuen unverzweigt. Am haufigsten wurden tiber den gesamten Versuch hinweg Pflanzen 1994 (Sommergerste) mit drei Nebenachsen angetroffen, die direkt unterhalb der Terminalbltite der Hauptachse ansetzten. Diese Nebenachsen waren meist als Wickel ausgebildet und nur selten weiter verzweigt. Daneben kamen vor allem 80% in den gedtingten Winterweizenbestanden (1992) auch sehr kraftige Pflanzen vor, die zusatzlich noch basale 60% Verzweigungen besaBen. Die basalen Nebenachsen zeigten meist das gleiche Verzweigungsmuster wie die 40% Hauptachse (Paracladien), so daB Nebenachsen zweiter und zum Teil auch dritter Ordnung auftraten. 20% Die Diasporenproduktion (Anzahl der Klausen pro Individuum) wurde 1992 und 1994 durch die Stick0% ~~~~~~~~~~~~ 28.4. 22.5. stoffdtingung signifikant erhaht (Abb. 6). 1993 lieB sich 9.6. 23.6. 5.7. 28.7. der groBe Unterschied zwischen NO- und N1-Variante nicht statistisch absichern, da die Werte in der NOo 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Variante stark streuten. 1992, im Winterweizen, war Zeit nach dem Auflaufen (Tage) die Fekunditat urn ein Vielfaches haher als 1993 und 1994 in den Sommerkulturen. Die mittlere Biomasse der L. arvense-Individuen lag zum Zeitpunkt der Probenahme (5. Juli 1994) im ~ vegetativ ~ bluhend gedtingten Sommergerste-Bestand mehr als doppelt so ~ bliihend+fruchtend • fruchtend hoch wie im ungedtingten (Tabelle 1). Dabei waren die Unterschiede bei SproBachsen und Blattern wesentlich deutlicher a1s bei den Klausen. Die Stickstoffdungung Abb. 2. Entwicklungszyklus von L. arvense tiber drei Vegetationsperioden. ftihrte also zu einer Verschiebung der allometrischen 130
FLORA (1999) 194
SproBIange (em) 80o.=======~-----------------------'
60
1-':-- ~~ I
Sprofilange (cm) [log-Skala] n.s.
,6
100
**
***
r------------------,
70 50
40
40 30
20
20
23.4. 21.5.
22.6.16.5. 17.6.
9.6. 5.7. 28.7.
20.7.28.4.
1992
1993
Winterweizen
Mais
~ ~ 10
1994
50
20
a) Anzahl der Blatter am langsten Trieb
200
500 1000 2000
Gesamtbiomasse (mg) [log-Skala]
Sommergerste
Abb.3. SproBHingenwachstum von L. arvense und dessen Veranderung durch eine Stickstoffdiingung; ** p < 0,01, *** P < 0,001 (t-Test der lahresmaxima).
100
Abb. 4. Beziehungen zwischen SproBlange und Gesamtbiomasse (oberirdisch) bei unterschiedlicher N-Versorgung (5.7.1994); Regression fiir NO: r = 0,76; log y = 0,34*log x + 0,73; fiir Nl: r = 0,97; log Y= 0,34*log x + 0,83.
b) Anzahl der Verzweigungen pro Pflanze
30.-------------------------,
30.---------------------------------~
25
25
20
n.s.
20
15
15
10
10
5
5
OL-~_r~~_r~t~~~_r_r~-J
0
16.5.
17.6. 20.7.28.4.
1993 Mais
9.6.
5.7.28.7.
1994 Sommergerste
***
*
6--&6
* 23.4.
21.5. 22.6. 16.5.
1992 Winterweizen
17.6. 20.7. 28.4.
9.6.
5.7. 28.7.
1994 Sommergerste
1993 Mais
Abb. 5. Entwicklung der Beblatterung des langsten Triebes und der Verzweigungszahl in Abhangigkeit von der Stickstoffdiingung (1':, NO,. Nl); * P < 0,05, ** p < 0,01, *** P <0,001 (t-Test derJahresmaxima).
Tabelle 1. EinfluB der Stickstoffdiingung auf die Stoffproduktion von L. arvense; signifikante Unterschiede zwischen den Diingungsvarianten: * p<0,05, ** p
NO Nl
SproBachse (mg)
Blatter (mg)
Klausen (mg)
gesamt (mg)
Tausendkommasse (g)
101,9 303,5**
39,8 102,0*
58,9 86,1
200,5 491,5**
4,5 3,1 **
) Blattmasse/SproBachsenmasse
2
Blatt-AchsenIndex)
Reproduktionsaufwand2
(gig)
(gig)
0,59 0,42
0,29 0,17***
Biomasse der KlauseniGesamtbiomasse FLORA (1999) 194
131
reproduktive Biomasse (mg) [log-Skala]
Diasporenzahl pro Pflanze 600~--------------------------~
200 100 50
IoNOl
500
~
400
200
20 10 5
100
2
300
o
I
1992
1993
1994
Winterweizen
Mais
Sommergerste
•
• 10
20
1.6.
NO .NI
1
500 1000 2000 50 100 200 vegetative Biomasse (mg) [log-Skala]
Abb. 6. EinfluB der Stickstoffdiingung auf die Diasporenproduktion (Anzahl der Klausen pro Individuum); mit 95%Konfidenzintervallen.
Abb.7. Beziehungen zwischen reproduktiver (Klausen) und vegetativer Biomasse (SproBachse und Bllitter) bei unterschiedlicher N-Versorgung (5.7.1994); Regression fiir NO: r = 0,5; log Y = 0,82* x - 0,04; fiir Nl: r = 0,85; log y = 1,26*log x -1,41.
Beziehung zwischen vegetativer und reproduktiver Biomasse (Abb.7). Diese Verschiebung konnte durch eine Kovarianzanalyse mit der vegetativen Biomasse als Kovariable statistisch abgesichert werden (p < 0,00 I). Der Reproduktionsaufwand, also der Anteil von Reproduktionsorganen (Klausen) an der Gesamtbiomasse (oberirdisch), war entsprechend in der gediingten Variante signifikant geringer (Tabelle 1). Eine bessere Stickstoffversorgung fiihrte nicht zu einer groBeren Tausendkommasse. Die Diasporenproduktion lag zwar hoher, die Masse der einzelnen Klausen war jedoch eher kleiner.
jedoch mit Ausnahme von 1993 deutlich positiv auf die FekundiHit der iiberlebenden Individuen auswirkte (Abb.6), war die Fitness von L. arvense in der NIVariante erheblich groBer. Entsprechend liefen in den gediingten Bestanden durchschnittlich doppelt so viele Keimlinge pro m2 auf wie in den ungediingten. Die Artmachtigkeiten aus den Vegetationsaufnahmen auf der Dauerversuchsflache Etzdorf lagen zu Beginn der Untersuchungen in den 80er Jahren iiberwiegend in den Stufen "r" und ,,+" der Braun-Blanquet-Skala (Tabelle 2). In der gediingten Variante zeigte L. arvense in den 90er Jahren eine deutliche Zunahmetendenz, wahrend in der ungediingten eine Stagnation zu verzeichnen war. Dieser generelle Trend wurde jedoch durch starke Bestandesschwankungen iiberlagert. Die Artmachigkeiten waren in Wintergetreide (WW, WG) durchschnittlich groBer als in Sommerkulturen (SG, Mais). Auch bei identischen Kulturen traten teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsjahren auf.
3.3. Demographie und Langzeitdynamik Die Ubergangswahrscheinlichkeit von L. arvenseKeimlingen in die reproduktive Phase lag im Mittel der Versuchsjahre 1992 bis 1994 in der NI-Variante bei 93%, in der NO-Variante bei 100%. Da sich die Diingung
Tabelle 2. EinfluB von Diingung (NO, Nl), Herbizideinsatz (H) und einjlihriger Brache (B, Brachejahr 1991) auf die mittlere (n=5) Deckung von L. arvense; r: Deckung <0,05; WW: Winterweizen, WG: Wintergerste, SG: Sommergerste. WW 1983
WW 1986
WG 1987
Mais 1988
SG 1989
WW 1990
SG 1991
WW 1992
Mais 1993
SG 1994
WW 1995
WG 1996
x
NO Nl
r r
r 0,6
r
0 0
0 0
r 0,5
0,1 2,0
2,0 2,6
r
r
r
0,5
0,5
r 1,0
r 0,2
0,4 1,0
NOH NIH
r r
0,5 1,0
0 0
0 0
r
0 0,6
0,1 4,0
0 0
r r
r 0,6
r 0
r 0,9
0,1 3,0
0,6 3,0
r
r
0,1
1,1
0,1 1,6
r r
0,1 1,2
r
0,6
NOB NIB 132
FLORA (1999) 194
r
(92-96)
Lithospermum arvense-Pflanzung (1993) x xx xx
IN
x
0
XX X
0 0
0
X
•
0
0
0
0
0
0
O
0
0
0
x
X
0
0
,
o
8m
o = leere Faile • = Faile,
•
> 10 Diasporen X
=
Faile mit 1-10 Diasporen
= Keimlingsaufkommen 1994, 1995
Abb.8. Ausbreitung der 1993 auf der Bad Lauchstadter Versuchsflache eingesetzten L. arvense-Population anhand von Untersuchungen des Diasporenfalls und des Keimlingsaufkommens.
L. arvense war meist aueh in den herbizidbehandelten
Parzellen hoehstet vertreten. Insbesondere die in den 80er Jahren vorwiegend eingesetzten Wirkstoffe MCPA und 2,4-DP besaBen nur eine sehwaehe Wirkung. In einigen Versuehsjahren erreiehte die Art hier hohere Deekungsgrade als in derunbehandelten Kontrolle (Tabelle 2). Der Einsehub einer einjahrigen Braehe in die Fruehtfolge flihrte in der gedtingten Variante in den Folgejahren zu einem leiehten Anstieg der Artmaehtigkeiten, in der ungedtingten blieben die Deekungsgrade niedrig (Tabelle 2).
3.4. Ausbreitung und Etablierung Trotz Einflihrung einer extensiven Bewirtsehaftung (letzte PflanzensehutzmaBnahme 1990) konnte auf der zweiten Versuehsflaehe (Bad Lauehstadt) kein spontanes Auftreten von L. arvense beobaehtet werden. Eine dreimalige Kartierung (1992, 1993 und 1994) aller Vorkommen in der Umgebung bis zu einer Entfernung von 1 km ergab, daB die Art im Bestandesinneren von Aekern praktiseh nieht mehr auftritt, am Aekerrand oder im Ackerrain aber noch relativ haufig zu finden ist. GroBere Populationen von mehreren 100 Individuen traten etwa 500 m stidostlich und 700 m ostlich der Versuchsflache auf. Einzelne Pflanzen wurden in einer Entfernung von 50 m (nordlich) bzw. 100 m (ostlich) registriert.
Von den 1993 auf der Versuchsflache eingesetzten 45 Pflanzen gelangten 44 zur Samenreife, die insgesamt 21433 Diasporen produzierten (487 pro Pflanze). Bis zur Ernte der Kulturart am 30. 9. 93 wurden diese Diasporen ausschlieBlich in den Fallen innerhalb der Pflanzung oder an deren Rand registriert (Abb. 8). Nach dem Tetrazolium-Test waren 36,8% der Klausen vital, so daB ca. 7500 potentiell keimfahige Diasporen in den Boden gelangt sein dtirften. 1m folgenden Friihjahr (1994) wurde nur ein Keimling gefunden. Die meisten Diasporen waren durch die wendende Bodenbearbeitung in tiefere Bodensehichten verlagert worden, aus denen kein Auflaufen moglich ist. Mit dem Pfltigen im Herbst 1994 kam ein Teil wieder in Oberfiachennahe, so daB in der folgenden Vegetationsperiode bis zum Friihjahr 1995 26 weitere Keimlinge aufliefen. Dabei lag die maximale Entfernung vom Zentrum des Initials bei 2,5 m. Die Pflanzen wurden durch die folgende Saatbettbereitung vor Erreichen der reproduktiven Phase abgetotet. Da bis zum Friihjahr 1998 kein weiteres Keimlingsaufkommen festgestellt wurde, muB davon ausgegangen werden, daB der Bodensamenvorrat bereits wieder erloschen ist.
4. Diskussion 4.1. Zeitliche Dynamik und Einnischung von L. arvense in das Agrarokosystem Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Ergebnisse zeigen, daB L. arvense durch viele populationsbiologische Eigenschaften gut an die heutigen Agrarokosystem-Bedingungen angepaBt ist. So ist die Keimung tiber einen langen Zeitraum moglich. Selbst wenn StOrungen im Friihjahr, wie die Saatbettbereitung oder UnkrautbekampfungsmaBnahmen, die Herbstkohorte vernichten, konnen im AnschluB aufgelaufene Keimlinge den Reproduktionserfolg noch sichern. SCHNEIDER et al. (1994) beobachteten bis Ende April ein Auflaufen von L. arvense- Keimlingen. In den eigenen Untersuchungen erstreekte sich das Keimlingsaufkommen sogar bis Mitte Mai. Je spater die Pflanzen auflaufen, desto ktirzer ist die vegetative Phase, da auch kleine Pflanzen bis Ende Juni erste Bltiten bilden. Der Bltihbeginn wird offensichtlich weitgehend unabhangig vom vegetativen Entwicklungszustand der Pflanzen durch die Veranderung der Tageslange (Photoperiodismus) induziert, wie KUNKHAMER et al. (1987) dies flir viele annuelle Arten beschreiben. Die Herbstkohorte kann daher tiber einen erheblich langeren Zeitraum assimilieren, ist aufgrund des Entwicklungsvorsprungs konkurrenzkraftiger und weist eine deutlich hOhere DiasporenFLORA (1999) 194
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produktion auf (SVENSSON & WIGREN 1986). Entsprechend ist L. arvense vor allem in Wintergetreide verbreitet (HANF 1990). 1m Wachstum der SproBachse zeigte L. arvense eine hohe Plastizitat. In dichten, hochwtichsigen Kulturartbestanden erfolgte eine starke Streckung, so daB die Art im Wachstum nur wenig hinter der Kulturart zurtickblieb. Bei geringem Ressourcenangebot (Stickstoff, Licht) verzweigten sich die Pflanzen nur schwach. Unter gtinstigen Entwicklungsbedingungen wurde ein Vielfaches an Verzweigungen und Wickeln gebildet, was zu einer entsprechend hoheren Diasporenproduktion fUhrte. Ubereinstimmend mit SALISBURY (1961) und SVENSSON & WIGREN (1986) wurde jedoch festgestellt, daB auch unter gtinstigen Bedingungen kaum mehr als 1000 Samen pro Pflanze gebildet werden konnen, fUr Segetalarten eine vergleichsweise geringe Fekunditat (OTTE 1996). Die Keimfahigkeit von nach dem Tetrazolium-Test vitalen Diasporen war mit meist mehr als 90% sehr hoch. Legt man die Definition von BASKIN & BASKIN (1989) zugrunde, nach der dormante Diasporen auch unter gtinstigen Bedingungen nicht keimen, so spricht das Ergebnis fUr eine schwach ausgepragte Dormanz. Bei trockener Lagerung wurde auch unter Freilandbedingungen keine sekundare Dormanz im Sinne von BASKIN & BASKIN (1985) induziert. Ein Dormanzzyklus, wie ihn FROUD-WILLIAMS et al. (1984) und BASKIN & BASKIN (1985) fUr viele Segetalarten nachgewiesen haben, konnte bei L. arvense nicht festgestellt werden. Da eine geringe Dormanz den Abbau der Diasporenbank im Boden beschleunigt, konnte dies eine Ursache fUr die mehrfach beobachtete geringe Persistenz im Boden sein. Nach ALBRECHT (1994) tritt die letzte Keimung von vergrabenen Diasporen bereits nach drei lahren auf. SVENSSON & WIGREN (1986) beobachteten schon nach einem hal ben 1ahr einen Verlust von 84% der Samen durch Keimung. Wenn die Art also drei bis vier lahre hintereinander nicht fruchten kann, zum Beispiel aufgrund intensiver BekampfungsmaBnahmen, ist bereits mit einer bestandesbedrohenden Minderung der PopulationsgroBe zu rechnen.
4.2. Raumliche Dynamik In den eigenen Untersuchungen wurden L. arvenseDiasporen in zwei lahren urn maximal 2,5 m ausgebreitet. WESTELAKEN & MAUN (1985) stellten fUr die verwandte Art Lithospermum caroliniense unter nattirlichen Bedingungen ahnlich geringe Ausbreitungsgeschwindigkeiten fest. Die bislang nur sparlichen Untersuchungen zur Ausbreitungsbiologie von Segetalarten deuten an, daB derart niedrige Ausbreitungsgeschwindigkeiten auch in Agrarokosystemen nicht 134
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ungewohnlich sind. KOTHE-HEINRICH (1991) beobachtete, daB Valerianella rimosa vier lahre brauchte, urn einen trennenden Feldweg zu tiberwinden. MATTHIES (1991) kommt zu dem Ergebnis, daB die myrmecochore Art Melampyrum arvense selten mehrere Meter verschleppt wird. In Ausbreitungsversuchen von BLATTNER & KADEREIT (1991) mit freistehenden Papaver rhoeas-Pflanzen wurden lediglich 20% der Diasporen tiber Distanzen von mehr als 2 m verdriftet. In der heutigen landwirtschaftlichen Praxis, die eine Ausbreitung mit dem Saatgut weitgehend ausschlieBt, sind wohl der Mahdrescher und Bodenbearbeitungsgerate die wichtigsten Ausbreitungsvektoren. GHERSA et al. (1993) beobachteten beispielsweise, daB Sorghum halepense-Diasporen in der Mahdrescher-Fahrspur gleichmaBig tiber eine Entfemung von 50 m innerhalb eines Maisfeldes verteilt wurden.
4.3. EinfluB von Bewirtschaftungsfaktoren auf die Populationsdynamik Eine Stickstoffdtingung von 80-120 kg Nlha . a wirkte sich deutlich positiv auf segetale L. arvense-Populationen aus. Die Stoffproduktion und Fekunditat waren erheblich hoher als in der Variante ohne N-Dtingung und konnten die etwas groBere Mortalitat mehr als kompensieren. Die Biomassenzunahme durch ein hoheres N-Angebot war deutlicher als in den Untersuchungen von WELLS (1979) und SVENSSON & WIGREN (1982). L. arvense ist damit besser an die heutigen Nahrstoffverhaltnisse in Agrarokosystemen angepaBt als viele andere Segetalarten. SVENSSON & WIGREN (1982) stellten beispielsweise bei Sherardia arvensis und Misopates orontium in Konkurrenz zu Wintergetreide eine deutliche Biomassenabnahme bei hoherem Stickstoffangebot fest. Ahnliches beobachteten MAHN & MUSLEMANIE (1989) fUr Spergula arvensis in Winterroggen, obwohl die Art im Reinbestand durch eine Stickstoffdtingung deutlich gefOrdert wurde. Andere Segetalarten zeigen bei hoherer N-Zufuhr zwar eine hohere Stoffproduktion tiberlebender Individuen, gleichzeitig aber einen erheblichen Anstieg der Mortalitat (BISCHOFF 1996). Ursache ftir eine verminderte Stoffproduktion und eine erhohte Mortalitat in gedtingten Bestanden ist die zunehmende Lichtlimitierung des Wachstums (RADEMACHER 1950, MAHN & MUSLEMANIE 1989). Mit 80-120kg Nlha· a gedtingte Kulturen wei sen am Boden nur eine etwa halb so hohe photosynthetisch aktive Strahlung auf wie ungedtingte (BISCHOFF & MAHN 1995). Die gute Verwertung eines zusatzlichen Stickstoffangebotes durch L. arvense ist auf die
Plastizitiit im Uingenwachstum zurtickzufUhren, die es der Art ermoglicht, sich einer zunehmenden Lichtkonkurrenz durch die Kulturart zu entziehen. L. arvense wurde im Vergleich zu anderen Segetalarten durch Herbizide weniger deutlich im Wachstum beeintrachtigt (vgl. BISCHOFF 1996). Insbesondere die vor 1991 eingesetzten Praparate MCPA und 2,4-DP besaBen nur einen geringen Bekampfungserfolg. Auch SCHNEIDER et al. (1994) berichten, daB die Art auf Wuchsstoffherbizide vergleichsweise schwach reagiert. Wesentlich empfindlicher ist L. arvense nach FRYER & EVANS (1968) gegentiber Blatt- und Bodenherbiziden. Insgesamt kann L. arvense also auch unter der heute liblichen intensiven Landbewirtschaftung als vergleichsweise konkurrenzkraftig eingeschiitzt werden. Eine wesentliche Ursache fUr den dennoch starken Rlickgang der Art in den letzten lahrzehnten ist ihre geringe Regenerationsfahigkeit. Die Diasporen sind wahrscheinlich nur relativ kurze Zeit im Boden lebensfwig, so daB nach wiederholtem Einsatz wirksamer Herbizide eine Regeneration aus der Diasporenbank haufig nicht mehr moglich ist. Eine Reetablierung durch einen Eintrag von Samen aus benachbarten Populationen nimmt einen langen Zeitraum in Anspruch, da eine Ausbreitung nur sehr langsam erfolgt. 1st also eine Population erst einmal verschwunden, kann auch unter gtinstigen Entwicklungsbedingungen nicht mit einem raschen Wiederauftreten gerechnet werden.
Zusammenfassung Wie viele andere Segetalarten ist Lithospermum arvense in den vergangenen flinf Jahrzehnten stark zuriickgegangen. Urn AufschluB tiber die Ursachen flir diesen Rtickgang zu erhalten, wurden Untersuchungen zur Populationsbiologie der Art und zu ihrer Beeinflussung durch Bewirtschaftungsfaktoren (Dtingung, Herbizideinsatz und einjahrige Brache) durchgeftihrt. Uber drei Vegetationsperioden hinweg wurden Auflaufverhalten, Phanologie, Wachstum, Reproduktion und Demographie von L. arvense in Konkurrenz zu verschiedenen Kulturarten erfaBt. Vergleiche mit alteren Untersuchungen auf den gleichen Versuchsparzellen geben Auskunft tiber die Langzeitdynamik. Urn Informationen tiber das Wiederbesiedungspotential zu bekommen, wurde eine kleine Startpopulation auf einer Flache ausgebracht, auf der samtliche Vorkommen von L. arvense erloschen waren. Keimung und Auflaufen erfolgten im Herbst und im zeitigen Friihjahr. Der mittlere Deckungsgrad war in Wintergetreide hOher als in Sommerkulturen, in denen die Herbstkohorte durch die Bodenbearbeitung im Friihjahr abgetOtet wurde. 1m Wachstum wies die Art eine hohe Plastizitat (vor allem WuchshOhe und Verzweigungszahl) auf, auch unter gtinstigen Bedingungen wurden jedoch nicht mehr als 1 000 Diasporen pro Pflanze produziert. Bine ktinstlich einge-
brachte Population breitete sich innerhalb von zwei Jahren urn nicht mehr als 2,5 m aus. Aufgrund der kurzlebigen Diasporenbank und einer geringen Ausbreitungsgeschwindigkeit muB das Regenerationspotential als niedrig eingeschatzt werden. Stickstoffgaben von 80-120 kg N/ha· a wirkten sich positiv auf Wachstum und Reproduktion aus. Eine Ursache flir die Forderung von L. arvense durch Stickstoffdtingung war die Fahigkeit, sich der Beschattung in hoheren und dichteren Kulturartbestanden durch ein verstarktes Langenwachstum zu entziehen. Die Sensitivitat von L. arvense gegentiber Wuchsstoffherbiziden war vergleichsweise gering.
Danksagung Ftir die Betreuung eines GroBteils der vorgestellten Untersuchungen im Rahmen meiner Dissertation mochte ich mich bei Prof. Dr. E.-G. MAHN bedanken. Bei den Gelandearbeiten und Keimversuchen wurde ich von S. JAKOB (geb. BOHNE) und K. THAMM untersttitzt. Die kritische Durchsicht des Manuskripts tibernahm Dr. A. GRihTNER. Dem Bundesministerium flir Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) danke ich flir die finanzielle Untersttitzung der Arbeiten im Rahmen eines interdisziplinaren Forschungsprojektes ("STRAS").
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