Der menschliche lebenslauf als psychologisches problem

Der menschliche lebenslauf als psychologisches problem

DER MENSCHLICHE LEBENSLAUF ALS PSYCHOLOGISCHES PROBLEM CHARLOTTE BtfHLER (Wien) Bisher blieb es im wesentlichen der medizinischen Psychologie vorbe...

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DER MENSCHLICHE LEBENSLAUF ALS PSYCHOLOGISCHES PROBLEM CHARLOTTE

BtfHLER

(Wien)

Bisher blieb es im wesentlichen der medizinischen Psychologie vorbehalten, sich mit Fragen des men&lichen Lebens zu hefassen. Als PersUnlichkeitforschung und Typologie hat zwar die Psychologie bereits seit I&gerem solche Probleme in Angriff genommen. Dagegen ist es wohl erst auf Grund der neueren Entwicklungq.xychologie mtiglich, das Ganze des menschlichen Lebenslaufes zum Gegenstund psychologischer Untersuchungen zu machen. Es ist dies die ~ugsschnittbdractrlung, wihrend die Perstlnlichkeitsforschung als Qaurschni#sbdracMug bezeichnet werden kann. G& es, so fragen wir uns, aZl~em&ncG&zm&tigk&n im @@do@* Aufbru d8s mmscMi&n Lebedaufw? Wir nahmen zum Ausgan~ unserer Betrachtung die biologischen Tatsachcn. Die c?nUehtige Tatsache, auf die wir stwn, wenn wir den Lebenslauf als ganten in* Arrge fawn. ist seine bcgrMJc Dutrrr. Das Abachluss durch den Tod ist die letzte jener fortgesetzten biologischen Vetinderungen, denen unser K6rper unterworfen ist. Dicse dauernden Veriinderungen gehen in einer ganz bestimmten Abfolge so vor sich, dass zuniichst dct Aufbawim A&w dbcmhg~, dem eine stationare Periode folgt und schliesslich dcr A&u ii&r dm hfbau uo~hemcl~A Es kann also die biologische Stxuktur des Lebenslaufes durch eine Kuxve mit zweimaligem Richtungswechsel dargestellt werden. Begn3gen wir uns vorlffufig mit dieser Feststellung, so kann man schon hier dieprage erheben, ob es psychologische Tatsachen gibt,die dieser biologischen Begrenztheit und den Auf- und’Abbaukurven des Lebens Rechnung tragen. Und da 1-t sich nun Folgendes feststellen: Es gibt 1.) Tatsachen, die - sei es als Reaktion, sei es aus gemeinsamem Ursprung - als gmauc Purauclc des

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psyeamlogitw~en mad biok3giscimn Ablaufs bczekhnet werden k6naen. Es gibt 2.) p s y ~ Tatsachen, die eine genuiezu ~¢g~g~~ E ~ ~ aufweisen, wie sic der biologische Abbau vorzusc&reiben scheint. Es gibt 3.) lmychologische Tatmchen, die in gaT/¢dfwr Bm/e,huBg mit der Entwicklungtabiolge zu stehen scheinen. Ich will mich ganz kurz mit den Tatsachen der ersten und zweiten Art befassen. Z ~ c h s t aber die Frage: woher das Material nehmen, woher die Kenntnis. Das Material sind die ob/'ek6v~, Daten una dokume~,tac:.'~ch bdegte~ Ae~mmugem aus gut tiberlieferten Lebensl~ufen, fiber die Publikationen vorllegen. Ferner solche, die in A~mmseses studiert wnrden. Ferner wird st~ti~/sc/w.s M ~ / a / verschmdenster Art verarbeitet. Wohlgemerkt: nur die objektive,,. D~,.ten und dokumentafisch belegten Aeusserungen der betreffendel: Personen selbst werden verwendet, keine Interpretationen •;or, DaxsteUern der Lebensl~ufe. Ebenso wird bei den Ananmesen ver'ahren. ~ Verarbe/tet wurden bisher etwa zweihundert Biogr~,'hien von Mfmnern und Frauen adler LebenmcLdchten, aller Berafs- und sozialen Kategorien, beriihmter und auch sehr unberiihmter, sowie fiinfzig Anamnesen aus dem Wiener Altersheim. Die letzteren wurden yon Marie Lazarsfeld gesammelt und werden denmichst yon ihr publiziert werden. Die ersteren yon mir mit cca 30 Mitarbeitern, die so wie Else Frenkel, Hans Mohrmann, Fr~nz Schramek, Sylvia Miscevic u.a. ~lbstiadige Publikationen vorbereiten. Das statistische Material erstreckt sich vor allem auf Zusammenstellung von Daten tiber Axbeiter- und Sportht~chsfleistungen h ihrer Altersverteilung. Arbeiterentlassungsalter in verschiedenen Industrien, Unfallgtatistiken, ferher Werkstatistik, die die Verteilung yon Werken allef Kategorien tiber den Lebenslauf zusammenstetlt. Die Bearbeiter dies~ speziellen Gebietes sind in der VCerks~t~stik Egon Brunswik und Else Frenkel mit Mitarbeitern, der mehr biologischen Leistungsstati~tik Frida Sack, der Arbeiterstatistik Gertrud Wagner. Als Gegenstinde, mit demm wit uns befassen, u n t e ~ n wir folgende: ~ ~ d / l ~ g / m , Vorg~Inge, zu denen wir ~ussere Verinderungen, Betitigungen und Erleb "nmverl~ufe zllden, sodann Ergelmiute, als weiche wit die neu hergesteilten inneren und iusseren Strukturverfmderungen, Situationen, Taten und Werke zusamme~assen. Es gibt nun sowohl in den Lebenseinstellmlgen, den Vorgitngen

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wie de~ Ergebnissen solche, die als Parallele zur biologischen Kurve aufgefasst werden k6nnen, wie solche, die eher eine entgegengesetzte Richtung aufweisen. Nehrae~ wir sunichst den einfachen Lebenslauf eines ATbe/~evs. Er ~ t , wie und wo er aufwuchs, in Arbeit kam, yon Posten zu Posten wechselte bis zu der oft relativ kurzen Zeit, wo er den sichersten und bestbezahlten Posten hatte. Irgendwann, racist relativ frfih, heiratete er und griindete einen Hausstand. Kinder kommen und wachsen heran. Dann eines Tages friiher oder sl~ter gait er als zu alt, wurde er entlassen, nahm Gelegenhe/tsarbeiten an, bis auch dsran Schw~che und Krankheiten ihn hinderten und er ins Versorgungshaus tib~rsiedelte. Schon in diesen einfachsten Lebensl~ufen ist folgendes yon Interesse. Die Ereignisse ~eses Lebens folgen einer ge~4ssen Kurve, die durchaus dem biologischen Auf- und Abbau entspricht. Sowohl in der Einstellung zum Leben, wie in den Handlungen und Ergebnissen kSnnen wir in der Regel zun~ichst eine zunehmende Expansion b~s zu einem gewissen H6hepunkt, ein kurzes Verharren auf einem gewissen Niveau und dann eine Restriktion feststeUen. Die stationiire Ht~hepunktsperiode korrespondiert bei diesem ganz auf physisch¢ Leistusgs/lihigkeit angewiesenen Leben im wesentlichen mit der biologischen Kulminationsperiode. Im wesentlichen, je¢1och interessanterweise schon hier nicht exakt. Aus Unterred,,ngen mit Arbeitgebern end entsprechenden Statistiken erf'ahren wir, dass schon bei einer grossen Anzahl mechanischer Arbeitsleistungen die Er|ahrung des Arbeiters eine so grosse Rolle spielt, dass sie eine Zeitlang auch verringerter physischer Le~stungsf~ddgkeit kompensatorisch entgegenwirken kann. So haben wir also in der Erfahrung ein erstes der Tendenz der biologischen Kurven entgegen gerichtetes Faktum. Die Erfahrung nimmt stindig zu, auch wenn die Krgfte schon lange abnehmen. Springen wir yon diesen einfachsten Lebensl~/ufen zu sehr reich gefiillten Leben bedeutender Menschen, so wird das Bild nattirlich ein sehr kompliziertes. Wir gehen dann zunichst fiir Pie Daxstellung so vor, dass wit alle objektiven Ereignisse dieser Leben in dn S¢lvz~ eintragen, das uns Gewinne und Einbussen in ihrer Verteilung iibersch~uen l~isst, ferner erfassen wir die Verteilung des Lebenswerks und untersuchen in den Aeusserungen die Einstellunge in den einzelnen Perioden. Als Abschluss werden zwei Lebensl-~ufe von Max Eyth und

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yon Limt m f ihrm A u f b n un~ r,uf die Ve~lallug des Werkm bin im~ ~ uud eswm~.~., damn Sm~lm~ e i n ~ B q p t ~ aer Lebempsyc; 0e. tier d,r gmichtspm~, dec ~ , die G e m ~ ' , ~ _ _ ~ sen, die Specifikatkm und Objektivatiou in der Wer~ntwicklung Es muss verstanden mmleu, dam in diesen weuigm Minuten nur das Pnm~p dimer nemm Untersuchungen, keine ~ vorwerden konnten. Die A ~ des Imrzen ~ t s ist mfflnt. ~ ~ ~1~ ist den Eindruck zu vennitteln, d u s hi.~r eine neue Arbeit in An~q~ ~q~nmen ist, die wir bisber, wie scion ~ g m ~ , fast gsnz der mediginischen ~ e Oberlassen batten und auf deren I ~ seitens der Sc,hulpsychok~en die &mnzeWelt wartet: die Aufsabe, den Me~schen in seinen ~ u n s e n zu ve~.ehm und Gesetz~eiten in ihnm a ~ n d e n .