10 Jahre Prävalenzuntersuchung: „Nosokomiale Infektionen an den Internen Abteilungen und der Neurologie“

10 Jahre Prävalenzuntersuchung: „Nosokomiale Infektionen an den Internen Abteilungen und der Neurologie“

ORIGINALIA Ten Year prevalence study: ‘‘Nosocomial infections in internal medicine departments and a neurological department’’ Viktor Lenhart Karl S...

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ORIGINALIA

Ten Year prevalence study: ‘‘Nosocomial infections in internal medicine departments and a neurological department’’

Viktor Lenhart Karl Stickler Elfriede Kriz

Summary We conducted a prevalence study on the frequency of nosocomial infections at the departments of internal medicine and neurology at a primary care hospital from 1997–2006. We also collected data on the frequency of the use of indwelling devices (urinary and vascular catheters) and antibiotics. During these ten years 2,647 patients were included. In 6.76% of all cases (179 patients) we identified a nosocomial infection according to the CDC definitions. Of these infections 46.9% concerned the urinary tract and 14.5% the respiratory tract, while 10.6% concerned septicaemia, 10% gastroenteritis including clostridium difficile colitis, and 7.2% surgical site infections. A decline in infection rates was observed over the study period. Use of antibiotics and intravascular devices increased. The time required for data collection and communication of results was acceptable.

10 Jahre Pra¨valenzuntersuchung: Nosokomiale Infektionen an ’’ den Internen Abteilungen und der Neurologie ’’

Zusammenfassung. Von 1997–2006 wurde zur Bestimmung der Rate an nosokomialen Infektionen an den konservativen Krankenhausabteilungen unseres Schwerpunktkrankenhauses eine Pra¨valenzstudie durchgefu¨hrt. Daru¨ber hinaus wurde auch die Anwendungsfrequenz an invasiven Devices miterfasst. Insgesamt wurden in zehn Jahren 2647 Patienten untersucht. Bei 179 Patienten (6,76%) fand sich anhand der CDC Definitionen (Definition nosokomialer Infektionen) eine nosokomiale Infektion (NI). Harnwegsinfektionen fanden sich bei 46,9%, Atemwegsinfektionen bei 14,5%, Septika¨mien bei 10,6%, Gastroenteritiden inklusive Clostridium difficile assoziierte Diarrho¨e bei 10%, sowie postoperative Wundinfektionen bei 7,2% der Patienten mit NI. Trendma¨ßig wurde ein Ru¨ckgang der Infektionen beobachtet, obwohl im gleichen Zeitraum die Verwendung von intravasalen devices ebenso wie die Antibiotikaanwendungsraten anstiegen. Die notwendige Zeit zur Erfassung, Analyse, Interpretation und Kommunikation der Daten war gering.

Keywords. Nosocomial infection, prevalence study.

Einleitung Die Surveillance von nosokomialen Infektionen (NI) ist eine anerkannte Methode zur Reduktion von nosokomialen Infektionen [3]. Seit 2006 handelt es sich um eine gesetzlich geforderte Ta¨tigkeit fu¨r Krankenanstalten in O¨sterreich, sie sollte mittels Unterstu¨tzung der Hygieneteams oder durch dieses erfolgen [5]. Die aktive, prospektive Inzidenzerfassung nach standardisierten und stratifizierten Methoden wird als geeignetste Methode beschrieben, sie ist aber in hohem Ausmaß zeitund personalintensiv. Aus diesem Grund wird sie in erster Linie fu¨r die Surveillance von postoperativen Wundinfektionen sowie nosokomialen Infektion in Zusammenhang mit invasiven Maßnahmen an Patienten von Intensivstationen durchgefu¨hrt. An konservativen Krankenhausabteilungen sind NI ein eher seltenes Ereignis, demnach ein Kosten Nutzeneffekt diskutabel, wenn sie als zeit-/personalintensive prospektive Inzidenzerfassung durchgefu¨hrt wird.

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Schlu¨sselwo¨rter. Nosokomiale Infektion, Pra¨valenzstudie.

Wir haben uns daher 1997 dazu entschlossen eine ja¨hrliche Stichtag – Pra¨valenzerfassung von NI an konservativen Abteilungen zu beginnen, um auch in diesen Krankenhausbereichen das Ausmaß an NI erkennen zu ko¨nnen. Das untersuchte Krankenhaus umfasst insgesamt 750 Akutbetten und hat den Status eines Schwerpunktkrankenhauses.

Methode Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Dezember 1997 bis Dezember 2006. Durchgefu¨hrt wurde eine Pra¨valenzstudie, einmal ja¨hrlich, mit dem Ziel das Niveau nosokomialer Infektionen an konservativen Abteilungen festzustellen und in der Zeitachse Vera¨nderungen zu erkennen. Daru¨ber hinaus sollte die Frequenz antibiotischer Therapien, Harnblasenverweilkatheter und Umgang mit veno¨sen Zuga¨ngen dokumentiert werden [4]. Eingeschlossen in die Erfassung wurden alle zum Untersuchungszeitpunkt an den

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5 Medizinischen Abteilungen (Gastroenterologie; Rheumatologie; Kardiologie; Onkologie; Infektiologie/Tropenmedizin) und der Neurologischen Abteilung stationa¨r aufgenommenen Patienten. Diese wurden innerhalb 1 Arbeitswoche, im November bzw. Dezember, evaluiert. Ausgeschlossen waren Langzeit – (abgeschlossener Antrag auf U¨bernahme in ein Pflegeheim) und Rehabilitationspatienten. Die Erfassung wurde den Abteilungen angeku¨ndigt, der exakte Zeitpunkt aber nicht genannt. Fu¨r die Erfassung wurden die Krankengeschichten der Patienten in Beisein einer Stationsa¨rztin/Stationsarztes aktiv durch die Mitglieder des Hygieneteams, direkt an den Krankenstationen, studiert. Ein besonderes Augenmerk wurde in der Krankenakte Infektionsmarkern wie erho¨hter Ko¨rpertemperatur, Diarrho¨e, pathologische Laborbefunde wie Leukocytose, erho¨htes CRP sowie Befunde des Harnsediments, mikrobiologische Befunde sowie relevante radiologische Befunde gewidmet. Der behandelnde Arzt/A¨rztin wurde auf Infektionen aus klinischer Sicht befragt. Bei Verdacht auf Vorliegen einer

nosokomialen Infektion wurde anhand der CDC Definition [1] nach Erfu¨llung der geforderten Infektionskriterien evaluiert. Patientenakten die sich zum Untersuchungszeitpunkt nicht an der Station befanden, wurden nacherfasst. Neben den Infektionsdaten wurden die individuellen Patientendaten, Alter, Geschlecht und Grunderkrankungen erfasst. Zusa¨tzlich wurde die Liegedauer (Anzahl Tage) bis zum Erfassungstag dokumentiert. Als Stratifizierungsmethode wurde bei allen Patienten ein ASA Score (American Society of Anesthesiologist) erhoben, dieser wurde vom betreuenden Arzt/A¨rztin festgesetzt. Laufende Antibiotikatherapien, das Vorliegen invasiver Devices (Harnblasenverweilkatheter, periphere und/oder zentrale Venenkatheter) wurden miterfasst. Die Daten wurden direkt an der Station in eine eigens entworfene Datenbank (Microsoft Accesss) eingegeben und in der Folge mit Datenbankabfragen bearbeitet. Die Ergebnisse wurden den Abteilungen ru¨ckgemeldet. Fu¨r die Interpretation wurde bei fehlender externer Vergleichbarkeit [2,6,7] eine hausinterne Orientierungsdatentabelle entworfen. Infektionsraten, die u¨ber der 75. Perzentile der Orientierungsdaten lagen, wurden einer vertieften Evaluation unterworfen.

Zeitbudget Fu¨r die Erhebung der Daten wurden ja¨hrlich 32 Stunden (50% Hygienebeauftragter Arzt; 50% Hygienefachkraft) beno¨tigt, fu¨r die Auswertung, Interpretation und Besprechung mit den Abteilungen waren 30 Stunden ja¨hrlich notwendig. Intensivierte Nachforschungen bei Anzahl Patienten Geschlecht (w/m) Alter ∅ Jahre Aufenthalt bis Evaluation (Median -Tage)

stark erho¨hten Infektionsraten wurden vonseiten des Zeitaufwandes nicht berechnet.

Ergebnisse Insgesamt wurden von 1997 bis 2006 2647 Patienten erfasst. Es zeigte sich eine deutliche Dominanz des weiblichen Geschlechts, 1502 weibliche, versus 1145 ma¨nnliche Patienten. Das Durchschnittsalter belief sich auf 72,8 Jahre. Im Median wurden die Patienten am 8. Krankenhausaufenthaltstag in die Studie aufgenommen. Die Gesamtrate an nosokomialen Infektionen lag in den 10 Jahren bei 6,76% (179 Patienten) (Abb. 1). In den einzelnen Jahren wurden Raten von 4,8% bis 9,3% dokumentiert (Abb. 2). Die ha¨ufigste Infektion war die nosokomiale Harnwegsinfektion (46,9%), Atemwegsinfektionen fanden sich bei 14,5% der Patienten mit nosokomialen Infektionen. Bei 10,6% der Patienten lag eine Septika¨mie vor, wobei keine Differenzierung zwischen prima¨rer und sekunda¨rer Sepsis vorgenommen wurde. Gastroenteritiden inklusive Clostridium difficile assoziierte Diarrho¨e machten 10% der nosokomialen Infektionen aus. Postoperative Wundinfektionen konnten bei 7,2% der Patienten mit NI entdeckt werden (Verlegung postoperativer Patienten aus organisatorischen Gru¨nden an konservative Abteilungen) (Abb. 3). Unterschiede fanden sich zwischen den einzelnen Inneren Abteilungen. Die ho¨chste Rate an NI fand sich an der Onkologischen Abteilung (8,95% ), die niedrigste an einer nicht invasiven Kardiologie (5,1%). Im zeitlichen Verlauf 2647 1502/1145 72,8 8

Rate an Nosokomialen Infektionen (%)

6,76 %

laufende Antibiotikatherapie (%)

23,5%

Liegender venöser Katheter (%)

44,5%

Liegender Harnblasenkatheter (%)

15,8%

Abb. 1. Patientendaten; gepoolt, 1997–2006.

konnte ein trendma¨ßiger Ru¨ckgang der Infektionen festgestellt werden (1997: 8,3%; 2006: 4,8%). Im Gesamtuntersuchungszeitraum fanden sich bei 44,5% (30,9%–53,3%; einzelne Jahre) der Patienten liegende intraveno¨se Katheter, davon in den Majorita¨t periphere Venenverweilkanu¨len. In den 10 beobachteten Jahren ist ein Anstieg der Verwendungsha¨ufigkeit zu verzeichnen. Transurethrale Blasenkatheter fanden sich bei 15,8% (13,3%–19%; einzelne Jahre) der erfassten Patienten. Die Anwendungsfrequenz u¨ber 10 Jahre blieb im wesentlichen unvera¨ndert. Suprapubische Katheter fanden sich nur in Einzelfa¨llen. Laufende Antibiotikatherapien erhielten 23,5% (14,5%–28,4%; einzelne Jahre) der Patienten, im zeitlichen Verlauf ein Trend zur Vermehrung der Antibiotikaanwendungsrate. Zur Stratifizierung wurden die Patienten vom betreuenden Arzt nach den Kriterien des ASA-Scores bewertet, er lag im Schnitt bei 3,01 und zeigte in den beobachteten Jahren keine Dynamik.

Interpretation der Daten Die Ergebnisse der einzelnen Abteilungen wurden untereinander verglichen, wobei vor allem der ASA-Score und das Patientenalter herangezogen wurden um vergleichbare Patientenpopulationen zu erkennen. Die Haupt-und Nebendiagnosen wurden erfasst. Eine Stratifizierung anhand der Diagnosen zeigte sich in der Praxis aufgrund der extremen Bandbreite der Hauptdiagnosen aber auch der ho¨chst unterschiedlichen Anzahl und auch Schwere der Nebendiagnosen als unbrauchbar. Ein Vergleich mit nationalen oder internationalen Daten war aufgrund ungleichen Studiendesigns nur eingeschra¨nkt mo¨glich und wurde anfa¨nglich zur groben Standortbestimmung genutzt. Aus den ja¨hrlichen Ergebnissen der Pra¨valenzuntersuchungen an den einzelnen Abteilungen wurde eine Orientierungsdatentabelle entworfen, die zur Festlegung der Werte fu¨r 25. Perzentile, Medianwert und 75. Perzentile diente. Die Ergebnisse der ja¨hrlichen Pra¨valenzuntersuchung (Abteilungsdaten und gepoolte Daten aller Abteilungen) wurde den Abteilungsvorsta¨nden ru¨ckgemeldet, wobei im Falle erho¨hter Raten (hausinterne Orientierungsdatenbank 475. Perzentile) an NI gemeinsam mit den Abteilungen nach Ursachen gesucht wurde.

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ten mit 3 ( durchschnittlich krank ) zu ’’ ’’ klassifizieren. Zusammenfassend halten wir diese ja¨hrliche Pra¨valenzuntersuchung fu¨r ein sehr brauchbares Mittel zur Erlangung eines Qualita¨tsindikators hinsichtlich der nosokomialen Infektionen sowie der sie verursachenden Faktoren im konservativen Bereich.

10

8

%

6

4

Literatur

2

0 Abteilungen gesamt

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

8,3

6

6,5

6,8

6,2

5,04

9,3

2004

2005

2006

6,3

7,3

4,8

Abb. 2. Raten an NI; Abteilungen gesamt/Jahr (%). 46,9 50 40 %

30

14,5

20

10,6

10

10

10,8

7,2

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Abb. 3. Verteilung der 179 nosokomialen Infektionen (%).

Fu¨r die Analyse von nosokomialen Infektionen auf konservativen Stationen bieten sich grundsa¨tzlich 2 Methoden an. Entweder konzentriert man sich auf wenige aber bedeutende NI (Ha¨ufigkeit, Schwere) im Rahmen einer fortlaufenden Inzidenzuntersuchung oder man fu¨hrt in regelma¨ßigen zeitlichen Absta¨nden Pra¨valenzuntersuchungen zur Erzielung eines Gesamteindruckes durch.

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Diskussion

Wir haben uns fu¨r den zweiten Weg entschieden, da er unserer Meinung nach ein Gesamtbild u¨ber das Vorkommen von NI aber auch u¨ber den Umgang mit invasiven devices, Antibiotikatherapie, Struktur des Patientengutes u. dgl. bie’’ tet. Daru¨ber hinaus kann man bei dieser Gelegenheit auch anlassbezogen weitere Erhebungen durchfu¨hren, beispielsweise Aufnahmescreeningqualita¨t bei MRSA Pat. u.a¨. bei einem geringen Zeitaufwand. In den 10 Jahren zeigte sich trendma¨ßig ein Ru¨ckgang an nosokomialen Infektionen bei gleichzeitigem Anstieg der Verwendung von Venenverweilkanu¨len und Antibiotikatherapien. Die Anwendung von Harndauerkatheter blieb u¨ber die Zeit konstant ebenso wie der Schweregrad der Erkrankung ausgedru¨ckt durch den ASA – Score. Dieser bildet jedoch den tatsa¨chlichen Erkrankungsgrad des Patienten ’’ unserer Meinung nach schlecht ab, da eine starke Tendenz besteht, den Patien’’

Es zeigte sich, dass hohe Raten an der Onkologie mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen in Verbindung standen. Lediglich das Gesamthausergebnis aus den gepoolten Abteilungsdaten wurde der A¨rztlichen Krankenhausdirektion mitgeteilt, ein hausinternes Ranking wurde nicht durchgefu¨hrt.

[1] Definition nosokomialer Infektionen (CDCDefinitionen), Herausgeber: Robert KochInstitut, Berlin. [2] Gastmeier, P., et al., 1998. Importance of the surveillance method. National prevalence studies on nosocomial infections and the limits of comparison. Infect Control Hosp Epidemiol 19 (9), 661–667. [3] Haley, et al. Study on the efficancy of nosocomial infection control (SENIC). American Journal of Epidemiology 1980, 111/5. [4] Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS); Device Kiss: Surveillance Protokoll; r Nationales Referenzzentrum fu¨r Surveillance von nosokomialen Infektionen. Internet: /http://www.nrz-hygiene.deS. [5] Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz; y 8a Abs. 4, BGBL. I Nr. 122/2006. [6] Ru¨den H, Daschner F, Schumacher M. Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Erfassung und Pra¨vention; (NIDEP-Studie); Teil 1: Pra¨valenz nosokomialer Infektionen; Qualita¨tssicherung in der Krankenhaushygiene. Das Bundesministerium fu¨r Gesundheit (Hrsg.) Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, Band 56, 1995. [7] Ru¨den H, Daschner F. Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Erfassung und Pra¨vention; (NIDEP-Studie); Teil 2: Studie zur Einfu¨hrung eines Qualita¨tsmanagementprogrammes. Das Bundesministerium fu¨r Gesundheit (Hrsg.) Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, Band 126, 1999.

Korrespondenzadresse Dr. Viktor Lenhart Hygienebeauftragter Arzt, Stabsstelle Hygieneteam Sozilamedizinisches Zentrum Su¨d – Kaiser Franz Josef Spital Kundratstraße 3 1100 Wien Tel.: 0043/1/60191/999/2403 E-mail: [email protected]