10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick

10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick

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ARTICLE IN PRESS

ZEFQ-1848; No. of Pages 8

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) xxx (2017) xxx–xxx

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) journal homepage: http://www.elsevier.com/locate/zefq

Qualität und Sicherheit in der Gesundheitsversorgung / Quality and Safety in Health Care

10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick 10 years of external quality assurance in dialysis in Germany: Results and future prospects Dorothea Büchtemann 1,∗ , Stefan Meinhold 2 , Peter Follert 1 1 2

Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), Abteilung Medizin, Berlin, Deutschland MDK Baden-Württemberg, KCQ - Kompetenzzentrum Qualitätssicherung / Qualitätsmanagement, Stuttgart, Deutschland

a r t i k e l

i n f o

Artikel-Historie:

Schlüsselwörter: Dialyse Qualitätssicherung Nierenersatztherapie G-BA Deutschland

a r t i c l e

i n f o

Available online: xxx

Keywords: dialysis quality assurance

z u s a m m e n f a s s u n g Hintergrund: Ambulante Dialysebehandlungen unterliegen seit 2006 der gesetzlichen Qualitätssicherung gemäß der Qualitätssicherungsrichtlinie Dialyse (QSD-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Eine qualitativ hochstehende Versorgung ist angesichts der hohen Kosten für die Kostenträger und der lebenserhaltenden Bedeutung für die Patienten bei gleichzeitiger hoher Belastung der Lebensqualität von besonderer Relevanz. Für die Qualitätssicherung werden quartalsweise Behandlungsdaten erhoben und ein Vergleich der Dialyseeinrichtungen untereinander vorgenommen. Prüfungen auffälliger Ergebnisse und Maßnahmen zur Qualitätsförderung werden seitens der Qualitätssicherungskommissionen der Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt. Methode: Um einen Überblick über die Entwicklung der Qualitätsergebnisse in den Jahren 2008 bis 2015 zu geben, wurden die auf der Webseite des G-BA veröffentlichten Jahresberichte zur Qualität in der Dialyse ausgewertet. Präsentiert werden Ergebnisse zu den Kern- bzw. Auffälligkeitsparametern Dialysedauer, Dialysefrequenz, wKt/V und Anteil Patienten mit Katheterzugang. Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Im Jahr 2015 wurden 92.000 Patienten in Deutschland mit ambulanter Dialyse behandelt. Insgesamt ist zwischen 2008 und 2015 ein Trend zu Verbesserung der für die Hämodialyse erhobenen Kernparameter zu erkennen. Methodische Artefakte könnten zu Schwankungen geführt haben. Für den Kernparameter wKt/V (nur Peritonealdialyse) hingegen verschlechtern sich die Ergebnisse über die Zeit. Potenziale für Qualitätsverbesserung bestehen offenbar auch bezüglich der Art des Gefäßzugangs. Ausblick: Der Übergang des ambulanten Qualitätssicherungsverfahrens Dialyse in ein sektorenübergreifendes Verfahren, das die Nierentransplantation miteinschließt und inhaltliche wie methodische Vorteile aufweist, ist geplant und wird im G-BA beraten.

a b s t r a c t Background: In 2006, the Federal Joint Committee introduced a quality assurance programme for ambulatory dialysis treatment in Germany. Regarding the impact of chronic dialysis treatment on the quality of life of patients and on health care costs, quality assurance in dialysis is considered highly relevant. The directive on Quality Assurance in Dialysis (QSD-RL) established an external quality assurance programme based on the assessment of certain quality parameters combined with an internal quality management system based on benchmarking parameters in all dialysis practices and centres. Data on quality parameters are collected and analysed quarterly. Regional associations of statutory health insurance physicians take responsibility for quality improvement measures and sanctions. This article aims to provide an overview of the development of quality parameters from 2008 to 2015.

∗ Korrespondenzadresse: Dorothea Büchtemann, GKV-Spitzenverband, Abteilung Medizin, Reinhardtstr. 28, 10117 Berlin, Deutschland E-mail: [email protected] (D. Büchtemann). http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2017.07.004 1865-9217/

Please cite this article in press as: Büchtemann D, et al. 10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2017), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2017.07.004

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renal replacement therapy Federal Joint Committee Germany

Methods: We analysed the summarised annual quality reports published on the website of the Federal Joint Committee between 2009 and 2016. We present results on the so-called core quality parameters duration and frequency of dialysis sessions (both for haemodialysis patients), wKt/V for peritoneal dialysis patients, and percentage of haemodialysis patients with central venous catheters which has only been measured since 2014. Results and conclusions: In 2015, 92,000 patients received outpatient dialysis. Between 2008 and 2015, the results for the core quality parameters duration and frequency of haemodialysis improved while the results for wKt/V seemingly show an unfavourable trend. The percentage of patients with central venous catheters appears to be quite high, and thus indicates that there is potential for quality improvement. Future perspectives: For the future, the Federal Joint Committee has resolved to merge the quality assurance programmes in dialysis and in kidney transplantation into a newly designed programme that has the potential to follow patients through all stages and kinds of renal replacement therapy and to focus on further aspects of treatment quality.

Einführung Hintergrund Vor 10 Jahren, im April 2006, wurde die Qualitätssicherungsrichtlinie Dialyse (QSD-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beschlossen. Bis heute ist die Qualitätssicherung Dialyse das einzige datengestützte Qualitätssicherungsverfahren im vertragsärztlichen Bereich sowie auch das einzige gesetzliche Qualitätssicherungsverfahren (QS-Verfahren) für eine chronische Erkrankung. Ziel der Richtlinienerstellung war, die Qualität der Dialysebehandlung in Deutschland auf hohem Niveau sicherzustellen und weiter zu verbessern, indem eine externe, einrichtungsvergleichende Qualitätssicherung verpflichtend und flächendeckend, d.h. für jede einzelne Dialyseeinrichtung und jeden einzelnen Dialysepatienten, eingeführt wurde [1]. Mit der neuen Richtlinie wurde erstmals die Ergebnisqualität der Dialysebehandlungen in den Fokus genommen. Die bereits damals existierende Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs. 2 SGB V sowie der Bundesmantelvertrag (BMV-Ä, Anlage 9.1) beschreiben demgegenüber lediglich Kriterien der Struktur- und Prozessqualität, wie z.B. die fachliche Qualifikation des Personals, die apparative Ausstattung sowie die flächendeckende und wirtschaftliche Gestaltung der Versorgungsstruktur [2,3]. Hintergrund der Einführung war insbesondere das Bestreben, eine Verschlechterung der Behandlungsqualität zu verhindern, die als Folge der Umstellung des Vergütungssystems von der Einzelleistungsvergütung auf Wochenpauschalen ab 2002 befürchtet wurde [4]. Insgesamt gaben die Gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahr 2015 2,1 Mrd. Euro für Dialysebehandlungen aus, d.h. mehr als 1% der Gesamtleistungsausgaben fielen allein in diesem Bereich an [5]. Mit ca. 92.000 Patienten (Jahresprävalenz 2015) wird die große Mehrheit im vertragsärztlichen Sektor behandelt [6]. Daneben wird ein kleiner Teil der chronischen Dialysebehandlungen jenseits des Geltungsbereichs der QSD-RL im teilstationären Setting durchgeführt, insbesondere bei Patienten mit speziellen Risiken oder Komorbiditäten [7]. Für die allermeisten Patienten ist die Dialyse nach wie vor nicht nur eine langfristige, sondern auch die einzig verfügbare Therapie bei terminaler Niereninsuffizienz, da Spenderorgane nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen oder es im Einzelfall an der medizinischen Indikation zur Transplantation, teilweise auch am Patientenwunsch, fehlt. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden 2015 insgesamt lediglich 2.195 Nierentransplantationen vorgenommen, während ca. 8000 Personen auf der Warteliste standen [8]. Die Langzeitprognose der Transplantation hat sich zwar durch die Fortschritte der immunsuppressiven Therapie deutlich verbessert, trotzdem

kommt es meist langfristig durch (chronische) Abstoßungsreaktionen zu einer nachlassenden Funktion des transplantierten Organs, wodurch die Patienten erneut dialysepflichtig werden können. Einer qualitativ guten Dialysebehandlung kommt somit für die große Mehrzahl der terminal niereninsuffizienten Patienten eine enorme Bedeutung zu. Lebensqualität und Lebenserwartung hängen maßgeblich davon ab, wie gut die Therapie auf die individuelle Situation des Patienten zu geschnitten ist und wie gut es langfristig gelingt, das Auftreten von Komplikationen und Folgeerkrankungen zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Grundzüge und Veränderungen der QSD-Richtlinie zwischen 2006 und 2016 Die Kernelemente der QSD-RL sind seit 2006 konstant: • Datengestützte Qualitätssicherung und Vollerhebung: Die Dialyseeinrichtungen dokumentieren elektronisch für jeden Patienten quartalsweise Daten als Grundlage der externen Qualitätssicherung und des internen Qualitätsmanagements und übermitteln diese an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), wo die Einhaltung der Dokumentationsverpflichtung geprüft wird. Der Teil der Daten, der Grundlage für die Qualitätsprüfungen (sog. Stichprobenprüfungen) ist, wird danach an den Datenanalysten weitergeleitet, wo entsprechende Auswertungen und Rückmeldeberichte erstellt werden. • Auffälligkeitsparameter (sog. Kernparameter): Für Hämodialyse(HD)-Patienten sind dies Dialysedauer und Dialysefrequenz, für Peritonealdialyse(PD)-Patienten wird die Wochendosis wKt/V berechnet. Als Grundlage der Stichprobenprüfungen dienen sie zur Identifikation von Dialyseeinrichtungen mit möglicherweise unzureichender Behandlungsqualität. Anhaltspunkt hierfür ist die Verletzung des Grenzwerts des betreffenden Kernparameters durch mehr als 15% der Patienten einer Dialyseeinrichtung. Diese wird dann als ,,auffällig‘‘ bezeichnet. Mit dem Jahr 2016 wurde zudem die Art des Gefäßzugangs zum dritten Auffälligkeitsparameter für HD-Patienten bestimmt und ein Grenzwert von 30% Patienten mit Katheterzugang auf Einrichtungsebene festgesetzt. • Stichprobenprüfungen durch die nephrologisch qualifizierten Qualitätssicherungs(QS)-Kommissionen bei den KVen: Nach festgelegten Prüfanlässen, hauptsächlich bei (wiederholt) auffälligen Ergebnissen für die Kernparameter, werden Prüfungen der Dialyseeinrichtungen durchgeführt und Unterstützungs- oder Sanktionsmaßnahmen in die Wege geleitet. Entscheidungen über Sanktionen trifft letztlich die KV. Hierbei kann z.B. die Abrechnung von Behandlungen verweigert oder die Genehmigung zur Leistungserbringung mit Auflagen versehen oder ganz entzogen werden.

Please cite this article in press as: Büchtemann D, et al. 10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2017), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2017.07.004

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• Verpflichtendes, einrichtungsübergreifendes BenchmarkSystem: Hierunter fallen eine Reihe von Behandlungsparametern (z.B. Laborwerte, zugangsassoziierte Infektionen und Peritonitiden). Sogenannte Berichtersteller führen die Daten mehrerer Einrichtungen zusammen und erstellen Rückmeldeberichte (Benchmark-Berichte) an die Einrichtungen, die zum Vergleich untereinander und zum internen Qualitätsmanagement dienen sollen. Im Unterschied zu den Kernparametern liegt für die Benchmarkparameter eine niedrigere Evidenz für den direkten Zusammenhang zwischen Wert und Behandlungsqualität vor bzw. sind die Werte im Einzelfall komplexer und schwieriger zu beurteilen. • Transparenz durch Veröffentlichung der zusammenfassenden Jahresberichte: Die Ergebnisse der Qualitätssicherung (Jahresberichte zu den Auffälligkeitsparametern, zu den BenchmarkParametern und über die Stichprobenprüfungen der QSKommissionen) werden jährlich vom G-BA bewertet und auf dessen Website veröffentlicht. Über die Jahre wurde die Konfiguration der Auffälligkeitsund der Benchmarkparameter sowie die dazugehörigen Definitionen und Rechenregeln mehrmals an den sich verändernden Erkenntnisstand angepasst. Grundlegende Überarbeitungen der Richtlinie waren jedoch die Umstellung der Datenerhebung von einem rein quartalsweisen Querschnitt auf eine längsschnittliche Perspektive sowie die Zusammenführung der Benchmarkdaten beim Datenanalysten, die beide zum Jahr 2014 in Kraft traten. Basis hierfür war eine Gesetzesänderung, die die Umstellung des Verfahrens von einer fallnummerbezogenen (d.h. quartalsweisen und anonymen) Erfassung der Patienten hin zu einem lebenslangen patientenbezogenen Pseudonym auf Grundlage der Versichertennummer ermöglichte. Ziel der längsschnittlichen Datenerfassung ist die verlaufsbezogene Beobachtung der individuellen Behandlungsmerkmale und -ergebnisse durch quartalsübergreifende Zusammenführung der pseudonymisierten Behandlungsdaten. Somit können die langfristige Behandlungsqualität, die Kontinuität der Behandlung, der Vergleich verschiedener Dialyseeinrichtungen, Regionen, Behandlungsverfahren etc. sowie Verläufe unterschiedlicher Patientensubgruppen in den Fokus genommen werden. Darüber hinaus können mithilfe der Verlaufsdaten die Qualitätssicherung selbst und ihre Ergebnisse besser evaluiert werden. Für die Dialyse als eine lebenserhaltende Therapie einer chronischen Erkrankung sind gerade diese auf die Kontinuität der Behandlung abzielenden Erkenntnisse von besonderer Relevanz. Nach nunmehr 10 Jahren gesetzlicher Qualitätssicherung der ambulanten Dialyse soll ein deskriptiver Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Qualitätssicherungsergebnisse (Auffälligkeitsparameter) gegeben werden. Darüber hinaus werden versorgungsepidemiologische Daten zur Dialyse insgesamt und ihren verschiedenen Verfahren und Formen dargestellt. Dies ist zwar nicht Gegenstand der gesetzlichen Qualitätssicherung im engeren Sinne, wird jedoch miterfasst und ist im Hinblick auf die Angemessenheit und Patientenorientierung der Dialysebehandlungen von Interesse. Methoden Datengrundlage Grundlage des vorliegenden Artikels sind die Daten aus den Jahresberichten, die der Datenanalyst für den G-BA erstellt. Für die Darstellung der Entwicklung der Auffälligkeitsparameter sowie der Zahlen zur Verbreitung der Dialyse und ihrer verschiedenen Verfahren und -formen wurden die Jahresberichte zur Qualität in der Dialyse zu den Berichtsjahren 2008 bis 2015 ausgewertet. Angaben

3

zur Anzahl von Dialysepatienten aus den Jahren 2008 bis 2013 weisen geringe Unschärfen auf, da lediglich die Anzahl der Fälle im Quartal bzw. Jahresdurchschnittsfallzahlen berichtet werden konnten und Patienten, die die Einrichtung vorübergehend oder dauerhaft wechselten, zwangsläufig mehrfach erfasst wurden. Aus der Analyse ausgeschlossen wurden die zusammenfassenden Jahresberichte über die Benchmarkdaten, da diese hier nicht im Fokus stehen. Alle Berichte stehen auf der Internetseite des G-BA öffentlich zur Verfügung (https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/45/). Betrachtete Auffälligkeitsmerkmale Dialysefrequenz und -dauer für Hämodialysepatienten Dialysedauer und -frequenz im Quartal werden vom Datenanalysten patientenindividuell berechnet. Grundlage hierfür sind die Angaben zu Zeitpunkt und Dauer jeder einzelnen Dialysebehandlung, die von den Praxen dokumentiert werden müssen. Als auffällig auf der Ebene des einzelnen Patienten gilt, wenn er in einem Quartal seltener als durchschnittlich dreimal pro Woche oder kürzer als durchschnittlich 12 Stunden in der Woche dialysiert. Hintergrund sind internationale Studien und Leitlinien, die auf die Notwendigkeit einer ausreichend häufigen und ausreichend langen Dialyse hinweisen [9–11] und hierbei Outcomes wie Mortalität und Morbidität, aber auch die Akzeptanz seitens der Patienten, Praktikabilität und Kosten berücksichtigen [12, S. 41]. Bei den angegebenen Grenzwerten handelt es sich um Minimalstandards, von denen lediglich in begründeten Einzelfällen abgewichen werden sollte. Berechnungsbasis sind nach einer Änderung der Rechenregel zum Jahr 2014 volle Wochen im Quartal, d.h. Wochen mit Unterbrechungen oder unvollständige Wochen am Beginn oder Ende des Quartals werden nicht berücksichtigt. Geändert wurde zum Jahr 2014 auch die Definition des Grenzwerts für die Dialysedauer: statt im Mittel mindestens 4 Stunden effektive Dialysedauer pro einzelner Dialysebehandlung gelten ab 2014 12 Stunden pro Woche als Grenzwert. Grund hierfür war, dass vorher bereits eine einzelne verkürzte rechnerische Dialyse sowie auch Behandlungsmodelle mit häufigeren und dafür kürzeren Dialysen zur rechnerischen Auffälligkeit führten, was durch die neue Rechenregel vermieden wird. Dialysedosis wKt/V für Peritonealdialysepatienten Der Grenzwert für die Dialysedosis wurde im Jahr 2011 von 1,9 auf 1,7 abgesenkt und damit an internationale Standards angepasst [13]. Daten zur Einhaltung des Grenzwertes 1,9 liegen nur teilweise vor, daher werden nachträglich vom Datenanalysten nach dem neuen Grenzwert berechnete Ergebnisse auch für die Jahre vor 2011 dargestellt. Grundsätzlich werden nur Patienten in die Berechnung einbezogen, bei denen die Daten der Referenzdialyse vorliegen. Die Berechnung von wKt/v im Rahmen der Referenzdialyse setzt eine Blutentnahme in der Dialyseeinrichtung sowie die Dokumentation der Restausscheidung über 24 Stunden voraus, die vom Patienten zu leisten ist. Art des Gefäßzugangs Seit 2014 wird der Anteil der Patienten, die ausschließlich über einen Katheterzugang dialysiert haben, als Kernparameter ausgewiesen. Ziel der Qualitätssicherung ist, möglichst viele Patientinnen und Patienten mit einem natürlichen Gefäßzugang (Shunt) zu versorgen, da dieser mit geringerer Mortalität und Morbidität verbunden ist [12,14]. Da es gleichzeitig Patienten gibt, für die ein Shunt aus medizinischen Gründen nicht geeignet ist (z.B. bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz), ist ein Anteil von Patienten mit Dialyse über Katheter von 0% weder erreichbar noch anzustreben. Ein Grenzwert für den Anteil Patienten mit Katheterzugang, gültig ab dem Erfassungsjahr 2016, wurde erst im Oktober 2015 vom GBA festgelegt: vor dem Hintergrund der fehlenden internationalen

Please cite this article in press as: Büchtemann D, et al. 10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2017), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2017.07.004

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Evidenz wurde beschlossen, einen einrichtungsbezogenen Anteil von >30%, entsprechend dem 10. Perzentil der vorhandenen QSDRL-Daten aus 2014, als auffällig zu werten [15]. Daten und Ergebnisse zur gesetzlichen Qualitätssicherung im Zeitverlauf Verbreitung verschiedener Dialyseverfahren und -formen Durch die Umstellung der Datenerfassung von Fällen (Behandlungsfälle im Quartal) auf die Zählung von Patienten (Patientenpseudonyme im Jahr) zum Datenerfassungsjahr 2014 wurde erstmals eine exakte Zahlenangabe zu den Dialysepatienten in Deutschland möglich. So wurden im Jahr 2015 in den rund 730 Dialyseeinrichtungen 91.992 Patienten (2014: 94.049) gezählt. Als Jahresprävalenz umfasst diese Zahl alle Patienten, die sich jemals im Verlauf des Jahres einer Dialysebehandlung unterzogen haben einschließlich Zu- und Abgängen. Ständig dialysepflichtig – definiert als Behandlungsdauer von mehr als einem Quartal – waren 84.451 Patienten (2014: 85.949) [6,16]. Vorherrschende Behandlungsart unter den ständig dialysepflichtigen Patienten ist die Hämodialyse (2015: 92,9%). Die Peritonealdialyse wird bei ca. 6,4% der Patienten durchgeführt. Die überwiegende Mehrheit der Hämodialysepatienten wird in Zentren in der Anwesenheit von geschultem Personal und Ärzten behandelt. Der Anteil der Heimhämodialyse lag 2015 wie auch in den Vorjahren deutlich unter 1% [6,16–20]. Von den ständig dialysepflichtigen Patienten begannen 4.795 im Berichtsjahr 2015 neu mit der Dialyse. In dieser Gruppe der Neuzugänge ist seit 2010 ein Anstieg im Bereich der Peritonealdialyse um etwa 33% zu beobachten (2010: 9,1%; 2015: 12,2%). Die Anzahlen der neu mit Dialyse beginnenden Patienten sind über die letzten Jahre relativ konstant bzw. sogar leicht rückläufig (Abbildung 1). Ergebnisse zu den Auffälligkeitsparametern Dialysefrequenz, Dialysedauer und wKt/V sowie zur Art des Gefäßzugang Der Anteil der Hämodialysepatienten mit auffälligen Werten bezogen auf die Dialysefrequenz sank von 6-8% in den Quartalen 1 bis 4 2008 auf 5,3-5,8% in den Quartalen 1-4 2013. Im Jahr 2014 erfolgte ein Anstieg auf über 8% im ersten Quartal um bis zum vierten Quartal 2015 wieder auf ca. 6% zu sinken. Ähnlich verlief die Entwicklung hinsichtlich der Dialysedauer. Der Anteil von HD-Patienten, deren quartalsbezogene Werte unterhalb von 12 Stunden pro Woche lagen, sank zwischen 2008 und 2013 von ca. 7% auf ca. 5% und stieg mit dem Jahr 2014 auf über 10%. Bei den PD-Patienten ist zwischen 2008 und 2015 trotz der zwischenzeitlichen Absenkung des Grenzwertes von 1,9 auf 1,7 ein langsamer Anstieg des Anteils von Patienten mit einem Kt/V unter 1,7 von 8% (2008) auf ca. 10-12% (2015) zu beobachten (Abbildung 2). Der Anteil auffälliger Dialyseeinrichtungen ist zwischen 2008 und 2013 in Bezug auf die zwei Hämodialyseparameter Frequenz und Dauer rückläufig. Ab dem ersten Quartal 2014 ist bei beiden Parametern ein erheblicher Sprung von ca. 5% auf 14,9% für die Dialysefrequenz bzw. sogar auf 21,7% für die Dialysedauer zu beobachten. Im weiteren Verlauf sinkt die Kurve wieder auf 7,1% (Dialysefrequenz) bzw. 12,5% (Dialysedauer) im letzten Berichtsquartal 2015. Für den Parameter wKt/V zeigen die Berichtsdaten, dass der Anteil der auffälligen Einrichtungen zwischen 2008 und 2010 um die 20% schwankte und dann auf 25-30% im Jahr 2015 anstieg (Abbildung 3). Der Anteil der Patienten mit Katheterzugang lag über die Jahre 2014 und 2015 bei 16-17% deutschlandweit (Abbildung 4),

wobei regionale Unterschiede zu beobachten waren. So betrug der prozentuale Anteil der Katheterpatienten in Berlin in beiden Jahren lediglich 8-9%, während er in Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei fast durchgängig über 20% lag. Zahlenangaben zu rechnerisch auffälligen Einrichtungen werden erstmals im Berichtsjahr 2017 vorliegen. Diskussion Insgesamt zeigen die hier dargestellten Daten, ähnlich wie in vorangegangenen Überblicksdarstellungen zu früheren Jahren [4,23], einen Trend zur Verbesserung der Ergebnisse für die bei Hämodialysepatienten gemessenen Kernparameter. Auffällig ist jedoch, dass sich die Ergebnisse zum ersten Quartal 2014 deutlich verschlechtern. Probleme im Zusammenhang mit der Umstellung in der Datenerfassung sind hier vermutlich die wichtigste Ursache. Eine weitere Ursache insbesondere im Hinblick auf die Dialysedauer könnten die genannten Veränderungen der Rechenregeln sein. Nicht zuletzt könnte auch eine größere Genauigkeit der Datenerfassung durch den Übergang von Quartalsfällen auf Patientenpseudonyme und damit die Verfolgung von Einrichtungswechseln, Gastdialysen usw. dazu beigetragen haben. Ob die hernach folgende Verbesserung der Qualitätsergebnisse geringer werdende Probleme mit Datenerfassung und Datenfluss widerspiegelt oder mit Therapieanpassungen in den Dialysepraxen zu erklären ist, bleibt unklar. Negative Effekte der Änderungen der Vergütung für Hämodialysebehandlungen sind zumindest anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht nachzuweisen. Für den Kernparameter wKt/V ist über die Jahre eine negative Entwicklung festzustellen. Zwar müssen die Ergebnisse zu den Anteilen auffälliger Einrichtungen relativiert werden, da zahlreiche Dialyseeinrichtungen nur über sehr wenige Peritonealdialysepatienten verfügen, so dass bereits Unterschreitungen des Grenzwertes bei einzelnen oder im Extremfall einem einzigen Patienten eine Auffälligkeit auf Einrichtungsebene auslösen kann. Da jedoch auch die Anteile der Patienten mit Grenzwertunterschreitungen stetig ansteigen, bedürfte diese Entwicklung einer genaueren Untersuchung. Ein relevanter Aspekt hierfür könnten Probleme bei der Dokumentation bzw. der Datenvalidität sein, denn für die Berechnung des Parameters wird die aktive Mitarbeit des Patienten vorausgesetzt. Er muss sich nicht nur trotz der ansonsten selbständig zuhause erfolgenden Behandlung die Dialysepraxis für die Abnahme der Werte aufsuchen, sondern zudem auch zuverlässig den Restharn dokumentiert haben. Doch auch diese Schwierigkeit in der Datenerfassung erklärt nicht den Trend im Zeitverlauf. Weiterhin kritisch zu beobachten ist der Anteil an Katheterpatienten. Ergebnisse der DOPPS-Studie zeigten für andere Länder teilweise deutlich niedrigere Anteile, zudem weisen die Daten dieser Studie für Deutschland auf eine eher steigende Katheternutzung hin [24,25]. Eine mögliche Ursache sind organisatorische Defizite im Versorgungspfad, d.h. zu Beginn der Dialysepflichtigkeit bleibt keine Zeit mehr einen Shunt operativ anzulegen, oder es bestehen medizinische Gründe, d.h. ein hoher Anteil von Patienten weist Komorbiditäten auf, die Kontraindikationen für einen Shunt darstellen [12,S. 40]. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den KVen, die aus den Jahresberichten hervorgehen (hier nicht präsentiert), suggerieren jedoch, dass nicht nur Patientenmerkmale als Ursache zu vermuten sind, sondern möglicherweise auch regionale und einrichtungsspezifische Praxisvariationen oder eine regionale Unterversorgung mit erfahrenen Shunt-Chirurgen. Hierzu sind Ergebnisse aus den Auffälligkeitsprüfungen ab dem Erfassungsjahr 2016 abzuwarten, die einen Einblick in das Versorgungsgeschehen geben sollten. Positiv ist zu bemerken, dass infolge der konstanten Patientenpseudonyme seit 2014 zuverlässige Prävalenzangaben zur ambulanten Dialyse ermöglicht werden.

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6000

20 18

5000

16 14

4000

12 3000

Peritonealdialyse

10

Hämodialyse

8 2000

5

Anteil in %

Anzahl

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Anteil PD

6 4

1000

2 0

0 2010

2011

2012

2013

2014

2015

Anteil in %

Abbildung 1. Anzahl der Patienten mit neu begonnener Dialyse nach Dialyseverfahren und Anteil der PD-Patienten an den ständig dialysepflichtige Patienten, die im Berichtsjahr neu mit der Dialyse begonnen haben. Anzahlen werden seit 2010 in den Jahresberichten zur Qualität in der Dialyse berichtet [6,16–20]. Anteile beruhen auf eigenen Berechnungen.

Änderung der Berechnung zum 1.1.2014

14 12 10 8 6 4 2 0 2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015 Quartale

Dialysefrequenz

Dialysedauer

wKt/V

Anteile in %

Abbildung 2. Entwicklung der Anteile von Patienten mit auffälligen Werten gemäß den Jahresberichten zur Qualität in der Dialyse [6,16–22], quartalsweise Darstellung.

Änderung der Berechnung zum 1.1.2014

35 30 25 20 15 10 5 0 2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015 Quartale

Dialysefrequenz

Dialysedauer

wKt/V

Abbildung 3. Entwicklung der Anteile auffälliger Dialyseeinrichtungen gemäß den Jahresberichten zur Qualität in der Dialyse [6,16–22], quartalsweise Darstellung.

Zur Verbreitung der verschiedenen Dialyseverfahren und -formen ist festzustellen, dass die Heimdialyseverfahren (PD und HHD) in Deutschland bisher relativ wenig Verbreitung finden, trotz der darin liegenden Potenziale hinsichtlich der positiveren medizinischen wie psychosozialen Outcomes für die Patienten und einer Kostenreduktion [26–30]. Für die PD zeichnet sich in den präsentierten Daten allerdings in den letzten Jahren ein leichter Anstieg ab. Der Vergleich der inzidenten Patienten mit der Gesamtheit der Patienten im Hinblick auf die angewendeten Verfahren spiegelt wider, dass in vielen Fällen mit der Peritonealdialyse begonnen wird, um später aufgrund der verfahrensimmanent nachlassenden Effektivität der Behandlung zur Hämodialyse zu wechseln.

Ursächlich für die geringe Verbreitung der Heimdialyseverfahren könnten zum einen Hindernisse auf Patientenseite sein, z.B. Platzmangel für die notwendigen Apparate und Dialysematerialien und eine wachsende Anzahl betagter Patienten mit unzureichender sozialer Unterstützung für die Durchführung der Heimdialyse. Zum anderen werden Hemmnisse auf Seiten der Dialysepraxen vermutet, wie etwa fehlende Qualifikation und Erfahrung der Ärzte und Mitarbeiter in den Dialyseeinrichtungen [29], die Knappheit zeitlicher Ressourcen für Patiententrainings oder die relativ hohen Investitionen in die Heimdialyse (Gerät, Personal für Rufbereitschaft und Hausbesuche), die sich erst nach einiger Zeit über die Wochenpauschalen ausgleichen.

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6 19 18 17

Anteile in %

16 15 14 13 12 11 10 Q1 2014

Q2

Q3

Q4

Q1 2015

Q2

Q3

Q4

Abbildung 4. Entwicklung des Anteils von Patienten mit Katheterzugang gemäß den Jahresberichten zur Qualität in der Dialyse auf Bundesebene [6,16–22], quartalsweise Darstellung.

Limitierend bei der Beurteilung der Ergebnisse sind die unbekannte Qualität bzw. Validität der Daten und die fehlende Risikoadjustierung bei den gemessenen Auffälligkeitsparametern. Die Qualität der Datenerfassung hängt je nach Datenfeld von der sorgfältigen Dokumentation durch die Dialyseeinrichtungen selbst, aber auch von dem Export von Daten aus den Praxisverwaltungssystemen ab. Kontrollen auf Plausibilität, Vollzähligkeit und Vollständigkeit der Dokumentation finden bei den Berichterstellern einschließlich des Datenanalysten sowie bei den KVen statt, jedoch schreibt die QSD-RL die Veröffentlichung nur sehr weniger dieser Ergebnisse vor. Die Richtigkeit der Dokumentation als Grundlage für eine Bewertung der Validität der gesammelten Daten wird im Rahmen der QSD-RL bisher überhaupt nicht überprüft. Hierfür müssten systematische Stichprobenkontrollen mit Patientenaktenabgleich, wie sie in anderen datengestützten Verfahren der gesetzlichen Qualitätssicherung namentlich der Externen Stationären Qualitätssicherung [31] seit Jahren üblich sind, durchgeführt werden. Zumindest für die Benchmarkdaten gibt es Hinweise in den Jahresberichten, dass die Dokumentationsqualität noch verbesserungsfähig ist. Durch die fehlende Risikoadjustierung sind Sensitivität und Spezifität der ,,rechnerischen Auffälligkeit‘‘ als Indiz für unzureichende Qualität und als Anlass für Qualitätskontrollen und Qualitätsförderungsmaßnahmen begrenzt. Wie häufig eine Einrichtung rechnerisch auffällig wird, hängt nicht nur von der tatsächlichen Behandlungsqualität, sondern auch von der Anzahl und der Zusammensetzung der jeweiligen Patientenklientel ab (z.B. Häufigkeit bestimmter Komorbiditäten und Altersklassen). Fazit und Ausblick auf die sektorenübergreifende Qualitätssicherung zur Nierenersatztherapie Die Einführung der QSD-RL ermöglichte es, über nunmehr 10 Jahre hinweg aggregierte Daten zu wichtigen Qualitätsparametern für die Dialyse zu sammeln und somit Schlüsse hinsichtlich der Qualität einer für die Kostenträger relevanten und für die Patienten lebenserhaltenden und dauerhaften Behandlung ziehen zu können. Mit den seit 2014 erhobenen Längsschnittdaten entsteht zudem faktisch ein Paneldatensatz, der aus methodisch-wissenschaftlicher Sicht Nutzungsmöglichkeiten über die bisherige gesetzliche Qualitätssicherung hinaus bietet. Da individuelle Verläufe und Outcomes wie Mortalität und bestimmte Morbiditäten über längere Zeiträume beobachtet werden können, werden sich zukünftig mit entsprechenden Sekundärdatenanalysen Fragen aus dem Bereich der Versorgungs- und der Qualitätsforschung beantworten lassen.

Von besonderer Bedeutung für die Zukunft der Qualitätssicherung in der Dialyseversorgung ist die Umstellung auf ein sektorenübergreifendes gesetzliches QS-Verfahren, die vom G-BA beschlossen wurde. Dieses führt das ambulante Qualitätssicherungsverfahren zur Dialyse mit dem Verfahren ,,Nierentransplantation‘‘ aus der externen stationären Qualitätssicherung des G-BA zusammen und trägt somit auch den Forderungen der Fachgesellschaft (DGfN – Deutsche Gesellschaft für Nephrologie) nach einer verbundenen und gleichberechtigten Dokumentation der Nierenersatztherapieverfahren Rechnung [32]. Hintergrund des Beschlusses war die Erkenntnis, dass die Sektorenübergänge, die Patienten beim Wechsel zwischen den Nierenersatztherapieverfahren Dialyse und Transplantation vornehmen, auch in der Qualitätssicherung nachvollzogen und berücksichtigt werden müssen. Schnittstellen wie etwa die Evaluation zur Transplantation und die Nachsorge sollen so besser abgebildet und sektorenübergreifend qualitätsgesichert werden. In der Konsequenz wurde das damalige wissenschaftliche Institut nach § 137a SGB V (a.F.), das AQUA-Institut in Göttingen, im Juni 2014 vom G-BA mit der Neuentwicklung eines sektorenübergreifenden Verfahrens beauftragt, d.h. mit der Entwicklung von Qualitätsindikatoren, den notwendigen Datenflüssen und dem dazugehörigen Berichtswesen. Der Bericht zum entwickelten Verfahren wurde 2016 durch den G-BA veröffentlicht [12]. Die Umsetzung des QS-Verfahrens in eine Richtlinie (QesüRL: Richtlinie zur einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung) wird zurzeit im G-BA vorbereitet. Das zukünftige sektorenübergreifende Verfahren soll hierbei nicht nur den langfristigen Versorgungspfad der Patienten berücksichtigen, sondern es wird auch die Überwindung von bestimmten inhaltlichen, strukturellen und methodischen Schwächen der bestehenden ambulanten Qualitätssicherung angestrebt. Inhaltlich besteht Verbesserungspotenzial bei der Abbildung von Qualitätspotenzialen. Die bisherigen Auffälligkeitsparameter der QSD-RL können nur einen kleinen Ausschnitt darstellen und zeigen zudem Tendenzen zur Stabilisierung bzw. Deckeneffekte, so dass der Fokus auf weitere Qualitätsziele gesetzt werden sollte. Konsequenterweise werden nun einige bisher als Benchmarkparameter geführte Kennzahlen für das Anämieund Ernährungsmanagement sowie zu Infektionen im neuen QS-Verfahren als verbindliche Qualitätsindikatoren eingeführt werden. Auch Patientenorientierung spielte in den Vorgaben der QSD-RL bisher kaum eine Rolle - in Zukunft jedoch wird die Qualität der Aufklärung des Patienten über verschiedene Behandlungsoptionen gemessen und die Entwicklung einer das Verfahren ergänzenden Patientenbefragung ist geplant [12,33–35]. Neu sind

Please cite this article in press as: Büchtemann D, et al. 10 Jahre Qualitätssicherung Dialyse in Deutschland – Bilanz und Ausblick. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2017), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2017.07.004

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auch Indikatoren zu patientenrelevanten Outcomes wie Mortalität und Hospitalisierung im Bereich Dialyse. Im Gegensatz zur QSD-RL wird im neuen QS-Verfahren wKt/v als Parameter für die Dialyseeffektivität zwar nicht mehr erhoben werden. Trotz der oben beschriebenen tendenziell negativen Entwicklung des Parameters wurde er von den Fachexperten, die das neue Indikatorenset beraten haben, als nicht relevant für die Qualitätssicherung erachtet, da Bedenken gegenüber der Interpretierbarkeit dieses Einzelwertes und gegenüber möglichen Fehlanreizen bestanden [12]. Auf der anderen Seite wird die Qualität der Peritonealdialysebehandlung zukünftig umfassender als bisher über die oben genannten Dialyse-Qualitätsindikatoren abgebildet werden können. Da die QSD-RL lediglich den ambulanten Sektor adressiert, unterlagen teilstationär durchgeführte Dialysebehandlungen bisher nicht der gesetzlichen Qualitätssicherung, in dem neuen Verfahren werden sie jedoch einbezogen werden. Ein Vorteil aus methodischer Sicht ist, dass einheitliche vergebene Patientenpseudonyme die Nachverfolgung einzelner Patienten über die Sektoren hinweg ermöglichen werden. Von den auf longitudinalen und sektorenübergreifenden Daten beruhenden Qualitätsberichten sind zudem neue Einblicke in das Versorgungsgeschehen und in die Qualitätsentwicklung zu erwarten. Eine einheitliche, transparente und jährlich zu aktualisierende Spezifikation wird die Datenerhebung und den Datenexport regeln. Gemeinsam mit dem noch zu entwickelnden Datenvalidierungsverfahren im Rahmen der Qesü-Richtlinie ist somit eine Verbesserung und erhöhte Transparenz hinsichtlich der Dokumentationsqualität zu erwarten. Insgesamt vermitteln die Daten und Ergebnisse aus 10 Jahren gesetzlicher Qualitätssicherung zur ambulanten Dialyse in Deutschland das Bild einer stabilen und guten Versorgungsqualität. Verbesserungspotenziale, die unter anderem in Bezug auf die Datentransparenz, die Berücksichtigung von langjährigen Versorgungsverläufen und auf Patientenorientierung bestehen, werden mit der geplanten Weiterentwicklung zu einem sektorenübergreifenden Qualitätssicherungsverfahren in Angriff genommen. Finanzielle Unterstützung/Sponsoring Die Arbeit an dem vorliegenden Artikel erfolgte ohne spezielle Förderung durch öffentliche, kommerzielle oder Non-ProfitOrganisationen. Interessenkonflikt Dorothea Büchtemann: Die Erstautorin ist Referentin für Qualitätssicherung beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und vertritt in dieser Funktion den GKV-Spitzenverband in der Fach-AG QS Dialyse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dr. med. Stefan Meinhold ist Stellvertretender Leiter des Kompetenzzentrums Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement, Berater des GKV-Spitzenverbands für die Qualitätssicherung in der Dialyse. Peter Follert ist Referatsleiter Qualitätssicherung beim GKVSpitzenverband. Danksagung Ein Dank an alle Beteiligten für ihre Unterstützung! Literatur [1] Qualitätssicherungsrichtlinie Dialyse (QSD-RL), 2016, https://www.g-ba.de/ informationen/richtlinien/45/ (zuletzt abgerufen am 12.09.2016).

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