UBERSICHTSARBEITE
Aktueller Stand der Knochendensitometrie: II. Methodik der Quantitativen Computertomographie Claus-C. GlUer, Klaus Engelke, Kenneth G. Faulkner, Harry K. Genant
Department of Radiology, University of California, San Francisco, USA
- Eingegangen am 13.7.92Zusammenfassung
1m zweiten Teil dieses Ubersichtsartikels werden verschiedene Velfahren der Quantitativen Computertomographie (QCT) dargeslellt. QCT ist neben den absorptiometrischen Velfahren das am weitesten verbreitete Standardvelfahren der KnochendensiLOmetrie und wird vorwiegend als Ein-Energie-QCT (SEQCT), teilweise aha auch als Zwei-Energien-QCT (DEQCT) eingesetzt. Ausgehend von einer Darstellung ihrer physikalischen und technischen Grundlagen werden Einsatzmoglichkeiten und Anwendungsgrenzen dargestellt. QCT ist als Routineuntersuchung gegenwiirtig auf Messungen an del' Wirbelsiiule beschrankt, ermoglicht jedoch als einziges Verfahren die Bestimmung del' echten Volumenknochenmineraldichte. Sie ist damil zur selektiven Analyse von trabekuliirem und kortikalem Knochen geeignel. Fur QCT werden neben dem gebriiuchlichen SEQCT-Velfahren auch verschiedene DEQCT-Velfahren dargestellt und einer vergleichenden Analyse der zugrulldeliegenden physikalischen Prinzipien unterzogen. Abstract
Part 1/ of this review presents several approaches of Quantitative Computed Tomography (QCT). Aside of ahsorptiometric methods QCT is the most widely used technique of bone densitometry. Primarily used as Single Energy QCT (SEQCTJ, Dual Energy QCT (DEQCT) has also been developed and applied. Based on a description of their physical and technical principles lypical applications and fundamental limitations are being presented. In clinical routine QCT currently is only applied to measurements at the spine. It is however the only method that allows for an assessment of true volumetric bone mineral density. Hence, it is the only merhod available for a selective assessment of trabecular and cortical bone. Aside of rhe commonly used SEQCT approach several DEQCT techniques are being described and a comparative assessment of their respective physical principles is carried out. Key words: Knochendensitometrie, Osteoporo e, Quantitative Computertomographie
EinfUhrung 1m er ten Teil dieses Uber ichtsartikel wurde die Bedeutung von knochendensitometrischen Verfahren in der OSleoporosediagno tik dargeslellt [ I]. Die technichen Grundlagen der absorptiometrischen Verfahren, peziell der Ein-Energie-Rontgen-Absorptiometrie (Single Xray Ab orptiometry, SXA) und der Zwei-Energien-RomgenAb orptiometrie (Dual X-ray Ab orptiometry, DXA) wurden eingehend di kutiert. Teil IT chlieBt hieran mit einer Darstellung der Quantitativen Computertomographie (Quantitative Comput d Tomography, QCT) an. QCT ist neben den ab orptiometrischen Verfahren das am weitesten verbreitete Standardverfahren der Knochendensitometrie und wird
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vorwiegend als Ein-Energie-QCT (Single Energy QCT, SEQCT) teilweise aber auch als Zwei-Energien-QCT (Dual Energy QCT, DEQCT) eingesetzt. Ausgehend von einer Dartellung ihrer physikali chen und techni chen Grundlagen werden Einsatzmoglichkeiten und grundsatzliche Grenzen des Verfahrens dargestellt. QCT Die Quantitative Computertomographie i t in den 70er und 80er Jahren zu einem klinisch weit verbreiteten Verfahren zur Bestimmung des Knochenrnineralgehaltes der Wirbelsaule entwickelt worden. Erste ResuJtate an Knochenproben wurden von RUegsegger 1974 veroffentlicht [2]. Da
Z. Med. Phys. 3 (1993) 64 - 70
Aktueller Sland der Knochendensilomelrie: II. Methodik der Quanlilaliven Computertomographie
Abbildung 1 QCT Standardaufnahmetechnik: a) Laterale digitale Ubersichtsaufnahme (scout-view, localizer image) zur Plazierung der CT Schichtbilder, b) Plazierung von 10 mm dicken CT Schichten millig zwischen den Endplalten von LWK1 und LWK2, c) CT Schnittbild von LWK2; unterhalb des Patienten del' Festkorper-Kalibrierungsstandard, dazwischen der Bolusbag zur Vermeidung von LujtLUcken, d) Plazierung einer elliptischen Auswerteregion im anterioren Teil des Wirbelkorpers.
SEQCT Verfahren wurde in den Folgejahren von mehreren For chung gruppen fur unterschiedliche MeBorte entwickelt [3,4]. Genant und Boyd konzipierten ein Zwei-EnergienVerfahren, welches erlaubt, den verfalschenden EintiuB von intraossarem Fengehalt auf den KMG zu konigieren [5]. En alternatives Zwei-Energien-Verfahren war bereits im Vorjahr von Alvarez und Macovski entwickelt und publiziert worden [6], doch wurde die es Verfahren erst spater auf KMGUntersuchungen angewendet. Beim QCT-Standardverfahren werden anhand einer lateralen digitalen Obersichtsaufnahme (scout-view localizer image vgl. Abb. la) im Bereich von BWKl2 bis LWK3 8 - 10 mm dkke CT-Schichten mittig zwischen den Endplatten von typi cherweise 2 - 4 Wirbelkorpem plaziert (Abb. lb). Die Rontgenenergie respektive Generator pannung sollte dabei zur Minimierung des Fettfehlers moglich t niedrig liegen (etwa bei 80 - 85 kVp, entsprechend einer effektiven Energie im Bereich von etwa 50 - 60 keY); zur Minlmierung der Strahlendosis sollte die Exposition auf etwa 140 rnA begrenzl werden. Ein wesentlicher FortchriU, der zum heutigen QCT-Verfahren ftihrte war die von Cann und Genant eingefiihrte Kalibrierung der CT-Einheiten (Hounsfieldeinheiten) auf Knochenaquivalenz mit Hilfe eine Kalibrierungsstandards bekannter Mineraldichte [7]. Dieser Standard wird unter dem Patienten liegend, bei der Auf-
nahme imultan mitge cannt (Abb. Ic). Auf diese Weise konnen Kurz- und Langzeitschwankungen de Scanners 0wie Strahlaufharrung rfekte weitgehend reduzien werden. Der ursprtingliche KaLibrierullgsstandard emhielt L6 ungen von bekanntem K 2 HP04 -Gehalt. K2HP04 ahnelt im Ab orptionsverhalten dem Knochengewebe, dabei gibt es jedoch leichte Unterschiede in der Energieabhangigkeit: AuBerdem erwie en sich in der Praxis die Losungen in manchen Fallen als in tabil: es entwickelten sich Blasen und erschwenen eine fehlerfreie Untersuchung. Aus diesen Grunden wurden in d n letzten Jahren neue Festkorper-Kalibrierung tandards auf der Basis von Kalziumbydroxylapatit entwickelt, die ~uk zessive die alt n Standards ersetzen [8 9]. Zur automatischen Auffindung der MeBregion ind eine Reihe ehr brauchbarer Softwarepakete entwickelt worden [10,11]. Sie erlaubeu s auf den CT-Schnittbildern die MeBregion ( tandardmal3ig wird eine Ellipse verwendet) tlexibel und prazise im anterioren Teil des Wirbelkorpers zu positionieren (Abb. ld). Zudem wurde fUr einen kommerzielJ vertriebenen Scannertyp (Siemell Somatom) ein Programm zur automatischen CT-Schicht-Positionierung entwickelt [12]. Die Hauptkomponenten des trabekularen Teils des Wlfbelkorpers bilden Knochenmineral (K), rote und gelbes Knochenmark und Kollagen. Yom Standpunkt der Rontgen-
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Aktueller Stand der Knochendensitomelrie: II. Methodik der Ouantitativen Computenomographie
absorption her ind Fett (F) und Wa ser (W) die Hauptbetandteile des Knochenmarks mit einem Volumenanteil von 40 % zu 40 % fUr rotes Knocbenmark, und von 80 % zu 15 % fUr gelbes Knochenmark [13]. Die restlichen Anteile verteilen sich im wesentlichen auf verschiedene Proteine. (Die Werte, speziel1 fUr rote Knochenmark sind jedoch mit starken Ein chrankungen zu verwenden: es gibt nur wenige zuverlassige Daten (14]). 1m folgenden wird der Index M verwendet, wenn Parameter der ge amten MeBregion, d.h. inklusive Knochen, Knochenmark, Kollagen etc., beschrieben werden; die physikalische Dichte eines Minerals i wird mit POi bezeichnet, zur Abgrenzung von der lokalen Dichte (oder Massenkonzentration), die sieh als Ma se des Material i pro Volumen der MeBregion VM, d.h. Pi = miNM' ergibt. FaBt man KoUagen und andere weniger bedeutende Bestandteile zu einem Restfehlerterm zusammen, 0 ergibt sich:
( J.L(E») Po
( J.L(E») -Po
PK
Po
K
F
+ (J.L(E»)
PF
+ (J.L(E») -Po
w
pw+
Rest
(1) PRest
Uoter der Annahme, daB im Wirbelkorper die Komponenten Knochen, Fett und Wasser als Mischung und nicht in einer Verbindung vorliegen, kann der Quotient aus lokaler Dicbte Pi und physikalischer Dichte POi der Komponente i al relativer Volumenanteil f; ausgedrUckt werden, und e gilt:
rung Knochen) und Hounsfieldeinheiten HKK zu be rimmen; fUr die Mehnahl der verwendeten Kalibrierungsstandards erfolgt dies mit Hilfe einer linearen Regressionsrechnung: (4)
Die Werte von K und Hw werden dann verwendet, um den gemessenen mittleren Hounsfieldwert HM innerhalb der MeBregion im trabekularen Teil des Wirbelkorpers in einen Knochendichtewert PK (identisch mit dem SEQCT-Wert), gemessen in Einheiten von mg/cm 3 CaHAP (fUr die neueren Festkorper-Kalibrierungsstandards) bzw. in mg/cm 3 K2HP04 (fUr die iilteren Fltissigkeits-Kalibrierungs tandards), umzurechnen: (5)
Bei der Ermittlung der Kalibrierungsparameter Hw und SK erfolgte eine Kalibrierung von nur zwei Gewebekomponenten, niimLich Knochenmineral (CaHAP) und Wasser. Der auf der Basi von GI. 5 ermittelte KMG i t also urn den sogenannten "Fettfehler verfalscht. Da der Wirbelkorperfettgehalt eines einzelnen Patienten nicht bekannt i t, ist der Fehler nicht korrigierbar; allenfalls kann eine aherung korrektur basierend auf der Fettempfindlichkeit des verwendeten CT-Scanners und dem altersspezifischen ormalfettwert, durchgeftihrt werden [15]. Die GroBenordnung des Fettfehlers laBt sich wie folgt abschiitzen. Setzt man Gl. 3 in GL 5 ein so ergibt sich (6)
(2)
Ferner laBt ich GI. I schreiben:
In
Hounsfieldeinheiten (H) um-
Die Summe Uber i = 1 ... m beinhaltet den Fen- und den Restterm. GI. 2 kann nun verwendet werden, urn den unbekannten Wasseranteil fw zu eliminieren:
(3)
PK= wobei Uber obige Komponenren summiert wird. Aile Verfahren von SEQCT und DEQCT laufen letztendlich darauf hinaus, die Knochenmineralkonzentration PK aus der Mes ung von J.L(E)M bzw. H(E)M und der Bestimmung der Materialkonstanten f.J.(E)fpo bzw. H(E) fUr Knochen, Wa er und evtl. Fett durch geeignete Kalibrationsmessungen zu bestimmen.
SEQCT Die Kenntnis der Mineraldichte in den Segmenten des Kalibrierungsstandards ermoglicht es, den y-Achsenabschnitt Hw (naherungsweise gleich Hounsfieldwert fUr Wasser und Weichteilgewebe) und die Steigung SK ftir die lineare Beziehung zwischen Mineralkonzentration PICK (KK fUr Kalibrie-
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fK(HK - H w) K
+=:..=..:....---K
(7)
Der erste Term beschreibt den wahren Mineralgehalt, wiihrend der zweite den Fehler reprasentiert, wenn der Mineralgehalt, wie Ublich bei SEQCT, auf der Basis von Gl. 5 ermittelt wird. Unter der Annahme daB Fett die haupt achHche unbekanme Komponente darstel1t, ergibt sich, daB der Fenfehler von SEQCT gegeben ist durch FettfehlersEQCT
= fFCHF -
HW)/SK
(8)
Die SEQCT-Technik wurde bisher anhand der sogenannten "sirnultanen Kalibrierungsverfahren ' , wie e von Cann und Genant ursprunglich konzipiert wurde, diskutien [7J. Daneben haben in den letzten Jahren zwei weitere SEQCTKalibrierungsmethoden Verbreitung gefunden: die "niehtsimultane Kalibrierung" und die "interne Kalibrierung".
Aklueller Stand der Knochendensltometrie: II. Melhodik der Quantltativen Computertomographie
Wahrend bei dem Cann/Genantschen Verfahren der Kalibrierungs tandard (z.B. vOn d n Firmen Image Analysis oder Siemens) unter dem Patienten liegt und bei der CTAufnahme mit im Bild i t, wird bei den anderen Verfahren kein Standard mitge cannl. Beim nicht-simultanen Kalibrierungsverfahren wird stattdessen direkt vor oder nach der Patientenmessung ein tor oiihnLicher Standard (z.B. von den Firmen CIRS oder Picker) in einer eparaten Aufnahme ge cannl. Dies erfordert zu iitzliche Zeit und Speicherkapazitiit, bietet aber die Moglichkeit, den Quer chnitt des Standards dem Patienten anzupassen, urn iihnliche StraWaufhiirtung zu simulieren und vor aHem, die Kalibrierung nicht peripher ondem wirbelkorperiiquivalent zentral vorzunehmen. Besonders bei CTScannern mit groBer Feldhomogenitat (generell z.B. bei solchen der 4. Generation) kann dies die Richtigkeit der Ergebnisse verbessem. Einige Aspekte verdienen jdeoch Beachtung. Zum einen ermoglicht die es Verfahren keine Korrektur von Kurzzeitinstabilitiiten des Scanners, zweiten las en ich die Querschnine einiger nicht-simultaner Kalibrierung standards nur stufenweise veriindem, wiihrend die imultane Kalibrierungsmethode stufenlos die StrahJaufhiirtung effekte wider piegelt, und dritten basiert die Validitii.t der nichtimultanen Kalibrierung methodik darauf, daB die Standard die in-vivo Situation fiir unterschiedliche Patienten adiiquat simulieren wa zumindest in einigen Aspekten strittig ist [16]. Das Verfahren der internen Kalibrierung chlieBLich basiert auf der Annahme daB im Korper des Patienten MeBregionen zu finden sind, deren Zu ammensetzung und damit auch deren Rontgenschwachung eigen chaften bekannt sind: Muskel- und Fengewebe. Entsprechend werden derartige Regionen von der Software au gewertet und tiber eine Hi togrammanalyse Knochenmineralwerte kalibriert [17]. Das Verfahren der internen Kalibrierung i t bisher nicht sehr verbreitet. Einige Studien zeigen positive Ergebnisse in bezug auf die erzielbare Reproduzierbarkeit [18], doch erscheinen endgtiltige Aussagen tiber die Validitat des Verfahrens wegen der geringen Anzahl veroffentlichter Studien noch verfriiht. DEQCT Um den Fettfehler zu korrigieren, ist schon friihzeitig vorge chlagen worden eine zweite QCT-Aufnahme bei einer anderen Rontgenenergie zu erstellen. Damit wird es grundsatzlich moglich eine weitere Unbekannte, insbesondere den Fettvolumenanteil f F aus den Gleichungen zu eliminieren. Wie Alvarez und Macovski und danach Lehmann und Mitarbeiter bei der EntwickJung der Methode der Basismaterialzerlegung die weiter unten di kutiert wird, gezeigt haben fiigt eine dritte QCT-Aufnahme bei einer dritten Rontgenenergie keine neue Information hinzu es sei denn, die dritte Messung wiirde in der iihe der K-Kante eine der zu be'timmenden EIemente durchgefiihrt [19J. Medizini ch relevante Stoffe mit einer DurchstrabJungslange von einigen
cm ind jedoch ftir Rontgenstrahlung die er Energie wie unduIchsichtig.
0
gut
Pre- versus Postprocessing Zwei verschiedene An atze zur Berechnung deI Knochenmineraldichte mit Hilfe von DEQCT tehen ZUI Verftigung: Pre- und Postproce ing-Verfahren. Diese unterscheiden ich prinzipieU weniger durch die Algorithmen zur Berechnung der materialselektiven Information (wa in der Literatur oft uggeriert wird) al vielmehr durch den Zeirpunkt, zu dem die e berechnet wird: vor der Rekonstruktion des CT-Bildes (preproces ing) oder danach (postproces ing). DaB dennoch ganz bestirnmte AJgorithmen immer mit Pre- oder Postproces ing in Zusammenhang gebracht werden, liegt eher in ihrer hi torischen EmwickJung und heutigen Anwendung begrtindet. Zunachst zur Terminologie: man unterscheidet sog. Energietomogramme oder einfacher Energiebilder und Dichte- oder Materialbilder. Er tere zeigen die Verteilung des linearen Absorption koeffizienten bzw. des Hounsfieldwertes, sind also CT-Bilder im iiblichen Sinn. Letztere zeigen die Dichteverteilung einer be timmten Komponente de durch trah!ten Materials, also elementspezifische Information. Beim Preprocessing errechnet man direkt aus den gemes enen Projektionen die material elektive Wormation und rekonstruiert daraus Dichtebilder. Beim Postprocessing hingegen rekonstruiert man zunachst die beiden Energiebilder, in denen dann z.B. mittels regularer SEQCT-Software identi che ROIs ausgewertet werden; das materialselektive Ergebni resultiert dann au einfacher numerischer Rechnung. Die Implementierung de Preproce ing- Verfahren i t verglichen mit Postproce ing komplizierter und erfordert auf der Softwareseite den Zugriff auf die Projektion datensiitze und auf der Hardwareseite die chnelle Um chaltung der Romgenenergie, da jede Objektverschiebung zwischen der Aufnahme der entsprechenden Projektionen bei beiden Energien zu erheblichen Bewegungsartefakten in den Dichtebildem fiihrt [20]. Das Verfahren ist gegenwiirtig nur auf einigen Scannertypen der Fa. Siemen. implementiert. Beim Posrproces ing verzichtet man i.a. auf die Erstellung von Dichtebildem und begntigt sich, wie oben beschrieben, mit einem numerischen Resultat. Man ist dabei gegen eine Objektver chiebung zwischen den Aufnahmen bei den jeweiligen Energien weit weniger empfindlich. Der groBe Yorteil de Preprocessing-Verfahren liegt darin, daB Strahlautbiirtung artefakte, die durch die Benutzung eines poIychromatischen Rontgenspektrums entstehen, kompensiert werden konnen. Beim Postprocessing hingegen lassen sich Strahlaufhiirtungseffekte im rekonstruierten Energiebild i.a. nicht mehr voll tandig korrigieren. 1m folgenden sollen aus der Ftille der Algorithmen zur Berechnung der Knochenmineralkonzentrationen mittels DEQCT zwei niiher erliiutert werden: das Genant/Boyd-VerfahIen und die Ba i materialzerlegung von AJvarez/Macovski und Lehmann.
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Aktueller Stand der Knochendensitometrie: II. Methodik der Ouantitativen Computertomographie
Geoant/Boyd-Verfahren (vereinfacht und exakt) Die e Algorithmen ind eine Erweiterung de geschilderten SEQCT- Verfahren . Bei DEQCT erhiilt man fUr jede der beiden Energien eine Gleichung analog zu Gleichung 4: HKK
= SKPKK + Hw
H~K
=
+ H(..,
~PKK
(typisch bei 80-85 kVp) und
(9a)
(lypisch bei 120-140 kVp)
(9b)
und entsprechend an telle von G1eichung 3 (unter cxpliziter Herau tellung des Fettenn ): HM = fKH K + fwHw
~ = fKH~
fiH i
und
m
+ fwH(.., + fFH~ + L fiH~
(lOb)
(11)
Besttinde trabekuliirer Knochen lediglich aus Knochengewebe (CaHAP) wasseraquivalentem und fettaquiva1entem Knochenmark, 0 verschwande der Resttenn: m
Lf
i
[(H~
- H(..,)(H w - HF)- (Hi - Hw)(H(.., - H~)]
i=1
( 12)
De facto gibl jedoch, wie weiter oben bereits erwahnt, weitere Komponenten, der n we entlichste der Kollagenanteil ist [21]. Kalibriert man nun die Ergebnis e (unter Au wertung der CT-Einheiten de oben erwahnten Fett-Kalibrierung standards) nicht nur fUr Knochenmineral (KK), ondem auch fUr Fett (KF), 0 erhiilt man analog zu den Gleichungen 9a und b: HKF
= SFPK + Hw
H~F
= ~PKF
H(..,
(niedrige Energie) und
(l3a)
(hohe Energie)
(l3b)
Hierau und durch Multiplikation von Gleichung II mit der physikalischen Dichte POK von Knochenmaterial ergibt ich die DEQCT Fonnel fUr das exakte Genant/BoydVerfahren:
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(15)
(lOa)
f _ H M - Hw)(H(v - H~) - (H~ - H(..,)(H w - HF) + ~Resl K(H K- Hw)(H(.., - H~) - (H~ - H(..,)(H w - HF)
=
Die es Verfahren hat neben dem zu atzlichen Aufwand, der fUr die Fettkalibrierung notwendig ist, auch den achteil, daB die Reproduzierbarkeit durch die Vielzahl der fehlerbehafteten GroBen der komplexen Gleichung ]4 reduziert ist. De halb wird altemativ vielfach da vereinfachte Genant/Boyd-Verfahren verwendet. Gilt naherungsweise daB
m
+ fFHF + L
Die Summe tiber i = 1 ... m beschreibt hier nur den Resttenn. Gleichung 2 kann dafur verwendet werden, in den GJeichungen lOa und b den Wa ser-Volumenanteil f w zu eliminieren. Die Kombination der Gleichungen lOa und b erlaubt tiberdies die Eliminierung des Fett-Volumenanleil fF so daB ich ergibt:
~Resl
(14)
d.h. also, daB die Fettab orption energieunabhangig ist, so vereinfacht ich Gleichung 14 zur Formel de vereinfachten Genant/Boyd-Verfahrens: PK. GIB. vereinfacht
=
(H~
- H(..,) - (H M I
SK -SK
-
Hw)
(16)
Die es Verfahren verbes ert die Reproduzierbarkeit auf Katen der Richtigkeit: generell wird der Fettfehler nur urn etwa ein Drittel bis zur Halfte reduziert. Neben den gebrauchlichen "Genant/Boyd-Verfahren" [5] sind in den vergangenen Jahren einige alternative Ansiitze entwickelt worden [22-24], die ich irn we entlichen durch die Art der Kalibrierung unter cheiden. Das ,vereinfachte Genant/Boyd-Verfahren' und das "Nickoloff-Verfahren" konnen mit Mioeral-Kalibrierungsstandards durchgeftihrt werden; die anderen Verfahren, da "exakte Genant/BoydVerfahren " das ,,4-equation-4-unknown-Verfahren" von Good itt und das "Laval-Jeantet-Verfahren' erfordem die zu iitzlich Messung eines Fett-Kalibrierungsstandards. Das ,,3-equation-3-unknown-Verfahren' von Goodsitt hingegen macht die zu iitzliche Me ung eines lOO%igen KnochenKalibrierungsstandards notwendig. Die Me sung eine FettKalibrierungsstandard stellt kein grundsiitzliche Problem dar, da mehrere der herkommlichen Kalibrierungsstandard auch ein feUiiquivalentes Kalibrierungsmaterial enthalten. Prinzipiell kann altemativ auch subkutanes Fett des Patienten als Fett-Referenzstandard genommen werden. Es muB aber gleich einleitend darauf hingewiesen werden, daB aile DEQCT- Verfahren Probleme aufweisen [25,26], deren abchlieBende Losung noch aussteht. Die beiden Genant/Boyd-Verfahren sind nach Kenntni der Autoren bisher nur in Verbindung mit der Postprocessing-Methode benutzt worden, doch lieBe jch der Fonnalismu auch auf die Preprocessing-Methode tibertragen. Ob da ftir die im letzten Absatz kurz di kutierten Verfahren ebenfall gilt, wurde von den Autoren nieht gepriift.
Aktueller Stand der Knochendensitomelrie: II. Methodik der Quantitativen Computertomographie
Basismaterialzerlegung Das Grundkonzepl aller DEQCT-Techniken basiert auf der Erkenntnis, daB sich die Energieabhangigkeit des Massenschwachung koeffizienten J-L(E)/p eines Materials im Bereich diagnostischer Rontgenenergien mit hinreichender Genauigkeit al Linearkombination von nur zw i og. Basisfunktionen f) (E) und f2(E) beschreiben laBt, solange deren Energieabhangigkeit hinlanglich verschieden ist. Das bedeutet umgekehrt, daB die Bestimmung der Absorption eines Materials bei drei Energien redundante Infonnation liefert. In ihrer urspriinglichen Arbeit identifizierten Alvarez und Macovski [6] die Kle.in-Nishina-Funktion, die die Energieabhangigkeit des Comptoneffekts freier Elektronen beschreibt und die Photoabsorption (Energieabhangigkeit etwa E- 2 8 [27]) mit f, und f 2 . Lehmann und Mitarbeiler zeigten dann, daB man statt dessen auch die energieabhangigen Masschen. chwachungskoeffizienten zweier sog. Ba ismaterialien benutzen kann. Man erhalt demnach z.B. ftir die MeBregion M folgende Gleichungssystem: und
J-L' ) ( -POM
(J-L' ) POI
Ct
+ (J-L' - ) P0
C2
(17a)
(l7b)
2
J-L und 1-£' bezeichnen den Absorptionskoeffizienten bei Energie lund 2. Der Ubergang von einem Satz Basi materialien zu einem anderen ist mathematisch gesprochen nichts anderes als eine Basistransfonnation in einem linearen Vektorraum. Eine solche Transfonnation andert also lediglich die energieunabhangigen Konstanten CI und C2. Zur Bestimmung der Konstanten fiihrt man Messungen bei lwei Energien durch und bestimml die Massenabsorptionskoeffizienten der Basismaterialien durch eine Kalibrierung. Um die Absorption von Knochen in G1. (17) zu beschreiben, sind u.a. folgende Basismaterialpaare vorgeschlagen und benutzt worden: Al und Plexiglas 19,20], Ca und H20 [28], CaCh und H20 [29], Hydroxylapatit und H20 [30]. Vergleicht man G1. (17) mit G1. (1), sieht man, daB die Konstanten Cj und C2 die Quotienten aus lokaler Dichte des jeweiligen Basismaterials und physikalischer Dichte des Materials der MeBregion indo Man erhalt al 0 z.B. die Knochenmineraldichte PK = C'POM als eine aquivalente Hydroxylapatitdichte. Besteht, wie im FaJle trabekuliiren Knochens, die MeBregion aus mehr aLs zwei Marerialien so erhalt man sog. aquivalente lokale Dichte der Basismaterialien. Benutzt man beispielsweise Hydroxylapatit und Wasser, 0 tragl das Weichteilgewebe im wesentlichen zur lokalen Wasserdichte und Knochen zur lokalen Hydroxylapatitdichte bei. Fett wird zu einem geringen Anteil ebenfalls zur lokalen Hydroxylapatitdichte beitragen, da sich die Absorptionseigen chaften von Fett und Wasser unterscheiden. Lost man das Gleichungssystem (17) nach PK auf 0 erhall man:
(18)
Wahlt man fUr das zweite Basismaterial (in der Gleichung durch den Index 2 gekennzeichnet) Wasser, so entspricht GI. 18 der urspriinglichen vereinfachten Genant/Boyd-Fonnel (abgesehen von einem Druckfehler: anstelle von b wurde der reziproke Wert angegeben [5]). Da zugrundeliegende physikalische Prinzip ist also identisch' Unterschiede bestehen hingegen in der Implementierung als Pre- oder Postprocessing-Verfahren.
Schlu8folgerung Die darge tellten physikalischen Grundlagen der Standardverfahren der Knochendensitometrie lassen die unterschiedlichen Einsatzmoglichkeiten und Limitationen erkennen. SPA/SXA-Verfahren sind auf periphere MeBorte beschrankt und liefem primar eine Lineare Knochenmineraldichte; DXA erlaubt die Messung der wichtigsten Frakturorte, d.h. Wirbelsaule und proximaler Femur, und liefert eine Flachenknochenmineraldichte' QCT letztendlich ist in der Routine gegenwiirtig auf Me ungen an der Wirbel au]e beschrankt ermoglicht jedoch al einzige Verfahren die Bestimmung der echten VoLumenknochenmineraldichte. Letzteres Verfahren ist damit zur selektiven Analyse von trabekularem und kortikalem Knochen geeignet.
Vorschau Weitergehende Limitationen und FehlerqueLlen ergeben sich aus technischen Unzulanglichkeiten spezifischer Gerate, aber auch durch inadaquate Durchfiihmng der Mes ungen sei es aus Unkenntnis der Probleme oder durch Unachtsamkeit. Eine vergleichende Beurteilung der Verfahren hat auch in Betracht zu ziehen, inwieweit die Vert'ahren gegentiber solchen Fehlbedienungen anfallig sind. 1m dritten Teil dieses Artikels werden prinzipieLle Limitationen und venneidbare FehJerquellen sowie die zu deren Kontrolle notwendigen MaBnahmen der Qualitatssicherung dargestellt. Auf dieser Basis konnen dann die verschiedenen Verfahren miteinander verglichen werden.
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DAS AKH-Wien sucht
Physikerl Physikerin fUr die Universitiitsklinik fur Strahlentherapie und Strahlenbio1ogie. Das Tatigkeitsgebiet umfal3t die klinische Strahlenphysik, Dosimetrie Strahlenschutz, Qualitiitskontrolle, Bestrahlungsplanung, EDV. etc. Die Einstellung erfolgt nach dem Besoldungsrecht der Stadt Wien, ein abgeschlossenes Universitatsstudium ist Voraussetzung. Bewerber mit Erfahrung in medizinischer Physik (Strahlenphysik) werden bevorzugt. Interessenten werden gebeten, ihre Bewerbung ehest mit den iiblichen Unterlagen an die
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Universitatsklinik ftiT Strahlentherapie und Strahlenbiologie, AKH-Wien, AIserstrafie 4, A-I090 Wien zu richten. Auskiinfte erteilt: Prof. Dr. W. Binder, Tel. 02 22/ 4 04 00 /34 08 DW.
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Fiir die Verfasser: Dr. Claus-C. GIGer, Assoc. Prof., Assoc. Director Osteoporosis Research Group. Departmem of Radiology, Box 0628, University of California, San Francisco, CA 94143. USA