Tabelle 1. Deskriptive Statistik aller 45 laborbesta¨tigten Fa¨lle, welche in die Studie des RKI zur Untersuchung der Virusausscheidung bei Neuer Influenza A/H1N1 aufgenommen wurden. Die Daten dieser Tabelle stellen eine Erweiterung der im Text dargestellten ersten Analysen dar Indexfa¨lle (n ¼ 30)
Sekunda¨re Fa¨lle (n ¼ 15)
Geschlecht ma¨nnlich Alter – Median (Range)
16/30 (53%) 17 (11–54)
4/15 (27%) 41 (6–57)
Klinische Symptome Fieber 4 38 1C Husten Halsschmerz Kopf-, Muskel-, Gliederschmerz ILI (Fieber und [Husten oder Halsschmerz]) asymptomatisch
23/30 29/30 17/30 21/30 21/30 0/30
8/15 (53%) 10/15 (67%) 3/15 (20%) 4/15 (27%) 7/15 (47%) 3/15 (20%)
Hospitalisierung zu Isolationszwecken aufgrund der Schwere der Erkrankung
11/30 (37%) 9/30 (30%) 2/30 (7%)
3/15 (20%) 3/15 (20%) 0/15
Behandlung mit Oseltamivir innerhalb der ersten 3 Erkrankungstage
19/30 (63%) 11/30 (37%)
3/15 (20%) 3/15 (20%)
Postexpositionsprophylaxe mit Oseltamivir
–
3/15 (20%)
(77%) (97%) (57%) (70%) (70%)
Quelle: Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 42, 19. Oktober 2009, S. 430–431. dung bzw. eine Serokonversion vorlag. Von diesen 8% blieben wiederum 50% (8 von 16) asymptomatisch [2]. Wa¨hrend die Postexpositionsprophylaxe in unserer Untersuchung offensichtlich nicht die Virusausscheidung verhindert hat, muss der Einfluss der Prophylaxe bezu¨glich der Entwicklung einer Symptomatik zumindest in Betracht gezogen werden. In der vorliegenden Studie wurden 4 verschiedene Probenmaterialien gewonnen. Die im Vergleich zu den anderen Materialien hohe Sensitivita¨t von Nasenspu¨lwasser befindet sich in U¨bereinstimmung zu a¨hnlichen Untersuchungen bei saisonaler Influenza [3]. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die hier dargestellten Unterschiede der Materialien bzgl. ihrer Sensitivita¨t durch die relativ niedrige Viruslast am Ende der Erkrankungsphase (60% aller positiven Proben wurden am 6. Tag der jeweiligen Erkrankungsphase oder spa¨ter gewonnen) akzentuiert wurden und in den ersten Tagen nach Symptombeginn weniger ausgepra¨gt gewesen wa¨ren. Bei richtiger und standardisierter Anwendung hat sich die Verwendung von Nasenspu¨lwasser, auch bei kleinen Kindern, als einfach zu gewinnende Probenmethode erwiesen. Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf einer Analyse der ersten eingeschlossenen Teilnehmer der RKI-Studie zu den Dynamikparametern der Virusausscheidung bei Neuer Influenza A/H1N1 in Deutschland. Da es sich um kleine Fallzahlen handelt, sind der Interpretation der Ergebnisse Grenzen gesetzt – eine Verallgemeine-
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rung ist daher noch nicht mo¨glich. Eine ausfu¨hrliche Analyse aller vorliegenden Daten mit gro¨ßerer Datenbasis erfolgt derzeit. Als erster Ausblick auf diese Ergebnisse der vollsta¨ndigen Stichprobe sind in Tabelle 1 Daten zu Alter, Geschlecht, klinischer Symptomatik und Therapie aller 45 in die Studie eingeschlossenen Patienten mit besta¨tigter Infektion an Neuer Influenza A/H1N1 dargestellt. Dank gilt allen Gesundheitsa¨mtern und Landesstellen fu¨r die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen der Feldteameinsa¨tze. Bericht der Abteilung 3 in Zusammenarbeit mit ZBS 2 und dem NRZ Influenza am RKI. Ansprechpartner ist Dr. Thorsten Su¨ß (
[email protected]).
Literatur [1] Carrat, F., Vergu, E., Ferguson, N.M., et al., 2008. Time lines of infection and disease in human influenza: a review of volunteer challenge studies. Am J Epidemiol 167, 775–785. [2] Hayden, F.G., Treanor, J.J., Fritz, R.S., et al., 1999. Use of the oral neuraminidase inhibitor oseltamivir in experimental human influenza: randomized controlled trials for prevention and treatment. Jama 282, 1240–1246. [3] Spyridaki, I.S., Christodoulou, I., de Beer, L., et al., 2009. Comparison of four nasal sampling methods for the detection of
Krh.-Hyg. + Inf.verh. 31 Heft 6 (2009): 246–255 http://www.elsevier.de/khinf
viral pathogens by RT-PCR-A GA(2)LEN project. J Virol Methods 156, 102–106.
Bakterien: Versteckspiel mit der Wirtszelle Forscher aus Deutschland, Japan und den USA haben den Abwehrmechanismus des gefa¨hrlichen Lebensmittelkeims Listeria monocytogenes entschlu¨sselt. Diese Aufkla¨rung kann helfen, neuartige Therapien gegen Infektionskrankheiten zu entwickeln. Sind die Lebensbedingungen schlecht, mu¨ssen menschliche Zellen mit besonderen Strategien ihr U¨berleben sichern. So recycelt eine Zelle unter bestimmten Bedingungen eigene Zellkomponenten, um sich auch in du¨rren Zeiten mit Na¨hrstoffen zu versorgen. Diesen natu¨rlichen Prozess des Selbstverdaus der Zelle nennt man Autophagie. Neben mißgefalteten Proteinen und Organellen werden auch Bakterien und Viren abgebaut – sofern diese keine Anti-Autophagie-Strategie entwickelt haben. Wie sich der gefa¨hrliche Lebensmittelkeim Listeria monocytogenes vor Autophagie schu¨tzt, hat nun eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Trinad Chakraborty (Institut fu¨r Medizinische Mikrobiologie, Justus-Liebig-Universita¨t Gießen) und Prof. Dr. Chihiro Sasakawa (Universita¨t
Tokio) entschlu¨sselt. Die Ergebnisse wurden jetzt in ‘‘Nature Cell Biology’’ vero¨ffentlicht. Listeria monocytogenes ist ein humanpathogenes Bakterium, das u¨ber kontaminierte Lebensmittel aufgenommen wird und im Verlauf der Infektion in menschliche Zellen eindringt. Durch seine Eigenschaft, der Autophagie zu entkommen, geho¨rt es zu den gefa¨hrlichsten Lebensmittelkeimen. Die Sterblichkeitsrate bei Infektionen mit diesem Bakterium betra¨gt bis zu 30 Prozent. Gefa¨hrlich sind Listerien-Infektionen vor allem fu¨r Schwangere, Neugeborene, a¨ltere und immungeschwa¨chte Menschen. Um der zelleigenen Abwehr zu entgehen, wendet Listeria monocytogenes zwei sehr menschliche Strategien an: Fliehen und Verstecken. Zur Flucht benutzt das Bakterium nicht seinen eigenen Bewegungsapparat, sondern es entert wirtzellspe’’ zifische Bestandteile des Zellskeletts. Verantwortlich dafu¨r ist das bakterielle Oberfla¨chenprotein ActA, das einen Aktinschweif ausbildet, der wie ein Raketenantrieb wirkt und das Bakterium blitzschnell durch die Zelle bewegt. So entgeht das Bakterium anfa¨nglich dem Autophagieprozess innerhalb der Zelle. Wird es aber doch von der Wirtszellabwehr erkannt, versteckt sich das Bakterium mit Hilfe der Wirtszellproteine, die es zur Aktin-vermittelten Bewegung benutzt hat. Es ta¨uscht somit der infizierten Zelle durch seine Aktin-Verkleidung vor, ein Bestandteil der Wirtszelle zu sein. Mit den nun publizierten Untersuchungen konnten die Mikrobiologen aus Gießen, Japan und den USA erstmals den Zusammenhang zwischen dem bakteriellen ActA-Protein und der Autophagie-Zellverteidigung zeigen: Bakterien, die kein ActA-Protein besaßen, wurden umgehend durch Autophagie von der Wirtszelle abgeto¨tet. War hingegen der zelleigene Autophagieprozess ausgeschaltet, konnten Bakterien ohne ActA-Protein u¨berleben. Die Aufkla¨rung dieses Mechanismus kann dabei helfen, bakterielle Krankheitsprozesse besser zu verstehen und neuartige Medikamente und Therapien gegen Infektionskrankheiten zu entwickeln.
Listeria monocytogenes ActAmediated escape from autophagic recognition. ‘‘Nature Cell Biology’’, online vero¨ffentlicht am 13. September 2009: http://dx.doi.org/10.1038/ncb1967
Maßnahmenplan fu¨r MRSA in Gesundheitseinrichtungen
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Quelle: Yuko Yoshikawa, Michinaga Ogawa, Torsten Hain, Mitsutaka Yoshida, Makoto Fukumatsu, Minsoo Kim, Hitomi Mimuro, Ichiro Nakagawa, Toru Yanagawa, Tetsuro Ishii, Akira Kakizuka, Elizabeth Sztul, Trinad Chakraborty & Chihiro Sasakawa:
1. Einleitung Dieser Maßnahmenplan gilt fu¨r alle Einrichtungen des Gesundheitswesens außerhalb der Krankenha¨user. Eine Einteilung in die Bereiche: A. Stationa¨re Pflegeeinrichtungen B. Ambulante/ha¨usliche Krankenpflege C. Ambulante Behandlung in medizinischen Einrichtungen (z.B. a¨rztliche Praxis, therapeutische Einrichtung) D. Rehabilitation soll jeder Einrichtung eine Orientierung geben, die in Kapitel 3 beschriebenen konkreten Maßnahmen auf den eigenen Bereich durch die Hygieneverantwortlichen, in Pflegeinrichtungen koordinierend durch Hygienebeauftragte in der Pflege zu adaptieren, schriftlich festzulegen, u¨ber den Hygieneplan allgemein zuga¨nglich zu machen und verbindlich umzusetzen. Es ist mittlerweile weltweit durch zahlreiche Studien belegt, dass Patienten mit Infektionen durch multiresistente Erreger einen deutlich la¨ngeren Heilungsverlauf haben und zudem eine signifikant erho¨hte infektionsbedingte Sterblichkeit aufweisen als dies bei Infektionen durch Antibiotika-empfindliche Erreger der Fall ist. Dies gilt in besonderem Maße in Zusammenhang mit MRSA. Vor diesem Hintergrund hat das Robert Koch-Institut (RKI; www.rki.de) bereits vor einigen Jahren fu¨r Krankenhauspatienten eine
Reihe von Maßnahmen (wie z.B. Screening, Isolierung, Kohortierung und Dekontamination) vero¨ffentlicht. Fu¨r die u¨brigen Einrichtungen des Gesundheitswesens gibt es nur wenige konkrete Vorgaben oder Handlungsempfehlungen. Hier ist das MRSA-Problem fu¨r Bewohner oder Patienten im Vergleich zu Patienten in Akutkrankenha¨usern im allgemeinen deutlich geringer. Dennoch gilt auch fu¨r diesen Personenkreis die selbstversta¨ndliche Forderung, notwendige Maßnahmen zur unkontrollierten Ausbreitung von multiresistenten Erreger, insbesondere MRSA, situationsgerecht umzusetzen. Sowohl Maßnahmen zur Isolierung als auch zur Eradikation des Keimes sind grundsa¨tzlich in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens sinnvoll und nach der Richtlinie fu¨r Krankenhaushygiene und Infektionspra¨vention notwendig, jedoch muss die Art der Umsetzung den jeweiligen Rahmenbedingungen der Einrichtung angepasst werden. Dabei sind viele Aspekte zu beru¨cksichtigen, die u¨ber die hier ausgefu¨hrten hygienischen Vorgaben hinausgehen. Zum einen mu¨ssen fu¨r die Erstellung eines Maßnahmenkataloges, eingebettet in den Hygieneplan nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) y36, alle speziellen Gegebenheiten der Einrichtung wie z.B. Rechtsform und Vertragsregelung auf ein festgelegtes Mehrbettzimmer, Betreuungsvertrag, ra¨umliche Gegebenheiten wie z.B. getrenntes Wartezimmer in ambulanter Einrichtung unter Fortfu¨hrung der Individualwahl eines betreuenden Arztes mit voller Therapiefreiheit gewa¨hrleistet werden. Andererseits mu¨ssen die perso¨nlichen Auswirkungen in ihrer Konsequenz fu¨r den Betroffenen bedacht sein. So ist z.B. eine dauerhafte Isolation bei nicht MRSA-sanierbarem Zustand wa¨hrend eines begrenzten Krankenhausaufenthaltes vertret- und dem Betroffenen erkla¨rbar, wu¨rde aber in einer Langzeitpflege einer Abtrennung von allen Sozialkontakten gleichkommen. Daher ist festzulegen, wie weit und mit welchen Einschra¨nkungen Gemeinschaftseinrichtungen aufgesucht und an Gruppenaktivita¨ten teilgenommen werden kann bzw. sollte. Der Maßnahmenplan wurde im Konsens durch die DGKH-Sektion, Hygiene in der ambulanten und stationa¨ren Kranken- und Altenpflege/Rehabilitation erarbeitet und orientiert sich an der Richtlinie fu¨r Krankenhaushygiene und Infektionspra¨vention, herausgegeben vom Robert Koch-Institut.
Krh.-Hyg. + Inf.verh. 31 Heft 6 (2009): 246–255 http://www.elsevier.de/khinf
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