Über den Anteil von Nitrat und Chlorid an der Zusammensetzung des Zellsaftes von Blütenpflanzen

Über den Anteil von Nitrat und Chlorid an der Zusammensetzung des Zellsaftes von Blütenpflanzen

Flora, Abt. A, Bd. 158, S. 577-593 (1967) Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universitat Wien Uber den Anteil von Nitrat und Chlorid an de...

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Flora, Abt. A, Bd. 158, S. 577-593 (1967)

Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universitat Wien

Uber den Anteil von Nitrat und Chlorid an der Zusammensetzung des Zellsaftes von Bliitenpflanzen Von CORNELlE VON SCHNURBEIN Mit einer Abbildung im Text (Eingegangen am 15. Oktober 1967)

Einleitung Gegen Ende des 19. Jahrhunderts befaBten sich eine Reihe von Autoren mit dem Vorkommen von Nitrat in der Pflanze. Die Arbeiten von MOLISCH (1883, 1887), der die Diphenylamin-Methode zum Nachweis von Nitrat in die botanische Mikrochemie einfiihrte, SCHIMPER (1888), SCHULZE (1896) brachten qualitative Ergebnisse, BOUTIN (1873, 1874) und BERTHELOT et ANDRE (1884)veroffentlichten die ersten quantitativen Werte. Auch detaillierte Angaben liber die Verteilung des Nitrats in den Geweben liegen vor (FRANK 1887; SCHIMPER 1888; THODAY and EVANS 1930). Einige Pflanzen, so vor allem Vertreter der Familien der Chenopodiaceae, Amaranthaceae, Urticaceae und Solanaceae sind daher seit langem als Nitratpflanzen bekannt. Bereits BERTHELOT et ANDRE (1884) befaBten sich mit dem Nitratgehalt der Pflanzen im Lauf ihrer Entwicklung und stellten fest, daB die Nitratvorrate mit dem Bllihbeginn abgebaut werden, was durch spatere Arbeiten bestatigt wurde (CAMPBELL 1924; BAUER 1938). Die in neuerer Zeit gewonnenen Erkenntnisse liber die Nitrat-Assimilation werfen ein Licht auf diese Vorgange. So ist die Aktivitat der Nitratreduktase in eben voll ausgewachsenen Blattern maximal, dagegen in alten sowie in schnell wachsenden jungen deutlich geringer (CANDELA, FISHER and HEWITT 1957). Die in der Literatur libereinstimmend bezeugte Tatsache, daB der Stengel einer Pflanze oft wesentlich mehr Nitrat speichert als die Blatter, hat sehr wahrscheinlich auch mit der Konzentration des genannten Enzyms zu tun (CANDELA, FISHER and HEWITT 1957). Etwas eingehender sei eine Arbeit von SCHMALFUSS (1945) referiert liber GefaBversuche mit Beta vulgaris. Die Pflanzen speicherten bei Chloridmangel und nicht zu extremem N-Hunger Nitrat in ihren Geweben, und zwar in urn so gro13eren Mengen, je mehr Nitrat ihnen geboten wurde. Wurden bei den mit Nitrat ernahrten Pflanzen Chloride dem Nahrstoffgemisch zugesetzt, so verschwanden die gespeicher-

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CORNELlE VON SCHNURBEIN

ten Nitrationen. Nitrat kann dann reduziert und sein N in organische Bindung iibergeflihrt werden. Chlorid wirkte ertragsteigernd. SCHMALFUSS schreibt diese Wirkung des Chlorids der Abstammung von Beta vulgaris von der halophilen Beta maritima zu. Er schlie13t daraus, da13 Beta einwertige Anionen zur Aufrechterhaltung eines optimalen Quellungszustandes der Zellkolloide benotigt und Nitrat speichert, wenn ihr kein Chlorid zur Verfiigung steht. In der vorliegenden Arbeit wurden im wesentlichen drei Ziele verfolgt:

1. Es wurde durch halbquantitative und quantitative Nitratbestimmungen das Bild der systematischen Verbreitung von Nitratpflanzen zu erganzen versucht. 2. Durch quantitative Bestimmung des Chloridgehaltes des' gesammelten Materials soUten Anhaltspunkte dafiir gefunden werden, ob au13er fiir Beta auch flir andere nitratreiche Pflanzen die von SCHMALFUSS (1945) aufgezeigten Verhiiltnisse gelten. 3. In Fallen, in denen die untersuchten Pflanzen viel Nitrat enthielten, wurde der osmotische Wert bestimmt und der Anteil des Nitrats berechnet, da iiber diesen kaum Angaben in der Literatur vorliegen (STEINER und ESCHRICH 1958, S.344).

Methodik Aus dem gesammelten Pflanzenmaterial wurden, nach Abtiiten durch Hitze in iiblicher Weise, PreBsafte gewonnen und mit dies en die Untersuchungen durchgefiihrt. Als BezugsgriiBe wurden die Gesamtsaure, das ist die Gesamtmenge der vorhandenen Anionen, bestimmt, wie bei KINZEL (1963) beschrieben: In einem stark sauren Kationen-Austausrher werden die Kationen von 1 ml PreBsaft durch H-Ionen ersetzt und diese im Eluat mit kohlensaurefreier O,05n NaOH potentionmetrisch titriert. Die Bestimmung des Nitrats wurde nach der von CONWAY (1947) entwickelten Mikrodiffusions-Methode durchgefiihrt: Das Nitrat wird in einer luftdicht verschlossenen Schale im Alkalischen mit feingepulverter Devarda-Legierung reduziert. Das sich entwickelnde Ammoniak diffundiert in eine mit Indikator versetzte Standard-Borsaureliisung, die nach einiger Zeit mit O,01n HCl titriert wird. Statt der bei CONWAY angegebenen ;}lischung von einem Teil 40%iger Kalilauge und 3 Teilen gesattigter Kaliumcarbonatliisung wurde nur gesattigte K 2C0 3-Liisung verwendet, bei der die Gasentwicklung nicht so stiirmisch einsetzt, so daB mit Sicherheit keine Laugenspritzer in die Standardsiiure gelangen. Die die Bestimmung sturenden Amide und Ammonium-Ionen der pflanzlichen PreBsafte werden im Kationenaustauscher festgehalten, wie Vorversuche bestatigten. Da die Probe nach Passage durch die Austauschersaule auf dem Wasserbad eingeengt werden muB - durch das ~achwaschen mit 2mal je 25 ml destilliertem Wasser erhalt man eine Fliissigkeitsmenge von etwa 50 ml - muB sie neutralisiert werden. Andernfalls entweicht ein Teil des Nitrats als Salpetersaure aus der Lusung. Die Nitratbestimmung kann daher im vorliegenden Fall direkt an die Gesamtsaurebestimmung angeschlossen werden. Die Neutralisation geschieht durch die Titration mit ~atro'llauge (vgl. oben).

tiber den Anteil von Nitrat und Chlorid usw.

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Chlorid wurde potentiometrisch mit O,Oln Silbernitratliisung bestimmt (WOLF 1962). Die Nitratuntersuchungen im Freiland wurden mit Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsaure durchgefiihrt. Die mit steigenden Nitratkonzentrationen zunehmende Intensitat des bei der Reaktion auftretenden Blantons erlaubte eine halbquantitative Auswertung der Bestimmungen. Auf Sulfat wurde in den verdiinnten PreBsaften mit salzs,mrer Bariumchloridliisung gepriift. Der osmotische Wert wurde kryoskopisch bestimmt nach der von Wc\LTER (1939) angegebenen .Methode. Die Anteile von Nitrat und Chlorid wurden mit Hilfe der isoosmotischen Koeffizienten von Kaliumnitrat und -chlorid, der molaren Gefrierpunktserniedrigung von Wasser und def Tabellen von WALTER berechnet.

Ergebnisse und Besprechung der Ergebnisse

Nitrat 1m Verlauf von zwei Vegetationsperioden wurden tiber 600 Nitratbestimmungen all Pflanzen durchgeftihrt, davon 146 quantitativ, die tibrigen halbquantitativ. Aus Platzgriinden konnen die gesamten halbquantitativen und auch einige der quantitativen Ergebnisse nicht in die Tabellen aufgenommen werden, obwohl auf sie hei der Besprechung der Familien zum Teil Bezug genommen wird. Es sei daher auf die der Arbeit zugrunde liegende Dissertation hingewiesen (v. SCHNURBEIN 1967). Auf Grund der Ergebnisse lassen sich die Familien und ihre Vertreter in ein vorlaufiges Schema eingliedern, das eine Ubersicht erleichtert: a) Pflanzen, in denen sich nur unbedeutende Mengen Nitrat nachweis en lassen. b) Pflanzen, die in der Jugend viel Nitrat speichern, das im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung verschwindet. c) Pflanzen, die auch noch zur Zeit der Fruchtreife viel Nitrat enthalten. Bei den untersuchten Leguminosae, Scrophulariaceae, Ranunculaceae, Campanulaceae und Liliaceae konnte mit Diphenylamin kein Nitrat nachgewiesen werden. 1m Fall der Leguminosen liegt die Vermutung nahe, daB diese nicht dar auf angewiesen sind, Nitrat in groBen Mengen aufzunehmen, da sie in der Regel den Luftstickstoff mit Hilfe von Knollchenbakterien assimilieren kannen. Daneben fand sich auch in solchen Pflanzen wenig Nitrat, dcnen das Substrat, auf dem sie wachsen, cine Anhaufung von Nitrat unmoglich macht, z. B. manche Pflanzen der Trockenrasen. In der zwciten Gruppc, Pflanzen, die im jugendlichen Entwicklungsstadium groBe Mcngen Nitrat speichern konnen, gehoren die auf nahrstoffrcichen Standorten wachsenden Rosaceen Geum urbamtm und die Rubus-Arten, wie aus cinem Verglcich zwischen quantitativen (vgl. Abb. 1 a) und den halbquantitativen Ergebnissen hervorgcht.

nlbum hybridum glaucum murale

Blatter

Atriplex oblongifolia

Stengel

Atriplex ]latula

Stengel

Chenopodium bonushenricus Chenopodium album Atrilllex nitens

Blatter

Chenopodium Chenopodium Chenopodium Chenopodium

Blatter

29.9.

7.9.

20.9. 20.9. 14. 7.

wlister Platz

Wegrand

Garten Dachterrasse wiister Platz

Wegrand Garten Garten wiister Platz

hi

fr

+ fr

veg

fr

fr

veg veg veg veg

G37

364

305 384 355

320 383 286 420

24,8

76,8

19,2 15,1 2,1

62,7 59,7 3,5 2,2

GO,8

106,0

41,!J 65,0 115,0

14,3 30,7 76,2 32,2

+ + +

+

+

(+) 27,5

33,8

573

veg

wiister Platz

6.6.

26.6. 14. 6. 14.6. 14.7.

+ ++ 5,7 0,8

21,4 58,6

382 360

bl bl

Feldrand wiister Platz

3.6. 13.9.

+ fr

+ + ++ ++ +

18,8 26,3 142,0 50,0 12,0

Illvaljl

mvaljl

S04

15,3 54,6 13,2 8,8 6,8

el

NO.

195 405 445 517 522

Gesamtsaure mvaljl

veg bl + fr bl fr fr

Veget.Zustand

Bahndamlll Wegrand Wegrand Bahndamm Feldrand

Standort

24.4. 25.5. 13.5. 14.7. 3.6.

Datum

14,2

10,2

11,2 9,7

9,6

Os mot. Wert Atlll

Ergebnisse def quantitativen Analysen. veg = Pflanze im vegetativen Zustand untersucht, bl = bliihend, fr = fruchtend

Cruciferae (Brassicaceae) Alliaria peliolata CapseUa bursa-pastoris Cardaria draba Cardaria draba Descurainia sophia Resedaceae Reseda lutea Reseda lutea Cheno]lodiacene Chenopodium nlbum

Untersuchte Pflanze

'l'abelle 1 a

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3.6. 27.5. 26.6. 15. G. 7.9. 18. 5. 20. [j.

Caprifoliaceae Sambucus nigm Sambucus niym Sambucus niym Sambucus nigra Sambucus niyra Sambucus ebulus Sambucus racemosn

Feldrand Teichufer Garten Feldweg*) Gebiisch Donauufer Garten

Schuttplatz Schuttplatz Schuttplatz Garten Wiese*) Wegrand Garten Wiese*) Rasen

Garten

wiister Platz wiister Platz wiister Platz

Standort

+ fr

+ fr

veg veg veg veg fr veg veg

bi

fr bi fr

Veget.Zustand

*) salzreiche Biiden im Gebiet iistlich des Neusiedlersees.

Plantago Plantago Plantago Plantago Plantago Plantago Plantago Plantago Plantago

24.4. 6.7. 17.9. 3. 6. 10.5. 26. G. 14.9. 10.5. 13.5.

3.9.

maior maior maior maior lanceolala lanceolala lanceolata media media

Amaranthaceae Amaranthus retroflexus Plantaginaceae

13.9. 13.9. 13.9.

Datum

Ergebnisse der quantitativen Analysen

Chenopodiaceae Atriplex tartarica Kochia scOpari(1 Salsola kali

Untersuchte Pflanze

TabeJle 1 b

257 248 304 236 333 312 446

299 511 416 388 274 254 233 277 230

253

424 414 307

Gesamtsaure mval/l

59,8 44,1 10,6 107,0 92,8 37,6 26,7

13.1 2,3 3,7 36,6 2,2 6,6 38,1 2,0 2,8

85,2

2,4 1,6 4,G 1,2 4,4 29,3 42,5

92,5 124,0 166,0 32,2 113,0 40,8 31,3 112,0 38,9

17,2

67,9 67,6 52,8

mval/l

mval/l

61,8 46,1 16,5

Cl

NO a

+ ++ + + + ++ + (+ ) +

(+)

+ (+) +

SO{

9,8 10,6 10,2 11,8 11,3

8,3

14,8

9,4

15,5

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CORNELlE vO)! SCHNURBElN

Ebenso verhalten sich viele Unkriiuter aus der Familie der Cruciferae (Brassicaceae), wie Capsella bursa-pastoris, schon aus Versuchen von CAMPBELL (1924) als nitratreich bekannt, Descurainia sophia, Cardaria drab a (vgl. Tabelle 1 a) und Raphanus raphanistrum, sowie Armoracia lapathifolia. Malvaceae wurden nur mit Diphenylamin untersucht. Es scheinen bei jungen Pflanzen gro13e Nitratmengen gespeichert zu werden, die sich in fruchtenden nicht mehr nachweisen lassen. Das gleiche gilt fiir die Geraniaceae. Sie sind offen bar in ihrem Nitratgehalt besonders stark yom jeweiligen Standort abhiingig.

Hohe Nitratkonzentrationen enthielten die Pre13safte der Umbelliferae (Ap'iaceae, Ammiaceae) Heracleum sphondylium und Chaerophyllum temulum im vegetativcn Zustand. Der Stengel einer fruchtenden Heracleum-Pflanze von vergleichbarem Standort, einer niihrstoffreichen Wiese, war dagegen nitratarm (vgl. Abb. 1 a). Auffallend ist der Unterschied im Nitratgehalt zwischen Chaerophyllum temulum und Chaerophyllum bulbosum, die dicht nebeneinander wuchsen und beide kurz vor der BliHe standen (vgl. Abb. 1a). Auch die Polygonaceae scheinen im Nitratgehalt sehr von den gegebenen Bodenverhiiltnissen abzuhiingen. Junge Polygonum aviculare- Pflanzen erwiesen sich als nitratreich. Die halbquantitativen Ergebnisse bci den untersuchten ruderalen Boraginaceae Anchusa officinalis, Echium vulgare, Asperugo procumbens schlie13en sich, wie es scheint, an die alten Befunde von BERTHELOT et ANDRE (1884) an, die in jungem Borago officinalis viel Nitrat fan den, das nach dem Beginn der Bliite abgebaut wurde. Unter den Labiatae (Lamiaceae, Menthaceae), fUr die schon BALANSARD (1936) das Vorkommen von KN0 3 als Familienmerkmal annimmt, erwiesen sich vegetative Exemplare von Leonurus cardiaca bei den quantitativen Untersuchungen (vgl. Abb. 1 b) und bliihende Ballota nigra bei den halbquantitativen als besonders nitratreich. Ballota nigra wurde auch zur Zeit der Fruchtreife mit Diphenylamin auf Nitrat gepriift. Die Reaktion war nur mehr schwach. Dieses Ergebnis wird durch quantitative Angaben von BAUER (1938) gestiitzt. Von den Compositae (Asteraceae) ist Arctium lappa zu nennen,deren relativ hoher Nitratgehalt mit zunchmender Entwicklung bis auf wenige mval abnimmt (vgl. Abb. 1 b). Bliihende Cirsium-Arten rcagierten mit Diphenylamin stark positiv, Taraxacum officinale von verschiedenen Standorten und zu verschiedenen Zeiten zeigte wechselnd hohen Nitratgehalt. Besonders plastisch verhalten sich die Plantaginaceae. Bei Plantago maior oder Plantago lanceolata, die am haufigsten untcrsucht wurden (vgl. Tabelle 1 b), finden sich in jungen Pflanzen je nach Standort hohere oder niedrigere Nitratkonzentrationen. Ebenso waren unter den fruchtenden Pflanzen sowohl salche, die kaum mehr N0 3 enthielten, als auch solche, die es noch in gro13eren Mengen speicherten.

Uber den Anteil von ;'I/itrat und Chlorid usw.

!'

583

Die Plantaginaceae leiten somit uber zur dritten Gruppe, zu der in erster Linie Familien gehoren, die schon lange dafiir bekannt sind, daJ3 sie Nitrat speichern. Die Resedaceae werden in der Literatur nicht genannt. Exemplare von Reseda lutea, die in fruchtendem Zustand gesammelt worden waren, waren sehr nitratreich (vgl. Tabelle 1a). Die Moraceae Humulus lupulus und Cannabis sativa konnen nach den vorliegenden Ergebnissen (vgl. Abb. 1 a) ebenfalls zu der Gruppe der nitratspeichernden Pflanzen gezahlt werden, ebenso wie die Urticaceae, speziell Urtica dioica (vgl. Abb. 1 a), die Chenopodiaceae (fruchtende Exemplare von Chenopodium album, Atriplex-Arten und Kochia scoparia, vgl. Tabelle 1 a und 1 b) und die Amaranthaceae, von denen allerdings nur Amaranthus retroflexus quantitativ untersucht wurde (vgl. Tabelle 1 b). Bei den Diphenylamin-Versuchen an Caprifoliaceae zerfallt die Familie deutlich in zwei Gruppen: Sambucus-Arten enthalten immer Nitrat - Sambucus nigra im Zustand der Fruchtreife noch in hohem MaJ3 (vgl. Tabelle 1 b) - Gattungen wie Lonicera, Viburnun, Symphoricarpos dagegen nie. Dieses Verhalten wurde mit der Forderung einiger Autoren, die Gattung Sambucus von den Caprifoliaceae abzutrcnnen (TAKHTAJAN 1959), ubereinstimmen. Diese Abtrennung scheint jedoch in Bezug auf andere chemotaxonomische Ergebnisse noch nicht genugend gerechtfertigt (HEGNAUER 1964). Will man versuchen, die Ergebnisse zu interpretieren, dann muJ3 man besonders zwei Punkte berueksichtigen, an denen auJ3ere Faktoren, die eine Anhaufung des Nitrats in den Pflanzen beeinflussen, ansetzen konnen: Die Aufnahme des Ions aus dem Boden und seine Reduktion in der Zelle. 1m Boden muss en ausreichend Nitrationen angeboten werden, wobei die lntensitat der dauernden Nachlieferung ausschlaggebend ist (WALTER 1960; ELLENBERG 1964). Wir finden daher aIle nitratspeichernden Pflanzen auf nahrstoffreichen Standorten. Mcistens handelt es sich urn Ruderalstellen. Man kann jedoch Nitratpflanzen nicht gleich Ruderalpflanzen setzen (BAUER 1938), wie Pflanzen des Auwaldes zeigen (vgl. Humulus, Abb. la, und die Werte von BAUER). Der nahrstoffreiche Auwald wird ja neb en den Stepp en und Felsheiden Sudost- und Sudeuropas als nicht anthropogener Herkunftsort der Ruderalpflanzen angesehen (KRAUSE 1958). Kultur- und Dungerversuche zeigen deutlich, daJ3 die Menge des aufgenommenen Nitrats mit steigendem Angebot zunimmt (BAUER 1938;SCHMALFUSS 1945; HEDIN et DUVAL 1963; JAEGER 1966). MARTHALERS (1937) Arbeit mit abweichenden Ergebnissen fur Urtica dioica und Rumex obtusifolius wurde schon von BAUER (1938) stark kritisiert. Andererseits ist bekannt, daJ3 mit zunehmender Nitratdungung auch die Menge der Nitrat-Reduktase bis zu einer optimalen Konzentration ansteigt (HAGEMAN and FLESHER 1962; CANDELA, FISHER and HEWITT 1957; BEEVERS, SCHRADER, FLESHER and HAGEMAN 1965). lnduzierend wirken auf die Nitrat-Reduktase auJ3erdem Licht

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CORNELlE VON SCHNURBEIN

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URTICACEAE

Abb.1a. Blockdiagramme. Der ganze Block gibt den Wert der Gesamtsaure in mvalJI an, der erste Strich von unten die Hiihe des Chloridwertes; die Nitrat-Konzentration entspricht der Hiihendifferenz zwischen erstem und zweitem Strich. 1. Geum urbanum, bl + fr, Hainbuchenwald, Lichtung; 2. Rubus caesius, Blatter, veg, Schuttplatz; 3. Potentilla anserina, veg, Feldweg; - 4. Chaerophyllum temulum, kurz vor Bliite, Gebiisch; 5. Chaerophyllum bulbosum, kurz vor Bliite, Gebiisch; 6. Eryngium campestre, veg, Feldrand; 7. Falcaria vulgaris, veg, Feldrand; 8. Heracleum sphondylium, veg, JliIahwiese; 9. Heracleum sphondylium, Stengel, fr, JliIahwiese. 10. Cannabis sativa, Stengel, veg, Feldrand; 11. Cannabis sativa, fr, wiister Platz; 12. Humulus lupulus, Blatter, fr, verwilderter Park; - 13. Urtica dioica, veg, Garten; 14. Urtica dioica, fr, Teichufer; 15. Urtica urens, bl, Wegrand; 16. Parietaria officinalis, bi + fr, Gebiisch.

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Uber den Anteil von Nitrat und Chlorid usw. f1VAUL PRESS

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Abb. 1 b. Blockdiagramme (zur Form der Darstellung vgl. Legende zu Abb. 1 a). 17. Lamium maculatum, bl, Bachufer; 18. Galeobdolon luteum, bl, Gebusch; 19. Salvia nem01'Osa, kurz vor Blute, Feldrand; 20. Salvia glutinosa, fr, Buchenwald, Lichtung; 21. Mentha aquatica, veg, Bachufer; 22. Leonurus cardiaca, veg, Mahwiese; - 23. Brachypodium silvaticum, veg, Buchenwald; 24. Phragmites communis, veg, Uferbereich einer Salzlacke)*; 25. Puccinellia peisonis, veg, Uferbereich einer Salzlacke)*. 2(i. Arctium lappa, veg, Schuttplatz; 27. Arctium lappa, vor Blute, Schuttplatz; 28. Artemisia vulgaris, veg, Schuttplatz; 29. Artemisia vulgaris, vor Blute, Schuttplatz; 30. Artemisia vulgaris, ff, Schuttplatz; 31. Solidago canadensis, veg, Schuttplatz; 32. Petasites hybridus, veg, Bachufer; 33. Lactuca serriola, vor Blute, Feldrand; - 34. Tradescantia viridis, veg, Gewachshaus.

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Flora, Aht. A, Bd. 158.

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CORNELIB' VON SCHNURBEIN

und ErhOhung der Temperatur (BEEVERS et al.), sowie Gaben von Mo, wenn dieses Metallion fehlt (CANDELA et al.). Die Aktivitat des Enzyms wird dementsprechend herabgesetzt durch Mo-Mangel und durch Beschattung (CANDELA et al.; HAGEMAN and FLESHER), sowie durch Dungung mit (NH 4)2 S04 (CANDELA et al.). Die Nitrat-Reduktase ist ein Metallflavoproteid, das FAD, Mo und aktive SHGruppen enthalt und NADH + H+ bzw. NADPH + H+ als Protonen-Donatoren fur FAD benotigt (EVANS and NASON 1953). Daher konnen indirekt auch Atmung und Photosynthese auf die Nitrat-Reduktion wirken. Es handelt sich hier urn auBerordentlich komplexe Vorgange. Soviel scheint klar: bei den noch wachsenden jungen Pflanzen sind Aufnahme und Reduktion noch nicht koordiniert, in dem Sinn, daB diese mehr Nitrationen aufnehmen, als sie im Moment verarbeiten konnen. Daher kommt es, daB bei Pflanzen im vegetativen Zustand die hOchsten Nitrat- Konzentrationen im Zellsaft gefunden werden (vgl. Einleitung). Es kann auf Grund der vorliegenden Untersuchungen nicht entschieden werden, ob die Unterschiede zwischen den Pflanzen der Gruppe b, den "Jugendspeicherern", und denen der Gruppe c, den eigentlichen Nitratpflanzen, nur durch auBere Bedingungen hervorgerufen oder grundsatzlicher Natur ist. Fur die letztgenannte Ansicht spricht, daB bei Keim- und GefaBversuchen Urtica urens, Urtica dioica, Amaranthus retroflexus und Chenopodium album (Gruppe c) durch hohe KN0 3-Konzentrationen gefordert wurden, Capsella bursa-pastoris (Gruppe b) dagegen durch hohe Konzentrationen gehemmt wurde (MAYSER 1954). Es wurde jedoch auchRumex obtusifolius gefordert, der hier, auf Grund der halbquantitativen Ergebnisse zu den Pflanzen der zweiten Gruppe gestellt wurde. Auch die Rolle, die das Nitration bei den Chenopodiaceae als Ersatz fur das Chloridion zu spielen scheint (SCHMALFUSS 1945) und die durch die vorliegenden Ergebnisse erhartet wird (vgl. unten), weist darauf hin, daB zumindest diese Familie sich von den in der zweiten Gruppe genannten Pflanzen grundsatzlich unterscheiden muB. Das Vermogen, Nitrate zu speichern, ist mit einer Resistenz desProtoplasmas gegenuber Nitrationen verknupft (LINDNER 1947) und dadurch erst moglich gemacht. Bei den von LINDNER untersuchten Pflanzen fan den sich sowohl Vertreter der zweiten als auch der dritten Gruppe. Sie wurden zur Zeit der Elute untersucht, so daB offenbleibt, ob sich das Resistenzverhalten bei Pflanzen der Gruppe b mit

der weiteren Entwicklung andert. Chlorid Fur Glykyphyten bemerkenswert hohe Chlorid- Konzentrationen fan den sich in den PreBsaften von Potentilla anserina, Rubus caesius (Rosaceae, Abb. 1a), Cardaria drab a (Cruciferae, Tabelle 1 a), Eryngium campestre, Falcaria vulgaris (U mbel-

tiber den Anteil von Nitrat nnd Chlorid usw.

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liferae, Abb. 1 a), von Cannabis sativa (Moraceae, Abb. 1 a) und von Salvia nemorosa und Mentha aquatica (Labiatae, Abb. 1 b). Auch die nicht halophilen Plantago-Arten ertragen hohe Chlorid- Konzentrationen im Zellsaft. Verglichen mit einer am selben Standort wachsenden Artemisia vulgaris (vgl. Abb. 1 b) enthielt Plantago maior jeweils die doppelte Menge Chlorid (vgl. Tabelle Ib). Innerhalb der Gattung Sambucus fand sich ein Unterschied zwischen S. nigra einerseits und S. racemosa und S. ebulus andererseits. Die beiden letztgenannten Arten enthielten, gemessen an allcn erhaltenen Werten, Chlorid in durchschnittlichem AusmaB. In S. nigra dagegen konnte in allen untersuchten Fallen nur auBergewohnlich geringe Chlorid-Konzentrationen nachgewiesen werden (vgl. Tabelle Ib). Ein Vergleich mit Pflanzen, die mit S. nigra (3. 6., vgl. Tabelle 1 b) am selben Standort wuchsen, namlich Eryngium campestre, Falcaria vulgaris, Salvia nemorosa lehrte, daB diese iiberdurchschnittliche Menge Chlorid enthielten (vgl. oben). Auch auf salzhaltigem Boden fand sich eine ebenso geringe Chlorid- Konzentration des PreBsaftes von S. nigra wie auf salztreiem (S. nigra vom 15. 6., vgl. Tabelle 1 b). Ahnliche Ergebnisse lieferte Reseda lutea. Die Probe vom 13. 9. enthielt von allen untersuchten Pflanzen am wenigsten Chlorid (0,8 mvaljl PreBsaft). Atriplex tartarica, Kochia scoparia und Salsola kali vom selben Standort waren dagegen chloridreich (vgl. Tabelle 1 b). Es ware denkbar, daB diese Pflanzen auf Grund eines aktiven Mechanismus bei der Aufnahme der CI-Ionen diese bis zu einem gewissen Grad ausschlieBen konnen, wie es flir nicht absalzende Mangrove-Pflanzen angenommen wird (SCHOLANDER, HAMMEL, HEMMINGSEN and GAREY 1962; BIEBL und KINZEL 1965). Andererseits konnte die Tiefe der Bewurzelung eine Rolle spielen. 1m Zusammenhang mit der eingangs referierten Arbeit von SCHMALFUS (1945) sind die bei einigen Chenopodiaceae erhaltenen Ergebnisse bemerkenswert. Neben den schon genannten Nitrat-Speicherern fan den sich andere GansefuBgewachse, Exemplare von Chenopodium glaucum, die Stengel von Atriplex nit ens und die Blatter von Chenopodium mttrale, die ausgesprochen wenig Nitrat enthielten, dafiir aber groBere Mengen Chlorid. Es handelte sich dabei urn Pflanzen, die noch nicht gebliiht hatten. Bei fruchtenden Exemplaren von Chenopodium album und Salsola kali iiberwog trotz des relativ hohen Nitratgehaltes die Konzentration der Chloridionen noch wesentlich.

Chenopodium glaucum Atriplex nitens, Stengel Chenopodium murale, Blatter Chenopodium album Salsola kali 40'

Nitrat mval/l

Chlorid mval/l

3.5 2.1 2.2 15.1 16.5

76.2 115.3 32.2 65.0 52.8

COm,ELIE VON SCHNlJRBEIN

588

Die Befunde stimmcn mit den Ergebnissen von SCHl\IALFUSS (1945) tiberein und machen ein glei~hartiges Verhalten aller Chenopodiaceae wahrscheinlich. DaB man diese Befunde abel' nicht verallgemeinern darf, zeigen die Beobachtungen von MoTHES (1939, S. 102) an Maispflanzen, wonach dort durch Nitratgabcn sowohl Chlorid als auch Sulfat in ihrer Aufnahme etwas gcfiirdert werden. Von der ertragssteigernden Wirkung des Chlorids, wie wir sie fUr die Chenopodiaceae annehmen kiinnen (SCHMALFUSS 1945), die aber wohl nicht als spezifisch fUr dieses Ion anzusehen ist, muB die Rolle des Chlorids als Spurenelement unterschieden werden. Ais solches ist es sowohl fUr Solanum lycopersicum (BROYER, CARLTON, JOHNSON and STOUT 1954) als auch ftir Beta vulgaris (ULRICH and OHKI 1965) nachgewiesen, wobei das CI-Ion als Cofaktor fUr die 02-Entwicklung bei der Photosynthese wirkt (BOVE, BOVE, WHATLEY and ARNON 1963). Eine noch nicht geklarte, aber doch erwahnenswerte Rolle scheint das ChloridIon bei Vertretern solcher Familien zu spiclen, die sich beztiglich der Nitratspeicherung besonders uneinheitlich verhalten. Vor allem die untersuchten Crucifeme, Umbelliferae, Plantaginaceae, Compositae und Gmmineae weisen dieses unterschiedliche Verhalten der Gattungen auf, neben der Erscheinung, daB auch die einzelne Art in hohem MaB an diejenigen auBeren Faktoren angepaBt zu sein scheint, die die Nitrataufnahme regeln. Es fallt auf, daB fast in allen cben genanntell Familiell Vertreter gefunden wurden, die viel Chlorid ertragen. Neben diesen hiiufig recht bodenvagen Arten kommen auch immer ausgesprochen an salzreiche Standorte angepal3te Halophyten vor. DafUr seien einige Beispiele angeftihrt:

Familie Oruciferae U mbelliferae Plantaginllceae

Glykyphyten

Obligate Halophyten

Cal'daria draba

Lepidium cartilagineum

ruderal (142 mval elll)

(181 mval ClII)

Eryngium campestre

Eryngium maritimum

ruderal (156 mval ClII)

nicht untersucht

Plantago media

Plantago maritima (289 mval GIll) Aster tripolium (174 mval GIll) Puccinellia peisonis (223 mval Gill)

Salzboden (112 mval GIll) Compositap

Petasites hybridus

Gramineae

Bachufer (65 mval Gill) Phragmites communis Salzboden (186 mval Gill)

Die Familie der Chenopodiaceae, die auch sonst als sehr abgeleitet gilt, kann als Endglied einer solchen, in den anderen Familien nur angedeuteten Entwicklung gedacht werden. Die meisten ihrer Vertreter speichern entweder Chlorid oder Nitrat in groBen Mengen und sind zu ihrem optimalen Gedeihen auf eines der beiden Ionen angewiesen.

s

t

m

tiber den Auteil von Nitrat und Chlorid usw.

589

Daneben sind die Nitrat speichernden Familien zu stellen, die wie die Urticaceae Chlorid ertragen, sich abe!' meist auf nitratreiche Standorte beschranken, und einzelne Arten, wie Sambucus nigra und Reseda lutea, die allem Anschein nach Chlorid bis zu einem gewissen Grad ausschlieBen konnen. Sulfat Dieses Ion, dessen Aufnahme fUr die Pflanze ja lebenswichtig ist, wird wohl in allen Zellsaften in einer (meist kleinen) Konzentration zu erwarten sein. Die im folgenden mitgeteilten Beobachtungen beziehen sich auf PreBsafte, die nach Zusatz von BaCl2 rasch einen deutlich sichtbaren Niederschlag gaben, die also besonders groBe Mengen von Sulfat enthielten. Bei allen untersuchten Oruciferae konnte Sulfat qualitativ nachgewiesen werden (vgl. Tabelle 1a). Dieses wie es scheint obligate Vorkommen steht moglicherweise in Zusammenhang mit den fUr die Familie charakteristischen Senfol-Glykosiden, die den Schwefel in oxydierter Form enthalten (HEGNAUER 1964). Auch die beiden Proben von Reseda lutea reagierten positiv bei Zusatz der Bariumchlorid-Losung (vgl. Tabelle 1 a). Neben Cruciferae und Resedaceae und die Familie der Equisetaceae (WALLAND und KINZEL 1966) reihen sich die untersuchten Plantaginaceae, die samtlich Sulfat enthielten (vgl. Tabelle 1 b). Bei den Chenopodiaceae wurde in der Mehrzahl der FaIle Sulfat gefunden (vgl. Tabelle 1 a und 1 b). Osmotischer Wert Die Ergebnisse der Berechnungen zeigen, daB der Anteil des Nitrats am osmotischen Wert bis zu 40 % (Amaranthus retroflexus, Sambucus nigra, vgl. Tabelle 2), in einem Extremfall sogar 71 % (Tradescantia viridis, vgl. Tabelle 2) betragen kann. Mittlere Werte liegen zwischen 10 und 22 % des Gesamtwertes, wobei zu berucksichtigen ist, daB es sich bei den untersuchten Zellsaften meist urn nitratreiche handelt. In der Literatur fand sich nur ein Wert: 7,9% fur junge Avena-Blatter (JAEGER 1966). Die Werte fur den Anteil des Chlorids schwanken zwischen 0,4 % (Reseda lutea, vgl. Tabelle 2) und 42,5 % (Plantago maior, vgl. Tabelle 2). Der fur die untersuchten Pflanzen errechnete Durchschnittswert von 9 % liegt wesentlich niedriger als der von ARNOLD (1955) fur Glykyphyten angegebene von 20,8%, was wohl zum Teil durch die extrem gering en Chlorid- Konzentrationen bei Reseda und Sambucus nigra verursacht wird.

rannabis sativa, 29. 9., Blatter U rtica dioica, 3. 9. }'vI ercurialis annua ('heno]Jodium album, 26. 6. Amaranthus retroflexus, Stengel Plantago lanceolata, 14. 9. Plantago maior, 17. 9. Sambucus nigra, 2G. 6. Sambucus ebulus Arctium lappa, 24. 4. Tradescantia viridis

Blatter

F'umaria officinalis Capsella bursa-pastoris Reseda lutea, 13. 9. Chaerophyllum temulum H eracleum sphondylium, 18. 5.

19,3 10,5 10,2 10,2 11,6 8,3 14,8 10,2 11,3 8,6 3,7

6,4 35,7 12,4 22,7 43,2 17,5 1,0 40,2 12,6 12,9 70,8

11,2 22,3 22,5 36,5 16,8

1,00 2,14 2,22 2,92 1,65

8,9 9,6 9,7 8,0 9,8 1,23 3,75 1,27 2,40 5,01 1,45 0,15 4,10 1,42 1,11 2,62

%

Atm

Os mot. Wert Atm

Anteil Nitrat (als KN0 3)

4,6 33,3 10,(i 19,5 52,5 16,4 0,9 45,5 12,0 11,8 62,9

10,4 13,5 17,2 34,4 18,9

saure

%der Gesamt-

4,78 1,44 0,43 0,54 0,64 1,18 6,28 0,05 1,11 2,26 0,17

0,27 1,00 0,03 0,59 0,81

Atm

24,7 13,7 4,2 5,3 5,5 14,2 42,5 0,5 9,8 26,3 4,6

3,2 10,4 0,4 7,4 8,3

0"; ,0

Anteil Chlorid (als KCl)

Osmotische Werte und berechnete Anteile von Nitrat und Chlorid am osmotischen Gesamtwert

Untersuchte Pflanze

Tabelle 2

17,9 12,7 3,6 4,5 G,7 13,4 39,8 0,5 19,4 23,9 4,2

2,7 6,5 0,2 7,0 9,2

% der Gesamtsaure

0

Z

OJ

t:!i

:;d

q

z

~

0

U1

z

0

<:

;;

t"'

zOJ

:;d

0

o· <0 o

fiber den Anteil von Nitrat und Chlorid usw.

591

Zusammenfassung 1. In PreBsaften aus Freilandpflanzen wurden quantitativ Nitrat und Chlorid, fallweise halbquantitativ Nitrat und qualitativ Sulfat, dazu als BezugsgriiBe die Gesamtsaure bestimmt. AuBerdem wurde in einigen Fallen der osmotische Wert gemessen. 2. Die untersuchten Pflanzen wurden entsprechend ihrem Verhalten gegeniiber Nitrat in drei Gruppen gegliedert: a) Pflanzen, bei denen sich nur geringe Nitratmengen nachweis en lassen, was bei Vertretern der Leguminosen an der besonderen N -Versorgung liegen diirfte. b) Pflanzen, die in der Jugend hohe Nitratmengen enthalten kiinnen, die dann fast viillig abgebaut werden. Dieses Verhalten ist oft mit einer griiBeren Anpassungsfahigkeit an das Substrat verb un den. Solche Pflanzen treten in mehreren Familien des Systems vereinzelt auf, haufiger sind sie bei Cruciferae, Umbelliferae und Compositae, geschlossen reagieren nach diesem Typ die Plantaginaceae. c) Pflanzen, die obligat Nitrat speichern, was sich durch einen hohen Nitratgehalt wahrend der gesamten Entwicklung ausdriickt. Es gehiiren hierher Urticaceae, Moraceae, Chenopodiaceae und Amaranthaceae. 3. Die Hypothese, daB Nitrat- und Chloridionen sich gegenseitig vertreten kiinnen (SCHMALFUSS 1945), konnte fUr einige Chenopodiaceae erhartet werden. 4. Bei Vertretern solcher Familien, die sich beziiglich der Nitratspeicherung besonders uneinheitlich verhalten (vgl. 2. b)), kommt es haufig zur Ansammlung groBer Chloridmengen in den Zellsa!ten. Meistens findet man in diesen Familien auch ausgesprochene Halophyten. 5. Sambucus nigra enthalt hohe Nitrat-Konzentrationen, aber auBerordentlich wenig Chlorid, und zwar auch auf Salzboden. Er unterscheidet sich darin von S. ebulus und S. racemosa, die Chlorid in durchschnittlichen Mengen enthalten. Reseda lutea i~t ebenfalls auffallend chloridarm. Bei den Cruciferae, den Resedaceae sowie den Plantaginaceae konnte in allen untersuchten Pflanzen viel Sulfat nachgewiesen werden. G. Der Anteil des Nitrats am kryoskopisch bestimmten osmotischen Gesamtwert der untersuchten, meist nitratreichen Pflanzen schwankt zwischen 1 und 71 'Yo. Der GroBteil der Werte liegt zwischen 10 und 22 %. JVleinem verehrten Lehrer, Professor Dr. HELMUT KINZEL, der mir das ThemaiiberlieB.sei ,weh an dieser Stelle gedankt fiir die Einfiihrung in das Arbeitsgebiet und seinen Rat bei allen im Verlauf der Untersuchungen auftauchenden Problemen.

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