Flora, Bd. 152, S. 590-609 (1962)
(Aus dem Akademie-Institut fiir Biochemie der Pflanzen und dem Universitats-InstitiIt fiir Allgemeine Botanik in HallejSaale)
Uher den Stoffwechse1 von Pipecolins3ure,4-Hydroxypipecolins3ure, 4-Aminopipecolins3ure und 4-0xopipecolins3ure in Strophanthus scandens (D. Mitteilung zur Biochemip drs Milchsaftrs1 ) Von
W. Schenk, H. R. Schutte nnd K. Mothes Mit 6 Abbildungen im Text (Eingegangen am 10. Juli 1962)
In einer friiheren Mitteilung berichteten wir von der Isolierung einer neuen basischen Iminosaure, der 4-Aminopipecolinsaure, aus dem Milchsaft von Strophanthus scandens. Wie aus folgender Ubersicht hervorgeht waren bereits friiher natiirliche Vorkommen der Pipecolinsaure und einer Anzahl ihrer Derivate bekannt geworden. Substanz
erstmals nachgewiesen in:
Autor
Baikiaea plurijuga
KING, KING u. WARWICK (1950)
f'"
I I Y"'COOH
Baikiain
k
/'"
l)"'COOH
Pipecolin- Trifolium repens, saure Phaseolus vulgaris
N
J
Apfel
MORRISON (1952) ZACHARIUS, THOMPSON u. STEWARD (1952) HULME u. ARTHINGTON (1952)
1) 1. Mitt. SCHENK, W., u. SCHUTTE, H. R., Naturwiss. 48, 223 (1961); 2. Mitt. LISS, I., Naturwiss. 48, 304 (1961); 3. Mitt. Lrss, I., Flora 101, 351 (1961); 4. Mitt. LISS, I., Phytochemistry 1, 871 (1962).
Uber den Stoffweehsel von Pipeeolinsaure, 4-Hysroxipipeeolinsaure usw. Substanz
591
erstmals naehgewiesen in:
Autor
Rhapis flabelliformis, Baikiaea-Samen, Phiinix dactilifera (Friichte)
VIRTANEN u. KARl (1954) GROBBELAAR, POLLARD u. STEWARD (1955)
OH"/,,
I I
5-Hydroxypipeeolin¥"COOH saure
I
H OH
I
/" I I
4-HydroxypipecolinY"COOH saure
Acacia pentadena und anderen VIRTANEN u. KARl (1955) Acacia-Arten
k 0
II
/"
4-0xopipecolinl)"COOH saure N
gebunden im Faktor S des Staphylomycins
VANDERHAEGHE u. P ARMENTlER (1960)
Strophanthus scandens
SOHENK u. SOHUTTE (1961)
~ NH2
I
/"
I I
4-Aminopipecolin"/"COOH saure N
~ {)ber den Stoffwechsel dieser Verbindungen und deren biologische Bedeutung ist noch wenig bekannt. Mit Ausnahme der 4-0xopipecolinsaure sind diese Substanzen stets unter den freien Aminosauren gefunden worden. Ein Hinweis dafiir, daB sie sich ahnlich dem Prolin und Hydroxyprolin auch am Aufbau von Peptiden und Proteinen beteiligen konnen, liegt nicht vor. Am intensivsten ist bisher die Biosynthese der Pipecolinsaure untersucht worden. Ihre Entstehung aus Lysin wurde zuerst fUr Phaseolus vulgaris aufgezeigt (GROBBELAAR und STEWARD 1953, LowY 1953). Durch intraperitoneale Injektion von e15N-DL-Lysin an eine Ratte und Untersuchung der im Ham ausgeschiedenen Pipecolinsaure auf deren 15N-Gehalt konnten ROTHSTEIN und MILLER (1954) zeigen, daB beim tibergang Lysin ~ Pipecolinsaure bevorzugt, wenn nicht ausschlie13lich, die a-Aminogruppe des Lysins verlorengeht. Oxydative Desaminierung des Lysins fiihrt zu e-Amino-a-ketocapronsaure, die sich spontan zur ,11-Piperidein-2-carbonsaure
592
w.
SCHENK,
11. R.
SCHUTTE
und K.
MOTHES
cyclisieren kann (MEISTER 1954). Diese Zwischenprodukte sind fUr die Bildung der Pipecolinsaure aus Lysin in Rattenorganen (MEISTER, RADHAKRISHNAN und BUCKLEY 1957) und in Neurospora crassa-Mutanten (SCHWEET, HOLDEN und LowY 1954) bestatigt worden. Ein anderer Weg, der unter Abspaltung der e-Aminogruppe des Lysins uber den a-Aminoadipinsaure-semialdehyd zur L/I-Piperidein-6-carbonsaure fUhrt, ist fUr hohere Pflanzen, die reich an Diaminoxydase sind, wahrscheinlich (MANN und SMITHIES 1955). L/I-Piperidein-6-carbonsaure konnte vor kurzem bei Einwirkung von Diaminoxydase aus Erbsenkeimlingen auf Lysin und aus einem Reaktionsansatz, bei dem a-Amino-w-hydroxycapronsaure durch eine w- Hydroxy-a-aminosauredehydrogenase aus Neurospora crassa oxydiert ~wurde, erhalten werden (HASSE, HOMANN und SCHUHRER 1961). Der Stoffwechsel der Pipecolinsaure wurde bisher in Ratten (ROTHSTEIN und MILLER 1953; ROTHSTEIN und GREENBERG 1959 und 1960; BOULANGER und OSTEUX 1960) und in Acacia-Phyllodien (FOWDEN 1960) studiert. ROTHSTEIN und MILLER (1954) betrachten die Pipecolinsaure als ein Zwischenprodukt beim fibergang Lysin -'?- Aminoadipinsaure. Dagegen weisen Untersuchungen von BOULANGER und OSTEUX (1960) und FOWDEN (1960) eher auf einen direkten Weg, der nicht uber Pipecolinsaure fUhrt. Nach Futterung von 14C-Lysin an Acacia-Phyllodien stieg die spezifische Radioaktivitat der Aminoadipinsaure schneller als die der Pipecolinsaure (FOWDEN 1960) und andererseits konnten BOULANGER und OSTEUX (1960) die fruheren Befunde von ROTHSTEIN und GREENBERG (1959) nicht bestatigen, nach denen in der Ratte aus Pipecolinsaure Aminoadipinsaure gebildet werden solI. Die Futterungsversuche von radioaktiv markierter Pipecolinsaure an AcaciaPhyllodien zeigten, daB die Pipecolinsaure in groBerem Umfang am Stoffwechsel dieser Pflanze beteiligt ist. Nach Applikation von 14C-Lysin war bereits nach 3 Stunden die Radioaktivitat der gebildeten Pipecolinsaure groBer, als die des noch nicht umgesetzten Lysins. Fiitterungsversuche mit 14C_ und 3H-markierter Pipecolinsaure konnten zeigen, daB die Pipecolinsaure sehr schnell in den Stoffwechsel einbezogen wird. FOWDEN konnte bereits wenige Stunden nach der Applikation ein breites Spektrum radioaktiver Metaboliten nachweisen. Die Versuchspflanze, Acacia homalophylla, enthalt wie viele andere Acacia-Arten (VIRTANEN und KARl 1955) groBere Mengen 4- Hydroxypipecolinsaure. Fur den Bildungsweg der beiden bekannten Hydroxypipecolinsauren werden zwei Moglichkeiten diskutiert. Sie konnen einmal durch Cyclisierung aus dem entsprechenden Hydroxylysin in analoger Weise wie die Pipecolinsaure gebildet werden (VIRTANEN und KARl 1954 und 1955; VIRTANEN 1955), oder sie entstehen durch direkte Hydroxylierung der Pipecolinsaure. FOWDEN schlieBt aus seinen Versuchen, daB in Acacia-Phyllodien eine direkte Hydroxylierung der Pipecolinsaure stattfindet. Unter den radioaktiven Stoffwechsel-
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure usw.
593
produkten der Pipecolinsaure-Versuche konnte kein 4-Hydroxylysin nachgewiesen werden. 4-Hydroxylysin ist bisher in der Natur noch nicht und 5-Hydroxylysin nur gebunden in Collagenen und einigen Proteinen gefunden worden (VISVANATHA und IRREVERRE 1960). Versuche von LINDSTEDT und LINDSTEDT (1959) zeigen jedoch, daB ein Ubergang 5-Hydroxylysin ~ 5-Hydroxypipecolinsaure mit Enzymsystemen der Rattenniere moglich ist. Sie erhielten nach Inkubation von Rattennieren-Homogenat mit 14C-b-Hydroxylysin nach 3 Stunden radioaktive 5-Hydroxypipecolinsaure. Wir fanden im Milchsaft und in Blattern von Strophanthus scandens neben 4-Aminopipecolinsaure groBere Mengen von 4-Hydroxypipecolinsaure. Nach den Ergebnissen quantitativer Untersuchungen ist es moglich, daB die Aminopipecolinsaure bevorzugt oder ausschlie13lich im Milchsaft vorkommt und die Vakuolen des die Milchrohren umgebenden Parenchyms keine oder nur Spuren von Aminopipecolinsaure und neben anderen Aminosauren vor allem 4-Hydroxypipecolinsaure enthalten. Wegen der hohen Konzentration dilr 4-Hydroxypipecolinsaure (etwa 3 % bezogen auf das Trockengewicht) und d3S gemeinsamen Vorkommens von zwei in 4-Stellung substituierter Pipecolinsauren hielten wir S. scandens als Objekt flir die Untersuchung der metabolischen Eigenschaften dieser Verbindungen flir besonders geeignet. Wir applizierten an isolierten Milchsaft, an Blatter und Triebe von S. scandens 14C-carboxylmarkierte Pipecolinsaure, 4-HydroxypipecoIinsaure, 4-Aminopipecolinsaure und 4-0xopipecolinsaure und verfolgten den Stoffwechsel diesel' Substanzen. Material ond Methoden 14C-markierte Verbindungen 14C-carboxylmarkierte Pipecolinsaure, 4-Aminopipecolinsaure und 4- Hydroxypipecolinsaure wurden wie fruher beschrieben synthetisiert (SCHENK 1962). Die spezifische Radioaktivitat dieser Substanzen betragt 1,2· 10 9 Imp./Min./mMol, gemessen im MethandurchfluBzahler.
4-0xopipecolinsaure wurde durch Oxydation von 14C-carboxylmarkierter 4-HydroxypipecoIinsaure mit Chromsaure in Eisessig (CLARK-LEWIS und MORTIMER 1961) erhaIten: 4 mg 4-Hydroxypipecolinsaure werden in einer Losung von 5 mg CrO a , 0,4 ml Eisessig und 0,1 ml 3n Schwefelsaure gelOst. Das Gemisch bleibt 3 Stunden bei 15°C stehen. Darauf wird die Oxydation durch Zugabe von 0,5 ml Methanol abgebrochen. Nach weiteren 5 Stunden wird das Reaktionsgemisch im Vakuum eingedampft. Der Riickstand wird in wenig Wasser gelOst und nach Zugabe eines Tropfens 3n Ammoniak uber Dowex 50 (H+-Form) geschickt. Man eluiert mit In Pyridin und reinigt weiter durch Chromatographie in einer Zellulosesaule mit n-Propanol/Wasser (3: 1). Wir erhielten so 1,6 mg eines Gemisches von 80 % 4-0xopipecolinsaure und 20 % 4-Hydroxypipecolinsaure. Die 4-0xopipecolinsaure gibt mit Ninhydrin eine reine Gelbfarbung. Die chromatographischen Eigenschaften stimmen mit den von PARMENTIER und VANDERHAEGHE (1960) beschriebenen liberein (siehe Abb. 1). 39
Flora, Bd. 152
594
W. SCHENK, H. R. SCHUTTE und K. MOTHES
Pflanz enma terial 8. scandens ist eine lianenartige Apocynaceae, die im Gewachshaus des Botanischen Gartens der Martin-Luther-Universitat Halle tiber 9 m hoch wird. Milchsaft, Blatter und Triebe wurden etwa 1 m hohen 8.-scandens-Pflanzen, die aus Stecklingen gezogen waren, entnommen. Die Triebe wurden unterhalb des ersten oder zweiten vollentwickelten Blattpaares abg~schnitten. Da die Triebe wahrend der Versuchsdauer ihre Turgeszenz weitgehend behielten, war es miiglich, nach Beendigung des Versuches durch Abschneiden der Triebspitze und der Blatter geringe Mengen (15-100 mg) Milchsaft zu erhalten. Hiermit war es miiglich, Hinweise liper den Anteil der Milchriihren am Stoffwechsel der applizierten Substanzen und deren Metaboliten zu erhalten.
Q
Propanol/Wasser (3:1)
Abb.1. Autoradiogramm der synthetischen 14COOH-4-0xopipecolinsaurc. Applikation der markierten Verbindungen Der Milchsaft wurde aus durchschnittenen Blattstielen und Triebspitzen in die vorgelegte Liisung der markierten Verb in dung en eingetropft. Flir jeden Versuch wurden 0,15-0,2 ml Milchsaft verwendet. Blattern und Trieben wurden die Liisungen der radioaktiven Verbindungen durch die Schnittflache der Blattstiele bzw. der SproBachse zugeflihrt. Damit die Testsubstanzen moglichst schnell yom Transpirationsstrom in die Pflanzenorgane eingesogen werden, verabreichten wir an Blatter nicht mehr als 0,2 ml und an Triebe nicht mehr als 0,4 ml radioaktive Liisung. Nach Aufnahme der radioaktiven Liisungen wurde mit Leitungswasser nachgespiilt. Wahrend des Versuchs wurde flir hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 30°C gesorgt, da unter dies en Bedingungen die Triebe ihre Turgeszenz behalten und beim Zerlegen noch reichlich '. Milchsaft abgeben. Aufarbeitung des Pflanzenmaterials Die Autoradiogramme belegen, daB nach Fiitterung der obengenannten markierten Verbindungen die Radioaktivitat hauptsachlich an 4-Aminopipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure und Pipecolinsaure gebunden ist. Wir fanden auch unter den neutral en und sauren N-freien Verbindungen sowie im wasserunliislichen Riickstand keine bemerkenswerte Radioaktivitat (unter 1 'Yo) und beschrankten uns deshalb auf die Bestimmung der Einbauraten der zugeflihrten Radioaktivitat in diese drei Iminosauren. Die Blatter und die Triebe, die wir vorher zur Gewinnung des Milchsaftes in Triebspitze, Blatter und SproBachse zeriegten, wurden bei 70°C im
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-HydroxypipecoIinsaure usw.
595
Trockenschrank getrocknet und anschlieBend pulverisiert. Die liislichen Stickstoffverbindungen wurden mit Wasser von 80 °0 aus dem pulverisierten Material extrahiert und tiber DOWEX 50 x 4 in der H+-Form gegeben. Nach grtindlichem Waschen der Saulen mit Wasser wurde mit 3 n ~H3 eluiert. Die eingedampften Eluate wurden auf definierte Volumen aufgeftillt, davon wurden aliquote Mengen papierchromatographisch getrennt. Wir chromatographierten absteigend mit n-Propanol/3 n NHa in konstanter Ammoniakatmosphare, die durch Aufstellen offener Schalen mit Ammoniumkarbonat im ChromatographiegefaB erzielt wurde. Eine solche Ammoniakatmosphii,re ist erforderlich, urn Verschmierung-en der 4-Aminopipecolinsaure zu vermeiden.
Abb. 2. Schema zum Fiitterungsversuch von 14COOH-Pipecolinsaure an einen bewurzelten Trieb von 8. scandens. Die quantitative Bestimmung der Iminosauren erfolgte nach einem colorimetrischen Verfahren mit Ninhydrin in 92 %iger Essigsaure (SCHWEET 1954 und PIEZ, IRREvERRE und WOLFF 1956). Uber Einzelheiten der quantitativen Bestimmuhg wird an anderer Stelle berichtet.
Ergebnisse
1. Applikation von 14C-carboxylmarkierter Pipecolinsaure 1.1 Versuch zur Ermittlung der Ausbreitung applizierter Pipecolinsaure in einem bewurzelten S. scandens-Steckling 0,8 mg 14COOH-Pipecolinsaure (6,5'10 6 Imp./Min.) wurden in 0,4 ml Wasser ge16st einem S. scandens-Steckling durch die Mittelrippe eines auf zwei Drittel zurUckgeschnittenen Blattes verabreicht (siehe Abb. 2). Bis zum 2. Tage wurden etwa 0,2 ml der radioaktiven Losung aufgenommen; am 3. Tage wurde der Saugstiel gelb und fiel am 4. Tage abo Am 5. Tage wurde ein Blatt des 2. Blattwirtels zur Gewin39*
596
W. SCHENK, H. R. SCHii"TTE und K. MOTHES
nung von Milchsaft abgeschnitten. Diese Milchsaftprobe war ebenso wie die nach 7 Tagen beim Zerlegen der Versuchspflanze gewonnene nur sehr schwach aktiv. Die Verteilung der Radioaktivitat der lOslichen Stickstoffverbindungen nach siebentagiger Versuchsdauer ist in Tabelle 1 zusammengestellt. Die in Entwicklung befindlichen Organe akkumulieren die meiste Radioaktivitat. Die Pipecolinsaure erwies sich in diesem Versuch als sehr stabil. Wir fanden nach 7 Tagen noch tiber 90 % der Radioaktivitat in der Pipecolinsaure wieder. Etwa 9 % waren in der 4-Hydroxypipecolinsaure und 1 % in der 4-Aminopipecolinsaure gebunden. Tabelle 1 Verteilung der Radioaktivitat in den Organen eines bewurzelten S.-scandens-Stecklings 7 Tage nach Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure mit 6,5· 10 6 Imp./Min. (Zahlung der Blattwirtel von oben nach unten) Organ!)
Imp./Min· 10 3
Imp./Min./g Trockengewicht . 10 3
1. Blattwirtel und Triebs pitze 2. Blattwirtel: Blatt a Blatt b . . 3. Blat~wirtel: Saugstiel . Blatt a 4. Blattwirtel. 5. Blattwirtel. Aehse . Wurzel
3940 12,2 0 1275 36,6 0 0 480 30
5780 20 0 10600 99 0 0 437 15
1) Siehe Abb. 2
1.2 Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure an isolierte junge Blatter von S. scandens Jedes Blatt erhielt 2,5 . 106 Inip./Min.; das entspricht 0,55 mg 14COOH-Pipecolinsaure. Die Autoradiogramme zeigten au13er den in Tabelle 2 aufgefiihrten keine weiteren radioaktiven Substanzen. TabeUe 2 Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure an isolierte junge Blatter von S. scandens
Blatt
1 2 3 4
Verteilung der Radioaktivitat in radioaktivitat eines Blattes
% der Gesamt-
Frischgewicht
Versuchsdauer in
g
Std.
Pipecolinsaure
4-Hydroxypipecolinsaure
4-Aminopipecolinsaure
1,2 1,2 1,6 0,9
48 75 96 96
94 76,5 59,4 77,1
6 23,5 39,6 28,9
0,12 1,30 1,60 0,69
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure usw.
597
1.3 Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure an ein isoliertes ausgewachsenes Blatt von S. scandens Junge Blatter konnten nur hochstens 5 Tage ohne sichtbare Anzeichen von Vergilbung isoliert gehalten werden. Wir verwendeten fUr langere Versuchszeiten ausgereifte Blatter von mindestens 5 g Frischgewicht. Aus einer Anzahl von Versuchen, die zu ahnlichen Ergebnissen fUhrten, sei hier nur ein Beispiel wiedergegeben (Tabelle 3). Es wurde allgemein kein Einbau der Aktivitat in die 4-Aminopipecolinsaure gefunden. Die ausgereiften Blatter zeigten stets eine wesentlich geringere Stoffwechselaktivitat gegeniiber Pipecolinsaure als die noch wachsenden Blatter. Ein Vergleich mit Tabelle 2 zeigt, daB die 4-Aminopipecolinsaure bevorzugt, wenn nicht sogar ausschlieBlich, in jungen Blattern, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist, gebildet wird. Tabelle 3 Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure an ein isoliertes ausgewachsenes Blatt von S. scandens. Versuchsdauer 10 Tage Imp./Min.. 10 5 verabreichte Radioaktivitat . . losliche basische Verbindungen
im nicht aufgenommenen Riickstand . im Effluat des Kationenaustauschers . im Hydrolysat des Wasserunloslichen . Verluste und Respirations-C0 2 • • • .
Bemerkung 160 126
davon entfallen: auf Pipecolinsaure auf 4-Hydroxypipecolinsaure
71,5% 27,8%
6,5 0,3 0,15 27
1.4 Applikation von 14COOH-Pipecolinsaure an Triebe von S. scandens Der Milchsaft wurde den Schnittflachen nach dem Zerlegen der Triebe entnommen. Die so erhaltenen Praparate sind zweifellos durch gleichzeitig auftretende Safte aus dem Phloem und dem Xylem verunreinigt und der Aussagewert der fUr den Milchsaft angefUhrten Ergebnisse ist demzufolge nur beschrankt. Die Autoradiogramme zeigten in dies en Versuchen auBer den bekannten Iminosauren noch radioaktive Flecks, die bisher keiner bekannten Substanz zugeordnet werden konnten. Die in Abb. 3, in der die Autoradiogramme zu diesem Versuch dargestellt sind, mit X bezeichnete Substanz hat chromatographisch Ahnlichkeit mit Baikiain. Mit Ninhydrin bleibt jedoch die fUr Baikiain typische Gelbbraun-Farbung aus. In Tabelle 4 sind die Ergebnisse des 24-Stunden-Versuches, in Thbelle 5 die des 7-Tage-Versuches zusammengestellt.
W. SCHENK, H. R. SCHUTTE und K. MOTHES
598
L
o
0
Abb. 3 Versuchsdauer 1 Tag A B C
+D +E +F
Milchsaft Triebspitze Triebachse
Versuchsdauer 7 Tag£' G Milchsaft H Triebspitze J Triebachsc
K 1. Blattwirtel L 2. Blattwirtel
Papierchromatogramme der liislichen Stickstoffverbindungen nach Applikation von 14COOHPipecolinsaure an Triebe. Links sind den Autoradiogrammen (A, B, C) dieselben Chromatogramme (D, E, F) mit Ninhydrin entwickelt zum Vergleich gegeniibergestellt, rechts sind nur Autoradiogramme (G-L) wiedergegeben. 1 = Pipecolinsaure, 2 = 4-Hydroxypipecolinsaure, 3 = 4-Aminopipecolinsaure. Laufmittel: von links nach rechts n- Propanol/3n Ammoniak (3: 1); von unten nach oben Phenol/Wasser (4: 1).
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure usw.
599
Tabelle 4 Applikation von 3,0 mg 14COOH-Pipecolinsaure, spezifische Radioaktivitat 1,2· 10 9 Imp./Min./ mMol, an einen Trieb von S. scandens Versuchsdaner 24 Std. untersnchtrr Teil des Triebes
4-Aminopipecolinsanre
%1) Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Blattwirtel 1) Prozent
1 0 0 1,5 0,5 bezo~en
spezifische Einbaurate in 0,073 0 0 0,11 0,235
4-Hydroxypipecolinsanre
%1) % 3 5 3 8 10
spezifische Einba,urate in
Pipecolinsanre
%1)
spezifische Einbaurate in %
56 90 93 89 86
18,9 39,0 74,0 10,5 19,8
%
0,097 0,335 0,640 0,095 0,340
auf die Gesamtradioaktivitat des untersuchten Teiles des Triebes.
jTage o
Abb. 4. Autoradiogramme der loslichen Stickstoffverbindungen nach Applikation von 14COOH4-Hydroxypipecolinsaure an Triebe von S. scandens. 1 = Pipecolinsaure, 2 = 4-Hydroxypipecolinsaure, 3 = 4-Aminopipecolinsaure. Laufmittel: von links nach rechts n-Propanol/3n Ammoniak (3: 1); von unten nach oben Phenol/Wasser (4 : 1).
Mikhsoft
o
l1ilchsaft
lriebspitze
TriebspilZe
0
0
TIiebachse
0
Blatter
w.
600
SCHENK, H. R. SCHUTTE und K. MOTHES TabeJle Ii
Applikation von 4,5 mg 14COOH-Pipecolinsaure, spezifische Radioaktivitat 1,2· 10 9 Imp./Min./mMol, an einen Trieb von S. scandens Versuchsdauer 7 Tage untersuchter TeiI des Triebes
Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. BIattwirtel 2. BIattwirtel
4-AminopipecoIinsaure
4-HydroxypipecoIinsaure
Pipecolinsaure
%1)
%1) spezifische Einbaurate in %
%1) spezifische Einbaurate in %
spezifische Einbaurate in %
4 3 0 7 2
0,680 0,077 0 0,86 0,35
2,35 1,34 1,54 129 0,6!
56,0 35,1 78,5 30,6 22,8
40 30 10 38 41
56 62 83 54 55
1) Prozent bezogen auf die Gesamtradioaktivitat des untersuchten Teiles des Triebes.
2. Applikation von 14C-carboxylmarkierter 4-Hydroxypipecolinsaure Der im Autoradiogramm der lOslichen Stickstoffverbindungen der Triebspitze in Abb. 4 mit U 1 bezeichnete Fleck gab mit Ninhydrin keine Farbung und wurde bisher nicht naher untersucht. Die Autoradiogramme dieser Versuche in Abb. 4 belegen, daB bevorzugt eine Umwandlung der 4-Hydroxypipecolinsaure in die 4-Aminopipecolinsaure stattfindet. Bemerkenswert ist der hohe Anteil radioaktiver 4-Aminopipecolinsaure im Milchsaft, der in beiden Versuchen gefunden wurde (siehe Tabelle 6).
JfilchGoft
lrielJspitze
Abb.5. Autoradiogramme der liislichen Stickstoffverbindungen nach Applikation von 14COOH4-0xopipecolinsaure an Triebe von S. scandens. 2 = 4-Hydroxypipecolinsaure, 3 = 4-Aminopipecolinsaure. Laufmittel: von links nach rechts n-Propanol/3n Ammoniak (3: 1); von unten nach oben Phenol/ Wasser (4 : 1).
Uber den Stoffweehsel von Pipeeolinsaure, 4-Hydroxypipeeolinsaure usw.
601
Tabelle 6 Applikation von 2,5 mg 14COOH-4-Hydroxypipeeolinsaure, spezifisehe Radioaktivitat 1,2. 10 9 Imp./Min./mMol. an Triebe von S. scandens A. Versuehsdauer 3 Tage untersuehter Teil des Triebes
Milehsaft Triebspitze 3 ) Triebaehse Blatter2 )
4-Aminopipeeolinsaure
4-Hydroxypipeeolinsaure
Pipeeolinsaure
%1)
spezifisehe %1) Einbaurate in %
%1) spezifisehe Einbaurate in %
spezifisehe Einbaurate in %
25
2,09 083 5,66 0,41
66 84 94 91
2,55 2,30 10,60 1,32
5,5 2 3 2
7,42 0,54 3,77 0,72
1,30 0,33 1,15 0,45
78 85 94 92
2,00 0,60 2,58 0,97
1 1 3 1
0,70 0,14 1,82 0,17
11
3 7
B. Versuehsdauer 7 Tage
Milehsaft Triebspihe 3 ) Triebaehse Blatter2 )
21 14 2 7
1) Prozent bezogen auf die Gesamtradioaktivitat des untersuehten Teils des Triebes. 2) Die verwendeten Triebe besaBen nur einen entwiekelten Blattwirtel. 3) Mit der Triebspitze gemeinsam wurde der erste Blattwirtel untersueht, da dessen Blattchen nieht groBer als 2 em waren.
In geringem Umfange erfolgt aueh Umwandlung der 4-Hydroxypipeeolinsaure in die Pipeeolinsaure. DaB naeh 3 Tagen bereits mehr Pipeeolinsaure gebildet wurde als nach 7 Tagen ist wahrscheinlich die Folge kleiner Unterschiede des physiologischen Zustandes der verwendeten Triebe.
3. Applikation von 14C-carboxylmarkierter 4-0xopipecolinsaure Die verabreichte 14COOH-4-0xopipeeolinsaure enthielt 20 % 14COOH-4-Hydroxypipecolinsaure (s. oben und Abb. 1). Diese Beimengung schrankt jedoch den Aussage wert der in Tabelle 7 dargestellten Ergebnisse nieht ein. Die 4-0xopipeeolinsaure ist schon 24 Stunden nach der Applikation restlos versehwunden und die Radioaktivitat in die 4-Hydroxypipecolinsaure und 4-Aminopipecolinsaure eingebaut. Im Vergleieh zu den Versuchen mit 4-Hydroxypipeeolinsaure erfolgt von der 4-0xopipeeolinsaure ein wesentlich schnellerer Einbau der Radioaktivitat in die 4-Aminopipecolinsaure (siehe Tabelle 7). Die in Abb. 5 dargestellten Autoradiogramme zeigen, daB diese Umwandlungen von keinen Nebenreaktionen begleitet sind.
602
W. SCHENK, H. R. SCHUTTE und K. MOTHES
TabeJle "; Applikation von 1,3 mg 14COOH-4-0xopipecolinsaure, ~pezifische Radioakti.vitat 1,2· 10 9 Imp./Min./mMol, an einen Trieb von S. scandens Versuchsdauer 24 Std. untersuchter Tei! des Triebes
4-Aminopipecolinsaure %1)
Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Blattwirtel
30 17 12 17 12
%1) spezifische Einbaurate in %
1,10 1,38 1,72 0,48 1,10
Pipecolinsaure
4-Hydroxypipecolinsaure
70 83 88 83 88
spezifische Einbaurate in 1,10 0,81 2,20 0,53 0,58
O/~l)
% 0 0 0 0 0
spezifische Einbaurate in
%
0 0 0 0 0
1) Prozent bezogen auf die Gesamtradioaktivitat des untersuchten Teils des Triebes.
Freie 4-0xopipecolinsaure konnten wir trotz Suchens in S. scandens nicht nachweisen. Das auBergewohnlich schnelle Verschwinden dieser Substanz und die bevorzugte Umwandlung in die 4-Aminopipecolinsaure lassen vermuten, daB sie bei
Jrieb8jJitze
Abb. 6. Autoradiogramme der liislichen Stickstoffverbindungen nach Applikation von HCOOH4-AminQpipecolinsaure an einen Trieb von S. scandens. Versuchsdauer 4 Tage (siehe Tabelle 8, e). 1 = Pipecolinsaure, 2 = 4-Hydroxypipecolinsaure, 3 = 4-Aminopipecolinsaure. Laufmittel: von links nach rechts n- Propanol/3 n Ammoniak (3 : 1); von unten nach oben Phenoli Wasser (4 : 1).
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, oI-Hydroxypipecolinsaure
IISW.
603
Aufbau der 4-Aminopipecolinsaure intermediar gebildet wird, aber sofort weiter reagiert und sich deshalb dem Nachweis entzieht. 4. Applikation von 14C-carboxylmarkierter 4-Aminopipecolinsaure Die in der Tabelle 8 dargestellten Ergebnisse sind nur mit einigen Einschrankungen untereinander vergleichbar. Wahrend die Triebe der oben beschriebenen Versuche bis zum vorgesehenen Versuchsende gesund blieben, zeigten die mit 4-Aminopipecolinsaure versorgten Triebe, die im gleichenMilieu gehalten wurden, leichte Infektion der Triebachse . .Ahnliche Erscheinungen wurden auch mit isolierten BlatTabelle 8 Applikation von 14COOH-4-Aminopipecolinsaure, spezifische Radioaktivitat 1,2· 10/ Imp./Min./mMol. an Triebe von S. scan dens untersuchter Teil des Triebes
4- Aminopipecolinsaure %1)
spezifische Einbaurate in
A. Versllchsdauer 24 Std.; appliziert 2,5 Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Blattwirtel
83 60 70 70 89
Pipecolinsanre
4-H ydroxypipecolinsaure %1)
%
spezifische Einbaurate in
%1)
0;,
spezifische Einbaurate in
m~
2,89 1,25 12,40 1,18 1,57
17 20 30 30 11
0,57 0,14 0,39 0,15 099
0 0 0 0 0
0 0 0 0
17 8 16 30
4,15 0,80 2,28 0,06
2 6 5 2
2,73 22,80 15,2 16,0
,~~
()
B. Versnchsdaner 3 Tage; appliziert 3,5 m2 "NIilchsaft Triebspitze Triebachse 1: Blattwirtel
83 86 79 66
38,30 15,50 104,00 12,9
C. Versuchsdaucr 4 'rage; appliziert 5 mg }Iilchsaft 'rriebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. B1attwirtel Blatt a 2 ) Blatt b
71 88 56 67
22,30 43,00 40,20 0,83
29 8 41 29
3,15 1,82 2,67 1,12
0 2 0 3
0 6,3 0 2,5
73 67
2,46 1,83
24 30
1,37 1,30
3 3
1,7
1,81
1) Prozent bezogen auf die Gesamtradioaktivitat des untersuchten Teils des Triebes. 2) Blatt a war nach 2 Tagen abgefallen.
(l
"
, 604
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SCHENK,
H. R.
SCHUTTE
und K.
MOTHES
tern, die in 4-AminopipecolinsaurelOsung eingestellt waren, beobachtet. Wir haben den EinfluB der 4-Aminopipecolinsaure auf das Gewebe der S. scandens nicht naher untersucht. Die Vermutung liegt jedoch nahe, daB die 4-Aminopipecolinsaure, die sich auBerhalb der Milchrohren im Gewebe dieser Pflanze befindet, von toxischer Wirkung ist. Da wir die 4-Aminopipecolinsaure stets als freie Base verabreicht haben, konnte die beschriebene Reaktion der Triebe auch die Folge des pH-Anstiegs wahrend der Applikation sein. Die verabreichte Menge 4-Aminopipecolinsaure betragt etwa 15 bis 20 % der im Trieb bereits vorhandenen. Einige Autoradiogramme zu diesen Versuchen sind in Abb. 6 wiedergegeben. Die Ergebnisse sind in Tabelle 8 zusammengestellt. 5. Versuche mit isoliertem Milchsaft Mit Ausnahme der 4-0xopipecolinsaure wurden Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure und 4-Aminopipecolinsaure auf ihre Verwertbarkeit durch den isolierten Milchsaft von S. scandens gepriift. Urn mit moglichst frischem Material zu arbeiten, wurden 100 bis 200 mg Milchsaft in etwa 50,ul der radioaktiven Losung direkt aus einer frischen Schnittstelle von der Pflanze eingetropft. Der Versuchsansatz blieb dann bis 5 Tage bei 25°C stehen. In keinem der durchgefiihrten Versuche konnten wir mit Sicherheit eine Umwandlung der zugefiihrten Iminosauren nachweisen. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, daB die intakten Milchrohren am Stoffwechsel der Iminosauren beteiligt sind. In Tabelle 9 sind die auf 1 g Frischgewicht des Pflanzenmaterials bezogenen Radioaktivitaten der Iminosauren einiger Versuche dargestellt. Diese Gegeniiberstellung zeigt, daB besonders die 4-Aminopipecolinsaure und in etwas geringerem MaBe die 4-Hydroxypipecolinsaure in den MilchsaftgefaBen angereichert werden. Sie zeigen im Milchsaft die hochsten auf die Gewichtseinheit bezogenen Radioaktivitaten. Diskussion
Uber den Stoffwechsel der Pipecolinsaure in Pflanzen sind von FOWDEN (1960) erste Ergebnisse verOffentlicht worden. Den Fiitterungsversuchen von 14C- und 3H-markierter Pipecolinsaure an Acacia-Phyllodien durch FOWDEN ist zu entnehmen, daB in Acacia die Pipecolinsaure sehr schnell in den Stoffwechsel einbezogen wird. Dabei werden offenbar den Bildungswegen reversible Stufen durchlaufen. Die 4-Hydroxypipecolinsaure, die einen wesentlichen Bestandteil der loslichen Stickstoffverbindungen in vielen Acacia-Arten und verwandten Gattungen darstellt, wird in diesen Versuchen nur langsam radioaktiv und wird - wahrscheinlich ebenfalls in reversiblen Reaktionen - wieder in den Stoffwechsel einbezogen.
605
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure usw. Tabelle 9 Vergleich der auf 1 g Frischgewicht bezogenen Radioaktivitaten der Iminosauren einiger Fiitterungsversuche untersuchter Teil der Triebe nach Applikation von
Radioaktivitat der in 1 g Frischgewicht enthaltenen Iminosauren in Imp./Min .. 10 3 4-Aminopipecolinsaure 4-Hydroxypipecolinsaure Pipecolinsaure
A. 14COOH-Pipecolinsaure, 1 Tag Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Bla.ttwirtel
15,6 0 0 14,4 10,2
56 328 252 82,5 189
970 59'00 7570 842 1610
B. COOH-Pi14pecolinsaure, 7 Tage Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Blattwirtel
356 333 0 264 34
3560 1440 1560 1410 720
4620 3270 13950 2000 9900
3340 1775 5680 1180
447 43 180 25
1160 738 1450 570 442
o o
5950 558 829 820
795 395 258 55
C. 14COOH-Hydroxypipecolinsaure, 3 Tage Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel
1260 228 180 89
D. 14COOH-4-0xopipecolinsaure, 1 Tag Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. Blattwirtel 2. Blattwirtel
497 152 200 108 62
o o
o
E. 14COOH-4-Aminopipecolinsaure, 3 Tage Milchsaft Triebspitze Triebachse 1. BlattwirteI
32900 5580 3750 1820
606
w.
SCHENK,
H. R.
SCHUTTE
und K.
}loTfIES
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen dagegen, daB die Pipecolinsaure in S. scandens auch nach 10 Tagen hochstens in ganz geringem Umfang abgebaut wird und daB bevorzugt Umwandlung zur 4-Hydroxypipecolinsaure und 4-Aminopipecolinsaure erfolgt. Es wurden keine Anzeichen dafur gefunden, daB der Weg von der Pipecolinsaure zur 4-Hydroxypipecolinsaure uber nichtzyklische Zwischenstufen wie y- Hydroxylysin oder ahnliche Verbindungen fUhrt. Dieser Befund bestatigt und erganzt die schon von FOWDEN (1960) ausgesprochene Vermutung, daB die 4-Hydroxypipecolinsaure durch direkte Hydroxylierung der Pipecolinsaure gebildet wird. Uber solche Hydroxylierungen an aliphatischen Kohlenstoffatomen, die durch keine benachbarten polarisierenden Gruppen fUr oxydative Angriffe aktiviert sind, ist noch wenig bekannt. Bisher konnte noch keine der weit verbreiteten Hydroxylasen zellfrei erhalten werden. Vermutlich spielen sich die Hydroxylierungen in den Mitochondrien ab (TAMM 1962). Die meisten Untersuchungen zu diesem Problem sind mit Steroiden gemacht worden. Versuche mit 180 2 zeigten, daB der bei der Hydroxylierung eingefUhrte Sauerstoff nicht aus dem Wasser, sondern aus dem Sauerstoff der Atmosphare stammt (HAYANO und Mitarbeiter 1956). Dabei wird cin Atom des Sauerstoffmolektils in das Substrat eingefUhrt und das andere Atom bildet in vermutlich TPNHabhangiger Reaktion Wasser. Die meisten Hydroxylierungen verlaufen streng stereospezifisch. Durch Isotopenversuche konnte fUr die Steroidreihe nachgewiesen werden, daB die Hydroxylierungen an sekundaren Kohlenstoffatomen ohne WALDENsche Umkehrung erfolgen, d. h., es wird ein Wasserstoffatom durch eine Hydroxylgruppe substituiert (COREY und GREGORIOU 1958 und 1959, BERGSTROM u. a. 1958 und HAYANO und Mitarbeiter 1958). Die Konfiguration der naturlich vorkommenden Hydroxyderivate des Prolins und der Pipecolinsaure sind zum Teil untersucht worden. Das Hydroxyprolin der Collagene (RANDALL und JACKSON 1953, und GUSTAVSON 1956), das auch am Aufbau der primaren Zellwande hoherer Pflanzen beteiligt ist (LAMPORT und NORl'HEAT 1960), besitzt trans-Konfiguration (PATCHETT und WITKOP 1957). Diese Form scheint nur im Peptid- bzw. Proteinverband vorzukommen. Es ist nach den Arbeiten von POLLARD und STEWARD (1959) sehr wahrscheinlich, daB es nur aus proteingebundenem Prolin durch spezifische Hydroxylierung gebildet wird und als solches nicht in Proteine eingebaut werden kann. Ein 4-Hydroxyprolin, das in Santalum-Arten als freie Aminosaure gefunden wurde, konnte mit allo-Hydroxyprolin (cis-Form) identifiziert werden (RADHAKRISHNAN und GIRl 1954 und RADHAKRISHNAN, GOPALKRISHNAN und GIRl 1961). Die in Datteln vorkommende 5-Hydroxypipecolinsaure besitzt trans- Konfiguration (WITKOP und FOLTZ 1957). Die stereoisomeren Formen der Hydroxyiminosauren konnen durch Papierchromatographie (Zusammenfassung siehc PARMENTIER und VANDERHAEGHE 1960)
Uber den Stoffwechsel von Pipecolinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure usw.
607
und Chromatographie an Ionenaustauschern (PIEZ 1954 und PIEZ, IRREVERRE und WOLFF 1956) getrennt werden. Die Verbindungen mit cis-Anordnung der Hydroxylgruppe zeigen gewohnlich eine geringere Wanderungsgeschwindigkeit gegeniiber den Isomeren mit trans-Konfiguration. Die 4-Hydroxypipecolinsaure, die in Acacia und verwandten Gattungen verbreitet ist, besitzt trans-Konfiguration (CLERK-LEWIS und MORTIMER 1961). Dagegen zeigten papierchromatographische Untersuchungen der aus S. scandens isolierten 4-Hydroxypipecolinsaure, daB stets ein Gemisch der cis- und trans-Isomeren vorliegt. Gegeniiber dem Milchsaft, in dem stets das trans-Isomere iiberwiegt, ist die Verteilung der Isomeren in den Blattern sehr schwankend. Wir konnten bisher nicht entscheiden, ob die Hydroxylierung der Pipecolinsaure zu einem Gemisch der cisund trans-Form fiihrt, oder ob erst wahrend der rever sib len Umwandlung der 4-Hydroxypipecolinsaure zur 4-Aminopipecolinsaure die Konversion der Hydroxylgruppe eintritt. Die letztere Annahme besitzt die groBere Wahrscheinlichkeit. Die Versuche mit 14COOH-4-0xopipecolinsaure zeigten, daB diese Verbindung ein wesentlich besserer Prakursor der 4-Aminopipecolinsaure ist als die 4- Hydroxypipecolinsaure und daB andererseits die 4-0xopipecolinsaure sehr schnell zur Hydroxypipecolinsaure hydriert wird. Die applizierte D,L-4-0xopipecolinsaure war schon nach 24 Stunden nicht mehr nachzuweisen. Auf diese Reaktionen ist demnach die Konfiguration am a-Kohlenstoffatom ohne EinfluB. Es ist moglich, daB die 4-0xopipecolinsaure beim Ubergang der 4-Hydroxypipecolinsaure zur 4-Aminopipecolinsaure ein Zwischenglied darstellt. In freier Form ist sie in S. scandens nicht nachweisbar. Die Stereochemie dieser Reaktionen wird gegenwartig untersucht. Interessant ist der schnelle Ubergang der den Trieben zugefiihrten radioaktiven Iminosauren in den Milchsaft (Tabelle 9). Die angefiihrten Zahlen sprechen iiberzeugend fiir einen aktiven Ausscheidungsmechanismus. Ob auch die intakten MilchsaftgefaBe an den Umwandlungen der Pipecolinsauren beteiligt sind, kann nach den Ergebnissen dieser Untersuchung nicht entschieden werden. Der isolierte Milchsaft verhalt sich gegeniiber den angebotenen 14C-markierten Iminosauren vollig inert. Bei Euphorbia lathyris wurde kiirzlich in unserem Laboratorium ein ahnlicher Mechanismus gefunden (Llss 1961). Wurde einer abgeschnittenen Pflanze durch den Stengel 14C-markiertes Tyrosin verabreicht, so konnte nach einiger Zeit im isolierten Milchsaft radioaktives Dioxyphenylalanin aber kein radioaktives Tyrosin nachgewiesen werden. Der isolierte Milchsaft von E. lathyris, der stets groBere Mengen Dioxyphenylalanin enthalt, vermag Tyrosin nicht zu Dioxyphenylalanin zu oxydieren.
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Zusammenfassuug An Blatter, Triebe und isolierten Milchsaft von Strophanthus scandens wurden 14C-carboxylmarkierte PipecoIinsaure, 4-Hydroxypipecolinsaure, 4-0xopipecoIinsaure und 4-AminopipecoIinsaure verabreicht und die Umwandlungen dieser Substanzen verfolgt. Pipecolinsaure erwies sich als relativ inert. Wir konnten nur Umwandlung zur 4-HydroxypipecoIinsaure und 4-AminopipecoIinsaure nachweis en. Die Einfiihrung der Hydroxylgruppe scheint durch direkte Hydroxylierung der Pipecolinsaure zu erfolgen. 4-Aminopipecolinsaure entsteht aus 4-Hydroxypipecolinsaure und aus 4-0xopipecolinsaure. Die letztere kann ein Zwischenglied beim Ubergang von 4-Hydroxypipecolinsaure in 4-Aminopipecolinsaure sein. Sie konnte in S. scandens nicht nachgewiesen werden. Die Umwandlung der 4-Hydroxypipecolinsaure in die 4-Aminopipecolinsaure ist reversibel. Mit isoliertem Milchsaft konnten diese Reaktionen nicht erhalten werden. (4-0xopipecolinsaure wurde an Milchsaft nicht verabreicht.) Die 4-Aminopipecolinsaure und die 4-Hydroxypipecolinsaure werden in S. scandens wahrscheinlich in den Milchsaft abgeschieden. Ob ihre Bildung in den benachbarten Parenchymzellen oder in dem nicht ausfIieBenden plasmatischen Wandbelag der Milchrohren erfolgt, konnte nicht entschieden werden.
Summary We have applicated 14COOH labelled pipecolic acid, 4-hydroxypipecolic acid, 4-oxopipecolic acid, and 4 aminopipecolic acid to leaves, shoots, and isolated latex of Strophanthus scandens; the metabolism of these compounds was investigated. Pipecolic acid was found to be relatively inert. We have only found the transformation to 4-hydroxypipecolic acid and 4-aminopipecolic acid. It seems, that the introduction of the hydroxyl group is a directly hydroxylation. 4-aminopipecolic acid is formed from 4-hydroxypipecolic acid and 4-oxopipecolic acid. The latter could be an intermediate product in the transformation of 4-hydroxypipecolic acid to 4-aminopipecolic acid. We couldn't found this acid in S. scandens. The transformation of 4-hydroxypipecolic acid to 4-aminopipecolic acid is reversible. We couldn't realise these reactions with isolated latex. (4-oxopipecolic acid was not given to latex.) Probably 4-aminopipecolic acid and 4-hydroxypipecolic acid was excreted into .the latex. We couldn't decide, wether the formation of these acids is realised in the neighbourning parenchymatic cells or in the remaining plasmatic layer of the latiferous vessels.
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i'ber den Stoffwechsel yon Pipecolinsaure,J-Hydroxypipecolinsaure nsw.
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K. }[OTHES, HallefSaale, Weinberg, Akademie-Institut fiir Biochemie der Pflanzen.
40
Flora, Bd. 152