Über die Bildung von Wurzeln an Luzerneknöllchen

Über die Bildung von Wurzeln an Luzerneknöllchen

Flora, Abt. A, Bd. 156, S. 240-244 (1965) Aus dem Institut fur Forstwissenschaften Eberswalde der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften...

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Flora, Abt. A, Bd. 156, S. 240-244 (1965) Aus dem Institut fur Forstwissenschaften Eberswalde der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin

Kurze Mitteilung

Uber die Bildung von W urzeln an Luzerneknollchen Von DIETMAR W AGENBRETH Mit 3 Abbildungen im Text (Eingegangen am 12. Mai 1965)

Die durch Rhizobien hervorgerufenen Wurzelknollchen besitzen mit normalen Wurzeln gewisse anatomische .Ahnlichkeiten vor allem in der Struktur des Leitgewebes. Da ihre Histogenese jedoch anders verlauft als diejenige der Wurzeln (HAACK 1961), stellen die Knollchen keine metamorphosierten Wurzeln dar, sondern es sind Gebilde eigener Art, die aber trotzdem bis zu gewissem Grade ahnliche korrelative Wirkungen auszutiben vermogen wie Wurzelmeristeme (NunIAx 1956). Man konnte also die Knollchen als wurzelanaloge Gebilde verstehen, die unter dem EinfluB der Bakterien daran gehindert werden, wie echte Wurzeln weiterzuwachsen. Wir fragten uns daher, ob die Entwicklung der Knollchen zu einer normalen Wurzelstruktur experimentell zu erreichen ware. Eine Moglichkeit hierzu schien nns in der weitgehenden Entfernung des Wurzelsystems zu liegen unter Belassung einiger Knollchen in der Region des Wurzelhalses. Hierdurch werden yom Wurzelsystem ausgehende korrelative Hemmungen beseitigt. AuBerdem ist mit einer Abwanderung von liislichen Stickstoffverbindungen aus den oberen Spro.l3teilen in die Basis zu rechnen, woraus sich Verschiebungen des normalen symbiontischen Gleichgewichtes und des damit verbundenen Wuchsstoffhaushaltes in den belassenen Knollchen ergeben dtirften. Aus einer groBeren Zahl von Luzernepflanzen, die auf beimpftem (Rhizobium meliloti), mineralischem Agarmedium herangewachsen waren, suchten wir solche Pflanzen heraus, bei den en sich ein oder mehrere gro.l3e, langgestreckte Knollchen im Bereich des Wurzelhalses befanden. Unterhalb dieser Knollchen wurde das Wurzelsystem entfernt. Die so behandelten Pflanzen kamen in Gefa.l3e mit N-freier Nahrliisung und wurden zum Schutz gegen das Welken in feuchter Kammer gehalten. Samtliche neu am Wurzelstumpf oder am Spro.13 entstehenden Wurzeln wurden sofort beseitigt. Der weitere Versuchsablauf bestatigte, daB die Knollchen tatsachlich zu normalen Wurzeln auswachsen konnen (Abb.1-3). Diese Umstimmung benotigte jedoch langere Zeit (etwa 4 W ochen), wahrend der bereits zahlreiche Adventiv-

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wurzeln am SproB und Wurzelstumpf entstanden waren. In der Bildung von zwei gleichstarken Wurzeln am gleichen Knollchen mag sich die Neigung der Luzerneknollchen zur Dichotomie widerspiegeln. Die so entstandenen Wurzeln wuehsen reeht iippig und ersetzten durehaus ein normales Wurzelsystem. Mit fortschreitendem Langenwachstum zeichneten sieh ihre GefaBbiindel innerhalb der Knollchen schon makroskopiseh vom iibrigen Gewebe abo Zytologisehe Untersuchungen ergaben, daB die Knollchenwurzeln vorwiegend aus monosomatischen Zellen bestanden, wogegen infizierte Knollchenzellen als disomatiseh beschrieben werden (WIPF und COOPER 1940). An den KnOllchen unserer Versuehspflanzen entstanden jedoch nicht nur WurzeIn, sondern es bildete sich aueh neues Knollchengewebe. Das geschah auf zweierlei Weise. Entweder setzten sich "geschlossene" Knollchengebilde den Enden der alten Knollchen auf (Abb. 1) oder diese verlangerten sich direkt durch weiteres Wachstum. Da diese beiden Moglichkeiten nicht gleichzeitig an derselben Pflanze realisiert wurden, ist anzunehmen, daB ihnen verschiedene physiologische Zustande der Pflanzen und des inneren Knollchengewebes zugrunde liegen, wobei die Bildung der seheinbar selbstandigen neuen Knollchen in gewisser Weise der an denselben Pflanzen

Abb. 1. Infolge Entfernung des Wurzelsystems bildeten die yier am Wurzelhals verbliebenen Kniillchen Wurzeln oder neue, in sich "geschlossene" Knollchen. Medicago sativa.

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beobachteten Entstehung der Knollchenwurzeln entspricht. Wir vermuten daher, daJ3 sich diese Knollchenwurzeln und die neu "aufgesetzten" Knollchen zunachst in tibereinstimmender Weise entwickelten und erst spater tiber ihr weiteres Schicksal dadurch entschieden wurde, daJ3 in einem FaIle eine Neuinfektion vermutlich yom Inneren des alten KnOllchens her erfolgte, wahrend im anderen FaIle das neue Gewebe steril blieb und eine normale Wurzel aufbauen konnte. Das neugebildete Wurzelsystem blieb weiterhin frei von Knollchen. Welche physiologischen Prozesse sich in den Knollchen vor dem Auftreten der Wurzeln abspielen, ist im Einzelnen noch unbekannt. Vermutungen hiertiber wurden eingangs bereits angestellt. Immerhin ist doch eine wesentlich langere Zeitspanne.ftir die Wurzelinduktion erforderlich als zur Bildung sonstiger Adventivwurzeln. Die hierbei ablaufenden Veranderungen im Inneren der Knollchen ftihren zu einem Verfall des Bakteroidgewebes, der schlie13lich bei sehr weit fortgeschrittener Wurzelentwicklung ziemlich vollstandig ist (Abb. 3). Ob die Wurzelinduktion in jungen Knollchen mit aktiverem Meristem schneller verlauft, bleibt zu prtifen.

Abb. 2. Langsschnitt durch ein Luzerneknollchen mit 2 Wurzelanlagen; die rechte ist nur tangential getroffen worden.

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Auch unter natlirlichen Verhaltnissen treten Kntillchenwurzeln auf. Sie sind allerdings bisher nur bei zwei ausdauernden Holzgewachsen beschrieben worden, namlich bei Sesbania grandiflora (HARRIS et al. 1949) und bei Caragana arborescens (ALLEN et al. 1954, 1955). Sie entstehen vorwiegend an alten Kntillchen. HARRIS et al. sehen eine wesentliche Ursache flir die Entstehung der von ihnen beobachteten Kntillchenwurzeln darin, da13 die Kntillchen von einem kompakten lignifizierten Sklerenchym und Periderm umgeben sind, so da13 sich ihre Stoffwechselprodukte und Wuchsstoffe anhaufen und schlie13lich innerhalb der Kntillchenendodermis eine Wurzelbildung induzieren. 1m Fehlen einer solchen isolierenden Schicht, in der unzureichenden Entwicklung des Leitgewebes im Kntillchen und seiner hinfalligen Gefa13verbindung mit den Wurzeln, und schlie13lich in der klirzeren Wachstumsperiode der Pflanzen sehen die Autoren die Ursachen daflir, da13 Kntillchenwurzeln bei krautigen Gewachsen bisher noch nicht beobachtet wurden. Unsere Versuche zeigen, da13 sie trotzdem experimentell hervorgerufen werden ktinnen.

Abb. 3. Querschnitt durch das untere der beiden bewurzelten Knollchen von Abb. 1 mit zwei, den Wurzeln zugehorigen Gefa13systemen (das linke etwas schrag angeschnitten) und drei, wesentlich kleineren Gefa13biindeln des alten Knollchens. Das Bakteroidgewebe ist weitgehend zerfallen.

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Literatur ALLEN, E. K., GREGORY, K. F., und ALLEN, O. N., 1954. Origin and emergence of root lets from nodules of Caragana arborescens Lam. Huiteme Congflls de Botanique Paris, Sections 21-27, S.12-13. - 1955. Morphological development of nodules on Caragana arborescens Lam. Canadian J. Bot. 33, 139-148. HAACK, A., 1961. Uber den Ursprung der WurzelknOllchen von Ornithopus sativus L. und Lupinus albus L. Ztbl. Bakt. etc. II, 114, 577-589. HARRIS, J. 0., ALLEN, E. K., und ALLEN, O. N., 1949. Morphological development of nodules of Sesbania grandiflora Poir., with reference to the origin of nodule rootlets. Amer. J. Bot. 36, 651-661. NUTMAN, P. S., 1956. The influenee of the legume in root nodule symbiosis. Biolog. Rev. 31, 109-151. WIPF, L., und COOPER, D. L., 1940. Somatic doubling of chromosomes and nodular infection in certain Leguminosae. Amer. J. Bot. 27, 821-824. Anschrift des Verfassers: Dr. D. WAGENBRE'I'H, Institut fiir Forstwissenschaften, 13 Eberswalde bei Berlin, Alfred-Moller-StraBe.