Über die Entlassung der Spermatozoiden von Isoëtes.

Über die Entlassung der Spermatozoiden von Isoëtes.

Uber die Entlassung der Spermatoloiden von Isoetes. Von Kenjiro Fujii. Uber die Befruchtungsvorgange im Pflanzenreich liegt bereits eine stattliche R...

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Uber die Entlassung der Spermatoloiden von Isoetes. Von Kenjiro Fujii.

Uber die Befruchtungsvorgange im Pflanzenreich liegt bereits eine stattliche Reihe der Arbeiten von verschiedenen Autoren vor. Abgesehen von der karyoiogischen Seite der Vorgange sind in erster Linie diejenigen iiber die Chemotaxis der Spermatozoiden hervorzuheben, worunter besonders die von Pfeffer (1884), Shibata (1904, 1905 und 1911), LidforB (1905), Bruchmann (1909) u. a. uns einen tieferen Einblick in das Wesen der Einzelvorgange der Befruchtung bereiten. Die Entlassung der Spermazellen ist ein Vorgang, ohne den die Befruchtung iiberhaupt nicht zustande kommen kann. Sie spielt deshalb eine eben so wichtige Rolle in del' Befruchtung wie die Chemotaxis. Goebel hat schon im Jahre 1898 1) seine Beobachtung iiber den Mechanismus der Entlassung der Spermazellen oder der Entleerung der Antheridien bei Moosen geschildert und auch in seinem Meisterwerk "Organographie der Pflanzen" bei Bryophyten und Pteridophyten diesen Vorgang mit besonderer Aufmerksamkeit erortert 2). Seit dieser Zeit hat man jedoch, soweit mir bekannt ist, dem Mechanismus der Spermazellenentlassung keine groBe Aufmerksamkeit geschenkt. Somit bleibt un sere Kenntnis iiber diesen Vorgang, namlich den ersten Vorgang der Befruchtung, noch sehr liickenhaft. Ein Zufall veranlaBte mich, den Mechanismus der Entlassung der Spermatozoiden bei Isoetes naher zu studieren. Die vorliegende Mitteilung ist das Ergebnis meiner diesbeziiglichen Untersuchungen, die hauptsachlich in den Wintern 1906-1907 und 1909-1910 ausgefiihrt wurden. Die Hauptresultate wurden im Marz 1907 und Februar 1910 in den Sitzungen der "Tokyo Botanical Society" mitgeteilt, und die kurzen Zusammenfassungen auf japanisch finden sich 1) Go e bel, K., Uber den Offnungsmechanismus der Moosantheridien. Ann. Jard. bot. Buit., 2. Suppl. 1898, S. 65-72. 2) De r s., Organographie der Pflanzen, 1898-1901, S. 273 ff. und S. 389 ff.; ibidem, 2. Aufl., Teil 2, 1915-1918, S. 522 ff. und S. 919ff. 8*

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in den Sitzungsberiehten del' Gesellsehaft 1). Die Einzelheiten del' Arbeit blieben abel' bis jetzt unveroffentIieht. Wahrend del' seither verflossenen anderthalb Dezennien ist jedoeh meines Wissens kein ahnlieher Fall bekannt geworden, so daB es mil' del' Muhe wert erseheint, im folgenden die seltsamen Befunde bei del' Spermazellenentlassung von Isoetes zu besehreiben. Es war seinerzeit meine eigentliehe Absieht, die Entwieklung des Blepharoplasten odeI' des Zilienbildners del' Spermazellen von Isoetes zu untersuehen. Dazu hielt ieh eine Anzahl Kulturen von Mikrosporen (richtiger mannliche odeI' Mikro-Prothallien) diesel' Pflanzen in Petrischalen mit Leitungswasser, woraus von Zeit zu Zeit eine kleine Menge Mikrosporen hera us genom men wurde, urn das richtige Stadium del' Entwicklung del' Antheridien zur Fixierung zu entnehmen. Als ich damals sehr in Ansprueh genommen war und mehrere Wochen lang das Nachsehen del' Kulturmaterialien versaumte, habe ich den verstorbenen HerI'll Y. Hi h a r a, meinen damaligen Privatassistenten, gebeten, zu untersuehen, ob die Spermatozoiden noch nieht entwiekelt sind, urn die riehtige Zeit zur Untersuchung fiir das betreffende Jahr (1907) nicht zu verpassen. Zu meiner EnWiusehung teilte er mir mit, daB er eine groBe Anzahl von Spermatozoiden unter dem Mikroskop herumschwarmend beobachtet hat, so daB es anzunehmen war, daB ihre Entwieklung schon vollendet sei. Hierbei bemerkte er noeh, daB das Heraussehwarmen del' Spermatozoiden nie wahrgenommen wird, wenn man nicht dem auf dem Objekttrager befindlichen Kulturwassertropfen noeh einen Tropfen destillierten Wassers zusetzt. Diese merkwurdige Erscheinung konnte nieht durch eine einfache Verdunnung der Kulturflussigkeit erklart werden, sondeI'll durch irgendeine unbekannte Eigenschaft des zugesetzten destillierten Wassers, so daB dessen eingehendere Untersuchung notig wurde. Das von HerI'll Hi h a r a benutzte destillierte Wasser war in der Wasserflasche nach A. L. Win ton 2) aufbewahrt worden. Sie hatte wie gewohnlich an ihrer Mundung zwei gebogene Glasrohren, die eine fUr Luftzutritt und die andere fUr AusflieBen des Wassers. Die AusfluBrohre wurde an ihrem Ende mit einem etwa 12 em langen Gummischlauch verbunden, und das Ende des letzteren war mit einem gespitzten Glasmundstuck versehen. Del' Gummischlauch enthielt in seinem Innern nahe an del' Ansatzstelle des MundstUcks eine Glaskugel, deren 1) Bot. Mag., Tokyo, Bd. 21, 1907, S. 72 und Bd. 24, 1910, S. (75)-(76). An improved form of wash-bottle for microscopists. Journ. of Applied Microscopy (Rochester), vol. 1, 1898, p. 75-76. . 2) Sturgis, W. C.,

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Durchmesser etwas groBer als der des Gummischlauches war. Dieser gebogene Teil des AusfluBrohres sowie der Gummischlauch bis zur Glaskugel war immer mit Wasser gefiillt. Driickte man den Gummischlauch iiber dem Glaskiigelchen zwischen zwei Fingern, so floB das Wasser tropfenweise aus, da der Gummischlauch sich in der nicht gedriickten Richtung ausdehnte und den Weg fiir das Wasser Offnete. Auf diese Weise wurde ein Tropfen des destillierten Wassers von der Flasche entnommen und auf das Mikrosporenpraparat getraufelt. Zunachst stellte ich diesen Spermazellenentlassungsversuch mit frisch bereitetem, rein em destillierten Wasser an und konnte feststellen, daB das reine Wasser tatsachlich wirkungslos ist. Weiter wurde bemerkt, daB die Innenseite des Mundstiicks durch Algen griin gefarbt war. Es laBt sich alsdann schon vermuten, daB das Wasser, welches durch das Mundstiick tropfenweise ausfloB, nicht mehr reines destilliertes Wasser war. Aber als ich eine andere algenfreie Wasserflasche unter einer Anzahl derartiger Flaschen in unserem Laboratorium auswahlte und den Wassertropfen aus der letzteren auf das Entlassungsvermogen priifte, erwies es sich als eben so wirksam wie das aus dem Mundstiicke, in dem sich Algen entwickelt hatten. Dies zeigte, daB die Entlas8ung der Spermatozoiden nicht an die Algen gebunden ist. Nun habe ich das ganze AusfluBsystem der Flasche entfernt und mittels einer gereinigten Glaspipette einige Tropfen des de stillier ten Wassers direkt aus dem Innern der Flasche genommen und damit das Experiment angestellt. Dabei ergab es sich, daB das Innenwasser der Flasche ganz wirkungslos ist wie das frisch bereitete destillierte Wasser. Dies zwingt uns zum Schlutl, daB das Ratsel wohl im Innern des Gummischlauches zu suchen ist. Bei der Priifung mit Lackmuspapier reagierte das Wasser im Innern des Gummischlauches bedeutend sauer, viel starker als es durch Kohlensaure aus der Luft erklart werden konnte. Ahnliche Priifungen des Wassers aus dem Innern des alten Gummischlauches an der Miindung der Wasserleitung zeigte die namliche Reaktion. Gleichzeitig erwies es sich, daB solches Wasser aus dem Gummischlauch mehr oder weniger wirksam ist zur Spermatozoidenentlassung. Ferner wurde gefunden, daB das Gummischlauchwasser beim Kochen seine Spermazellenentlassung auslOsende Kraft verliert, wahrend die saure Reaktion versUirkt wird. Daraus ergab sich, daB der wirksame Stoff (eventuell die wirksamen Stoffe) fliichtig und wasserlOslich ist. Zuerst war es mir doch keineswegs klar, was fiir ein fliichtiger Stoff in dem mit Wasser gefiillten Gummischlauche sich befindet.

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Ein Stuck Kautschuk, dessen OberfHiche ziemlich schwarz geworden war, und auch Gummischlauche wurden zerschnitten und mehrere Tage lang im destillierten Wasser in geschlossenen GefliBen stehen gelassen. Beide Wasserextrakte erwiesen sich als wirksam zur Sperma.zellenentlassung. Ein Extrakt aus dem ganz frischen, nicht geschwarzten Kautschukstiick erwies sich als wirkungslos. Alle fliichtigen, schwer oder leicht wasserloslichen und auch sonstigen Stoffe, die seinerzeit zu meiner Verfiigung standen, wurden eifrig gepriift; darunter waren Ofganische und anorganische Sauren, Basen, Salze, Aldehyde, Ketone, Phenole, Alkohole, Ather, Benzol, sowie Alkaloide u. a. m. Darunter wurde Athylather als wirksam gefunden. Dieser Befund war sehr sonderbar, zwar erschien es mir hOchst unwahrscheinlich, daB Ather im Extrakte von Kautschuk oder von Gummischlauch sich bildet. So habe ich die Versuche weiter fortgesetzt; doch hatte ich mich mehrere Wochen vergebens bemiiht, ohne irgendeinen die Frage beantwortenden Stoff ausfindig machen zu konnen, bis auf einmal gegen Abend, bei der mikroskopischen Untersuchung bei Gasbeleuchtung zu meiner groBen Uberraschung eine starke Entlassung der Spermazellen wahrgenommen wurde, ohne daB irgendein Stoff dem Mikrosporenpraparate hinzugefiigt worden war. lch habe sofort ein neues Material auf dem neuen Objekttrager aufgestellt, konnte aber keine Entlassung mehr beobachten. Dieses Ereignis glaubte ich im Anfang nur dadurch erklaren zu konnen, daB der erste Objekttrager durch einen Zufall mit dem Kautschukextrakt benetzt wurde, bevor die Mikrosporen auf den Objekttrager kamen. Aber am nachsten Abend, als das Entlassungsexperiment bei Gasglfihlicht angestellt wurde, kehrte dieselbe Erscheinung wieder. Diesmal war es ganz ausgeschlossen, daB die Entlassung durch die Unreinlichkeit des benutzten Objekttragers verursacht worden war, da er mit groBer Vorsicht behandelt wurde. lch habe sofort das Mikrosporenpraparat samt dem Objekttrager erneuert und habe alsdann wieder gefunden, daB die Spermazeilenentlassung nicht mehr zum Vorschein kam. So stand ich VOl' einem neuen Ratsel. Eine Uberlegung brachte mich auf den Gedanken, daB es sich hier urn Photokinesis handle. Diesbeziigliche Versuche zeigten aber alsbald, daB diese Erscheinung nichts damit zu tun hat. Bei weiterem Nachdenken fiel es mir ein, daB das Gas in beiden Fallen beim Anziinden zuriickgeschlagen hatte und daB Geruch nach Leuchtgas bemerkt wurde. Die Wirkung des Leuchtgases auf die Zellen war damals noch sehr wenig bekannt, doch schien es mil' wohl moglich, daB die eigen-

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tiimliche Entlassungserscheinung von del' Wirkung des Leuchtgases herriihrt, da das Leuchtgas verschiedene, im Wasser mehr odeI' weniger 16sliche, fliichtige Stoffe enthalt. In del' Tat war ich iiberrascht von del' Wirkung des Leuchtgases, als ich den Objekttrager mit den IsoetesMikrosporen ohne Deckglas direkt dem ausstromenden Leuchtgas von del' Gasleitung aussetzte 1). Beim Mikroskopieren dieses Praparate8 nach etwa 6 Sekunden waren groBe Mengen del' schwarmenden Spermatozoiden iiberall im Gesichtsfelde zu finden. Diese erstaunliche Wirkung des Leuchtgases wurde in wiederholten Versuchen festgestellt. Es muBte untersucht werden, ob die wirksamen Stoffe im KautschukodeI' Gummiextrakt und im Leuchtgase diesel ben seien. Da die chemischen BestandteiIe des Leuchtgases wohl bekannt sind, so wurde ich jedenfalls nunmehr instand gesetzt, mit einer bestimmten Anzahl del' bekannten Stoffe zu arbeiten und daraus die Spermazellenentlassung aus16senden Stoffe zu ermitteln. Das Leuchtgas besteht aus Wasserstoff, Methan, Kohlenoxyd, Athylen, Benzol und anderen schweren Kohlenwasserstoffen, Kohlendioxyd und Stickstoff. Wahrscheinlich enthalt es noch eine Menge Sauerstoff, manchmal auch Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Schwefligsaureanhydrid. Abel' del' Versuch mit Wasserstoff zur Spermazellenentlassung fiel negativ aus. Derjenige mit aus entwassertem Natriumazetat und Natronkalk gewonnenem Methan erwies sich als wirksam. Die Versuche mit Gasen aus dem Teich im botanischen Garten del' Universitiit waren abel' ganz unsicher. Daher habe ich das Methan durch Zersetzung von Zinkmethyl mit Wasser von neuem dargestellt. Dieses reine Methan zeigte sich ganz wirkungslos; abel' del' weiBe Rauch, del' bei del' Entziindung des Zinkmethyls entsteht, erwies sich als wirksam. Das durch Zersetzung des Zinkiithyls mit Wasser erhaltene Athan war ebenfalls wirkungslos. Benzol, Stickstoff, Sauerstoff, Ammoniak, Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, . Schwefligsiiureanhydrid sowie Paraffine wurden als durchaus unwirksam gefunden; dagegen erwies sich Athylen als stark wirksam, abel' Athylenbromid und Athylenchlorid iibten keine Wirkung aus. Nach del' Priifung einer Anzahl von vel' wand ten Kohlenwasserstoffen wurden Acetylen, Butylen (Isobutylen) uud Isoamylen sowie del' durch starke Erhitzung des Paraffins entweichende Rauch als kriiftig wirkende Stoffe gefunden. Daraus ergibt sich, daB aIle un tel' such ten ungesiittigten Kohlenwasserstoffe wirksam sind, wiihrend die gesattigten wirkungslos 1) Spltter wurden die Entlassungsversuche, wie unten erwlthnt, etwas anders ausgefiihrt.

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bleiben. Ebenso ist das ungesattigte Kohlenmonooxyd wirksam, wahrend das gesattigte Kohlendioxyd unwirksam ist. Bei der troekenen Destillation des Kautsehuks sollen gebildet werden: Kohlendioxyd, Methan, Butylen, Trimethylathylen und andere Kohlenwasserstoffe, wie Isopren, Kautsehin und Heven 1). Bei der langsam fortsehreitenden Zersetzung des mit Wasser gefiillten Gummisehlauehs sowie der im Wasser luftdieht versehlossenen zersehnittenen Gummisehlauehteile und alten Kautsehukstiieke erseheint es wohl moglieh, daB aueh derartige Stoffe, wie Kohlenmonooxyd und eine Reihe von ungesattigten Kohlenwasserstoffen, zur Bildung kommen. Es geMren also die wirksamen Stoffe im Extrakt von Kautsehuk oder Gummi wahrseheinlieh zu derselben Gruppe wie diejenigen im Leuehtgas. Ieh habe diese Versuehe mit rektifiziertem und von Athylen befreitem Athylather wiederholt und konstatiert, daB der im allgemeinen als ehemiseh rein betraehtete Ather sieh doeh als wirksam erwies. Atper, der gesattigte Molekiile hat und sieh infolgedessen in der Regel inaktiv verhalt, sieh aber doeh als wirksam erweist, nimmt eine Ausnahmestellung unter den anderen wirksamen Stoffen ein. Wir haben allerdings keinen sieheren Grund, zu behaupten, daB der Ather als eine gesattigte, verhaltnismaBig indifferente Verbindung auf die Spermazellenentlassung wirkungslos sein muB; dennoeh ist die Annahme moglieh, daB ein Bruehteil von Athyliither stets in dissoziiertem Zustande sieh befindet, und zwar naeh der Gleiehung: Athylather ~ Wasser + Athylen (C2H5-0-C2H5 =H~O+2 C2 H4 ). Falls diese Annahme riehtig ist, wird selbst ein wiederholt rektifizierter Ather immer noeh eine geringe Menge Athylen und Wasser beigemengt enthalten, und was die SpermazellenentlassuDg bewirkt, ist es nieht der Ather selbst, sondern das dem Ather stets beigemengte Athylen. Spater wurde gefunden, daB Methylather aueh wirksam ist, aber daB Amylather sowie Benzylather wirkungslos sind. Fumarsaure, Maleinsaure, Allylalkohol, Isonitrile, Athylisonitrile, Amylisonitrile, Blausaure, Zyankalium, Zyansilber, KnaUqueeksilber sowie Stiekstoffoxyd und Stiekstoffoxydul, die aIle ungesattigte Molekiile besitzen, erwiesen sieh als wirkungslos. Daraus ersehen wir, daB nieht aIle ungesattigte Molekiile besitzenden Verbindungen wirksam sind. Die Reaktion ist also einigermaBen als spezifiseh zu betraehten. Ob die Reizwirkungen der ungesattigten Kohlenwasserstoffe, des Kohlenoxydes sowie des Athers, entweder dureh eine und dieselbe 1) S c h mid t, E., Ausfiihrl. Lehrb. d. pharmaz. Chemie. Bd. II, Ab. 2, S. 1461.

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Struktur odeI' durch verschiedene molekulare Strukturen del' reagierenden Stoffe im Plasmakolloide bedingt sind, wurde noch nicht festgestellt. AuBerdem ist in bezug auf diese Reizvorgange noch manches iibrig, was del' ErkHirung bedarf, doch muB es einstweilen dahingestellt bleiben.

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Die hier mitgeteilten Ergebnisse beziehen sich vorwiegend auf die Untersuchung von lsoetes japonica, aber die beiden anderen einheimischen Arten 1. asiatica und 1. echinospora wurden auch beriicksichtigt. Die drei Arten stimmen in ihrem Verhalten zu wirksamen Stoffen miteinander iiberein. Mit dem Ather wurden die Entlassungsexperimente auf zweierlei Wei sen ausgefiihrt, entweder auf die Art, daB das Mikrosporen-Praparat mit Kulturwasser als hlingende Tropfen dem Atherdampfe an del' Miindung einer offenen Flasche,die den Ather oder dessen gesattigte wasserige Losung enthlilt, etwa 5-10 Sekunden lang a.usgesetzt wird, oder daB ein Tropfen der wasserigen Losung des Athers direkt auf die Mikrosporen im Kulturwassertropfen auf dem Objekttrager zugesetzt wird. Die letztere Methode ist der ersteren vorzuziehen, insofern als sich die Wirkungsweise der Atherlosung unter dem Mikroskope gleich verfolgen laBt, da das Beobachtungsobjekt bereits auf dem Objekttisch eingestellt werden kann. lch habe in der Regel die Spermazellenentlassung nicht nul' mit Ather, sondern auch mit allen anderen Stoffen nach der letzteren Methode vorgenommen. Nach Feststellung der wirksamen Stoffe zur Entlassung der lsoetesspermazellen gehen wir weiter zur Physiologie der Entlassungsvorgange iiber. Mikroskopische Beobachtungen der Vorgange lehren, daB die Spermazellen zuerst als rundliche Korper aus den Antheridien herausgepreBt werden, erst einige Sekunden nach der Entlassung zu spiralformigen Spermatozoiden werden und sofort herumzuschwarmen an-fangen. Daraus ersehen wir, daB die Entlassung eine passive Erscheinung ist, die offenbar nichts mit del' Chemotaxis zu tun hat. Bei Ather als Narkoticum war es schon von vornherein zu erwarten, daB die Spermatozoiden durch Atherisierung gelahmt werden. Das war in del' Tat del' Fall, entweder, wenn die Praparate langere Zeit dem Atherdampf ausgesetzt, oder wenn dem Praparat einige Tropfen Ather odeI' gesattigte wasserige .~therlosung hinzugefiigt wurden. Die narkotisierende Wirkung des Athers zeigt sich dadurch, daB, wahrend die Spermazellen durch die Reizwirkung des Athers auf die Antheridienzellen austreten, sie nunmehr ganz bewegungslos bleiben und, ohne

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ausgerollt zu werden, schlieBlich zugrunde gehen; - sie sind also totgeboren. Diese Erscheinung deutet auch darauf hin, daB erstens die Entlassung und die Aktivisierung der Spermatozoiden zwei ganz getrennte Vorgange sind, und daB zweitens der Ather eher auf die Spermazellen schiidlich einwirkt als auf die Antheridienzellen, die bei ihrer Entlassung beteiIigt sind. Die Wirkung des Athers und der anderen Reizmittel scheint nicht mit ihrer narkotisierenden Eigenschaft zusammenzuhiingen, da Chloroform, Sulfonal sowie Chloralhydrat sich in allen Konzentrationen als wirkungslos erweisen. Aceton, Schwefelkohlenstoff, Chloroform, Petroleum benzin, Benzol, Athylalkohol sowie Methylalkohol sind aIle wirkungslos. Daraus folgt es, daB die Wirkung nicht an die lipoidlOsende Kraft der Stoffe gebunden ist. Es schien mir wiinschenswert, die Wirkung der Narkotica auf den Vorgang der Entlassung selbst zu studieren. Ather ist hierfiir kein geeigneter Stoff, da er, wenigstens dem Anschein nach, als ein Reizmittel sich erweist. Die Chloroformierung der Antheridienzellen ergab, daB die Entlassungsreaktion dadurch vollstandig gehemmt wird. Die etwa eine halbe Stunde dauernde Durchliiftung stellt die Reaktionsfahigkeit wieder her, aber durch langere Chloroformierung werden die Prothallien getOtet, und die Entlassung findet durch die iiblichen Entlassungsmittel nicht mehr statt. Das ist jedoch nicht der einzige Fall, wo Ather als Reizmittel, dagegen Chloroform als narkotisches Mittel wirkend beschrieben worden sind. Rothert 1) hat namlich gefunden, daB Ather gegen Amylobacter und termoahnliches Bacterium proschemotaktisch wirkt, wiihrend Chloroform auf dieselben Organismen narkotisierende Wirkung ausiibte. Er hat dabei mit Recht betont, daB diese Reaktionsfiihigkeit der Bakterien auf Ather keinen biologischen Nutzen hat, da die Bakterien keine Gelegenheit haben diirften, in der Natur auf Ather zu stoBen, und er rechnet diesen Fall als ein Beispiel des Vorhandenseins der zwecklosen Eigenschaften in der Organism en welt. Der Fall mit Isoetes gehOrt jedenfalls zu derselben Kategorie. Zur Ermittlung der weiteren hemmenden Faktoren habe ich die Antheridienzellen mit den iiblichen Chemikalien, die Plasmolyse bewirken, 1) Rothert, W., Beobachtungen und Betrachtungen iiber taktische Reizerscheinungen. Flora 1901, Bd. 88, S. 388ff.

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behandelt, und es ergab sich aus diesen Versuchen, daB die Reizreaktion hier ebenfalls stark gehindert worden war. Ferner habe ich die Wirkung der niederen Temperatur auf diese Reizreaktion gepriift. Die Resultate haben gezeigt, daB die Reizreaktion bei einer Temperatur von einigen Grad iiber dem Gefrierpunkt verschwindet, die sich nach Versetzung des Praparates ill ein Zimmer von 15 0 C innerhalb etwa 20 Minuten wieder herstellt. Man konnte vielleicht annehmen, daB bei niederen Temperaturen eine zeitweilige Zustandsanderung, z. B. eine reversible Gel-Bildung im Zellplasmakolloid eintritt, infolgedessen die Antheridienzellen unfiihig werden, die Reize zu empfangen, solange diese Temperatur andauert. Es sei hinzugefiigt, daB die entlassenen Spermatozoiden noch bei 2 0 C herumschwarmen, obschon der Entlassungsvorgang bereits bei etwa 3° sistiert ist. Die Grenztemperatur ist in betrachtlichem MaBe von dem Alter der Antheridien abhiingig, so daB bei einem jiingeren Mikroprothallium, wenn auch die Spermatozoiden schon gebildet sind, die Reizreaktion schon bei 12° C, bisweilen bei hOherer Temperatur, sistiert ist. Die Reaktionszeit schwankt je nach dem Grade des Reifezustandes der Antheridienzellen. Bei vollkommen reifen Antheridien braucht man nur etwa 4-6 Sekunden, wahrend bei einem jiingeren Antheridium es bei derselben Temperatur manchmal 50 Sekunden oder noch langerer Zeit bedarf, urn die Entlassung herbeizufiihren. Jedenfalls hiingt die Reaktionszeit auch von der Konzentration der Reizstoffe abo Was den Mechanismus der Entlassung anbetrifft, so liegt also die Annahme nahe, daB die Permeabilitat der Antheridienzellen durch die Wirkung der obengenannten spezifischen Reizmittel sich plOtzlich andert und die ausgiebige Wasseraufnahme des quellungsfiihigen ZellinhaItes die Sprengung der Antheridienzellwande bewirkt, wodurch die Spermatozoiden herausgestoBen werden. In Anbetracht des hier mitgeteilten Befundes ist es sehr erwiinscht, genauere Untersuchungen iiber den Mechanismus und Chemismus der Einzelvorgange der Spermazellenentlassung in den Pflanzen und Tieren auszufiihren. Es fragt sich nun, ob die von mir beobachtete Entlassungserscheinung durch die Wirkung einer Anzahl der obenerwahnten spezifischen Stoffe bloB den Wert eines Laboratoriumsversuches habe oder ob dieselbe in irgendeiner Beziehung mit den Lebensvorgangen von Isoetes in der freien

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Natur stehe, mit anderen Worten, ob dieser Erscheinung eine biologische Bedeutung zukomme. Meiner Ansicht nach stellt sie eine normale Reizreaktion der Antheridienzellen dieser Pflanze dar. In den im Anfang dieses Aufsatzes .erwiihnten Flillen von Bryophyten und Pteridophyten u. a. werden die Spermatozoiden in den meisten F1Ulen nur beim Regenfall aus den Antheridienzellen entlassen, da sie des Wassers bediirfen. Die Antheridien konnen hier lange Zeit bereits mit vollig entwickelten Spermazellen in vollkommen reifem Zustande sich befinden, soIange als schOnes Wetter dauert, d. h. solange es zur Befruchtung ungiinstig ist. Nun sind die Verhliltnisse anders bei Isoetes, da sie entweder in langsam flieBendemklaren Bach oder im Teich gedeiht. Die Befruchtung voIlzieht sich bei den bei uns wachsenden drei Arten, soweit wie ich ersehe, auf dem Boden des Wassers nach der AuslOsung der Sporen von der Mutterpflanze. Regenfall oder schOnes Wetter Mnnen hier keine bedeutende Rolle bei der SpermazellenentIassung spielen. Nun ist es eine allgemein verbreitete Erscheinung im Pflanzenreich, daB Mikrosporen oder Pollenkorner nicht sofort nach dem Reifen der Sporen aus den Sporangien heraustreten, sondern im reifen Zustande eine geeignete Zeit abwarten, sei es regnerisches oder trockenes Wetter. Letzteres ist bei den anemophilen Pflanzengruppen besonders ausgeprligt. Isoetes besitzt auch eine biologisch giinstige Eigenschaft, indem die reifen Spermazellen in Ruhe bleiben, solange kaltes Wetter im Friihjahre noch dauert, bis wlirmere Tage bei uns im April oder Mai eintreten. Dann beginnt die Zersetzung der organischen Stoffe auf dem Wasserbo~en des Standortes, wobei nlimlich Stoffe gebildet werden, die bei der trockenen Destillation der Steinkohle gewonnen werden, wie Sumpfgas, Wasserstoff, Kohlenoxyd, Athylen u. a. Die Entweichung der sich darunter befindlichen wirksamen Gase ist also fiir Isoetes ein Kennzeichen, daB jetzt die zur Befruchtung giinstigen Bedingungen gegeben sind. Die Wirkung des Leuchtgases in der Laboratoriumsluft auf die Entwicklung der Organismen istschon bekannt, und zwar wird sie gewohnlich als abnormale Erscheinung angesehen. Nun liegt aber der Gedanke nahe, daB solche Wirkung, insofern als sie die im Sumpf wachsenden Pflanzen betrifft, gewiB in manchen Flillen als normal angesehen' werden kann. Eine praktische Anwendung dieses sonderbaren Befundes der SpermazellenentIassung liegt darin, daB man sich eine gro13ere Menge

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von lebendigen Spermatozoiden nach Bedarf zu beliebiger Zeit verschaffen kann, vorausgesetzt daB man die Mikroprothallienkultur vorratig halt. Solche Kulturen konnen das ganze Jahr hindurch aufbewahrt werden. Erwahnt sei noch, daB die Methode nach diesem Befunde bereits von Shibata 1 ) in seiner bekannten Arbeit (1911) iiber die Chemotaxis von Isoetesspermatozoiden erfolgreich angewandt wurde; auch erwies sich die namliche Methode als ganz zweckmaBig bei einer kiinstlichen Befruchtung, besonders bei der Bastarderzeugung zwischen Isoetes-Arten, wie von Takamine 2) im hiesigen Laboratorium ausgefiihrt wurde. Ferner kann man die Reife der Spermazellen durch diese Methode leicht priifen, da die vollig reifen Spermazellen unfehlbar durch dieselbe Methode entlassen werden. Zusammenfassung. 1. Als Spermazellenentlassung auslOsende Stoffe wurden gefunden: Acetylen, Athylen, Isoamylen, Isobutylen, Kohlenoxyd, Athylather und Methylather. Dagegen wurden als unwirksam nachgewiesen: Methan, Athan, Kohlendioxyd, Athylenbromid und Athylenchlorid, Amylather und Benzylather u. a. m. 2. AuBerdem zeigten sich Leuchtgas und Gummi- oder Kautschukextrakt als wirksam. Es laBt sich mit groBer Wahrscheinlichkeit annehmen, daB diese Wirkung den in den beiden Substanzen enthaltenen ungesattigten Kohlenwasserstoffen und dem Kohlenoxyd zuzuschreiben ist. 3. Abgesehen von Ather ist es unverkennbar, daB die wirksamen Stoffe ungesattigte und die unwirksamen gesattigte Molekiile haben. 4. Uber die Art und Weise der Spermazellenentlassung liegt die Annahme nahe, daB zunachst durch die Wirkung der obengenannten &pezifischen Stoffe die Permeabilitat der Antheridienzellen sich plotzlich andert, und durch rasche Wasseraufnahme und die Quellung des Inhaltes der Antheridienzellen die Spermazellen nach auBen treten. 5. Diese Reaktion der Antheridienzellen wird gehemmt durch Narkotica (z. B. Chloroform), wasserausziehende Agentien, die zur Plasmolyse der pflanzlichen Zellen fUhren, sowie durch niedere Temperatur etwa un tel' 3 0 C. 1) Shibata, K., Untersuchungen iiber die Chemotaxis der PteridophytenSpermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot. 1911, Bd. 49, S. 2; Tllnmann, 0., Pflanzenmikrochemie. Berlin 1913, S. 532. 2) Takamine, N., Some observations in the life history of Isolites. Bot. Mag., Tokyo, vol. 35, S. 184-190.

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6. Die Reaktionszeit hangt von der Temperatur, dem Reifezustande der Antheridienzellen und der Konzentration der Reizmittel abo 7. Es ist anzunehmen, daB im Standort von Isoetes, sobald es im Friihling warmer wird, eine Zersetzung der organischen Stoffe unter Wasser bei LuftabschluB stattfindet, wobei eine Reihe der Stoffe gebildet wird, die wir beim Laboratoriumsversuch als wirksam zur Sperm azellenentlassung gefunden haben. 8. Die Nutzanwendung dieses Befundes beim Studium der Spermazellenentlassung ist, daB man sich groBere Mengen von lebendigen Spermatozoiden nach Bedarf zu beliebiger Zeit so fort verschaffen kann, wenn man geeignete Mikroprothallienkultur vorratig halt; z. B. zur Priifung der Re~fe der Spermazellenentwicklung, bei chemotaktischen Experimenten, bei kiinstlicher Befruchtung von Isoetes usw.

Zum SchluB sei es mir gestattet, den Herren Professoren N agayoshi Nag ai, H a r u 0 Hay ash i und K e ita S hi bat a und dem Herrn Dr. S e i zoO k uno, die teils chemische Praparate, teils U ntersuchungsmaterialien freundlicherweise zu meiner Verfugung gestellt haben, meinen besten Dank auszusprechen. Auch bin ich den Herren Professoren Kikunae Ike da, Koichi Mats u bara und K inn os uke Mi ura fUr ihr stetes Entgegenkommen zu groBtem Dank verbunden. Ferner fuhle ich mich meinem ehemaligen, leider fruh verstorbenen Privat-Assistenten, Herrn Y. Hihara, und seinem Nachfolger, dem Herrn H 0 s a k a, fur ihre Hilfe zu Dank verpflichtet. Mai 1924.

Botanisches Institut der kaiserl. Universitat zu Tokyo.