Die Bedingungen der Blütenbildung von Stellaria media

Die Bedingungen der Blütenbildung von Stellaria media

Die Bedingungen der BlUtenbildung von Stellaria media. Von Kiithe Hitzer (Flensburg). Aus dem Botanischen Institut der Universitat Heidelberg. Die Wi...

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Die Bedingungen der BlUtenbildung von Stellaria media. Von Kiithe Hitzer (Flensburg). Aus dem Botanischen Institut der Universitat Heidelberg.

Die Winterannuellen sind nicht nur durch ihre hohe Wider standsfiihigkeit gegen Kalte ausgezeichnet, sondern auch dadurch, daB sie ihre hauptsachliche Vegetations- und Blutezeit im Winter haben. Es war beabsichtigt, im Botanischen Institut Heidelberg die Gesamtphysiologie dieser Pflanzen zu studieren. Es solI ten vor allem auf der einen Seite Atmung und Assimilation namentlich in Abhangigkeit von der Temperatur, andererseits die Bedingungen der Blutenbildung untersucht werden. fiber diese zweite Aufgabe, die mir zufiel, solI im folgenden berichtet werden. Die Untersuchungen uber Assimilation und Atmung muBten aus auBeren Grunden abgebrochen werden. Sie haben ubrigens keineswegs etwa ein besonders niedrig gelegenes Optimum der Assimilation ergeben. Zur Aufklarung der Ursachen fur die Blutenbildung dienten zunachst vier un serer gemeinsten Ackerunkrauter: Stellaria media, Veronica Tournetortii, Lamium purpureum und Senecio vulgaris. Sehr bald muBten sich die Untersuchungen auf die erste, SteZlaria media, beschranken.

I. Die Verbreitung von Stellaria media auf der Erde

und ihr Standort in Mitteleuropa. Stellaria media ist eine jener wenigen Pflanzen, die uber samtliche Klimagebiete der Erde verbreitet sind (W i t tr 0 ck, 1908). Sie ertragt sowohl arktische Kalte wie tropische Hitze und ein durch extreme Temperaturen ausgezeichnetes Binnenlandklima in gleicher Weise wie das ausgeglichenere Meeresklima. Diese Anpassungsfiihigkeit ermoglicht es, daB ihr Verbrpitungsareal bis weit in die Arktis des Nordund Sudpols (70°) und bis zu hohen Gebirgslagen - in Tibet bis zu der erstaunlichen Hohe von 5000 m - reicht und sie trotzdem doch auch zum Pflanzenbestand der Tropen gehOrt. Der einzige, die Verbreitung von Stellaria begrenzende klimatische Faktor scheint die

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Kathe Ritzer,

Trockenheit zu sein. In der Wtiste und den trockenen Landstrichen der anderen KIimagebiete fehlt sie denn auch. In der tropischen und subtropischen Zone kann sie sich nur als Gebtischpflanze behaupten, wie Eng Ie r (1892) sie mit Recht in dies en Gegenden bezeichnet. In Mitteleuropa stellt den gtinstigsten Standort ftir SteUaria ohne Zweifel lockerer, nahrstoffreicher Kulturboden dar, wie ihn unser Ackerund Gartenland bietet. Das Vorkommen dieser Pflanze an Wegrandern und sonstigen Ruderalplatzen ist nur moglich, sofern der Boden an diesen Stellen nicht zu sehr festgetreten ist. Sie fehlt ganzlich auf Wiesen, wo sie infolge der dichten Grasnarbe oberirdisch stark benachteiligt wird und vielleicht auch ihr sehr zartes, nur in der obersten Bodenschicht sich ausbreitendes Wurzelwerk nicht zwischen den viel stiirkeren Wurzeln der Graser hindurchzudringen vermag. Auch im Walde ist Stellaria nicht zu finden.

II. Das Verzweigungssystem der Stellaria. Del' morphologische Aufbau del' Caryophyllaceen ist iifter untersucht worden (R 0 h I' b a c h 1868, Go e bel 1915-1918). Doch miissen hier fiir das Verstandnis des folgenden ein paar kurze speziellere Bemerkungen iiber Stellaria media gemacht werden. Zunachst sei einiges iiber die Verzweigung des vegetativen Teils del' Pfianze gesagt. Stellaria media besitzt. dekussierte Blattstellung. 1m allgemeinen tragt nul' das eine von zwei einander gegeniiberstehenden Blattern eine Seitenknospe; in del' Achsel des anderen wi I'd, wie ich feststellen konnte, von vorneherein gar keine solche angelegt. Am ersten Knoten der Rauptachse jedoch bilden sich stets, am zweiten zuweilen beide Achselknospen aus, von denen die eine friiher entsteht und daher del' anderen in del' Entwicklung vorauseilt. Die Achselsprosse verhalten sich nun ihrerseits wieder ebenso, so daB am Grunde del' Pflanzen ein sehr dichtes Verzweigungssystem entsteht, dessen Verstandnis dadurch erschwert wird, daB die ersten Internodien immer mehr odeI' weniger gestaucht sind, und daB jeweils am ersten, beziehungsweise auch zweiten Knoten auBerdem noch akzessorische Seitentriebe auftreten. Diese entspringen zwischen dem Tragblatt und dem Seitenzweig und werden nachtraglich aus embryonal em Gewebe angelegt. Von groBer Wichtigkeit fiir die Frage del' Rliitenbildung ist bei meiner Versuchspflanze dieVerzweigung derInfloreszenz. llier ist VOl' allem hervorzuheben, daB keine besonderen Bliitenachsen ausgebildet werden, sondern an jedem SproB nach Entwicklung einer gewissen Anzahl von Blattpaaren - die uns noch beschaftigen muB - Bliiten auftreten. Die Anlage einer Infloreszenz erfolgt so, daB die Rauptachse mit del' Entwicklung einer terminalen Rliite endet, wie das fiir die zymose Verzweigung charakteristisch ist, und in den Achseln des letzten Blattpaares - diese und alle folgenden Tragblittter sind laubig - Seitenknospen austreiben. Jede von diesen verhalt sich nun ihrerseits wieder ebenso, bildet abel' nul' ein Rlattpaar fiir ihre Seitentriebe aus, so daB ein dichasial verzweigter Bliitenstand entsteht. Meist tragt das letzte Blattpaar unterhalb einer Infloreszenz keinen AchselsproB.

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Die Anzahl der Blattpaare, die einer Infloreszenz vorausgehen, schwankt zwischen 6 und 12, wie dies zu verschiedenen Jahreszeiten durchgefiihrte Unter~uchungen an Pflanzen ergeben haben, welche an unterschiedlichen Standorten, also unter abweichenden Boden-, Feuchtigkeits- und Lichtverhaltnissen gewachsen waren. Eine Beziehung del' auBeren Faktoren zu der Anzahl der Blattpaare lieB sich nicht finden. Sehr interessant ist im Hinblick auf das Hauptproblem meiner Versuche die Tatsache, daB vom Haupttrieb zu den Seitenzweigen erster, zweiter usw. Ordnung fol'tschreitend die Bliiten durchweg nach einer immer geringeren Blattzahl auftretenj an einer Pflanze z. B. bliihte der Haupttrieb nach 10-12 Blattpaaren, die Seitenzweige erster Ordnung taten dies nach 9-10, diejenigen zweiter Ordnung nach 7-9 Blattpaaren. Es war notwendig, die Anlage einer Infloreszenz von derjenigen vegetativeI' Triebe schon in den friihesten Entwicklungsstadien sehr sicher unterscheiden zu konnen. Untersucht man einen jungen, noch vegetativen SproB, so findet man, daB vom Vegetationspunkt abwarts die ersten drei bis vier Blattpaare noch keine AchselSprosse tragen, etwa vom fiinften ab dieselben auftreten. Handelt es sich hingegen urn einen BliitensproB, so zeigt sich im ganzen das gleiche Bild, doch sind in der Achsel der beiden jiingsten, gerade entstandenen Blatter bereits Achselsprosse - die kiinftigen Seitenbliiten erster Ordnung - angelegt. An diesen, dem Vegetationspunkt so nahestehenden Knospen ist ein floraler Zustalld eindeutig zu bestimmen, lange bevor sich die Endbliite durch Stellung ihrer Organe als solche zu erkennen gibt. In weiter vorgeschrittenen Entwicklungsstadien gestaltet sich die Unterscheidung, ob ein Laub- oder ein BliitensproB vorliegt, natiirlich leichter, weil dann schon der Vegetationspunkt sich verbreitert hat und die Anlagen fiir die Keichbiatter der Terminalbliite abzugliedern beginnt.

III. Oedeihen und Bliihen der Stellaria zu den verschiedenen Jahreszeiten. Stellaria wird im allgemeinen zu den Winterannuellen gezahlt. Dies ist aber streng genommen nieht riehtig; wohl sind die Monate November bis Marz die fiir das Waehstum dieser Pflanze durehaus giinstigsten, doeh ist sie im Sommer ebenfalls drauBen zu finden, wenn aueh in geringerer Anzahl und weniger kraftigem Zustand. Infolge des versehiedenen Habitus der Pflanzen in der kalten und warmen J ahreszeit lassen sieh eine Winter- und eine Sommergeneration einander gegeniiberstellen. Die Samen, aus denen die Win t e r p fl an zen hervorgehen, keimen in groBen Mengen im Spatsommer und Herbst auf dem Garten- und Aekerboden nnd an Ruderalplatzen mit guter loekerer Erde. Die Keimlinge waehsen raseh zu kraftigen Pflanzen mit tiefdunkelgriinen Blattern heran. Die niederliegenden Sprosse, welehe einen auBerordentlieh gedrungenen Wuehs zeigen, bedeeken vielfaeh den Erdboden wie ein diehter Teppieh. Gegen tiefe Temperaturen erweisen sieh die Pflanzen als sehr unempfindlieh. Bei starkem Frost werden sie glasig und sprode, im Extrem sogar infolge der groBen

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K1ithe Ritzer,

Wasserentziehung welk, erholen sieh aber beim Auf tau en im Laboratorium sehr bald wieder, ohne gelitten zu haben. Auf Grund ihres kdiftigen Wuehses maehen die Pflanzen den Eindruek, als ob sie sieh im Zustande bester Ernahrung und rein vegetativen Waehstums befanden. Ende Januar fand ieh beim Praparieren von Knospen jedoeh ganz junge, von 6-8 Blattpaaren eingesehlossene Bliitenstande. Es werden also trotz der in den Monaten Dezember, Januar und eventuell aueh noeh Februar herrsehenden ungiinstigen Witterungsverhaltnisse Bliiten angelegt, welehe sieh freilieh nieht entfalten. Sobald dann Ende J anuar, Anfang Februar die Temperaturen ansteigen und die Liehtverhaltnisse hinsiehtlieh der Tageslange und der Strahlungsintensitat bessere werden, streeken sieh die SproBaehsen und waehsen die Bliitenanlagen heran, so daB es jetzt zu einer iippigen Entwieklung der Infloreszenzen kommt. Es bliihen die Seitenzweige 1., 2., eventuell aueh 3. Ordnung. Ob die Bliiten kleistogam oder ehasmogam sind, hangt vor allem yom Licht, vielleieht auBerdem aueh noeh von der Temperatur ab. 1m Mai, je naeh dem Standort aueh erst im J uni, stell en die Winterpflanzen ihr Waehstum ein und gehen allmahlieh zugrunde, wahrend ihre Samen heranreifen. Das Absterben der Pflanzen beruht aller Wahrseheinliehkeit naeh auf der hOheren Temperatur und der Troekenheit des jetzt einsetzenden Sommerwetters und erfolgt deshalb nur an den del' Sonne ausgesetzten Standorten. 1m Sehatten (auf Aekern unter Obstbaumen, an Heeken besonders naeh Norden zugekehrt) erhalten sieh die Winterpflanzen bis Juli, selbst August, wahrend die Sprosse sieh an den Knoten bewurzeln und so junge Toehterpflanzen entstehen lassen. Wie empfindlieh Stellaria gegen Troekenheit ist, geht u. a. aus folgendem kleinen Versueh hervor: In der ersten sehr heiBen Halfte des August 32 starben an einer Siidwand aufgestellte, kraftige Pflanzen ab, als sie nul' 2 Tage nieht gegossen worden waren. Neben dem jahreszeitliehen Wetterweehsel wirkt beim Absterben der Winterpflanzen sehr haufig noeh die Uberwueherung dureh die nun immer mehr dominierenden sonstigen Friihjahrs- und Sommerpflanzen mit. AuBer diesem natiirliehen Sehieksal der Winterpflanzen beim Beginn der warmen J ahreszeit spielt weiterhin die Tatsaehe eine wiehtige Rolle, daB ein groBer Teil von ihnen der Unkrautvertilgung dureh den Mensehen zum Opfer fallt. Yom Friihjahr an den ganzen Sommer hindureh keimen an einigermaBen feuehten, sehattigen Stellen reiehlieh junge Pflanzehen aus den Samen der Winterpflanzen (dureh Baume besehattete SteBen auf Aekern

Die Redingungen der Rliitenbildung von Stellaria media.

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und PHitze mit gutem, lockerem Boden). Es sind dies die nun zur Entwicklung kommenden So m mer p fl an zen. Sie sind im ganzen zarter gebaut, haben hellere Blatter und langere Internodien. Ebenso wie die Winterpflanzen bilden sie, einerlei auf was fUr einem Boden sie stehen, an Haupt- und Seitentrieben Bliitenstande aus. Stellaria media ist also, urn dies noch einmal deutlich hervorzuheben, eine Pflanze, die das ganze Jahr hindurch gedeiht und in gtinstigen wie in ungtinstigen Zeiten Bltiten anlegt. Die Fahigkeit einer raschen und sehr reichlichen vegetativen Vermehrung (die Vegetationskegel fUr die Adventivwurzeln sind in den Knoten zwischen Blattstiel und Seitenspro.£l schon vorgebildet) sowie das Fehlen einer Samenruhe sichern Stellaria eine fortdauernde Existenz und immer weitere Ausbreitung. Diese beiden Eigenschaften tragen deshalb auch so wesentlich dazu bei, da.£l diese Pflanze zu dem beschwerlichen Unkraut wird, das erfolgreich nur dann bekampft werden kann, wenn fortlaufend die jungen Pflanzen vernichtet werden.

IV. Versuche zur Aufktarung der Bliitenbildung bei Stellaria media. Uber die Ursachen der Bliitenhildung verdanken wir vor allem G. K I e b s viele und tiefeindringende Untersuchungen. Sie sind von ihm zuletzt im Handworterbuch der Naturwissenschaften 1913 zusammengefal3t worden und werden auch in den Hand- und Lehrbiichern geniigend behandelt, so dal3 sie als bekannt gelten kiinnen. Ich zahle hier nur noch einmal zusammenfassend die dort genannten Faktoren auf, welche bei der Bliitenbildung eine Rolle spielen und deshalb auch bei meinen Yersuchen selbstverstandlich von vorneherein beriicksichtigt werden mul3ten: Lichtintensitat, Temperatur, Feuchtigkeit und Nahrstofi'e. Es traten im Yerlauf meiner Arbeit schon sehr bald noch einige weitere neue Gesichtspunkte hinzu (vgl. J 0 s t, 1934), zunachst die Beleuchtungsdauer: durch die Arbeiten von Garner und Allard ist vor kurzem gezeigt worden, welch entscheidenden Einflul3 die TagesHinge auf das Bliihen verschiedener Kulturpflanzen ausiibt. Weiterhin ging ich dem Einflul3 des Follikelhormonpraparates "Progynon" nach, das von Schering-Kahlbaum hergestellt wird. Schliel3lich gewann wahrend meiner Untersuchungen noch das PH in bezug auf die Bliitenbildung bei Stellaria ein gewisses Interesse.

1. Einflu8 des Lichtes (Lichtintensitiit, Beleuchtungsdauer und kiinstliches Licht). In den ersten vier Yersuchen wurde der Einflul3 verschiedener Lichtintensitaten auf das Bliihen von Stellaria untersucht. Schon 1893 beschaftigte sich Yiichtin g damit, festzustellen, in welcher Weise die Lichtstarke auf den Bliihprozel3 einwirkt. Freilich waren seine Yersuche zu wenig eingehend, urn irgendwelchen Aufschlul3 iiber die Bliiten b i I dun g zu geben, urn so mehr als Y ii c h tin g in den Y ordergrund seines Interesses die Frage nach der 0 ff nun g der Bliiten (Chasmooder Kleistogamie) stellte. Er fand, dal3 an im Zimmer gezogenen Pflanzen bei 1 m

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Klithe Hitzer,

Entfernung von einem nach ONO gelegenen Fenster wohl eine regelmiillige Anlage von Bliiten erfolgt, diese abel' meist kleistogam sind. 1m Abstand von 1,50 m treten nie mehr chasmogame Bliiten auf, die Pflanzen vergeilen, sterben friih ab und sind sehr anfallig gegen Pilzinfektion. Wei terhin gibt V 0 c h tin g noch folgendes an: "1m Schatten del' Baume werden die Pflanzen groB und von auffallend dunkelgriiner Farbe, das ganze von groBer vegetativeI' Uppigkeit. Die Bliiten sind dabei abel' stets kleistogam. Es schien, als sei die Bliitenbildung an solchen Pflanzen im ganzen geringer, als an den del' Sonne ausgesetzten, in den vegetativen Organen weniger iippigen Pflanzen, doch konnte das Verhaltnis bisher nicht genau festgestellt werden". Diese Einzelbeobachtungen konnten natiirlich den gesamten Fragenkomplex nicht aufklaren. Als ich meine eigenen Untersuchungen iiber das Bliitenbildungsproblem bei diesel' Pflanze begann, standen mil' die Resultate vor Augen, die K I e b s (1906) und Vochting (1893) bei ihren Versuchen an Veronica chamaedrys und Mimulus Tilingi erhalten hatten. K I e b s erreichte durch schwaches Licht ein Umschlagen aus dem bliihenden in den vegetativen Zustand, das sich in einer Veri au bung del' Infloreszenz auBerte. Dasselbe erlangte Vii c h ti n g, wenn er Mimulus in einer Entfernung von 1,50 m hinter einem nach ONO gelegenen Fenster aufstellte. In den Blattachseln del' aufrechten Infloreszenzachse entstanden bis in die auBersten Enden der Bliitenstande fortschreitend Laubsprosse, wahrend die Bliiten groBtenteils auf friihen Entwicklungsstadien stehen blieben und die noch zur Ausbildung gelangenden klein blieben. Eine vollige Ausliischung del' Geschlechtlichkeit erzielte Vii eh ti n g bei Mimulus, wenn er im Marz-April Pflanzen an einen Ort mit schwacher Lichtintensitat brachte, die fUr die Bliitenbildung nicht mehr ausreichte. Sie produzierten reichlich Seitenzweige und erlangten dadurch ein gedrungenes Aussehen. 1m Herbst zeigten sie dann ein auffallend geringes ~W achstum, im folgenden Friihjahr begannen sie abzusterben. Dies beschrankte Wachs tum und die schwache Lebensfahigkeit bewei sen abel', daB del' vegetative Zustand ein "unnormaler" ist.

Es war von vornherein nicht sehr wahrscheinlich, daB solche Infloreszenzverlaubungen und ein derartiges volliges Vegetativwerden auch bei Stellaria in schwachem Licht zu erhalten seien, da bei meiner Versuchspflanze die Infloreszenz in einer ganz anderen Weise angelegt wird als bei Veronica und Mimulus. Rei Stellaria erfolgt die Anlage der Blfiten zymos, d. h. die SproBvegetationspunkte verwandeln sich in Blfiten; bei den anderen genannten Pflanzen geschieht sie dagegen razemos, d. h. die HauptsproBvegetationspunkte bleiben erhalten und produzieren seitlich Blfiten. Rei diesen letzteren Pflanzen sind die Hauptvegetationspunkte selbst wahrscheinlich nicht zum Blfihen zu bringen. Ein weiterer Unterschied zwischen den angefUhrten Veronicaund Mimulus-Arten und Stellaria ist, daB die ersteren nur wahrend einiger Sommermonate blfihen, meine Versuchspflanze aber das ganze Jahr hindurch in blfihendem Zustand angetroffen wird. Aus den folgenden Versuchen hat sich denn auch ergeben, daB in der Tat fUr Stellaria ganz andere Blfitenbedingungen gelten als fUr diese zwei Arten und fiberhaupt fUr aIle bisher auf ihre Rlfitenbildung hin genauer untersuchten Pflanzen.

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In den jetzt folgenden 4 Versuchen, die sich mit der Bedeutung der Lichtintensitat fUr das Bluhen von Stellaria beschaftigten, wurden teils Samlinge, teils Stecklinge verwendet, und die Pflanzen in 2 Fallen in Komposterde, in den beiden anderen in Nahrlosung (Knop) gezogen.

V e r s u c h 1. S t e c k lin g sku It u r e n in K 0 m p 0 s t e r d e bei verschiedenen Lichtintensitaten. Versuchsdauer 6. Mai bis Ende Juli 1932. Die Stecklinge, welche von kraftigen, uberwinterten Freilandspfianzen genommen worden waren, wurden im Gewachshaus zur Bewurzelung gebracht, am 6. Mai 1932 in Blumentopfe mit gut ausgereifter Komposterde gepfianzt und auf die vier nachstehenden Standorte mit verschieden starker Beleuchtung verteilt: 1. Eine wahrend des ganzen Tages unbeschattete Stelle unseres Institutsgartens. 2. Bort im Gewachshaus, nahe an der Glaswand. 3. Tisch im Gewachshaus, in einer Entfernung von 50-100 cm von der Glaswand. 4. Kleines Verbindungsgewachshaus, dessen Fenster frisch geweiJ3t waren. Urn eine Vorstellung von den Lichtintensitaten an diesen vier Stellen zu gewinnen, wurde bestimmt, in welchem Verhaltnis die Lichtstarken der einzelnen Standorte zueinander standen. Die Messungen wurden am 25. Juli 1933, einem klaren, wolkenlosen Tage, mit Hilfe des Eder-Hecht-Graukeil-Photometers ausgefUhrt, und zwar halbstundlich zwischen 1015 und 13 '0 Uhr. Die im Freiland zwischen ll15 und ll45 Uhr" herrschende rnittlere Lichtstarke von 1404 ahsoluten Bunsen-Roscoeschen Einheiten wurden nun gleich 1 gesetzt; daraus wurden die Lichtsllirken der ubrigen Standorte in Bruchteilen dieser "Normalintensitat" berechnet. Fiir den Versuch I lauten danach die Angaben: 1. 1404 B.R.E., ...... Normalintensitat, 2. 695 1/2 der 3. 458 1/. der

Nachdem die Stecklinge anfangs schlecht gediehen, da sie von alten Winterpflanzen stammten, erholten sie sich infolge hiiufigen GieBens (aIle 8-14 Tage) mit l0f0iger Hakaphos-Losung recht gut. Die Pflanzen im Freien wuchsen zu kraftigen Exemplaren mit dicken Stengeln und ziemlich dunklen Blattern heran; die im unbeschatteten Gewachshaus auf Tisch und Bort stehenden entwickelten sich auch nocb gut, wenn sie auch nicht die Uppigkeit der ersteren erreichten; im gekalkten Haus endlich zeigten die Pflanzen zwar· gute Verzweigung, blieben aber sehr zart und bildeten nur kleine Blatter aus. AIle Pflanzen produzierten ungeachtet der abweichenden Lichtintensitaten an den verschiedenen Standorten Bluten, in deren Zahl kein Unterschied zu beobachten war. V e r s u c h II. Sam lin g sku I t uri n K 0 m p 0 s t e r d e bei verschiedenen Lichtintensitaten. Versuchsdauer: 19. Juni bis Anfang August 1932. Die Samlinge waren im Gewachshaus gezogen (Aussaat 2. Juni) und am 19. Juni in Topfe mit Komposterde gebracht worden. Die Pflanzen der zwei Parallelkulturen a und b wurden folgenderFlora, Bd. 129. 21

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Rathe Ritzer,

maBen aufgesteUt: a) im Freien, vor einer der voUen Sonne ausgesetzten Siidwand (1616 B.R.E.), b) auf dem Gewachshaustisch (458 B.R.E.). Die relativen Lichtmengen betrugen also 6/ 5 bzw. 1/3 der "Normalintensitat".

Dieser Versuch gewinnt seine besondere Bedeutung durch die Tatsache, daB die an der Siidwand herrschende, infolge der Reflexion 1/5 uber der normalen liegende Lichtintensitat und die somit auch erhOhte Temperatur die Blutenbildung nicht hinderten. Hinsichtlich des vegetativen Wachstums zeigte sich, daB die Stellarien an der Siidwand im ganzen kleiner waren und daB aIle mit Hakaphos-Losung gegossenen Freiland-und Kontrollpflanzen den nicht gediingten Exemplaren im Gewachshaus in der Entwicklung uberlegen waren. Versuch III. Samlingskultur in Nahrlosung bei verschiedenen Lichtintensitaten. Versuchsdauer: 19. Juni bis Mitte Dezember 1932. Die Samlinge stammten aus der gleichen Aussaat wie die fiir Versuch II. Ais NahrlOsung wurde die Knop 'sche benutzt. Uber die Technik der hier zum ersten Male im Verlauf meiner Versuche verwendeten Wasserkulturen wird spater naher berichtet werden. Die eine Versuchsserie wurde hinter ein nach Norden gelegenes Fenster (103 B.R.E., 1/14 der N.!.), die andere auf das Gewachshausbort (695 B.R.E., 1/2 der N.!.) gestellt.

Trotz mehrfachen Ersatzes der abgestorbenen Pflanzen erhielten sich im ganzen nur zwei Exemplare, und zwar je eine Pflanze der beiden Standorte. Der Grund fUr dies en starken Ausfall war darin zu suchen, daB von Samlingen, welche in Wasserkultur iibertragen werden, immer ein verhiiltnismaBig hoher Prozentsatz abstirbt. Fiir die im Gewachshaus gezogenen Pflanzen kam als zweite Ursache noch hinzu, daB der Stengelteil unterhalb der Kotyledonen sehr leicht in der Sonne verbrennt, wie dieser sich denn iiberhaupt auch in den weiteren Versuchen als sehr empfindlich gegen Beschiidigungen erwies. Die beiden Pflanzen, welche die schwierigen auBeren Umweltsbedingungen iiberlebten, wuchsen langsam, gingen schon bald zu reich em Blahen liber und fuhren damit fort, bis sie gegen Weihnachten allmahlich eingingen. Versuch IV. Samlingskultur in Komposterlie bei verschiedenen Lichtintensitaten. Versuchsdauer: 29. Juni bis Mitte August 1932. In diesem Versuch wurden die Grenzen der Beleuchtungsstarke nach beiden Seiten mehr erweitert. Die verwendeten Pflanzchen waren im Freien auf einem Komposthaufen des botanischen Gartens gewachsen. Die Versuchspflanzen wurden 4 Tage nach dem Eintopfen an ihre Standorte gebracht. 1. Unter einem Eibengebiisch im starksten Schatten, 20 B.R.E., 1/67. 2."" " in weniger starkem Schatten, 42 B.R.E., 1/33 • 3."" " nahe am Rande, 345 B.R.E., 6/5.

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4. An einer del' vollen Sonne ausgesetzten Siidwand, 1616 B.R.E., %. 5. Eine wahrend des ganzen Tages unbeschattete Stelle unseres siidlichen Institutsgartens, 1404 B.R.E., Normalintensitat. 6. Auf dem Gewachshaustisch (Kontrolle), 458 B.R.E., '/3'

Die Pflanzen del' einzelnen Standorte zeigten ein sehr unterschiedliches Wachstum. Diejenigen del' Serie 1 bildeten nul' wenig Seitenzweige aus, vergeilten und starben nach ca. 6 W ochen ab; aIle iibrigen Versuchsexemplare entwickelten sich gut und lebten bis Mitte August. Wi e del' pro d u z i e I' ten, wie auch in den vorhergehenden Versuchen, aIle Pflanzen ausnahmslos Bliiten. Dies Resultat iiberraschte urn so mehr, als daraus hervorging, daB s e I b s tan e i n em Standort wie del' schattigsten Stelle un tel' dem dichten Eibengebiisch, wo die Lichtintensitat nul' 1/67 del' "normalen" betrug, Bliiten gebildet werden. Natiirlich sind diese kleistogam, auch ist ihre Zahl infolge del' Vergeilung und schwachen Verzweigung del' Pflanzen geringer. 1m gleichen Versuch bestatigte sich die schon im Versuch II gewonnene Erkenntnis, daB auch die Steigerung del' Lichtintensitat auf 6/5 des Normalwertes die Bliitenbildung nicht beein trach tigt. Welch hohe Bedeutung die tagliche Bel e u c h tun g s d a u e r fiir den Zeitpunkt des Bliihens hat, zeigten, wie schon erwahnt, Garner und A II a I' d (1920, 1923) an verschiedenen Sorten del' Sojabohne, des Tabaks und einer ganzen Reihe weiterer Kulturpflanzen. Sie pragten die vollig neuen Begriffe del' Kurz- und Langtagpflanzen und verstanden darunter folgendes: Die Kurztagpflanzen (Nicotiana tabacum Maryland Mammoth, Soja Biloxi und Phaseolus vulgaris) wachsen bei einer Tagesdauer von mehr als 12 Stunden nul' vegetativ und gehen erst unter dem EinfluB einer verkiirzten Beleuchtungszeit zum Bliihen iiber. Fiir die Langtagpflanzen (Mikania scandens, Raphanus sativus und Lactuca sativa) gilt das Umgekehrte. Eine Zwischenstellung zwischen diesen beiden Typen nehmen verschiedene Pflanzen ein, die sowohl bei langeI' als auch bei kurzer Tagesdauer bliihen: Nicotiana tabacum Connecticut Broadleaf, Nicotiana rustica, Brassica oleracea und Daucus carota. Auf Grund diesel' strengen Abhangigkeit des vegetativen Wachstums und des Bliihens von del' TagesJange wird die letztere zu einem del' wichtigsten Faktoren, welche die geographische Yerteilung del' Pflanzen auf die einzelnen Erdzonen bestimmen. L ubi m e nk 0 und See g I 0 v a (1928) beschaftigten sich eingehender mit diesel' fiir die Pflanzengeographie so bedeutsamen Erkenntnis und hoben weiterhin hervor, daB die Kurztagpflanzen nul' an geringe, die Langtagpflanzen an starke jahreszeitliehe Sehwankungen del' Tagesdauer angepaBt sind.

Obwohl von vornherein bei Stellaria, die in allen Erdzonen verbreitet ist und in unseren Gegenden sowohl bei langen Tagen im Sommer als auch bei kurzen im Winter wachst und bliiht, keine Anhaltspunkte 21*

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dafUr vorhanden waren, daB die Tageslange auf ihre Bliitenbildung von EinfluB ware, wurde doch noch der Versuch gemacht, diese Pflanze der extrem kurzen, in unseren Breiten nie vorkommenden Tagesdauer von nur 6 Stunden auszusetzen. Versuch V.

Keimlingskultur in Komposterde bei verschiedener Tageslange.

Versuchsdauer: vom 13. Oktober bis 15. November 1932. Es wurden Freilandkeimlinge benutzt und diese am 6. Oktober eingetopft. Die erste Serie wurde auf dem Gewachshausbort dicht an der Glaswand bei einer Beleuchtungsdauer von taglich 6 Stunden (10-16 Uhr) gehalten, die zweite an dem gleichen Standort bei der voUen TagesIange, welche wahrend der tiber einen Monat sich erstreckenden Versuchsdauer durchschnittlich 10 Stunden betrug.

Die Verkiirzung der taglichen Beleuchtungszeit auf 6 Stunden erwies sich fUr das Gedeihen del' Stellaria als die groBte eben noch ertragbare. Die Pflanzen vergeilten unter diesen Bedingungen schon sehr stark und hatten eine Lebensdauer von nur 2-3 Wochen. Trotzdem abel' bliihten sie, und dies bewies, daB auch bei einer 6 StundenTagesdauer ebenso wie in der Natur bei der groBen sommerlichen Tageslange noch ein Bliihen eintritt. Das Gesamtergebnis aIler bisher besprochenen Versuche laBt sich in wenige W orte zusammenfassen: Stellaria media vel' mag b e ide n verschiedensten Lichtintensitaten - von 1/67 bis zu 6/5 del' "normalen" Lichtstarke - und bei einer Tagesverkiirzung b i s z u 6 Stu n den z ubI ii hen. Man kann also bei ihr nicht wie bei anderen Pflanzen durch Lichteinfliisse ein rein vegetatives Wachstum erzielen; vielmehr bildet sie entweder an allen Sprossen Bliiten aus oder sie geht friihzeitig zugrunde, bevor sie zur Bliitenbildung gekommen ist. Wenn sich in den bisherigen Versuchen in solch eindeutiger Weise die vollige Unabhangigkeit del' Bliitenbildung del' Stellaria von der Starke und Dauer der Beleuchtung herausstellte, so muBte sich immer mehr die Frage aufdrangen, ob denn die Versuchspflanzen unter dem ausschlieBlichen EinfluB del' wahrend del' Experimente herrschenden Bedingungen Bliiten gebildet hatten, oder ob nicht vielleicht andere Umstande dabei mitgewirkt haben konnten. Es ware denkbar, daB schon an dem im Samen angelegten Vegetationspunkt des Haupttriebs die "Bliihreife" induziert ist. Urn dies zu priifen, wurde der Versuch gemacht, Samen in sehr schwachem Licht (unter dem Gewachshaustisch von einer mit Papier abgeschirmten Glasglocke iiberdeckt) und im

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volligen Dunkel keimen zu lassen. 1m ersten Fane entstanden etiolierte Samlinge mit 8-10 Blattpaaren und der Anlage einer Infloreszenz, im anderen sehr schwachliche Keimlinge, die nach Ausbildung von 3-4 Blattpaaren abstarben, ohne Bluten entwickelt zu haben. Man wird aus diesem Ergebnis des Versuchs keineswegs schlieBen durfen, daB die Bluhreife nicht schon im Samen vorhanden sei; sie konnte ja durch Dunkelheit bzw. Mangel an Nahrstoffen wieder vernichtet worden sein. Weiterhin war mit der Moglichkeit zu rechnen, daB die an Seitentrieben 1. Ordnung auftretenden Bluten nicht die Folge der wahrend der Versuche herrschenden Bedingungen waren, sondern von vorher einwirkenden Faktoren verursacht worden seien. Urn diese Moglichkeit auszuschlieBen, wurde in zwei weiteren Versuchen besonders auf das Verhalten der Seitenzweige hoherer Ordnungen geachtet, die bestimmt unter den Versuchsbedingungen entstanden waren. Es wurde genau notiert, nach wievielen Blattpaaren die Seitenzweige der Versuchspflanzen zur Blutenbildung ubergingen, und, urn die Pflanzen zur Ausbildung immer hOherer Seitenzweigordnungen zu zwingen, anjedem SproB die Spitze abgeschnitten, sobald er die Infloreszenz zu bilden begann. V e r sue h V I. S t e c k Ii n g sku It uri n K 0 m p 0 s t e r d e bei verschiedenen Lichtintensitaten unter fortlaufender Dekapitation der Infloreszenzen. Versuchsdauer: 1. Mai bis 20. Juli 1933. Die Stecklinge stammten von Freilandpflanzen. Die Versuchspflanzen wurden aile 14 Tage mit 1 %iger HakaphosLosung gegossen und waren auf die nachstehend angegehenen Standorte verteilt: 1. Auf einem Siidbalkon, 1404 B.R.E., Normalintensitat. 2. Hinter einem Siidfenster, 800 B.R.E., knapp '/2 der Nol'malintensitat. 3. Auf einem Nordhalkon in einem Glaskasten, 226 B.R.E., '/6 Normalintensitat. 4. Hinter einem Nordfenster, 103 B.R.E., '/14 der Normalintensitat . .Jede Serie bestand aus 6 Pflanzen.

An den verschiedenen Standorten zeigten sich im Wuchs ziemlich erhebliche Unterschiede; die Exemplare auf dem Sudbalkon entwickelten sehr kurze Internodien, so daB die Blattpaare nah beieinander standen, und die Pflanzen in ihrem Habitus somit den" Winterpflanzen" ahnelten. Sie waren aber bei wei tern nicht so gesund und kriiftig als diese. Die Anfang Juli eingetretene und bis zum Ende des Versuchs anhaltende Hitze beschleunigte ihr Absterben. Die Pflanzen an den drei ubrigen Standorten waren sehr uppig im Wachstum. Sie hatten groBe Blatter, wuchsen rasch und bildeten langere Internodien aus als die Sudbalkonpflanzen. Da die bluhenden Spitz en fortlaufend abgeschnitten wurden, entstanden an den Versuchspflanzen Seitenzweige bis zur o. Ordnung,

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ausgenommen bei den Pflanzen auf dem Sudbalkon, die ihre Entwicklung mit den Seitenzweigen 4. Ordnung abschlossen. Das Wesentliche an diesem Versuch war, daB auBer dem Haupttrieb undden Seitenzweigen 1. Ordnung auch diejenigen 2.-4. bzw. 6. Ordnung aIle ungeachtet der so sehr unterschiedlichen Lichtintensitiiten (1; 1/2; 1/6; 1/ 14) zur Blutenbildung ubergingen. lch gebe in der folgenden Ubersicht die Blattpaaranzahl, nach deren Ausbildung die Anlage von Bluten erfolgte, fUr das Verzweigungssystem von vier verschiedenen Versuchspflanzen an: Pflanze 10. 1. " 17. " 22.

"

S.-Zw. 1. Ordn. 2.0rdn. 4,5 4,6 Siidbalkon .. 4,6,7 Siidfenster 5 4,5 N ordbalkon . . 6 5,8 5,6 N ordfenster. .

3.0rdn. 6,7,8 4,5,6,7 7,8 5,7,8,10

4.0rdn. 3,5,6,7 4,5,6,7 6, 7 5,6,7,8

5.0rdn. 4,5,6

Ein sehr abweichendes Verhalten hinsichtlich der Blutenbildung zeigte die Pflanze 20 hinter dem Nordfenster: Haupttr. 21 Eliite

S.-Zw. 1. Ordn. 21 veg.

2. Ordn. 17, 18, 20 veg.

3. Ordn. 9, 10 veg.

4. Ordn. 3, 4 veg.

Solch ein stark hinausgezogertes BlUhen wiederholte sich im Verlauf der weiteren Versuche noch verschiedentlich. Es soIl deshalb erst spater im Zusammenhang auf die Ursachen hierfur eingegangen werden (s. S. 333). Nachdem aIle bisherigen Versuche bei naturlichem Licht ausgefuhrt worden waren, das in seiner lntensitat und Dauer stundlich und taglich schwankt, wurde im folgenden Versuche mit kunstlicher Beleuchtung gearbeitet. Versuch VII. Stecklingskultur in Komposterde bei kunstlichem Lich t. Versuehsdauer: 16. J uni 1927 bis 27. J uli 1933. Es gelangten aus dem Freiland stammende Keimlinge zur Verwendung. Als Liehtquelle wurden drei dieht nebeneinander stehende Osram-Gliihbirnen von je 40 Watt benutzt, die von einer Akkumulatorenbatterie gespeist wurden, urn sie unabhangig von eventuellen Sehwankungen des vom Elektrizitatswerk gelieferten Stroms zu maehen. Die Lampen brannten von 8-19 Uhr. Urn einen mogliehst hohen Teil des ausstrahlenden Liehtes den Pflanzen zuzuleiten, wurde hinter jede Gliihbirne ein Hohlspiegel gestellt. Mit Hilfe des Photometers naeh K r ii s s wurde die von den Lampen horizontal ausgehende Gesamtliehtsmrke der drei Birnen zu 150 Meterkerzen bestimmt. Die Versuehspflanzen standen in 5 Reihen im Abstand von 10, 16, 22, 28, 34 usw. bis 64 em von den Lampen. Jede Reihe bestand aus 5 Pflanzen. Die Beleuehtungsstarken, welehe die Pflanzen in den einzelnen Reihen erhielten, gehen aus der folgenden Ubersieht hervor: Bei 100 em . .. 150 Meterkerzen, Bei 28 em .,. ] 944 Meterkerzen, "

"

64" 365" 40 " .. ' 937

"

" 16 " ... 5953

"

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

321

AIle Pflanzen, welche mehr als 40 cm von del' LichtquelIe entfernt waren, entwickelten sich iiberhaupt nicht wei tel' und gingen in den ersten 4 W ochen ein; diejenigen, welche zwischen 28 und 40 cm standen, zeigten starke Etiolementserscheinungen. Del' Haupttrieb wurde lang und geil. Die Seitenzweige 1. Ordnung blieben mit Ausnahme del' im ersten Blattpaar stehenden ziemlich unentwickelt. Zur Entfaltung von Bliiten gelangte nur del' Haupttrieb; an den unteren Seitensprossen 1. Ordnung lieBen sich entweder bereits mit bloBem Auge Bliiten odeI' durch Praparation Anlagen fUr solche feststeHen, sofern die betreffenden Sprosse schon 5-7 Blattpaare gebildet hatten. Die in geringerem Abstand von del' LichtqueHe stehenden Versuchspflanzen gediehen je nach den kontinuierlich giinstiger werdenden Lichtverhiiltnissen immer bessel'. Die in einer Entfernung von 28-16 cm stehenden bildeten Seitenzweige bis zur 4. Ordnung aus, die mit Ausnahme del' letzten Ordnung noch Bliiten produzierten. Urn das Ergebnis dieses Versuchs mit dem alIer bisher erorterten Experimente vergleichen zu konnen, ist die HerstelIung einer Beziehung zwischen Lichtintensitaten, welche mit dem Eder-Hecht'schen Photometer gemessen worden sind, und solchen, die in Kerzenstarken angegeben werden, notig. Unter del' Annahme, daB die fUr Kiel geltende Messung Webers, wonach die durchschnittliche Lichtintensitat im Juli mittags 12 Uhr rund 54000 Meterkerzen betragt (Sierp 1918), auch fUr Heidelberg gelte, waren diese 54000 Meterkerzen den von mil' gemessenen 1404 B.R.E. gleichzusetzen und dann waren: 54000 Meterkerzen 1404 B.R.E. Normalintensitat 15000 (10 em) 390 " ' /4 ., 1 836 " (29 ,,) 48 " '/29 " 1110 ., (38 em) 29 , , ' /48 "

Bei diesel' GegeniiberstelIung von kiinstlichem Licht, das in Meterkerzen gemessen wurde, und natiirlichem, in B.R.E. bestimmtem wird naturgemaB die Qualitat des Lichts unberiicksichtigt gelassen. Das Sonnenlicht schwankt bestandig in seiner Intensitat und ist reicher an blauen Strahlen, das kiinstliche Licht war von konstanter Starke, enthielt abel' mehr rote und gelbe Strahl en. Vergleichen wir das Ergebnis dieses letzten Versuchs VOl' aHem mit dem des Experimentes IV, so ergibt sich iibereinstimmend, daB bei etwa 1/30-1 /40 del' "Normalintensitat" das Wachstum und damit auch die Bliitenbildung aufhOrt. Das neue del' Versuche VI und VII besteht nun darin, daB die Bliiten, welche an den Seitenzweigen 2.-5. Ordnung entwickelt wurden,

Kathe Hitzer,

322

ausschlieBlich dem EinfluB der Versuchsbedingungen ausgesetzt waren. Damit hat sich endgiiItig entschieden, daB das Licht ohne Einwirkung auf das Bliihen ist.

2. Einflu8 der Luftfeuchtigkeit. N achdem K 1e b s festgelegt hat, wie stark die Trockenheit die Bliitenbildung fordert, muBte auch bei meiner Versuchspflanze der EinfluB der Luftfeuchtigkeit untersucht werden. V e r s u c h VIII.

S t e c k 1i n g sku It u r in N ah rIo sun g, bei v e rschiedener Luftfeuchtigkeit.

Versuchsdauer: Ende Januar bis Mitte Juli 1933. Ende Januar 1933 wurden Stecklingspflanzen im Erlenmeyerkolben eingesetzt und unter eine Glasglocke auf die Fensterbank des nach Siiden gelegenen Laboratoriums gebracht. rch kontrollierte die unter der Glasglocke herrschende Luftfeuchtigkeit standig mit einem Haarhygrometer. Die relative Luftfeuchtigkeit betrug wahrend des Versuchs 98-100 %.

An den Pflanzen wurden die Haupttriebe und Seitenzweige 1. Ordnung gekopft, da sie ja natiirlich schon Bliiten besaBen oder zum Bliihen fest determiniert sein konnten. Von den Achselsprossen 2. Ordnung bildeten nul' die alter en nach 8-13 Blattpaaren Bliiten aus, wahrend die jiingeren lediglich Blatter produzierten und dabei allmahlich immer langsamer wuchsen. Ieh fand beim Praparieren der Vegetationspunkte diesel' Sprosse bis zu 19 B I at t p a a I' e. Die Zweige 3.0rdnung blieben samtlich vegetativ. Auch hier bOrte das Wachstum allmahlich auf. Die Pflanzen blieben noch reichlich einen Monat frisch; eine lebte sogar bis Mitte ,T uli 33. Dasselbe Ergebnis hinsiehtlich des Bliihens zeigten die Kontrollpflanzen, welcbe sich in del' Laboratoriumsluft bei etwa 50-60 % relativer Feuchtigkeit entwickelten. AnschlieBend hieran wurde noch ein Versuch im botanischen Garten unternommen, del' dariiber AufschluB geben sollte, ob vielleicht die Feuchtigkeit in Verbindung mit Warme oder Kalte fUr das Bliihen von Bedeutung sei. V e r s u c h IX. S t e c k 1i n g sku 1t u I' in K 0 m p 0 s tel' d e bei feuchtwarmer und feuchtkiihler Luft. Versuchsdauer: 20 .•Tuni bis Ende Juli 1933. Am 20. Juni 1933 wurden je 6 Pflanzen, welche aus Stecklingen von Freilandpflanzen gewonnen worden waren, im Viktoriahaus und im kiihlen Hymenophyllumhaus (unter dem Erdniveau liegender nur diffuses Licht erhaltender Raum) aufgestellt.

Erstaunlicherweise entwickelten sich die Pflanzen bei del' hohen Temperatur des Viktoria-Hauses verhiiltnismaBig gut, wenn sie auch stark vergeilten. Die Pflanzen im Hymenopbyllum-Haus waren durchweg etwas

Die Bedingungen del' Blutenbildnng von Stellaria media.

323

kraftiger. Die Exemplare beider Serien entwickelten Seitensprosse bis zur 2. und teilweise 3. Orduung, die samtlich Bliiten anlegten. Die Ergebnisse der beiden Versuche VIII und IX stehen offenbar in Widerspruch zueinander. Die Pflanzen des Versuchs VIII gingen in den vegetativen Zustand iiber, diejenigen des anderen taten dies nicht. Mit der hier erreichten Hinauszogerung der Bliitenbildung bzw. dem Andauern des vegetativen Zustandes schien das erstrebte Ziel erlangt zu sein. Allein es zeigt sich, daB nicht die Luftfeuchtigkeit die Veranlassung zum Vegetativwerden war. Denn der vegetative Zustand trat nur bei den Pflanzen des Versuchs VIII auf und fand sich hier unterschiedslos in beiden Paralellkultnren (98-100 % und ca. 50-60 % Luftfeuchtigkeit). Also kann nur die Wasserkultur das Vegetativwerden verursacht haben. Ich verweise hier wie schon im Versuch VI auf die nahere Erorterung S. 333. 3. Einflu8 der Temperatur. Der Versuch IX im vorigen Kapitel (Viktoria- nnd HymenophyllumHaus) zeigt zngleich, wie uilabhangig die Bliitenbildung der Stellaria auch von der Temperatur ist. Da dies ohnehin aus dem Verhalten der Freilandpflanzen hervorgeht, die das ganze J ahr hindurch bei jeder Temperatur bliihen, so eriibrigten sich weitere Experimente in dieser Richtung. 4. Einflu8 der Nlihrstoffe. Unter den Nahrstoffen gelten Phosphor und Stickstoff als die Bliitenbildung entscheidend beeinflussende Stoffe. Auch spielt in manchen Fallen das Calcium eine freilich untergeordnete Rolle. Auf die Einwirkung diesel' drei Stoffe erstreckten sich deshalb meine Untersuchungen. Die Versuche wurden in Form von Wasserkultnren durchgefiihrt. Nachdem in den Experimenten III und VIII eine Erlauterung del' Technik del' letzteren zuruckgestellt worden war, soli jetzt das Notwendige hieruber gesagt werden. Fur den Versuch III waren zylindrische GefaBe von reichlich 1"/2 1 Inhalt verwendet worden; die Pflanzen wurden durch die in del' Mitte des Porzellandeckels befindlichen Locher gesteckt und diese mit Watte abgedichtet. In den Versuchen (VIII, X, XI, XII, XIII, XIV, XV, XVI, XVII) wurden 150 ccm-Erlenmeyerkiilbchen benutzt, die Pflanzen von kleinen, uber die KolbenOffnung stiilpbaren Glashaltern getragen, die aus einem zentralen kurzen Glasrohl'chen bestanden, an das seitlich drei gebogene Glasstabe angeschmolzen waren. Damit die Pflanzen niemals etwa unter Nahrstoffmangel zu lei den hatten, wurde auf eine haufige Erneuerung del' Nahrliisung groBer Wert gelegt, VOl' allem bei del' 10fach verdunnten Knopliisung.

a) Die Bedeutung des Stickstoffs fiir die Bliitenbildung von Stellaria media.

Nachdem in del' Praxis des Garten- und Ackerbaues und auch durch Experimente schon langst erkannt worden war, daB starke Diingnng,

Kathe Ritzer,

324

insbesondere mit N-Salzen das vegetative Wachstum befOrdert und das Bliihen verhindert oder verzogert, begriindete Kle b s (10) diese rein empirisch gewonnene Erkenntnis durch seine allgemein bekannte Theorie in der Weise, daB durch eine Verminderung der Nahrsalzzufuhr das Verhaltnis der anorganischen zu den organischen Stoffen zugunsten der letzteren verschoben werde und daraus der bliihreife Zustand resultiere. Die von mir hinsichtlich der Stickstoffbedeutung unternommenen Versuche soIl ten nun zeigen, ob auch bei der Bliitenbildung der Stellaria der Stickstoff die gleiche Rolle spiele. Aus dem Verhalten der Freilandpflanzen ist zu entnehmen, daB die vegetative Entwicklung ganz entschieden auf einem stickstoffreichen Boden wie dem Ackerland gefOrdert wird; trotzdem erfahrt das Bliihen hierdurch offenbar keinerlei Beeintrachtigung. Ich gebe hier zunachst eine Ubersicht liber aile zur Untersuchung des Stickstoffeinflusses verwendeten Nahrliisungen. Zusammensetzung der verwendeten Nahrlusungen (Substanzen in Gramm auf II Wasser). 1. Knopliisung

KNO. Ca(NO.). CO(NR.)2 (NR.).SO. KR.PO. K 2 RPO. MgSO. CaSO. CaCO. NaCl KCI CaCl. Fe.CIs

-

2. KnopHisung, 13. KnopHisung. 4. NormalCa(NO,), Ca(N0 3), liisung I ersetzt durch I ersetzt durch nach Schimper (NH.),SO. CO(NH,),

I

1,0 -

-

1

0,25

-

1,0

-

-

-

-

-

-

-

0,25 -

0,25 0,5

-

-

0,5

-

-

-

-

Spur

0,12

0,12

-

-

-

I

-

1,0

-

0,12

0,43

-

-

0,25 0,25

-

6. N-freie NormalHisung

-

-

0,25

5. N-arme NormalHisung

Spur

Spur 1

1

0,43 1,7

-

1

0,43 0,43

0,43 0,43 -

-

-

0,43

0,43

-

-

0,43 Spur

-

Spur

-

-

0,43 0,43 -

0,43 -

Spur

1

Ve r s u c h X. Stecklingskultur bei einer Stickstoffgabe in Form von Nitrat, Ammonium und Harnstoff. Versuchsdauer: 7. Januar bis Mitte April 1933. Die Stecklingspflanzen stamm ten von Freilandexemplaren und wurden in 3 Versuchsreihen eingeteilt. 1. KnoplOsung (Kontrolle). 2. Lusung 2 (Ammoniumsulfat statt Kalziumnitrat). 3. Lusung 3 (Rarnstoff statt Kalziumnitrat). Ais Standort diente wieder die Fensterbank unseres nach Slid en gelegenen Laboratoriums. Es ergab sich nun folgendes Resultat:

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

325

Die Pflanzen in der Losung 2 gediehen sehr schlecht; vor allem blieb ihr Wurzelwerk kummerlich; sie gingen nach ti/2 Monaten ein. Die Pflanzen der Reihe 1 u. 3 entwickelten sich rasch und gut. Alle Pflanzen, ohne Unterschied der Nahrlosungen, bluhten bis zu den Seitenzweigen 2. Ordnung; doch war der Zeitpunkt fur den Eintritt des Bluhens in allen drei Reihen ein recht unregelmaBiger. Unter den gleichen auBeren Bedingungen legte ein SproB an einer Pflanze schon nach 10 Blatt.paaren Bluten an, wahrend ein solcher an einer anderen nach Ausbildung von 15 Knoten immer noch veget.ativ war. Und auch an ein und derselben Pflanze zeigten sich hinsichtlich des Zeitpunkts der Bliitenbildung sehr erhebliche Schwankungen. War z. B. der alteste Seit.ensproB einer in vollem Licht gewachsenen Knoppflanze nach 15 Blattpaaren noch vegetativ, so entwickelte ein jungerer SproB derselben Pflanze nach 10 Knoten schon Bluten, der nachst jungere bei 17 Blattpaaren noch keine. V ers uch XI. Stecklingskultur bei verschiedener Konzen tra tion der Knop'schen Losung. Versuchsdauer: 6. Februar bis Anfang Juli 1933. Die Stecklinge waren ebenfalls von Freilandpflanzen gewonnen. Der Standort der Versuchspflanzen war der gleiche, wie im Versuch X. Die drei verwendeten Nahrliisungen waren: 1. Normale Knoplosung, 2. 5fach konzentrierte Knopliisung, 3. lOfach verdiinnte Knopliisung.

Die Pflanzen in der konzentrierteren Losung krankelten sehr bald und waren am 27. Februar alle 'abgestorben. Diejenigen der Versuchsreihen 1 und 3 entwickelten sich gut. In Bezug auf die Blutenbildung ergab sich bei allen Pflanzen der Versuchsreihen 1 und 3 sehr deutlich eine Hinauszogerung des Bluhens an den zeitlich spater gebildeten Seitenzweigen 2. Ordnung und an den Sprossen 3. Ordnung. Es handelte sich hierbei urn einen allmahlich im Gesamtorganismus der Pflanze sich vollziehenden Vorgang. In der folgenden Ubersicht wird fUr die Seitenzweige 2. Ordnung der Pflanze 2 aus der Versuchsreihe 3 wiedergegeben, auf das wievielte Blattpaar die Infloreszenz folgte, bzw. wieviel Blattpaare am Vegetationspunkt angelegt waren, ohne daB es schon zur Anlage von BlUten gekommen ware. 11 III IIIl

IVl

5 11 15 (veg.) 14 (veg.)

I. II. III.

13 14 15 14

(veg.) (veg.) (veg.) (veg.)

13 14 (veg.) 113 14 (veg.)

IV. Die Seitensprosse 1. Ordnung sind mit romischen, diejenigen 2. Ordnung mit arabischen Z iffern bezeichnet.

326

Kathe Ritzer,

Die Seitenzweige 3. Ordnung bei diesel' sowie bei allen anderen Versuchspfianzen waren vegetativ, gelangten jedoch auch nur bis zur Ausbildung von 10 Blattpaaren. Die vegetativ bleibenden Sprosse 2. Ordnung stellten allmahlich ihr Wachs tum ein, da ihre Vegetationspunkte abstarben. Die Seitensprosse der 3. Ordnung blieben von vorneherein klein, die Blattpaare folgten dicht aufeinander und nach der Ausbildung von h6chstens 10 derselben starben die Vegetationspunkte abo Urn die vegetativen Sprosse genauer auf ihre Lebenskraft hin zu prufen, machte ich von solchen, deren Vegetationspunkte noch nicht abgestorben waren, Stecklinge und beobachtete deren weiteres Verhalten. Es bewurzelten sich von 14 nur 4, und zwar je 2 von den aus Seitenzweigen 3. und 4. Ordnung gewonnenen. Der Haupttrieb der zu selbstandigen Pflanzen herangewachsenen Stecklinge lebte nur kurze Zeit; seine Seitentriebe blieben ungefiihr ebenso klein, wie die Seitenzweige 3. und 4. Ordnung an del' Mutterpfianze gewesen waren. Die schlechte Bewurzelung be weist unzweifelhaft, daB die Mutterpflanzen infolge del' Wasserkultur schon geschwacht sein muBten. Da die entstandenen Tochterpfianzen ihrerseits ein solch schwaches Wachstum und kurze Lebensdauer zeigten, so muBte sich hier die Frage aufdrangen, ob sich Stellaria media in Wasserkultur uberhaupt eine Reihe von Generation en hindurch vegetativ vermehren laBt; in der Natur scheint dies sehr gut m6glich zu sein. Ein Versuch in dieser Richtung ergab denn auch, daB in Wasserkultur gezogene Pflanzen sich im gunstigsten Falle nul' 2--3 Generationen hindurch vermehren lassen, weil die Bewurzelung der Stecklinge eine sehr schlechte ist und die Pflanzen schon in der zweiten Generation sehr wenig kriiftig sind. In Erde kultivierte Pflanzen konnte ich in einem Falle bis in die sechste Generation vermehren, ohne daB eine Schwachung der Pflanzen eingetreten ware. Damit ist nun klar bewiesen, daB die bei meinen in Nahrl6sungen gezogenen Versuchspflanzen aufgetretene h6here Blatterzahl und die hinausgez6gerte Blute lediglich mit einer gewissen, durch die Bedingungen der Wasserkultur verursachten "Schwiichung" der Pflanzen in Zusammenhang zu bringen sind. Eine weitere Bestatigung dafur, daB nicht die verschiedenen Versuchsbedingungen (Luftfeuchtigkeit, XIII; Ammoniumsulfat, X; Harnstoff, X; vcrschiedene Knopkonzentrationen, XI) den AnlaB zum Vegetativwachsen der Sprosse gegeben haben k6nnen, liegt in der Tatsache, daB diese Erscheinungen stets in all e n Parallelserien auftraten. - Es muB freilich erwahnt werden, daB einmal bei einem Versuch in Erde eine einzige Pfianze, herausfallend aus den ubrigen, dieses Vegetativwerden zeigte (Pfianze 20, Versuch VI).

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

327

Ve r sue h X II. S ii m Ii n g sku It u r b e i V e r min d e r t e r , resp. fehlender Stickstoffzufuhr. Versuehsdauer: 2. August bis Mitte Oktober 1933. Die zum Versueh benutzten Samlinge wurden hinter dem Fenster des naeh Siiden gelegenen Laboratoriums aufgestellt. Zur Verwendung gelangten folgende Nahrlosungen: 1. Die Normallosung von Sehimper. 2. Eine N-arme Normallosung (kein Ca(NO.)2, Zusatz des Kalziums in Form von CaCl.). 3. Eine N-freie Normal!osung (ohne N und Kalzium).

Die Versuchspflanzen der Reihe 3 blieben, wie zu erwarten war, infolge des giinzlichen Mangels an Stickstoff klein und gingen bald ein, gelangten aber vorher noch zur Bliite. Die drei Exemplare der Reihe 1 und 2 hingegen entwickelten sich zu kriiftigen Pflanzen; an ihnen kam es bis zur Ausbildung der Seitenzweige 3. Ordnung. Als die Sprosse der 2. Ordnung sich zur Blfitenbildung anschickten, starben die erst in frfihen Entwicklungsstaclien stehenden Infloreszenzen abo Gleichzeitig damit stellten auch die Seitenzweige 3. Ordnung ihr Wachstum ein, nachdem sie nur etwa 6 Blattpaare ausgebildet hatten. Nach dem Resultat, das diese 3 Versuchsserien auf wiesen, steht also fest, daB das Blfihen bei Stellaria durch Veriinderung der Qualitiit und Quantitiit der Niihrsalze vollig unbeeinfluBt bleibt. 1m folgenden Experiment wurde nun untersucht, ob durch Einlegen cler Samen in KN0 3-Losung in den jungen Pfliinzchen von vorneherein ein Uberwiegen der anorganischen fiber die organischen Stoffe herbeigeffihrt und hierdurch der vegetative Zustand liinger erhalten werden Mnne. Axentiew (1931) fand niimlich bei verschiedenen Keimlingen aus vorher in NitratlOsungen eingeweichten Samen eine Stimulation im Wachstum der ersten Internodien und ersten Bliitter. Ve r sue h X II I. S ii m 1i n g sku It u r, E in 1e g end e r Sam e n in KN 0 3-Lo sun g. Versuehsdauer und Standort wie im vorigen Versueh. Die Samen fiir die Reihen 1 und 2 legte ieh 2 Tage in KN0 3 -Losung von 0,2 Mol. Die fUr Reihe 1 bestimmten Keimlinge wurden dann in Quel!wasser iibertragen, die fiir Reihe 2 in der KNO.-Losung belassen. Spater kamen die Keimlinge fiir Reihe 1 und 2 in Knoplosung. Diejenigen der Reihe 3, die bis zu Beginn des Versuchs nur in reinem Quellwasser gehalten worden waren, dienten als Kontrolle.

Es zeigte sich, daB die Pflanzen, deren Samen mit KN0 3-Losung vorbehandelt waren, ein besser entwickeltes Wurzelwerk besaBen und anfiinglich rascher wuchsen, als die Pflanzen der Kontrollreihe; und zwar war dies am stiirksten der Fall bei denjenigen, deren Samen und Keim-

Kathe Ritzer,

328

linge bis zum Versuch in der KN0 3-Li:isung geblieben waren. Trotz der erhi:ihten Stickstoffzufuhr war aber keinerlei Unterschied hinsichtlich des Bliihens gegeniiber den anderen festzustellen. AIle Pflanzen entwickelten Bliitenanlagen an den Haupttrieben und den Seitenzweigen 1. und 2., nicht mehr abel' an den en 3. Ordnung, da die letzteren iiberhaupt schon nach sechs Blattpaaren abstarben. Die Infloreszenzen del' Seitenzweige 2. Ordnung gingen friihzeitig ein, bevor sie noch zur Entfaltung gelangt waren. Die Versuche mit Stickstoff-Diingung haben also keineswegs zu dem auf Grund del' Klebs'schen Versuche erwarteten Resultate gefiihrt: Es trat iiberall an Hauptachse und Seitensprossen erster, zweiter und zum Teil auch d ri t tel' 0 r d nun g B 1ii ten b il dun g e i n. b) Die Bedeutung des Phosphors und Kalziums fur die Blutenbildung von Stellaria media.

Da del' Phosphor aIlgemein als ein bliitenbefi:irdernder Stoff gilt, wurde weiterhin gepriift, wie sich Stellaria verhiilt, wenn ihr eine gering ere Menge dieses Stoffes zugefiihrt und im Extrem derselbe ganzlich entzogen wird. - Hinsichtlich del' Bedeutung des Kalziums fiir das Bliihen ist von Montemartini (1910) beobachtet worden, daB Torenia Fournieri in einer kalziumlosen Nahrli:isung zum vegetativen Wachstum iibergeht. Darum wurde auch bei Stellaria die Wirkung des Kalziummangels untersucht. Versuch XIV. Samlingskultur bei Veranderung del' Phosphor- und Kalziumzufuhr. Die benutzten NahrlOsungen sind aus der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

0 Z

~

1. Phosphorarme Normallosung 2. Phosphorfreie Normallosung 3. Kalziumfreie Normallosung

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0

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-

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-

oj

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-

0,14

Spur Spur

0,43

-

Spur

-

Der Versuch wurde am gleichen Ort und zur gleichen Zeit, wie die Experimente XII und XIII ausgefiihrt, so daB die in der Normallosung von S chi m per (1890) gewachsenen Pflanzen des Versuchs XII zugleich auch flir Versuch XIV als Kontrolle dienen konnten.

Del' Phosphor- und Kalkmangel machte sich im Wachs tum del' Pflanzen sehr ungiinstig geltend, wie dies von vorneherein nicht andel's

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

329

zu erwarten war. Die Pflanzen, vor aHem die in der phosphorfreien Losung, wuchsen nur schwach weiter und die P-freien gingen schon etwa 14 Tage friiher ein als diejenigen in der kalziumfreien Losung. Sie entwickelten nur Seitenzweige erster Ordnung, die siimtlich Bliitenstiinde anlegten. Die in der Niihrlosung 1 stehenden Pflanzen gediehen ungleich besser, da ihnen ja der Phosphor, wenn auch in geringer Menge, zur Verfiigung stand. Sie bildeten Seitenzweige bis zur 3. Ordnung aus; diejenigen 2. Ordnung brachten ihre Infloreszenzen bereits nicht mehr zur Entfaltung und die 3. Ordnung starben nach Ausbildung von hOchstens 6-7 Blattpaaren abo

5. Die Bedeutung des PH fiir die Bliitenbildung von Stellaria media. Die auffallende Erscheinung, daB in meinen Wasserkulturen verschiedentlich eine starkere Blattproduktion und damit verbundene Bliihhinauszogerung aufgetreten war (VIII, X, XI) und ferner das friihzeitige Absterben von Infloreszenzen und Sprossen legten den Gedanken nahe, daB an dieser Wirkung der Wasserkultur vielleicht das PH der NiihrlOsungen schuld sein konne. Ich hofi'te, daB bei einem geeigneten PH die im Freien nie auftretenden Erscheinungen vielleicht auch in der Wasserkultur zu vermeiden seien oder eventuell eine vermehrte Bliitterproduktion ohne Schwiichung der Pflanzen, also ein eigentliches Vegetativwerden, zu erzielen wiire. Ein Zusammenhang zwischen der Reaktion des Nahrsubstrates und der Fortpfianzung ist bisher nur bei einigen niederen Pflanzen, Cladophora (U Ie h 1a), Saprolegnia (L iIi ens t ern) und Sporodinia gefunden worden. Bei den hoheren Pflanzen ist der Einflul~ des PH auf die Bliitenbildung noch nicht naher untersucht. Von Interesse ist die Angabe Nielsens (1926), daB fiir die vegetative Entwicklung von Stellaria media ein PH-Intervall von 7,1 bis 7,5 am giinstigsten sei. 1m ersten Versuch zur Klarung des PH-Einflusses wurde del' Bereich von 5,3-6,5 mit verschiedenen Niihrlosungen gepriift. Versuch XV. Samlingskultur in verschiedenen Nahrlos u n g e n mit e in e mPH z w i s c hen 5,3 un d 6,5. Versuchsdauer: 6. August bis November 1933. Die verwendeten NahrlOsungen linden sich in folgender Ubersicht zusammengestellt (Angabe der Substanzen in g auf 1 I Wasser). Die PwMessungen wurden mit dem B res 1au 'schen Hydrionometer ausgefuhrt. Die von mir gefundenen Werte fur die L08ungen 2, 3 und 4 weichen von den in der Literatur mitgeteilten abo So gibt Z i n z adz e als PH der "neuen" Nahrlo8ungen 2 und 6, 5,6-6,2 bzw. 3,8-5,4 an, fur die Hansteen-Cranner-Losung 6,81.

Kathe Hitzer,

330 P H=6,5 1.

KNO. Ca(NO.). NH.NO. KH.PO. Ca.(PO.). Fe.(PO.). MgSO. CaSO. Fe.(SO.). NaCI KCI CaCl. Fe.CI 6

I

P H=5,3

1

PH =6,6

I

P H =6

v. d. Crone- i 2. Hansteen- 13. "Neue" Nahr-\4. "Neue" NahrLosung I Cranner-Losung IIOSUng (Zinzadze) 16sung 6 1,0

-

-

1,18

-

0,45

0,25 0,25 0,5 0,5 -

I

-

I

-

lOsung 6,

-

-

0,40

0,40

0,02

0,464

-

-

0,0232

0,464

-

-

0,025 0,025 0,021

0,5 0,5 0,417 -

-

0,75

0,038

-

0,15

-

-

0,75

-

0,56 Spur

-

-

-

-

-

-

-

I

1/20

-

-

-

-

-

5. "Neue" Niihr-

-

0,5 0,5 0,0047

0,615

I P H =5,7

I

Die Crone'sche Lusung (Benecke 1909, 1924) sowie die von Zinzadze zusammengestellten "neuen" NahrlOsungen haben gegeniiber del' Hansteen-CrannerLusung den Vorteil, daB ihr PH wahrend des Versuchs nahezu konstant bleibt. Das hangt mit folgenden Umstanden zusammen: Das in der Crone-Lusung enthaltene Fe.(PO.). befindet sich, da es sehr schwer lOslich ist, zum graB ten Teil im Niederschlag. Von del' Pflanze aus del' Nahrlasung aufgenommenes Ferrophosphat wird sofort aus dem im Niederschlag vorhandenen Vorrat ersetzt. Trotz del' geringen Luslichkeit des Ferrophosphats steht abel' doch immer geniigend Eisen in gelOstem Zustande zur Verfiigung, weil die Cronesche Lasung keine leicht lOslichen Phosphate (nur Ca3 (PO.).) enthalt. Das wesentliche der von Z i n z adz e (1926) zusammengestellten sogenannten "neuen" NahrlOsungen (unter 3-5 angegeben) besteht darin, daB durch eine gewisse Menge Fe.(SO.). ein ganz bestimmtes PH im sauren Bereich herbeigefiihrt und zur AufrecMerhaltung dieser Reaktion die Pufferwirkung des schwer lOslichen Ca.(PO.). ausgenutzt wird. In der gleichen Weise stellte Z i n z adz enoch 5 weiteie Lasungen mit Fe.(SO.). und 2 mit Fe.CI 6 her. Die Pufferung durch Ca.(PO.). wirkt sich nun in folgender Weise aus: Wenn die Pflanze aus der Lasung Eisen verbraucht, so wird 2 wertiges SO." frei, dies wird aber als Rest einer starken Saure von Ca neutralisiert. Dabei treten freie PO.'" -Ionen auf, welche der Lusung nur eine sehr geringe Zunahme der sauren Reaktion erteilen. Auf diese Weise wird, solange Ca.(PO.). im Niederschlag vorhanden ist, die Reaktion der Lasung annahernd konstant gehalten.

Del' Versuch ergab insofern kein restlos befriedigendes Resultat, als die Pflanzen nur noch die Seitenzweige 2. Ordnung voll bis zur Blute ausbildeten; diejenigen 3. Ordnung starben fruhzeitig nach 6-7 Blattpaaren abo Die Pflanzen in der Hansteen-Cranner-L6sung blieben

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

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von vorneherein klein; offenbar eignet sich diese Lasung sehr wenig ftir Stellaria. Da im letzten Versuch wieder keine Anderung des bltihenden Zustandes zu erreichen gewesen war, wurden diesmal die Grenzen des P H-Bereichs erweitert und auBerdem wurde der graBeren Genauigkeit halber nur eine einzige Niihrlasung verwendet. Es hiitte nahe gelegen, hierftir die Crone'sche zu wiihlen, wei! in ihr Stellaria stets gut gediehen war. Wenn man jedoch diese Lasung durch Zusatz von HCI auf einen P H-Wert von 5 oder weniger bringt, so oxydiert das 2-wertige zu 3-wertigem Eisen, wodurch die Crone-Lasung ftir meinen speziellen Zweck unbrauchbar wil'd. Auch die "neuen" Niihrli:isungen (Zinzadze 1926, 1927) konnte ich nicht benutzen, da sie einen P H-Bereich von nur 4-7 haben, ich aber ein' Intervall von 3,5-7,5 erstrebte. Ich wiihIte daher die Knop'sche Niihr16sung (normales PH = ca. 5,3) und stellte, in Anlehnung an die Mitteilungen Pirschles (1929) durch Zusatz von HCI die niedrigeren und NaOH die hOheren PH-Werte her. Del' hOchste Wert, den ich erzielen konnte, war 7,1, weil vom N eutralpunkt ab die Kalzium-, Magnesium- und Eisenphosphate ausfallen. Da die Knop16sung nicht gepuffert ist und daher das PH nicht konstant blieb, muBten die Lasungen gentigend oft erneuert werden. Versuch XVI. Siimlingskultur in Knop'scher Niihrlasung bei einem PH-Bereich von 7,1-3,5. Versuehsdauer: 25. Marz bis Ende Juni 1934. Standort der Samlinge wie in den letzten Versuehen. Die KnoplOsung wurde auf 5 versehiedene PwWerte abgestuft: 3,5; 4,5; 5,5; 6,5; 7,1. Die Messungen gesehahen diesmal mit dem HelligeKomparator. Ieh verfolgte vom ersten Tage an fortlaufend die Anderung der Reaktion, urn bei einer Abweiehung so fort die Losungen weehseln zu konnen. Dies war zum ersten Mal naeh 14 Tagen, dann naeh 10, naeh 5,2 und sehlieBlieh vom 26. April ab jeden Tag notig. Bei 7,1, 6,5 und 5,5 bestand die Neigung zur Abnahme, bei 3,5 und 4,5 zur Zunahme des PH' Bei dem PH von 7,1 und 6,5 waren die Pflanzen etwas chI orotisch, abel' im Ganzen ziemlich gut entwickeIt, bei 3,5 erstaunlich kriiftig. Bis Ende Juni waren an allen Pflanzen Seitenzweige bis zur 4. Ordnung ausgebildet, von denen diejenigen del' 1., 2. und zum Teil 3. Ordnung bltihten, wiihrend die tibrigen nach 5-7 Blattpaaren abstarben. Zusammenfassend liiBt sich also tiber diese Versuche sagen, daB auch eine weitgehende Abiinderung der PH-Werte ohne n e nne n s w e r ten E in fl u B auf die B I ti ten b i I dun gist, und Flora, Bd. 129.

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K1ithe Ritzer,

daB auch hier wieder bei den Sprossen hOherer Ordnung (3.-4.0rdnung) die Vegetationspunkte abstarben, freilich hier schon, ehe sie eine vermehrte Blattzahl produziert hatten. 6. Einflu8 des Follikelhormonpraparates Progynon auf die B1iitenbildung von Stellaria media. Uber verschiedene Versuche mit diesem Praparat, das 100 M.-E. im cern und auBer dem Follikelhormon noch Kochsalz, Lipoide und vor allem Wuchsstoff enthiilt, gab en S c h oIl e r und G 0 e bel in der Biochemischen Zeitschrift, Jahrgang 1931 einige interessante Mitteilungen. Sie erzielten durch Zugabe von 200 Mauseeinheiten dieses Praparates zu einem Liter Nahrlosung bei Hyazinthen, Allium cepa und Zea Mays eine deutliche Forderung des Bliihens, freilich keine Bildung von Bliitenanlagen. Dieses Ergebnis veranlaBte mich, den EinfluB des Progynons auch bei Stellaria zu untersuchen. Versuch XVII. Stecklingskultur in Knoplosung u n t e r Z usa t z von Pro g y non. Versuchsdauer: 6. Februar bis Anfang Juli 1933. 1. KnoplOsung mit Zusatz von 200 M.-E. Progynon. 2. KnoplOsung ohne Progynonzusatz. Die Pflanzen wurden am gleichen Standort wie in den friiheren Versuchen aufgestelit.

Wieder wurden fortlaufend die sich bildenden Bliitenstande abgeschnitten. Obwohl nur die Pflanzen der Reihe 1 Progynon erhalten hatten, zeigte sich an den Pflanzen beider Serien hinsichtlich des Eintritts der Bliitenbildung an den Seitensprossen 2. und 3. Ordnung iibereinstimmendjene gleiche GesetzmaBigkeit der allmahlichen Bliihverzogerung, die ich friiher schon beobachtet hatte: Nur die iilteren Seitenzweige 2. Ordnung bildeten noch Bliiten aus. Die jiingeren Triebe dieser Ordnung sowie alle Seitenzweige 3.0rdnung entwickelten selbst nach 16-20 Blattpaaren noch keine Bliitenanlagen. Die Sprosse 3. Ordnung, welche etwa in der ersten Hiilfte des Miirz entstanden, stellten Ende April ihr Wachstum fast ganz ein. Ein groJ.ler Teil der'Versuch'lpflanzen blieb bis Mitte Juli am Leben, ohne irgendwelche Bliitenanlagen und ein Fortschreiten des Wachstums an den jiingeren Seitenzweigen 2. und denen 3.0rdnung zu zeigen. 1m Punkte der Bliihverhaltnisse also erwies sich das Progynon als unwirksam. Hingegen war zu beobachten, daB Progynon (vielleicht auf Grund seines Gehaltes an Auxin) von EinfluB auf die vegetative Entwicklung war. Bei den Progynonpflanzen war eine deutliche Forderung des Wachstums zu erkennen und die Pflanzen machten einen iippigeren Eindruck.

Die Bedingungen der Bliitenbildung von Stellaria media.

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S chi uBbetrachtu ngen. Bei der Mehrzahl der bisher in Bezug auf Bliitenbildung naher studierten Pflanzen hat sieh das AusmaB der wiehtigsten allgemeinen Bedingungen fiir vegetatives Waehstum und Bliitenbildung als ein versehiedenes ergeben. Demnaeh ist es aueh bei diesen Pflanzen gelungen, dureh Veranderung der Lebensbedingungen bisher vegetativ waehsende Pflanzen zur Bliite zu bringen oder umgekehrt schon bliihende zum vegetativen Wachs tum zuriiekzufiihren. Ais AuBenfaktoren, die Bliitenbildung f6rdern, gel ten hier niedere Temperatur, hohe Liehtintensitat und Einsehrankung der Wasser- und Nahrsalzzufuhr. Stellaria media verhii1t sieh nun aber ganz anders. Ieh zahle hier noeh einmal aIle die Bedingungen auf, deren EinfluB in meinen Experimenten untersueht wurde: 1. Weitgehend variierte Beleuehtungsstarke, 2. kurze, mittlere und lange Tagesdauer, 3. Feuchtigkeit verschiedenster Grade, 4. hohe und tiefe Temperatur, 5. Zusatz von Diingemitteln zum Boden, 6. variierte Zufuhr von Stickstoff und Phosphor, 7. ein yom sauren bis zum neutralen abgestu£ter PH-Wert, 8. Zusatz von Progynon zur Nahrlosung. Trotz aller dieser verschiedenen Bedingungen ist es nicht gelungen, Stellaria von der Bliitenbildung abzuhalten. J eder Trieb, Haupt- oder Seitentrieb geht nach Ausbildung einer Anzahl von Blattern unweigerlich zur Bliitenbildung iiber; die Zahl der Blattpaare, die der Bliite vorangehen, ist freilich keine konstante, sie schwankt im Allgemeinen zwischen 4-12 Blattpaaren. Bei einigen Wasserkulturen ist es vorgekommen, daB selbst bis 21 Blattpaare gebildet wurden, ohne daB sieh Bliiten eingestellt hatten. Damit schien ein erster Anfang erreieht, die Pflanze zum vegetativen Wachstum zu bringen. Dieser Erfolg ist freilich in zweifaeher Hinsicht nicht voll befriedigend. Erstens zeigen die vegetativen Sprosse durch die aIlmiihliche Verschlechterung ihres Wachstums und ihr friihzeitiges Absterben, daB sie in ihrer Lebenskraft stark beeintraehtigt sind. Zweitens war die eigentliche Ursache fiir die verstarkte Blatterproduktion und die Hinauszogerung des Bliihens nicht zu ermitteln. Mit del' chemischen Zusammensetzung del' Nahrlosung und deren Reaktion, wie deutlich gezeigt worden ist, hangt sie ganz sicher nicht zusammen. Es bleibt kaum eine andere Deutung als die, daB durch die Kultur in Wasser leichter als durch die in Erde eine Schadigung eintritt, die ihren Ausdruek in dem Absterben der Vegetationspunkte findet; clem Absterben abel' geht voraus eine Verhinderung cler Bliitenbildung und clamit Vermehrung der Laubblatter. Ein dauernd vegatatives Wachs tum abel', wie es in den Versuchen von K I e b s bei Sempervivum eintrat und beim 22*

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Kathe Hitzer,

Efeu in der Natur stattfindet, scheint bei Stellaria nicht moglich zu sein, vielmehr sind schon die ersten Anfange einer verlangerten vegetativen Tatigkeit in demselben Sinne als unnormal zu bezeichnen, wie das V 0 chti n g schon bei Mimulus ausfuhrte. Wenn sich Stellaria somit ganz anders verbiilt als die von K 1e b s studierten Pflanzen, so braucht deshalb die theoretische Deutung, die K 1e b s seinen Versuchsresultaten gegeben hat, nicht unrichtig zu sein. Die Moglichkeit bleibt bestehen, daB am Vegetationspunkt jedes einzelnen Zweiges zuerst das Verhaltnis von organischer zu anorganischer Substanz ein anderes ist als spater. Wir mussen uns aber jedenfalls vorstellen, daB diese Veranderung hier weniger durch au Bere als durch inn ere Ursachen herbeigefUhrt wird. Die Tatigkeit einer Anzahl von Laubblattern muB bei Stellaria den Vegetationspunkt so verandern, daB er zur Blutenbildung ubergeht. In diesem Sinne also ist die Blutenbildung von Stellaria mehr als bei anderen Pflanzen von inner en Bedingungen abbiingig. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. J 0 s t mochte ich an dieser Stelle innigst danken fur die giitige Anregung und Unterstutzung, die er mir wahrend meines botanischen Studiums in Heidelberg und bei der Ausfuhrung dieser Arbeit zuteil werden lieB. Weiterhin sage ich Herrn Dr. W. Scholler, Hauptlaboratorium der Schering-Kahlbaum A.-G. meinen besten Dank fUr die Freundlichkeit, dem Institut eine kleinere Menge des Progynonpraparates zu uberlassen.

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