Ober die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums I I 1) Bildungsstatte und Biogenese des Scopolamins in Datura ferox 1. Von
A. Romeike 11it 9 Abbildllngen im Text (Eingegullgell am 20. Septem bpr 19i)H)
Die Biogenese des Hyoscyamins und des Scopolamins wurde im Verlaufe der letzten Jahre von verschiedenen Arbeitskreisen untersucht. Es erhob sich dabei die Frage, ob fiir die beiden Alkaloide ein gemeinsamer oder getrennter Bildungsweg besteht. Da LEETE, MARION und SPENSER (1954) bei Fiitterungsversuchen an Datnra stramonium mit a-14 C-Ornithin nur markiertes Hyoscyamin, jedoch kein aktives Scopolamin fan den, schlossen sie, daB das Scopolamin aus einer anderen Vorstufe, etwa einem hypothetischen Hydroxyornithin, gebildet wiirde. TRAUTNER (1947) und CROMWELL (1943) dagegen halten einen gemeinsamen Biogeneseweg fiir wahrscheinlicher, ebenso REINOUTS VAN HAGA (1956), der bei Ornithingabe an isolierte Wurzelkulturen von Atropa bella-donna sowohl eine Zunahme des Hyoscyamins als auch des Scopolamins feststellte. Eigene Befunde (ROl\1EIKE 1956), wonach Datura ferox L. in ihren oberirdischen Organ en Hyoscyamin in Scopolamin umzuwandeln vermag, sprechen ebenfalls fiir einen gemeinsamen Bildungsweg der beiden Alkaloide. MARION und THOMAS (1955) fiitterten altere Datura-stramoniumPflanzen mit 14C-markiertem Methionin und isolierten daraus nur aktives Hyoscyamin, wahrend das enthaltene Scopolamin nicht markieit war. Sie sprachen die Vermutung aus, daB altere Datura-stramonium- Pflanzen nur noch Hyoscyamin zu bilden vermogen und daB zur Scopolaminbildung nur ganz junge Pflanzen fahig sind. Nach eigenen Untersuchungen (ROMEIKE 1956) ist es denkbar, daB Atropa bella-donna und verschiedene Datura1) Siehe vorliiufige
~Iitteilung: A.RmIEIKE.
Xaturwiss. 46, 1959.
I r
1
tber die .Mitwirkung drs Sprosses bei def Ausbildung des Alkaloidspektrums II
307
Arten, die in alterem Stadium Hyoscyamin nicht zu epoxydieren vermogen, im jugendlichen Entwicklungszustand dazu fahig sind wie Datura ferox wahrend ihrer ganzen Lebensdauer. Unter dieser Moglichkeit wiirden die Resultate von LEETE, MARION und SPENSER, die mit 4 Monate alten Pflanzen arbeiteten, nicht unbedingt im Widerspruch zu der Annahme stehen, daB Hyoscyamin und Scopolamin in der Pflanze denselben Bildungsweg haben. Untersuchungen in dieser Richtung wurden nun an Datura ferox weitergefiihrt. Untersuchung isolierter Organe von Datura ferox auf ihre Fahigkeit zur Epoxydierung des Hyoscyamins Es ware qenkbar, daB die Synthese eines bestimmten Alkaloids in verschiedenen Organen einer Pflanze nicht auf die gleiche Weise verlauft. Beispiele fiir verschiedene Bildungswege desselben Alkaloids in verschiedenen Pflanzengattungen sind bekannt (HASSE und BERG 1957; MOTHES,
.\bb.1. Standard-C'hromatograml1l. Yon auBen narh innen: Scopolamin, Hyoscyamin.
~leteloidill,
SCHUTTE, SIMON und WEYGAND 1959). Es wurde zunachst die Herkunft des Scopolamins in der Wurzel von Datura ferox gepriift. Da die Alkaloide innerhalb der Pflanze verhaltnismaBig rasch transportiert werden, darf man die Orte hoher Akkumulation nicht gleichzeitig als ihre Bildungsorte betrachten. Die Tropanalkaloide werden sehr schnell aus der Wurzel in die oberirdischen Organe geleitet, jedoch findet, wenn auch wesentlich langsamer, auch ein Transport in entgegengesetzter Richtung statt (HEGNAUER 1951; WARREN-WILSON 1952). Es muB also damit gerechnet werden, 20*
308
A.
ROMEIKE
daB die Wurzelalkaloide zum Teil dort nicht primar entstanden sind: eine in der Wurzel gebildete Base wandert in den SproB, wird dort umgewandelt und wieder zurtick in die Wurzel geleitet. In normalen Pflanzen von Datura ferox enthalt die Wurzel Scopolamin; allerdings liegt sein Anteil am Gesamtalkaloid wesentlich niedriger
Abb. 2. Chromatogram me der Organe ganzer in Erde gewachsener Keimlinge von Datura ferox, etwa 7 Tage nach der Keimung. Links oben: Wurzeln (140 mg Trockengewicht). Von auBen nach innen: Meteloidin, Hyoscyamin, unbekannte Alkaloide, Cuskhygrin (am Start); etwa 200 y Gesamtalkaloid. Rechts oben: Hypokotyle (140 mg Trockengewicht). Die gleichen Alkaloide wie in den Wurzeln. Unten: Kotyledonen (140mgTrockengewicht). AuBen: Scopolamin. Es wurde fur jedes Chromatogramm die gleiche Menge Pflanzentrockenmaterial verwendet. Das GewichtsverhiHtnis von Wurzeln: Hypokotylen: Kotyledonen war etwa 1: 3 : 2.
als im SproB. Es wurden nun zunachst Wurzeln von Datura ferox zu einem Zeitpunkt untersucht, wo Aussicht bestand, daB noch kaum ein Abwartstransport der Alkaloide vom SproB in die Wurzel erfolgt war. Keimlinge, die noch kein Epikotyl und keine Primarblattchen entwickelt hatten, wurden in Wurzel, Hypokotyl und Kotyledonen aufgeteilt. Die Ergebnisse
tber die Mitwirkung des Rprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums II
309
zeigt Abb. 2. In Wurzel und Hypokotyl ist Scopolamin papierchromatographisch nicht nachweisbar; die Kotyledonen enthalten tiberwiegend Scopolamin. Auf dieses Resultat hin wurden isolierte Wurzeln sowie isolierte Wurzeln mit Hypokotylanteil unter aseptischen Bedingungen in Nahr!Osung gezogen. Es ergab sich, daB auch hier im Papierchromatogramm kein Scopolamin nachgewiesen werden konnte (Abb.3). Demnach findet in der Wurzel im Gegensatz zum SproB keine Umwandlung des Hyoscyamins in Scopolamin statt. Es konnte hier der Einwand erhoben werden, daB moglicherweise unter diesen Versuchsbedingungen auch der SproB nicht zur Epoxydierung des Hyoscyamins fahig ware wie bei normal in
Abb. 3. Links: Chromatogramm isolierter WurzelkuIturen von Datum ferox (70 mg Trockengewicht, Alter 8 Wochen). Von auBen nach innen: Meteloidin, Hyoscyamin, unbekannte Alkaloide, Cuskhygrin. Rechts: Chromatogramm isolierter Wurzelkulturen mit Hypokotylanteil von D.{erox (70 mg Trockengewicht, Alter 8 Wochen).
Erde gewachsenen und am Tageslicht gehaltenen Pflanzen. Urn vergleichbare Kontrollen zu haben, wurden ganze Keimlinge unter den gleichen Bedingungen wie die Wurzelkulturen - in steriler Nahrlosung im Dunkeln - bis zur Ausbildung von ein bis zwei Primarblattchen gezogen. Sie enthielten Scopolamin in groBer Menge relativ zum Gesamtalkaloid (Abb. 4). Also sind die oberirdischen Organe auch unter diesen Umstanden zur Umwandlung des aus der Wurzel erhaltenen Hyoscyamins in Scopolamin fahig. Eine Synthese der Tropanalkaloide findet im Spro13 von Datura praktisch nicht statt, wie Pfropfungsexperimente zeigten (u. a. HIEKE 1943, MOTHES und HIEKE 1943, CROMWELL 1943), wobei allerdings mit der Moglichkeit gerechnet werden muB, daB sich ein Spro13 tiber eigener Wurzel
310
A.
RmIEIKE
anders verhalt. Da Keimlinge, die nur aus Wurzel, Hypokotyl und Kotyledonen bestehen, in den Keimblattern sehr viel Scopolamin enthalten (Abb. 2), blieb die Moglichkeit einer hier stattfindenden selbstandigen Scopolaminsynthese zu priifen. Samen von Datura ferox wurden unter aseptischen Bedingungen zur Keimung gebracht, Keimblattchen mit einem Hypokotylanteil wurden isoliert und ein Teil davon sofort als Kontrolle analysiert, der andere in steriler Nahrlosung gehalten. Das Frisch- und Trockengewicht' dieser Kotyledonen hatte sich am Ende des Versuchs etwa verdreifacht, Alkaloid war jedoch nur in Spuren enthalten, ebenso wie bei den Kontrollen. 1m Vergleich dazu betrug bei den isolierten Wurzelkulturen
Abb. 4. Links: Chromatogramm von ganzen Kcimlingen von D. terox, die unter aseptischen Bedingungen in l'iahrlosung in volliger Dunkelheit kuItiviert wurden bis zur Ausbildung von Primarblattchen. Alter der etiolierten chlorophyllfreien Keimlinge 3 Wochen. Trockengewicht 150 mg. Von auBen nach innen: Scopolamin, Meteloidin, Hyoscyamin, unbekanntes Alkaloid, Cuskhygrin. Rechts: Chromatogramm von Keimlingen, die wie oben behandeIt wurden, aber taglich 1 Stun de Tageslicht erhielten. Alter: 3 Wochpn, Trockengewicht: 170 mg.
die in der gleichen Gewichtsmenge Trockenmaterial enthaltene Alkaloidmenge etwa das 20- bis 30fache. Dies Resultat spricht dafiir, da13 das in den Kotyledonen ganzer Keimlinge nachgewiesene Scopolamin dort nicht selbstandig gebildet wird. Fiihrt man Hyoscyamin-Fiitterungsversuche an den alkaloidfreien Reisern der Pfropfkombination Datura ferox L. auf Cyphomandra betacea (CAY.) SENDTN. durch (RO)OIEIKE 1956) und analysiert Stamm und Blattspreiten getrennt, so ergibt sich im Stamm ein wesentlich hoherer relativer Scopolaminanteil als in den Blattspreiten. Es wurde daraufhin gepriift, ob reines Stammgewebe ohne Vegetationspunkte zur Umwandlung des Hyoscyamins in Scopolamin fahig ist. Auf Cyphomandra betacea wurde Datura ferox gepfropft und nach dem Verwachsen darauf wieder ein Reis von Cypho-
{Tber die ~Iitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums II
311
mandra betacea in der Weise, daB von Datnra ferox nur ein Stammsttick ohne Vegetationspunkte enthalten war (Abb. 5). Nachdem sich die Pflanzen kraftig entwickelt hatten, wurden sie dicht tiber der Wurzel abgeschnitten. Der Stamm wurde der Lange nach gespalten, eine Hiilfte und die oberen Bliitter dientcn als Kontrolle, die
Abb. 5. Cyphomandra betaeea, in deren Stamm ein Stammstiick von Datura ferox ohm Vegetationspunkte gepfropft wurde.
andere Halfte mit den daran sitzenden unteren Blattern wurde 6-10 Tage lang in Hyoscyamin16sung gestellt. Die transpirierenden Blatter saugten die Hyoscyamin16sung durch den Stammanteil der Datnra ferox hindurch und hier wurde ein Teil des zugeftihrten Hyoscyamins in Scopolamin umgewandelt (Abb. 6). Cyphomandra betacea vermag nicht Hyoscyamin
312
.\. RO~IEIKE
Abb. 6. Links, Kontrolle: Chromatogramm yon oberen Biattern und Haifte des der Lange nach gespaltenen Stammes der auf Abb. 5 gezeigten Pfropfung. Rechts, Versuch: Die andere Haifte des Stammes mit zwei daran verbliebenen Biattern wurde 10 Tage lang in Hyoscyaminliisung gestellt. AuBen Scopola min, innen Hyoscyamin.
in Scopolamin umzuwandeln. Reines Stammgewebe der Datura lerox ist also zur Hyoscyamin-Epoxydierung fa,hig. Prtifung des Einflusses von Chlorophyll und Licht auf die Hyoscy am in -Epoxy dierung Die Untersuchung von Keimlingen der Datura lerox, die in vtilliger Dunkelheit in steriler Niihrltisung aufgezogen wurden und kein Chlorophyll ftihrten, zeigte, daB auch unter dies en Bedingungen die Epoxydierung des Hyoscyamins stattfindet. Gegentiber Keimlingen, die in gleicher Weise aufwuchsen, aber tiiglich eine Stun de Tageslicht erhielten, so daB Kotyledonen und Primiirbliittchen Chlorophyll ftihl"ten, zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede in der Zusammensetzung des Alkaloidgemisches (Abb.4). Zum gleichen Resultat ftihrte die Untersuchung von Albinos und deren grtinen Geschwisterpflanzen, die in der X 2 -Generation rtintgenbestrahlter Datura-Ierox-Samen auftraten. Die Pflanzchen wurden in sterileI' Niihrltisung am Tageslicht aufgezogen bis zur Ausbildung mehrerer Primiirbliittchen (Abb. 7). Die Albinos enthielten auBer Spuren an Anthocyan keine Farbstoffe. Abb. 8 zeigt, daB im Alkaloidspektrum der grtinen und weiBen Keimlinge keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Urn den EinfluB des Lichts auf die Hyoscyamin-Epoxydierung zu prtifen, wurden abgeschnittene Zweige der alkaloidfreien Pfropfkombination Datura lerox auf Cyphomandra betacea 6-10 Tage lang bei vollkommener
tber die ~Iit\\'irkung des Sprusses bei der Allsbildllng des Alkaloidspektrums II
313
Dunkelheit in HyoscyaminlOsung gestellt. Die Papierchromatogramme unterschieden sich in keiner Weise von den en der Kontrollen, die am Tageslicht standen, aber sonst ebenso wie die Versuchspflanzen behandelt wurden. Sie zeigten, daJ3 eine Umwandlung des Hyoscyamins zu Scopolamin in erheblichem MaGe stattgefunden hatte.
Abb. 7. Albino, aus riintgenbestrahlten Samen von D. ferox in der X 2 -Generation erhalten, wurde unter aseptischen Bedingungen in Xiihrliisung kultiviert.
Veresterung von Scopin und Tropasaure in Wurzeln von Datura ferox Wie Futterungsversuche von LEETE, "MARION und SPENSER (1954) zeigten, wird der Pyrrolidinring des Hyoscyamins aus Ornithin gebildet. Ob dann zunaehst ein C3 - Korper mit dem fiinfgliedrigen Ring zum Tropan-
A.
RmlETKE
Abb. 8. Links: Chromatogramm von Albinos, die in der X 2 -Generation riintgenbestrahlter Samen von D. ferox auftraten. Alter 5 Wochen. Trockengewicht 170 mg. Von auEen nach iunen: Scopola min, )Ietploidin, Hyoscyamin, unbekanntes Alkaloid, Cuskhygrin. Aufzucht unter aseptischen Bedingungen in XiihrIiisung. Rcchts: Chromatogramm von griineu GeschwisterpfJanzen der Albinos, die in der gleichen Weise kultiviert \\'nrdpn. AItPf 5 Wochen. Trockenge\\'icht 160 mg.
ring zusammentritt und der letzte Schritt dann die Veresterung mit Tropasaure ist, oder ob die letzte Synthesestufe in einer Verkniipfung des Pyrrolidinrings mit einem Ester zwischen einem C3 - Korper und Tropasiiure besteht, blieb noch offen.
Abb. 9. Links Kontrolle: Chromatogramm isolierter Wurzelkulturen von D. ferox, kein Scopolamin enthaltend. Alter 3 Wochen, Trockengewicht 70 mg. Rechts Versuch: Chromatogramm isolierter WurzelkuIturen von D. {erox, deren Niihrliisung Scopin und Tropasiiure enthielt. Bildung von Scopolamin. Alter 3 Wochen, Trockengewicht 80 mg.
t'lJPr die Mitwirkllng" des Sprosses bri def AlIsbildllng des Alkaloidspektrums II
315
Da isolierte Wurzeln der Datum ferox normalerweise kein Scopolamin enthalten, stellten sie ein giinstiges Versuchsmaterial dar, urn zu priifen, ob eine Veresterung zwischen Scopin und Tropasaure darin stattfinden kann. Isolierte Wurzelkulturen wurden in steriler Nahrlosung gezogen, der Scopinl) und Tropasii.ure zugesetzt waren. Das Resultat zeigt Abb. 9. Die fiir den Versuch benutzten Wurzeln enthielten Scopolamin, die Kontrollen waren scopolaminfrei, so daB geschlossen werden kann, daB die Wurzel fahig ist, Scopin und Tropasaure zu verestern. Die oberirdischen Organe der Datura ferox wurden gleichfalls auf ihre Fiihigkeit zur Veresterung von Tropankorpern mit Tropasaure untersucht. Abgeschnittene Reiser der Pfropfkombination D. ferox auf Cyphomandra betacea - die also praktisch alkaloidfrei waren - wurden 6-10 Tage lang in wasserige Losung von Scopin und Tropasaure bzw. Tropin und Tropasaure gestellt. Es konnte keine Bildung von Scopolamin bzw. Hyoscyamin festgestellt werden. Zum gleichen Ergebnis fiihrten entsprechende Versuche an der Pfropfkombination Datura stmmonium L. auf Cypho-
rnandra betacea.
Experimentelle Angaben Kultur isolierter Organe bzw. Keimlinge unter aseptisehen Bedingungen Wurzelspitzen bzw. Wurzeln mit Hypokotylanteil wurden von Daturaferox-Samen isoliert, die unter aseptischen Bedingungen zur Keimung gebracht waren, und in sterile Nahrlosung nach ROBBINS und SCHMIDT eingetragen (pro Liter: Caleiumnitrat 0,333 g, Magnesiumsulfat 0,128 g, Kaliumnitrat 0,063 g, Kaliumchlorid 0,042 g, primares Kaliumphosphat 0,060 g, Kupfersulfat 0,00023 g, Borax 0,00006 g, Ammoniummolyhdat 0,00004 g, Zinksulfat 0,0008 g, Mangansulfat 0,0001 g, Eisen III-citrat 0,0035 g, Vitamin Bl 0,0002 g, Vitamin Bs 0,0002 g und 20 g Saccharose). Als KulturgefaBe dienten 100 ml-Erlenmeyerkolben mit je 30 ml Nahrlosung, die in einer Klimakammer bei 30° aufbewahrt wurden. Die pro Kolbchen geerntete Menge Pflanzenmaterial betrug durchschnittlich 80 mg Frisch- bzw. 10 mg Trockensubstanz. Fiir die Fiitterungsversuche mit Scopin und Tropasaure an Wurzelkulturen wurden der Nahrlosul1g pro Kolbchel1 je 6 mg Scopin und Tropa1) Herrn Prof. Dr. G. FODOR, Budapest, danke ieh auch an dieser Stelle bestens fUr die i'berlassung yon reinem Scopin.
316
A.
ROMEIKE
saure zugesetzt. Um eine Umlagerung des Scopins zu Scopolin nach Moglichkeit zu vermeiden, wurden die Kolbchen mit der Nahrlosung nicht im Autoklaven sterilisiert, sondern dreimal im Abstand von 48 Stun den eine halbe Stun de lang im Dampftopf auf 100° erhitzt. Fur die Versuche mit isolierten Kotyledonen wurden Samen unter aseptischen Bedingungen zur Keimung gebracht und dann Kotyledonen mit Hypokotylanteil abgetrennt und in sterile Nahrlosung uberfuhrt. Da hier die Masse des Ausgangsmateria.ls wesentlich groBer ist als bei den Wurzelkulturen, wo die mitgebrachte Alkaloidmenge nicht ins Gewicht fallt, wurde zur Kontrolle ein Teil der Kotyledonen mit Hypokotylanteil sofort analysiert. Nach 6 Wochen wurden die in der Nahrlosung gewachsenen Kotyledonen geerntet. Sowohl Kotyledonen als Hypokotyle hatten sich kriiftig entwickelt; ein Teil hatte Wurzeln gebildet und muBte deshalb ausgeschieden werden. Die Kotyled?nen von 16 Keimlingen konnten zur Analyse verwendet werden, ihr Frischgewicht betrug 900 mg = 120 mg Trockengewicht. Das Frischgewicht von 16 Kontroll- Kotyledonen war 240 mg = 35 mg Trockengewicht. Fur die Aufzucht von ganzen Keimlingen unter aseptischen Bedingungen in NiihrlOsung wurden die wie oben behandelten Samen nach Durchbruch des Keimwurzelchens in sterile Nahrlosung uberftihrt. Um den Pflanzchen Halt zu geben, enthielten die Versuchskolbchen etwas Glaswolle. Da bei Kultur isolierter Organe bzw. ganzer Keimlinge in steriler NiihrlOsung die Moglichkeit einer Auswaschung von Alkaloid besteht, wurde jeweils auch die Nahrlosung analysiert. Es wurden darin jedoch im allgemeinen bei Kultur isolierter Organe nur Spuren an Alkaloid gefunden; groBere Mengen waren nur dann nachweisbar, wenn die Wurzeln offensichtlich uberaltert waren, eine braunliche Farbe zeigten und kein Wachstum mehr bemerkbar war. Ganze Keimlinge, unter aseptischen Bedingungen in Nahrlosung gezogen, schieden in keinem Falle Alkaloid in die Losung aus.
Futterungsversuche an oberirdischen Organen Die Hyoscyamin-Futterungsversuche an oberirdischen Organen wurden in der Weise durchgefuhrt, daB abgeschnittene Reiser der alkaloidfreien Pfropfkombination Datura ferox auf Cyphomandra betacea bzw. der Kombination Cyphomandra-Reis auf Stammsttick von Datura ferox auf Cyphomandra-Wurzel in 0,04%ige wasserige Losung von Hyoscyaminhydrobromid eingestellt wurden. Die Versuchsdauer betrug 6-10 Tage.
Dber die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums II
317
Bei den Veresterungsversuchen wurde entsprechend verfahren und eine wasserige Losung, je 0,04% Tropin und Tropasaure bzw. Scopin und Tropasaure enthaltend, verwendet. Als Kontrollen dienten entsprechende Teile der gleichen Pflanze. Analyse Zum Nachweis der Alkaloide wurde die Papierchromatographie verwendet; Papier Nr. 2043b gl von Schleicher und Schiill wurde mit m/15 Phosphatpufferlosung nach SORENSEN vom pH-Wert 7,1 impragniert und nach der Rundfiltermethode mit wassergesattigtem n-Butanol gearbeitet. Das Alkaloidgemisch wurde in Basenform, in Chloroform gelOst, aufgetragen. Zur Sichtbarmachung der Alkaloide diente MUNIER-Reagens.
Diskussion Da isolierte Wurzeln der Datura ferox sowie isolierte Wurzeln mit Hypokotylanteil kein Scopolamin enthalten, wird bei dieser Datura-Art das gesamte Scopolamin in den oberirdischen Organ en gebildet, und zwar, wie bereits friiher mitgeteilt, aus Hyoscyamin, das aus der Wurzel hochgeleitet wird. Nicht nur isolierte Wurzeln sind frei von Scopolamin, sondern auch Wurzeln und Hypokotyl normaler in Erde gezogener Keimlinge verhalten sich so. Die in den Wurzeln alterer Pflanzen enthaltenen relativ geringen Scopolaminmengen miissen aus den oberirdischen Teilen hinuntergewandert sein. Mitunter findet man die Wurzel sehr alter absterbender Pflanzen frei von Scopolamin; hier findet an schein end kein Abwartstransport des Alkaloids mehr statt. Der Spro13 solcher alten Pflanzen enthalt fast ausschlie13lich Scopolamin. Der Nachweis von Scopolamin im Blutungssaft ist nicht beweisend fiir sein Vorkommen in der Wurzel, da reines Stammgewebe in erheblichem Ma13e zur Epoxydierung von Hyoscyamin fahig ist. Ob auch in anderen Datura-Arten die Scopolaminsynthese ausschlie13lich iiber Hyoscyamin verlauft, ist schwierig zu entscheiden. Datura metel beispielsweise enthalt in isolierten Wurzelkulturen iiberwiegend Scopolamino Fiitterungsversuche mit 14C-markiertem Hyoscyamin konnten zwar klaren, ob eine Epoxydierung stattfinden kann; es besteht aber die Moglichkeit, da13 dane ben Scopolamin noch auf anderem Wege gebildet wird, etwa durch Veresterung von Scopin und Tropasaure. Die Wurzel der Datura ferox ist im Prinzip zur Veresterung von Scopin und Tropasaure fahig. Diese Fahigkeit der Datura-ferox-Wurzel la13t ver-
318
A.
I{(DIElKE
muten, daJ3 auch das Hyoscyamin der Wurzel durch die analoge Veresterung entstehen kann. Der Nachweis der alkoholischen Komponenten der Tropanester im Pflanzenmaterial ist nicht maJ3gebend fUr ihr natives Vorkommen, da sie durch Hydrolyse in der lebenden Pflanze oder bei der Aufarbeitung entstanden sein konnen. Ebenso ist ihr Fehlen, etwa beim papierchromatographischen Nachweis, nicht ohne weiteres mit ihrem Nichtvorhandensein in der Pflanze gleichzusetzen, denn es ware denkba.r, daJ3 die Veresterung mit Tropasaure sehr rasch verlauft. Eine haufig diskutierte Frage ist die, ob in einem tiber eigener Wurzel gewachsenen Datura-Reis nicht doch eine selbstandige Alkaloidsynthese stattfindet, obwohl Datura - auf alkaloidfreie Unterlage gepfropft praktisch frei von Alkaloid ist. Ebenso ist es schwer zu entscheiden, ob die Unfahigkeit eines Reises der Pfropfkombination Datura ferox auf Cyphomandra betacea zur Veresterung von Tropin bzw. Scopin mit Tropasaure auf einem Fehlen des entsprechenden Ferments beruht. Es ist auch denkbar, daJ3 hier die Unterlage eine RoUe spielt, etwa in der Weise, daJ3 ein Ferment, das in einem SproJ3 tiber eigener Wurzel wirksam ist, durch Stoffe der Cyphomandra-Unterlage gehemmt wird. Bei Betrachtung der Chromatogramme von Wurzeln und Hypokotyl normal gewachsener Keimlinge von D. ferox faUt gegentiber den isoliert kultivierten Organen der starke quantitative Unterschied in der Zusammensetzung des Alkaloidspektrums auf, z. B. der sehr viel hohere relative Anteil des Meteloidins bei den normalen KeimJingen. Die Klarung dieser Fragen muJ3 Gegenstand weiterer Versuche bleiben. Herrn FRITZ BOSSE danke ich fUr seine zuverlassige Hilfe bei der Durchftihrung der Analysen sowie das sorgfaltige Anlegen der isolierten Wurzelkulturen. Zusammenfassung
Isolierte Wurzelkulturen von Datura ferox bilden kein Scopolamin, ebensowenig Wurzelkulturen mit Hypokotylanteil. Demnach wird das Scopolamin in D. ferox ausschliel3lich in den oberirdischen Organ en gebildet, und zwar aus Hyoscyamin, das in der Wurzel entsteht und emporgeleitet wird. Reines Stammgewebe der D. ferox ohne Vegetationspunkte ist zur Epoxydierung des Hyoscyamins fahig. Die Umwandlung des Hyoscyamins in den oberirdischen Organen der Pflanze verlauft in volliger Dunkelheit im gleichen MaJ3e wie am Tageslicht. Albinos und chlorophyllfreie, im Dunkeln in Nahrlosung gezogenc Keim-
Cber dip }[jtwirkung des i:lprosses bpi der Ansbildnng des Alkaloidspektrull1s 11
319
linge zeigen den gleichen Scopolamingehalt wie die entsprechenden griinen KontrollpfHinzchen. Da isolierte Wurzelkulturen der D. ferox normalerweise kein Scopolamin bilden, wurden sie zu Fiitterungsversuchen mit Scopin und Tropasaure verwendet. Es ergab sich, daB die Versuchskulturen Scopolamin fiihrten, wahrend die Kontrollen scopolaminfrei waren. Die Fahigkeit zur Veresterung von Scopin und Tropasaure ist auf die Wurzel beschrankt. Oberirdische Organe von D. ferox und auch von D. stmmonium konnen weder Scopin noch Tropin mit Tropasaure verestern, jedenfalls nicht, wenn sie auf Cyphomandm gepfropft waren.
Summary Isolated roots of Datum ferox do not synthesize scopolamine nor do they when bearing a part of the hypocotyl. According to this Datura ferox is forming scopolamine in the overground organs only and that from hyoscyamine as a precursor formed in the root and translocated to the scion. Even if bearing no apices the tissue of the stem of Datura ferox is able to epoxidize hyoscyamine. The transformation of hyoscyamine in the overground organs occurs in entire darkness as well as at daylight. Albinos and seedlings without chlorophyll, grown in the darkness in a liquid nutrient medium, have the same content of scopolamine as the green control seedlings grown under corresponding conditions. As isolated roots of Datura ferox generally do not form scopolamine, feeding experiments with scopine and tropic acid were made with the result that the experimental cultures contained scopolamine whereas the control cultures were void of it. The ability to esterify scopine and tropic acid is limited to the roots only. Overground organs of Datum ferox and also of Datum stramonium cannot esterify neither scopine nor tropine with tropic acid, at least not if grafted on Cyphomandm betacea stocks.
Literatur CROMWELL, B. T., 1943a. Biochern. J. 37, 717. - Ders., 1943b. Biochern. J. 37, 722. - HASSE, K., U. BERG, P., 1957. Xaturwiss. 44, 584. - HEGNAUER, R., 1951. Pharmaceut. WeekbI. 86, 935. - HIEKE, K., 1943. Planta (BerI.) 33, 185. - LEETE, E., MARION, L., U. SPENSER, J. D., 1954. Canad. J. Chern. 32, 1116. - MARION, L., U. THOMAS, A. F., 1955. Canad. J. Chern. 33, 1853. - MOTHES, K., U. HIEKE, K., 1943. Naturwiss. 31, 17. - Ders., SCHl'TTE, H. R., SIMON, H., U. WEYGAND, F., 1959.
320
A.
RmIEIKE
Zschr. Naturforsch. 14b, 49. - REINOUTS VAN RAGA, P., 1956. Biochirn. et Biophysica Acta 19, 562. - RmfEIKE, A., 1956. Flora (Jena) 143, 67. - TRAUTNER, E. M., 1947. Australian Chern. Inst. J. and Pror. 14, 411. - WARREN-WILSON, P. M., 1952. New Phytologist 1i1, 260.
Anschrift der Verfasserin: Dr. A. Kulturpflanzenforschung.
ROMEIKE,
Gatersleben, Institut fUr
Verantwortlich fiir die Redaktion: Prof. Dr. K. Mothes, Halle/Saale; fiir den Anzeigenteil: DEWAG'Verbung, Filiale Leipzig, Leipzig C 1, Friedrich-Ebert-Stralle 110, RuI 7851; zur Zeit gilt Anzeigen.. Preisliste Nr. 3. Verlag VEB Gustav Fiseher Verlag Jena, Villengang 2. Rul: 4141, 4142. Satz und Druck: Druckerei "Magnus Poser" Jena. Printed in Germany. Lizenznummer ZLN 5092.