Über die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums1)

Über die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums1)

(Aus dem Institut fiir Kulturpflanzenforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Gatersleben) Dber die Mitwirkung des Sprosses bei der Aus...

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(Aus dem Institut fiir Kulturpflanzenforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Gatersleben)

Dber die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums 1) Epoxydbildung beim Hyoscyamin durch Datura ferox L. Von

Anneliese Romeike 2) Mit 11 Abbildungen im Text (Eingegangen am 10. November 1955)

Es ist eine bekannte Tatsache, daB in den meisten Fallen eine Alkaloidpflanze nicht nur ein einziges Alkaloid, sondern ein Basengemisch enthalt. In diesem Gemisch unterscheidet man, entsprechend ihrer Quantitat, Haupt- und Nebenalkaloide. In verschiedenen Arten einer Gattung, ja selbst in verschiedenen Herkiinften einer Art kann die als Hauptalkaloid auftretehde Base jeweils eine andere sein. Sogar wahrend der Ontogenie ein und derselben Pflanze kann die relative Menge der Einzelalkaloide wechseln. Die Gattungen Datura und Atropa fiihren als Hauptalkaloide Hyoscyamin und Scopolamin ( = Hyoscinp), einige Datura-Arten enthalten dane ben noch als drittes Rauptalkaloid Meteloidin. Die in geringerer Menge in diesen Gattungen vorkommenden Nebenalkaloide (s. unter anderen WAHL, VAN RAGA) sollen in dieser Arbeit nicht naher behandelt werden. H H2 0-O

1

H. ('H.OH 0 __ 1 1 I/O(H HO)OO-O-C'sH. N-OH. 0" - H

I

I "H

H.O-O---O H ~ Hyoscyamin

H H H. 0-0--0

°/1

OH.OH 1

,O(H HO)OO-C-0.H 5 N-CH. 0/ - H I.

1

"" 0-0---0 1 I""H HH

~

Scopolamin

1) Siehe vorlaufige Mitteilung: K. MOTHES und A. ROMEIKE, Naturwiss. 42, 1955. 2) Fiir Anregung UIid Forderung meiner Arbeit bin ich Herrn Prof. Dr. K. MOTHEs zu besonderem Dank verpflichtet. 3) 1m folgenden solI, noch entsprechend dem alten Sprachgebrauch, wonach Scopolamin gleichbedeutend mit Hyoscin ist, stets von Scopolamin die Rede sein.

5*

tiS

ANNE LIESE }{OMEIKE

Atropa bella-donna wird im allgemeinen als ausgesprochene Hyoscyamin-Pflanze bezeichnet; ebenso herrscht in den Varietaten der Datura stramonium das Hyoscyamin vor, wahrend die Arten me tel, innoxia, meteloides und ferox der Gattung Datura vorwiegend Scopolamin enthalten. Diese Angaben gelten jedoch nur fiir Pflanzen in ausgewachsenem Stadium; es hat sich gezeigt, daB in jugendlichem Zustand (Alter von einigen Wochen) in all diesen Arten, auch in den "Hyoscyamin"-Pflanzen, das Scopolamin iiberwiegt (HEGNAUER; EVANS und PARTRIDGE 1953b, ROMEIKE 1953). Die Fahigkeit zur Bildung des Epoxydes Scopolamin ist also einerseits genetisch bedingt, scheint aber auBerdem von der Aktivitat des Meristems abhangig zu sein. Untersuchungen tiber den Anteil des Meteloidins am Gesamtalkaloid wahrend der Ontogenie wurden von EVANS und PARTRIDGE (1953b) an Datura ferox durchgefUhrt. Sie stellten fest, daB das Verhaltnis Meteloidin: Scopolamin in Keimlingen am gr6Bten ist und mit zunehmendem Alter sinkt. 1m Zustande groBer Stoffwechselaktivitat ist hier die Tendenz zur Bildung des Meteloidins starker als in alterem Stadium; trotzdem bildrt Scopolamin in Datura ferox stets den weitaus gr6Bten Anteil am Gesamtalkaloid. Von EVANS und PARTRIDGE (1953b) wird nun die Frage diskutiert, ob die Bildung oxydierter Tropane vorwiegend in der Wurzel oder im SproB stattfinde. Sie kommen zu dem SchluB, daB der Ort der Synthese der oxydierten Tropane vor allem der SproB, der der Hyoscyaminbildung in erster Linie die Wurzel sei. Hier ergeben sich nun einerseits Widerspriiche zu friiheren Befunden der gleichen Autoren (1953 a), andererseits zu einer Arbeit von JAMES und THEWLIS.· 1m Teill ihrer Arbeiten iiber die Alkaloid-Biogenese (1953a) folgern EVANS und PARTRIDGE aus Pfropfungsergebnissen, daB der SproB der Datura tatula1 ) zur Hyoscyamin-Synthese, der SproB der Datura ferox zur Meteloidin-Synthese und der SproB der Datura innoxia zur HyoscyaminSynthese fiihig sei. JAMES und THEWLIS schlieBen aus Pfropfungsergebnissen an Atropa bella-donna und Datura innoxia, daB bei beiden Pflanzen die Bildung der Alkaloide in der Wurzel stattfinde und der SproB v6llig passiv das aus der Wurzel hochsteigende Alkaloid aufnehme. Auf Grund der Arbeiten von HASEGAWA (1937), MOSHKOW und Sl\IIRNOVA (1939), DAWSON (1941), KRAJEVOY (1941), HIEKE (1942), MOTHES und HIEKE (1943), CROMWELL (1943), PEACOCK, LEYERLE und DAWSON 1) Siehe FuBnote 2 auf S. 70 im experimentellen Teil.

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

69

(1944) kann fUr eine Reihe von Alkaloidpflanzen die Wurzel als Hauptbildungsstatte der Alkaloide betrachtet werden. Dies gilt auch fUr eine groBe Zahl von Tropan-Alkaloid fUhrenden Pflanzen. Flir andere Alkaloidpflanzen dagegen ist es erwiesen, daB die Hauptmenge des Alkaloids oder auch nur ein bestimmtes Alkaloid in ihren oberirdischen Organen synthetisiert wird. So bildet sich das Solanin auch im SproB von SolanumArten (PROKOSCHEV und Mitarbeiter), das Anabasin im SproB und in der Wurzel von Nicotiana glauca (SCHMUCK und Mitarbeiter; DAWSON 1944; JLJIN 1949), das Lupinin im SproB verschiedener Lupinus-Arten (SCHW ANITZ; MOTHES und ENGELBRECHT). Neben diesen Arbeiten, die eine Alkaloid-Synthese im SproB beweisen, sind Beispiele dafUr bekannt, daB nur der letzte Schritt der Bildung bestimmter Alkaloide im SproB erfolgt. So ist der SproB von Nicotiana glutinosa fahig, aus der Wurzel geliefertes Nicotin zu Nornicotin zu entmethylieren (DAWSON 1945a und b; ILJIN 1948b und c). Flir Nicotiana glauca vermutet ILJIN (1948a und 1949) eine Umwandlung des Nicotins in Anabasin im SproB. Diese recht komplizierte Ringerweiterung des Pyrrolidinringes bedarf jedoch noch weiterer Beweise. Die interessanten Ergebnisse von EVANS und PARTRIDGE liber die Bildung bestimmter Tropan-Alkaloide im SproB (1953 a), sowie die sich daraus ergebenden Widersprliche zu anderen Arbeiten gaben uns die Anregung zur Wiederholung ihrer Pfropfungsexperimente. Das Samenmaterial der Datura ferox war das gleiche, das von EVANS und PARTRIDGE benutzt wurde.1) Zur weiteren KIarung der Frage der Alkaloidbildung im SproB wurden zusatzlich weitere Pfropfkombinationen durchgeflihrt. Dabei zeigte es sich, daB die Analysenergebnisse von EVANS und PARTRIDGE weitgehend bestatigt werden konnten. Weitere Pfropfkombinationen brachten jedoch das liberraschende Ergebnis, daB die Deutung der Analysen eine vollig andere sein muB.

Experimenteller T eil Die Untersuchung unseres Pflanzenmaterials geschah mit Hilfe der Papierchromatographie. Als brauchbar zur Trennung der Alkaloide Hyoscyamin, Scopolamin und Meteloidin erwies sich Rundfilterchromatographie auf Papier von Schleicher & Schlill Nr. 2043b, das mit PhosphatPutferlosung nach SORENSEN vom pH-Wert 6,9 bis 7,1 getrankt worden war. Die getrankten Filter wurden an der Luft bei Zimmertemperatur getrocknet, auf die lufttrockenen Papiere wurde dann das Alkaloidgemisch aufgetragen 1) Fiir die Uberlassung des Samenmaterials sei an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. PARTRIDGE, Notti!1gham, bestens gedankt.

70

ANNE LIESE ROMEIKE

und ohne vorherige Aufbewahrung in feuchter Kammer mit wassergesattigtem n-Butanol entwickelt. Als Spriihreagens diente nach MUNIER modifiziertes Dragendorff-Reagens. Bei Anwendung von Phosphat-Puffer vom pH-Wert 7,1 sind die R 1- Werte fUr Hyoscyamin 0,57 0,73 Meteloidin 1) Seopolamin 0,88 (s. Abb. 1). Aus der Farbintensitat und Breite der Alkaloidringe la3sen sich mit einer Genauigkeit von etwa ± 20% halbquantitativeAngaben machen, was sich fUr die in diesel' Arbeit gemachten Aussagen (Tab ellen 1-5) als durchaus ausreichend erwies; in den meisten Fallen war schon der qualitative Nachweis bestimmter Alkaloide ausschlaggebend. Die im folgenden abgebildeten Chromatogramme zeigen deutlich, daB man die ungefahren relativen Mengen der Einzelalkaloide ein und desselben Chromatogramms gut bestimmen kann. Dageg~n diirfen verschiedene Chromatogram me der AbAbb. 1. Trennung der Alkaloide: SCOpolamin (auBen), Meteloidin (Mitte), bildungen untereinander nicht verHyoscyamin (innen). glichen werden, da ja zur Erreichung brauchbarer Chromatogramme von verschiedenen Mengen Pflanzenmaterial ausgegangen werden muB, je nach Alkaloidgehalt des Materials. Zu den Pfropfungsexperimenten diente folgendes Pflanzenmaterial: Datura /erox L., Herkunft Nottingham. Datura stramonium L. var. tatula (L.) TORR. 2), Herkunft Gatersleben, Samenbuchnummer W 89/1. Datura stramonium L. val'. stramonium, Herkunft Gatersleben, Samenbuchnummer W 367/1. Datura innoxia MILL., Herkunft Gatersleben, Samenbuchnummer W87. Atropa bella-donna L., Herkunft Gatersleben, Samenbuchnummer W68. Cyphomandra betacea (CAV.) SENDTN., Herkunft Gatersleben, Samenbuchnummer Y 533. 1) Fur die Uberlassung von Reinsubstanz danke ich Herrn Prof. Dr. PARTRIDGE, Nottingham, bestens. 2) Von der Art Datura strl:~monium sind verschiedene Varietaten bekannt (DANERT). Nach DANERT ist Datura tatula als Varietat zu Datura stramonium zu stellen: Dat. stramonium L. var. tatula (L.) TORR., Fl. N. Mid. US. (1824) 232. Nach rmseren Erfahrungen variiert das Alka16idspektrum der verschiedenen Dat. stramoniumVarietiiten untereinander nicht wesentlich.

71

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

Tabelle 1 Gegeniiberstellung der Pfropfungsergebnisse von EVANS und PARTRIDGE mit den entsprechenden eigenen. a) Ergebnisse von E. u. P., b) eigene Ergebnisse. !

Pflanzenmaterial

Alter 1) I

I I

Datum

Scopol-! amin I _

2a) Datura ferox (Kontrolle ), bliihende und fruchtende Sprosse 2b) Datura ferox (Kontrolle), Sprosse ........ Blatter ........ Blatter ........ Blatter ........ Datura ferox gepfropft auf Datura

I

I

weitere Basen

siehe Ahp.

I

1S.S.1951

120

240

10

-

I ,

15. S. 1952

75

I

90

i I

-

-

-

-

\

I

I

!

4Yz Mon. i 21. S. 1954 5 Mon. I 3. 9. 1954

60 40

200 60

Abb.7

I

i

I I

3.S.1955 24.S.1955

3Yz Mon. 4 Mon.

I

20 10

SO 30

Mon. Mon. Mon. Mon.

310

21. 3. 1. 1.

200 250 140 160

Spuren Spuren Spuren

1954 1955 1955 1955

I

-

I

I I

10. S. 1951

-

S. S. 9. 9.

I

I

I

I

4Yz 3Yz 4Yz 4Yz

-

II

I

100

110

-

40 50 20 30

vorh. vorh: vorh. vorh.

2Yz 4 4 4Yz

6. 1955 I 30. 24. S. 1955

Mon. Mon. Mon./ Mon.

20.S.1955 31. S. 1955

I

Abb.2 I

I

I I I

,

ferox,

Blatter ........ Blatter ........ Interkostalfelder Interkostalfelder

Meteloidin

-

I

I

I I

in mg/100 g Trockengewicht

I

la) Datura tatula (Kontrolle ), bliihende und fruchtende Sprosse ........ 1 b) Dat. stramonium var. tatula (Kontrolle) Blatter ........ Blatter ........ Dat. stramon. var. tatula, gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula, Blatter ........ Interkostalfelder

Hyoscyamin

i I

i

60 120 40 50

20 30 20 20

-

Spuren

Spuren

vorh. vorh.

-

Abb.5

-------

3a) Datura ferox gepfropft anf Datura tatula,

bliihende Sprosse bliihende nnd fruchtende Sprosse ........ 3 b) Dat. ferox gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula

Bliitter ........ Interkostalfelder

I

I

I

13. 9. 1951

390

-

I 20. S. 1952

250

-

I

40

34

30

I i

I I 3Yz Mon.] J. S. 1955 4 Mon. 17. S. 1955

50

:

I

I

,

I

!

I

I

320 60 I

I

5 -

I

i

60 15

i

-

Abb.51

. 1) Bei Pfropfungen gilt die Altersangabe fiir die beiden Pfropfpartner, nicht fiir die seit dem Pfropfen verstrichene Zeit.

72

ANNE LIESE ROMEIKE

Tabelle 1 (Fortsetzung) Pflanzenmaterial 4 a) Dat. tf!tula gepfropft auf Dat. ferox, oberirdische Teite mit Ausnahme der Friichte ....... oberirdische Teile mit Ausnahme del Friichte ....... 4b) Dat. stmmon. var. tatula gepfropft auf Dat. ferox, Blatter ..... _.. Blatter ........ Blatter ........ Blatter ........ Interkostalfrlder Interkostalfelder Interkostalfelder 5 a) Dat. tatulaSpitzen gepfropft auf Dat. feroxReiser, die auf Dat. tatulaUnterlage gepfropft waren. Dat. ferox-Reis Dat. tatula-Spitze Sa) DaCferoxSpitzen gepfropft auf Dat. tatulaReiser, die auf Dat. feroxUnterlage ge}Jfropft waren. Dat. tatula- Reis Dat. feroxSpitze ... _... _.

A1.ter

we-.tere Meteloidin I Basen in mg/l00 g Trockengewicht

I

Hyoscyamin

Scwolamin

siehe Abb.

-----

I

65

I

I

I I

I 13.8.1951

I -

110

50 !

28.7.1952 I

43

25

2. 8. 1954 120 2. 9. 1954 30 1.8.1955 60 10.8.1955 60 17.8.1955 I 23.8.1955 1. 9. 1955 I -----

80 20 40 40 10 10 5

-

-

-

vorh. vorh. vorh. vorh. -

!

4 Mon. 5 Mon. 31;2 Mon. 4 Mon. 4 Mon. 41;2 Mon. 41;2 Mon.

1_____

7a) Dat. innoxia (Kontrolle) Sprosse ..... _.. 7b) Dat. innoxia (Kontrolle) Blatter ........ Blatter _....... Dat. innoxia gepfropft auf Dat. innoxia Blatter ..... _..

Datum

Spuren Spuren Spuren I --

I

-

I

I

I

i i

i

!

I

11.8.1952 11.8.1952

175 36

I

I

i I

I

I I

i

-

37

30 40

-

95 I

I

I

I

I I

I I

4

Mon.

I

I 4.9.1952

82

4.9.1952

105 I

26.9.1952 31;2 Mon. 5 Mon.

I

I

235

3.8.1955 2.9.1954

200 150

24.8.1955

150

61

-

I

-

44

I

10 30

I

,

I

!

I I

i i

J3

I

'-,,-'

-

!

100

eo

20 10

vorh. I vorh.

:

30

10

I vorh.

i

73

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

Tabelle 1 (Fortsetzung) Pflanzenmaterial

Alter

Datum

SCOI?CI-1 Hyos.cy-I Metelam," amin oidin

I weitere Basen

in mg/100 g Trockengewicht Sa) Dat. innoxiaReiser iiber Dat. feroxUnterlage Sb) Dat. innoxia gepfropft auf Dat. ferox Blatter ........ Blatter ........ Blatter ........

t

9a) Dat. feroxReiser iiber Dat.innoxiaUnterlage ........ 9b) Dat. ferox gepfropft auf Dat. innoxia Blatter ........

6.9.1952

95

26.9.1952

43

I

-

103 25

60

'-v-'

4y:! Mon. 3y:! Mon. 4 Mon.

15.8.1954 1.8.1955 24. S. 1955

30 60 40

90 SO 60

II

3% Mon.

I I

10 20 10

vorh. vorh. vorh.

95

-

30

vorh.

I

19.9.1952

430

-

1. 8. 1955

300

Spuren

I

i

Ftir die Pfropfungen dienten Pflanzen im Alter von 8 bis 10 Wochen; es wurde "in den Spalt" gepfropft, und nach Verwachsen von Reis und Unterlage wurden die Blatter der Unterlage entfernt.

Ergebnisse Die folgenden Tabellen geben einen Uberblick tiber unsere Analysenresultate. Tabelle 1 zeigt die gute Ubereinstimmung unserer Ergebnisse mit denen von EVANS und PARTRIDGE. Kleine Unterschiede erklaren sich dadurch, daJ3 sich, wie Ev ~NS und PARTRIDGE erwahnen, sehr kleine Alkaloidmengen ihrem Nachweis entziehen, wahrend sie durch Papierchromatographie noch aufgefunden werden ktinnen. Diskussion der Ergebnisse EVANS und PARTRIDGE schlieJ3en nun aus ihren Resultaten:

I. Der Spro{J von Datura tatula ist fiihig zur Hyoscyamin-Synthese. Sie folgern dies auf Grund folgender Befunde: Der SproJ3 der Dat. tatula enthalt Hyoscyamin (Tabelle 1, 1a). Dat feroa; gepfropft auf Dat. tatula ist frei von Hyoscyamin (Tabelle 1, 3a), woraus sie schlieJ3en, daJ3 aus der Dat. tatula- Wurzel kein Hyoscyamin in das Reis steigt. Dann muJ3 das Hyoscyamin iin SproJ3 der D. tatula gebildet werden. Sprosse von Dat.feroa; enthalten kein Hyoscyamin (Tabelle 1, 2a),

siehe Abb.

74

ANNELIESE RO}IEIKE

Tabelle 2 Das Alkaloidspektrum in Datura ferox. SCOI!Ol·1 Hyos.cy-I Metelamm amln oidin Pflanzenma terial

Datum

Alter

I

in mg/l00 g Trockengewicht, bei Blutungssaft p,gjl00 ml

I,

1. Datura ferox Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel .........

4-Y2 Mon. 5 Mon. 5 Mon. 4 Mon. 4Y2 Mon. 5 Mon.

21. 8. 1954 5.9.1954 5. 9. 1954 9. 8. 1955 26.8.1955 9. 9. 1955

20 20 20 30 I 20 40 I

40 30 20 30 20 30

2. Datura ferox Stamm ......... Stamm .........

4Y2 Mon. 5 Mon.

28. 8. 1955 9. 9. 1955

10 20

10 15

Blutungssaft von 5 Pflanzen ......

I I

1. 6. bis 7.6.1955

2000

11 Woch. 30.6.1955

3000

8 Woch.

5. Datura ferox Sprosse ..... _... Blatter ......... Blatter ......... Blatter .........

I

30 30 40 15 20 10

vorh. vorh. vorh. vorh. I vorh. vorh. I

5 10

I vorh.

I 1300

I

2000 _.

4. Cymphomandra betaeea gepfropft auf Datura ferox Blatter ......... Blatter ......... Blatter ......... Blatter ......... Interkostalfelder

siehe Abb.

----

I

3. Datura ferox Blutungssaft von 10 Pflanzen .....

weitere Basen

I I

I

1000

II

vorh.

I 500

Abb.2

vorh.

I

vorh.

Abb.4

,

I

!

I

I

!

I

5 6 3Y2 4 4Y2

Mon. Mon. Mon. Mon. Mon.

1. 9. 1954 3. 10.~19541. 8. 1955 16.8.1955 26.8.1955

_'1

~~

100 60 30

50 40 70 40 30

I !

I

25 30 30 15 5

I

vorh. vorh. vorh. vorh.

4Y2 4 4Y2 4Y2

Mon. Mon. Mon. Mon.

21. 8. 1954 3. 8. 1955 1. 9. 1955 1. 9. 1955

200 250 140 160

-

Spuren Spuren Spuren

40 50 20 30

IAbb.3

I

I

---

I

!

I

vorh. vorh. vorh. vorh.

Abb.2

woraus sie schlieBen, daB aus der ferox- Wurzel kein Hyoscyamin emporgeleitet wird. Da aber Pfropfreiser der Dat. tatula auf Dat. ferox-Unterlage Hyoscyamin enthalten (Tabelle 1, 4a und 6a), ware dies ein weiterer Beweis fUr die Fahigkeit des tatula-Sprosses zur Hyoscyamin-Synthese. II. Der Sprop von Datura ferox ist fiihig zur Meteloidin-Synthese. Der SproB der Dat. ferox fiihrt Meteloidin (Tabelle 1, 2a). Da aber Dat. tatula gepfropft auf Dat. ferox kein Meteloidin enthalt (Tabelle 1, 4a und 6a), folgern sie, daB aus der ferox- Wurzel kein Meteloidin in den SproB steigt; dann miiBte also das Meteloidin des ferox-Sprosses dort gebildet werden. Der SproB von Dat. tatula fUhrt kein Meteloidin (Tabelle 1,

75

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

Tabelle 3 Pfropfungen von Datura /erox auf versehiedene hyoscyaminreiehe Unterlagen. (Blutungssaft und Pfropfungen von Cyphomandra auf die betreffenden hyoscyaminreiehen Unterlagen beweisen das Emporsteigen des Hyoscyamins in das Pfropfreis.) II

Pflanzenmaterial

Alter

I

Datum

]' scol?cI-1I Hyo~cy- .I M~t~l- I weitere I I a mIn amm: Oldm I Basen siehe I

I

I

I

la) Datura ferox gepfropft auf Dat. stramon. var. stram. Blatter ........ Interkostalfelder -~----

I

3Yz Mon. 4

1. S. 1955 17. s. 1955

Mon.

I

150 SO

15 Spuren

!

I

Blutungssaft von 5 Pflanzen ..... Blutungssaft der gleichen Pflanzen Blutungssaft der gleiehen Pflanzen Blutungssaft von 5 Pflanzen .....

50 40

I

,I

Mon. I 11.

4 4

Mon.

I

s. 1955

12. S. 1955

3000

3000

3200

3200

,

I

6000

4500

I

3Yz Mon·i 4Yz Mon.

!,

-

SOO

I

-

1500

,

-

I

!

I

,

I

1200 I

I

Abb.4

-I

I

!,

I 2. S. 1955 26. s. 1955 I

Abb.5

I

,i

I

Mon.] 12. S. 1955

4

I

,- - - - - - -

•I

1

SO 30

100 30

I I

40 5

I I

I

Abb.3

-

I

I ,

I

!

5 5

3Yz 4

I !

150 Mon. I 1. 9. 1954 Mon. 1. 9. 1954 I 40 Mon. I 1. S. 1955 I 320 Mon. 17. S. 1955 ! 60

-

5 -

5Yz Mon./ 20. 10. 1954 2000 i 7 Woeh. 31. 5. bis 3. 6. 1955 15000 ! 7 Woeh.1

I

3. bis 5. 6. 1955

4500

,

11 Woeh.' 30. 6. 1955

1

11 Woeh.1 30. 6. 1955

3000

11 Woeh.

5000

, ,

i

-

I

-

!Abb.5

I

I

SOOO

I

1000

-

500

vorh.

,

3000

i

3000

1000

!

4500

i

-

I

!

I

20 15 60 15

10

1

Blutungssaft der gleiehen Pflanzen

Abb .

I

i

lef Cyphomandra

betacea gepfropft auf Dat. stramon. var. stramon. Blatter ........ Interkostalfelder 2a) Vatura ferox gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula Blatter ........ Interkostalfelder Blatter ........ Interkostalfelder 2b) Vat. stramon. var. tatula Blutungssaft von 2 Pflanzen ..... Blutungssaft von 10 Pflanzen

---I

I

-

1 b) Dat. stramon. var. stramon. Blutungssaft von 5 Pflanzen ..... Blutungssaft der gleiehen Pflanzen Blutungssaft der gleichen Pflanzen

-

in mg/100 g Troekengewicht, _ bei Blutungssaft ,Ltg/l00 ml

3000

1000

2000

-I

600

-

1

700

-

I

-

IAbb.4

!

1. 7. 1955

4 Mon.1 12.S.1955

5000 I

3000 !

3000

I

I

vorh. , !

,

IAbb.'

1000

I

76

!

ANNELIESE ROMEIKE

I Tabelle 3 (Fortsetzung)

I SC)~cl'l Alter

Pflanzenmaterial

2c) Cyphomandra betacea gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula Blatter ....... . Blatter ....... . Blatter ....... . Interkostalfelder

Datum

HYO~CY-I M~t~l-

weitere I Baoen siehe ,--... Abb. in mg/100 g Trockengewicht, bei Blutungssaft Vg/lOO m! I

amm

amm

I

5 6

Mon.j 3. Mon. 1. 3~ Mon'j 2. 4~ Mon. 26.

100 60 100 20

9. 1954 10. 1954 8.1955 8. 1955

1

Oldm

I

100 45 120 30

20 10 50 5

I

jAbb.3

I· -

-I

3a) Dat. ferox gepfropft auf Atropa bella-donna

SproB ........ . Blatter ....... . Interkostalfelder ab) Cyphomandra betacea gepfropft auf Atropa bell. Blatter ....... .

ac)

5

Mon. [ 3.9.1954 200 300 1. 8. 1955 120 Mon. 17.8.1955 -.. - ... -c-------c----'

3~ Mon.

4

I

5

Mon.

Wurzel ..... , .. 15

Mon:

Atropa bella-donna

-a--d-)-A-t-ro-p-a-b-el-la--d-o-n-n-aSproB .........

5

Sp'll' 15

I

9. 9. 1955

I

vorh.

I

II

Abb.5 _.

.-j

50

I

250

1

Mon. I 3. 9. 1954 I Spuren I

200

1-

---

i

___ _

I

, iAbb:.~

I

---'1----:-1-·-

I 3. 9. 1954 15 100: 1-----1-- -+I-----+--' I

Abh . 6

-

-

,

vorh.

IAbb . 6

-

Abb.6

1 a), woraus sie schlieBen, daB dies Alkaloid nicht aus der tatula- Wurzel hochsteigt. Da aber Reiser der Pfropfung Dat. ferox auf Dat. tatula Meteloidin enthalte:n. (Tabelle 1, 3a und 5a), ware dies ein weiterer Beweis fUr die Bildung des Meteloidins im ferox-SproB.

III. Der Sproj3 von Datura innoxia ist fahig zur Hyoscyamin-Synthese. Dat. innoxia gepfropft auf Dat. ferox enthalt Hyoscyamin (Tabelle 1, 8a), obwohl nach den obigen Schliissen die ferox- Wurzel kein Hyoscyamin in den SproB leitet. Dat. ferox gepfropft auf Dat. innoxia fiihrt kein Hyoscyamin(Tabelle 1, 9a), was zu dem SchluB veranlaBte, daB aus der innoxiaWurzel kein Hyoscyamin in den SproB geleitet wird. Es miiBte dann also im SproB der Dat. innoxia gebildet werden. Die beiden folgenden Aussagen von EVANS und PARTRIDGE:

IV. Datura ferox bildet Scopola min sowohl in der Wurzel als im Sproj3, und

V. Der Sproj3 von Datura tatula kann Scopolamin bilden,

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

77

sind im Zusammenhang mit dieser Arbeit von geringerem Interesse, urn so mehr, als es sich urn Hypothesen handelt. Die Verfasser seien hier zitiert: "Unzweideutige Schliisse auf den Sitz der Scopolamin-Synthese in diesen beiden Pflanzen konnen nicht gezogen werden." Weitere Schliisse, die EVANS und PARTRIDGE aus ihren Analysenresultaten ziehen, sind:

VI. Die Wurzel von Datura tatula ist entweder unfiihig zur HyoscyaminSynthese, oder es findet kein Transport des Hyoscyamins in den Sproj3 statt. Dies schlieBen Verfasser aus dem Fehlen des Hyoscyamins im Reis von Dat. ferox iibe.r Dat. tatula-Unterlage (Tabelle 1, 3a und 5a).

2 1 Abb. 2. Datura ferox. 1. Wurzel, 2. SproB.

V II. Die Wurzel von Datura ferox ist entweder unfiihig zur Bildung von Meteloidin oder es findet kein Transport dieses Alkaloides in den Sproj3 statt. Diesen SchluB ziehen Verfasser aus dem Fehlen des Meteloidins in Dat. tatula-Reisern iiber· Dat. ferox-Unterlage (Tabelle 1, 4a und 6a). Es ist zunachst naheliegend, aus den Resultaten der Tabelle 1 diese Folgerungen zu ziehen. Zu Punkt I, Fahigkeit des Sprosses der Datura stramon. var. tatula zur Hyoscyamin-Synthese, ergaben unsere eigenen Untersuchungen nun jedoch folgendes: Die Wurzel von Datura ferox enthalt in erheblicher Menge Hyoscyamin (Tabelle 2, 1 und Abb. 2). DaB dieses Hyoscyamin auch in den SproB geleitet wird, zeigen Untersuchungen des Blutungssaftes von Dat. ferox (Tabelle 2, 3 und Abb. 4) und von Reisern der Pfropfkombination Cyphomandra betacea auf Dat. ferox (Tabelle 2, 4 und Abb. 3). (Cyphomandra ist eine von Tropan-Alkaloiden

78

A"NELlESE l{mIEIKE

freie Pfropfkomponente, die das aus der Unterlage hoehsteigendeAlkaloid lediglieh tibernimmt. Eine Reduktion des Seopolamins zu Hyoseyamin in Cyphomandra - Blattern konnte nieht gefunden werden.) 2 Das Fehlen des Hyoseyamins im SproB von Dat. ferox und in Dat. ferox-Reisern tiber Dat. stramon. var. tatula- Unterlage ist also nieht mit einem Fehlen des Hyoseyamina in der tatula- Wurzel oder mit einer Verhinderung der Emporleitung dieses Alkaloids in den SproB zu er4 3 klaren. Es bleiben die Mogliehkeiten Abb. 3. Blatter von Cyphomandra betacea auf verschiedenen Unterlagen: 1 Datura eines Abbaus oder einer Umwandstramon. var. stramon., 2 Datura stramon. lung des Hyoseyamins im SproB var. tatula, 3 Atropa bella-donna, 4 Datura von Dat. ferox. ferox. Pfropft man nun Dat. ferox auf versehiedene an Hyoseyamin reiche Unterlagen(s. Tabelle 3), so zeigt es sieh, daB die feroxReiser stets nur relativ geringe Hyoseyaminmengen ftihren. In den Inter2 1 kostalfeldern der Blatter ist Hyoseyamin hochstens III Spuren' vorhanden (Abb. 5). DaB aber aus den Unterlagen reiehlich Hyoseyamin in das Pfropfreis steigt, liiBt sich schlieBen aus Analysen 3 des Blutungssaftes (TaAbb.4. Blutungssaft: 1 Datura stramon. var. stramon., belle 3 , 1 b und 2 b ; 2 Datura stramon. var. tatula, 3 Datura ferox. Abb. 4 und 7) und aus dem Hyoseyamingehalt von Cyphomandra - Reisern gepfropft auf die betreffenden hyoseyaminreichen Pflanzen (Tabelle 3, 1 c, 2 e, 3 b und Abb.3).

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

79

Tabelle 4 Das Alkaloidspektrum'von Datura stramonium var. tatula.

I sco~ol-I Hyos.ey-I Metelamm

Pflanzen material

Alter

Datum

I

I

amm

oidin

I

weitere Basen

siehe Abb.

in mg/l00 g Troekengewieht, bei Blutungssaft pg/l00 ml 1. Dat. stramon var. tatula

Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel ......... Wurzel .........

2. Dat. stramon. var. tatula Stamm ......... Stamm .........

5 5 5 5 4 4 4%

Mon. Mon. Mon. Mon. Mon. Mon. Mon.

5 5

Mon. Mon.

1. 9.1954 1. 9. 1954 1. 9. 1954 1.9.1954 9.8.1955 9.8.1955 29. 8. 1955

9.9.1955 9. 9. 1955 II

10 5 7 5 5 10 5

50 50 100 80 30 60 100

10 10

15 10

I

I

I

Blutungssaft von 5 Pflanzen ...... Blutungssaft der gleiehen Pflanzen Blutungssaft der gleichen Pflanzen Blutungssaft von 5 Pflanzen ...... 4. Cyphomandra bet. gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula Blatter ......... Blatter ......... Blatter ......... Interk.ostalfelder

!

I

10 5 15 12 8 20 5

vorh. vorh. vorh. vorh. vorh. vorh. vorh.

2 3

-

Abb.7

5% Mon. I 20. 10. 1954 2000 7 Woeh.1 31. 5. bis

I

8000

5000

3000

3. 6. 1955

Blutungssaft der gleiehen Pflanzen

.:c-',_

I

3. Dat. stramon. var. tatula

Blutungssaft von 2 Pflanzen Blutungssaft von 10 Pflanzen .....

..

I

4500

11 Woeh. 30.6.1955

4500 3000

11 Woeh.

1. 7. 1955

4 Mon.

12.8.1955

3000

1000

vorh.

I

-

I

-

2000

600

5000

5000

700

-

3000

3000

1000

-

!

!Abb.4

I

I

Mon.! 3.9.1954 Mon. 1.10.1954 2.8.1955 Mon. Mon. 26.8.1955

vorh.·

1000

3000

I

I

5 6 3% 4%

500

Abb.7

!

11 Woeh. 30. 6. 1955

I

-

i

3. bis 5.6.1955

7 woeh.1

1000

100 60 100 20

100 45 120 30

I

20 10 50 5

I

I

I i

I

I

I

I

I

I

-

-

Abb.3

-

Abb.7

-

I

5. Dat. stramon. var. tatula Blatter ......... Blatter .........

I I

5 Mon. 4% Mon.

3.9.1954 21. 8. 1954

40 60

I I

60 200

I

-

i I

I

I

RO

ANNELIESE l{O~!EIKE

Scopolamin dagegen tritt in den ferox- Reisern in allen Fallen in reichlicher Menge auf. Besonders anschaulich zeigt Abb. 6 das unterschiedliche Verhaltnis von Hyoscyamin: Scopolamin in der Unterlage und im Reis der Pfropfkombination Dat. ferox. auf Atropa bella-donna. Das reichliche Auftreten des Scopolamins und die geringe Menge bzw. das Fehlen des Hyoscyamins 2 1 in Dat. ferox-Reisern auf hyoscyaminreicher Unterlage legen die Vermutung nahe, dan im SproB der Dat. ferox Hyoscyamin in Scopolamin umgewandelt wird. Zur Klarung dieser Frage wurde folgender Versuch durchgefuhrt: 3 4 Abb. o. Interkostalfelder von Daiura ferox Pfropft man Dat. fer(Jx auf Cyauf verschiedenen Unterlagen: 1 Datura phomandra betacea, so ist diese siramon. var. stramon., 2 Datura stramon. var. tatula, 3 Atropa bella-donna, 4 Datura Pfropfung praktisch frei von Alferox. kaloiden, man erhalt also alkaloidfreie Dat. ferox- Reiser. Auf die alkaloidfreien ferox- Blatter solch einer etwa 5 Monate alten Pfropfung wurde eine O,3%ige wasserige Losung von Hyoscyamin-Citrat vom pH-Wert 4,5 aufgepinselt. Durch tagliches Bespruhen mit

3 2 1 Abb. 6. 1 Reis der Propfung Dat. ferox auf Atropa, 2 Wurzel der Propfung Dat. ferox auf Atropa, 3 Atropa-SproB.

Wasser wurde dafur gesorgt, dan das Alkaloidsalz durch die Blattepidermis eindrang. Nach 12 Tagen ergab die Analyse, daB in Blattnervatur, Interkostalfeldern und SproBachsen eine deutliche Umwandlung des Hyoscyamins in Scopolamin stattgefunden hatte (Abb. 8 und 9). Sechs Wochen nach dem Auftragen des Hyoscyamills ergab die Analyse eine fast voll-

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

81

Tabelle 5 Scopolamin: Hyoscyamin-Verhaltnis in verschiedenen Organen von Datura-Arten und Atropa bella-donna in jugendlichem Stadium. Pflanze Dat. ferox ....................... Dat. ferox ....................... Dat. innoxia ..................... Dat. innoxia ..................... Dat. ferox ....................... Dat. ferox ....................... Dat. stramon. var. stramon . ........ Dat. stramon var. tatula ........... Dat. ferox ....................... Atropa bella-donna ................

I Alter in I Wochen

I

Wurzel I Stamm

I

I

6 6 4 6 10 10 8 8 8 2

-

0,5 0,5 0,5 0,7 0,5 0,5 0,2 0,5 0,5 0,7

I

1 1 2,5

I

I I I

Blatt

I

1,5 2,5 1 1 1 2

I i

3,5 3,5 10 7 10 15 2 r2 30 15

sUindige Umwandlung in Scopolamin. Der Umwandlungsversuch gelang auch mitabgeschnittenen Zweigen der Pfropfung Dat. ferox auf Cyphomandra, die in einer 0,02%igen wasserigen Hyoscyamin-Citrat-Liisung vom pH-Wert 5 standen. Nach 10 Tagen zeigte das Papierchromatogramm Scopolamin und Hyoscyamin zu gleichen Teilen. Abb. 10 bringt eine schematische Darstellung, die die Alkaloidumwandlung im SproJ3 von Dat. ferox erlautern soIl.

1 2 3 Abb. 7. Datura stramonium var. tatula. 1 Blatt, 2 Wurzel, 3 Blutungssaft.

Der Nachweis des aus Hyoscyamin gebiIdeten Scopolamins gesch?th mit der oben beschriebenen (Abb. 8 und 9) und mit einer friiher von uns mitgeteilten papierchromatographischen Methode (ROMEIKE 1952). AuJ3erdem wurden die VITALIsche Farbreaktion und die mydriatische Reaktion durchgefiihrt. Versuche in griiJ3erem MaJ3stab sollen das Material fur Schmelzpunktbestimmungen liefern. Zu Punkt II der Arbeit von EVANS und PARTRIDGE: Bildung des Meteloidins im SproJ3 von Datura ferox, ergaben unsere Analysen folgendes: Dat. stramonium var. tatula enthalt. in der Wurzel beachtliche Mengen Meteloidin, etwa ebensoviel wie Scopolamin (Tabellp. 4, 1 und Abb. 7). Flora, Bd. 143

6

82

ANNELIE8E ROMEIKE

Analysen von Blutungssaft (Tabelle 4, 3 und Abb. 4 und 7) und von Cyphomandra gepfropft auf Dat. stramon. var. tatula (Tabelle 4, 4 und Abb. 3) zeigen, daB das Meteloidin der Wurzel auch in den SproB geleitet wird. 2 1 Das im D. ferox- Reis auf D. tao tula-Unterlage gefundene Meteloidin wird also aus der Wurzel emporgeleitet. Wird ein D. feroxReis auf eine meteloidinfreie Unterlage gepfropft, z. B. auf Atropa bella-donna (Tabelle 3, 3 b und 4 3 Abb. 3), so ist es auch meteloidinAbb. 8. Hyoscyamin-Behandlung von Blatfrei (Tabelle 3, 3a und Abb. 5 tern der Pfropfung Datura ferox auf Cyphomandra. 1 Unbehandelte Blatter, 2 beund 6). handelte Blatter am Versuchsbeginn, 3 beDas Fehlen des Meteloidins im handelte Blatter nach 12 Tagen, 4 Reinalkaloide. Scopolamin auBen, Hyoscyamin D. tatula-Reis tiber D. ferox-Unterinnen. lage ist nicht durch sein Fehlen in der Unterlage oder Verhinderung der Emporleitung zu erkliiren. Die Ergebnisse deuten vielmehr auf einen Um- oder Abbau des Meteloidins im SproB der Dat. stramon. var. tatula hin. Abb. 11 stellt schematisch die Alkaloidverteilung in Pfropfungen von Dat. stramon. var. tatula dar. Punkt III der Arbeit von EVANS und PARTRIDGE, die Bildung des Hyoscyamins im SproB von Datura innoxia, ist mit dem Nachweis Abb.9. Hyoscyamin-Behandlung von Blatvon Hyoscyamin im Blutungssaft tern der Pfropfung Datura ferox auf Cyphovon Dat. ferox (Tabelle 2, 3 und mandra. 1 Unbehandelte Blatter, 2 behandelte Blatter am Versuchsbeginn, 3 beAbb. 4) und in Cyphomandra-Reihandelte Blatter nach 12 Tagen, 4 Reinsern tiber ferox- Unterlage (Tab. 2, 4 alkaloide. Scopolamin auBen, Hyoscyamin innen. und Abb. 3) in Frage gestellt. D. innoxia-Reiser tiber ferox-Unterlage erhalten also Hyoscyamin aus der Unterlage. Das Fehlen des Hyoscyamins in Reisern der Kombina-

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

83

tion D. /erox auf D. innoxia ist mit seiner Umwandlung in Scopolamin geklart. Zu Punkt VI: Unfahigkeit der Wurzel von Dat. tatula zur Bildung von Hyoscyamin. oder Fehlen der Hyoscyamin-Leitung zum SproJ3, ergaben unsere Analysen: Anwesenheit von Hyoscyamin im Blutungssaft (Tabelle 4, 3 und Abb.4 und 7) und in Cyphomandra-Reisern auf D. tatula-Unterlage (Tabelle 4,4 und Abb. 3). Es wird also Hyoscyamin aus der Wurzel von Dat. stramon. var. tatula in den SproJ3 geleitet.

Ea/ura /pro)( aulDo'llro Iwox

J

~

J'copolomin

ClJphomondro bp/ocl'O 0111lJolllro (p"ox

H = flY0J'ClJomin

iJolllro frrox olllIJot J/l'Omo1l. val: 10/ll10

/'1 = /'1pfl'/Oldin

Abb. 10.

Analog sind die Ergebnisse zu Punkt VII: Unfahigkeit der Wurzel von Dat. /erox zur Meteloidin-Synthese oder Fehlen des Meteloidin-Transports zum SproJ3. Blutungssaft der Dat. ferox (Tabelle 2, 3 und Abb. 4) sowie Cyphomandra-Reiser auf D. /erox-Unterlage (Tabelle 2, 4 und Abb. 3) enthalten reichlich Meteloidin. Es wird also Meteloidin aus der Wurzel von Dat. /erox in den SproJ3 geleitet. Unsere Ergebnisse lassen nattirlich die Moglichkeit offen, daJ3 auJ3er dem aus der Wurzel in den SproJ3 geleiteten Alkaloid zusatzlich vom SproJ3 selbst Alkaloid gebildet wird. So ist es nicht ausgeschlossen, daJ3 die oberirdischen Teile der Datura ferox neben dem aus der Wurzel erhaltenen 6*

84

ANNELIESE ROMEIKE

Meteloidin selbstandig dies Alkaloid zu bilden verm6gen. Ebenso besteht diese M6glichkeit beim SproB von Datura stramonium var. tatula und von Datura innoxia fiir Hyoscyamin, so daB also unsere Ergebnisse diejenigen von EVANS und PARTRIDGE nicht auszuschlieBen brauchen. Pfropfungen der oben genannten Datura-Arten auf alkaloidfreie Unterlagen (Tomate, Cyphomandra) fanden wir allerdings stets praktisch frei von Alkaloiden, jedoch ist es denkbar, daB sich diese Reiser iiber eigener Wurzel anders verhalten.

lJat slromoll liar lululo ou/lJol J/ramo17. I/al' la/ufo

J' =

J'copolamln

Cyphomandra belacea

lJat stromon I/or lolu/a

au/IJolslmmolli/or lalufo

aUfIJoturo (erox

H = HYOJ'cyomin

f1 = f1eleloldm

Abb. 11.

Resultate, die mit der Annahme einer Alkaloidbildung im SproB deutbar sind, und zwar mit einer bevorzugten Scopolaminbildungin den Blattern, dagegen mit vorwiegender Hyoscyaminbildung in den Wurzeln, zeigt Tabelle V. Diese Deutung wiirde die eingangs erwahnten Resultate von EVANS und P ARTRIDG E (1953 b) stiitzen. Es gibt jedoch noch weitere Erklarungsm6glichkeiten fUr diese Befunde. So muB man damit rechnen, daB die Gewebe von Blatt und Wurzel verschiedene Akkumulationsfahigkeit fUr die Alkaloide Scopolamin und Hyoscyamin haben. Auch kann die prozentuale Zusammensetzung des aus der Wurzel hochsteigenden Alkaloidgemischs eine andere sein als in der Wurzel selbst. Der Blutungssaft von Dat. stramon. var. tatula (Tabelle 4, 3) zeigt z. B. verglichen mit Wurzeln (Tabelle 4, 1) einen geringeren relativen Hyoscyamingehalt. SchlieBlich ist es aber auch durchaus m6glich, daB die in Tabelle 5 auf-

Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung des Alkaloidspektrums

85

gefiihrten Datura-Arten und Atropa bella-donna in jugendlichem Stadium in ihren Sprossen Hyoscyamin in Scopolamin umzuwandeln vermogen, wie es Datura ferox auch im Alter von mehreren Monaten kann. Analog zu unserem Bepinselungsversuch an· Datura ferox auf Cyphomandra- Unterlage wurden Experimente mit Datura innoxia, Dat. metel, Dat. stramon. var. tatula und Atropa bella-donna durchgefUhrt. AIle diese Pfropfungen waren etwa 5 Monate alt. In keinem FaIle konnte, wie bei Dat. ferox, eine Umwandlung von Hyoscyamin in Scopolamin im SproB festgestellt werden. Die Ergebnisse der Tabelle 5 geben aber vielleicht einen Hinweis dafUr, daB diese Pflanzen in jugendlichem Stadium zu solch einer Umwandlung fiihig sind. Bereits fruher (ROMEIKE 1953) wurde von uns der Versuch einer Umwandlung von Hyoscyamin in Scopolamin in abgeschnittenen Reisern der Pfropfung Dat. innoxia auf Tomate unternommen. Es konnte keine Umwandlung nachgewiesen werden, ebensowenig, wie umgekehrt eine Umwandlung von Scopolamin in Hyoscyamin in Reisern der Pfropfung Atropa auf Tomate. Es handelte sich auch hier um 4-5 Monate alte Pflanzen. Die Umwandlung von Hyoscyamin in Scopolamin im SproB von Datura ferox spricht dafUr, daB beide Alkaloide eine gemeinsame Vorstufe haben. 1m Widerspruch zu dieser Annahme steht eine Arbeit von LEETE, MARION und SPENSER. Futterungsversuche an Datura stramonium mit Ornithin-2-C14 ergaben wohl radioaktives Hyoscyamin, aber kein aktives Scopolamin. Vielleicht ist dieser Wider~pruch damit zu kliiren, daB es sich bei den Versuchspflanzen um Daturen im Alter von 4 Monaten handelte. Es ist durchaus denkbar, daB in jungen Pflanzchen die Synthese zugunsten deR Scopolamins verHiuft.

Zusammenfassung Gegenuber Ergebnissen von EVANS und PARTRIDGE, wouach das im SproB der Datura ferox enthaltene Meteloidin sowie das Hyoscyamin der oberirdischen Teile von Datura stramonium var. tatula und Datura innoxia ausschlieBlich dort gebildet werden, konnte durch Pfropfungsversuche gezeigt werden, daB diese Pflanzen die betreffenden Alkaloide in der Wurzel bilden und in den SproB leiten. Ob auBerdem die fraglichen Alkaloide auch im SproB synthetisiert werden, bleibt zu priifen. Ferner fUhrten die Pfropfungsergebnisse zu der Annahme, daB im SproB von Datura stramonium var. tatula Meteloidin um- oder abgebaut wird und daB· der SproB von Datura ferox zur Umwandlung von Hyoscyamin in Scopolamin fahig ist. Durch Auftragen von Hyoscyamin auf alkaloidfreie Blatter der Pfropfung

rr' I

86

ANNE LIESE ROMEIKE, Die Mitwirkung des Sprosses bei der Ausbildung usw.

Datura ferox auf Cyphomandra betacea konnte der Beweis filr die Fahigkeit des D. ferox-Sprosses zur Umwandlung von Hyoscyamin in· Scopolamin erbracht werden.

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Nachtrag wahrend der Korrektur: Die U mwandlung von Hyoscyamin in Scopolamin konnte inzwischen an einer gro13eren Menge von Pflanzenmaterial der Pfropfkombination Datura ferox auf Cyphomandra betacea durchgefilhrt werden. Das entstandene Scopolamin wurde durch Bestimmung des Schmelzpunkts seines Pikrats als l-Scopolamin identifiziert. Der Fp lag bei 190 bis 191° (Fp von l-Scopolamin = 191-192°). Eine Mischschmelzpunktsbestimmung mit Pikrat des Reinalkaloids (Merck) ergab keine Depression. Anschrift der Verfasserin: Dr. ANNELIESE ROMEIKE, Gatersleben, Institut fUr Kulturpflanzenforschung.