Die Darstellung von Gelenkknorpel des oberen Sprunggelenkes mit einem neuen Röntgenverfahren: „Diffraction-enhanced X-ray imaging (DEI)”

Die Darstellung von Gelenkknorpel des oberen Sprunggelenkes mit einem neuen Röntgenverfahren: „Diffraction-enhanced X-ray imaging (DEI)”

FussSprungg 1:2–7 (2003) DOI 10.1007/s10302-003-0010-3 M. Aurich K. Kuettner C. Muehleman Z. Zhong L. D. Chapman J. Mollenhauer Eingegangen: 8. Okto...

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FussSprungg 1:2–7 (2003) DOI 10.1007/s10302-003-0010-3

M. Aurich K. Kuettner C. Muehleman Z. Zhong L. D. Chapman J. Mollenhauer

Eingegangen: 8. Oktober 2002 Akzeptiert: 25. Oktober 2002

Dr. med. Matthias Aurich ()) Jürgen Mollenhauer Lehrstuhl für Orthopädie der FriedrichSchiller-Universität Jena am Waldkrankenhaus „Rudolf Elle“ Klosterlausnitzerstr. 81 07607 Eisenberg, Germany Tel.: 03 66 91/80 Fax: 03 66 91/81013 E-Mail: [email protected] Matthias Aurich · Klaus Kuettner Carol Muehleman · Jürgen Mollenhauer Departments of Biochemistry, Orthopedic Surgery, and Anatomy Rush Medical College 1653 W. Congress Parkway Chicago, IL 60612, USA Z. Zhong National Synchrotron Light Source Brookhaven National Laboratory Upton, NY 11973, USA

Die Darstellung von Gelenkknorpel des oberen Sprunggelenkes mit einem neuen Röntgenverfahren: „Diffraction-enhanced X-ray imaging (DEI)“

The visualization of articular cartilage of the ankle with a new X-ray technology: „diffraction-enhanced X-ray imaging (DEI)“ n Summary Destruction and loss of articular cartilage is one of the key events in osteoarthritic disorders. Radiographic evaluation is based solely on detecting the narrowing of the joint space and not on destruction of cartilage, since cartilage tissue is invisible in conventional X-ray imaging. Here we report that a high resolution image of human articular cartilage can now be obtained by using diffraction-enhanced-imaging (DEI), a novel X-ray radiographic technique specifically modulated to separately detect X-ray refraction and scatter rejection (extinction) in addition to the absorption patterns of conventional radiography. The results indicate that not only defects and loss of articular cartilage can be detected, but also structural abnormalities within the tissue can be visualized. DEI may provide clinicians and scientists with information about cartilage damage before any clinical evidence of osteoarthritis and it may open the door to the development of new diagnostic tools for the evaluation and treatment of degenerative joint disorders.

n Key words X-ray – articular cartilage – ankle n Zusammenfassung Die Zerstörung und der Verlust von Gelenkknorpel ist eines der zentralen Ereignisse bei Krankheiten des osteoarthritischen Formenkreises. Die radiologische Beurteilung basiert auf der Abschätzung der Gelenkspaltverschmälerung im Zuge der Knorpelzerstörung. Konventionelle Röntgentechnik bildet Knorpel nicht ab, da sie nur die Absorptionseigenschaften von Gewebe mit hoher Dichte (z. B. Knochen) ausnutzt. Mit Hilfe einer neuen Technologie, welche die physikalischen Eigenschaften des Röntgenlichtes intensiver ausnutzt, lässt sich menschlicher Gelenkknorpel trotzdem darstellen. Diese Technik verwendet zusätzlich zur Absorption die Streuung und Beugung bei der Analyse des bildgebenden Lichtanteils und wird daher als „Diffraction Enhanced Imaging (DEI)“ bezeichnet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass nicht nur normales Knorpelgewebe, sondern auch Defekte und strukturelle Veränderungen in der molekularen Organisation des Knorpels mit dieser Methode erfasst werden können. DEI wird möglicherweise die Erfassung von Daten in Frühstadien

FUSS 010

L. Dean Chapman Biological, Chemical and Physical Sciences Department Illinois Institute of Technology 3101 South Dearborn Chicago, IL 60616 USA

BEITRAG ZUM THEMENSCHWERPUNKT

Aurich et al. Knorpeldarstellung im Röntgenlicht

der Osteoarthritis erlauben. Diese Früherkennungseigenschaften von DEI könnten den Weg zur Entwicklung neuer diagnostischer

und therapeutischer Wege bei der Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen bereiten.

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n Schlüsselwörter Röntgen – Gelenkknorpel – Sprunggelenk

Einleitung

Material und Methoden

Die konventionelle Röntgentechnik ist das primäre bildgebende Verfahren zur Darstellung von Knochen und Gelenken. Pathologische Veränderungen im Rahmen der Osteoarthritis werden dabei erst in fortgeschrittenen Stadien, in denen bereits knöcherne Veränderungen und ein massiver Knorpelverlust eingetreten sind, erfasst. Letzteres kann durch die Verringerung des Gelenkspaltes nur indirekt bestimmt werden (12). Frühe Stadien der Osteoarthritis sind unter anderem gekennzeichnet durch strukturelle Veränderungen der Knorpelmatrix, ohne dass ein wesentlicher Substanzverlust vorliegt. Andererseits gibt es isolierte traumatische Knorpelläsionen, welche zwar einen Gewebeverlust darstellen, jedoch nicht zu einer Gelenkspaltverschmälerung führen. In beiden Fällen liefert das konventionelle Röntgenbild keine Hinweise auf eine vorliegende Gelenkpathologie. Gegenwärtig gibt es kein bildgebendes Verfahren, mit dem ein Frühstadium der Knorpelschädigung sicher entdeckt und beurteilt werden kann. Die Magnet-Resonanz-Tomographie ist zwar prinzipiell in der Lage, Gelenkknorpel abzubilden (8, 16, 22); eine Strukturschädigung des Gelenkknorpels in Frühstadien der Knorpeldegeneration ist jedoch nicht sicher beurteilbar (1, 2, 4, 10, 11, 12). Zudem besitzt diese Methode eine wesentlich geringere Auflösung als das Röntgenbild (24). Es besteht also ein Bedarf an nicht-invasiven bildgebenden Verfahren zur Darstellung von Gelenkknorpel, Knorpeldefekten und Frühstadien der Knorpeldegeneration. Konventionelle Röntgentechnik bildet Knorpel nicht ab, da sie nur die Absorptionseigenschaften von Geweben mit hoher Dichte ausnutzt. Mit Hilfe einer neuen Technologie, welche die physikalischen Eigenschaften des Röntgenlichtes intensiver ausnutzt, läßt sich menschlicher Gelenkknorpel, in unseren Untersuchungen aus dem oberen Sprunggelenk, trotzdem darstellen. Diese Technik verwendet zusätzlich zur Absorption die Streuung und Beugung bei der Analyse des bildgebenden Lichtanteils und wird daher als „Diffraction Enhanced Imaging (DEI)“ bezeichnet (6). Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Darstellung von Knorpelgewebe, isolierten Knorpeldefekten und Frühstadien der Knorpeldegeneration im oberen Sprunggelenk.

Die physikalischen Grundlagen von DEI sind bereits im Detail beschrieben (6, 17). Die Methode benutzt monochromatisches Röntgenlicht, welches aus polychromatischer Synchrotronstrahlung an zwei parallelen Siliziumkristallen erzeugt wird (in diesem Fall Si (3,3,3), wobei Si Silizium und (3,3,3) die Kristallgitterordnung beschreibt). Die Röntgenstrahlen treffen, nachdem sie das zu untersuchende Objekt durchdrungen haben, auf einen weiteren Siliziumkristall. Dieser sogenannte Analysatorkristall ist parallel zur Ebene der Monochromator-Kristalle angeordnet und kann um eine Achse senkrecht zu seiner Ebene im Bereich von Bruchteilen von Winkelgraden (lrad) mit Hilfe eines piezoelektrischen Elementes rotiert werden (Abb. 1). Das dabei entstehende Intensitätsprofil des ausfallenden Lichtes wird „rocking curve“ genannt (siehe Abb. 5). Die Intensität entspricht dabei dem Grad der Brechung des Strahles am Objekt, unabhängig von der Objektdichte. Der Bildcharakter ist also abhängig von der Stellung des Analysatorkristalls. Eine Einstellung an den aufsteigenden bzw. absteigenden Seiten der „rocking curve“ erzeugt ma-

Abb. 1 Schematische Darstellung der verwendeten DEI-Technologie im Vergleich zur konventionellen Radiographie. Monochromatisches Röntgenlicht wird durch zwei parallele Silizium-Kristalle (Si (3,3,3)) aus der polychromatischen Synchrotronstahlung selektiert (Monochromator). Nach dem Durchtritt durch das zu untersuchende Objekt wird der Synchrotron-Röntgenstahl im DEI-Modus durch einen weiteren Siliziumkristall, welcher parallel zur Monochromatorebene angeordnet ist, analysiert. Dieser sogenannte Analysator kann durch Drehung um Bruchteile von Winkelgraden (lrad) in der Ebene des Monochromators entsprechende Diffraktionswinkel selektieren. Die Aufnahme des bildgebenden Lichtanteils erfolgt durch eine photostimulierbare Phosphorplatte (Detektor). Der Detektor und das Objekt stehen senkrecht zur Ebene des Lichtstrahls und werden beim Aufnahmevorgang gegensinnig zueinander bewegt

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ximale Refraktionsinformation, wohingegen optimale Extinktion (entspricht der kompletten Elimination von Streustrahlung) auf der Spitze der „rocking curve“ erzeugt wird (wenn Analysator und Monochromator parallel zueinander stehen). Im unteren Bereich der Flanken, der sogenannten Flügel, wird vor allem Streustrahlung aufgenommen. Zur Bildaufnahme wurde eine photostimulierbare Phosphorplatte der Firma Fuji Medical Systems verwendet. Das aufgenommene Bild wurde digitalisiert und von einem speziellen Lesegerät verarbeitet (Firma Fuji Medical Systems), um auf einem PC wiedergegeben werden zu können. Die Bildauflösung betrug 50 lm/pixel (0,05 × 0,05 mm) auf einer Matrix von 4000–5000 pixel. Die für die Untersuchung verwendeten Sprunggelenke und Tali wurden von dem Gift of Hope Organ and Tissue Donor Network, Elmhurst, Illinois, USA (ehemals: Regionale Organbank des Bundesstaates Illinois, USA) innerhalb von 24 Stunden postmortem zur Verfügung gestellt. Die Sprunggelenke wurden distal am Talonavicular- und Subtalargelenk sowie proximal ca. 5 cm oberhalb des Tibiotalargelenkes unter Erhalt der Gelenkkapsel subkutan exzidiert. Desweiteren sind für die Untersuchungen isolierte Tali verwendet worden. Das Gewebe wurde in 4% Paraformaldehyde (Sigma Chemical Co, St. Louis, MO, USA) fixiert. Zur Durchführung der Experimente stand uns die Beamline X15A der National Synchrotron Light Source im Brookhaven National Laboratory, Long Island, New York, USA, zur Verfügung. Die Sprunggelenke und Tali wurden in einer von posterior nach anterior gerichteten Weise durchleuchtet. Dabei bewegt sich das Objekt gleichmäßig durch den ca. 1 mm hohen und ca. 13 cm breiten Röntgenlichtstrahl. Bei einer solchen Aufnahme im Scan-Modus kam es zu einer Strahlendosis auf dem Detektor (Phosphorplatte) von ca. 1,3 lC/kg (5mR), welches ungefähr der Oberflächendosis für Sprunggelenk und Talus entspricht. Die Aufnahmezeit betrug bei einem typischen Scanvorgang ca. 10 Sekunden. Die verwendeten Energien von 18 keV bzw. 30 keV Synchrotronstrahlung entsprechen ungefähr dem Energieniveau, das bei Mammographie bzw. in der Skelettradiologie mit konventionellen Röntgenröhren verwendet wird.

Ergebnisse Bei der Darstellung des oberen Sprunggelenkes ist im Vergleich zum konventionellen Röntgenbild eine deutliche Kontrastzunahme im DEI-Bild feststellbar (Abb. 2). Dies betrifft die Spongiosabinnenstruktur aber auch den Gelenkknorpel, welcher an der Talus-

Abb. 2 Darstellung des oberen Sprunggelenkes mit DEI (A) im Vergleich zur konventionellen Aufnahmetechnik (B) bei 18 keV. Im DEI-Bild erkennt man eine deutliche Kontrastierung des Gelenkknorpels der konvexen Talusrolle (Pfeile in A) im Vergleich zur konventionellen Röntgentechnik. Eine Beurteilung der Binnenstruktur ist jedoch durch Überlagerungsartefakte der Gelenkfläche der distalen Tibia nicht möglich. Auffällig ist auch die erhöhte Kontrastschärfe der knöchernen Strukturen mit DEI

Abb. 3 Isolierter Talus im DEI-Bild bei 30 keV. Ein aus dem Sprunggelenk herausgelöster Talus ist in A fotografisch dargestellt. Die Knorpeloberfläche erscheint intakt. Es bestehen makroskopisch keine Hinweise auf degenerative Prozesse. Im DEI-Bild der Talusrolle (B) ist der Gelenkknorpel gut abgrenzbar. Zusätzlich kann man die subchondrale Lamelle und die Spongiosa erkennen. Die Ausschnittsvergrößerung in C zeigt eine homogene Knorpelbinnenstruktur mit intakter subchondraler Lamelle

rolle deutlich zu sehen ist. Aufgrund der Gelenkgeometrie (konvexe Trochlea tali, die mit der konkaven Facies articularis inferior tibiae artikuliert) entstehen Überlagerungsartefakte, welche die Beurteilung der Knorpelbinnenstrukturen erschwert. Demzufolge wurden in den weiteren Experimenten isolierte Tali verwendet, um die Überlagerungsartefakte der distalen Tibia zu eliminieren.

Aurich et al. Knorpeldarstellung im Röntgenlicht

Abb. 4 Isolierter Talus mit Knorpelläsion und degenerativem Knorpelschaden. Ein aus dem Sprunggelenk herausgelöster Talus ist in A fotografisch und in B im DEI-Bild bei 30 keV dargestellt. Die Knorpeloberfläche zeigt medial (links in A) eine Knorpelläsion, die iatrogen hervorgerufen wurde (mit Skalpell exzidiert). Lateral ist der Knorpel degenerativ geschädigt. Das korrespondierende DEI-Bild zeigt medial den Knorpeldefekt (links in B). Die subchondrale Lamelle ist intakt. An der lateralen Talusseite (rechts in B) sind die degenerativen Veränderungen durch Strukturinhomogenitäten der Knorpelschicht gekennzeichnet. Interessanterweise zeigt auch die subchondrale Lamelle eine Konturunterbrechung (Pfeil in B)

Abbildung 3 zeigt die Talusrolle mit normalem Gelenkknorpel von dorsal fotografiert. Im korrespondierenden DEI-Bild erscheint der Knorpel als homogene, ca. 1,5 mm dicke Schicht. Die Knochenstruktur der Spongiosa zeigt den typischen trabekulären Aufbau. Die dazwischenliegende subchondrale Knochenlamelle ist als kompakte, dünne Linie deutlich vom Gelenkknorpel und der Spongiosa abgrenzbar. Eine Schädigung des Gelenkknorpels kann degenerativer oder traumatischer Natur sein. In der Abbildung 4 wurde ein Talus, der an der lateralen Schulter eine degenerative Veränderung zeigte, zusätzlich an der medialen Schulter iatrogen traumatisiert, indem mit einem Skalpell der Knorpel exzidiert wurde. Der degenerativ geschädigte Knorpel der lateralen Schulter zeigt eine deutlich inhomogene Binnenstruktur mit strukturellen Veränderungen Abb. 5 DEI-Bilder einer „rocking curve“ bei 18 keV. Dargestellt sind die DEI-Bilder von der Trochlea tali in A und B. Die Bilder in A wurden mit einer beispielhaften „rocking curve“, d. h. des Intensitätsverlaufes entlang der Winkelgradveränderung des Analysators, illustriert. Interessant sind die unterschiedlichen Bildinformationen an ausgewählten Stellen entlang der „rocking curve“, die durch die Drehung des Analysatorkristalls entstehen. In B ist zum Vergleich das konventionelle Röntgenbild dargestellt, auf welchem kein Knorpelkontrast sichtbar ist

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und Chondrophytenbildung, welche mit dem makroskopischen Bild übereinstimmt (Abb. 4, rechte Bildhälfte). Interessanterweise ist die subchondrale Knochenlamelle bereits in diesem frühen Stadium der Knorpeldegeneration verändert, was sich als Konturunterbrechung darstellt. Im Gegensatz dazu ist die subchondrale Lamelle im Gebiet traumatischer Knorpelläsionen intakt (iatrogene Läsion mit Skalpell, Abb. 4, linke Bildhälfte). Durch die Drehung des Analysatorkristalls entsteht, wie oben beschrieben, die sogenannte „rocking curve“. Ein Beispiel hierfür ist in Abbildung 5 dargestellt. Man erkennt deutlich die Abnahme der Streustrahlung zur Spitze der Kurve hin, wo die Bilder mit der saubersten Extinktion (komplette Selektion der Streustrahlung) dargestellt sind. Interessanterweise ist die Kontrastierung der Konturen (Knorpeloberfläche und subchondrale Knochenlamelle) auf den Brechungsbildern am aufsteigenden bzw. abfallenden Schenkel am höchsten. Je weiter der Analysatorkristall in Richtung Flügel der „rocking curve“ gedreht wird, desto mehr Streustrahlung wird aufgenommen. Desweiteren ist in Abbildung 5 ersichtlich, dass qualitative Unterschiede der Kontrastierung auf beiden Seiten der Kurve (positive bzw. negative Winkelgrade) existieren, ein Hinweis auf die stereoselektive Interaktion des Lichtes mit dem Material. Eine entsprechende Darstellung ist mit der konventionellen Röntgentechnologie bei den gewählten physikalischen Parametern nicht möglich.

Diskussion Die Darstellung von Gelenkknorpel ist im Hinblick auf die Früherkennung von degenerativen Gelenkkrankheiten sowie bei traumatischen Schädigungen von großer Bedeutung. In dieser Studie konnte ge-

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zeigt werden, dass es prinziell möglich ist, Gelenkknorpel im Röntgenlicht abzubilden. Darüberhinaus sind sogar Hinweise auf eine Darstellung veränderter Binnenstrukturen bei degenerativen Knorpelschäden sichtbar. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die gezeigten Veränderungen der subchondralen Lamelle im Gebiet der Knorpeldegeneration, nicht aber des iatrogenen („traumatischen“) Knorpelschadens. Röntgenstrahlen werden zur Darstellung mineralisierter Gewebe seit mehr als 100 Jahren angewendet. Eine erhöhte Mineralisation des gelenknahen subchondralen Knochens (subchondrale Sklerosierung) ist eines der radiologischen Kriterien der Arthrose (1, 2, 4, 7, 10, 21). Die hier vorliegende Studie ist die erste Anwendung von DEI zur Darstellung von Gelenkknorpel. Aus rein pragmatischen Gründen wurde dabei der Versuchsaufbau genutzt, der für die DEI-Mammographie entwickelt wurde. Beim Einsatz in der Mammographie konnte bereits ein potentieller klinischer Nutzen in Form einer signifikanten Kontrasterhöhung bestimmter Bindegewebsstrukturen gezeigt werden (5, 20). In zukünftigen Experimenten sollen optimierte Versuchsparameter für die Knorpel- und Knochendarstellung erarbeitet werden. Es konnte jedoch schon jetzt gezeigt werden, dass es einen Röntgenkontrastmechanismus für Knorpelgewebe gibt. Dies eröffnet die Möglichkeit, durch Entwicklung einer Schnittbildtechnik ähnlich der konventionellen Computertomographie, Überlagerungsphänomene zu eliminieren, wie sie bei der Gelenkknorpeldarstellung von geschlossenen Gelenken (Abb. 2) existieren. Der Kontrastmechanismus der konventionellen, im klinischen Alltag eingesetzten Röntgentechnik basiert ausschließlich auf Absorption. Die Vorteile von DEI liegen in der hohen Auflösung und dem speziellen Kontrastmechanismus, welcher neben der Absorption zusätzliche Bildinformation durch Beugung

und Extinktion erzeugt. Dadurch ist es möglich, sowohl Knorpeldefekte als auch strukturelle Veränderungen darzustellen. Der Kontrastmechanismus für Extinktion und Brechung besitzt eine andere Energieabhängigkeit als die Absorption. Auch bei hohen Energien gehen die Bildinformationen, die auf Extinktion und Brechung basieren, nicht verloren. Dies führt zu einer geringeren Strahlenbelastung. Anders ist es bei der konventionellen, ausschließlich auf Absorption basierenden Röntgentechnik. Hier ist die sogenannte Weichteilaufnahme durch die notwendigerweise verringerte Stahlenenergie zwangsläufig mit einer entsprechenden Dosiserhöhung verbunden. Gegenwärtig wird DEI ausschließlich mit Synchrotronstrahlung durchgeführt. Daraus erklärt sich die zur Zeit rein wissenschaftliche Anwendung. Aktuelle Untersuchungen sollen zu einem besseren Verständnis der Kontrastmechanismen durch gleichzeitige histochemische und biochemische Analyse führen. Zudem sollen tierexperimentelle Untersuchungen durchgeführt werden, um die Möglichkeit einer Verlaufskontrolle degenerativer Gelenkleiden, wie der Osteoarthritis, zu evaluieren. Prinzipiell ist jedoch DEI nicht an die Synchrotronstrahlung gebunden. Durch die Entwicklung einer DEI-Anlage mit eigener, vom Synchrotron unabhängiger Strahlenquelle, wäre ein klinischer Einsatz möglich. So beschäftigen sich andere Forschergruppen derzeit intensiv mit der Anwendung von DEI bei der Mammographie und Brustkrebsfrüherkennung (9). n Danksagung Die Arbeit wurde unterstützt vom NIH (Grants 2-P50 AR 39239 (MA,JM,KK,CM), AR 48292 (KK, CM, LC), GM59395-01 (LC)), USAMRMC Grant DAMD 17-99-1-927 (LC), US DOE DE-AC02-76CH00016 (LC), und einem Stipendium der Max-Kade-Foundation (MA). Desweiteren möchten wir dem Gift of Hope Organ and Tissue Donor Network, Elmhurst, Illinois, USA, und deren Familien der Organspender danken.

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