Spectrochimica Acts, 1963,Vol. 10,pp. 1541to 1557.Per$pmon PressLtd. Frilltedin NorthernIreland
Darstellung von Molekiilschwingungen mit einem elektronischen Analogrechner LEO
BECKMANN,
LISELOTTE
G~TJAHR,
Institut fur Elektrowerkstoffe, (Received Abstract-The
design and performance
REINHARD
MECKE
Freiburg i.Br.
2 1 Novenzber 1962) of an analog computer
for molecular
vibrations
is
described. The computer solves the differential equation of vibrating molecules (L? = -CFS) and is able to calculate simultaneously all its normal frequencies with an error of less than 0.3 per cent. The computer is used to study the effects of various force constants of the potential function of the molecule and to calculate sets of force constants, which explain the observed molecular vibration frequencies. An application of the computer to the planar vibrations of C0s2- is described. PROBLEMSTELLUNG ZuaI Verstandnis und zur Interpretation der Molekiilschwingungsspektren geht man allgemein von einer Modellvorstellung iiber das betrachtete Molekul aus. Fur die chemisch orientierte Interpretation sieht man das Molekiil als ein System von Atomen (Massepunkten) an, die durch Bindungskrafte-beschrieben durch ihre Kraftkonstanten-verkniipft sind, wobei sich das Interesse ganz auf diese Kraftkonstanten konzentriert. Hier ergeben sich nun zwei Schwierigkeiten: einmal enthalt der vollstandige Susdruck fur das Potential eines Molekiils fast immer mehr Kraftkonstanten als es Molektilschwingungen gibt, namlich m(m + 1)/Z Kraftkonstanten gegenuber m Molekiil-Eigenfrequenzen. Nur in Molekiilem mit Symmetrieelementen ist die Zahl der unabhangigen Kraftkonstanten geringer. Die Moleki_ilschwingungsspekt~ren-Infrarot und Ramanspektrum-liefern also im allgemeinen nicht genug Bestimmungsstiicke, urn alle miiglichen Kraftkonstanten eines Molekiils zu berechnen. Abgesehen von den Fallen, in denen isotope Molektile zusatzliche Frequenzen liefern, ist die notwendige Konsequenz, dass uber einen Teil der Kraftkonstanten Annahmen gemacht werden miissen, die der Interpretation bereits vorgreifen und sie u.U. ganz verfalschen konnen. Urn die Ergebnisse zu sichern, sollten diese zusatzlichen Annahmen in verniinftigen Grenzen variiert werden, die zu berechnenden Kraftkonstanten also als Funktionen der angenommenen Parameter ermittelt werden, damit schliesslich eine physikalisch sinnvolle Losung durch Vergleich gefunden werden kann. Ein solches Arbeitsverfahren setzt aber voraus, dass eine einfache Methode gegeben ist, urn passende Satze von Kraftkonstanten aus den Schwingungsfrequenzen zu berechnen. Darin liegt aber nun die zweite Schwierigkeit ; schon die grundlegende Problemstellung, die Berechnung der Frequenzen aus den vorgegebenen Kraftkonstanten und der Molekiilgeometrie, verlangt einen erheblichen Rechenaufwand, der bei grosseren als dreiatomigen 1511
1542
LEO BECKIYIANN, LISELOTTE GUTJAHR, REINHARDMECKE
Molekiilen nur noch mit modernen Rechenhilfsmitteln bewaltigt werden kann. Zwar konnen die Symmetrieelemente von Molekiilen zur Faktorisierung der Eigenwertmatrix herangezogen werden, doch bleibt such dann noch ein erhebliches Rechenpensum. Fiir die Berechnung der Kraftkonstanten aus den vorgebenen Frequenzen ist man aber im wesentlichen darauf angewiesen, einen zunachst probeweisen Potentialansatz solange systematisch zu variieren,’ bis er zusammen mit der bekannten Molekulgeometrie die beobachteten Eigenfrequenzen liefert. Indem dies nun wieder die Durchrechnung vieler einzelner Modellansatze bedeutet und der Rechenaufwand sprunghaft ansteigt, ist im allgemeinen nioht an eine weitere Variation von Modellparametern im oben skizzierten Sinn zu denken, wenn nicht Rechenmaschinen bereitstehen, die derartige umfangreiche Programme in verniinftiger Zeit bewaltigen. Es hat sich gezeigt, dass das beim Verzicht auf grosse Genauigkeit in zufriedenstellender Weise mit Hilfe elektronischer Analogrechenverfahren mijglich ist [ 11. Ein entsprechendes Gerat fiir Probleme mit vorlaufig bis zu 9 Schwingungsfreiheitsgraden (Koordinaten) wurde inzwischen im Institut fiir Elektrowerkstoffe im wesentlichen fertiggestellt. RECHENVERFAHREN 1.
Formulierung
Fur die Formulierung der Gleichungen fiir das schwingende Molekiil sei von den sog. inneren Verriickungskoordinaten des Molekiils ausgegangen, das sind die Anderungen der Bindungslangen und der Bindungswinkel. Diese Koordinaten haben den Vorzug, dass in ihnen die potentielle Energie eine besonders iibersichtliche Form annimmt (MECKE [a], WILSON et al. [3]). Die Gesamtheit der inneren Koordinaten si bildet den Vektor S. Zur Formulierung der Bewegungsgleichungen werden Ausdriicke fiir die kinetische und die potentielle Energie des Molekiils benotigt. Die Zusammenhange zu den Koordinaten bzw. deren Ableitungen vermitteln die Matrizen F und G, wobei 2V = S’FS
27’ =
!? =FS
3T
&li
oder i%
7
as
(1) =
G-$
und l7 die potentielle und T die kinetische Energie ist. Aus Griinden, die weiter unten offensichtlich werden, wird statt der Matrix G-l der kinetischen Energie die zu ihr inverse Matrix G aufgestellt, wozu WILSON verhaltnismassig einfach auszuwertende Tabellen ([3] 5.303 ff.) angegeben hat. Fur die Elemente der Matrix F kiinnen in “nullter Naherung” nur rohe mutmassliche Werte angegeben werden. L. BECKMANN und E. FUNK,Ein Analogrechner zur Drtrstellung van Molekiilschwingungen, J’pectrochim. Acta 17, 361 (1961). [Z] R. MECKE,Leipziger Vortrtige S.23 ff. Hirzel, Leipzig (1931). [3] E. BRIGHT WILSON,JR., J. C. DECIUS und R. C. CROSS,Molecular Vibrations S.54 ff. McGrawHill, New York (1955). [l]
Darst.ellung van Molekiilschwingungen mit einem elektronischen Analogrechner
Die Newtonsche Bewegungsgleichung T gesohrieben werden
kann mit den obigen Ausdriicken fiir V und
G-+j + FS = 0
(2)
oder fi = -GFS In dieser Form ist das Produkt nicht G-l aufgestellt wurde.
1543
(3)
der Matrizen G und F enthalten,
weshalb G und
2. LBsung mit Anulogrechner WLhrend die numerische Liisung der Gleichung (3) nun so vorgenommen wird, dass ein periodischer Ansatz substituiert wird, der sie auf einen Satz algebraisoher
Rechenelement einer
-a-
Variablen
Rechenelement einer
Variablen
zur Multipiikation mit zur iiber
der Konstanten
a
Jntegrotion die Zeii
Abb. 1. Verkniipfung van Rechenelementen fiir die Ldsung der Differentialgleichung j: = -gfx durch Integration. Es werden “Koefiientenelemente” und “Integratoren” beniitigt.
Gleichungen zuriiokfiihrt, gestatten elektronische Analogrechner die direkte Li5sung der Differentialgleichung durch Integration. Zur Erlguterung dieses Verfahrens-fiir ausfiihrliche Darstellungen der analogen Rechentechnik muss auf die einschlggigen Lehrbiicher verwiesen werden (z.B. [4, 5])-sei zuntichst der eindimensionale Fall betrachtet, also eine Gleichung z = -gjx
(4)
mit einer Unbekannten IL’und den Koeffizienten g und f. Eine Maschine zur Lijsung dieser Gleichung kann angegeben werden, weml es (fiir geeignete Variablen) Gergte gibt, die die Multiplikation der Variabeln mit Konstanten und solche, die die Differentiation der Variabeln nach der Zeit leisten. Die Differentiation kann such durch eine Integration ersetzt werden, wenn statt der Variabeln it der Gleiohung (4) die Grijsse u = P betrachtet wird. Die Verkniipfung solcher Rechenelemerlte zu einem Analogrechner fiir Gleichung (4) ist in Abb. 1 schematisch dargestellt. Als Rechenelemente kommen heute elektronische Einrichtungen in Frage, die die Blteren mechanischen Anordungen [6] praktisch ganz verdrlngt haben. Abb. 1 stellt dann eine elektrische Schaltung dar. A. S. JACKSON,Analog Computatio?z. McGraw-Hill, New York (1960). [5) G. A. KORN und T. M. KORN, Electronic Analog CompzLters. McGraw-Hill, New York (1956). [6] V. BVSH und A. H. C.&DWELL, J. B”raskl,in Inst. 240, 255 (1945). [4]
1544
LEO BECKMANN, LISELOTTE GTTTJAHR,REINHARD MECKE
Die wichtigsten Rechenelemente des elektronischen Analogrechners-Koeffizientenelement und Integrator-sind in Abb. 2 dargestellt. Ihr zentraler Baustein ist ein Spannungs-Verstarker mit sehr hohem negativem Verstkkungsfaktor - V = 1Os, der mit einem Widerstand bzw. einem Kondensator iiberbriickt ist und 104.. .
Spannungsversttirker
mit
au, - V#lO@ -au,= Abb. 2. Die wichtigsten Rechenelemente des elektronischen Anrtlogrechners. Die Giiltigkeit der recht,s angegebenen Beziehungen wird durch Einsatz von SpannungsverstBrkern erzwungen.
iiber einen Eingangswiderstand gespeist wird. Fiir die Ermittlung der Eigenschaften einer solchen Schaltung beachtet man: (1) Ein Spannungsverstarker nimmt keinen Eingangsstrom auf. Ein Strom, der in die Eingangsschaltung fliesst, muss durch den Uberbriickungswiderstand abfliessen. (2) Wegen des hohen Verstarkungsfaktors ist die Eingangsspannung fur alle Ausgangsspannungen praktisch gleich null (Ubersteuerung sei nicht betrachtet). (3) Da die Spannung am Verstarkereingang praktisch gleioh null ist, konnen an diesen Stromknoten verschiedene Spannungen Ui iiber die Eingangswiderstande Ri riickwirkungsfrei zusammengefuhrt werden. Die Gleichungen der Abb. 2 gehen dann iiber in
fiir das Koeffizientenelement
(“Summator”)
und fur den Integrator (“summierender Integrator”). Berticksichtigt man den Vorzeichenwechsel in jedem Rechenelement, so kommt man fur die Anordnung der Abb. 1 zur Schaltung Abb. 3. Wenn 2 nicht explizit benotigt wird, dann kann die Schaltung erheblich vereinfacht werden (Abb. 4). Die
Darstellung
4 -x Abb.
van Molekiilschwingnngon
mit einem elektronischen
4
J
4
-gfx=ii
+ fx
J +x
-,$
Analogrechner
1545
4 -x
3. Analoge Rechenschaltung fiir die Gloichung 2 = -gj.x. Die Widcrst,&nde II, bzw. R, sind den KoefYizienten f und g reziprok.
b
4
- fx
X
4
+
+x
-i
,4bb. 4. Vereinfachte Rechenschaltung ftir die Gleichung f = -gjx. Die 3Iultiplikation mit dem Koeffizienten g erfolgt im Eingangskreis des ersten Integrators. 2 wird nicht explizit ausgerechnet.
Schaltung
hat die Eigenschaften $I=-
eines ungedgmpften 1 277
Oszillators auf der Frequenz
&I&
(7)
R7 ’ R, - CT-’ >
setzt man nun f = i&/R, und g = k.JR, dann ist (8) oder
v.
J(g!!;) = & dk!!f) =
v’
(9)
wobei v’ die Eigenfrequenz der Gleichung Z = -9fx ist. Die innerhalb gewisser Grenzen frei wshlbaren Parameter R,, R, und C kijnnen zusammen mit den Transformationskoeffizienten L, und k, so eingestellt werden, dass die Rechnerfrequenz v zur LGsungsfrequenz v’ der Gleichung (9) in einem runden Zahlenverhgltnis steht. Da die Frequenzen von Molekiilschwingungen gemeinhin in cm-l angegeben werden, wurde die Rechnerfrequenz so eingestellt, dass 1000 cm-l einer Rechnerfrequenz von 100 Hz entspricht. Das tatsgchliche Frequenzverhgltnis Molekiilschwingung zu Rechnerschwingung liegt also bei 3 . loll. Der Betrieb bei solchen fiir die Technik der elektronischen Analogrechner bereits recht hohen Frequenzen stellt hohe Anforderungen an die VerstSirker in den Rechenelementen. Verstgrker kijnnen nur dann in der Art der Abb. 2 iiberbriickt werden ohne in unkrontollierbare (gewiihnlich hochfrequente) Schwingungen auszubrechen, wenn die Phase der Verstgrkung bei keiner Frequenz, bei der der Betrag der Verstgrkung griisser als 1 ist, urn mehr als & 180” von der Phase 180’ (“negative Verst%rkund”) abweicht. Das zwingt dazu, die Rechenverstsrker so auszulegen, dass ihr Verst%rkungsfaktor etwa proportional mit der Frequenz abnimmt und kleiner als eins bei einer Frequenz wird, bei der die Phasenbedingung noch sicher eingehalten
1546
LEO BECKMANX, LISELOTTE GUTJAHR, REINHARD MECKE
werden kann . Da dies mit vertretbarem Aufwand nur bis zu einigen Megahertz gelingt, lassen sich bei Rechenverstarkern Verstarkungsfaktoren >104 nur unterhalb einiger hundert Hertz erreichen, sodass dort etwa die obere Grenze des nutzbaren Frequenzbereichs der elektronischen Analogrechner liegt. Es zeigt sich damit’ such, dass fiir hohere Rechengenaugikeit, die Verstarker mit grosserem Verstiirkungsfaktor bedingt, nach niedrigeren Frequenzen ausgewichen werden muss ([4], 5.454).
Die Schaltung Abb. 4 enthalt wie die zugrunde liegende Gleichung (4) kein Damp fungsglied. Sie sollte im Idealfall eine einmal aufgepragte Schwingung ohne weitere Amplitudenanderung beibehalten. Der praktische Aufbau bringt aber stets einwenn such kleines-positives oder negatives Dampfungsglied mit sich, sodass fiir Schwingungen mit konstanter Amplitude eine Amplitudenstabilisierung benotigt wird. Im Prinzip lassen sich dazu alle Methoden anwenden, die such fiir die Amplitudenregelung von Niederfrequenzgeneratoren herangezogen werden. Abb. 5 zeigt
Abb. 5. Amplitudenstabilisierte Selbsterregung der Schaltung von Abb. 4 durch leistungsabhgngige Briickenschaltung. Der Widerstand Rtl, mit hohem negativem Temperaturkoetiient erzeugt oin amplitudenabhiingiges Dgmpfungsglied.
eine geeignete Schaltung mit leistungsabhangigem Spannungsteiler zwischen gegenphasigen Ausgangen von x. Rtl, ist ein Widerstand mit hohem negativem Temperaturkoeffizienten (“NTC-Widerstand”, “Thernewid”). Sein Kaltwiderstand ist grosser als der Wert des Widerstandes R,, sodass die Spannung am Briickenabgriff a die Phase der Spannung -x hat. Die Riickfiihrung auf den Eingang des zweiten Integrators iiber R, bewirkt eine negative Dampfung, sodass die Schaltung sich auf ihrer Eigenfrequenz erregt. Mit zunehmender Amplitude erwarmt sich Rt,,, sein Widerstand wird kleiner, wodurch die Dampfung positiv wird bis sich Gleichgewicht einstellt . Die Amplitudenstabilisierung nach dem eben geschilderten Verfahren setzt voraus, dass die thermische Zeitkonstante des Widerstandes R,, gross gegen die Periodendauer der Schwingung ist. Das war mitbestimmend fiir die Wahl einer hohen Rechnerfrequenz. 3. Erweiterung auf mehrere Koordinaten Im mehrdimensionalen Fall, also fiir alle Molekiile mit mehr als 2 Atomen, stellt Gleichung (3) einen Sat’z von Differentialgleichungen dar, deren Verkniipfung durch die Matrizen F und G gegeben ist. Die Einzelgleichungen nehmen die Form an
(10)
Darstollung
van Molekiilschwingungen
mit. einem
elekt.ronischen
Analogrechner
1547
Neu gegeniiber der eindimensionalen Gleichung sind nur die Summationsoperationen, die aber, wie bei den Rechenelementen gezeigt wurde, ohne weiteres an den EingBngen von Rechenverstgrkern durchgefiihrt werden kiinnen. Dadurch kommt man wie sie Abb. 6 fiir ein Problem mit 3 Koordinaten zu Rechenschaltungen, zeigt . Abb. 6 ist in zweierlei Hinsicht vereinfacht. Einmal sind alle Dgmpfungseinrichtungen fortgelassen, zum anderen beriicksichtigt die Schaltung nur positive
Abb. 8. Analoge Rechenschltung tung ist aus Abb. 4 abgeleitet;
flir ein l’roblem in 3 Koordinaten. Die Schaldie KoeEiziontenelemente sind zu KoeffizientenMatrizen erweitertj.
Matrixelemente fii und gij, wLhrend in beiden Matrizen ausserhalb der Diagonalen negative Werte vorkommen kiinnen. Urn solche Glieder zu beriicksichtigen, miissen an den MatrixeingBngen such die negativen, also die gegenphasigen, Spannungen die mit angeboten werden. Das erfordert 2 weitere Siitze von Rechenverstgrkern, gleiohen Widerstanden im Eingangs- und Uberbriickungskreis beschaltet werden und die Multiplikation mit - 1 bewirken. Da die Rechenschaltungen fiir Probleme mit mehreren Koordinaten rasch kompliziert und uniibersichtlich werden, sol1 fiir das folgende eine vereinfachte Darstellungsweise in “Matrix-Blockschaltbildern” verwendet werden. Dabei wird jede Operation auf den Vektor der Koordinaten durch einen Operatorkasten symbolisiert, der entsprechend gekennzeichnet ist. Dass es sich urn Matrixoperationen handelt wird dadurch angedeutet, dass Eingang und Ausgang senkrecht zueinander Solche Matrix-Blockschaltbilder haben neben der besseren gezeichnet werden. obersichtlichkeit den Vorteil, dass sie unmittelbar aus der Matrixform der mathematischen Formulierung des Problems abgeleitet werden kiinnen : Abb. 7 stellt das ungedgmpfte System dar. Fiir die Ermittlung der Eigenfrequenzen dieses Systems war zun%chst so gearbeitet worden, dass alle Koordinaten schwach gedBmpft wurden und mit Hilfe eines
1.548
LEO BECKMANN, LISELOTTE GUTJAHR, REINHARD MECKE
Generators die Resonanzstellen dieses passiven Systems ermittelt wurden. Wahrend dieses Verfahren den Modellcharakter des Analogrechners betont,-der Generator simuliert den Monochromator, der Rechner das Molekiil-ist es in der Praxis ganz unbefriedigend. Bei der fiir ausreichend scharfe Resonanz notigen geringen Dampfung miissen lange Einschwingzeiten abgewartet werden, sodass die Ermittlung einer einzigen Eigenfrequenz langer als eine Minute dauert. Fiir die oben skizzierten Variationsaufgaben ist dieses System vie1 zu schwerfallig, vielmehr muss angestrebt
Abb.
7. Matrix-Blockschaltbild zu~ vereinfachten der Rechenschaltung Abb. 6.
Darstellung
werden, dass alle Eigenfrequenzen simultan angezeigt werden, wozu das System in allen Normalschwingungen gleichzeitig (stabil!) erregt sein muss. Die dazu nijtigen Einrichtungen seien nachfolgend beschrieben. Die Einfiihrung einer automatischen Dampfung fur die Stabilisierung der Schwingungsamplitude gelingt nicht in der gleichen einfachen Weise wie im eindimensionalen Fall, da die inneren Koordinaten si an den einzelnen Eigenschwingungen mit verschiedener Amplitude und Phase beteiligt sind. 1st & ein Satz von Koordinaten, deren jede einer und nur einer Eigenschwingung zugeordnet ist (Normalkoordinaten), dann vermittelt eine Matrix L den Zusammenhang zum Vektor S der inneren Koordinaten : S =LQ bzw. Q = L-IS (11) Urn eine einzelne Normalschwingung anzuregen und ihre Amplitude zu stabilisieren, muss zunachst die betreffende Normalkoordinate Qk gebildet werden, aus der dann analog zu der Methode nach Abb. 5 ein Dampfungssignal fiir die beteiligten inneren Koordinaten si gewonnen werden kann. Zur Bildung der k-ten Normalkoordinate Qk wird aber der k-te Zeilenvektor der Matrix L-1 benotigt. Es kann gezeigt werden, dass der Vektor der Amplitude11 Ai, der inneren Koordinate11 si von fi = -GFS in der k-ten Eigenfrequenz bis auf einen Normierungsfaktor mit dem k-ten Spaltenvektor der Matrix L iibereinstimmt, wahrend der k-te Zeilenvektor der Matrix L-lwiederum bis auf einen Normierungsfaktor den Amplitudenvektor der Variabeln si der Beziehung :: S=
-FG8
(12)
Darstellung van Molekiilschwingungen
in der k-ten Eigenfrequenz
mit einem elektronischen Analogrechner
1549
darstellt (zum Beweis siehe WILSON et al. [3], S.309-310).
Wegen $ = -GFS
F8 = -FGFS
oder findet man
g = FS
d.h., die Amplituden des Vektors FS liefern die Koeffizienten fiir die Transformation von den inneren auf die Normalkoordinaten. Damit ergibt sich das folgende Arbeitsschema fiir die Anregung des Systems auf seine Normalschwingungen : Zuerst werden alle (inneren) Koordinaten so gedbmpft, Dann wird eine Linearkombination aus den dass keine Schwingungen auftreten. Koordinaten gebildet und einer Schaltung zur Amplitudenstabilisierung zugefiihrt,
-
R+,
Abb. 8. Schaltung fiir die Erregung einer Normalschwingung eines Mohrkoordinatensystems. Die gewiinschte Schwingung wird mit Hilfe der Schalter ausgewlhlt. Fiir die simultane Erregung aller TLNormalschwingungen wird die Schaltung n fach ben6tigt. Briickenausgang wie in Abb. 5 Dampfungssignale fiir die beteiligten Koordinaten abgenommen werden. Fiir Koordinaten mit negativem (gegenphasigem) Beitrag zur jeweiligen Schwingung muss das Dampfungsglied von einem gegenphasigen Ausgang abgenommen werden (Abb. 8). Wenn die eingestellte Linearkombination such nur eine ganz grobe (z.B. nur vorzeichenrichtige) Naherung an einen Zeilenvektor der Matrix L-l darstellt, wird bereits eine stabile Normalschwingung des FS Vektors gemessen und erhalten. Nun kiinnen das Amplitudenverhaltnis danach die genauen Transformationskoeffizienten eingestellt werden. Die so gewonnene Normalkoordinate kann jetzt getrennt von allen anderen behandelt werden und wird zunachst einmal (selektiv!) gedampft urn das Auffinden der ubrigen Eigenfrequenzen zu erleichtern. Sind alle Eigenschwingungen ermittelt, dann ist zugleich such die vollstandige Transformationsmatrix L-l-allerdings ohne Normierungeingestellt. An ihrem Ausgang werden die Normalkoordinaten erhalten, die jetzt such alle gleichzeitig angeregt werden konnen, wobei aus jeder ein Dampfungssignal abgeleitet wird, das iiber eine Matrix D auf die Dampfungseingange der inneren Koordinaten gelangt. D transformiert Q in $ und ware demnach identisch mit L, doch geniigt, fur die Praxis eine ganz grobe Naherung durch eine Matrix, deren an deren
1550
LEO BECKMANN, LISELOTTE GUTJAHR, REINHARD MECKE
Elemente auf die Werte -1, 0 oder +l beschrankt sind und die mit L-l vorzeichengleich ist. Das entsprechende Matrixschaltbild zeigt Abb. 9. In der eben diskutierten Form sind die Stabilisierungsschaltungen ganz aus praktischen Uberlegungen abgeleitet und entprechen nicht der mathematischen Formulierung fiir die amplitudenstabile Schwingung fur die sich schreiben lasst 8 = wenn
A0 der
Vektor
-GFS -D(@-A&&
der mittleren
quadratischen
ordinaten ist. Hiernach waren die Dampfungsglieder
I
Sollamplituden
(13) der Normalko-
aus 4 abzuleiten und mit den
IS
Abb. 9. Matrix-Blockschaltbild fiir die analoge Darstellung von Molekiilschwingungen mit Stabilisierung der Amplituden der Xormalschwingungen. Der mit AA bezeichnete Operationsblock symbolisiert die Schaltung fur den Amplitudenvergleich, der ein passendes Diimpfungssignal liefert, das zusammen mit -S am zweiten Integratorblock summiert wird.
Komponenten
von
GFS zusummieren,
wahrend in den Schaltungen
Abb.
Abb. 9 die Dampfung am Vektor Q abgenommen und mit $ summiert wird. auf den Summationspunkt lasst sich fur diese Schaltung formulieren ti =
-J
8 bzw. Bezogen
GFSdt- D(@ -A,)&
(14)
woraus Gleichung (13) durch Differentiation hervorgeht. Daher bleibt der Unterschied fiir das Verhalten der Schaltungen unerheblich, und die zu Gleichung (14) gehijrige Schaltung Abb. 9 wurde wegen des etwas geringeren Aufwandes vorgezogen (sie beniitigt nur Q und nicht such Q). Schliesslich ware darauf hinzuweisen,
dass
der Ausdruck (@ - AJQ durch die Schaltung mit leistungsabhangigem Widerstand nur approximiert wird und die Darstellung mit den gebrauchlichen Bausteinen des elektronischen Analogrechners einen sehr vie1 hoheren Aufwand erfordern wiirde, wobei allerdings such die Beschrankung auf Frequenzen der Grossenodnung 10 Hz und dariiber entfiele. 4.
Frequenzmessung
Fur die genaue Frequenzmessung kommen nur digitale Methoden in Frage, wobei mit einem elektronischen Zahlgerat entweder die Zahl der Schwingungen gezahlt wird, die in einem Zeitabschnitt von z.B. 1 oder 10 Sek fallt, oder die Dauer einer Periode durch Auszahlen mit hochfrequenten Impulsen bestimmt wird. Kommerzielle Zahlgerate sind gewijhnlich fiir beide Verfahren eingerichtet. Die zweite
Darstellung von Molekiilschwingungen
mit einem elektronischen Analogrechner
1551
Methode liefert bei den hier vorkommenden Frequenzen in kiirzerer Zeit genaue Ergebnisse, besonders wenn noch iiber eine grossere Zahl von Perioden gemittelt wird. In der Anwendung auf die Modellschwingung entspricht die Anzeige in Millisekunden der Wellenlange der Molekiilschwingung in ,u. Eine simultane Anzeige aller Eigenfrequenzen nach diesem Verfahren ist nicht sinnvoll; einmal ware der hohe Aufwand nicht zu verantworten, zum anderen interessieren fiir die Variation der Modellparameter weniger die absoluten Modellfrequenzen als vielmehr ihre Abweichungen von den Sollwerten. Zu deren Messung wurde das folgende System entwickelt: (Abb. 10).
Abb. 10. Blockschaltbild eines Frequenzmessers, der die relative Abweichung einer Frequenz von der Sollfrequenz anzeigt. Tr = Trigger, UV = Univibrator, Sch = Elektronischer Schalter. Q ist die einstellbare Einschaltdauer des Univibrators.
Abb. 11. Zeitlicher Verlauf der Ausgangsspannung des Univibrators in Abb. 10. Der Univibrator wird in jeder Periode (2~ Periodendauer) von & angestossen und bleibt jeweils fur die Zeit T,, eingeschaltet.
An der Normalkoordinate Q wird das Eigenfrequenzsignal abgenommen und zunachst mit einer Triggerstufe in ein Rechtecksignal umgeformt. Aus diesem werden scharfe Impulse abgeleitet, die einen Univibrator starten, dessen Einschaltentsteht ein Signal dauer prazise eingestellt werden kann. Am Univibratorausgang von der Form der Abb. 11 mit positiver Spannung wahrend der Einschaltzeit 70 des Univibrators, jeweils alle 27 Sek. wenn 27 die Periodendauer der Eigenfrequenz ist. Dieses Signal betatigt einen elektronischen Schalter, der die Polaritat eines Stromes i, entsprechend umschaltet. Der mittlere Strom i wird To
-
7
i = i, - ___
(15)
7
oder wegen
&=f
und
$=f,, 0
i=i
.-f-f0 O fo
(16)
1552
LEO BECKMANN, LISELOTTE GUTJAKR, REINHARD MECKE
i ist der relativen Differenz zwisohen der Signalfrequenz f und der in Form der halben Periodendauer T,, eingestellten Sollfrequenz f,, proportional und wird mit einem Milliamperemeter gemessen. Mit derartigen Frequenzmessern kann ein Potentialansatz in relativ kurzer Zeit so von Hand variiert werden, dass die Modellfrequenen bis auf wenige Promille mit den Sollwerten iibereinstimmen. Fiir 5 Eigenfrequenzen-z.B. die ebenen Schwingungen eines vieratomigen sternfijrmig gebauten Molekiils-wird rund eine Viertelstunde benijtigt; bei einiger fjbung geniigen wenige Minuten. Diese Zeit steigt natiirlich mit der Zahl der Koordinaten sehr stark an; fiir umfangreichere Aufgaben liegt es nahe, nach einer Methode zur automatischen Variation der Kraftkonstanten zu suchen. 5. Variation des Potentialansatzes Grundlage jeder systemntischen Variation von Kraftkonstanten ist deren relativer Einfluss auf die einzelnen Normalfrequenzen, der durch die sg. JacobiMatrix J beschrieben wird, deren Elemente die Grossen (17) Dabei kennzeichnet j,, die Abhangigkeit der k-ten Eigenfrequenz vlc von der l-ten Kraftkonstante (fij)l. Kraftkonstanten, die aus Symmetriegriinden untereinander gleich sein mussen, seien dabei zusammengefasst, sodass (fij)l die I-t’e Gruppe von m unabhangigen Kraftkonstanten ist. In einem System von n Koordinaten hat die Matrix J n Zeilen und m Spalten. Bildet die Gesamtheit der (fij)l den Vektor II und die der Eigenfrequenzen vk den Vektor A, dann lasst sich symbolisch schreiben: AA = JAH
(18)
Danach bedeutet die Losung der VTariationsaufgabe die Inversion der Matrix J, was nur mijglich ist,, wenn J auf quadratische Form gebracht wird, also iiber einen Teil der unabhangigen Kraftkonstanten zusatzliche Annahmen gemacht werden. Das ist fur das folgende vorausgesetzt, wobei H eine Auswahl von n aus m verschiedenen (f,j)l sein ~011. Die Losung der Matrixgleichung (18) gelingt nach dem Schema der Figur 12 (nach JACKSON [4], S. 336) wobei aus Grtinden, auf die hier nicht &her eigegangen werden kann, von der Differentialgleichung d -,AIl=JAn:-AA
(19
ausgegangen wird, die im station&en Grenzfall (d/dt = 0) in Gleichung (18) iibergeht. Die Schaltung Abb. 12 liefert nur dann eine stabile Losung, wenn die Matrix J positiv definit ist. Das wird im allgemeinen aber nicht der Fall sein. Es muss dann auf das Schema der Abb. 13 erweitert werden, wobei zunachst mit der transponierten (gesttirzten) Matrix multipliziert wird. Die resultierende Matrix ist immer positiv definit und gibt daher eine stabile Losung, die an passender Stelle abgegriffen wird [4,
51.
Es sei nun die Funktion des Matrixblocks J in Abb. 12 bzw. Abb. 13 allgemeiner betrachtet. J transformiert die Potentialvariation AH in eine Frequenzvariation
Darstellung
von Molekiilschwingungen
mit einem eloktronischen Analogrechner AIT
1553
1,
$ AI-r= J’( JATFAA) Abb. 12. Matrix-Blockschaltbild fur die L&sung einer Matrixgleichung. Piir eine stabile Losung muss J posit’iv d&nit sein.
Abb. 13. Allgomein anu-endbare Rechonschaltung fur die Losung von Matrixgleichungen. Die Schaltung erzwingt eine positiv definite Matrix durch Multiplikation von J mit der transponierton J’.
AA; J stellt also die Matrixform der ijbertragungsfunktion der Rechenschaltung nach Abb. 9 dar, wenn diese als Operationsblock 4 mit dem durch die Matrix F (oder dem daraus gebildeten Vektor Ii) beschriebenem Potential als Eingangsgrosse und der daraus zusammen mit der Molekiilgeometrie ermittelte Vektor A der Eigenfrequenzen als Ausgangsgriisse angesehen wird (Abb. 14). Dann kann aber such die Rechenschaltung (Abb. 9) direkt an die Stelle der Matrix J in Abb. 12 treten, wobei nur fiir geeignete Eingangsschaltungen (fur II) und Ausgangsschaltungen (fur A) gesorgt werden muss. Sind diese als gegeben vorausgesetzt, so ergibt sich unter Verwendung des Operationsblocks 4 die Schaltung Abb. 15. Diese Schaltung lost die Gleichung fiir cl -$-I+n-A, die fur d/dt
=
0 in
A,, = @I
iibergeht.
Wiederum ist die Schaltung nur dann stabil, wenn die Matrix der tfbertragungsfunktion (b positiv definit ist. Fur diesen Fall hat die Gesamtschaltung das MatrixBlockschaltbild Abb. 16. In Abb. 16 ist die Einrichtung fiir die Ubertragung des lr
’
-@ I lr
0
3 m
t---n, =
-P
Abb. 14. Symbolische Darstellung des Rechners Abb. 9 als Operationsblock fur die Gewinnung eines Eigenfrequenzvcktors A aus einem Potentialvektor II.
11
Abb. 15. Matrix-Blockschaltbild fur die Bereohnung eines Potentialvektors II aus vorgegebenen Eigenfrequenzcn mit dem Operationsblock 4 nach Fig. 14. A, ist der Vektor der Sollfroquenzon.
1554
LEO BECKMANN, LISELOTTE GUTJARR, REINHARD MECKE
Potentialvektors n auf die Rechenschaltung durch den Matrixblock M symbolisiert. Aus praktischen Griinden iibertrggt M nur die Korrekturwerte des Potentials und arbeitet zu diesem Zweck parallel zur Matrix F. Da M die Multiplikation der Variabeln S mit den Variabeln An vermittelt, sind seine Elemente “Multiplikatoren” fiir die Multiplikation von Variabeln untereinander und nicht einfach, wie in allen fiir die Multiplikation von Variabeln bisherigen Matrizen “Koeffizientenelemente” mit Konstanten. Der Unterschied ist fiir den elektronischen Bnalogrechner sehr erheblich: Der Schaltungsaufwand fiir einen Multiplikator ist sehr vie1 griisser als
L
Abb. 16. Matrix-Blockschaltbild zur autom&ischen Variation dcs PotenCalanDcr Matrixoperator M iibertrggt die satzes fiir vorgegebene Eigenfrequenzen. Korrektrwwerte fiir das Potential auf die Rechcnschaltung und liegt deshalb funktionsmiissig parallel zur Matrix F.
der fiir ein Koefflzientenelement. Fiir das hier beschriebene Gergt sind die entsprechenden Einrichtungen z.Z. noch in Bau, doch haben Vorversuche die Brauchbarkeit des Prinzips bewiesen. Der mit AA gekemlzeichnete Block aus Abb. lci stellt die oben beschriebene Frequenzmesseinrichtung dar. Da dieser ein Signal fiir die rclutive Frequenzdifferenz liefert, l&t die Schaltung die Gleichung
(21) die wiederum fiir cl/& = 0 in A, = @‘I iibergeht. Abb. 16 enthglt noch die Beschr%nkung auf eine positiv definite Matrix der ubertragungsfunktion 4. Sol1 diese Einschr&nkung nicht gelten so muss in Analogie zu Abb. 13 vor dem Integratorblock eine Operation mit der Matrix J’ eingeschaltet werden (die Elemente sind mit Hilfe der Frequenzmesser leicht zu bestimmen). Eine solche Zusatzeinrichtung ist nicht unbedingt erforderlich ; in fast allen FBllen diirfte es gelingen, die Schaltung durch passende Umstellung der Komponenten des Vektors n und Vorzeichenwechsel auf der linken Seite von Gleichung (21) zu stabilisieren und dadurch eine weitere aufwendige Matrixoperation einzusparen.
Darstellung
van Molekiilschwingungen
RECHENGENAUIGKEIT
mit einem elektronischen Analogrechner
1555
TTNDANWENDUNGSBF,ISPIELE
Die Genauigkeit mit der tin Analogrechner arbeitet, hgngt von einer Reihe verschiedener Faktoren ab und kann fiir eine komplexe Anlage, wie sie oben beschrieben wurde, nicht mehr sicher vorausgesagt werden. Eine _4bsch&tzung aus den haupts%chlichen Fehlerursachen, wie endlicher Verst&rkungsfaktor der Rechenverst&rker, ungenaue Widerst$nde und Kondensatoren in den Rechenkreisen sowie der Einfluss von Streukapazitsten, l&St eine Rechengenauigkeit auf besser als 1 Prozent in den Eigenvektoren erwart’en, sodass die Eigenfrequenzen auf mindestens 0,s Prozent genau erhalten wiirden. In Tabelle 1 ist am Beispiel einiger isotoper Molekiile von BF, und BCl, die praktisch erreichte Rechengenauigkeit demonstriert. Alle hier aufgefiihrten Molekiile haben die Symmetrie D,,, ; cs gibt 5 cbcne Schwingungen, von denen je 2 entartet am Ucispiel Tabelle 1. Rechengenauigkeit des Analogrechners fiir Molekiilschwingungen einiger isotoper Molckiile van BCl, und BF,. Die Rechenergebnissc des Analogrechners (ist) sind mit den mit’ Hilfv eines Digitalrechners ermittelten genauen Frequenzen (~011)der 5 obenen Kormalschwinpnngcn verglichen Frequenzen in cm-l. Molekiil
B’°F3’g Bl’F,l”
sol1
885,3
1497,:~
1497,3
ist,
887,O 888,3 888,7 474,6 473,8 461,6 460,2
1300,5
1497,9
1443,9
1443,9
1446,5
1442,0
sol1 ist,
B11C133S
sol1 ist
B’1C1337
E”
E’
AI
sol1 ist
961,8
961,8
963,9
962,5
957.1
957,l
959,l
957,3
483,2 482,7 481,4 480,9 218,7 219,7 213,2 214,9
483,2 483,4 481,4 481,7 218,7 219,9 213,2 215,2
sind. Unter Ausnutzung der Symmetrie kiinnen die Eigenfrequenzen hier noch verh<nism&ssig einfach numerisch ausgerechnet werden. Diese genauen, numerisch ermittelten, Eigenfrequenzen sind in Tabelle 1 den Werten gegentibergestellt, die mit dem Analogrechner erhalten wurden. Die Abweichungen bleiben unter 0,2 Prozent bzw. unter 2 cm-l absoluter Frequenzdifferenz, je nachdem welche Toleranzgrenze weiter ist. Tabelle 1 zeigt such, dass sich die Isotopieeffekte deutlich aus den Fehlergrenzen herausheben. Als Beispiel fiir eine Anwendung des Rechners, bei der ein Potentialansatz systematisch variiert wurde, sind im Folgenden die ebenen Schwingungen des Karbonat-Ions C032- betrachtet. Dss Molekiil hat drei ebene Schwingungen, eine totalsymmetrische (A,) bei 1060 cm-l und zwei entartete (E’ und E”) bei 710 und bei 1420 cm-l[7]. Zur Erkl%rung dieser Frequenzen wurde ein Potentialansatz mit 4 verschiedenen Kraftkonstanten gewghlt ; diese sind (1.) eine Bindungskraftkonstante f, fiir die C-0-Bindungen; wegen des vollen Valenzausgleichs im C0,2p-Ion ist fiir f, ein Wert zu erwarten, der einer l+fach Bindung entspricht, also vielleicht zwischen 7 und 8 mdyn,lA betragen wird. Ferner wird (2.) eine Winkelkraftkonstante fa angesetzt sowie (3.) eine Wechselwirkungskraftkonstante f,., zwischen den Bindungsl8ngen und (4.) eine Wechselwirkung f,, zwischen jeder Bindungsl&nge und [7] C. DCVAL
nnd J. LECOMTE,
Bull. sm. chim. Fra,nce
10, 517 (1943).
1556
LEO BECKIVANN, LISELOTTE GUTJAHR, REINHARD MECKE
dem gegeniiberliegenden Winkel. Wegen der verschiedenen Dimension von Langen und Winkeln, die als innere Koordinaten auftreten, haben such die Elemente der Matrix F verschiedene Dimensionen. Zum besseren Vergleich untereinander werden die Winkelkraftkonstanten auf die angrenzenden Bindungslangen bezogen und dadurch ebenfalls auf die Dimension mdyn/A gebracht. Durch systematisches Probieren konnen mit dem Analogrechner nun SLtze von Kraftkonstanten ermittelt werden, die beobachteten Frequenzen erklaren. Eine Auswahl solcher “passenden” Kraftkonstanten zeigt Tabelle 2 ; die Bestimmung der Werte einer Zeile aus Tabelle 2 nimmt am Analogrechner nur einige Minuten in Anspruch, wenn die ungefahren Kraftkonstanten erst einmal aufgefunden sind. Tabelle 2 kann so aufgefasst werden, dass jeweils drei Kraftkonstanten VOII der vierten festgelegt werden, doch ist der Bereich, in dem alle Kraftkonstanten verTabelle 2. Kraftkonstanten zur Erkliirung der ebenen Schwingungen des Karbonations COs2-. Alle Kraftkonstanten in mdyn/A, bezogen auf den C-O -Abstand van 1,313 A [S].
7,060
1,154
1,760
-0,381
7,310
1,092
1,640
-0,457
7,505
1,048
1,530
-0,533
7,683
1,018
1,445
-0,609
7,850
0,994
1,365
-0,685
8,001
0,977
1,285
-0.761
niinftige Werte annehmen, nur klein, wenn man in Betracht zieht, dass f, kaum grossere Werte als 8 mdyn/A annehmen wird und andererseits z.B. ein Wert von 1,5 mdyn/A fiir die Wechselwirkungskonstante f,, bereits auffallig gross ist. Danach konnten die Werte aus der 4. oder 5. Zeile von Tabelle 2 als brauchbar angesehen werden. Fur eine der Kraftkonstantenkombinationen aus Tabelle 2 wurden die Eigenfrequenzen wieder zur Kontrolle der Rechengenauigkeit such numerisch ausgerechnet. Die Abweichung lag bei allen Frequenzen unter 0,3 Prozent. Die grosse Leistungsfahigkeit des hier beschriebenen Analogrechners, dessen Anwendung nicht auf das engere Gebeit der Modellberechnung von Molekiilschwingungen beschrankt ist, wird mit einem erheblichen elektronischen Aufwand erkauft. Abb. 17 zeigt eine Vorderansicht des Gerats im derzeitigen Baustadium noch ohne die Einrichtungen zur automatischen Variation der Kraftkonstanten, und Abb. 18 zeigt die Anordnung der Rechnenelemente auf der Riickseite. Fiir jede Koordinate werden allein 5 Rechenverstarker in der Grundschaltung zur L&sung der Schwingungsgleichung benotigt, dazu kommen 4 Verstarker fur die Bildung der Normalkoordinate und die Amplitudenstabilisierung, und der Aufwand fiir die Frequenzmesser Die speziell fiir das Gerat entspricht dem von 3 weiteren Rechenverstarkern. [8] L. E. SUTTON, Tables of Interatowh The Chemical Society, London (1958).
Distances
and Conjguration
in Molecules
and
Ions.
Abb. 17. Gesamtansicht des Rechengeriits fiir Molekiilschwingungen Koordinaten. Ganz links die F-Matrix, ganz rechts die G-Matrix, Bedienungsfelder und die L-lMatrix.
in bis zu 9 dazwischen
1556
Abb.
18. Anordnung der Rechenverst&rker des Rechners (Ausschnitt).
auf der Riickseite
Darstellung
von Molekiilschwingungen
mit einem elektronischen
Analogrechner
1557
entwickelten Rechenverstarker sind je nach Anwendung mit 2 bzw. 3 Rijhren besttickt und-wie aus Abb. 18 ersichtlich-in Gruppen zu 10 montiert. Das Gerat fiir 9 Koordinaten enthalt rund 300 Rijhren in den Rechen- und Steuereinrichtungen und nimmt zusammen mit den Anzeigegeraten iiber 3 kW auf. Ein hoher Aufwand liegt such in den Elementen der Mat’rizen F und G, fiir die nur Prazisionspotentiometer und eng tolerierte Widerstande mit kleinen Temperaturkoeffizienten verwendet werden konnen.