EIccrrochimico
Aeta.
1973,Vol. 18, pp. 175-183. Pergamon Press. Printed n Great Britain.
DYNAMISCHE STROMDICHTEUND KAPAZITh;TSMESSUNGEN BE1 DER ERFASSUNG VON ELEKTROCHEMISCHEN ADSORPTIONSREAKTIONEN AN DER NICKELELEKTRODE H. J.
und H. G.
RXTZER-SCHEIBE
FELLER
Institut fiir Metallphysik der Technischen UniversitBt, Berlin (Eingegangen am 10. April 1972). Zllsammenfassung-Es werden experimentelle Zusammenhinge von potentiodynamisch gemessenen Stromdichte- und Kapazitlts-Potentialkurven der Ni-Elektrode in wassrigen Elektrolyten mit theoretischen Ableitungen einer einfachen Durchtrittsreaktion erkltirt. Dabei kann die spezilische Wirkung der SO:-- und HSOT-Ionen der Schwefelslure im transpassiven Potentialbereich mit Hilfe von Kapaz,ititsmessungen nachgewiesen werden. Geringe Mengen von F--1onen in der Schwefeltiure haben einen starken EinIIuB auf die elektrochemischen Vorg%nge in diesem Rereich.
Im basischen Elektrolyten (KOH) wird das Stromdichteverhalten bei der Redoxreaktion Ni(OH), zu NiOOH mit Hilfe der Methode der Dreieckspannungsmessung untersucht.
von
Abstract-The experimental relations between potentiodynamically measured current-density/and capacitance/potential curves of the Ni electrode arc explained by theoretical derivations of a simple charge-transfer reaction. In the transpassive potential region, the specific influence of SO:- and HSO, ions of the sulphuric acid electrolyte has been demonstrated by capacitance measurements. Even small additions of Fions to the solution have a great influence on the electrochemical processes at higher potentials. The fast potential-sweep method has been used to study the current density related to the redox reaction between Ni(OH), and NiOOH that take place in alkaline solution. VERSUCHSANORDNUNG
EINLEITUNG Ausgangspunkt
der
hier
angestellten
Untersu-
chungen sind theoretische Untersuchungen[l ,2J iiber das dynamische Stromdichte-und KapazitBtsverhalten von einfachen elektrochemischen Durchtrittsreaktionen bei zeitlich linearer Anderung des Potentials. Will und Knorrp, 41 konnten bei Adsorptionsuntersuchungen van Wasserstoff und Sauerstoff an edlen Metallelektroden erstmals such experimentell z.T. diese theoretischen Ableitungen bestltigen. Einen entsprechenden Zusammenhang mit der Theorie stellte such Wend@, 61 bei dynamischen Polarisationsmessungen an dem System Nickel in 1n HaSO fest. Die Messungen in den genannten Arbeiten[2-51 be&r&&en sich dabei auf die Erfassung der dynamischen Stromdichteabhlngigkeit. Wendt[6, 71 entwickelte eine MeDmethode, mit der such eine dynamische Registrierung von Kapazitlts-Potentialkurven mijglich ist. Durch den zusltzlichen Vergleich der experimentellen und theoretischen Ergebnisse der kapazitiven Komponente kijnnen weitere Aussagen iiber ablaufende Phasengrenzreaktionen gemacht werden. EA Vol. 18 No. 2-D
Uber das MeDprinzip und die verwendete Versuchsanordnung ist schon ausgiebig berichtet worden&71, weshalb deren Beschreibung hier nicht in allen Einzelheiten wiederholt werden ~011.
1. Me&elle
Die elektrochemische MeOzelle besteht aus der MeR, Bezugs- und Gegenelektrode. Die vor jedem Versuch feingeschliffene Nickelprobe (Reinheit 99,998X) und das groBfl&chige Platin-Netz als Gegenelektrode sind zylindersymmetrisch aufgebaut. Als Elektrolyte dieaten Schwefelsaure und Kalilauge bei 25°C. Das Potential wird iiher eine Haber-LugginKapillare bei dem sauren Schwefelslure-Elektrolyten mit einer Quecksilbersulfat (Hg/Hg,S04 ges., KzSOI ges.)-Bezugselektrode (CrH= + 656 mV), bei den basischen EIektrolytlijsungen mit einer Kalomel (Hg/H&C% ges., KC1 ges.)-Eezugselektrode ( UH = +244mV) bestimmt. Die angegebenen Potentiale U, sind auf die Normalwasserstoffelektrode bezogen. 175
RKTZER-SCHEIBE UNDH. G. FELLER
176 2. Elektrische
Me&mordnung
Mit der vorhandenen Apparatur kijnnen gleichzeitig Stromdichte-PotentiaIkurven und ImpedanzPotentialkurven mit Hilfe von Koordinatenschreibern potentiodynamisch registriert werden.[6, 71 Eei den schnelleren Potential;inderungen der Dreieckspannungsmessungen erfolgt die Aufzeichnung der MeBgrGBen oszillographisch[5]. Die Stromdichte kann zus&zlich direkt logarithmisch erfaBt werden. Zur Eestimmung der Impedanz der Phasengrenze fest/tXissig wird ein phasenempfindlicher Gleichrichter (Princeton Applied Research/HR 8) verwendet. Dieser kann aus der Phasenverschiebung einer tiberlagerten Wechselspannung kleiner Amplitude und des entsprechenden Wechselstromes, der iiber die Phasengrenze flieBt, die ohmsche (I&) und die kapazitive (C,) Komponente der in Abb. 1 dargestellten Parallelschaltung bestimmen.
Abb. 1. Me&&Ben Rp, C, und einfaches Ersatzschaltbild der Phasengcenze. 3. Ersatzschaltbild
ah Phasengrenze
Die quantitativen Auswertungen der Messungen werden insofern erschwert, da von dem meBtechnisch erfaBten Ersatzschaltbld auf das tatstihlich vorliegende Ersatzschaltibild geschlossen werden muB. In Abb. 1 ist ein stark vereinfachtes Ersatzschaltbild (Parallelschaltung aus dem Widerstand R und der Kapazitlt C) dargestellt, welches niherungsweise bei so speziellen Elektrodenzustanden wie der Passivitiit&91 oder bei Vorhandensein einer reinen Pseudokapazitat als Folge einer elektrochemischen Adsorptionsreaktion[lO-121 angenommen werden kann. Zu herticksichtigen ist noch der unvermeidbare Elektrolytwiderstand Re. Selbst bei Annahme eines so stark vereinfachten Ersatzschaltbildes, sind die Beziehungen zwischen seinen Komponenten und den meatechnisch erfaBten GriiBen Cp und Rp noch relativkompliziert. Unterderzusltzlichen Voraussetzung, daB die GriiBen R, C und RE selbst frequenzunabh&ngig sind, kann folgender Zusammenhang[&9] angegeben werden RE + R + Re(wCR)* (RE + R)’ + ReZ(wCR)’
’ (‘)
R2 G = C (Re +_ RI+ + R,Z(wCR)f,
(2)
Leitwert Gp = $
Kv-itBt
Kreisfrequenz
p
=
w = 2rrf, f = Frequenz.
Bei den hier durchgefuhrten Untersuchungen be&rat&ten wir uns auf die Messung der Parallelkapazitat C, in Abhlngigkeit vom Potential und der Frequenz, da die Restimmung des Leitwertes Gp keine zu&zlichen quahtativen Erkenntnisse lieferte. in Abb. 2 ist fit die Ni-Elektrode in 1 N KOH bei dem Potential Vu = 624 mV der charakteristische Cp-Verlauf als Funktion der Frequenz f nach (1)
Ni in InKOH
Abb. 2. Frequenzabh%n&keit
der Parallelkapazitat
C, .
dargestellt. Die MeBwerte und die aus den Parametern C, R und Rg (Angahe der Werte in Abb. 2) berechneten Kurven stimmen gut iiberein. Die hohen Kapazitatswerte deuten darauf hin, daB in dem ausgewahlten Potentialhereich eine Pseudokapazitit vorliegt. Ftir den Passivbereich der NiElektrode hatte Wendt[7] schon die Verwendung von (1) und (2) best&t&. Fiir kleinere Frequenzen (f-c 100 Hz) und der Redingung fur die Widerstande, R $ Re , stimmt die gemessene Kapazitlt C, angenahert mit der kapazitiven Komponente C der Phasengrenze iiberein. Vorausgesetzt, da13ein Ersatzschaltbild wie in Abb. 1 angenommen werden kann. ist damit eine direkte Auskunft tiber die Kapazitat C der Phasengrenze m6glich. Aus diesem Grunde wurde bei den folgenden Messungen 95 Hz als iibliche MeBfrequenz ausgewahlt. Die ablaufenden elektrochemischen Reaktionen an einer Elektrode sind in der Regel jedock meist komplizierter und das zugeordnete Ersatzschaltbild kann nicht so einfach wie in Abb. 1 angegeben werden. Eine quantitative Auswertung der gemessenen Werte wird damit noch schwieriger. Aus diesen Griinden interessieren bei den hier dargelegten Untersuchungen die Absolutwerte der gemessenen Kapazitlts-Potentialkurven nur in einem geringen Mak Die fehlende exakte Kenntnis des Rauhigkeitsfaktors von Metalloberfkhen macht aher ohnehin die genaue Angahe von solchen GroLkn problematisch.
Dynamische Stromdichte- und Kapazittitsmessungen THEORElTSCHE
GRUNDLAGEN
dessen Potentiallage
Von Srinivasan und Gileadi[l] wurde in einer theoretischen Abhandlung die elektrochemische Durchtrittsreaktion von der Form A”-
,1
177
A.a. + ze k-1
untersucht. Die Reaktionspartner sollen sich dabei direkt auf der Elektrodenobe&iche befinden. A&rdem wird vorausgesetzt, daB der Ablauf der elektrochemischen Adsorptionsreaktion (3) nicht durch den Teilchentransport infolge der Diffusion von vor- oder nachgelagerten Reaktionen beeinflul3t wird. Die Stromdichte-Potentialbeziehung fiir eine solche Durchtrittsreaktion (3) kann wie folgt formuliert werden
V,)
1;
(4)
Z = Stromdichte, B = Bedeckungsgrad, U = Elektrodenpotential bezogen auf eine Bezugselektrode (z.B. Notial-Wasserstoff-Elektrode in dieser Arbeit), kl, k _ 1, a, z, F, R, T und &, haben die in der Elektrochemie iibliche Bedeutung. Zwischen der Stromdichte Z und der Pseudokapazitgt C&O-121 einer Adsorptionsreaktion hesteht der Zusammenhang
RT
k-1
UM=Uo-tzlnk
i
unabhZingig von dU/dt ist. & ist die beniitigte Ladungsmenge fti eine vollsttidige Oberfliichenbedeckung (8 = 1). Die maximale Pseudokapazitat CT ist, nach (5) und (71, (9) 2. Vernd&issignung
der Riickreaktion-“Tafel-
Miherung ”
In diesem Fall verl&uft die Riickreaktion so langSam, daf3 sie vemachl&ssigt werden kann. In Anlehnung an die Bezeichnungsweise von Wendt[S-71 wird dieser Reaktionsfall in den folgenden Ausfiihrungen h%uf?g “irreversible Adsorptionsreaktion ” genannt, obwohl im eigentlichen thermodynamischen Sinne keine Irreversibilitiit vorliegen mu& Die Potentiallage der maximalen Stromdichte z
M
=_.QoazF e RT
zeigt eine logarithmische
dU
Abhlngigkeit
cl,=UO+$Fln$!+~Fln~. Der Betrag des kapazitiven
(10)
.dt’
von dUldr,
1 Maximums
cpm:= = _a . _QozF e
Srinivasan und Gileadi[l] untersuchten die Stromdichte-PotentialabhPngigkeit (4) fti zwei spezielle Reaktionsbedingungen und den allgemeinen Fall bei instationaer potentiostatischer Spannungsvorgabe u=u=+ (Potentialgeschwindigkeit dU/dt = const.). Dabei interessiert hauptstichlich das Stromdichtemaximum Zkl und dessen Potentiallage UM. Nach (5) mu13 die Potentiallage der maximalen Stromdichte und des kapazitiven Maximums C, iibereinstimmen, wenn dU/dt = const. ist.
(11)
RT
ist kleiner als im Fall des Quasi-Gleichgewichtes
(12) (9).
3. Allgemeiner Fall Die unter 1. und 2. behandelten Reaktionsverllufe stellen gewisse Grenzfdle mit vereinfachten Annahmen dar. Der allgemeine Fall liegt dazwischen. Aus (4) erg&en sich komplitierte Differentialgleichungen, die von Srinivasan und Gileadi[l] fti bestimmte vorgegebene Parameter numerisch ausgewertet wurden. ERGEBNISSE UND DISKUSSION 1. Dynamisches Kapazit&sverhalten der Ni-Elektrode in Schwefelsiiure im transpassiven Potentialbereich
1. Quasi-Gleichgewich
t
Die Reaktion (3) sol1 in heiden Realctionsrichtungen nicht gehemmt sein, so dal3 sich der jeweilige Gleichgewichtszustand sofort einstellen kann. Die NPherungen ergeben ein Stromdichtemaximum z
M
_
QozFSJ 4RT
dt
Bei dynamischen Stromdichteund Kapazitiitsmessungen an Ni in 1 N HtS04 beobachtete Wendt[6,7], ein charakteristisches kapazitives Maximum in transpassiven Potentialbereich, das in den entsprechenden Stromdichte-Potentialkurven nicht sichtbar ausgebildet ist (Abb. 3). Dabei zeigte sich als interessantes Ergebnis, da0 sich die Potentiallage dieses Maximums linear mit dem Logarithmus der
178
FUTZER-SCHEIBE
UND H.
G. FELLER
KSO-
CP
! -
ar
---‘-
v/h
1 Vh sv/h
t=m*
00
Abb. 4. Potentiallage U, des kapazitiven Maximums in Abhtingigkeit von der Potentialgeschwindigkeit dU/dt.
00
4
cl
:
0
500
U” mo
w nm
Abb. 3. Stromdichte I(U) und Parallelkapaziti~ Cp(U) bei verschiedenen Potentialgeschwindigkeiten dU/dt. Potentialgeschwindigkeit dU/dt zu hiiheren Werten verschiebt. In anderem Zusammenhang ist gezeigt worden[7, 131, dai3 das kapazitive Maximum der NiElektrode in Schwefels;iure hei den Potentiallagen des transpassiven Bereiches spezifisch fiir die SOa-- und HSOi-Ionen der sChwefels&tre sein mu& da es in Perchloraure nicht ausgebildet wird. Bei der Variation der Konzentration der Schwefels&re ergibt sich such bei hiiheren pH-Werten ein linearer Zusammenhang zwischen der Potentiallage U, des Maximums und dem log dUldt (Abb. 4). Aus dem Vergleich mit der abgeleiteten Beziehung von Srinivasan und Gileadi[l] (11) kann das Produkt aus dem Durchtrittsfaktor a und der Elektrodenreaktionswertigkeit z der irreversiblen bestimmt werden. Als Adsorptionsreaktion Mittelwert erwt man aus den vier Streigungen in Abb. 4 az = 0,39. (13)
lIIp” 95
Abb. 5.
1
pH-AbUngigkeit der Potentiallage kapazitiven Maximums.
U, des
Dynarnische Stromdichte- und Kapazititsmessungen Etei der ilblichen Annahme von 0,3 < a < 0,7 kann damit auf einen E&rag der Ladungszahl z = 1, der an der Adsorptionsreaktion beteiligten Ionensorte geschlossen werden. Aus Abb. 4 wird sichtbar, daB eine Verschiebung der Geraden mit steigendem pH-Wert zu hiiheren Potentialen statttidet. Urn diese Abhgngigkeit zu erfassen, sind in Abb. 5 die Potentiallagen U. der kapazitiven Maxima als Funktion des pH-Wertes wobei die Potentialgeschwindiglceit aufgetragen, dU/dt Parameter ist. Es ergibt sich angenghert ein linearer Zusammenhang zwischen U, und dem pH-Wert. Die Geraden fti die einzelnen Potentialgeschwindigkeiten verlaufen in etwa parallel. Aber noch eine weitere interessante Erkenntnis ergibt sich ftir das kapazitive Maximum Z bei Variation des pH-Wertes (Abb. 6). Der Betrag des ausgepriigten kapazitiven Maximums nimmt mit wachsendem pH-Wert ab. Bei pH = 1,9 ist das Maximum nur noch schwach angedeutet. Allgemein kann daraus geschlossen werden, da13 nur unterhalb eines pH-Wertes von 2 in Schwefelstiure das kapazitive Maximum, das die beschriebene Abhiingigkeit von der Potentialgeschwindigkeit zeigt, mel3bar ausgebildet wird. Wegen der gemessenen Ladungszahl z = 1 wird von beiden Anionen der Schwefelsaure nur das HSOT-Ion an einer Adsorptionsreaktion teilhaben k&men. Diese Erkenntnis findet noch eine weitere Bestltigung, wenn der etwas kompliziertere Dissoziationsmechanismus der SchwefelsBure[ 141 beriicksichtigt wird. Als Anionen liegen in 1 N
5
H‘ id=
cm
179
HzS04 hauptstichlich HSOr-Ionen vor. Der Anteil der SO:--1onen betr;igt nur etwa 2,3 %. Mit abnehmender Konzentration der S&e, d.h. zunehrnendem pH-Wert, w%chst der Prozentsatz der SO:-Ionen und der von HSOI-Ionen nimmt entsprechend ab. Bei einem pH-Wert der Schwefelsa&ure von etwa 1,9 haben die Sot--1onen und die HSOTIonen einen Anteil von je 50%. Diese Abnahme des KonzentrationsverhUtnisses der HSOT-Ionen zu den SOi--1onen in Schwefelslure mit wachsendem pH-Wert erklkt die entsprechende gemessene Abnahme des maximalen Kapazitltsbetrages in Abb. 6, wenn die Reaktionspartner an der Adsorptionsreaktion beteiligt sind. Die allgemeinen Untersuchungen iiber Adsorptionsreaktionen mit Vemachliissigung der Riickreaktion (( 10) bis (12)) kiinnen auf diesen Spezialfall iibertragen werden. Nach (3) kann die vermutete irreversible Adsorptionsreaktion wie folgt formuliert werden M+HSOz
$
-
RY
I
M(HSO&.
+ e.
(14)
dLwr=o.rVrr,
\ \!
gL1; I =95 If.?
PO-
-500
Abb. 6. Potentialabhlngigkeit der Parallelkapazitlt verschiedenen pH-Werten.
txi
0
I(#
loo0
l5w
Abb. 7. EinfiuD der Fluoridionen auf die I-UH-Kurven und C&Y,-Kurve von Ni in Schwefelskre.
RATZERSCHEIBE UND
180
M stellt dabei einen Adsorptionsplatz auf der Oxidschicht dar, da die gemessenen Vorg&nge bei Potentialen nach der einsetzenden Passivierung stattfinden.
H. G. FELLER
u, fiil
2. EinfG@ von Fhoridionen Bei Zusatz von F--Ionen in dem schwefelsauren Elektrolyten wird ein starkes Anwachsen der Kapazitat unter gleichzeitiger Erhiihung der anodischen Stromdichte bei Potentialen zwischen 500 und 1500 mV(nWE) beobachtet (Abb. 7 und 8). Aus energetischen Griinden sind die F--1onen bei Potentialen < 500 mV nicht spezifisch adsorbiert und beeinflussen somit such nicht das anodische Verhalten von Ni in Schwefelsaure. Der wachsende elektrostatische Energieanteil ermbglicht bei Erhiihung des Potentials ab Potentiallagen > 500 mV den Eintritt der F-Ionen in die innere Helmholtzschicht.[ 131
“F
1=9 HZ
+1oJnF-
Abb. 9. Potentiallage UC des kapazitiven Maximums in Abhanglgkeit von der Potentialgeschwindigkeit d U/dt bei der Ni-Elektrode in 1 N HzS04 mit und ohne Zusatz von Fluoridionen.
---
Qfu91 fvh
I .,.._..._ 0 -.__
lllh
51(h
0
_ .._.._
myh
500
4fbfl l&m
l!mo
Abb. 8. Kapazitives Maximum bei Zusatz von Fluoridionen in Abhlngigkeit von der Potentialgeschwindigkeit. Andere Autoren[lS-171 finden such bei hijheren Polarisationsspannungen eine aktivierende Wirkung der F--Ionen, die stiirker als bei Cl--1onen sein kann. Sie erkkiren dieses Verhalten mit der GriiBe der F--1onen und ihrer Tendenz, mit der Passivschicht Komplexbindungen einzugehen. Bedingt durch den kleinen Radius der Fluoride (rF- = I,34 A), der noch kleiner als derjenige der OH --Ionen (rOH- = I,54 A) ist, kijnnen diese leichter in die innere Helmholtzschicht eindringen und andere Ionen von ihren Adsorptionsplltzen verdrangen. In Abb. 8 und Abb. 9 wird die Verschiebung der Potentiallagen der kapazitiven Maxima mit wachsender Potentialgeschwindigkeit fiIr den Fall der reinen 1 N H&O4 und bei Zusatz von 10 --3 n KF verglichen. Die Potentiallagen der Maxima bei den zwei
verschiedenen Elektrolyten sind fiir bestimmte Potentialgeschwindigkeiten nicht identisch (s. z.B. die zwei verschiedenen Cp&-Kurven fur dU/& = 1 V/h in Abb. 8). Lediglich die MeBpunkte bei dU]dt = 0,l V/h stimmen iiberein. Bei den anderen Werten von dU/dt besteht eine Potentialverschiebung von etwa 30-70mV. Auch bei anwesenden Fluoridionen ergibt sich angenahert ein linearer Zusammenhang zwischen der maximalen Potentiallage und dem Logarithmus der Potentialgeschwindigkeit (dU/dt > 1 V/h). Aus der grijberen Steigung der Geraden bei zugesetzten F--1onen errechnet sich mit (11) fiir a, z der Wert 0,36. Die starkenVer&nderungen des transpassiven Verhaltens von Ni in Schwefelsaure schon bei geringem Zusatz von Fluoridionen lassen vermuten, da13 die F--1onen selbst an einer irreversiblen Adsorptionsreaktion beteiligt sind, wie sie in (14) fiir die HSOa-Ionen formuliert wurde. Der hohe Maximalwert der gemessenen Parallelkapazitlt kann mit Hilfe von (12) erkl~t werden. Bei der Bedeckung einer OberlXache durch F--1onen wird, bedingt durch deren kleinen Ionenradius, die Ladungsdichte Q,, griil3er sein als bei einfach geladenen Anionen mit grol3em Durchmesser. Eine griil3ere Ladungsdichte Q. bedeutet nach (10) und (12) aber eine Erhiihung der maximalen Stromdichte und Kapazitslt, wie sie such beobachtet wird.
181
Dynamische Stromdichte- und Kapazititsmessungen 3. Dynamiwhes Stromdichteverhulten tride in Kalilauge
a%r Ni-Elek-
Abbildung 10 zeigt die unterschiedlichen Stromdichte-Potentialkurven von Nickel in Schwefelsiiure bzw. Kalilauge. Die Stromdichte von Ni in I N KOH zeigt nicht den charakteristischen Anstieg der MetallauflGsung mit anschliel3endem Abfall im passiven Bereich, wie er bei sauren Elektrolyten bekannt ist.
M/In
..-..-
vm
10
..
5
._._._
2y/h
----
I V/h
-qrvm
KON
V/h
I
Abb. 11. Stromdichte-Potentialkurven
hei verschiedenen Potentialgeschwindigkeiten.
adhal ______
40
d
Jo00
500
Abb. 10. Vergleich der I- QKurven
ylfmV1 _. JSOO
fiir Ni-Elektroden in
einem sauren und basischen Elektrolyten.
Nach Weininger und BreiterE18, 191 wird die Nickelobetiche durch Bildung einer l-2 molekularen Ni(OH),-Schicht passiviert (Potentiallage -650 mV in Abb. 10, Danach wird die Stromdichte durch erneute Wasserstoffentwicklung bzw. Sauerstoffreduktion wieder kurzzeitig kathodisch. Bei den relativ kleinen Stromdichten im Potentialbereich zwischen -250 und +500 mV(nWE) wird die Oxydationsreaktion zu Ni(OH)2 durch die Beweglichkeit der Ni2 +-Ionen durch die HydroxydSchicht aufrechterhalten[20]. Das Stromdichtemaximum bei 600 mV ist die Folge der Weiteroxydation des primslr gebildeten Nickel-Hydroxydes zu Oxyhydroxyd[lS]. Dafiir kann folgende Reaktionsgleichung angegeben werden Ni(OHj2 + OH-
_
NiOOH + Hz0 + e. (15)
Bei Potentiallagen ab 625 mV iiberwiegt bei der Stromdichte die Sauerstoffentwicklung[21-231. Der Betrag des Stromdichtemaximums bei dem Potential U, = +6OO mV (Abb. 10) ist von der Potentialgeschwindigkeit dUfdt abhtingig. Abbildung 11 z&t die Zunahme des Stromdichtepealcs mit wachsendem dU/dt bei 1 N KOH. Von besonderem
Interesse ist die Tatsache, daD dabei die Potentiallage (ca 600 mv) des Maximums unvertidert bleibt. Die Kinetik der Reaktion muB dabei einen anderen Charakter haben, als diejenige, welche das kapazitive Maximum (Abb. 3) im System Ni/H2S04 verursacht, da dort eine logarithm&he Abhiingigkeit (Abb. 4) der maximalen Potentiallage von dU/dt gefunden wird. Ein Vergleich mit den theoretischen Untersuchungen iiber elektrochemische Aclsorptionsreaktionen (7) und (8) z&t rein qualitativ, da13 eine reversihel verlaufende Reaktion das Stromdichteverhalten hervorrufen kijnnte. Zur weiteren Untersuchung bei hijheren Potentialgeschwindigkeiten wird zus&lich die Dreieckspannungsmessung verwendet. Dieses Me&erfahren ist zuerst von Will und Knorr[3,4] beschriehen worden. Andere Autoren[S, 24,251 venvendeten diese Methode such schon bei dynamischen Stromdichtemessungen an Nickelelektroden. Die Abb. 12 z&t eine Auswahl von Oszillogrammen der Stromdichte bei verschiedenen Potentialgeschwindigkeiten (0.04 V/s < dU/dt < 2 V/s). Die Aufnahmen wurden jeweils nach einigen Potentialdurchlaufen gemacht, nachdem sich ein stationtier Zustand eingestellt hat. Beim anodischen Stromdichtemaximum erfolgt die Oxydation von Ni(OH)2 zu NiO(OH) und beim kathodischen Maximum die entsprechende Reduktion. Wie schon fti die relative kleinen Potentialgeschwindigkeiten (dU/df < 10 V/h in Abb. 11) zeigt sich such bei griiBeren dUfdt keine Abhtigigkeit der Potentiallage (ca 600 mV) des anodischen
182
RXTZER-SC~EIBE UNIJH. G. FELLER
-800 -400
0
Abb. 12. Dreieckspannungsmessungen
40
800 4#hfl
von I(U) bei verschiedenen
Potentialgeschwindigkeiten.
Stromdichtemaximums von Potentialgeder schwindigkeit. lm kathodlschen Fall der Reduktion verschiebt sich dagegen die Lage des StromdlchtePeaks mit zuuehmender Potentialgeschwindigkeit (Abb. 12) etwas zu negativeren Potentialen. Die auftretende Hysterese AhuH der Potentiallagen der Stromdichtemaxlma fti den Fall des Vor- und Riicklaufes des Potentials weist darauf hin, da13 der Reaktionsablauf von (15) nicht viillig reversibel sein kanu. Die Stromdichtemaxima zeigen sowohl beim Potentialvorlauf wie such beim Rticklauf eine Zunabme der Stromdlchte IM mit wachsender Potential~schwiudigkeit. Dieser Zusammenbang wurde such schon bei den langsamer durchfahrenen I- Un-Kurven (Abb. 11) festgestellt. Im folgenden soll versucht werden, such eine quantitative ~hereinstimmung dieser Ergebnisse mit dem Verhalten einer elektrochemischen Adsorptionsreaktion im Grenzfall des Quasi-Gleichgewichts o-(9) zu erreichen. Dazu ist in Abb. 13 die maximale Stromdichte L als Funktion von dU/dr iu log-log-Darstellung aufgetragen. Eeim Vorlauf erglbt sich fti die maximale Stromdichte ZMr,die Rezlehuug 0.81 (16)
angenommene Reaktion (15) nicht viillig reversibel verli%uft, da nach den Angaben von Srinivasan und Gileadi[l] fti das Quasi-Gleichgewicht einer Durchtrittsreaktion (7) ein linearer Zusammenhang zwischen IM und dU/dt vorliegen sollte. Der griibere I,-Wert bei dUjdt = 0,04 und 0,2 V/s in Abb. 12 ist die Folge der Unsymmetrie des Anstiegs bzw. Abfalls der Dreiecksspaunung bei dem verwendeten Funktions-Generator (B&t/303) fti die kleinen Frequenzen von f< 0,05 Hz. Die auftretenden Abweichungen wurden bei der Auswertung in Abb. 13 jeweils korrigiert.
und fiir den Rticklauf entsprechend kathodische Stromdichte IMr zu
Abb.
IMY
Auch
hieraus
kaun
=
die maximale
( 1O”l. g
geschlossen
werden,
(17) dab
die
Niin ?nKOH
13. Maximale Stromdichte Z,,, in Abh&ngigkeit von der Potentialgeschwindigkeit dlJ/dr.
Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind wir fti die Bereitstellung der Personal- und Sachmittel zu grol3em Dank verpflichtet.
Dynamische
Stromdichte-
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