Biochem. Physiol. Pflanzen 170, S. 211-216 (1976)
EinfluB von Cytokininen auf das plasmolytische Verhalten von Salvinia auriculata J. SONKA1) Abt. Biologie II der Universitat Ulm
Effect of Cytokinins on the Plasmolytic Behaviour of Salvinia auriculata Key Term Index: Cytokinins, strophantin, plasmolysis, potassium; Salvinia auriculata.
Summary The trichome cells of Salvinia auricula,ta show a biphasic dose-response dependence of the degree of plasmolysis (in 0.4 M KNO a) on the cytokinin concentration. Correlation between the changes of the degree of plasmolysis and potassium movements in and out of the cells seems evident. Results obtained with single cells are compared with previously published data on hypocotyles of Helianthus annuus (SONKA 1975).
Einleitung
In einer vorangegangenen Arbeit wurde eine Dosiswirkungskurve des Kinetins aufgestellt, die den EinfluB dieses Phytohormons auf den Kaliumhaushalt in den Hypokotylen von H dianthus annuus beschreibt (SONKA 1975). Aus den Ergebni'3sen dieser Arbeit konnte unter anderem gefolgert werden, daB: 1. mit der herkiimmlichen Versuchsmethode zur Untersuchung der Steuerung des Stofftransports nicht die nattirliche Transportsteuerung nachgeahmt werden kann, 2. die Ergebnisse als Reaktionen von Zellen des untersuchten Zellverbandes gedeutet werden kiinnen und Aussagen liber interzelllliare Wechselwirkungen nur durch abgeleitete Interpretationen miiglich sind. In der vorliegenden Arbeit soIl vor allem mit der plasmometrischen Methode gezeigt werden, daB die Dosiswirkungskurve des Kinetins und anderer Kinine ihre charakteristische Gestalt beibehalt, allch wenn indirekte Messungen der Kaliumbewegung an einzelnen Zellen erfolgen. FITTING (1915) hat nachgewiesen, daB die Veranderungen von Plasmolysegrad llnd Depla'3molysezeit bei Zellen von Majanthe1num bifolium, die llnter Einwirkung von kaliumhaltigen Salzen als osmotischer Ausgleich nach einer Vorbehandlung mit anderen Stoffen auftreten, durch Veranderungen der Kaliumgehalte verursacht werden. Trotz einiger methodischer Einwande (SITTE 1963) erscheint die Verwendung der Plasmometrie auch in der vorliegenden Untersuchung Qinnvoll. In den Arbeiten von FENG (1973) 1) Diese Arbeit ist ein Tei! der am Institut fiir Allgemeine Botanik Hamburg angefertigten Dissertation. Fiir wertvolle Unterstiitzung danke ich Herrn Prof. Dr. K. DORFFLING.
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J.
SO);KA
und PALTA und STADELMAN (1973) wird auch in neuester Zeit von ihr Gebrauch gemacht; dabei bedient sich FENG sogar Messungen bei der Deplasmolyse. Die Plasmometrie ist durchaus problemlos, solange nur die Plasmolyse (nicht die Deplasmolyse) verwendet wird, und zwar nur zu Messungen, die auf den Zustand vor der Plasmolyse schlieBen lassen. Dann gehen die eventuellen Ungenauigkeiten, die durch Strukturveranderungen in der Zelle (SITTE 1963) bedingt sind, nicht in die Ergebnisse eiu. Eine Moglichkeit der naheren Charakterisierung der Transportstellen fiir das Kalium bzw. eines Angriffspunktes der Cytokinine an ihnen sollte durch die Verwendung von Strophanthin gezeigt werden. Das Strophanthin wird fiir einen spezifischen Hemmstoff der K+-Na+- abh. ATPa'3e (EC 3.6.1.3) gehalten. Diese gilt wiederum als die Transportstelle des Kaliums und des Natriums in der Membran (SKOU 1960; POST 1968). Nebenwirkungen des Strophanthins wurden bisher nicht beobachtet. Die Strophanthin-Empfindlichkeit des K+ -Na+ -Haushaltes dient als Kriterium fiir den Nachweis der Existenz dieses Enzyms in verschiedenen Objekten (POST 1968; Vbersicht, auch die Pflanzen betreffend, vgl. BONTING 1970). . Material und Methodik Als Versuchspflanze wurde Salvinia auriculata verwendet. Zur Erhaltung wurden die Pflanzen auf Wasser uber alter Gartenerde gehalten. Vor den Experimenten wurden sie in einer vervollstandigten Knopschen Nahrliisung vermehrt. Zur Vorbehandlung mit den Wirkstoffen wurden einzelne Strange eines jungeren, noch nicht voll entwickelten Wasserblattes abgetrennt. Zu jeder Probe wurde eine Wasserkontrolle yom selben Wasserblatt angesetzt, beides in 2 m!. Vorbehandelt wurde mit reinen waBrigen Liisungen von Kinetin, Zeatin, Benzylaminopurin, Adenin, Furfurylamin und Strophanthin. Die Pflanzen wurden nach einer Vorbehandlungszeit zwischen 1/2 und 8 h (in Vorversuchen wurde keine Zeitabhangigkeit der Ergebnisse in diesem Intervall festgestellt) aus den beschriebenen Liisungen herausgenommen und mit 0,4 M KNO a bzw. mit 0,5 M Glucose auf Objekttriigern unterDeckglas 20 min plasmolysiert. Nach dieser Zeit ist die Plasmolyse abgeschlossen, so daB mehrere Zellen in der Probe gemessen werden kiinnen. Die einzelnen Zellen der Trichome sind wegen ihrer beinahe ideal zylindrischen Gestalt sehr gut zu plasmometrischen Messungen geeignet. Gemessen wurde die Lange der Zelle (lz) und die Lange des Protoplasten (lp). Um Fehler zu vermeiden, wurden nur Zellen mit regelmaBig plasmolysierten Protoplast en gemessen, d. h. der Protoplast durfte nicht in zwei Stucke getrennt sein oder konkav plasmolysierte Teile enthalten. Als MaBstab fur den Plasmolysegrad wurde das Verhiiltnis x = In/l z genommen. Durch diese Vereinfachung wird das MeB- und Auswertungsverfahren erheblich beschleunigt. Schon bei HUBER und HOFLER (1930) wird bei den Plasmolysemessungen an Salvinia die Berechnung der Volumina, die zur genauen Bestimmung der Plasmolysegrade fuhrt, vereinfacht. In der vorliegenden Arbeit zeigt sich, daB im Bereich der Plasmolysegrade, die durch eine Konzentration des Plasmolytikums hervorgerufen werdEn kiinnen, keine bedeutende Erhiihung der Streuung durch diese noch weitergehende Vereinfachung erfolgt. Da nur relative Veriinderungen des Plasmolysegrades verfolgt werden, kann diese Vereinfachung angewendet werden. 10~20 Zellen pro Probe wurden ausgemessen und der Mittelwert dieser Messungen ermittelt (x). Dieser wurde anschlie Bend mit dem Mittelwert der Paralleluntersuchung verglichen. Alle Werte (Xl' X2 , Xl ~X2 und die mittleren Fehler) werden in % der Zellange ausgedriickt. Direkte Messungen der Exosmose bzw. der Aufnahme von Kalium wurden flammenphotometrisch durchgefiihrt. Ganze Wasserblatter wurden in 2 ml Liisungsvolumina 3 h, wie bereits beschrieben, vorbehandelt. Nach der Herausnahme der Wasserblatter konnte die verbleibende Liisung auf Kalium
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untersucht werden. Diese Methode ist jedoch nur zum Vergleich geeignet, da dabei nicht Messungen an einzelnen Zellen gemacht werden. Die Zielsetzung der Arbeit konnte mit dieser gewiB einfachen Methode nicht erfiillt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Nach der beschriebenen Vorbehandlung wurde der Grad der Plasmolyse in 0,4 M KN0 3 bestimmt. In den Abb. 1 und 2 sind die entsprechenden Dosiswirkungskurven dargestellt. Bei den Cytokininen handelt es sich urn die typische, bereits fruher beobachtete Gestalt der Kurve (SONKA 1975). Bei dichter gewahlter Konzentrationsfolge beim Kinetin kommt besonders die Scharfe der Extrema und des Ubergangs zwischen ihnen zum Ausdruck. Dem Furfurylamin, einem Teil des Kinetinmolekuls, kommt, im Gegensatz zum Adenin, keine besondere Bedeutung zu (Abb. 3). Ebenfalls in der Abb. 3 ist die Dosiswirkungskurve des Strophanthins in derselben Versuchsanordnung dargestellt. DaB schon wahrend der Vorbehandlung die Exosmose bzw. die Resorption von Kaliumionen durch das Kinetin beeinfluBt werden, wurde durch direkte Messungen der Kaliummenge in der verbliebenen AuBenlOsung nach der Entfernung der vorbehandelten Pflanzenteile nachgewiesen. Die entsprechende Dosiswirkungskurve des Kinetins ist in der Abb. 4 dargestellt. Dieses Ergebnis beweist, daB die Dosiswirkungskurven der Cytokinine, die mit Hilfe der Plasmometrie gewonnen wurden, gleichzeitig auch Veranderungen des Kaliumgehaltes in der Zelle demonstrieren. Dies muBte nach den Versuchen von FITTING (1915) erwartet werden, der allerdings nur die Kinetik und nicht die Steuerung der beobachteten Prozesse untersuchte.
%Izr-----------------------------------------~ 3 kinetin zeatin
2
-1
-2
-3 -4
M Abb. 1. EinflufJ des Kinelins ( - - ) und des Zeatins auf den ( - - - ) Plasmolysegrad der Trichomzellen von Salvinia auriculala.. In 0,4 M KNO a, Dosiswirkungskurven. Angegeben sind relative Veriinderungen des Plasmolysegrades.
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Um festzustellcn, ob auch lloch wiihrend der Plasmoly~e Kinetin-bedingte Veranderungen des Kaliul1lgehaltes das Ergcbni~ bceinflussen, wurde ill einer Versuchsreihe mit 0,5 M Glucosc plasl1lolysiert. Die Dosiswirkungskurve des Kinetim fUr diesen Fall ist in der Abb. ;) dargestellt. Die biphasische Auspriigung ist hicr nicht so graB, wie bei den vorangegangencll Kurven. Es kann auf Grund dieses Versuchs als wahrschcinlich gelten, daB auch schon wahrend der Plasmolyse Veranderungen des Kaliumgehaltes bzw. der Zellsaftaktivitiit stattfinden und in das Ergebnis eingehen. Sie sind bei der Plasmolyse mit KN0 3 wahl gleichgerichtet mit denen bei der Vorbehandlung. Beim Strophanthin unter den gleichen Bedingungen ist ein Abstieg der Kurve sichtbar (Abb. 5), der jedoch schwacher ist, als bei der Kurve in der Abb. 3. DaB der Art des Anions bei der Beeinflussung der Plasmolyse keine wesentliche Bedeutung zukommt, bewies eine Versuchsreihe, in der mit 0,4 M KGI plasmolysiert wurde. Die Dosiswirkungskurve des Kinetins hat gleichintensive und -gelagerte Extrema wie bei der Plasmolyse mit KNO a·
%iz~---------------------------------------'
3
benzyladenine adenine
2
-1
-2 -3J----------r-----,.------.--------------~
M Ab b. 2. Dosiswirkungskurven des Benzyladenins ( - - ) und des Adenins ( - - -). Legende s. Abb. 1.
%Iz,----------------------------------------,
-1
-2
-3
strophantin furfurylamine
-4~---------.-----,.---.-,---~--~------~
M Abb. 3. Dosiswirkungskurven des Strophanthins ( - - ) und des Furfurylamins ( - - -). Legende s. Abb. 1.
EinflllD Yon Cytokinin anf plasmolytisches Verhalten yon Saldnia
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Nach diesen Versuchen erscheint die Annahme wahrscheinlich, daB die beobachteten Veranderungell des Plasmolysegrades bei den Dosiswirkungskurven der Cytokinine auf Bewegungell von Kalium zuriickzufiihren sind. Der Abfall der Kurve bis zum Konzentrationsbereich von 10- 6 bis 10- 5 M bedeutet eine durch sie verstarkte Exosmose nach der Ubertragung der Zellen in ein hypotonisches Medium. Da man nach der Uberschreitung der Kontrollinie in Richtung auf das Maximum der Kurve bei 5 . 10-5 Meine verstarkte Resorption der durch die Exosmose verlorenen Stoffe annehmen kann, besteht hier Grund zu der Vorstellung, daB von den Kininen eine Vorrichtung fiir den Kaliumtransport beeinfluBt wird, die Ka.liumtransport von auBen nach innen bewirkt. Das vorangegangene Minimum der Dosiswirkungskurve ware demnach wahrscheinlich eine Hemmung derselben Vorrichtung durch eine andere Kininkonzentration. Vergleichbare Dosiswirkungskurven der Kinine wurden von ADABRA-MICHANOL et al. (1975) und SZWEYKOWSKA und WOZNY (1975) verOffentlicht. Wie in Zusammenhang dieser Arbeit die Strophanthinwirkung zu beurteilen ist, kann nicht endgiiltig gesagt werden. Die im Vergleich mit den Kininen ahnliche Gestalt der Dosiswirkungskurve deutet auf eine ahnliche Wirkungsweise hin. Es kann vermutet werden, daB die Strophanthinwirkung unter den beschriebenen Versuchsbedingungen die S.t. -0,1
+0,1 +0,2
M kinetin
Abb. 4. Einfluf3 des Kinelins auf den Katiumgehalt der Behandlungsliisung. Nach dem Experiment dargestellte Dosiswirkungskurve. %Iz
kinetin strophantin
M
Abb.5. Einfluf3 des Kinetins ( - - ) und des Strophanthins (- - -) auf den Pla.smolysegrad der Trichomzellen von Salvinia auriculala.. In 0,5 M Glucose, Dosiswirkungskurven. Angegeben sind relative Veranderungen des Plasl1loiysegrades.
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J. SONKA, EinfluB von Cytokinin auf plasmolytisches Verhalten von Salvinia
Existenz einer Kaliumpermease in den Membranen andeutet (s. a. BONTING 1970). Begleitend durchgefiihrte Versuchc zur Wechselwirkung zwischen Kinetin und Strophanthin zeigen bei der Zusammenstellung in Dosiswirkungskurven des einen Faktors bei stationarer Konzentration des anderen eine Abflachung der Extrema und eine erhebliche Erhohung der Streuung. Dies deutet unter Umstanden auf einen gemeinsamen Wirkungsort hin. Die Aussage dariiber wird allerding'l durch die erbOhte Streuung relativiert und eine Dateninterpretation erscheint nicht sinnvoll. Durch die vorliegenden Ergebnisse konnte eine ungewohnliche Gestalt eiller Dosiswirkungskurve der Cytokinine abgesichert werden. Die biphasische Kurve, die in der Arbeit SONKA (1975) Ausdruck der Kinetinwirkung auf den Kaliumhaushalt eines Gewebekomplexes war, lieB sich in der vorliegenden Arbeit auch am Verhalten einzelner Zellen bestatigen. Die komplizierte Gestalt der Kurve entsteht also nicht durch korrelative Beziehungen im Gewebe, sondern durch elementare Prozesse auf der Zellebene. Literatur ADABRA-MICHANOL, Y., MONEGER, R, und FRANCKE, B., Effects de la kinetine a la lumiere et a l'obscurite sur les carotenoides et les chlorophylles des frondes de la Spirodela polyrrhiza (L.) Schleiden (1). Physiologie Vegetale 13, 619-635 (1975). BONTING, S. L., Sodium - potassium activated adenosintriphosphatase and ration transport. In: Membranes and ion transport, ed. E. E. BITTAR, Willey - Interscience, J. Willey & Sons Ltd., London, New York, Sydney, Toronto 1970. FENG, K. A., Effects of kinetin on the permeability of Allium cepa cells. Plant Physiol. 51, 868-870 (1973). FITTING, H., Untersuchungen iiber die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. Jb. Wiss. Bot. a6, 1- 64 (1915). HUBER, B., Hi:iFLER, K., Die Wasserpermeabilitat des Protoplasts. Jb. Wiss. Bot. 73, 351-511 (1930). PALTA, J. P., STADELMAN, E., Some measurements on reflaction coefficient of Allium cepa epidermis cells. Plant Physiol. 51, Supplement 15 (1973). POST, R L., The salt pump of animal cell membranes. In: Regulatory functions of biological membranes, ed. J. JARNEFELDT. Elsevier Publishing Comp., London, Amsterdam, New York 1968. SITTE, P., Zellfeinbau bei der Plasmolyse. Protoplasma 57, 304-333 (1963). SKOU, J. C., Further investigations on a Mg2+ + Na + - activated adenosintriphosphatase, possil;ly related to the active linked transport of Na + and K + across the nerve membrane. Biochim. Biophys. Acta 42, 6-23 (1970). SONKA, J., EinfluB von Kinetin auf die Kaliumbewegung in den Hypokotylen von Helianthus annuus. Biochem. Physiol. Pflanzen 167, 609-611 (1975). - EinfluB von Phytokininen auf das plasmolytische Verhalten von Salvinia auriculata. Diss., Hamburg 1974. SZWEYKOWSKA, A., W07NY, A., Effects of cytokinins and antibiotics on chloroplast development in cotyledons of Cucumis sativus. Biochem. Physiol. Pflanzen 168, 195-209 (1975). Eingegangen 17. Marz, Revision 10. Mai 1976. Anschrift des Verfassers: JAROSLAV SOXKA, Abteilung Biologie II der Universitat, Oberer Eselsberg, D-7900 Ulm.