Etablierung eines interdisziplinären Krebszentrums im Spannungsfeld interner und externer Interessen

Etablierung eines interdisziplinären Krebszentrums im Spannungsfeld interner und externer Interessen

ARTICLE IN PRESS www.elsevier.de/zaefq Z.a¨rztl. Fortbild. Qual.Gesundh.wes. (ZaeFQ) 101 (2007) 153–158 Schwerpunkt Etablierung eines interdiszipli...

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ARTICLE IN PRESS

www.elsevier.de/zaefq Z.a¨rztl. Fortbild. Qual.Gesundh.wes. (ZaeFQ) 101 (2007) 153–158

Schwerpunkt

Etablierung eines interdisziplina¨ren Krebszentrums im Spannungsfeld interner und externer Interessen Michael Baumann1,, Gerhard Ehninger2, Thomas Herrmann3, Hans-Detlef Saeger4, und Monique Simon1 1

Universita¨ts KrebsCentrum (UCC) Dresden Medizinische Klinik u. Poliklinik I 3 Klinik u. Poliklinik f. Strahlentherapie und Radioonkologie 4 Klinik u. Poliklinik f. Viszeral-, Thorax- u. Gefa¨ßchirurgie der Medizinischen Fakulta¨t und Universita¨tsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universita¨t Dresden 2

Zusammenfassung Spitzenleistungen in der Onkologie setzen spezialisierte Zentren voraus, die sowohl in Krankenversorgung als auch in der Krebsforschung und Lehre u¨ber das gesamte Spektrum onkologischer Kompetenz und Technologie verfu¨gen. Solche, fast immer einer Universita¨t angegliederten, Comprehensive Cancer Center sind im Ausland, insbesondere in Nordamerika, weit verbreitet, wa¨hrend in Deutschland, trotz anerkannter Vorteile, noch sehr wenige solcher Einrichtungen bestehen. Die Etablierung

eines Comprehensive Cancer Center fu¨r Krankenversorgung, Krebsforschung und Lehre im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen wird am Beispiel des Universita¨ts KrebsCentrums Dresden diskutiert. Hierbei werden wesentliche kritische Erfolgsfaktoren, wie das Selbstversta¨ndnis, die interdisziplina¨re Struktur und Leitung, die Definition von Schnittstellen und Verantwortlichkeit sowie der Aufbau eines Qualita¨tsmanagementsystems umrissen.

Schlu¨sselwo¨rter: Onkologie, interdisziplina¨re Zentren, Qualita¨tsmanagement

Setting up an Interdisciplinary Cancer Center between the Poles of Internal and External Interests Abstract Excellence in oncology requires specialized centers covering a broad spectrum of oncological competence and technology. Such Comprehensive Cancer Centers, which in most cases are affiliated with a university, are well established in many countries, particularly North America. But despite

their advantages, only few of these interdisciplinary cancer centers have so far been set up in Germany. The establishment of a Comprehensive Cancer Center covering patient care, cancer research as well as education and training in Germany will be discussed using the example of the Dresden

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Michael Baumann, Universita¨ts KrebsCentrum, Universita¨tsklinikum Carl Gustav Carus, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden.

Tel.: 0351-458 4988; Fax: 0351-458 6340. E-Mail: [email protected] (M. Baumann) Z.a¨rztl. Fortbild. Qual.Gesundh.wes. (ZaeFQ) doi:10.1016/j.zgesun.2007.02.004

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ARTICLE IN PRESS University Cancer Center. Consideration will be given to the interests of the different groups involved and to critical success factors such as its

mission, interdisciplinary leadership structures, interfaces, responsibilities and quality management.

Key words: oncology, interdisciplinary centers, quality management

Krebserkrankungen sind die zweitha¨ufigste Todesursache in den entwickelten Industrienationen. Aufgrund demographischer Gegebenheiten und zunehmend besserer Behandlungsmo¨glichkeiten fu¨r andere Erkrankungen ist davon auszugehen, dass Krebserkrankungen in etwa 10 Jahren die ha¨ufigste Todesursache sein werden. Derzeit erkranken in Deutschland etwa 424.000 Menschen ja¨hrlich neu an einer Krebserkrankung, 210.000 Patienten sterben ja¨hrlich daran [1]. Fortschritte in der Vorbeugung, Fru¨herkennung, Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen haben die U¨berlebenschancen und die Lebensqualita¨t krebskranker Patienten in den letzten Jahren deutlich verbessert [2]. In den 1980er Jahren wurde durch die Europa¨ische Union das Europe Against Cancer Programm gestartet. Mit diesem Programm sollte bis zum Jahr 2000 eine Senkung der Krebsmortalita¨t um 15% erreicht werden. Dieses ambitionierte Ziel wurde zwar nicht erreicht, allerdings konnte das Sterberisiko bei Ma¨nnern um 11% und bei Frauen um 10% gesenkt werden [3]. Dabei variiert die Sterberate fu¨r unterschiedliche Krebsarten in verschiedenen europa¨ischen La¨ndern stark. Dies deutet neben demographischen Unterschieden und heterogener Exposition zu Risikofaktoren auch auf Unterschiede in der Qualita¨t von Diagnostik und Therapie der Erkrankungen hin [4,5]. Die wichtigsten Behandlungsformen von Krebserkrankungen sind die Operation, die Strahlentherapie und die Chemotherapie [6]. Bei optimaler Diagnostik und Therapie kann heute durchschnittlich jeder zweite Patient von einer Krebserkrankung geheilt werden [7]. In mehr als 95% der Fa¨lle ko¨nnen Symptome gelindert und die Lebensqualita¨t verbessert werden. Die richtige Diagnosestellung und die opti-

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male Behandlung erfordern dabei heute eine enge fach- und sektorenu¨bergreifende Zusammenarbeit spezialisierter A¨rzte und anderer medizinischer Berufsgruppen. Ein gutes Beispiel hierfu¨r ist das Rektumkarzinom. Nach meist ambulanter endoskopischer und radiologischer Diagnostik wird der Patient in Fru¨hstadien unter stationa¨ren Bedingungen operiert. Bei lokal fortgeschritteneren Stadien erha¨lt der Patient heute zuna¨chst ambulant oder teilweise unter stationa¨ren Bedingungen eine neoadjuvante simultane Radiochemotherapie [8] oder Kurzzeitstrahlentherapie, gefolgt von Restaging und Operation. In Abha¨ngigkeit vom genauen Tumorstadium wird danach unter ambulanten oder stationa¨ren Bedingungen eine Chemotherapie angewandt. Hieran schließt sich eine langja¨hrige Nachsorge an, um eventuell wieder auftretende Tumoren und Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Um die Patienten optimal zu betreuen, muss das Therapieschema fortwa¨hrend entsprechend neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aktualisiert werden. Beim Rektumkarzinom z.B. haben klinische Studien der letzten Jahre gezeigt, dass durch eine Verbesserung der Operationsmethode die Rate an Lokalrezidiven gesenkt werden kann. Daru¨ber hinaus wurde gezeigt, dass eine pra¨operative Strahlentherapie oder kombinierte Radiochemotherapie Vorteile gegenu¨ber einer postoperativ adjuvanten Radiochemotherapie hat und dass der Einsatz moderner Chemotherapeutika die Effizienz der Therapie womo¨glich weiter verbessern kann. Fu¨r die Zukunft ist zu erwarten, dass neuartige biologische Medikamente in die Behandlung einbezogen werden. Wie dieses und eine Reihe weiterer Beispiele zeigen, werden die Behandlungsergebnisse bei Krebserkrankung durch eine moderne interdisziplina¨re Therapie kontinuierlich schrittweise verbessert.

Dabei nimmt jedoch die Komplexita¨t der Behandlung in medizinischer und organisatorischer Hinsicht sta¨ndig zu. Um dieser stetig zunehmenden Komplexita¨t der Diagnostik und Behandlung gerecht zu werden, ist sowohl eine Spezialisierung der A¨rzte als auch die Schaffung einer optimal abgestimmten Struktur notwendig. Hierbei zeigt sich, dass Spitzenleistungen in der Onkologie spezialisierte Zentren voraussetzen, die sowohl in Krankenversorgung als auch in Forschung u¨ber das gesamte Spektrum onkologischer Kompetenz und Technologie verfu¨gen. Folgerichtig kann u¨ber die letzten Jahrzehnte sowohl in den USA als auch an europa¨ischen Standorten eine Konzentration der Einrichtung so genannter Comprehensive Cancer Center beobachtet werden. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass onkologische Krankenversorgung, Krebsforschung und die Ausbildung spezialisierten Nachwuchses unter einem Dach bzw. in einer hierfu’’¨ r geschaffenen organisatorischen Einheit angeboten werden (Abb 1). Aus den Anforderungen folgt, dass Comprehensive Cancer Center weltweit fast immer einer Universita¨t angegliedert sind, da dort die besten Voraussetzungen einer Kombination von Krankenversorgung, Forschung und Lehre gegeben sind. Obwohl eindeutige Vorteile von interdisziplina¨ren Comprehensive Cancer Centern gegenu¨ber traditionellen Versorgungs- und Forschungsstrukturen bestehen, existieren in Deutschland im Vergleich zum europa¨ischen Ausland und insbesondere zu Nordamerika noch sehr wenige solcher Einrichtungen. Erst ab 2000 haben sich die ersten Comprehensive Cancer Center an einzelnen Universita¨ten gebildet. Ursachen fu¨r die spa¨te und langsame Einfu¨hrung liegen unter anderem in Problemen bei der Finanzierung sowie in der Tradition und in strukturellen Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens. ’’

Einleitung

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ARTICLE IN PRESS Enge Verzahnung von Forschung und Klinik (translationale Forschung) mit Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur (Tumorbank, Bildbank, Datenbank), Vorhaltung verbindlicher Strukturen einer fachübergreifenden interdisziplinären Onkologie für alleTumorerkrankungen mit zentraler Anlaufstelle für alle Patienten, verbindliche, schriftlich dokumentierte Festlegung von Diagnostik und Therapie für jeden Patienten in Tumorboards, Entwicklung und Umsetzung von modernen, evidenzbasierten klinischen Behandlungspfaden, psychoonkologische und palliative Betreuung, Nachweis eines Qualitätssicherungssystems, regelmäßige Überprüfung der Qualitätsstandards (Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems), Anbindung an klinische überregionale Krebsregister, Netzwerkbildung mit niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen in der Umgebung sowie qualifizierte Lehre bzw. Aus- und Weiterbildung in allen Aspekten der klinischen Onkologie und der Krebsforschung

Abb. 1. Wichtige Kriterien von Comprehensive Cancer Center [2,9].

Interessenslage bei der Einrichtung interdisziplina¨rer Krebszentren Verschiedene Gruppen haben zum Teil u¨berlappende, zum Teil aber auch divergierende Interessen bezu¨glich der Einrichtung interdisziplina¨rer Krebszentren [10]. Fu¨r die Patienten steht im Vordergrund, eine optimale Diagnostik und Therapie nach neuestem Kenntnisstand zu erhalten. Daru¨ber wu¨nschen sich Patienten einen festen a¨rztlichen Ansprechpartner und einen reibungslosen Ablauf ohne Informationsverluste. Bei vielen Patienten besteht der Wunsch, mo¨glichst am Wohnort oder in unmittelbarer Na¨he behandelt zu werden. Die wesentlichen Interessen der Patienten werden von den behandelnden A¨rzten geteilt. Allerdings weiß der Arzt, dass die meisten Krebserkrankungen heute nicht mehr allein durch eine Fachrichtung behandelt werden ko¨nnen, sondern einer multidisziplina¨ren Therapie bedu¨rfen, die oft an gro¨ßere Zentren gebunden ist. Deshalb muss der Patientenwunsch nach einem einzigen festen Ansprechpartner und

wohnortnaher Versorgung relativiert und durch eine optimale strukturelle Gestaltung der interdisziplina¨ren und sektoren-u¨bergreifenden Zusammenarbeit in der Onkologie ersetzt werden. Auch perso¨nliche und berufsspezifische Interessen der A¨rzte spielen eine Rolle bei der Einrichtung von Krebszentren. Unter anderem besteht der berechtigte Wunsch, die Identita¨t als ein Spezialist in einem bestimmten Fachgebiet zu erhalten und gewinnbringend in die Patientenversorgung einzubringen. Daru¨ber hinaus soll verhindert werden, dass durch die interdisziplina¨ren Strukturen der Verwaltungsaufwand ansteigt und hierdurch die Zeit fu¨r die medizinische Betreuung der Patienten reduziert wird. Weiter erwartet der Arzt, dass er durch die interdisziplina¨re Zusammenarbeit seinen Kenntnisstand in der Onkologie und seine Kompetenzen erweitert und dass durch die interdisziplina¨ren Strukturen Krebsforschung und Krankenversorgung besser integriert werden ko¨nnen [10]. Das Krankenhaus mo¨chte in U¨bereinstimmung mit Patienten und A¨rzten die interdisziplina¨re Krankenversorgung optimieren, und, sofern es sich um eine Universita¨t handelt, die Integration von Forschung, Lehre und Krankenver-

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sorgung verbessern. Das Krankenhaus muss daru¨ber hinaus die Kosten den Einnahmen aus den interdisziplina¨ren Strukturen gegenu¨berstellen. Es wird daher im Regelfall nicht allen Wu¨nschen der Patienten und allen fachlichen Anforderungen der A¨rzte nachkommen ko¨nnen. Von der Schaffung interdisziplina¨rer Zentren werden eine Steigerung der Effizienz, eine Aufrechterhaltung oder Steigerung von Marktanteilen, eine Erho¨hung der Transparenz von Behandlungsabla¨ufen und Verantwortlichkeiten sowie eine Optimierung der Qualita¨t erwartet. Die Kostentra¨ger fordern effiziente evidenzbasierte Therapieangebote sowie die Einfu¨hrung von Innovationen mo¨glichst ohne Kostensteigerung. Die Therapie muss hohen Qualita¨tsanforderungen genu¨gen und die Erfolge mu¨ssen transparent dargestellt sein. Zunehmend werden Kosten nur noch solchen Anbietern erstattet, die extern festgelegte Kriterien erfu¨llen. Auch Gelder fu¨r die Forschung und Lehre in der Medizin werden zunehmend von der erfolgreichen Einfu¨hrung bestimmter Strukturen abha¨ngig gemacht. In den USA z.B. werden große Anteile der Fo¨rdergelder in der Krebsforschung ausschließlich an zertifizierte Comprehensive Cancer Center vergeben. Auch in Deutschland ist dieser Trend zu beobachten. So hat z.B. die Deutsche Krebshilfe in 2006 betra¨chtliche Fo¨rdergelder fu¨r die Einrichtung von extern begutachteten Comprehensive Cancer Center, die festgelegten Kriterien entsprechen mu¨ssen, zur Verfu¨gung gestellt. Ein wesentlicher Vorwurf an medizinische Zentren, einschließlich CCC ist, dass diese als Marketing-Argument missbraucht werden, um Konkurrenten zu benachteiligen. In der Tat ist der Begriff Zentrum nicht gesetzlich geschu¨tzt und kann ohne spezifische Voraussetzungen von jedem Anbieter verwandt werden. Wa¨hrend in einigen Bereichen (z.B. Brustzentrum) Kriterien von wissenschaftlichen Fachgesellschaften aufgestellt wurden, die in einem Zertifizierungsverfahren nachgewiesen werden mu¨ssen, um akkreditiert zu werden, fehlen solche Kriterien fu¨r andere Bereiche z.B. fu¨r Comprehensive

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ARTICLE IN PRESS Cancer Center. Fu¨r Patienten ist schwer oder gar nicht erkennbar, ob es sich bei einem Zentrum lediglich um eine o¨ffentlichkeitswirksame Aktion oder um eine qualita¨tssteigernde Struktur handelt, die entsprechend wissenschaftlicher Kriterien von den dazu zusta¨ndigen Fachgesellschaften bzw. gesetzlichen Stellen zertifiziert wurde. Dieses Spannungsfeld bedarf im Sinne des Patientenschutzes und zur Verhinderung unlauteren Wettbewerbes dringlich transparenter und verbindlicher Regelungen.

Das Universita¨ts KrebsCentrum (UCC) Dresden Das UCC wurde 2003 gemeinsam von Universita¨tsklinikum und Medizinischer Fakulta¨t Carl Gustav Carus gegru¨ndet. Es geho¨rte damit zu den ersten universita¨ren Cancer Center in Deutschland und war das erste Zentrum seiner Art in den neuen Bundesla¨ndern. Die Gru¨ndung erfolgte als gemeinsame Initiative der Kliniken Medizin I, Viszeral-, Thorax- und Gefa¨ßchirurgie sowie Strahlentherapie und Radioonkologie. Ziel war, die interdisziplina¨re Versorgung onkologischer Patienten u¨ber die bereits seit vielen Jahren bestehenden interdisziplina¨ren Tumorkonferenzen hinaus weiter zu optimieren und eine gemeinsame Plattform fu¨r die bessere Verzahnung der Krebsforschung sowie der interdisziplina¨ren Lehre zu schaffen. Weitere Partner sind die Pathologie, Diagnostische Radiologie, Nuklearmedizin, Labormedizin, Psychotherapie und Psychosomatik, Gyna¨kologie, Urologie, Dermatologie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Orthopa¨die, MundKiefer-Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, Kinderklinik (Abb 2). Das UCC versteht sich als Comprehensive Cancer Center fu¨r interdisziplina¨re Krankenversorgung, Forschung und Lehre. Dieser Anspruch soll kontinuierlich u¨ber die na¨chsten Jahre erreicht werden. Das UCC bietet dabei eine Grundlage fu¨r die gleichberechtigte interdisziplina¨re Zusammenarbeit von Spezialisten aus den verschiedenen onkologisch ta¨tigen Disziplinen. Das

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Abb. 2. Netzplan des Universita¨ts KrebsCentrum [9].

Selbstversta¨ndnis als gemeinsam getragene Plattform wird auch durch die gemeinsame Leitung u¨ber einen Lenkungsausschuss und einen wechselnden Direktor deutlich. Kernbereich der Krankenversorgung des UCC ist eine ganztags besetzte interdisziplina¨re Ambulanz, in der immer Chirurg, Medizinischer Onkologe, Strahlentherapeut und Psychoonkologe anwesend sind [10]. Daneben finden Spezialsprechstunden z.B. fu¨r Hautund Knochentumoren statt. Die Ambulanz dient als zentrale Anlaufstelle fu¨r Patienten vor der Therapie, zwischen den Therapieschritten und in der Nachsorge. Als Leitstelle koordiniert die Ambulanz die Diagnostik und Behandlung sowie die U¨berga¨nge zwischen ambulanter Versorgung durch den u¨berweisenden Arzt und der stationa¨ren Behandlung in den verschiedenen Kliniken des Universita¨tsklinikums. Hierzu steht ein fu¨r die interdisziplina¨ren Arbeitsabla¨ufe speziell geschulter Personalpool zur Verfu¨gung. Unter dem organisatorischen Dach des UCC wurde auch das Regionale Brustzentrum Dresden angesiedelt, in dem insgesamt vier Krankenha¨user zusammengeschlossen sind.

Fu¨r sa¨mtliche im UCC betreuten Tumorerkrankungen wurden klinische Diagnostik- und Behandlungspfade schriftlich und verbindlich festgelegt. Diese evidenz- und studien-basierten Pfade beruhen auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die auf das Dresdner Umfeld angepasst und, falls notwendig, durch Erkenntnisse aus neuen Studien aktualisiert werden. Die Pfade enthalten auch die Studienangebote fu¨r Dresdner Patienten und sind hierdurch eine wichtige Verbindung zur klinischen und Translationsforschung. Derzeit finden jede Woche drei allgemeine Interdisziplina¨re Tumorboards fu¨r die Besprechung von Anfragen aus unterschiedlichen Fachrichtungen, die keinem anderen Board zugeordnet werden ko¨nnen, sowie sa¨mtlicher gastrointestinaler Tumoren und Sarkome statt. Daru¨ber hinaus finden wo¨chentliche interdisziplina¨re Tumorboards fu¨r das Regionale Brustzentrum, fu¨r Tumoren der Kopf-Hals-Region, Hirntumoren, Bronchialkarzinome und pa¨diatrische Tumoren statt. Boards fu¨r urologische Tumoren, gyna¨kologische Tumoren, ha¨matologische Tumoren

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ARTICLE IN PRESS Lehre in der Onkologie zu fo¨rdern. Hierdurch soll den Studierenden ein modernes, interdisziplina¨res Herangehen an die medizinische Versorgung krebskranker Patienten und die Krebsforschung nahe gebracht werden. Gleichzeitig hat die Lehre eine wichtige Funktion bei der Rekrutierung besonders talentierten Nachwuchses. Die Lehre findet dabei im Rahmen des DIPOL R -Kurses Onkologie (Dresdner Integratives Problem und Patientenorientiertes Lernen) statt. Der 10-wo¨chige Pflichtkurs wird unter Leitung des UCC Studenten des 5. Studienjahres angeboten. Weitere Lehrangebote des UCC umfassen die Weiter- bzw. Fortbildung von A¨rzten verschiedener Fachrichtungen im Bereich der interdisziplina¨ren Onkologie und Praktika fu¨r die Ausbildung von Fachkrankenpflegekra¨ften fu¨r Onkologie.

Zentrenspezifisches Qualita¨tsmanagement Ein wesentliches Kennzeichen interdisziplina¨rer medizinischer Zentren, wie dem UCC, ist die große Zahl von Schnittstellen zu internen und externen Partnern. Schnittstellen bergen ein erhebliches Risiko von Kommunikationsfehlern, Verzo¨gerungen und anderen qualita¨tsmindernden Problemen. Daru¨ber hinaus sind in interdisziplina¨ren medizinischen Zentren die Verantwortlichkeiten weniger eindeutig definiert als in traditionellen Strukturen des Gesundheitswesens. Dies kann nicht nur zu Behinderungen der Arbeitsabla¨ufe fu¨hren, sondern birgt daru¨ber hinaus juristische Risiken. Aus beiden Argumenten folgt, dass inter-disziplina¨re medizinische Zentren eines geeigneten Qualita¨tsmanagements mit verbindlicher und transparenter Festlegung von Verantwortlichkeiten und Arbeitsabla¨ufen unter besonderer Beru¨cksichtigung der Beschreibung der Schnittstellen bedu¨rfen. Das UCC hat sich aus mehreren Gru¨nden fu¨r ein Qualita¨tsmanagementsystem nach der DIN EN ISO 9001:2000 Systematik entschieden. Die aktuelle Fassung der DIN EN ISO 9001:2000 beinhaltet einen prozessorientierten Ansatz unter gleichzeitiger Beru¨cksich-

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tigung der Verantwortung der Leitung in einem Umfeld verschiedener Partner ( Kunden und Lieferanten) und eignet ’’ daher fu¨r die Bearbeitung der besich schriebenen Probleme. Neben Strukturund Prozessqualita¨t erlaubt das System den Aufbau eines Qualita¨tsmanagements fu¨r die Ergebnisqualita¨t. Die Verfahrensanweisungen werden nach einheitlichem, transparentem Format erstellt und in einem kontinuierlich u¨berarbeiteten Managementhandbuch zusammengefasst. Weitere Vorteile bestehen in der internationalen Akzeptanz des DIN EN ISO 9001:2000 Systems und der ja¨hrlich stattfindenden Pru¨fung des bestehenden Qualita¨tsmanagementsystems durch externe Auditoren. Eine besondere Herausforderung fu¨r Krebszentren ist die Erfassung der Ergebnisqualita¨t. Die wesentlichen Probleme hierbei sind die lange Nachbeobachtungszeit bis der Erfolg der Behandlung festgestellt werden kann, und die Tatsache, dass Nachuntersuchungen, aufgrund der Struktur des deutschen Gesundheitswesen, ha¨ufig nicht langfristig durch den Behandler durchgefu¨hrt werden ko¨nnen, sondern in andere Ha¨nde wechseln. Gleichzeitig ist ein fla¨chendeckendes Meldewesen fu¨r Nachuntersuchungen in Deutschland bislang nicht etabliert. Daher kommt neben dem weiteren Aufbau einer verbesserten und fla¨chendeckenden Nachsorgedokumentation der Messung der Prozessqualita¨t in Krebszentren besondere Bedeutung zu. Kerninstrument im UCC ist hierzu der horizontale Audit, mit dem sehr gute Erfahrungen gesammelt wurden. Fu¨r die horizontalen Audits werden Stichproben von Patienten nach Abschluss der verschiedenen Behandlungsschritte zufa¨llig ausgewa¨hlt und in speziellen Tumorboards in Anwesenheit aller an der Behandlung beteiligten Fachdisziplinen erneut diskutiert. Dies gibt die Mo¨glichkeit zu u¨berpru¨fen, ob die Tumorboardempfehlungen klinisch korrekt umgesetzt wurden und hierdurch Verbesserungspotentiale zu identifizieren. Bereits nach 18 Monaten der Einfu¨hrung eines Qualita¨tsmanagementsystems im UCC hat sich dieses bewa¨hrt, ’’

und Lymphome sind derzeit im Aufbau. Die Tumorboards sind jeweils mit einer fu¨r dieses Indikationsgebiet ausgewiesenen Expertengruppe besetzt. Mit Ausnahme von Notfa¨llen werden alle Patienten vor Beginn der Therapie besprochen, sowie, falls notwendig, zwischen den einzelnen Therapieschritten und in der Nachsorge. Die Vorstellung erfolgt anhand einer elektronischen Datenmaske, die wa¨hrend der Boards, ebenso wie wesentliche bildgebende oder pathologische Befunde, projiziert werden. Die Behandlungsempfehlung des Tumorboards wird schriftlich dokumentiert und steht direkt im Anschluss als Ausdruck und elektronisch fu¨r alle behandelnden A¨rzte zur Verfu¨gung. Neben Besprechungen von Patienten des Uniklinikums werden sowohl Anfragen um Zweitmeinungen von Patienten sowie aus Praxen und anderen Krankenha¨usern im Tumorboard behandelt. Hierzu nehmen auch regelma¨ßig niedergelassene A¨rzte an den Tumorboards teil. Die Krebsforschung ist einer von drei Profilschwerpunkten der Medizinischen Fakulta¨t Carl Gustav Carus. Dieser Profilschwerpunkt hat sich in dem durch das BMBF gefo¨rderten und regelma¨ßig extern evaluierten NBL-Programm seit 1991 etabliert und wurde kontinuierlich ausgebaut. An Fakulta¨t und Universita¨tsklinikum wurde dabei ein umfassendes Spektrum onkologisch orientierter Professuren und Arbeitsgruppen eingerichtet. Der Erfolg kann an hervorragenden Publikationen ebenso abgelesen werden, wie an umfangreicher Unterstu¨tzung von Einzel- und Verbundprojekten durch namhafte Fo¨rderungsinstitutionen mit Peer-Review Verfahren wie DFG, Krebshilfe, BMBF und EU. Derzeitige Anstrengungen des UCC zielen darauf, die interdisziplina¨re Translationsforschung, d.h. die U¨berfu¨hrung neuer Erkenntnisse aus dem Labor in die klinische Anwendung, weiter zu intensivieren. Hierzu wurde unter anderem eine Beteiligung von Grundlagenwissenschaftlern in den entsprechenden Arbeitsgruppen und der Leitung des UCC sichergestellt. In Bezug auf die Ausbildung von Medizinstudenten ist das Ziel des UCC, eine fa¨cher- und strukturu¨bergreifende

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ARTICLE IN PRESS was sich durch die Zufriedenheit der Patienten und Mitarbeiter sowie anhand der definierten Qualita¨tsindikatoren objektivieren la¨sst.

Literatur [1] Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch Institut (2006), Krebs in Deutschland: Ha¨ufigkeiten und Trends, 5. Ausgabe, Saarbru¨cken, 2006 http://www.rki.de/cln_011/nn_227180/DE/ Content/GBE/DachdokKrebs/Broschuere/ broschuerenode.html__nnn=true (Stand: 28.06.2006). [2] Deutsche Krebshilfe: Pressemitteilung 21/ 2006, Fo¨rderung onkologischer Spitzenzentren geplant, Bonn, 23. Ma¨rz 2006

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http://www.krebshilfe.de (Stand: 28.06. 2006). Boyle P, et al. Measuring progress against cancer in Europe: has the 15% decline targeted for 2000 come about? Annals of Oncology 2003;14:1312–25 http://annonc.oxfordjournals.org/cgi/content/full/ 14/8/1312 (Stand: 28.06.2006). Coleman M. P. et al. EUROCARE-3 summary: cancer survival in Europe at the end of the 20th century, Annals of Oncology 14 Supplement 5 (2003); v128–v149. http:// annonc.oxfordjournals.org/cgi/reprint/14/ suppl_5/v128 (Stand: 28.06.2006). Micheli A. et al. European health systems and cancer care, Annals of Oncology 14 Supplement 5 (2003): v41–v60 http://annonc.oxfordjournals.org/cgi/reprint/14/ suppl_5/v41 (Stand: 28.06.2006). DeVita V. T. et al.: CANCER Principles & Practice of Oncology. 6th Edition. Lippin-

NVL Fußkomplikationen bei Typ-2-Diabetes wird offizielle Leitlinie der BA¨K Sylvia Sa¨nger Am 19. Januar 2007 wurde die NVL Typ-2’’ Diabetes: Pra¨vention und Behandlungsstrategien fu¨r Fußkomplikationen’’ als offizielle Leitlinie der Bundesa¨rztekammer verabschiedet. Wie muss eine bestmo¨gliche und sektorenu¨bergreifende Versorgung fu¨r Patienten aussehen, die unter Fußkomplikationen bei Typ-2-Diabetes leiden? Dieser Frage widmet sich die Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2’’ Diabetes: Pra¨vention und Behandlungsstrategien fu¨r Fußkomplikationen’’ an deren Erstellung Vertreter von 9 wissenschaftlichen, medizinischen Fachgesellschaften beteiligt waren. Die NVL ist unter der Adresse: http://www.diabetes.versorgungsleitlinien.de/ frei zuga¨nglich im Internet verfu¨gbar. In Ku¨rze wird unter Mitarbeit von Patientenvertretern die zugeho¨rige PatientenLeitlinie erstellt.

Hintergrund: Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) sind evidenzbasierte a¨rztliche Empfehlungen im Rahmen der strukturierten und integrierten Versorgung. Das Programm fu¨r NVL steht un-

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ter Tra¨gerschaft von Bundesa¨rztekammer, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften und Kassena¨rztlicher Bundesvereinigung und wird vom A¨rztlichen Zentrum fu¨r Qualita¨t in der Medizin koordiniert. Wir danken den beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen: – Arzneimittelkommission der deutschen A¨rzteschaft (AkdA¨) – Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) – Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und A¨sthetischen Chirurgen (DGPRAEC) – Deutsche Gesellschaft fu¨r Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) – Deutsche Gesellschaft fu¨r Angiologie – Gesellschaft fu¨r Gefa¨ßmedizin (DGA) – Deutsche Gesellschaft fu¨r Chirurgie (DGCh) – Deutsche Gesellschaft fu¨r Gefa¨ßchirurgie (DGG) – Deutsche Gesellschaft fu¨r Innere Medizin (DGIM, im NVL Typ-2-Diabetes Verfahren vertreten durch die DDG)

[7] [8]

[9]

[10]

cott Williams & Wilkins, Philadelphia, 2001. 30 Jahre Deutsche Krebshilfe – Verantwortung fu¨r das Leben, Journalist Verlagsbeilage (September 2004 ):S. 10. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Leitlinie Chirurgie/Onkologie: Rektumkarzinom, Januar 2004 http://leitlinien.net/ (Stand: 28.06.2006). Neubauer A. Das erste Marburger Comprehensive Cancer Center-Symposium, FORUM – Das offizielle Magazin der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. Heft 4/ 2005, S. 11–12. Wagstaff A. The dream team: when will we make it a reality? Cancer World Issue 12 May-June 2006, 16 – 26 http:// www.cancerworld.org/cancerworld/home. aspx?id_sito=8&id_stato=1.

Magazin

– Deutsche Gesellschaft fu¨r Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW) – Deutsche Ro¨ntgen Gesellschaft (DRG) und die – Fachkommission Diabetes Sachsen (FKDS).

Korrespondenzadresse: Sylvia Sa¨nger Dr. Public Health, Dipl.-Ing. Bereichsleitung Medizinische Information/Patienteninformation A¨rztliches Zentrum fu¨r Qualita¨t in der Medizin (A¨ZQ) Gemeinsames Institut von BA¨K und KBV Wegelystraße 3/Herbert-Lewin-Platz, 10623 Berlin Tel.: +030 4005 2520; Fax: +030 4005 2555. URL: www.azq.de E-Mail: [email protected]

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