FussSprungg 2:213–218 (2004) DOI 10.1007/s10302-004-0115-3
M. Haake
Extracorporeal shock wave therapy (ESWT) for the treatment of plantar fasciitis n Summary Background Extracorporeal shock wave therapy (ESWT) has been recommended for the last 10 years as an alternative therapy for the treatment of chronic plantar fasciitis, but randomised controlled studies only now permit an evaluation of the effectiveness. Aim The effectiveness of ESWT in the therapy of plantar fasciitis will be demonstrated on the basis of the results of the German multi-center study
Eingegangen: 7. Juni 2004 Akzeptiert: 17. Juni 2004
Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag zur 10. Jahrestagung der Deutschen Assoziation für Orthopädische Fußchirurgie e.V. (D.A.F.), Köln, 19.–20. 3. 2004
Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) zur Therapie der Plantarfasciitis
considering the background of diverging results of randomised controlled studies. Methods The results of controlled randomised studies of ESWT for plantar fasciitis are compared to those of the German study. In a country-wide prospective randomised multicenter study, 272 patients with chronic plantar fasciitis were included. ESWT with 3 × 4000 impulses of an ED+ of 0.08 mJ/mm2 under local anesthesia or a placebo ESWT were applied. The clinical endpoints were obtained by independent observers 6, 12 (primary endpoint) and 52 weeks after intervention. Results The success rates of the German study did not show a difference between ESWT (33.9%) and control (30.2%) after 12 weeks with a group difference of 3.6% (95% confidence interval: [–8.0; 15.1%]). After one year, 80.5% (ESWT) and 75.7% (control) of the patients, respectively, were rated as a success. Discussion Success rates of ESWT as known from the literature could also be obtained with a placebo therapy in the German study. Further independent studies with high biometrical quality confirmed these negative findings. The partially positive conclusions of other authors cannot be reconstructed from their results, since, for example, clinically irrelevant endpoints were used.
n Key words Extracorporeal shock wave therapy – ESWT – plantar fasciitis – heel spur n Zusammenfassung Hintergrund ESWT wird seit 10 Jahren als alternative Therapie zur Behandlung der chronischen Plantarfasziitis empfohlen, aber erst jetzt erlauben randomisierte kontrollierte Studien eine Beurteilung der Wirksamkeit. Ziel Die Wirksamkeit der ESWT in der Therapie der Plantarfasciitis soll ausgehend von den Ergebnissen der deutschen Multicenterstudie und vor dem Hintergrund diskrepanter Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien dargestellt werden. Methodik Die Ergebnisse kontrollierter randomisierter Studien zur ESWT bei Plantarfasciitis werden den eigenen gegenübergestellt. In dieser bundesweiten prospektiven randomisierten Multicenterstudie wurden 272 Patienten mit chronischer Plantarfasziitis eingeschlossen. ESWT mit 3 × 4000 Impulsen einer ED+ von 0,08 mJ/mm2 unter Lokalanästhesie bzw. eine PlaceboESWT wurden appliziert. Die Zielkriterien wurden von unabhängigen Observern nach 6, 12 (Primärer Endpunkt) und 52 Wochen erhoben. Ergebnisse Die Erfolgsraten der deutschen Studie zeigten nach 12 Wochen keinen Unterschied zwischen ESWT
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PD Dr. med. Michael Haake ()) Orthopädische Klinik der Universität Regensburg Kaiser-Karl-V.-Allee 3 93077 Bad Abbach, Germany Tel.: 0 94 05 / 18-45 92-18 48 24 Fax: 0 94 05 / 18-29 35 E-Mail:
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ORIGINALARBEIT
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(33,9%) und Kontrolle (30,2%) bei einer Gruppendifferenz von 3,6% (95% Konfidenzintervall: [–8,0; 15,1%]). Nach einem Jahr wurden 80,5% (ESWT) bzw. 75,7% (Kontrolle) der Patienten als Erfolg gewertet. Diskussion Die aus der Literatur bekannten
Erfolgsraten der ESWT sind auch mit einer Placebo-Therapie in der eigenen Studie zu erzielen gewesen. Weitere methodisch hochwertige unabhängige Studien bestätigen die negativen Resultate. Die zum Teil positiven Schlussfolgerungen anderer Autoren kön-
nen nicht aus deren Ergebnissen abgeleitet werden, da beispielsweise klinisch irrelevante Zielkriterien verwendet wurden. n Schlüsselwörter Extrakorporale Stoßwellentherapie – ESWT – Plantarfasziitis – Fersensporn
Einleitung
Methode
Die in Deutschland entwickelte Methode der ESWT wurde in den letzten beiden Jahrzehnten zur Therapie der Wahl bei Nieren- und Uretersteinen [5]. Stoßwellen wurden zunächst seit etwa 1990 mit hierfür dann adaptierten Lithotryptern am Bewegungsapparat zur Therapie von Pseudarthrosen eingesetzt. Die desintegrierende Wirkung der Stoßwellen in der Nierensteinzertrümmerung wurde später auf die Therapie von Kalkdepots an der Schulter übertragen [6, 10]. Es wurde eine anhaltende Analgesie der behandelten Region festgestellt und Stoßwellen zur Schmerztherapie zunächst bei Epikondylitis, dann auch bei anderen chronischen Insertionstendopathien wie der Plantarfasciitis in großem Umfang eingesetzt [12]. In den neunziger Jahren wurden zahlreiche Arbeiten mit überwiegend unkontrollierten Studien publiziert, die durchweg von einer positiven Wirkung der ESWT bei Plantarfasciitis berichteten, deren methodische Qualität allerdings nicht ausreichend war, um diese Schlussfolgerungen zu be- oder widerlegen [2]. Seit dem Entscheid des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Jahr 1998 dürfen gesetzliche Krankenkassen für die ESWT am Bewegungsapparat keine Kosten mehr übernehmen. In den USA wurde dagegen zwischenzeitlich zwei Stoßwellengeräte zur Behandlung der Plantarfasciitis zugelassen [3, 11, 16], weitere Zulassungsstudien zu anderen Indikationen haben begonnen.
Ein multizentrischer zweiarmiger prospektiver randomisierter einfachblinder und placebokontrollierter Parallelgruppenvergleich mit 2 × 136 Patienten wurde in 10 Zentren durchgeführt. Die Randomisierung erfolgte zentral per Telefon für alle Zentren nach 4-wöchiger therapiefreier Phase. Die in Tabelle 1 genannten Ein- und Ausschlusskriterien wurden ange-
Zielsetzung In diesem Artikel soll die Wertigkeit der Extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) zu Therapie der Plantarfasciitis basierend auf den Ergebnissen der bundesweiten Multicenterstudie dargestellt werden.
Tab. 1 Ein- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien:
n Fasziitis plantaris mit Fersensporn n Nachweis durch – typischen lokalen Belastungsschmerz – typischen lokalen Anlaufschmerz und – typischen lokalen Druckschmerz n Vorliegen einer schriftlichen Einverständniserklärung Mindestens 6 Monate erfolglos konservativ therapiert: n Einnahme von NSAR und n vor Studieneintritt mindestens 2 × lokale Infiltration mit oder ohne Kortisonzusatz und n vor Studieneintritt mindestens 6 Behandlungen einer physikalischen Therapieform oder Kombination mehrerer wie Ultraschall, Elektrotherapie, Eis und n vor Studieneintritt Einlagenversorgung n 4 Wochen Abstand zur letzten konservativen Therapie
Ausschlusskriterien:
n lokale Arthrose/Arthritis im OSG und USG n Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (anamnestisch) n pathologische neurologische/vaskuläre Befunde der zu behandelnden Extremität (anamnestisch, klinisch) n Alter unter 18 Jahren n Gravidität (anamnestisch) n Gerinnungsstörungen, Marcumartherapie (anamnestisch) n Infektionen der zu behandelnden Zielregion n Tumorleiden der zu behandelnden Zielregion n beidseitige Symptomatik n Allergie gegen Lokalanästhetikum Mepivacain (z. B. Scandicain)
M. Haake Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
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Abb. 1 Stoßwellentherapie einer Plantarfasciitis mit Fersensporn. Der wassergefüllte Koppelbalg des Therapiekopfes des Lithotripters berührt die Hautoberfläche über der Zielregion. Die Stoßwelle wird mittels Ultraschallgel von medial eingeleitet, das Fadenkreuz markiert das Zentrum der Fokusregion. Der Ultraschallkopf liegt der Haut um 908 hierzu gekippt von plantar an
wendet. ESWT unter Lokalanästhesie (2 ml Mepivacain 1%) mit 3 × ESWT im Abstand von 14 Tagen mit dem Lithotrypter Dornier Epos Ultra (positive Energieflussdichte von 0,08 mJ/mm2, je 4000 Impulse, 120 Imp./min) unter Ultraschallortung sowie BioFeedback wurde appliziert. Die Kontrolltherapie erfolgte identisch mit Placebo-ESWT realisiert durch ein am Therapiekopf mit Ultraschallgel befestigtes, lufthaltiges Kissen als Puffer (Abb. 1). Hauptzielkriterium war die Erfolgsrate 3 Monate nach der letzten ESWT-Behandlung. Dabei ist die Erfolgsrate definiert über den summarischen Anteil der Scorewerte [1] und [2] des Scores nach Roles und Maudsley. Nebenzielkriterien waren: Die Erfolgsrate 6 Wochen und 12 Monate nach letzter ESWT-Behandlung, die Intensität des Ruhe-, Nacht-, Druck- und Anlaufschmerzes, die subjektive Schmerzverbesserung in Prozent im Vergleich zum Schmerzbefund vor der (Placebo-)Stoßwellentherapie, Dauer der schmerzfreien Gehstrecke und Größe der schmerzfreien Gewichtsbelastung der Ferse in Kilogramm. Zusätzlich erfolgte die Überprüfung der Verblindung des Patienten durch Abfrage über Vermutung zum zugehörigen Therapiearm nach der dritten Intervention. Die Nachuntersuchungen werden von einem unabhängigen Observer durchgeführt. Nur für die Therapieversager der Placebogruppe war nach dem 3. Monat nach dem letzten Behandlungstermin ein Therapiewechsel möglich (partielles cross-over). Der Ablauf der Studie ist in Abbildung 2 schematisch dargestellt.
Abb. 2 Ablaufschema der deutschen Multicenterstudie zur ESWT bei Plantarfasciitis. R = Zentrale telefonische Randomisierung
Die Einnahme von NSAR oder Schmerzmitteln war nur bis maximal 3 Tage nach jeder Intervention erlaubt. Die darüber hinausgehende Einnahme von NSAR und/oder Schmerzmitteln sowie die Anwendung anderer konservativer Therapieverfahren oder operative Maßnahmen wurden als Therapieversagen bewertet, unabhängig vom Ergebnis des R/M-Scores. Eine minimale klinisch relevante Differenz von 20% zwischen Verum- und Placebogruppe wurde vor der Studie per Expertenkonsens unter den beteiligten Zentren festgelegt. Die Studie besitzt in Bezug auf das Hauptzielkriterium einen konfirmatorischen Charakter. Es wurde jeweils ein zweiseitiges 95%-Konfidenzintervall berechnet und der zweiseitige exakte Test von Fisher angewendet. Die primäre Auswertung erfolgte nach dem intention to treat-Prinzip. Die Hauptauswertung wurde durch explorative Nebenauswertungen ergänzt.
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Tab. 2 Ergebnisse für das Hauptzielkriterium „Erfolgsrate“ und das Nebenzielkriterium „R/M Score“ Zielkriterium
ESWT n (%)
Placebo n (%)
Differenz in % mit 95% KI
Erfolgsrate 12 Wochen
43 (33,9)
39 (30,2)
3,6 [–8,0; 15,1]
R/M Score 1 oder 2 6 Wochen 12 Wochen 1 Jahr
28 (21,7) 58 (45,7) 91 (80,5)
33 (25,0) 52 (40,3) 87 (75,7)
–3,3 [–13,7; 7,1] 5,4 [–7,0; 17,5] 4,9 [–6,0; 16,0]
R/M Score = Schmerz-Score nach Roles und Maudsley; KI = Konfidenzintervall
Ergebnisse 272 Patienten wurden zwischen 3/99–2/01 eingeschlossen. Die geplante Anzahl an Impulsen und Energiestufe wurde in allen Fällen erreicht. Die Verblindung der Patienten war sehr erfolgreich, denn 74,2% der ESWT-Gruppe und 68,5% der Placebogruppe glaubten tatsächlich ESWT erhalten zu haben. Das Hauptzielkriterium konnte bei 94,5% der Patienten erhoben werden, die Ergebnisse hierfür sowie für des wichtigste Nebenzielkriterium sind in Tabelle 2 dargestellt. Die Differenz der Erfolgsraten lag bei 3,6% mit einem 95% Konfidenzinterval von (–8,0%; 15,1%) (p = 0,5927). Kein einziges Nebenzielkriterium zeigte einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen zu irgendeinem Nachuntersuchungszeitpunkt (Daten nicht dargestellt). Nach 12 Monaten hatten 36,3% der Patienten in der ESWT-Gruppe und 55,7% in der Placebo-Gruppe weitere Therapien erhalten, wobei die Anzahl in beiden Gruppen mit Ausnahme der nach Erhebung des Hauptzielkriteriums dann für Therapieversager möglichen Verum-ESWT (ESWT: 13, Placebo: 44) gleich war. Ein Patient in jeder Gruppe hatte eine Operation erhalten. Nur wenige, als harmlos bewertete Nebenwirkungen traten bei 24 Patienten (17,9%) der ESWT-Gruppe und bei 12 Patienten der Placebogruppe (8,8%) auf. Es waren vor allem Hautrötung, Schmerz und lokale Schwellung.
Diskussion Die Beurteilung des Wertes der ESWT zur Therapie der plantaren Fasciitis ist nicht einfach, liegen doch mittlerweile mehrere randomisierte kontrollierte Studien unter Einschluss einer hohen Patientenanzahl mit teils widersprüchlichen Ergebnissen vor.
Die oben vorgestellte deutsche Mulicenterstudie ist die weltweit größte randomisierte und kontrollierte Studie zur ESWT bei Plantarfasciitis und die einzige Studie, bei der bislang der Verblindungserfolg der Patienten überprüft wurde [7]. Der korrekten Verblindung kommt ein sehr hoher Stellenwert gerade bei der schmerzhaften ESWT-Behandlung zu, da hier leicht eine unbeabsichtigte Entblindung und damit eine Verzerrung der Ergebnisse zu befürchten ist. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die ESWT keine Überlegenheit der ESWT gegenüber einer Placebobehandlung unter Lokalanästhesie hat. Zu keinem Nachuntersuchungszeitpunkt fand sich bei irgendeinem der Zielkriterien ein relevanter Unterschied zwischen Placebotherapie und ESWT. Die aus der Literatur bekannten Ergebnisse für die Verum-ESWT nach drei Monaten konnten bestätigt werden und lagen nach einem Jahr sogar über den Ergebnissen einiger Vorpublikationen [12, 13]. Entscheidend für die Frage nach einer Wirksamkeit der ESWT ist jedoch die Tatsache, dass auch in der Placebogruppe unter Lokalanästhesie ein gleich gutes klinisches Resultat erzielt werden konnte. Das gute Ergebnis in beiden Gruppen ist auf den günstigen Spontanverlauf der Plantarfasciitis und möglicherweise auf den Einfluss der Lokalanästhesie zurückzuführen. Die ESWT konnte hier ganz offensichtlich keinen weiteren spezifischen Verbesserungseffekt erzielen. Bestätigt wird das negative Ergebnis dieser hochwertigen Studie durch eine zweite methodisch korrekt geplante und durchgeführte Studie, die ebenfalls bei keinem einzigen Zielkriterium einen Unterschied zwischen ESWT und Placebotherapie feststellen konnte [4]. Im Unterschied zu anderen Studien wurde hier auf jegliche Lokalanästhesie [7, 11] oder Regionalanästhesie [11] verzichtet und eine „Minimal“-ESWT anstelle echter Placebo-ESWT in der Kontrollgruppe eingesetzt. Die absoluten Ergebnisse lagen hier in beiden Gruppen bei etwa 25% Erfolg, wobei ein direkter Vergleich mit den anderen Arbeiten aufgrund unterschiedlicher Erfolgsdefinition schwierig ist (Tab. 3). Eine kleinere Studie [15] an 88 Patienten ergab gleichfalls ein negatives Ergebnis, allerdings ist aufgrund des kleineren Kollektives hier die Gefahr größer, einen eventuell vorhandenen kleinen Effekt der ESWT nicht entdeckt zu haben. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser kleine Wirkunterschied dann aber nicht klinisch relevant wäre. Drei aktuelle Arbeiten zeigen auf den ersten Blick ein positives Resultat der ESWT, das aber näherer Betrachtung nicht standhält: Eine große Studie, die wegen einer Wirkdifferenz von 17% zwischen beiden Gruppen zur Zulassung
M. Haake Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) Tab. 3 Wichtigste Merkmale der kontrollierten Studien zur ESWT bei Plantarfasciitis
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Autoren
Intervention
Verblindungskontrolle
Erfolg (ESWT vs. Kontrolle)
n
NU-Zeit
Haake et al.: BMJ 2003
3 × 4000 a 0,08 mJ (0,96 J/total)
Ja
34 vs. 31% Gesamterfolg
272
3/12 Monate
Speed et al.: J Orthop Res 2003
3 × 1500 a 0,12 mJ (0,54 J/total)
Nein
Divergent 34,7 vs. 29%
88
3/6 Monate
Rompe et al.: Am Sport Med 2003
3 × 2100 a 0,07 mJ (0,441 J/total)
Nein
Nur Anlaufschmerz signifikant besser
45
6/12 Monate
Buch et al.: * Orthopäde 2002
1 × 3800 a 0,36 mJ (1,368 J/total)
Nein
Nur Anlaufschmerz signifikant besser
150
3 Monate
Buchbinder et al.: JAMA 2002
3 × 1000, variable mJ (1,4 J/total)
Nein
26 vs. 25% Gesamtschmerz
166
3 Monate
Ogden et al.: Clin Orthop 2001
1–2 × 1500 a ?? mJ (n. bek./total)
Nein
47 vs. 30% diverse Parameter
260
3 Monate
NU-Zeitraum = Nachuntersuchungszeitraum; MJ = Millijoule; J = Joule; NU = Nachuntersuchung; * Buch et al. [3] ist identisch mit Theodore et al. [16]
des geprüften Gerätes in den USA geführt hat, weist auf den ersten Blick alle erforderlichen Kriterien für eine hochwertige Studie auf [11], die Ergebnisse sind jedoch statistisch nicht signifikant [7]. Bei genauer Betrachtung wird ferner nicht klar, wie randomisiert wurde und ob das „Concealment“ aufrecht erhalten werden konnte. Zwei unterschiedliche Formen der Anästhesie in den beiden Therapiegruppen könnten schon alleine für den gemessenen Wirkunterschied verantwortlich sein, der dann der Stoßwelle zugeschrieben wurde. Zudem wurden erhebliche Fehler bei der Auswertung und Präsentation der Daten publiziert [1]. Ein weiteres Gerät erreichte kürzlich die Zulassung durch die amerikanische „Food and Drug Administration“ aufgrund der positiven Wirkung auf den für die Plantarfasciitis typischen Anlaufschmerz [3, 16]. Allerdings waren die meisten anderen Zielkriterien, die wesentlich aussagekräftiger und klinisch relevanter erscheinen (z. B. Roles und Maudsley-Score, AOFAS-Score, diverse Schmerzscores) ohne Unterschied zwischen ESWT und der Placebogruppe. Eine alleinige Verbesserung des Kriteriums „Anlaufschmerz“ ohne einen messbaren Unterschied bei etablierten Scores lässt nicht nachvollziehen, weshalb die Autoren hieraus eine klinisch relevante Wirksamkeit der ESWT abzuleiten glauben. Eine kleinere Studie an 45 Langstreckenläufern soll nach Meinung der Autoren einen Effekt der ESWT gegenüber einer Placebobehandlung zeigen [12]. Es stellt sich aber gerade bei diesem Patientenkollektiv die Frage, weshalb der morgendliche Anlaufschmerz als Hauptzielkriterium gewählt wurde. Die Gruppendifferenzen im parallel erhobenen AOFAS-Score sind nach 12 Monaten nur noch marginal und die Standardabweichungen überlappen. Kon-
fidenzintervalle, die eine Effektgröße würden abschätzen lassen, wurden ebensowenig mitgeteilt wie beispielsweise Aussagen über die schmerzfreie Laufstrecke der Athleten. Die beiden größten, nicht mit dem Ziel einer Gerätezulassung durchgeführten unabhängigen Studien sind auch in ihrer biometrischen Qualität höher zu bewerten und zeigten in allen Zielkriterien einheitlich negative Resultate [4, 7]. Somit muss den in diesen Studien gewonnenen Ergebnissen eine wesentlich höhere Evidenz zugeschrieben werden, obwohl es sich bei allen besprochenen Studien formell um prospektive randomisierte Studien handelt. Selbst die Studien, die nach Meinung ihrer Autoren eine positive Wirkung der ESWT gezeigt haben, waren jeweils nur in einem (beispielsweise nur Anlaufschmerz) von mehreren Zielkriterien positiv, so dass schon innerhalb der selben Studie ein sehr inhomogenes Bild bezüglich Erfolg oder Misserfolg besteht. Sollte hier tatsächlich ein Therapieeffekt vorhanden sein, so wäre er sicher als sehr klein zu bewerten und klinisch irrelevant. Bei der Plantarfasciitis scheint die ESWT daher bei den bisher geprüften unterschiedlichen Anwendungsmodalitäten und auch unter Einsatz von verschiedenen Geräten keine klinisch relevante Wirkung zu besitzen. Es wurde gelegentlich angeführt, dass die Verwendung von Lokalanästhesie (LA) das Ergebnis der deutschen Studie negativ bezüglich der ESWT-Wirkung beeinflusst haben könnte. Dieses Argument ist nicht stichhaltig, liegen die Ergebnisse der VerumESWT mit LA doch gleich gut oder gar besser als in Studien, die ESWT ohne LA verwendeten [12, 13, 15, 16]. Zudem kamen auch Studien ohne LA-Verwendung gleichfalls zu negativen Ergebnissen [4, 15].
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Es wäre theoretisch denkbar, dass schon aufgrund von gesteigerten Placeboeffekten [9] und hoher Patientenerwartungen [8] ESWT ohne LA besser wäre als eine Kontrollgruppe, die gar nichts erhält oder nur Placebo-ESWT ohne LA. Allerdings würde sich dann die Frage nach der klinischen Wertigkeit dieser teuren und zeitintensiven Therapie stellen, die nicht besser wäre als eine Infiltration mit LA.
Schlussfolgerung Nach der bisherigen Datenlage lässt sich für die ESWT bei der Plantarfasciitis eine klinisch relevante Wirksamkeit mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die ESWT sollte daher nicht mehr im klinischen Alltag, sondern allenfalls noch im Rahmen weiterführender kontrollierter randomisierter Studien angewendet werden. Angesichts der guten Erfolgsraten von ca. 75% nach 1 Jahr unter Placebotherapie mit Lokalanästhesie auch bei „chronischer“
Plantarfasciitis stellt sich die Frage, ob diese sehr gutartigen wenn auch langwierigen Verläufe überhaupt noch durch irgendeine Therapie verbessert werden können. n Danksagung Zur Planung, Durchführung und Auswertung der Studie haben wesentlich beigetragen: Dr. Mathias Buch aus der Orthopädischen Klinik Kassel, Dr. Hans-Helge Müller, Karin Zamzow, Dr. Inke R. König, Ralf Kress und Tanja Krinke aus dem Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie der Philipps-Universität Marburg, Dr. Helge Prinz, Carmen Schade-Brittinger und Monitor(inn)e(n) des Koordinierungszentrum für Klinische Studien der Philipps-Universität Marburg. Zahlreichen Patienten und Mitarbeiter(inne)n in den folgenden klinischen Zentren gebührt besonderer Dank: Orthopädische Klinik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Klinik für Orthopädie der Martin-Luther-Universität Halle, Rehbergklinik St. Andreasberg, Orthopädische Klinik der Ludwig Maximilians Universität München, Klinik für Orthopädie des Universitätsklinikums Lübeck, Orthopädische Klinik der ChristianAlbrechts-Universität Kiel, Orthopädische Universitätsklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und Praxis Dr. C. Riemert in Westerburg.
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