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Flora (1984) 175: 249-256
Freilanduntersuchungen zum Wasserhaushalt von M ercurialis perennis und Asarum europaeum K.
GRIMME
Systematisch·Geobotanisches Institut der Universitat Gottingen, BRD
Water Relations of M ercurialis perennis and Asarum europaeum in Their Natural Habitat Summary In a Melico·Fagetum hOldelymetosum community, plant water relations of Mercurialis peren· nis and Asarum europaeum were studied in October 1982. After a preceding long and sunny period without rain, at the beginning of October both plant species appeared quite different due to water stress on three neighbouring sites in close vicinity to each other. At the first site the plants seemed to wilt, on the second they were fully expanded, and on the third they were neither wilted nor expanded. These differences in the shape were reflected by the leaf water potential and the osmotic component. Apparently small scale micro climatical changes between sites lasting for a longer period were mainly responsible for the site differences. On the other hand Mercurialis showed more negative values in leaf water potential and osmotic component on each site compared to Asarum. This differential behaviour between species can be explained by the fact that during extensive dry periods Mercurialis does not close its stomata, while Asarum early reduces tran· spiration.
Einleitung Der warme und niederschlagsarme Sommer 1982 lieB neben einigen anderen Arten Mercurialis perennis im Kalkbuchenwald groBflachig vertrocknen. Nur an wenigen Orten iiberlebten die oberirdischen Organe diese Durre und starben erst spater im Jahr durch Frosteinwirkung abo Anfang Oktober fiel auf, daB sich Mercurialis auf drei eng benachbarten Flachen sehr unterschiedlich verhielt. Wahrend auf der einen die Blatter voll turgeszent waren, schienen sie auf einer anderen welk, die an einem dritten Ort sahen nicht mehr voll turgeszent aber auch noch nicht welk aus. Fur die Blatter von Asarum europaeum galt dasselbe, jedoch nicht so deutlich ausgepragt wie fiir Mercurialis. In diesem Beitrag solI versucht werden, den Zustand der Pflanzen anhand der wichtigsten GraBen des Wasserhaushalts zu beschreiben und die Grunde fur das unterschiedliche Verhalten zu diskutieren.
Versuchsflachen und Methoden Die ausgewahlten drei Flachen, jede etwa 3 m voneinander entfernt, lagen auf dem Muschelkalk·Plateau des Gottinger Waldes. Sie trugen ein Melico·Fagetum hordelymetosum, Mercurialis· Variante (WINTERHOFF 1963). Der Bodentyp der Flache 1 mu!3te als Braunerde bezeichnet werden. Die Entwicklungstiefe betrug ca. 40 cm, mit einer Horizontgrenze in 10 cm. Der Oberboden war deutlich schluffiger als der Unterboden, was auf Lo!3beimengungen hindeutete. Flache 2 war durch eine 20 cm machtige, typische Mull·Rendzina charakterisiert. Der Boden der Flache 3 wer bis in 40 cm Tiefe entwickelt.
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Horizontgrenzen waren nicht zu erkennen. Hier muBte angenommen werden, daB durch Umlage. rungsprozesse stark humoses Material in groBere Tiefen gelangt war. Der Bodentyp wurde als Rendzina benannt. Die Mikroklima·Daten wurden von einer in etwa 10 m Entfernung aufgebauten Gaswechsel· MeLlanlage iibernommen. Dabei wurde die photosynthetisch aktive Strahlung mit einem Quantum. Sensor (LI.190S-1, Fa. Li-Cor, Lincoln, USA), die Lufttemperatur mit einem Pt-l00-Widerstandsthermometer und die relative Luftfeuchte mit einem Taupunktspiegel (Fa. Walz, Effeltrich) bestimmt. Aus Temperatur und Feuchte lieB sich das Sattigungsdefizit errechnen. Diese Daten sollen der allgemeinen Beschreibung der Witterungsbedingungen dienen. Der Boden-Wassergehalt wurde gravimetrisch am Feinmaterial aus jeweils sechs Bohrstock· proben iiber die gesamte entwickelte Tiefe bestimmt. In je 3 Kleinregenmessern wurde der Nieder· schlag aufgefangen. KenngroBen des Wasserhaushalts wurden an den Arten Mercurialis perennis und Asarum europaeum bestimmt. So wurde ihr Blatt-Wasserpotential an je 2 Pflanzen pro Flache jeweils zwischen 9.00 und 10.00 Uhr mit Thermoelement-Hygrometern (L-51 in Verbindung mit d"em MeBgerat HR-33T, Fa. Wescor, Logan, USA) ermittelt (CAMPBELL & CAMPBELL 1974). Gemessen wurde im "dew point"-Verfahren. Umfangreiche Vorversuche hatten gezeigt, daB diese MeBmethode im Wald einsetzbar ist (BROWN & TANNER 1981; GRIMME in Vorbereitung). Nach dem Abtoten der Blatter (20 min in kochendem Wasser) erfolgte die kryoskopische Bestimmung (Osmo. meter 3WII, Fa. Advanced Instruments, Needham Heights, USA) der osmotischen Komponente des Gesamt-Wasserpotentials am ausgepreBten Zellsaft (WALTER & KREEB 1970). Die Verdiinnung des Zellsafts durch apoplastisches Wasser wurde nicht beriicksichtigt, so daB die osmotische Komponente zu hoch bestimmt wurde (TYREE 1976). So war am 5. 10. auf Flache 1 der Turgor von Mercurialis nahe Null, der von Asarum sogar negativ. M. E. ist dies auf den methodischen Fehler zuriickzufiihren. Die Druck-Komponente des Gesamt-Wasserpotentials, der Turgor, wurde als Differenz berechnet, wobei eine matrikale Komponente als vernachlassigbar angenommen wurde (RICHTER 1976). Gelegentliche Bestimmungen der Transpiration erfolgten mit einem Porometer (LI 1600, Fa. Li·Cor, Lincoln, USA).
Ergebnisse Die Abb. 1 und 2 zeigen im oberen Teil die Tagesmittelwerte der Strahlung und einiger KlimagroBen. Die Witterung im Oktober war insgesamt mild mit Maxima der Lufttemperatur und des Sattigungsdefizits der Luft zu Anfang und urn den 20. Oktober. Infolge des einsetzenden Laubabwurfs der Baume nahm die Strahlung geringfligig zu. Wahrend der Untersuchungen fiel auf, daB die Pflanzen auf Flache 1 starker und langer besonnt wurden als die auf 2 und 3. Orientierende Messungen am 16.9., unter ahnlicher atmospharischer Anspannung wie am 5. 10., belegen diese Beobachtung (Tabelle 1). Entsprechend dem unterschiedlichen StrahlungsgenuB waren auch die Lufttemperaturen differenziert. Solche kleinsten mikroklimatischen Unterschiede im Schwachlichtbereich sind eng mit der Biomasse-Entwicklung korreliert (WERNER et al. 1982). Infolge einer vorausgegangenen, niederschlagsarmen Periode waren die BodenWassergehalte Anfang Oktober niedrig. Lediglich die Pflanzen auf Flache 3 schienen besser mit Wasser versorgt. Regenreiche Tage lie Ben dann die Boden-Wassergehalte Tabelle 1. Strahlung und Lufttemperatur am 16. 9. um 13.00 Uhr
Flache 1 Flache 2 Flache 3
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Lufttemperatur
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°C
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25. Okl. 1982
Abb. 1. Mercurialis perennis: Verlauf wichtiger GroJ3en des Wasserzustands in der Pflanze in Abhangigkeit von einigen Standortsfaktoren im Oktober 1982.
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25.0kt. 1982
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uberall nahezu gleich giinstig werden. Spater trocknete nur der Boden der Flache 1 etwas aus, was zum Teil auf die mikroklimatischen Bedingungen zuruckzufUhren ist. Dber die Yerfiigbarkeit des Bodenwassers kann allerdings nichts ausgesagt werden. Doch zeigen pF-Kurven vergleichbarer Boden des Gottinger Muschelkalk-Plateaus, da13 mit \Vassergehalten urn 30 Gew. % der permanente Welkepunkt sicher unterschritten ist (GRIMME 1977). 1m Untersuchungszeitraum fielen insgesamt auf Flache 1 und 3 25,1 bzw. 25,2 mm, auf 2 29,4 mm Niederschlag. Damit wurde die Flachgriindigkeit der Flache 2 sicher etwas ausgeglichen. Das unterschiedliche Verhalten der Pflanzen auf den drei Flachen zu Beginn der hier vorgestellten Untersuchungen spiegelte sich im Blatt-Wasserpotential deutlich wider (Abb. 1 und 2). Wie zu erwarten, zeigten beide Arten eine Abstufung im Wasserpotential entsprechend dem herrschenden Mikroklima und Bodenwasser: Flache 1 < Fliiche 2 < Flache 3. Wahrend beide Arten auf Flache 1, auf der die Blatter welkten, ahnlich negative Wasserpotentiale zeigten, wies Mereurialis auf den iibrigen Flachen weit niedrigere Werte auf als Asarum. Dies hangt sicher mit der verschiedenen Ausbildung des Wurzelsystems und mit der unterschiedlichen Transpirationsintensitat beider Arten zusanunen. Asarum wurzelte in den obersten 2 bis 3 em des Mineralbodens, wogegen Mereurial is seinen Hauptwurzelhorizont bis in 5 em Tiefe ausdehnte. Einzelne Wurzeln erreichten sogar den Cv-Horizont. Bezieht man nun fUr beide Arten die Wurzeltrockenmasse auf dieselbe Blattflache, so hatte Mereurialis Anfang August 6,3mal soviel Wurzeln ausgebildet wie Asarum (mdl. Mitteilung: A. Eggert, Gottingen). Damit war die Einnahmeseite des Wasserhaushalts fUr Mereurialis gunstiger als fUr Asarum. Am 16.9. betrug die Wasserabgabe von Mereurialis urn 13.00 Uhr auf Flache 3 1,76 und die von Asarum 0,96,ug S-l em -2 Blattflache (Summe von Ober- und Unterseite). Auf Flache 1 unterschieden sich beide Arten in der Transpiration weniger deutlich (i1Iereurialis: 0,48; Asarum: 0,36). Der Anteil der Blattoberseite, die keine Stomata aufweist, betrug fUr beide Arten etwa 0,15. Mereurialis mu13 also noch stomatar verdunstet haben. Auch hat die Aufnahme vieler Tagesgange gezeigt, da13 die Wasserabgabe von Mereurialis wahrend der Belaubung der Baume fast ausschlie13lich yom Sattigungsdefizit der Luft bestimmt wird (KRIEBITZSCH & GRIMME, in Vorbereitung). Eine hydroaktive Einschrankung der Transpiration uber Mittag mit nachfolgender Erholung im Blatt-Wasserpotential wurde nicht beobachtet. Nach einer langeren Regenperiode erholten sich aIle Pflanzen wieder vollstandig. Es waren keine Sehaden dureh den vorangegangenen Wasserstress zu erkennen. Auch der Photosyntheseapparat schien keine Naehwirkungen zu zeigen, was durch Messungen des CO 2 -Gaswechsels fUr Mereurialis belegt wurde. Am 9. 10. unterschieden sieh die Blatt-Wasserpotentiale beider Arten auf allen Flachen nur noeh wenig voneinander. Die Boden-Wassergehalte auf Flache 1 und 2 hatten sich jedoeh, uber die gesamte Tiefe gesehen, gegenuber dem 5. 10. kaum erh6ht, so daB in erster Linie wohl der geringer gewordene Verdunstungsanspruch der Atmosphare fur die Erholung im Blatt-Wasserpotential Ausschlag gebend war. Am 15. 10., unter weiterhin milden Witterungsbedingungen, waren die Boden-Wassergehalte in allen Fliichen nahezu gleieh gro13, und die Hygrometer erreichten mit Wert en urn -1 bar die obere Grenze im MeBbereieh. Erst eine Troekenperiode mit hoherer atmosphariseher Anspannung urn den 20. 10. lieB das Wasserpotential wieder sinken. Dies gilt besonders fUr Mereurialis auf allen untersuehten Flachen, wogegen Asarum nur auf Flache 1 eine Erniedrigung urn 3 bar (Mereurialis: 9 bar) zeigte. Ii
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Nachfolgender Regen, verbunden mit niedrigen Sattigungsdefiziten der Luft, fUhrte dann wieder zu einer Erholung der Pflanzen auf allen Flachen mit Blatt-Wasserpotentialen urn -1 bar. Frost lieB Mercurialis dann Anfang November oberirdisch absterben. Mit einer Ausnahme, Asarum am 15. 10., die aber sic her im Bereich der Streuung liegt, zeigte die osmotische Komponente des Gesamt-Wasserpotentials beider Arten auf den Untersuchungsflachen immer dieselbe Abstufung: Sie war auf Flache 1 stets am niedrigsten, auf Flache 3 am hochsten. Dies muB als Anpassung an den jeweiligen Standort gesehen werden (WALTER 1960). Die osmotische Komponente der Pflanzen auf Flache 3 anderte sich im Oktober kaum. Mercurialis wies mit -13 bis -14 bar um etwa 2 bar negativere Werte auf als Asarum. Diese Daten entsprechen den von JAGNOW (1951) fUr Pflanzen des Gottinger Waldes mitgeteilten osmotischen Werten. Aufgrund der milden Witterung im Oktober war eine regulatorische Erhohung der Zellsaftkonzentration noch nicht eingetreten. Auf den Flachen 1 und 2 zeigten die Arten dagegen einen deutlichen Gang in der osmotischen Komponente. Wahrend der Trockenheit waren die Werte niedriger als in Zeiten geringer atmospharischer Anspannung (ELLENBERG 1978). Mit 5 bis 6 bar war der Unterschied zwischen beiden Arten am 5. 10. am groBten. Dasselbe Verhalten fand JAGNOW (1951). Der Turgor ahnelte in seinem VerIauf eher dem Gang des Blattwasserpotentials als dem der osmotischen Komponente. Dies ist verstandlich, da das Blatt-Wasserpotential starker schwankt als die osmotische Komponente, und der Turgor als DifferenzgroBe errechnet wird. Mit Ausnahme des 21. 10. wies Mercurialis immer einen hoheren Turgor auf als Asarum. Ein hoher Turgor ist fUr die Pflanze vorteilhaft, da er eng mit der Wachstumsrate korreliert ist (ACEVEDO et al. 1971). Am 21. 10. zeigten beide Arten gleichgroBe Werte. Dies ist auf das Sinken des Blatt-Wasserpotentials, verbunden mit nahezu gleichbleibender osmotischer Komponente, von Mercurialis zuriickzufUhren. Das eingangs beschriebene, unterschiedliche Aussehen der Pflanzen auf den drei Flachen spiegelt sich in den errechneten Turgorwerten wider.
Diskussion Sowohl Mercurialis als auch Asarum zeigen auf eng benachbarten Flachen groBe Unterschiede im Blatt-Wasserpotential und in der osmotischen Komponente. Diese Differenzen sind weniger in verschiedenen Boden-Wassergehalten infolge der Niederschlagsverteilung (Kronentraufe) begriindet; sie ergeben sich vielmehr aus Unterschieden im herrschenden MikrokIima auf diesen Flachen. Hier sind besonders die Faktoren Strahlung und Sattigungsdefizit der Luft zu nennen. Von beiden ist bekannt, daB ihre Zunahme tiber eine erhohte Transpiration zu einem Sinken im Blatt-Wasserpotential und in der osmotischen Komponente ftihrt. Nun erscheinen die gemessenen Differenzen in der Strahlung und in der Lufttemperatur auf den einzelnen Flachen (Tabelle 1) im Verhaltnis zur Abstufung im Blatt-Wasserpotential gering. Doch herrschten diese Unterschiede wahrend der fast einen Monat anhaltenden, niederschlagsfreien Schonwetterperiode, so daB sich durch eine Summation der Einfltisse die Abstufung im Blatt-Wasserpotential und in der osmotischen Komponente erklaren laBt. Mercurialis schlieBt auch wahrend langer Trockenperioden mit Erschopfung des Boden-Wasservorrats und unter starker atmospharischer Anspannung nicht die Spalten. Der Vorteil dieses Verhaltens ist, daB auch in solchen Phasen CO 2 aufgenommen werden kann. Mercurialis muB demnach mit LEVITT (1972) als "water spender" bezeichnet werden, die einem "Verhungern" nur dadurch entgehen kann, daB sie ihre
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Stomata wahrend des ganzen Tages geoffnet halt. Allerdings fiihrt dieses Verhalten zu einem weiten Absinken im Blatt-Wasserpotential. Wenn auch Mercurialis im Vergleich zu Asarum mehr Wurzelmasse ausbildet, bezogen auf dieselbe transpirierende Blattflache, so ist damit iiber die Leistungsfahigkeit des Wurzelsystems im Hinblick auf die Wasseraufnahme noch nichts ausgesagt. Weiter werden Leitungswiderstande in der Pflanze eine Rolle spielen, die hier ebenfalls nicht beurteilt werden konnen. Parallel zum Sinken im Blatt-Wasserpotential wird auch die osmotische Komponente stark erniedrigt. Dies geschieht zum einen passiv: Je negativer das Blatt-Wasserpotential ist, um so mehr Wasser wird zunachst den an das Xylem grenzenden, spater aufgrund des Potentialgefalles entfernteren Zellen entzogen (FlieBgleichgewicht) Die Konzentration der osmotisch wirksamen Substanzen in den Zellen steigt damit. Zum anderen werden in Diirreperioden solche Substanzen in der Zelle angereichert (SIMONIS 1936). So wird das Verhalnis von hoher- zu niedermolekularen Kohlehydraten auf die Seite der niedermolekularen verschoben (JEREMIAS 1966). Nach den Ergebnissen von PISEK & WINKLER (1953) schrankt Asarum schon bei geringen Wasserverlusten die Transpiration ein, kann dann aber lange weiter transpirieren, ohne Trockenschaden zu erleiden. 1m Gegensatz zu Mercurialis vermeidet diese Art ein weites Absinken des Blatt-Wasserpotentials und der osmotischen Kom. ponente. So wurden auf 2 benachbarten Flachen die niedrigsten Blatt-Wasserpotentiale mit -31,5 und -37,0 bar an Mercurialis bestimmt, wogegen Asarum um -17 bar zeigte. Wahrend Asarum die Trockenperiode iiberlebte, verdorrte Mercurialis dort. SIMONIS (1936) untersuchte die maximal erreichbaren osmotischen Werte vieler Arten im Topfversuch. Fiir Mercurialis fand er 34,6 und fiir Asarum 20,3 atm., wobei Asarum wesentlich langer als Mercurialis brauchte, um diesen Wert zu errei· chen. Da Mercurialis kurz vor dem Vertrocknen sic her keinen Turgor mehr hatte, entsprechen sich numerisch der osmotische Wert und das Blatt-Wasserpotential. Die am Standort ermittelten Daten stimmen gut mit den im Kulturversuch gewonnenen iiberein. Die geschilderten Ergebnisse decken sich mit der von SIMONIS (1936) getroffenen Zuordnung der beiden Arten zu Wasserhaushaltstypen: Mercurialis als Vertreter der euryhydren, Asarum als der der stenohydren Schattenpflanze. Beide Arten konnen nach Welkebeginn noch lange ohne zusatzliche Wasserzufuhr auskommen. Mercurialis erreicht dies, indem die osmotische Komponente stark erniedrigt wird, Asarum durch friihzeitige ~inschrankung der Transpiration. Beide Mechanismen dienen der Aufrechterhaltung des Turgors. In Normaljahren steHt das geschilderte Verhalten von M ercurialis in den fiir diesen Standort typischen Austrocknurigsphasen fiir die Art sicher kein Problem dar. Treten aber auBergewohnlich lange Schonwetterperioden auf, dann vertrocknen die oberirdischen Organe. Nur auf tiefgriindigen Boden kann Mercurialis solche Phasen unbeschadet iiberstehen. Auf flachgriindigen Boden miissen andere, auf den Wasserhaushalt sich giinstig auswirkende Faktoren hinzukommen. Zu denken ist hierbei an ein infolge starkerer Beschattung gemildertes Mikroklima mit geringeren Sattigungsdefiziten der Luft und niedrigeren Blattemperaturen.
Zusammenfassung 1m Oktober 1982 wurde in einem Melico-Fagetum hordelymetosum der Gang einiger GroJ3en des Wasserhaushalts an Mercurialis perennis und Asarum europaeum verfolgt. Naeh einer lang anhaltenden Troekenperiode sa hen beide Arten auf 3 eng benachbarten Flachen sehr unterschiedlich aus: Auf der einen schienen die Pflanzen zu welken, auf einer anderen waren sie noch voll turgeszent, auf einer dritten weder welk noch turgeszent. Dieses verschiedene Aussehen spiegelte 17*
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sich im Blatt-\Yasserpotential und in der osmotischen Komponente wider. Als Grund fur den unterschicdlichen Wasser stress auf den 3 Fliichen werden geringe Differenzen im Mikroklima angesehen. "-eiter wies Mercurirtlis auf jeder Fliiche immer negativere Werte im Blatt-Wasserpotential und in der osmotischen Komponente auf als Asarum. Die Erklarung liegt im verschiedenen Verhalt en beider Arten. Mercurialis schliel.lt auch wahrend langer Trockenperioden nicht die Stomata und nimmt damit ein starkes Absinken der osmotischen Komponente in Kauf. Asarum dagegen schriinkt die Transpiration fruhzeitig ein.
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