Flora, Ed. 151, S.162-201 (1961)
(Aus dem Max-Planck-Institut fiir Ziichtungsforschung, Abteilung fiir Plasmavererbung, Kiiln-Vogelsang)
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen zur Plasmavererbung I. Uher zufallsgemaBe und einseitige Verteilung plasmatischer Erbtrager wahrend der Zellteilungen, zugleich ein Beitrag zur Analyse intraindividueller Scheckungsmuster 1) Von
P. Michaelis Mit 15 Abbildungen im Text (Eingegangen am 19. Januar 1961)
A. Einleitung
Obwohl die Plasmavererbung allgemein anerkannt und jedes Jahr durch neue Beispiele belegt wird, wird doch ihre Bedeutl.mg vielfach verkannt. Ein wesentlicher Grund fUr manche MiBverstiindnisse ist unser geringes Wissen iiber die stofflichen Grundlagen der Plasmavererbung. Zudem werden diese geringen Kenntnisse oft in unzulassiger Weise verallgemeinert. Es wird viel zu wenig beriicksichtigt, daB das Zellplasma eine Summe der verschiedensten Komponenten ist, deren jede sich bei der Weitergabe von Zelle zu Zelle und von Generation zu Generation verschieden verhalten kann. Es verhalten sich zudem die einzelnen Versuchsobjekte, sogar die einzelnen Objekte unter verschiedenen Bedingungen oft sehr wechselnd. Ohne genauere Beriicksichtigung der stofflichen Grundlagen ist es aber schwer, die Ergebnisse der Erbversuche richtig zu deuten. Es ist daher dringend notig, daB das Verhalten des Plasmas und seiner Bestandteile wiihrend Zellteilung und Befruchtung ausfUhrlicher untersucht wird und daB die Methoden zur Untersuchung dieses Verhaltens weiter ausgebaut werden. SoU die Umkombination plasmatischer Erbeinheiten beurteilt werden, so muB festgestellt werden konnen, ob diese Erbeinheiten wiihrend der Zellteilungen zufallsgemiiB auf die Tochterzellen verteilt werden oder ob sie einseitig in Zellen bestimmter Anordnung gelangen. Erfolgt die Verteilung zufallsgemiiB, so lassen sich die GesetzmiiBigkeiten der Plasmaumkombination mit statistischen Methoden berechnen. So 1) Herrn Professor Dr. W.
RUDORF
zum 70. Geburtstag gewidmet.
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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lassen sich zum Beispiel aus der Geschwindigkeit einer zufaIlsgemii13en Plasmaentmischung Rtickschltisse tiber die Zahl der sich entmischenden Erhtrager je Zelle und damit Rtickschltisse tiber die Lokalisierung der Erbfaktoren in bestimmten Plasmakomponenten ziehen (MICHAELIS 1955 a, 1955 b, 1958 b). Bei mehr oder minder einseitiger Verteilung sind solche Folgerungen aber nicht ohne weiteres moglich. Eine Lokalisierung muB hier mit anderen Methoden erfolgen. Es muB zum Beispiel zytologisch nach Parallelen zwischen dem Verhalten der Erbmerkmale und der Wanderung spezifischer Plasmaanteile gesucht werden. Aus zytologischen Untersuchungen ist seit langer Zeit bekannt, daB es sowohl eine zufaIlsgemaBe, wie eine einseitige Plasmaverteilung wahrend der Zellteilung gibt. Die Regel ist eine ± gleichmal3ige und weitgehend zufallsgemaBe Verteilung der Plasmabestandteile auf die Tochterzellen. Es sind aber auch ungleiche Verteilungen bekannt geworden, zum Beispiel wahrend der Embryoentwicklung der Tiere und wahrend Zellteilungen, die einer Differenzierung spezifischer Zellen und Gewebe vorausgehen (Lit. BUNNING 1957). Mit wenig Ausnahmen beziehen sich solche Beobachtungen aber nur auf das Gesamtplasma oder auf einige auffalligere Plasmakonstituenten, und es laBt sich nur schwer beurteilen, in welcher Weise sich die einzelnen plasmatischen Erbeinheiten bei solchen Verteilungvorgangen verhalten. Mit Hilfe licht- und elektronenoptischer Untersuchungen kann man zudem nur morphologisch verschiedene Plasmabestandteile vergleichen. Das Verhalten von Plasmakonstituenten, die durch Mutation eine verschiedene Wirkungsweise erhalten haben, wird mit zytologischenMethoden meistens nicht direkt beobachtet werden konnen. Selbst wenn in einem besonders gtinstigen FaIle solche Untersuchungen moglich sein sollten, so haben doch die Ergebnisse nur ftir die untersuchte Mutante Gtiltigkeit und konnen nicht auf andere Pflanzen tibertragen werden. Es ist also wiinschenswert, Methoden zu finden, die zur Erganzung der zytologischen Untersuchungen dienen konnen und mit deren Hilfe das Verhalten der plasmatischen Erbtrager festgestellt werden kann, ohne daB eine direkte zytologische Beobachtung der Zellteilungen notwendig ist. Bei der Kernvererbung wird aus dem Verteilungsmuster erbverschiedener Individuen in der Nachkommenschaft auf das Verhalten der Kerngene und der Chromosomen in der heterozygoten Mutter geschlossen. Ein im Prinzip ahnliches Verfahren laBt sich auch bei der Plasmavererbung anwenden, so man nur die wesentlichen Unterschiede zwischen Kern und Plasma beriicksichtigt. Eine Untersuchung von Kreuzungsnachkommenschaften ist aus mehreren Griinden wenig sinnvoll: bei Kreuzung von Organism en mit streng miitterlicher Plasmavererbung fehlt die Voraussetzung zur Plasmaumkombination, die Plasmamischung. Bei Organism en mit Plasmamischung bei der Befruchtung ist die Plasmaumkombination wegen der Vielzahl der unterschiedlichen Erbtrager sehr uniibersichtlich. Die groBte Schwierigkeit, urn aus der Verteilung der Individuen einer Kreuzungsnachkommenschaft auf das Plasmaverhalten schlieBen zu konnen, liegt aber in der Tatsache, daB eine Konstanz des Erbplasmas
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P.
MICHAELIS
innerhalb der einzelnen Individuen fehlen kann. Die Erkenntnis, da13 das plasmatische Erbgut schon bei jeder Zellteilung, also intraindividuell, umkombiniert werden kann, gibt nun aber eine ganz neue Moglichkeit zur Untersuchung des Verhaltens plasmatischer Erbtrager. Werden durch Plasmamutation Zellen erzeugt, die in Bezug auf eine Erbkomponente heteroplasmonisch sind, so kann aus dem Verteilungsmuster der durch intraindividuelle Umkombination entstehenden erbverschiedenen Zellen das Verhalten dieser Plasmakomponenten erschlossen werden. An die Stelle der Nachkommenschaftsanalyse kann die Analyse intraindividueller Zellmuster gesetzt werden. Als Modell einer solchen Musteranalyse eignen sich Untersuchungen von Scheck en, die durch Plastidenmutation entstanden sind. Entstehen durch Mutation aus normalgriinen Plastiden chlorophyllfreie Plastiden und werden beide Plastidentypen zufallsgema13 auf die Tochterzellen verteilt, so miissen in einem gleichma13ig wachsenden Gewebe auch "griine" und "wei13e" Zellen zufallsgema13 verteilt sein. Es miissen weiterhin auch die "wei13en" Flecken des Scheckungsmusters eine zufallsgema13e Anordnung zeigen. Bei einseitiger Verteilung sind Muster zu erwarten, die von den Mustern bei zufallsgema13er Verteilung abweichen. Bei der Musteranalyse von Plastidenschecken sollte es in besonders giinstigen Fallen sogar moglich sein, die Hypothesen iiber die Entstehung der Muster durch zytologische Untersuchungen des Plastidenverhaltens zu bestatigen und die Beziehungen zwischen Plastidenverteilung und Bildung der Scheckungsmuster zu klaren. Solche fiir das Modell der Plastidenvererbung giiltigen Dberlegungen miissen nltturgema13 aber auch auf Musterungen iibertragbar sein, die durch andere plasmatische Erbtrager gebildet werden, bei denen das Verhalten der Erbtrager selbst aber nicht zytologisch beobachtet werden kann. 1m Anschlu13 an solche Gedankengange wurden Mutationsversuche durchgefiihrt {MICHAELIS 1958 a) und bei allen auftretenden Scheckungen auf die Musterung geachtet. Die an die Mutationsversuche gestellten Erwartungen wurden bisher allerdings nur teilweise erfiillt. In den Mutationsversuchen mit radioaktiven Isotopen wurden zwar zahlreiche Plastiden- und Plasmaschecken aufgefunden. Bei der Mehrzahl der Schecken ,yurde eine ± zufallsgema13e Anordnung der Flecken innerhalb der Scheckungsmuster beobachtet, aber auch einige FaIle mit einseitiger Anordnung der abweichenden Gewebe gefunden. Leider war es aber bisher nicht moglich, die Beziehung zwischen Musterbildung und Plastidenverteilung in allen Einzelheiten zu klaren. Bei allen bisher aufgetretenen Schecken bildeten sich die Unterschiede zwischen normalen und abgeanderten Plastiden erst in Zellen aus, die ihre Teilungsfiihigkeit schon eingebii13t hatten. Das Verhalten der verschiedenen Plastidentypen lie13 sich also wahrend der Zellteilung selbst nicht direkt beobachten. Es konnte nur die Verteilung von normalen und mutierten Plastiden in den Zellen in den Beispielen einer zufallsgema13en Musterung untersucht und die Dbereinstimmung mit den theoretischen Erwartungen gepriift werden. Dber diese Untersuchungen ist an anderer Stelle zu berichten. Hier sollen vor all em die Grundlagen der Musteranalyse erortert
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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und einige FaIle zufallsgema13er und einseitiger Musterung beschrieben werden. Vielleicht ist es moglich, da13 dann noch giinstigere Beispiele erkannt und einer Untersuchung zugefiihrt werden konnen.
B. Grundlagen der Musteranalyse
Will man im Rahmen von Untersuchungen zur Plasmavererbung aus einem Scheckungsmuster Riickschliisse auf das Verhalten plasmatischer Erbtrager ziehen, so ist es notwendig, sowohl das Verhalten der plasmatischen Erbtrager zu betrachten als auch die entwicklungsgeschichtlichen Vorgange zu untersuchen, die zu der Musterbildung im Gewebe fiihren.
1. Die Grundlagen der zuhllsgema13en Plastidenumkombination Erste Voraussetzung fiir eine jede Vererbung ist, da13 die Vermehrung der Zellen mit der Vermehrung der Erbtrager so koordiniert ist, da13 die Erbtrager zum mindesten in den Zellen der Keimbahn erhalten bleiben. Erbtrager und Zellen miissen in einem ahnlichen Rhythmus vermehrt werden. Durch eine solche koordinierte Vermehrung entstehen bestimmteZahlengesetzma13igkeiten der diegenetische Information tragenden Plasmabestandteile. Untersuchungen an den Plastiden zeigen, da13 die Vorstellungen von einer koordinierten Teilung von Zellen und Erbtragern zum mindesten in den Meristemen zu Recht bestehen, da13 aber die absoluten Plastidenzahlen wahrend der einzelnen Entwicklungsphasen gesetzma13igen Schwankungen unterworfen sein konnen. Schlie13lich konnen bei der somatischen Differenzierung der Zellen die Plastidenzahlen in mannigfacher Weise abgewandelt werden (MICHAELIS 1961). Ein Charakteristikum der hoheren Pflanzen ist die Vielzahl der Plastiden und anderer plasmatischer Erbtrager je Zelle. Diese bedingt besondere Gesetzma13igkeiten der Plastidenverteilung. wenn eine Zelle durch Mutation oder durch Plastidenmischung bei der Befruchtung genetisch verschiedene Plastiden (heteroplastomatische Zellen) erhalten hat. Diese Gesetzma13igkeiten einer Plastidenverteilung lassen sich an Hand von Modellversuchen und durch statistische Berechnung ableiten, wobei es zweckma13ig erscheint, ein moglichst allgemeines Modell zu wahlen, gleichgiiltig, ob dieses Modell eine wcite Verbreitung hat oder nicht. In dies em Modell sei angenommen, da13 in den Zellen kurz nach der Zellteilung insgesamt n Plastid en vorhanden sind, da13 normale und mutierte Plastiden in gleicher Weise zwischen 2 Zellteilungen auf 2 n verdoppelt und mit jeder Zellteilung wieder zufallsgema13 auf 1 n halbiert werden. An diesem Modellla13t sich der Einflu13 der Vielzahl der Plastiden theoretisch ableiten. Es wird Aufgabe dieser Untersuchung sein festzustellen, in welcher Weise das Grundmodell durch eine nicht zufallsgema13e Verteilung verschiedener Plastidentypen modifiziert wird.
166
P. 0%
37.2%
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7. Tellllfl£! %,--------, 80VU,J%
70
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Abb.1. ZufallsgemaBe Umkombination der Erbtrager nach Mutation eines Erbtragers, wenn in den Zellen vor jeder Teilung 2n = 20, nach jeder Teilung n = 10 Erbtrager vorhanden sind, und mutierte und normale Erbtrager in gleicher Weise vermehrt und zufallsgemaB verteilt werden. Die Kurvenwerte geben die prozentuale Haufigkeit an, in der die verschiedenen )iischungsverhaltnisse zwischen normalen (= +) und mutierten (= m) Erbtragern in den einzelnen Zellteilungsfolgen nach der Mutation zu erwarten sind. Die Zahlen in den Kurven geben den Anteil homoplasmonis'ch normaler, heteroplasmonischer Mischzellen (nur in der unteren Reihel) und homoplasmonisch mutierter Zellen an.
Dber die Umkombination plasmatischer Erbtrager bei gleichma13iger Vermehrung im Rhythmus der Zellteilung und bei zufallsgema13er Verteilung verschiedener Erbtrager liegen schon einige Publikationen vor (MICHAELIS 1955 a, 1955 b, 1957 a, 1958 b). Hier seien nur zusammenfassend die wichtigsten Grundlagen besprochen. Abb. 1 gibt ein Beispiel fur die Umkombination fur n = 10, 2 n = 20 Erbtrager, wenn die Zelle durchMutation einer der n = 10Plastiden heteroplastomatisch 1) geworden ist. Die Werte der Abb. 1 lassen im VerI auf der Zellteilungsfolgen einen charakteristischen Phasenablauf erkennen. Bei verschiedenen n-Zahlen je Zelle ist der Phasenablauf prinzipiell ahnlich, in der Geschwindigkeit des Ablaufes aber von der Hohe der n-Werte abhangig. In unmittelbarem Anschlu13 an die Mutation treten wahrend einer Reihe von 1) Plasmon = Sum me aller extranuclearer Erbtrager, Plastom = Summe aller Erbtrager der Plastiden, Plastidom = Summe aller Plastiden einer Zelle.
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"
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Zellteilungsfolgen nur 2 Zelltypen auf: (1) Zellen, die heteroplastomatisch sind und in zunehmend verschiedenen Mengenverhaltnissen mutierte neben normalenPlastiden besitzen und (2) homoplastomatisch normale Zellen, die ausschlie13lich normalePlastiden enthalten. Nach einer bestimmten Reihe von Zellteilungsfolgen treten auch homoplastomatisch mutierte Zellen auf, die ausschlie13lich mutierte Plastiden besitzen. Von diesem Zeitpunkte an nimmt in der Deszendenz der mutierten Zelle die Zahl der homoplastomatischen Zellen kontinuierlich zu, die Zahl der heteroplastomatischen "Misch" -zellen dauernd ab, bis sie praktisch vollig verschwinden. Bei dieser Darstellung ist zu beriicksichtigen, da13 die errechneten Werte statistische Wahrscheinlichkeiten fiir die Gesamtdeszendenz wiedergeben, von denen die Werte einzelner Teildeszendenzen erheblich abweichen konnen. Das ist besonders in den ersten Teilungsfolgen nach der Mutation zu beriicksichtigen, in denen die Zahl der Zellen in der Deszendenz der mutierten Zelle noch sehr klein ist. Will man diese theoretisch abgeleiteten Zahlenverhaltnisse am lebenden Objekt nachpriifen, so ist scharf zu scheiden zwischen der Weitergabe der Erbtrager und der Weitergabe der Erbmerkmale. Bisher sind bei der Plastidenvererbung zwei Moglichkeiten bekannt geworden (MICHAELIS 1957 b). Wird das Aussehen jedes Einzelplastiden ausschlie13lich von den in ihm lokalisierten Erbfaktoren bestimmt, so la13t sich die genetische Zusammensetzung der Zellen direkt an dem Aussehen der Plastiden erkennen. Die heteroplastomatischen Zellen bilden heteroplastidische "Misch"zellen, die normale und mutierte Plastiden nebeneinander enthalten. 1st aber das Aussehen der Plastiden von Stoffen abhangig, die iiber die ganze Zelle diffundieren, so konnen auch heteroplastomatische Zellen einheitliche Plastiden enthalten. Das Aussehen der Plastid en und der Zellen hangt in dies em FaIle von den Wechselwirkungen der Erbtrager untereinander ab, wobei Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Erbkomponenten (Kern, Plasma, Plastiden) und Wechselwirkungen zwischen den zahlreichen gleichartigen Erbtragern (z. B. Plastiden) einer Zelle eine Rolle spiel en konnen. Die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Erbtragern dergleichenArt lassen sich ingewissem Sinne mit den Dominanzverhaltnissen der Kerngene vergleichen. In dem FaIle einer "Dominanz" des einen Plastidentyps la13t sich eine heteroplastomatische Zelle zytologisch nicht von einer homoplastomatischen Zelle, die nur den "dominanten" Plastidentyp enthiilt, unterscheiden, wohl aber lii13t sich eine solche heteroplastomatische Zelle an dem Zellmuster erkennen, das ihre Zelldeszendenz bildet. Homoplastomatisch normale Zellen konnen im Verlauf der weiteren Zellteilungen nur normale, griine Zellen bilden, die sich in vielen Zellinien an die nicht mutierten Zelldeszendenzen anschlie13en und meistens nur schwer von dies en abgetrennt werden konnen. Aus homoplasmonisch mutierten Zellen kann ebenfalls nur eine einheitlich abgeanderte Zelldeszendenz entstehen. 1m Fall eines Chlorophyllverlustes durch Plastidenmutation entsteht aus homoplastomatisch mutierten Zellen ein einheitlich wei13er Fleck. Die aus homoplastomatischen Zellen entstehenden Zelldeszendenzen
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P.
MICHAELIS
bilden also einheitlich Areale beliebiger Gro.Be, bis wieder eine neue Mutation entsteht. Die aus heteroplastomatischen Zellen entstehenden Zelldeszendenzen sind auf aIle FaIle daran zu erkennen, da.B in ihnen neue Entmischungen vorkommen und neue Scheckungsmuster entstehen. Bei "Dominanz" eines Plastidentyps entstehen. nur 2 Zelltypen und scharf konturierte Areale, beim Vorkommen von heteroplastidischen "Mischzellen" entstehen Zellen verschiedenen Chlorophyllgehaltes und in den Entmischungszonen des Scheckungsmusters verschwommen konturierte Fleckungszonen. Die genetische Natur einer Zelle ist also nur in Sonderfallen aus ihrem Aussehen zu erschlie.Ben, entscheidend ist die Art des Zellmusters, das aus den verschiedenen Zelltypen entsteht. Diese Ausfiihrungen zeigen, da.B zahlreiche Einzelheiten der Umkombination plasmatischer Erbtrager aus denZellmustern abgeleitet werden konnen. Aus der Anordnung der Einzelflecken eines Scheckungsmusters lassen sich Riickschliisse iiber die Entmischungsvorgange ziehen. Dabei gelten in einem Gewebe, in dem gleichma.Biges Wachstum herrscht, folgende Regeln: Aus der Gro.Be der Entmischungsflecken kann der relative Zeitpunkt der Entmischung bestimmt werden. Je friiher eine Entmischung stattfindet, desto gro.Ber wird im Laufe der weiteren Entwicklung der Fleck. Abgeanderte Einzelzellen sind Entmischungen der letzten, im Muster abgelaufenen Zellteilungsfolge. Aus der Lage der Flecken eines Musters kann der Ort der Entmischungen urn so genauer bestimmt werden, je besser die Entwicklungsgeschichte der Teilmuster bekannt ist. Aus der Fl eckenha ufigkei t ist die Mindesthaufigkeit der Entmischungen zu entnehmen. Die reale Entmischungshaufigkeit ist etwas gro.Ber, da gelegentlich 2 Entmischungen nebeneinander fallen und gemeinsam einenFleck bilden konnen. Die Gro.Be dieser Differenz laBt sich aus der Gesamthiiufigkeit der Teilmuster abschiitzen. Betrachtet man unter diesen Gesichtspunkten die nach Plastidenmutation auftretenden Scheckungsmuster, so laBt sich in den meisten Fallen eine weitgehende Ubereinstimmung zwischen den theoretischen Dberlegungen und Berechnungen und zwischen der Musterung der Schecken feststellen: unmittelbar an die Mutation schlieBt sich zum mindesten bei makroskopischer Betrachtung eine latente Phase an, da einzelne Plastid en und Zellen nicht zu sehen sind. Die Mutation ist meistens erst an denerstenhomoplastomatischabgeandertenZelldeszendenzenzuerkennen, die einzelne wenige Flecken ergeben, deren GroBe von dem weiteren Wachs tum der betreffenden Organe abhangig ist. 1m Verlauf der Entmischungsperiode nimmt die Zahl der Flecken erhe blich zu, gleichzeitig steigt bei einem Teil der Flecken die ArealgroBe. Nach dem Hohepunkt der Entmischung nimmt die Zahl der Flecken auf den folgenden Blattern wieder ab, es verschwinden vor allen Dingen die kleinerenFlecken. SchlieI3lich bleiben nur noch einige wenige homoplasmonisch mutierte, resp. norm ale Zelldeszendenzen ubrig, die die Pflanze in geschlossenen Arealen durchziehen. Auf Einzelheiten dieser Dbereinstimmung zwischen theoretischer Uberlegung und Musteranalyse wird noch naher
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einzugehen sein, es wird aber auch auf einige Falle hinzuweisen sein, die in kennzeichnender Weise abweichen und eine Anderung der Grundannahmen erfordern. Will man bei der U ntersuchung solcher Entmischungsvorgange aus der Musterung der Pflanzen auf das Verhalten der einzelnen Erbtrager schlie13en und zum Beispiel fest- . stellen, ob mutierte und normale Erbtrager bei der Zellteilung zufallsgema13 oder einseitig auf die Tochterzellen verteilt werden, so gelten folgende Dberlegungen: bei zufallsgema13er Verteilung besteht fiirjede der beidenaus einer Mutterzelle entstehenden Tochterzelle dieselbe Wahrscheinlichkeit, da13 in ihr eine Entmischung erfolgt (vergl. auch RENNER 1936). Die Hohe dieser Wahrscheinlichkeit la13t sich aus den Werten der Abb. 1 abschiitzen. Demnach ist auch bei Mustern, die aus 2 Tochterzellen einer Mutterzelle entstehen, zu erwarten, da13 sie beide gleich hiiufig abgeandert sind. Dieselbe Gesetzma13igkeit, die hier fiir 2 Tochterzellen abgeleitet wurde, gilt in einem gleichma13ig wachsenden Gewebe fiir alle Zellen, die wahrend der gleichen Entmischungsphase gebildet werden. Bei einer zufallsgema13en Verteilung der Plastiden wahrend der Zellteilungen miissen die Flecken des Scheckungsmusters gleichma13ig iiber die Pflanze verteilt auftreten. 2. Einseitige Plastiden-Verteilung Wandern aber die mutierten Erbtrager bevorzugt in Tochterzellen bestimmter Anordnung, so werden auch die Einzelflecken des Scheckungsmusters eine von der zufalligen Verteilung abweichende Anordnung zeigen. Die ungleichma13ige Verteilung der Erbtrager kann also aus der ungleich en Ha ufig kei t von Scheckungsmustern, die aus analogen Mutterzellen entstehen, und durch die einsei tige Anordn ung der Flecken erschlossen werden. Es wird noch zu besprechen sein, da13 die Art der Fleckenverteilung nicht nur von dem Verteilungsmodus der Erbtrager abhiingig ist, sondern auch wesentlich von den Wachstumsverhaltnissen der einzelnen Zelldeszendenzlinien beeinflu13t werden kann. Es erscheint daher wiinschenswert, neb en der Musteranordnung noch weitere Kriterien zu finden, die zur Unterscheidung von gleichma13iger und einseitiger Wanderung verwendbar sind. Eine genauere Dberlegung zeigt, da13 eine ungleiche Wanderung gleichzeitig auch eine Reduktion der FleckenzahLbedingt. Das gibt sich am leichtesten zu erkennen, wenn man der zufallsgema13en Verteilung das Extrem einer vollig einseitigen Wanderung gegeniiberstellt und als Anzahl der Erbtrager je Zelle eine der Zahlenfolge 2X angehorende Zahl annimmt. Folgendes Verteilungsschema ist bei n = 8, 2n = 16 gegeben (s. S. 170). BeiErbtragern, diein denZelleninZahlen vorkommen, die der Zahlcnfolge 2X angehoren, entsteht bei vollig einseitiger Verteilung der mutierten Erbtrager nach x Zellteilungen eine einzige homoplasmonisch mutierte Zelle, die eine einheitlich abgeandert bleibende Zelldeszendenz, einen einzigen Musterfleck bildet.
170
P.
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TaheUe I
Schema der Plastidenverteilung bei n = 8, 2n = 16 Plastiden je Zelle und einseitiger Wanderung der mutierten Plastiden n = 8+ 2n = 16+ Mutation ~ n = 7+ + 1 m 2n = 14+ + 2 m
~_II
I
1. Zellteilungsfolge
~
8+ 2n = 16+ n =
_I
-~~---II
II
I
2. Zellteilungsfolge
+ +
2m 4m _ I_
~+
- I
i
r
I
t
8+ 2n = 16+
t
6+ 2n = 12+ n =
+ 8+
+ 8-tn
n =
n =
2n = 16+
2n = 16+
n = 4+ 2n = 8+
I
I
-I-
=
3. Zellteilungsfolge
+
usw.
!
I
+
usw.
4m 8m
+
t
usw.
n = 8+ 2n = 16+
n= 8 m 2n = 16 m
t
I
t
usw.
usw.
TaheUe 2
Haufigkeii hOllloplasmonisch Illutierter Zellen bei vollig einseitiger Verteilung der Illutierten Erbtrager und bei verschiedenen n- Werten Zahl der Zellteilungsfolgen nach Mutation Zahl der gebildeten Zellen n= n= n = n = n = n = n = n = n =
8 9 10 11 12 13 14 15 16
1
2
3
4
5
2
4
8
16
32
0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
1 1 1 1 1 1 1 1
1 1 0 0 0 0 0
1
6
64 128
1 0 1 1 0 0 0
8
9
10
11
12
256
512
1024
2048
4096
0
0 1
1 0 1 1 0 1 0
1 0 0 0 1 0 0
1 1 0 1 1 0 1
7
0 0 1 0 1 1 0
1
1 1 1 0 1
I)
0 1 I) I)
13
14
8192 16384
0 1 0 0 0 1 0
0 0 1 1 0 0 0
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171
Etwas weniger extreme Verhiiltnisse entstehen, wenn die Erbtrager in Zahlen vorkommen, die nicht der Zahlenfolge 2X angehiiren. Tabelle 2 gibt diese Verhiiltnisse fUr einige n-Werte wieder. So lange das theoretisch angenommene, starre Verteilungsschema beibehalten wird, entstehen in regelmaBigen Abstanden einzelne homoplasmonisch abgeanderte Zelldeszendenzen. Die Zahl dieser homoplasmonisch abgeanderten Teildeszendenzen ist aber im Vergleich zu der Zahl der insgesamt aus der mutierten Zelle abgehenden Zelldeszendenzlinien auBerordentlich gering. Es wird eines glticklichen Zufalls bediirfen, wenn einzelne der auf solche Weise entstehenden Deszendenzen weitergefUhrt werden und die entsprechenden Flecken gefunden werden kiinnen. Es ist anzunehmen, daB Mutationen, die zu einer viillig einseitigen Verteilung der Erbtrager fUhren, in den meisten Fallen vor ihrer Auffindung eliminiert werden, so nicht die homoplasmonisch mutierten Zelldeszendenzen einen positiven Selektionswert, z. B. durch schnelleres Zellwachstum besitzen. Wenn iiberhaupt Mutanten mit einseitiger Wanderung gefunden werden, so werden es vermutlich solche sein, bei denen die Verteilung nur schwach asymmetrisch ist oder bei denen die einseitige Wanderung nur unter bestimmten Bedingungen stattfindet. %
90.---------, , - - - - - - - - , ~
~
70 -
66,8% 0%
L 78,2%
32,3%
0%
0,8%
700 2 TOt mutierte [rblroger IF W; 2
4
6
l.lel/lei/ung
8
4
6
2.
8
IF 10+
89,5%
8,6%
5.9%
...... 0
4
4.
0,3% 8
700
(2%
8,5%
5,8%
(0%
~5)
\ 89,8%
6,3%
0%
\ 700 2
II" \ 85,7%
2(0%
\ 81,4%
1(J,9%
o.OZ'
1\ 85,J%
0%
3~1%
(J,4%
9,8%
\
IF 10+
/
1
4
6
8
lo.lelliellung
Abb. 2. Umkombination nach Mutation bei einseitiger Wanderung der lllutierten Erbtrager. Die Kurven entsprechen denen der Abb.1, nur ist angenommen, daB jeweils 1 (oben), 2,4 resp. 6 (unten) der mutierten Erbtrager einseitig in eine Zelle bestimmter Anordnung wandern. 12
Flora, Rd. 151
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Tabelle Fleckenverteilung bei ± einseitiger (Angenommen sind eine gleichmaBige Vermehrung der Zahl der Zollteilungsfolgen
1
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Gesamtzahl der Zellen
2 4 8 16
32
64
128
256
512
1024
2048
4096
8192
1 1 1,03 2,60 1,22 0,13
1 0,96 0,94 4,25 2,75 0,42
0,04 1,26 6,88 5,82 1,19
2
3
Zahl der homoplasmonisch entmischten Zellen in %, wenn
80-100% 60% 40% 20% 10% 0% der Erbtrager einseitig wandern
° ° ° 11 ° ° ° 0,95 °°° ° ° ° 0,13 ° ° ° 0,003 ° ° ° 0,00002
1 0,98 0,52 0,47 0,04 0,0016
° 0,04 °
0,02 0,58 0,87 0,16 0,016
0,84 1,54 0,49 0,03
° °0,07
1 1 1,42 1,60 11,06 17,70 11,77 23,12 3,03 7,50
1 0,95 1,82 28,23 44,46 17,37
Abb. 2 gibt nun die Verteilungshaufigkeiten wieder, wenn nur ein bestimmter Prozentsatz der mutierten Erbtrager bei jeder Zellteilung einseitig wandert, der Rest aber zufallsgemaB verteilt wird. Als Beispiel ist wieder angenommen, daB die Zahl der Erbtrager je Zelle n = 10, 2n = 20 ist und jeweils 1, 2, 4 oder 6 der mutierten Erbtrager bei jeder Teilung in eine bestimmte Richtung wandern. Die Abbildung zeigt eindringlich, daB mit Zunahme der einseitigen Verteilung die Entmischungsgeschwindigkeit steigt. Die Reduktion der Fleckenzahl ist noch besser zu erkennen, wenn man nicht die Gesamtzahl der entmischten Zellen, sondern den prozentualen Anteil der homoplasmonisch mutierten Zellen betrachtet, der in jeder der einzelnen Zellteilungsfolgen neu entsteht (Abb. 3). Die Kurven der Abbildung zeigen, daB sich das Maximum der Entmischungen mit zunehmend ungleicher Verteilung in die ersten Zellteilungsfolgen verschiebt. Ein noch genaueres Bild der Fleckenhaufigkeit erhalt man, wenn man den prozentualen Anteil der Entmischungshaufigkeit auf die Zahl der insgesamt entstehenden Zellen bezieht. Tabelle 3 gibt diese Berechnungenfiir die erstenZellteilungsfolgen bis zum Hohepunkt der Entmischungen wieder. Den Zahlen dieser Tabelle ist hinzuzufiigen, daB die Flecken, die in den verschiedenen Zellteilungsfolgen angelegt werden, eine sehr verschiedene GroBe erreichen. Die in der 4. Zellteilungsfolge angelegten Flecken sind nach Ablauf von 20-30 Zellteilungsfolgen aus Millionen von Zellen aufgebaut, so die die Flecken tragenden Organe ein so lang dauerndes Wachstum besitzen. Die Entmischungen der letzten Zellteilungsfolge konnen nur aus Einzelzellen, die der vorletzten Teilung aus 2 Zellen, der drittletzten Zellteilung aus 4 Zellen, usw. bestehen.
173
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
3 Verteilung der Erbtrager Erbtrager und Zellen und n 14 16384
15
16
32768 65536
=
=
20 Erbtrager je Zelle)
17
18
19
20
21
131072
262144
524288
1048576
2097152
1 1 1 0,92 2,75 3,15 114 182 293 541 179 372
0 0 0,03 0,08 2,42 2,15 45,07 71,89 84,23 158 38,83 84,21
10, 2n
0 0 3,67 290 995 781
0 0 4,19 462 1822 1562
1 1 5,24 736 3327 3125
1 0,9 6,29 1172 6063 6250
22
23
4194304 8388608
0 0 0 0 8,39 1866 10024 18187 12331 24182
% 7 5 -10 einseifig wl1ndernde [rb!rager
s
Z
o OZ
0810..Z46820. Teilungsfofge
30.
40.
Abb. 3. Prozentualer Anteil von homoplasmonisch mutierten Zellen, die in jeder Zellteilungsfolge neu gebildet werden, wenn 0,1,2,3, resp. 6-10 der mutierten Erbtrager (n = 10, 2n = 20) einseitig wandern, der Rest aber zufallsgemaB verteilt wird.
3. Die entwicklungsgeschichtlichen Grundlagen der Musterbildung Zur exakten Beurteilung der Entmischungsmuster ist es notwendig, die entwicklungsgeschichtlichen Vorgange wahrend der Musterbildung genau zu kennen. Leider gentigt hierzu unser bisheriges Wissen tiber die Entwicklungsgeschichte von 12*
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Epilobium kaum. Es sind zahlreiche genauere Untersuchungen notwendig, die bisher nur zu einem Teil durchgefiihrt werden konnten. Die genauen Zellteilungsfolgen im Epilobium-Proembryo und im Spro.Bvegetationspunkt von Epilobium sind von BARTELS (1956, 1960 a, b, 1961) untersucht worden. 1m Embryo werden die Zentralzellen des Spro.Bscheitels in der 6. Zellteilungsfolge angelegt. Zwischen der Anlage der Mesophyllzellen benachbarter Blattwirtel liegen normalerweise 3 ZeUteilungsfolgen. Es ist also moglich abzuschiitzen, wieviel Zellteilungsfolgen zum Aufbau eines Epilobium-Sprosses benotigt werden. Leider sind jedoch die Muster, die wahrend der Zellteilungen im Spro.B-Vegetationspunkt angelegt werden, wenig zur Untersuchung der hier interessierenden Probleme geeignet. Die 2. Schicht des SproBscheitels wird nur von 4 Zentralzellen aufgebaut. Daher ist die Zahl der unmittelbar am Vegetationspunkt entstehenden Entmischungsmuster so gering, daB sie fUr eine statistische Betrachtung der Musteranordnung nicht ausreicht. Zudem konnen die Scheckungsmuster am Stengel selbst nur schlecht erkannt werden und miiBten indirekt aus den Scheckungsmustern der Blatter erschlossen werden. Der Teilungsablauf in den Blattprimordien und die zur Ausbildung der Seitensprosse fiihrenden Teilungen sind noch nicht in der erforderlichen Genauigkeit untersucht. _ Wohl aber sind die Zellteilungen, die in den jiingsten Blattanlagen zur Entstehung der Lamina-Initialen und anschlieBend zur Ausbildung der Blattflachen fiihren, in ihren wichtigsten Phasen soweit bekannt geworden, daB eine vorlaufige Musteranalyse moglich erscheint. In Abb. 4 sind die Muster, die in diesen erst en Teilungen angelegt werden, schematisch dargestellt. In Abb. 5 sind einige gescheckte Bliitter wiedergegeben, in denen diese Muster besonders deutlich zu erkennen sind. In einer ersten Teilungsperiode verlaufen die Zellwande zwischen den Tochterzellen ± parallel den spateren Seitennerven 1. Ordnung. Die erste dieser Teilungen teilt die Blattlamina in eine basale und eine Spitzenzelle. Entstehen im Verlauf dieser Teilungen homoplasmonisch mutierte Zellen, so entwickeln sich daraus weiBe "Primarsektoren", wie sie in Abb. blinks dargestellt sind. In den Mustern der beiden Blatter links enthalten griine und weiBe Laminateile Zelldeszendenzen aus Geschwisterzellen. Dasselbe gilt fUr die nachsten Teilungen dieser Periode (Blatt 3 der Abb. 5). Aus der Haufigkeit griiner und weiBer Primarsektoren an apikaleu und basalen Blatteilen miissen sich Riickschliisse iiber den Verteilungsmodus normaler und mutierter Plastiden ziehen lassen, so eine geniigend groBe Anzahl von Primarsektoren ausgezahlt werden kann. Wahrend dieser erst en Zellteilungen miissen die Initialen der Primarsektoren links und rechts der Blattmith'lrippen in einfacher Schicht liegen, denn in der iiberwiegenden Mehrzahl aller Primarsektoren reicht das abgeanderte Gewebe gleichmaBig von der oberen Epidermis bis an die untere Epidermis und zeigt auf Blattober- und
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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-unterseite sehr ahnliche Begrenzungen. Das ist nur moglich, wenn das Parenchym in Ober- und Unterseite der Primarsektoren derselben Zelldeszendenz angehOrt, also hier eine Scheidung in Blattober- und -unterseite noch fehlt. Erst in einer 2. Teilungsperiode, die die Periode der Primarsektoren leicht tiberschneiden kann, werden die Teilungswande parallel der Blattoberflache eingezogen. Die Blattparenchyme werden mehrschichtig, und aIle spater angelegten Muster bleiben auf eine der beiden Blattseiten beschrankt. Zur genauen Beurteilung dieser Teilungen sind Blattquerschnitte notwendig. Die in dieser Teilungsperiode angelegten Entmischungsmuster eignen sich daher weniger zur Untersuchung der Plastidenverteilung. Die weiterhin folgenden Zellteilungen laufen weniger regelma13ig ab, doch la13t sich durch Untersuchung der Muster noch eine 3. Teilungsperiode herausschalen, in der die Teilungswande in den Primarsektoren bevorzugt parallel der Hauptrippe des Blattes eingezogen werden. Es entstehen in den Arealen der Primarsektoren bei Entmischung Langsbinden ('.Tertiarsektoren") (Abb. 5 rechts). Die erste dieser Tei-
Abb.4
Abb.5
Abb. 4. Schematische Darstellung der ersten Teilungen, die zur Ausbildung der Blattlamina fiihren. (Naheres vgl. Text.) Abb. 5. Photographien von Blattern, die die wahrend der ersten Teilungen der Blattlamina angelegten Blattmuster besonders deutlich erkennen lassen. Links 2 Blatter mit weiBen Primarsektoren, von denen der des linken Blattes apikal, der des nachsten basal liegt. Sie entstanden bei der ersten Teilung der die Lamina bildenden Initialen. 1m 1. Blatt links war die apikale Tochterzelle homoplasmonisch abgeandert, die basale Tochterzelle war heteroplasmonisch und gab AnlaB zu sich weiter entmischenden Zelldeszendenzen. 1m 2. Blatt war die apikale Tochterzelle homoplasmonisch griin, die basale homoplasmonisch abgeandert. 1m 3. Blatt von links erfolgte die Bildung eines Primarsektors erst im nachsten Teilungsschritt der rechten oberen Laminaseite, wobei die basale Zelle weiB wurde, die apikale Tochterzelle eine griine Zelldeszendenz gab. 1m Blatt ganz rechts entstanden in den obersten 2 apikalen Primarsektoren Tertiarsektoren. Sie reichen, im Gegensatz zu den Primarsektoren, nicht mehr durch die ganze Blattlamina hindurch, sondern sind in dem abgebildeten Blatt auf die Oberseite beschrankt.
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lungen muB die Lamina in einen zentralen und einen marginalen Laminateil gliedern . .Ahnlich wie bei den Primarsektoren gibt sich hier und in den folgenden Teilungsschritten wieder die Moglichkeit, ZeIldeszendenzen von Geschwisterzellen zu vergleichen. Bei den Mustern, die in den weiteren Zellteilungsfolgen angelegt werden, lieBen sich bisher keine charakteristischen Fleckentypen ableiten. Es lassen sich daher auch nicht Zelldeszendenzen aus Geschwister- oder Enkelzellen vergleichen, sondern es laBt sich nur feststeIlen, ob die Flecken zufaIlsgemaB tiber die Blattlamina verteilt sind. In anatomischen Untersuchungen, tiber die schon kurz berichtet wurde (MICHAELIS 1957 b, Seite 87-95), lieB sich feststeIlen, daB die Epilobium-Blatter ein relativ gleichmaBiges Wachstum zeigen. Untersucht man an verschiedenen jtingeren Entwicklungsstadien der Blatter die Blattparenchyme im Flachenbild, so laBt sich aus Form und Anordnung der Zellen sowie aus der Lage der Zellwande der Ablauf der letzten Teilungsfolgen rekonstruieren. Es zeigt sich, daB tiber weite Strecken der Blattlamina die Mehrzahl der Zellen sich in ahnlichen Teilungsstadien befindet und sich in ahnlichen Rhythmen teilt. Es ist wahrscheinlich, daB die Form der Epilobium-Blatter nicht dadurch zustande kommt, daB sich die Zellen verschieden rasch teilen oder ein verschiedener Prozentsatz von Zellen slch teilt. Entscheidender ist flir die Formgestaltungder Blatter die Richtung der Teilungsebenen und die Dauer des Wachstums. Wahrend einer relativ langen Periode teilen sich die Zellen der Blattlamina offenbar sehr regelmaBig. Damit eignet sich die Blattlamina zur Durchflihrung der hier interessierenden Versuche besonders gut, und es lassen sich aus der Verteilung der Entmischungsflecken ohne allzu groBe Fehler Rtickschltisse tiber die Verteilung der Erbtrager ziehen. Ein weiterer Vorteil flir die Untersuchung ist die weitgehend flachige Ausbreitung der ZeIldeszendenzen, die einen Uberblick tiber eine relativ lange Reihe von Zellteilungsfolgen erleichtert. Nur in einer verhaltnismaBig spaten Teilungsfolge wird die Palisadenschicht durch eine Teilung parallel zur Blattoberflache verdoppelt. Gegen Ende des Blattwachstums konnen allerdings kleinere Unterschiede dadurch entstehen, daB in den verschiedenen Blattpartien die Teilungen verschieden lange andauern und daB die Zellen an Blattrand und Blattspitze eine etwas geringere GroBe erhalten. Die hierdurch entstehenden Fehlermoglichkeiten konnen aber nicht groB sein. Ein verschieden schnelles Ausklingen derTeilungstatigkeit wird sich nur auf die letzten Teilungsfolgen auswirken. Die in diesen Teilungen stattfindenden Entmischungen vermogen aber nurmehr mikroskopisch sichtbare Muster zu bilden. Damit Entmischungen makroskopisch sichtbare Flecken zu bilden vermogen, mtissen in Ihnen noch mindesten 5-10 weitere Zellteilungsfolgen (das gibt Flecken aus 32 bis 1024 Zellen) ablaufen. Da die Zahl der in einem Epilobium-Blatt ablaufenden Zellteilungsfolgen auf etwa 20-30 abgeschatzt werden kann, mtissen aIle makroskopisch erfaBbaren Flecken in relativ friihen Teilungsstadien angelegt werden, in denen noch .
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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ein gleichmaBiges Teilungswachstum herrschte. Diese Uberlegungen lassen sich durch eine Untersuchung der Musterung tiberprtifen. Findet in den einzelnen Blattteilen eine von der Norm abweichende Zahl von Zellteilungsfolgen statt, so mtiBten diese Blatteile eine von der Norm abweichende FleckengroBe besitzen. Wenn man von der obersten Blattspitze und den Blattohrchen absieht, ist die durchschnittliche FleckengroBe aber in allen Teilen des Blattes ungefahr gleich. Aus allen dies en Uberlegungim ergibt sich, daB die Wachstumsverhaltnisse in der Blattlamina von Epilobium so gleichmaBig sind, daB aus der zufallsgemaBen oder einseitigen Lage der Entmischungsflecken Rtickschliisse tiber die Wanderung der Erbtrager gezogen werden konnen. Durch einen Vergleich der Flecken-Auszahlungen auf der Blattlamina mit Auszahlungen in Mustern, die aus Geschwisterzellen entstanden sind, wtirden sich zudem die durch eine eventuell unterschiedliche Blattentwicklung gegebenen Fehlermoglichkeiten erkennen lassen. 4. Prtifung weiterer Fehlermoglichkeiten Bevor auf die Beobachtungen an den gescheckten Pflanzen eingegangen werden solI, mtissen noch einige Fehlerquellen besprochen werden, die - ahnlich wie eine einseitige Plastidenverteilung - eine Reduktion der Fieckenzahl oder eine Veranderung der Fleckenanordnung hervorrufen konnen. a. Reduktion der Fleckenzahl durch abnormes Plastidenverhalten Das Seite 165ff. besprochene Grundmodell einer Plasmaumkombination bei gleichmaBiger Vermehrung und zufallsgemaBer Verteilung der Erbtrager stellt das Schema dar, bei dem eine maximale Umkombination stattfindet und die Entmischungsperiode am langsten dauert. Eine Beschleunigung der Entmischung und eine Reduktion der Fleckenzahl kann nicht nur durch eine einseitige Wanderung der mutierten Erbtrager, sondern auch noch durch weitere Ursachen hervorgerufen werden. Als Beispiele konnen genannt werden: mangelhafte Durchmischung der Erbtrager zwischen 2 Zellteilungen und ungleiche Vermehrung normaler und mutierter Erbtrager. Beide Moglichkeiten sind bei der Plastidenvererbung schon mehrfach diskutiert worden. Bei einer Mischung verschiedener Plastidensorten bei der Befruchtung, z. B. bei einem Plastidentibertritt aus dem Pollenschlauch in das Ei, ist es durchaus moglich, daB die mannlichen Plastiden nicht gleichmaBig tiber die Eizelle verteilt werden, sondern durch das mannliche Plasma zusammengehalten werden (vergl. RENNER 1929, 1934, MICHAELIS 1949, SCHOTZ 1954 etc.). Es ist weiterhin moglich, daB auch wahrend eines schnellen Wachstums zwischen Plastiden- und Zellteilung die Plasmadurchmischung so gering ist, daB die aus einer Mutterplastide entstandenen Tochterplastiden haufiger gemeinsam - gleichsam "verklebt ' - in eine der Tochterzellen
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wandern, als durch die Wand getrennt werden. Es bedarf wohl keiner ausftihrlichen tJberlegung, urn festzustellen, daB in diesen Fallen die Entmischung erheblich beschleunigt wird und damit die Zahl der Entmischungsflecken sinkt. Weiterhin berichten HAUSTEIN (1938) und vor aHem RENNER und Mitarbeiter (1952) und SCHOTZ (1954, 1958) tiber eine Plastidenkonkurrenz bei Oenothera. Nach einer Plastidenmischung bei der Befruchtung verdrangt der eine Plastidentyp durch stark ere Vermehrung den zweiten. Nimmt man an, daB die Gesamtzahl der Plastiden je Zelle bei solchen Konkurrenzvorgangen nicht wesentlich erhiiht wird, so muB auch auf solche Weise die Entmischungsgeschwindigkeit steigen und die Fleckenzahl sinken. Ahnliche Verhaltnisse sind auch nach Plastidenmutation denkbar, wenn auch bisher noch nicht sicher nachgewiesen. Es gibt also eine ganze Reihe von Miiglichkeiten, die Entmischungsgeschwindigkeit zu' beschleunigen. SCHOTZ (1954) berichtet, daB bei Oenothera die Plastidenentmischung sehr schnell, schon im 3.-4. Laubblatt der Keimpflanze beendet ist. Es ist zwar miBlich, ohne Kenntnis der Plastidenzahlen je Zelle und der Entwicklungsgeschichte der Pflanze die Entmischungsgeschwindigkeit beurteilen zu wollen, doch scheint die Entmischung hier schneller vor sich zu gehen, als nach den theoretischen Vorstellungen bei zufallsgemaBer Verteilung und gleichmaBiger Vermehrung zu erwarten ware. Es bleibt zu tiberlegen, ob und auf welche Weise die verschiedenen, die Plastidenentmischung fiirdernden Miiglichkeiten des Plastidenverhaltens auseinander gehalten werden kiinnen. Bei einer einseitigen Plastidenwanderung wird vor all em eine einseitige Musterbildung zu erwarten sein, sei es, daB auf bestimmten Teilen der Blatter die Flecken gehauft auftreten, sei es, daB bei Mustern, die aus Geschwisterzellen entstehen, das eine haufiger abgeandert ist, oder sei es, daB mikroskopisch in einer von 2 Schwesterzellen bestimmter Anordnung eine griiBere Haufigkeit abgeanderter Plastiden nachweisbar ist. Zu diesen Kennzeichen einer einseitigen Verteilung kommen noch einige weniger spezifische Merkmale: die Reduktion der Fleckenzahl und das relativ haufige Vorkommen homoplastidisch abgeanderter Einzelzellen inmitten Gewebes mit viillig normalen Plastidenbestand. Letzterer Punkt ist noch etwas genauer zu besprechen. Wie noch an anderer Stelle naher zu beschreiben ist, treten bei zufallsgemaBer Entmischung in 2 aus einer Mutterzelle entstandenen Tochterzellen sehr ahnliche Verhaltniszahlen zwischen normalen und abgeanderten Plastiden auf. Am haufigsten ist wieder dasselbe Mischungsverhaltnis, wie es in der Ausgangszelle gegeben war. Falle mit griiBerer Abweichung von diesem Ausgangsmischungsverhaltnis und mit griiBerem Unterschied zwischen den Zahlen der Schwesterzellen werden urn so seltener, je griiBer die Unterschiede sind. Ftir jede Plastidenzahl je Zelle besitzt die Streuung der Werte zwischen 2 Schwesterzellen eine charakteristische berechenbare GriiBe (MICHAELIS 1958 b). Mit diesen Umkombinationsverhaltnissen hangt es zusammen, daB aus einer Zelle mit wenig mutierten und viel normalen
i.l. Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw. III
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II
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Plastiden nur sehr selten in einem Teilungsschritt homoplastomatisch abgeanderte Zellen entstehen konnen. Die Entmischung erfolgt tiber viele Zwischenstufen, und in einer Zelldeszendenz liegen daher meistens in der Nahe homoplastomatischer Zellen auch heteroplastomatische. In Fallen, in den en heteroplastomatische Zellen als "Mischzellen" zu erkennen sind, fehlen bei gro.l3eren Plastidenzahlen je Zelle homoplastomatisch mutierte Zellen inmitten vollig normaler Zellen. Bei einseitiger Plastidenverteilung wird die Streuung der Verhaltniszahlen in Schwesterzellen erheblich vergro.l3ert, und es konnen homoplastomatisch abgeanderte Zellen inmitten vollig normalen Gewebes wesentlich haufiger entstehen. Solche Zellen sind bei anatomischen Untersuchungen verhaltnisma.l3ig leicht zu erkennen und bei Pflanzen mit Mischzellen ein Hinweis auf Storungen der zufallsgema.l3en Plastidenverteilung, falls sie haufiger vorkommen. Bei einer mangelhaften Durchmischung der Plastiden vor der Zellteilung mti.l3ten die Verhaltniszahlen normaler zu mutierter Plastiden in Geschwisterzellen eine gro.l3ere Streuung der Werte aufweisen und sich der Streuung angleichen, die fUr niedrigere Plastidenzahlen je Zelle charakteristisch sind. Das gleiche gilt fUr die Zahl der Entmischungsflecken von Deszendenzen inGeschwisterzellen. Die Haufigkeithomoplastomatisch abgeanderter Einzelzellen inmitten normalen Gewebes mti.l3te wie bei den Pflanzen mit einseitiger Plastidenwanderung etwas zunehmen. Auf keinen Fall kann aber eine einseitige Fleckenanordnung erwartet werden. Eine selektive Plastidenvermehrung bestimmter Plastidentypen wird voraussichtlich zu unregelma.l3igeren,Plastidenzahlen je Zelle fUhren als in Geweben ohne Plastidenkonkurrenz. Untersuchungen hiertiber fehlen jedoch bisher. Bei ungefahr gleich bleibenden Plastidenzahlen je Zelle ist au~ dem Zahlenverhaltnis zwischen normalen und mutierten Plastid en je Zelle relativ wenig zu entnehmen, da diese Zahlen nicht nur von der Plastidenkonkurrenz abhangen, sondern auch in den verschiedenen Entmischungsperioden und bei verschiedenem Ausgangsmischungsverhaltnis stark variieren. Es la.l3t sich eine Veranderung der Zahlenverhaltnisse nur im Vergleich zu einer Entmischung bei gleichmaJ3iger Plastidenvermehrung feststellen. Isolierte, homoplastomatisch abgeanderte Zellen inmitten normaler Zellen werden nur bei extremen Konkurrenzverhaltnissen haufiger sein. Entscheidend fUr die Feststellung einer selektiven Plastidenvermehrung ist, da.13 das Verhaltnis von mutierten zu normalen Zellen nach Abschlu.13 der Entmischungen im Vergleich zum Verhaltnis der mutierten zu normalen Plastiden in den Ausgangszellen verschoben wird. Bei einer gleichma.l3igen Vermehrung tritt derselbe Prozentsatz abgeanderter Zellen in der Gesamtdeszendenz auf, wie in der Ausgangszelle abgeanderte Plastiden lagen. Aus Abb. 1 ist z. B. zu entnehmen, da.13 fUr den Fall, da.13 von 10 Plastiden einer Zelle 1 Plastide mutiert, also das Verhaltnis von normal: mutiert wie n -1 (= 9): 1 entsteht, nach volliger Entmischung das Verhaltnis von normalen zu mutierten Zellen ebenfalls n - 1 : 1, also 90 %:10 % sein wird. Nach selektiver Vermehrung
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wird sich das Verhaltnis zugunsten der Zellen mit den konkurrenzfahigeren Plastiden verschieben. Die Feststellung solcher Verschiebungen an Hand der Musteranalyse wird nicht leicht sein. Sie wird unmoglich in den Fallen eines Plastid entibertrittes aus dem Pollenschiauch, wenn die Zahl der dabei tibertretenden Plastiden unbekannt ist. Bei einer Plastidenmutation liegen die Verhaltnisse gtinstiger. Auf aIle FaIle wird aber die Anordnung der Flecken im Muster bei einer Plastidenkonkurrenz zufallig sein. Uber weitlire, auBerhalb der Musteranalyse liegende Moglichkeiten zur Feststellung einer Plastidenkonkurrenz berichtet SCHOTZ (1954, 1958). Diese .Uberlegungen zeigen, daB das Grundmodell der Plastidenentmischung in mannigfacher Weise abgewandelt werden kann und daB jeder dieser Abanderungsmtiglichkeiten charakteristische Eigenheiten der Musterbildung entsprechen mtissen. b. Einseitige Fleckenanordnung durch abnorme Wachstumsver hal tnisse Die hier besprochenen Eigenttimlichkeiten der Musterbildung sind nur in einem Gewebe zu erkennen, in dem aIle Zellen ein weitgehend gleiches Wachs tum aufweisen. Ungleiche Wiwhstumsverhaltnisse konnen die ursprtinglichen Muster vollig verzerren. Glticklicherweise waren unter den untersuchten Mutanten mit abgeandertfm Plastiden solche Mutanten relativ selten, in denen die Zellteilungsfrequenz im mutierten Gewebe abgeandert war. Es mag dies damit zusammenhangen, daB sich in den meisten Mutanten die Abanderung, meist eine Degeneration, erst sehr spat manifestiert, nachdem die Zellteilungen langst abgeschlossen sind und die Blatter nurmehr ein Streckungswachstum zeigen. In teilungsfahigen Zellen erscheinen abgeanderte und normale Plastiden noch weitgehend gleich. 1m Gegensatz zu diesen Fallen steht eine kleine Anzahl von Mutanten (8 von 172), in denen die Plastidendegeneration schon frtiher einsetzt und gleichzeitig die letzten der im Blatt ablaufenden Zellteilungsfolgen ausfallen. Diese Abanderungen der Teilungsfrequenz im abgeanderten Gewebe bedingen auffallende Entwicklungssttirungen, die sich morphologisch und anatomisch leicht nachweisen lassen, selbst wenn nur wenige Zellteilungsfolgen ausfallen. Das wird sofort verstandlich, wenn man berucksichtigt, daB beim Ausfall von nur 1 Zellteilungsfolge im Gewebe die Zellzahl schon auf ungefahr die Halfte, beim Ausfall von 2 Zellteilungsfolgen auf ungefahr ein Viertel und bei 3 Zellteilungsfolgen auf rund ein Achtel der normalen Zellzahl sinken muB. Liegen groBere, derart abgeanderte Zellflachen im Blatt nebeneinander, so entstehen morphologisch erkennbare Blattverschmalerungen, Asymmetrien, Verbiegungen und Deformationen (Abb. 6). Ahnliche, aber morphologisch weniger gut erkennbare Deformationen und besonders Faltungen entstehen, wenn Gewebeschichten verschiedener Wachstumsintensitat im Blatt tibereinander liegen.
Genetische, entwicklungsgeschichtliche entwicklungsgeschichtliche und und zytologische zytologische Untersuchungen Untersuchungen usw. usw. Genetische,
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Besonders aufschluBreich aufschlu13reich sind sind EntEntBesonders mischungsflecken, in in denen den en eine eine eineinmischungsflecken, zelne oder oder wenige wenige abgeanderte abgeanderte SchichSchichzelne ten zwischen zwischen normale normale Schichten Schichten eineinten gelagert sind. sind. Durch Durch das das Wachstum WachstulTI gelagert und den den Turgor Turgor der der normalen normalen ZellZe11und schichten werden werden die die Zellen Ze11en des des abschichten geanderten Gewebes in sehr charakte~harakte geanderten ristischer Weise gedehnt und verzogen. ristischer Hier lassen lassen sich auch aus der AnordHier Rticknung und Dichte der Zellen Rucknung schliisse uber tiber die Zahl der ausgefalleausgefa11eschlusse nen Zellteilungsfolgen ziehen. Abb. 7 Abb.6. Abb. 6. Gescheckte Blatter von PlastommutanPlastollllllutangibt im Flachenbild neben normalen ten, in den en die letzten Zellteilungsfolgen im denen Palisadenze11en(links) Palisadenzellen (links) Zellen einer ab- abgeanderten Gewebe infolge Plastidendegenegeanderten Palisadenschicht wieder, ration ausfallen. a. Linke Blatthalfte gescheckt, iiberwiegend weiB und stark verschmalert. b. Rechdie zwischen normaler Epidermis und ter basaler Laminateil gescheckt, iiberwiegend normalen tieferen Schichten liegt. In weiB, mit Verbiegung. c. Rechts schmaler, basaler dem Bild rechts diirfte dlirfte nur die letzte gescheckter Primarsektor mit deformiertem Gewebe. . Zellteilungsfolge ausgefa11en ausgefallen sein, da in gleichen Flachenarealen nur ungefahr die die Halfte Halfte der Ze11en Zellen einer nonnalen normalen Palisadenschicht liegt. Abb. 8 oben gibt ebenfa11s ebenfalls abgeanderte abgeanderte Zellen Zellen der obersten Palisadenschicht wieder, in der gibt wahrscheinlich 22 der der letzten letzten Zellteilungsfolgen Zellteilungsfolgen ausgefa11en ausgefallen sind. Das Verhaltnis Verhiiltnis wahrscheinlich der Ze11zahlen Zellzahlen je je Flacheneinheit Flacheneinheit ist ist in in den den Bildern Bildern 77a: a : 7b 7 b : 8a 8a = = 62: 62 : 32 : 15. Durch der das Wachstum Wachstum der der normalen normalen Epidermis Epidermis und und der der normalen normalen tieferen tieferen Blattschichten das sind in in Abb. Abb. 88 oben oben die die Zellen Zellen ausgezogen ausgezogcn und und nehnlen nehmen Fornlen Formen an, an, die die denen von sind
Abb. Abb. 7.7. Links Links normales norm ales PalisadenPalisadenparenchym, parenchym, durch durch die die Epidermis Epidermis des des lebenden lebenden Blattes Blattes gesehen. gesehen. Rechts AusRechts ein ein entsprechender entsprechender Ausschnitt schnitt aus aus dem dem PalisadenparPalisadenparenchym enchym einer einer Plastidenmutantc Plastidenmutante mit mit anatomischen anatomischen St6rungen. Stiirungen. Es Es ist ist hier hier die die letzte letzte Zellteilungsfolge Zellteilungsfolge ausgefallen, photographierten ausgefallen, die die photographierten Palisadenzellen Palisadenzellensind sinddurch durchdie diedardariiber iiber liegende liegende normale normale Epidermis Epidermis und unddurch durch die dietiefer tieferliegenden liegendennornormalen malen Schichten Schichten gedehnt gedehnt worden. worden.
~
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Schwammparenchymzellen ahneln. Bei noch starkeren Teilungshemmungen werden die Zellen auseinandergerissen oder zu langen Schlauchen ausgezogen. Abb. 8 unten gibt eine einzelne abgeanderte Zelle zwischen normalen Palisaden aus der Blattbasis wieder. Rier lagen die Teilungsebenen der Zellteilungen parallel zueinander senkrecht zur Mittelrippe. Die abgcanderte Einzelzelle ist durch das Wachstum der anschlicBenden normalen Zellen zu cincm langen der Mittelrippe des Blattes parallel gelagerten Schlauch ausgezogen worden. Rier dtirften 2-3 Zellteilungsfolgen ausgefallen sein. Diese wenigen Beispiele aus der Abb. S. Palisadenzellen aus einer Plastidenschecke, Anatomie der Plastidenmutanten bei der die letzten 2- 3 Zellteilungsfolgen ausgefallen sind. Die Palisadenzellen werden durch das mit Zellteilungsausfall miigen deWachstum der normalen Epidermis und der normonstrieren, daB -cine Gewebekonmalen tieferen Zellagen verzogen. Oben: Palisadenkurrenz zwischen mutierten und norzellen aus der Mitte der Blattlamina, die sich in ihrer malen Zellen verhaltnismaBig leicht FormSchwammparenchymzellen angeglichen haben. zu erkennen ist. Es laBt sich daUnten: Abgeiinderte Einzelzelle aus der Blattbasis, die durch das Wachstum der anliegenden normalbei feststellen, daB bei albomaculagriinen Palisadenzellen zu einem Schlauch austum-Mutanten die Wachstumsuntergezogen wurde. schiede hiichstens gegen Ende der Teilungsperiode auftreten. Treten die Wuchsunterschiede schon in frtiheren Teilungsstadien auf, so kommt es zu groben Stiirungen in der Organbildung, z. B. zu Stiirungen in der dekussierten Blattstellung, vor allen Dingen aber auch zu sehr auffalligen Veranderungen in der Musterbildung. Solche WachstumsstOrungen sind bei Plastidenmutanten bisher noch nicht gefunden worden, sind aber bei den Plasmonabanderungen des irregulare- Komplexes nicht selten.
c.
Die Musterbildung der Plasmonmutanten
1. Zur Untcrsuchungsmethode Um Material fiir die Untersuchungen zu gewinnen, wurden seit dem Jahr 1954 aile Plastiden- und Plasmamutanten mit miitterlichem Erbgang, die an dem homozygoten Epilobiumhirsulum-Klon der Linie Essen auftraten, einer genauen :\Iusteranalyse unterzogen. In den
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
183
Jahren bis 1959 entstanden spontan oder in Mutationsversuchen (MICHAELIS 1958 a) 172 gescheckte Pflanzen. Bei einer Vielzahl von Pflanzen ging allerdings die Scheckung friihzeitig durch Abwanderung der mutierten Erbtrager in somatische, sich nicht mehr teilende Gewebe verloren, so daB die Zahl der Entmischungsflecken fiir eine Musteranalyse zu gering blieb. Bei einer Reihe von Pflanzen und ihren gescheckten Nachkommen konnten aber doch ausfiihrliche Musteruntersuchungen durchgefiihrt werden. An den gescheckten Pflanzen wurden aIle gescheckten Bliitter zum mindesten der Hauptachse von Ober- und Unterseite, gegebenfalls auch im Durchlicht photographiert und in ihrer Stellung an der Pflanze genau protokolliert. An den vergroBerten Photographien lie Ben sich Zahl, Form, GroBe und Anordnung der Musterflecken genau bestimmen. In bestimmten Zeitabstiinden erfolgten anatomische und zytologische Untersuchungen der Entmischungsmuster. Bei der groBen Mannigfaltigkeit der Entmischungsmuster und ihren Veriinderungen im Verlauf der Entmischungsperioden konnen Schliisse nur in AusnahmefiiIlen aus den "Nlustern einzelner Blatter gezogen werden. Entscheidend ist die statistische Bearbeitung zahlreicher Muster moglichst wiihrend des gesamten Entmischungsablaufes. Die wesentlichl.ln Untersuchungen miissen also am photographischen Material durchgefiihrt werden. Die Priifung von Teilfragen, die sich dabei ergeben, ist leider am lebenden Material nicht mehr durchfiihrbar, da es nicht moglich ist, eine Mutante iiber langere Zeit im heteroplasmonisehen Zustande zu erhalten. AIle Plastiden- und Plasmaschecken entmisehen nach 1, hiichsten 2-3 Jahren vollstiindig, wobei sich Steeklinge und generative Nachkommen iihnlieh verhalten. Eine Fortfiihrung der homoplasmonisch abgeanderten Klone z. B. als Periklinalchimaren ist fiir die hier vorliegende ProbJem-
Abb.9. 3 typisch gescheekteBliitter yon albomaculaium- Pflanzen. In dem Blatt reehts sind die zur Bestimmung der Fleckenanordnung verwendeten Laminaquadranten eingezeichnet. Der Pflanze des link en Blattes fehlten MischzeIlen, wiihrend die Pflanzen, von den en die beiden Bliitter rechts stammten, typiscbe Mischzellen besaBen.
P. MICHAELIS
184
stellung ohne Interesse. Eine Wiederherstellung von heteroplasmonischen Zellen ist mangels eines Plastideniibertrittes aus dem Pollenschlauch bei Epilobium nicht moglich. Fiir die hier interessierende Fragestellung wurde das photographische Belegmaterial nulzu einem Teile ausgewertet. In einer ersten Untersuchung wurde die Fleckenverteilung auf Pflanze und Blattern festgestellt. Hierzu eignen sich am besten gleichmaBig und fein gescheckte Pfla.nzenteile, wie sie vor dem Hohepunkt der Entmischungsperiode auftreten. Bei Mutanten, den en heteroplastidische Mischzellen fehlen, ist die Abgrenzung der Einzelflecken scharfer, so daB sie sich leichter fiir die Bestimmung von Fleckenzahl und -grofie verwenden lassen. Doch bleibt bei solchen Pflanzen aufs erste offen, ob sie durch Plastidenmutation oder durch Mutation anderer plasmatischer Erbtrager entstehen (MICHAELIS 1957 a, b). Bei den schwieriger zu untersuchenden Pflanzen mit echten Mischzellen entstand die Scheckung sicher durch Plastidenmutation. Bei solchen Pflanzen ist es besser, Blatter aus einer spateren Entmischungsperiode zu untersuchen, wenn die durch Mischzellen entstehenden Ubergangszonen seltener werden. Von einigen Mutanten wurde eine grofiere Zahl geeigneter Blatter ausgewahlt. An den achtfach vergroBerten Blattphotographien wurde jede Blatthalfte, wie Abb. 9 rechts zeigt, in 4 Quadranten zerlegt. Die eine Linie teilt die Blatter in der Mitte zwischen Spitze und Basis in bas ale und apikale Quadranten. Die zweite Linie teilte bogenfiirmig von Blattspitze zu -basis verlaufend jede Laminahalfte genau in der Mitte zwischen Blattrand und Mittelrippe in zentrale und marginale Quadranten. In jedem Quadranten wurde die Zahl der Flecken und ihr Areal bestimmt teils planimetrisch, teils durch Ausschneiden und Wiegen der auf gleichmaBiges Papier durchgepausten Flecken. Flecken, die iiber mehrere Quadranten liefen, wurden in Bruchteilen den Fleckenzahlen der einzelnen Quadranten zugeteilt (Tabelle 4). Tabelle 4
"WeiB"-Anteil in Prozenten der Blattflache in verschiedenen Blattquadranten. Durchschnittswerte von 18 Blatthalften aus der Fl der Schecke 1953. 2034. 71 Quadrant (vergl. Abb. 9 rechts) auBen, auBen, innen, innen,
oben unten oben unten
"WeiB"-Anteil der Blattflache 43,99 38,78 35,82 38,92
± ± ± ±
6,2% 5,9% 6,7 % 7,0%
Fiir die Bestimmung der Entmischungverhaltnisse in Tochter- und Enkelzellen wurde bei Primarsektoren (Abb. 4, 5 links) und Tertiarsektoren (Abb. 5 rechts) ausgezahlt, wie haufig bei den Primarsektoren die basalen und apikalen Sektoren und wie haufig bei den Tertiarsektoren zentrale und margin ale Sektoren weiB, resp. griin sind (Tabelle 5, 6).
u
g
b 2. Schecken mit
± zufiilliger Fleckenverteilung
Die ersten quantitativen Bestimmungen wurden an der albomaculatum Mutante 1953. 2034. 71 und ihren Tochtern ausgefiihrt. Da ihnen Mischzellen fehlten und die Entmischungsperiode besonders lange dauerte, ist es fraglich, ob die miitterlich vererbte Scheckung auf Plastidenmutation beruht (MICHAELIS 1955 a, b). Die durchschnittlichen Werte der Fleckenareale sind in Tabelle 4 wiedergegeben.
t d
d
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
185
Die einzelnen Blatter befanden sich in sehr verschiedenen Phasen der Entmischung. Daher unterscheiden sich die Werte der "Weiss"-Anteile bei den einzelnen Blattern erheblich. Die absolute Hohe der Scheckungswerte ist aus diesem Grunde auch ohne Interesse. Entscheidend ist, da13 die Scheckungswerte, auch die in Tabelle 4 nicht angegebenen Werte der Fleckengro13e, und ihrer Zahl, in allen Teilen des Blattes innerhalb der-Fehlergrenzen weitgehend gleich sind. 49,3 % aller Flecken liegen in den basalen, 50,7% in den apikalen Quadranten, 47,5 % in den zentralen und 52,5 % in den marginalen Quadranten. Daraus ist zu schlie13en, da13 bei allen Teilungen, die zu der Ausbildung der makroskopisch sichtbaren Laminaflecken fUhren, die Entmischungen in ungefahr gleicher Haufigkeit stattfinden und da13 die mutierten Erbtrager weitgehend zufallsgema13 verteilt werden. Von diesen planimetrischen Bestimmungen der Fleckenverteilung blieben Blatter mit wenig en gro13en Flecken ausgeschlossen. Urn auch diesen Fleckentyp zu berucksichtigen und urn die planimetrischen Bestimmungen zu uberprufen, wurden die Primarsektoren ausgezahlt (Abb. 5 links). Wie schon besprochen, handelt es sich hier urn die Auszahlungen von Mustern, die durch Teilung einer Mutterzelle in einem oder wenigen Teilungsschritten angelegt werden. Unter den Nachkommen der Schecke 1953. 2034. 71 wurden insgesamt 148 weiJ3e Primarsektoren gezahlt. Davon waren 45,9 % basale, 54,1 % apikale Primarsektoren. Auch bei dies en Teilungen la13t sich aus der ungefahr gleich haufigen Entmischung in den Tochterdeszendenzen auf eine zufallsgema13e Verteilung der Erbtrager schlie13en. 1m VerI auf der Musteranalyse wurden solche Auszahlungen an zahlreichen Mutanten und ihren Nachkommen (Mutante stets Mutter) durchgefUhrt. Das umfangreichste Material stammt von 2 Mutantenfamilien, die eindeutige Mischzellen besaBen, bei denen also eine echte Plastomvererbung vorlag. Hier konnte die Verteilung der Primarsektoren bei Eltern und Nachkommen verglichen werden und die Verteilung im Laufe des Wachstums von der Keimpflanze bis zur Blute untersucht werden (Tabelle 5). Bei dies en 2 Mutanten liegen die Unterschiede zwischen wei13en Spitzensektoren und basalen Primarsektoren innerhalb der Fehlergrenze. Das Zahlenmaterial ist zu gering, urn feststellen zu konnen, ob gesetzma13ige Schwankungen wahrend der Wachstumsperiode auftreten. Die Zahlen sind jedoch ein gutes MaB fur die Variabilitat der Werte. Bei der Mutante 1955. 4385. 81 wurde auch die Verteilung der wei13en "Tertiar"-sektoren (Abb. 5 rechts) bestimmt. Auch hier gilt die Annahme, daB Tochterdeszendenzen einer Mutterzelle verglichen werden. Von 105 Sektoren, die an Blattrand oder Rippe angrenzten, lagen 49,5 % zentral, 50,5 % marginal. Bei den ubrigen Mutanten war die Zahl der Primarsektoren zu gering, urn eine detaillierte Darstellung zu geben. Tabelle 6 faBt die Werte zusammen.
186
P. MICHAELIS
Tabelle 5 Yerteilung weiDer Primarsektoren an basalen und apikalen Blatteilen
Mutante
~
C)
',::; "
,
Nachkommen
~~ .,., ...-; p.,
Blattwirtel iiber Keimblattpaar
1955, 4385, 811) % basaler Sektoren 51,4 ( Gesamtzahl) (70) 1955, 4235, 742) % basaler Sektoren 29,4 ( Gesamtzahl) (17)
5-9
70,0 (30)
57,7 (52)
49,0 (49)
56,3 (32)
10-14 15-19
66,7 (33)
73,7 (38)
43,8 (16)
20-24 25--29
63,4 (41)
84,6 (13)
61,1 (18)
'"
S S
w Q..,
w
56,2 (96)
56,2 (402)
37,5 (16)
52,0 (173)
~
0-4
,::;
,::;
~~
30-34 35-39
40-44
40,9 (22)
55,6 (9)
(1)
80,0 (10)
(2)
50,0 (10)
;::l
1) 39 gescheckte F1- und F 2 -Pflanzen, von den en allerdings 13 die Scheckung schon in den ersten 4 Wirteln verloren. Nur 11 behielten die Scheckung bis iiber die Bliitenregion (ab 21. Wirtel). 2) 15 gescheckte F1-Pflanzen, von denen 4 die Scheckung in den ersten 10 Blattwirteln verloren und nur 3 bis in die Bliitenregion (1. Bliite Wirtel 18) gescheckt waren, aber keine gescheckten F 2 -Nachkommen, sondern nur rein weiBe Pflanzen neb en griinen gaben.
Tabelle 6 Verteilung weiBer Primarsektoren und Tertiarsektoren an den Blattern gescheckter lVIutanten und ihren Nachkommen1) Mutante 1955. 4081. 111 1955. 4462. 200 1955.4297. 35 1956. 16. 15 1956. 115. 62 1956. 127. 96 1956. 273. 6] 1956. 315. 62 1956. 323. 136
y orhandensein von Mischzellen
x x x x x x x x x
1953.2110. 42 1953.2545. 18 1957. 8 Schecken 1957. 3 Schecken
Mutter Frimiirsektoren
(10) (45) (96)
40,0% 37,8% 44,8%
(21) (12) (13)
57,1 'io 25,0 '10 69,2%
~achkommen
rrimarsektoren (57) 35,1% (74) 50,0%
(27) (22) (22)
51,9% 60,0% 40,9%
(11) (27)
(43)
41,9%
(13) (10) (7)
30,7% 60,0% 57,1%
(87) (105) (94)
57,4%
0
(26)
46,2%
0
(337)
63,2%
Tertiarsektoren
72,7% 51,9%
64,4% 61,9%
irregulare
1952. S III. 51
1) Angegeben ist in Klammern die Gesamtzahl der beobachteten Sektoren, bei den Primarsektoren der prozentuale Anteil basaler, bei den Tertiarsektoren der Anteil weiBer zentraler Sektoren.
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
187
Die Mehrzahl der Werte der Tabelle liegt in einem sehr ahnlichen Bereich, der eine weitgehend gleichmaBige Verteilung der Muster tiber die Blattflache und damit eine ± zufallsgemaBe Verteilung der die Musterung bedingenden Erbtrager erschlieBen laBt. GroBere Abweichungen treten nur in den Fallen auf, in denen die Zahl der beobachteten Sektoren zu klein ist. Die Parallelbestimmungen an Mutterpflanzen und Nachkommcn, an Primar- und Tertiarsektoren mach en es wahrscheinlich, daB solche Abweichungen innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Ob bei einzelnen Mutanten kleinere gesetzmaBige Abweichungen von der zufallsgemaBen Verteilung vorkommen, laBt sich nicht sicher entscheiden. Dazu reicht das vorliegende Zahlenmaterial nicht aus. Auch ist die Entwicklungsgeschichte des Blattes noch nicht genau genug bekannt, urn kleinere Fehlermoglichkeiten mit Sicherheit auszuschlieBen. Es sei daher kein allzu groBer Wert auf die Beobachtung gelegt, daB die weiBen Spitzensektoren im Durchschnitt urn ein geringes haufiger sind. Es ist nicht vollig unmoglich, daB geringe Wachstumsdifferenzen in den Blattern diese Unterschiede hervorrufen. Bei der Mehrzahl der in Tabelle 5 und 6 angefUhrten Mutanten sind die die Scheckung bedingenden Erbtrager die Plastiden. Bei den Scheck en ohne Mischzellen bleibt diese Frage offen, und bei der Mutante der Tabelle 4 ist es sogar wahrscheinlich, daB die Scheckung extraplastidal bedingt ist. In diesem Zusammenhang ist die Musterverteilung der irregulare-Pflanzen von Interesse, deren Werte der Tabelle 6 angehangt sind. Die irregulare-Abanderung tritt spontan in groBerer Haufigkeit (vergl. Tabelle 9) am Epilobium-parviflorum-Bastard (MICHAELIS 1949, 1958 c) und sehr selten in Mutationsversuchen an dem homozygoten Epilobium-hirsutt~m-Klon Essen (MICHAELIS 1958 a) auf. Sie wird mtitterlich ii.ber viele Generationen vererbt, auch bei Gegenwart fremder Zellkerne. Kennzeichnend fUr irregulare ist, daB es in gesetzmaBiger Weise eine Reihe weiterer Plasmotypen abspaltet, darunter auch das spater noch zu bespr"echende diversivirescens. Ein solches Verhalten ist bei einer Plastidenvererbung unbekannt und macht es wahrscheinlich, daB der irregulareKomplex durch extraplastidales Zytoplasma vererbt wird. Wahrend der Blattentwicklung kommt es bei den irregula1'e-Pflanzen zu Plasma-Entmischung en . Die dadurch entstehenden Blattmuster ahneln in mancher Beziehung den Scheckungsmustern durch Plastidenentmischung. Wie bei der Scheckung durch Plastidenvererbung werden dieselben Grundsektoren, Primar- und Tertiarsektoren oder das Ge,vebe kleinerer Flecken abgeandert. Ein wesentlicher Unterschied besteht nur darin, daB mit den Entmischungen nicht nur die Plastiden geschadigt werden, sondern Zellteilung und Zellentwicklung vollig sistiert werden. Es fallen die entsprechenden Muster aus, respektive es wird in ihnen das Gewebe auf einen schmalen, knorpeligen Saum reduziert. Die normalen Zellen teilen sich in typischer Weise und bilden normale Laminagewebe (Abb. 10). Es ist nun von Interesse, daB die ausfallenden irreguZc(;rePrimarsektoren fast dieselbe Verteilung zeigen wie die weiBen Primarsektoren der 13
Flora, Bd. 151
188 Plastidenschecken. In 63,2 % der Fane liegen die irregulare- Primarsektoren basal, apikale Sektoren kommen in einer Haufigkeit von 36,8 % vor. Daraus ist der SchluB zu ziehen, daB nicht nur die Plastiden, sondern auch die fur die "irregulare"Defekte maBgeblichen Zytoplasmakomponenten bei den Zellteilungen weitgehend zufallsgemal3 verteilt werden.
Abb. 10. Ausfallende Primarsektoren an irregulare-Blattern. An dem Blatt ganz links ist an der linken Blatthalfte der apikale, rechts der basale Primarsektor ausgefallen, der bei der 1. Zellteilung der Ausgangsmutterzellen entstand, daneben ein Blatt, an dem der linke Spitzensektor fehlt. 1m 3. Blatt ist ein kleinerer, mittlerer Primarsektor ausgefallen, der bei der 2. Teilungsfolge der Ausgangsmutterzelle entstand. An dem Blatt ganz rechts ist auf der rechten Blatthaifte ein basaler, Y2 Primarsektor, links ein apikaler, 14 Sektor ausgefallen (vergl. dazu Abb. 5).
3. Abanderungen mit
± einseitiger
Verteilung
a) Schecke 1955. 4411. 27 Unter den albomaculatum-Schecken der Mutationsversuche fiel die Schecke 1955. 4411. 27 durch ihren vollig abweichenden Scheckungstyp (Abb. 11-13) auf. Sie ist charakterisiert durch eine sehr geringe Fleckenzahl, durch Rand- und Spitzcnlage der wenig en Flecken und durch die relativ groBe Haufigkeit periklinaler Seitentriebe. Glucklicherweise blieb die Scheckung bis in die Blutenregion erhalten, so daB die notwendigen Kreuzungsversuche moglich waren. Auch bildete die Pflanze iill 2. Jahr einen Auslaufertrieb aus, der denselben Scheckungstyp zeigte. Daran lieBen sich einige zytologische Untersuchungen nachholen. a) Fleckenzahl. Bei zufallsgemaBer Entmischung liegen zum mindesten zum Hohepunkt der Entmischungen auf den Blattern zahllose Flecken der verschiedensten GroBe in charakteristisch verschachtelter Musterung (Abb. 9). Bei der Pflanze 1955. 4411.27 war die Hochstzahl der auf einer Blatthalfte vorkommenden, makro-
il II!
"II'I'
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
189
skopisch sichtbaren Flecken auf einem Blatt 9, auf zwei Blattern je 4, bei den meisten Blattern aber nur 1-2. 1m Durchschnitt lagen auf gescheckten Blattern nur 1.3 Flecken je Blatthalfte. Auf Grund dieser abweichenden Fleckenzahl wurde die Pflanze zuerst als Genmutante (labiles Gen) angesprochen, doch widerlegten Erbversuche und zytologische Untersuchungen (Mischzellen!) diese Hypothese. fJ) Die Spitzen- und Randlage der Entmischungsflecken war das 2. Charakteristikum der Schecke 1955. 4411. 27. In 69,4 % von 61 Teilungen, die zur Bildung von Primarsektoren fUhren k6nnen, waren die zu Entmischungen fUhrenden mutierten Erbtrager in die apikal gelegene Tochterzelle gewandert, nur in 14,5 % der Entmischungen in die basale Zelle, wahrend der verbleibende Rest eine mittlere Fleckenlage bedingte (Abb. 11 oben). Wahrend der Periode der zur Bildung von Tertiarsektoren fiihrenden Teilungen waren die mutierten Erbtrager nur in 28,1 % der FaIle in die zentralen, in 50,0 % in die marginalen Tochterzellen gewandert. Es entstanden im Verlauf der weiteren Teilungen sehr auffallige Randflecken, wie sie bisher bei keiner anderen Mutante beobachtet wurden (Abb. 11, 12). Inmitten der Blattflache selbst waren nur wenige kleine Flecken zu finden.
Abb.12 Abb. 12. 3 gescheckte Blatter der Pflanze 1955. 4411. 27. mit kennzeichnender Spitzen- und Randlage der wenigen Flecken. Abb.ll Abb. 11. Die Scheckung der Pflanze 1955. 4411. 27. Die Zeichnung wurde nach Photographien, die technische Mangel, resp. extrem starken Rostbefall der Blatter zeigten, hergestellt. WeiBe, mehrere Schichten umfassende Flecken wurden schwarz,Flecken, die nur in der oberstenPalisadenschicht lagen, pun ktiert gezeichnet. 13*
P.
190
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Eine anatomisehe Untersuchung der kleinen Flecken zeigte, daB nur bei einigen der groBeren die abgeanderten Zellen uber mehrer Schichten reichten, bei den kleineren Flecken lagen die abgeanderten Zellen ausschliel3lich in der auBersten Schicht, z. B. in der hypoepidermalen Palisadenschicht. Flecken, bei denen das weiBe Gewebe allein auf die 2. Palisadenschicht beschrankt war, wurden nicht gefunden. Versucht man, diese merkwurdige Anordnung der Flecken durch die Wanderung der mutierten Erbtrager zu erklaren, so kommt man zu der Annahme, daB sie wahrend der Periode der Primarteilungen zu einem hoheren Prozentsatz in die gegen die Blattspitze zu gelegenen Tochterzellen, wahrend der Periode der Tertiarteilungen bevorzugt in die randwarts gelegenen Tochterzellen und wahrend der Teilungen, die zur Mehrschichtigkeit der Palisadcn fiihren, bevorzugt in die auBere hypoepidermalc
Abb.13a
Abb.13 b
Abb. 13a. Periklinal gescheckter Seitensprol~ der Pflanze 1955. 4411. 27, der in der Achsel des in Abb. 11 oben links abgebildeten Tragblattes stand. Der groBte Teil der Blatter wird von dl'r mutierten hypoepidermalen Ln-Schicht gebildet. Nur im Zentrum der Blatter liegen grline Inseln, die von einer 3. normalgriinen Schicht gebildet und von einer weiBen Zellage liber- und nntcrlagert werden. Die GroBe der griinen Inseln ist sehr verschieden. Sie fehlen in der Regel bei Schnppennnd Hochblattern, gelegentlich aber anch in normalen Lanbblattern. Abb.13 b. 7libereinanderliegende Blattwirtel der Pflanze 1955. 44~1. 27. Der AchselsproB des untersten Blattwirtels (linkes Bild) ist im rechten Teil periklinal gescheckt. Die Achselsprosse des folgenden Blattwirtels waren rein grlin nnd wnrden entfernt. 1m nachsten Wirtel ein schmaler mittlerer Primarsektor auf dem Tragblatt, der AchselsproB besitzt links oben einen Spitzen-, reehts einen Randfleek. Der J. Wirtel oben im Bild hatte vollig griine Achselsprosse. Der AehselsproB des nun folgenden Wirtels (reehtes Bild nnten) hat nur auf dem reehten Blatt einen schmalen Randfleek. Am 6. Wirtel sind die rein griinen Achselsprosse entfernt nnd nicht sichtbar. Das Blatt des 7. Wirtels besitzt im apikalen Drittel 2 kleine hypoepidermale Fleeken. Der AehselsproB ist in seinemlinken Teil periklinal gescheckt. 2 Blatter besitzten Spitzen- und Randfleeken (reehts) und Fleeken in der Hypoepidermis (reehts oben).
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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Zellage wandern. Die mutierten Erbtrager wand ern offenbar bei allen Teilungen, in denen die Wand parallel der AuBenflache eingezogen wird, bevorzugt in die AuBenzelle. Bei Teilungen, in denen die Wand nicht parallel zur AuBenseite eingezogen wird, scheint nach den anatomischen Untersuchungen der kleinsten Flecken (Abschnitt B, S. j.194) keine ausgepragt einseitige Wanderung stattzufinden. Insgesamt wurden bei den zu makroskopisch sichtbaren Entmischungen ftihrenden Teilungen folgende Verteilungshaufigkeiten festgestellt: AuBenlage 68,4 % mittlere Lage 14,9 % 16,7% Innenlage y) Die relativ groBe Haufigkeit periklinal gescheckter Seitensprosse ist das 3. Kennzeichen der Schecke 1955. 4411. 27. Periklinalchimaren kiinnen auf sehr verschiedene Weise entstehen: Der einfachste und wohl haufigste Fall ist, wenn in einem aus mehreren sich unabhangig vermehrenden Schichten zusammengesetztem Vegetationspunkt eine Mutation oder Entmischung in einer dieser Schichten erfolgt. Periklinalchimaren entstehen jedoch nur, wenn Abanderungen unmittelbar im Vegetationspunkt, resp. in den eigentlichen Zentralzellen des Vegetationspunktes entstehen. AIle auBerhalb der Zentralzellen erfolgenden Abanderungen kiinnen nur mehr oder minder groBe Flecken bilden. In solchen Flecken kiinnen allerdings sekundar periklinal-chimarische Gewebeanordnungen entstehen, wenn in einem solchen Fleck z. B. ein SeitensproB angelegt wird. Damit ist die Haufigkeit solcher Periklinalchimaren abhangig einerseits von der Haufigkeit der Mutationen oder Entmischungen und andererseits von dem Bau des Vegetationspunktes. Am Vegetationspunkt des Epilobium-Sprosses liegen nach den Untersuchungen von BARTELS (1956-1961) nur 4 Zentralzellen in der hier besonders interessierenden 2. Zellschicht. Dementsprechend ist nur eine geringe Zahl von primaren Periklinalchimaren zu erwarten, die naturgemiiB auf einen Viertelsektor der Pflanze beschrankt sein werden. Unter den 1 72 Schecken der letzten Versuchsserien trat bisher keine Umwandlung zu Perikliilalchimaren an den Hauptachsen der Samlingspflanzen auf. Epilobium scheint sich hierbei ailders zu verhalten als Oenothera. RENNER (1934, 1936), SCHOTZ (1954), STUBBE (1958) und andere berichten, daB Schecken von Oenothera regelmaBig zu Periklinalchimaren werden. Das trifft zum mindesten fUr die Hauptachsen von Epilobium nicht zu. Blatter und Seitensprosse mit periklinal-chimarischer Gewebeanordnung, die sekundar aus einschichtigen Mutations- und Entmischungsflecken entstehen, sind auch bei Epilobium haufiger. Die Zahl der ganz oder teilweise periklinal gescheckten Blatter schwankt in den einzelnen Scheckenfamilien zwischen 1 % und 6 %. Insgesamt waren von 3788 gescheckten Blatthalften 3,1 % ganz oder in griiBeren Primarsektoren periklinal gescheckt. Die Seitensprosse wurden nur in den letzten J ahren protokolliert, so daB ein wesentlich geringeres Zahlenmaterial vorliegt. Von insgesamt 126 gescheckten
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Seitensprossen war kein einziger viiIlig periklinal, bei 35 traten allerdings einzelne periklinal-chimarische S~ktoren oder Blatter auf. Periklinal-chimarische Sprosse werden also bei Epilobium relativ selten gebildet. Es sind im Laufe der Jahre bisher aus den albomaculatum-Schecken nur zweimal aus Auslaufertrieben Sprosse entstanden, die als Ganzes Periklinalchimaren waren und als solche bei Stecklingsvermehrung erhalten blieben. Eine zweite Miiglichkeit fur die Entstehung von Periklinalchimaren sind Stiirungen der normalen Gewebeanordnung durch ungleiches Wachs tum normaler und mutierter Gewebeschichten. Es kann am Rande der Flecken zu Uberlappungen, im Inneren der Flecken zu Schichtverdopplungen, Restitutionen und Perforationen (BERGANN 1959) kommen, die dann bei der Neuanlage von Vegetationspunkten zu Periklinalchimaren fiihren kiinnen. Die Haufigkeit solcher Stiirungen laBt sich ohne ausfiihrliche anatomische Untersuchungen nicht abschatzen, doch muBten die an den albomaculatumSchecken auf solche Weise entstandenen Periklinalchimaren in den oben angefiihrten Zahlen enthalten sein. Die im Verlauf von Regenerationsversuchen aus KaIlusgewebe entstehenden Chimaren brauchen hier nicht naher beriicksichtigt zu werden. Eine vierte Miiglichkeit ist, daB bei der Anlage der Seitensprosse periklinale Teilungen stattfinden und daB beieiner solchenTeilung heteroplastidischerZellendie Plastiden der einen Sorte einseitig wandern. Diese Miiglichkeit ist bei der Pflanze 1955. 4411. 27 in Betracht zu ziehen. An ihr sind periklinal-chimarische Seitensprosse besonders haufig. In den gescheckten Sektoren der Pflanze 1955.4411. 27 entstanden insgesamt 17 Seitensprosse, von denen aber 5 viiIlig griin und 3 iiberwiegend griin waren und im Verlauf ihrer Entwicklung an den Blattern nur 1 oder 2 weiBe Spritzer besaBen. Von den restlichen 9 starker gescheckten Seitensprossen waren nicht weniger als 6 (67 %) ganz oder teilweise periklinal gescheckt. Dieser hohe Anteil von periklinalen Seitensprossen ist umso uberraschender, als die Entmischungs- und Fleckenhaufigkeit an der Pflanze 1955. 4411. 27 sehr viel geringer ist als bei den anderen Schecken und damit auch eine verringerte Haufigkeit von Periklinalchimaren zu erwarten gewesen ware. Eine erhiihte Haufigkeit von Periklinalchimaren kiinnte vorgetauscht werden, wenn durch eine Entmischung in nachster Nahe des Vegetationspunktes ein sich uber mehrere Blattwirtel erstreckender Sektor entsteht, in dem die hypodermale Schicht allein abgeandert ist. Samtliche in einem solchen Sektor entstehenden Blatter und Seitensprosse muBten in einem solchen FaIle in gleicher Weise periklinal gescheckt sein, ebenso wie in einer einheitlichen Periklinalchimare so gut wie aIle Blatter und Seitensprosse das fiir Periklinalchimaren typische Bild z. B. weiB gerandeter Blatter zeigen. Eine solche Deutung scheidet bei der Pflanze 1955. 4411. 27 aus. Die periklinalen Seitensprosse stehen zwar in Sektoren ubereinander. Das ist verstandlich, da nur in diesen Sektoren heteroplastomatische Zellen vorkamen, die ubrigen Sektoren aber homoplasmonisch griin waren. Entscheidend ist aber, daB aIle periklinalen Seitensprosse mit 1 Ausnahme in der Achsel normal gescheckter Tragblatter ent-
Genetische, entwicklungsgeschichtliche und zytologische Untersuchungen usw.
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standen oder da13 zwischen 2 demselben Sektor angehOrenden periklinalen Seitensprossen nicht periklinale Seitensprosse standen. Der in Abb. 13 a abgebildete, in toto periklinale Seitenspro13 entstand in der Achsel des in Abb. 11 oben links abgebildeten Blattes mit einem apikalen Primarsektor. Das rechts daneben abgebildete ahnliche Blatt trug ebenfalls einen rein periklinalen Seitenspro13. Abb. 13 b gibt eine Reihe libereinander stehender Wirtel wieder, von denen der unterste und der oberste in einem Spro13sektor eine periklinale Gewebeanordnung zeigen. Die zwischen den Seitensprossen liegenden Achselsprosse tragen nur einige rand- und spitzenstandige Flecken oder sind als vollig grline Spro13teile entfernt. Die periklinale Gewebeanordnung mu13 also bei der Entstehung eines jeden Seitensprosses neu entstanden sein. Bei allen Seitensprossen mit periklinaler Gewebeanordnung enthalt die hypoepidermale Schicht die mutierten Zellen. Eine inverse Lage konnte nie beobachtet werden. Wie schon RENNER (1936) betonte, soIl ten bei der haufigsten Entstehungsweise von Periklinalchimaren albotunikate Chimaren ebenso haufig sein wie albonucleate. Das alleinige Vorkommen von albotunicaten Chimaren bei der Pflanze 1955. 4411. 27 ist daher nur durch ungleiches Wachs tum der Gewebeschichten oder durch einseitige Verteilung der Plastid en zu erklaren. Leider fehlt noch eine ausfUhrliche anatomische Untersuchung tiber die Entstehung der Seitensprosse. Da sich aber eine einseitige Plastidenverteilung auch noch durch die weitere Musteranalyse wahrscheinlich machen la13t und die wei13en Gewebeschichten auf keinen Fall ein starkeres Wachstum besitzen als die normalen, so ist die einseitige Plastidenverteilung wohl auch fUr die Entstehung der Periklinalchimaren verantwotlich zu machen. Ob die gro13ere Haufigkeit der albotunikaten Oenothera-Chimaren (SCHOTZ 1954, STURM 1938) auf dieselbe oder andere Weise entsteht, mu13 offenbleiben. Tabelle 7
Kreuzungen mit der Schecke 1955, 4411, 27 Bliiten auf weiBen Asten Q
Zahl der Kreuzungen
Keimprozent
8 3
°37,6
8 7 11 14
51,2 34,0
Pflanzenzahl
125 423 272
Hauiigkeit weiBer gescheckter Pflanzen in %
°2,6 0' ° 44,2 griinen Asten 698 °° 46,6 895 0' 1) Die eingeklammerten Werte sind Zahlen wahrscheinlich neuer 0'
gescheckten Asten Q <:?
°0,47 (0,37)1) (0,14)1) (0,11)1)
albomaculatum-Mutanten,
da sie andere Scheckungsmuster und andere Plastidenabweichungen zeigten als die Elternpflanze.
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0) Die abnorme Musterung der Pflanze 1955. 4411. 27 machte es notwendig, aIle Bliiten fiir Kreuzungen zu verwenden. Die Ergebnisse der Kreuzungsversuche sind in Tabelle 7 zusammengestellt. Die Kreuzungen, in denenBliiten auf weiBenAsten als Mutter verwendet wurden, ergaben keinen Ansatz. Die Kreuzungen auf den schwach gescheckten Asten gaben 3 % weiBe und gescheckte Pflanzen. Dieser niedrige Prozentsatz ist bei der gering en Fleckenzahl und -groBe durchaus verstandlich. AIle Kreuzungen auf griinen Pflanzenteilen und aIle Kreuzungen mit der Schecke als Vater gaben keine weiBen Pflanzen, und Schecken nur in einer Haufigkeit, wie sie fiir Neumutationen bekannt ist. Damit diirfte der miitterliche Erbgang der Mutation 1955. 4411. 27 belegt sein. e:) Der miitterliche Erbgang belegt nur eine extranucleare Vererbung durch die Gesamtsumme des Plasmons. Zum Nachweis einer Plastidenvererbung waren noch zytologische Untersuchungen notig. Als die Pflanze 1955. 4411. 27 aufgefunden wurde, war die Entmischung im BliihsproB abgeschlossen. AIle Entmischungsflecken zeigten auch im Mikroskop eine vollig scharfe Grenze. Weder in der Nachbarschaft der Flecken noch in den untersuchten griinen Blatteilen wurden abgeanderte EinzelzeIlen oder mikroskopisch kleine Zellareale gefunden. So blieb auch die Suche nach Mischzellen 1955 erfolglos. Offenbar waren aber in einer der basalenAchselknospen der PflaIize noch heteroplastomatische Zellen zuriickgeblieben, die sich im folgenden Jahre an der Bildung eines neuen gescheckten Sprosses beteiligten. Aber auch 1956 war an den meisten Blattern die Plastidenentmischung abgeschlossen. Nur in der Nachbarschaft von 4 kleineren Flecken wurden noch abgeanderte Einzelzellen und Zellgruppen (Abb. 14a) gefunden, deren Haufigkeit Tabelle 8 wiedergibt. Tabelle 8
Haufigkeitsverteilung mikroskopisch kleiner Flecken Homoplastomatisch mutierte Areale aus Homoplastomatisch ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~_ mutierte Einzelzellen 2 3 4 5 6 7 8 9 10-20 21-50 51-100 150-500 Zellen 12
8 6 566 1 5
6
4
2
2
AIle diese Flecken lagen in einigen begrenzten Arealen der Lamina und in der obersten Palisadenschicht. Nur der groBte der Flecken reichte auch in die 2. Palisadenschicht, war also vor der Teilung angelegt worden, die beide Schichten trennte. In der 2. Palisadenschicht wurden keine kleineren Zellgruppen oder Einzelzellen gefunden, obwohl diese Schicht in den Praparaten von intakten Blattstiicken noch deutlich zu erkennen war. Eine bestimmte, gesetzmaBige Anordnung der abgeanderten Zellgruppen der obersten Schicht konnte nicht festgestellt werden. Sie schienen zufaIlsgemaB iiber die sich entmischenden ZeIldeszendenzen verteilt zu sein und waren durch homoplastidisch griine Zellen voneinander getrennt.
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Lange Zeit wurde vergeblich nach Mischzellen gesucht, bis schlieBlich in der Nachbarschaft eines einzigen Fleckes neb en hornoplastidisch abgeanderten Zellen auch typische "Mischzellen" gefunden wurden (Abb. 14 b). Leider waren es nur 6 heteroplastornatische Zellen, die in einern eng urnschriebenen Areallagen. Diese Zahl ist JlU klein, urn aus der Verteilung norrnaler und abgeanderter Plastiden in den Ein-
Abb. Ha .
Abb.14b
Abb. 14. Oberste Palisadenschicht eines mit Wasser infiltrierten, aber sonst intakten Blattstiickes im Fliichenbild, durch die Epidermis hindurch gesehen. a. Inmitten von homoplastidisch griinen Palisadenzellen liegen 2 Zellgruppen, die in der drittletzten Zellteilung des Blattes angelegt wurden und aus je 4 homoplastidisch abgeiinderten Zellen bestehen. b. Heteroplastomatische Palisadenzellen bei stiirkerer VergroBerung. Am oberen Bildrand homoplastomatisch normale, am unteren Bildrand und ganz links homoplastomatisch abgeiinderte Zellen. Die linke Mischzelle enthiilt unten 2, oben 4 normale Plastiden, die mutierten Plastiden sind besonders im linken Bildteil zu erkennen. In der rechten Mischzelle 5 normale Plastiden neben abgeiinderten, die allerdings in anderen Bildebenen liegen. Gewisse Unschiirfen entstehen durch die dariiberliegenden Epidermiszellen.
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zelzellen Rtickschltisse tiber die Verteilung der Plastiden ziehen zu kiinnen. Es kann aber nach Auffindung dieser Mischzellen kein Zweifel mehr bestehen, daB die mtitterlich vererbte abnorme Scheckung der Pflanze 1955. 4411. 27 durch eine Plastidenmutation entstand. Uberblickt man die hier geschilderten Beobachtungen an der Pflanze 1955. 4411. 27, so liiBt sich durch die Erbversuche und die Auffindung von Mischzellen eine Plastidenvererbung belegen. Die im Vergleich zu einer zufallsgemaBen Plastidenentmischung auBerordentlich verringerte FleckenzahllieBe sich durch einseitige Plastidenverteilung oder durch "Verklebung" von Geschwisterplastiden erklaren. Zwischen dies en beiden Alternativen gibt die einseitige Fleckenanordnung die Entscheidung zugunsten der einseitigen Plastidenwanderung. Eine zusatzlich vorkommende "Verklebung" laBt sich allerdings nicht ausschlieBen. Die Musteranordnung laBt sich am besten unter der Annahme verstehen, daB bei allen periklinen Zellteilungen, das heiBt in Zellteilungen, in denen die Zellwand parallel zur Oberflache der Pflanze eingezogen wird, die mutierten Plastiden bevorzugt nach auBen wandern, bei antiklinen Zellteilungen aber ± zufallsgemaB verteilt werden. Noch bei einer weiteren Schecke der Mutationsversuche wurde ebenfalls eine besonders groBe Zahl periklinal-chimarischer Seitensprosse beobachtet. Da sich aber die getrennte Entstehungsweise der periklinalen Gewebeanordnung nicht eindeutig belegen laBt und auch die Anordnung der Entmischungsflecken weniger charakteristisch ist, sei auf ihre Beschreibung verzichtet. KUSTER (1927) berichtet tiber einige weitere FaIle ungleicher Fleckenverteilung bei panaschierten Pflanzen. Da hier aber weder die Entwicklungsgeschichte der panaschierten Organe noch die Ursachen der Panaschierung bekannt sind, kiinnen auch keine Vermutungen tiber die Grtinde der ungleichen Fleckenverteilung angestellt werden. SchlieBlich berichten STURM (1938) und SCHOTZ (1954), daB bei Oenothera-Periklinalchimaren der status albotunicatus haufiger auftritt als der status albonucleatus. Auch hier laBt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die ungleiche Haufigkeit durch einseitige Plastidenverteilung oder auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Vorgange entsteht. ') In dies em Zusammenhang ist die Plasmonabanderung diversivirescens zu erwahnen. Diversivirescens ist an der etwas heller grtinen Blattfarbe und an den etwas schmaleren Blattern zu erkennen, doch sind diese Unterschiede nur im Frtihjahr gut kenntlich und gleichen sich im Hochsommer weitgehend aus. Diversivirescens-Plastiden lassen sich mikroskopisch nicht von normalen Plastiden unterscheiden. Auch in der Blattanatomie sind keine griiBeren Unterschiede aufzufinden. Diversivirescens (vergl. Abb. 15) entsteht spontan neben zahlreichen anderen Plasmonabanderungen in geringer Haufigkeit an mehrjahrigen Pflanzen des Epilobium-hirsutum x parviflorum-Bastardes und regelmaBig als sekundare Abanderung aus dem irregulare-Komplex (MICHAELIS 1949, 1954 a, 1954 b), der schon Seite 187 besprochen wurde. Auch in Mutationsversuchen entstand diversivirescens im Zu-
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sammenhang mit dem irregulare-Komplex. Wahrend bei der Mehrzahl der Abanderungen des Epilobium-hirsutum x parviflorum- Bastardes und des iTregulareKomplexes sich eine miitterliche, nicht mendelnde Vererbung belegen laJ3t, ist das bei diversivirescens nicht moglich. Samtliche diversivirescens- Geschlechtszellen sind funktionsuntiichtig. Trotz zahlreicher, immer wieder wiederholter Kreuzungen wurde nie diversivire.scens-Samen erhalten. Nur einmal entstanden nach Kreuzung auf perikli-
Abb.15b Abb. 15. Diversivirescens. Pflanzen und Blatter. a. 2 Rosetten von diversivirescens-Periklinalchimaren. Die rechte Rosette ist nur zu % diversivirescens periklinal, in einem der 4 SproBsektoren normal griin. b. Blatter von diversivirescens. Links 2 Rosettenblatter, rechts Blatter des Bliihsprosses. Das Blatt ganz links enthalt nur einen basalen diversivirescens-Primarsektor. Die mittleren Blatter stammen von Periklinalchimaren und zeigen den verschiedenen Anteil des normalgriinen Kernes. Das Blatt ganz rechts ist in der linken Blatthalfte normal, in der rechten einheitlich diversivirescens.
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nalen diversivirescens- Pflanzen einige normale Samlinge. Wahrscheinlich entstammten die Eizellen einer durch anatomische Sttirungen entstandenen Gewebeinversion, mit der normale Zellen in die diversivirescens-Schicht gelangten. Die genetische Natur von diversivirescens ist nur indirekt aus der Tatsache zu erschlieBen, daB diversivirescens stets mit oder aus anderen Plasmonabanderungen entsteht. Es ist nun auffallend, daB diversivirescens nur sehr selten in Form von Flecken auf den Blattern und sehr selten als homoplasmonisch abgeanderter Trieb entsteht. In der iiberwiegendenMehrzahl entstehen SproBsektoren oder ganze Seitensprosse mit periklinal-chimarischer Gewebeanordnung. In Tabelle 9 sind einige Werte der letzten Jahre von 2 Epilobium-hirsutum X parviflorum-Bastardtypen angegeben, die sich in 2 mutierten parviflorum-Kerngenen - normalisatum und resistens - unterscheiden. Tabelle 9
Haufigkeit der diversivirescens-Abanderung am Epilobium-hirsutum x parviflorum-Bastard Ver- Zahl der Zahl der zur Zahl suchs- pikierten Zeit der Plas- der Plasmonjahr Pflanzen monabande- abanderungen rung lebenden Pflanzen 0' abs. !o
Zahl der Abanderungen des irregulareKomplexes abs.
0'
Zahl der diversivirescensAbanderungen
%
/0
abs.
%
7
Periklinalchimaren
normalisatum-parv.- Genotyp
1956 1957 1958 1959
10793 3390 5854 12217
501 593 46 1026
126 473 17 724
25,1 79,8 37,0 70,6
53 181 4 336
42,1 38,3 23,5 46,4
9 0 32
5,6 1,9 0,0 4,4
100,0 88,9
174 36 6 201
11,7
62 5 1 56
35,6 13,9 16,7 27,9
18 1 0 10
10,3 2,8 0,0 5,0
100,0 100,0
65,6
resistens-parv. - Genotyp
1956 1957 1958 1959
14457 3146 7750 12538
1481 921 534 2031
3,9 1,1 9,9
100,0
Die Rate der Plasmonabiinderungen ist in beiden Bastardtypen und in den einzelnen Jahren sehr verschieden. Unter diesen Plasmonabanderungen kommt irregulare in einer Haufigkeit von 15-50 % und diversivirescens in einer Haufigkeit von 0-10 % vor. In Tabelle 10 ist die Haufigkeit angegeben, in der diversivirescens an verschiedenen irregulare- Klonen entsteht. Sie ist bei den einzelnen Klonen etwas verschieden und schwankt zwischen 0,7 und 7 %. In allen Beispielen entsteht diversivirescens in iiberwiegender Haufigkeit als Periklinalchimare. Von den 185 Fallen, in denen diversivirescens entstand, waren es nur 17 = 9,2 %, in denen der SproB vollstandig aus diversivirescens aufgebaut war. In 90,8 % der FaIle entstanden Periklinalchimaren. Dabei bildet diversivirescens stets die Ln-Schicht. Eine inverse Anordnung
S
G
m
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Tahelle 10
Hiiufigkeit der diversivirescens-Abiinderung an Klonen der irregulare-Plasmonabiinderung des Epilobium-hirsutum x porviflorum- Bastardes Klon3ezeichnung
1953.3347. 2 1950.1342.17 1952. S III 51 1956.3016. 1 1953. 3137. 1 1950. 458. 1 7 weitere irrp[lulare-Klone L irregulare
irregulare
poliogmmrno- Pflanzen L irre[lulare- Komplex
Zahl der Klonpflanzen
Zahl der diversivirescensAbiinderungen abs.
%
134 100 139 182 101 72 283 1011
1 1 3 4 3 5 7 24
0,75 1,00 2,16 2,20 2,97 6,94 2,47 2,37
57
4 108
7,00
Hiiufigkeit von Periklinalchimiiren in "io
91,67 94,45
wurde nie beobachtet. obwohl einzelne diversivirescens-Flecken in tieferen Blattschichten sehr wohl, besonders bei Beobachtung im durchfallenden Licht, zu erkennen sind. In den Bltlttern der periklinalen Sprosse ist der Anteil der normalgriinen 3. Schicht an der Ausbildung der Lamina sehr verschieden. Teils enthiilt das ganze Laminazentrum einen dunkelgriinen Kern, teils kommen nur griine an die Rippe anschlieBende Inseln vor. Gelegentlich bleibt aber auch die Blattlamina periklinaler Sprosse vollig frei von dunkelgriinen Zellen. An den Stellen mit griinem Kern sind die Blatter etwas buckelig, ein Zeichen, daB das normalgriine Gewebe unter der dirersirirescens-Schicht etwas starker wtlchst. Diese Wachstumsverhaltnisse wiirden es verstandlich erscheinen lassen, daB das normalgriine Gewebe die diversivirescens-Schichten durchbricht und auf diese Weise Inversionen entstehen konnen. Die periphere Lage der dil'ersivirescens-Schicht laBt sich aber kaum unter sol chen Wachstumsbedingungen verstehen. Da an l:rregulare-Pflanzen gleichzeitig neben der • Haufung von Perichinalchimaren eine starke Reduktion in der Zahl der Einzelflecken festzustellen ist, ist es naheliegend, die Entstehung der Periklinalchimaren durch einseitige Wanderung der dil'ersivirescens- Komponenten zu erklaren. Die wenigen bisher beobachteten dirersiuirescens- Einzelflecken lassen allerdings keine einseitige Anordnung auf den Blattern erkennen. Zusammenfassung Die Plaslllagenetik benotigt }Iethoden, mit deren Hilfe in Ergiinzung Illikroskopischer Untersuchungen das Verhalten des Zytoplasmas und seiner Bestandteile wiihrend Zellteilungs- und Generationenfolgen beurteilt werden kann. Ebenso, wie es Illoglich ist, aus der Analyse einer mendelndcn Xachkommenschaft das Verhalten der chromosomalen Gene zu erschlieBen, muB es
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auch miiglich sein, Riickschliisse iiber die intraindividuelle Plasma- Umkombination aus den Zellmustern, z. B. einem Scheckungsmuster einer Plastidenmutante zu ziehen. Als theoretische Grundlage einer solchen Musteranalyse wurden besprochen: 1. das Modell einer Plastidenumkombination bei einer Vermehrung der Plastiden im Rhythmus der Zellteilung und bei gleichmiiBiger, aber zufallsgemiiBer Verteilung der Plastiden auf die Tochterzellen . .Ie nach der Wirkung der Erbtriiger entstehen kennzeichnende Entmischungsmuster. Aus der Lage, GriiBe, Zahl und Anordnung der Flecken eines Musters lassen sich Riickschliisse iiber die Entmischungsvorgiinge ziehen. Bei einer zufallsgemiiBen Umkombination haben aIle Zellen, die in der gleichen Entmischungsphase entstehen, denselben Wahrscheinlichkeitsgrad, daB in ihnen eine Entmischung erfolgt und sie im Laufe der weiteren Entwicklung einen ~{usterfleck bilden. 2. Weiterhin wurde die U mkombination unter iihnlichen Voraussetzungen, aber bei einseitiger Wanderung abgeiinderter Erbtriiger besprochen und 3. anhangsweise als Fehlerquellen Umkombinationen bei Plastidenkonkurrenz und mangelhafter Durchmischung der Plastiden eriirtert. Einseitige Wanderung, Konkurrenz und mangelhafte Durchmischung fiihren im Vergleich zu einer gleichmiiBigen und zufallsgemiiBen Umkombination unter Voraussetzung gleicher Plastidenzahl je Zelle zu einer Beschleunigung der Entmischung und bei der Entstehung von Scheckungsmustern zu einer Reduktion der Fleckenzahl. Eine einseitige Plastidenwanderung wird zusiitzlich gekennzeichnet durch eine einseitige Anordnung der Einze'flecken eines Musters, wiihrend bei Konkurrenz und mangelhafter Durchmischung die verringerte Fleckenzahl mit einer zufallsgemiiBen Fleckenanordnung verbunden ist. Konkurrenz und mangelhafte Durchmischung lassen sich ebenfalls, wenn auch schwierig, an der Art der Entmischungsmuster unterscheiden. Zur Ubertragung der Modellvorstellungen auf das Objekt ist eine genaue Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der gemusterten Organe niitig. Da Musteranalysen am leichtesten auf Bliittern durchzufiihren sind, wurde eine vorliiufige Darstellung der im Epilobium-Blatt ablaufenden Zellteilungsvorgiinge gegeben, wobei besonderes Gewicht auf die Besprechung von Mustern gelegt wird, die durch eine oder wenige Teilungen aus 1 Mutterzelle entstehen. Schlielilich wurde beschrieben, in welcher Weise eine Gewebekonkurrenz an Hand anatomischer Stiirungen zu erkennen ist. 1m experimentellen Teil werden 1. die Muster einer Reihe von gescheckten Pflanzen besprochen, die teils durch Plastidenmutation und teils durch Mutation, resp. Umkombination anderer Plasmakomponenten entstanden und bei denen aus der ::Vlusterung eine zufallsgemiiBe Plastiden- oder Plasmaverteilung wiihrend der Zellteilungen erschlossen werden kann. 2. Bei der Plastidenmutante 1955. 4411. 27 ist aus dem Scheckungsmuster zu schlielien, daB die mutierten Plastiden bei den meisten periklinalen T.eilungen bevorzugt in die peripher gelegenen Tochterzellen wandern, bei antiklinen Teilungen abeT ± zufiillig verteilt werden. Da bei dieser Schecke neben Fleckenreduktion und einseitiger Fleckenanordnung besonders zahlTeich albotunicate Seitensprosse auftreten, werden die Entstehungsmiiglichkeiten von Periklinalchimiiren eriirtert. Vielleicht verhiilt sich auch die Plasmonabiinderung diversivirescens iihnlich der beschriebenen Plastommutante. Ich miichte meiner langjiihrigen technischen Assistentin, Friiulein L. ROTHE herzlich danken, daB sie mir in dies en wie anderen Untersuchungen, besonders auch bei der Durchfiihrung der umstiindlichen. Berechnungen, verstiindnisvolle Hilfe leistete. Frau R. M.\C'HALET war bei der Herstellung und Auswertung der Musterphotographien behilflich. Die Untersuchungen wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstiitzt.
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