Histochemischer nachweis von chloridzellen bei wasserwanzen (Hemiptera: Hydrocorisae) und ihre feinstruktur bei Hesperocorixa sahlbergi fieb. (Hemiptera: Corixidae)

Histochemischer nachweis von chloridzellen bei wasserwanzen (Hemiptera: Hydrocorisae) und ihre feinstruktur bei Hesperocorixa sahlbergi fieb. (Hemiptera: Corixidae)

Int. J. Insect Morphol. & EmbryoL 4 (I): 89-105. 1975. Pergamon Press. Printed in Great Britain. HISTOCHEMISCHER NACHWEIS VON CHLORIDZELLEN BEI WASSE...

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Int. J. Insect Morphol. & EmbryoL 4 (I): 89-105. 1975. Pergamon Press. Printed in Great Britain.

HISTOCHEMISCHER NACHWEIS VON CHLORIDZELLEN BEI WASSERWANZEN (HEMIPTERA: HYDROCORISAE) UND IHRE FEINSTRUKTUR BEI HESPEROCORIX.4 SAHLBERGI FIEB. (HEMIPTERA: CORIXIDAE) H. KOMNICK lnstitut for Cytologie und Mikromorphologie der Universitfit, 53 Bonn I, Gartenstrafle 61 a, BRD und W. WICHARD* Institut fiir Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde der Universitfit Bonn (Accepted 23 Jtdy 1974)

Abstraet--Histochemical precipitation of chloride revealed the presence of chloride cells in the integument of several species of waterbugs, representatives of the families Corixidae, Naucoridae, Nepidae, Pleidae, and Notonectidae. Except for adults of Plea leachi, chloride cells were observed in all stages of the species studied. They are located at those sites of the body which are directly exposed to water. Therefore, their distribution pattern is specifically varied during development due to the covering of body surfaces by air films and elytra. In Hesperocorixa sahlbergi there is a progressive increase in the number of chloride cells with each moult from originally ca. 200 in the 1st instar to finally ca. 7000 in the adults. Though the chloride cells disappear from the ventral side of the abdomen due to air covering in the third instar, and from the dorsal side due to elytra covering in the adults, this twofold disappearance of former chloride cells is simultaneously compensated by the enhanced differentiation of new chloride cells at other body sites. The chloride cells of H. sahlbergi are single cells with a coniform apex covered with a cuticular porous plate. Their fine structure is characterized by invaginations of the plasma membrane and abundance of mitochondria, which are characteristic of ion-transporting cells. There are 2 types of chloride cells in this species, which in addition to the modified structure of the porous plates are equipped with infoldings of the apical and basolateral plasma membrane, respectively. The main function of the chloride cells of waterbugs is presumably the osmoregulatory absorption of ions from the fresh water environment. Index deseriptors (in addition to those in title): Chloride cells, osmoregulation.

EINLEITUNG DtE W a s s e r w a n z e n besitzen h i n s i c h t l i c h der B e s i e d l u n g v o n L e b e n s r / i u m e n u n t e r s c h i e d licher Satinit/it eine r e l a t i v g r o B e 6 k o l o g i s c h e P o t e n z . U n t e r s u c h u n g e n fiber die Z u s a m m e n s e t z u n g d e r H / i m o l y m p h e in A b h / i n g i g k e i t v o n d e r / i u B e r e n S a l z k o n z e n t r a t i o n (Claus, 1937; F r i c k et al., 1972; S c u d d e r et al., 1972; S t a d d o n , 1973) h a b e n e r g e b e n , d a b die * Mit dankenswerter Unterstiitzung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. 89

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H. KOMNICKund W. WICHARD

F/ihigkeit zur osmotischen Hyperregulation unter den Wasserwanzen welt verbreitet zu sein scheint, da0 es abet auch Arten gibt, die darfiberhinaus im hyperosmotischen Milieu zu hyporegulieren verm6gen. Die Notwendigkeit zur st/indigen Osmoregulation ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dab zus/itzlich zu der enteralen Wasseraufnahme die Cuticula, selbst bei den Imagines, eine erhebliche Durchl/issigkeit fiJr Wasser besitzt (Staddon, 1963, 1964, 1966, 1969a, b). Das bedeutet bei Wanzen, die im SfiSwasser leben, einen st/indigen osmotischen Wasserinflux, der artspezifisch unterschiedlich grol3 ist und pro Tag bis zu 10% des K6rpergewichtes ausmachen kann (Staddon, 1969a). Die Eliminierung derartiger Wassermengen in Form eines hypotonischen Urins mul~ auf die Dauer zu einer Verarmung der H/imolymphe an Elektrolyten ffihren, auch wenn ein effektiver Mechanismus der Reabsorption im Rectum vorhanden ist und ein groL~erTeil der Wasserausscheidung mit der Exkretion von Ammoniumbicarbonat gekoppelt ist (Staddon, 1963, 1964, 1969b). Da wegen der Konzentrationsverh/iltnisse zwischen H/imolymphe und /iu•erem Milieu im Sfif~wasser ein passiver Nettoinflux von Ionen durch Integument oder Darm nicht in Betracht kommt, sondern vielmehr der umgekehrte Weg begfinstigt wird, mut~ zur Kompensation eine aktive Salzaufnahme postuliert werden, deren Ort bislang allerdings unbekannt ist. Die vorliegende Arbeit berichtet fiber das Vorkommen desonders differenzierter Zellen im Integument yon Wasserwanzen, die als Chloridzellen ffir die erforderliche aktive Salzaufnahme in Frage kommen und wahrscheinlich dieses noch unbekannte Glied in der osmoregulatorischen Reaktionskette darstellten. MATERIAL UND METHODEN Fiir den Nachweis von Chloridzellen durch histochemische Chloridf/illung wurden Larven und Imagines verschiedener Wasserwanzen in 5% Glutaraldehyd fixiert, das 0,1 M Silbernitrat und 1 N Salpeters/iure enthielt. Dabei wurden folgende Arten von fiinf mitteleurop/iischen Familien der Superfamilie Hydrocorisae untersucht: Hesperocorixa sahlbergi FIEB. (Corixidae) Micronecta wagneri LINNAV. (Corixidae) Naucoris cimicoides L. (Naucoridae) Nepa rubra L. (Nepidae) Ranatra linearis L. (Nepidae) Plea leachi Mc GK. et K. (Pleidae) Notonecta glauca L. (Notonectidae). Hesperocorixa, Mieronecta, Naucoris und Notonecta stammten aus Labornachzuchten, so dal~ alle Larvenstadien zur Verfiigung standen. Zum Vergleich wurden auch Larven und Imagines von Hydrometra stagnorum L. (Hydrometridae) der Superfamilie Amphibiocorisae untersucht. Die Tiere stammten von folgenden Fundorten: Hesperocorixa und Notonecta aus kleinen Weihern des Kottenforstes bei Bonn; Microneeta ,Nepa und Hydrometra aus der Wahnbachtalsperre; Naueoris, Ranatra und Plea aus dem Neusiedler See. Ffir die feinstrukturellen Untersuchungen dienten Larven yon Hesperocorixa sahlbergi. Dabei wurden folgende Methoden verwendet: Differential-Interferenz-Kontrast-Mikroskopie(DIK) frischer Exuvien nach Entw/isserung in Alkohol und Einschlul3 in Eukitt. Transmissionselektronenmikroskopie luftgetrockneter Abdominaltergite von unfixierten Exuvien. Rasterelektronenmikroskopie von Totalpr/iparaten nach Fixation mit gepuffertem 2% Osmiumtetroxid, Gefriertrocknung und

Chloridzellen von Wasserwanzen

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Kegelbedampfung mit Kohle/Gold. Transmissionselektronenmikroskopie von Ultradiinnschnitten, die senkrecht und parallel zur Oberfl/iche der Abdominaltergite hergesteUt wurden. Fixierung mit 2% Osmiumtetroxid in 0,1 M Cacodylatpuffer bei pH 7,2; Entw~isserung in der Alkoholreihe mit Sttickkontrastierung in 0,5 % Uranylacetat; Einbettung in Styrol- Methacrylat. ERGEBNISSE Histochemischer Nachweis yon Chloridzellen Bei den Larven aller untersuchten Arten von Wasserwanzen lassen sich nach histochemischer Chloridf/illung anhand streng lokalisierter, etwa kreisrunder Silberchloridniederschl/ige Chloridzellen orten, wie das bereits fiir Eintagsfliegenlarven- und Steinfliegenlarven beschrieben wurde (Komnick und Abel, 1971; Wichard und Komnick, 1973b, 1974a; Wichard et al., 1973). Die Larven und Imagines von Hydrometra der Superfamilie Amphibiocorisae, die im Gegensatz zu den aquatischen Hydrocorisae auf der Wasseroberfl/iche leben, zeigen dagegen nach entsprechender Fixierung keine derartigen Anzeichen fiJr das Vorhandensein von Chloridzellen. Bei den untersuchten Wasserwanzenarten treten unterschiedliche Verteilungsmuster der Chioridzellen auf, die bei manchen Arten im Verlaufe der Individualentwicklung ver~indert werden. Die Larven der Schwimmwanze Naucoris cimicoides besitzen ein besonders dichtes Vorkommen von Chloridzellen auf der Unterseite der Paranota, bei /ilteren Larven fast ausschlieBlich auf den Proparanota (Abb. 1(a)). Au Berdem ist die Dorsalseite des Abdomens mit Chloridzellen in lockerer Verteilung und mit abnehmender H/iufigkeit nach caudal besetzt. Vereinzelte Vorkommen gibt es auf den Extremit~iten sowie auf tier Abdomenunterseite und zwar auf den seitlichen R/indern, die nicht durch den ventralen Luftbelag abgedeckt sind. Bei den Imagines von Naucoris sind die Chloridzellen auf den Proparanota beschr/inkt. Der Wasserskorpion Nepa rubra verfiigt im Imaginalstadium fiber Chloridzellen auf den Abdominalsterniten. Bei den Larven ist eine weitere Verbreitung vorhanden: Median auf den abdominalen und thorakalen Sterniten, lateral auf den Abdominaltergiten (Abb. l(b) ), auf den Praenota und Extremit/iten. ,~hnlich ist die Verteilung bei der Stabwanze Ranatra linearis, vonder nur Imagines und das 1. Larvenstadium zur VerfiJgung standen. Vom Zwergriickenschwimmer Plea leachi standen das letzte Larval- und das Imaginalstadium zur Verfiigung. Bei den Larven war die Kopfkapsel reichlich mit Chloridzellen besetzt. Bei den Imagines konnten dagegen keine Chloridzellen nachgewiesen werden. Auch bei den Imagines des Riickenschwimmers Notonecta glauca konnten nur vereinzelte und unregelm/il3ige Vorkommen auf dem Pronotum gefunden werden. Hingegen besitzen alle Larvenstadien dieser Art Chloridzellen auf der Oberseite des Abdomens und Thorax, wo sie vorwiegend auf den seitlichen Partien konzentriert sind (Abb. l(c)), bei manchen Individuen aber auch zur Riickenmitte ziehen. Micronecta wagneri besitzt in allen Larvenstadien vereinzelte Chloridzellen auf der Dorsalseite des Abdomens, auf Kopf und Extremit/iten. Das Hauptvorkommen liegt auf der Abdomenunterseite. Bei den Imagines dagegen ist das Hauptvorkommen auf der Kopfkapsel. Auf dem Abdomen, dessen Oberseite durch die FliJgei und dessen Unterseite durch den Belag mit Atemluft bedeckt ist, fehlen die Chloridzellen. W/ihrend bei den bisher beschriebenen Arten die ChloridzeUen mit der H/iutung zur Imago entweder ganz oder von bestimmten K/Srperoberfl/ichen verschwinden--insbesondere

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Aaa. 1. Darstellung von Chloridzellen bei verschiedenen Wasserwanzenlarven durch histochemische Chloridf/illung. (a) Naucoris cimicoides; Unterseite des Proparanotums. 80 ,,:. (b) Nepa rttbra," Abdomenoberseite. 150 . . (c) Notonecta glauca: Abdomenoberseite. 80 • . (d-f) Hesperocorixa sahlbergi; Abdominaltergite, (d) Chloridf/illung bei Fixation des lebenden Tieres; (e) Chloridf/illung mit negativem Ergebnis nach Fixation in 50% Alkohol (5 Minuten) und Auswaschen in destilliertem Wasser (2 Std.); (f) Chloridf/illung nach Fixation in 50 % Alkohol (5 Minuten), Auswaschen in destilliertern Wasser (2 Std.) und anschlieBender Immersion in 10 mM NaCI (1 Std.). 80 <. von der Abdomenoberseite, die im l m a g i n a l s t a d i u m durch die Flfigel abgedeckt w i r d - treten solche sprunghaften Ver/inderungen des Verteilungsmusters bei der Ruderwanze Hesperocorixa sahlbergi zus/itzlich bereits w~ihrend der Larvalentwicklung auf. Bei Hesperocorixa sahlbergi, deren Chloridzellenverteilung fiber alle Entwicklungsstadien in Tabelle I z u s a m m e n g e f a 6 t ist und yon deren Chloridzellendichte a u f dem A b d o m e n der Larven Abb. l(d) einen Eindruck vermittelt, verschwinden die Chloridzellen von der Unterseite des A b d o m e n s mit der H/iutung zum 3. Larvenstadium. Dies f~illt zeitlich mit

Kopfkapselbreite X ± s / N = 10 (mm)

2.13 ± 0-11

1.99 ± 0.09

1'49 ± 0-16

1.19 ± 0'15

0.89 ± 0-02

0-63 ± 0-02

Stadium

I

L5

L4

L3

L2

Ll

1'43 ± 0.14

2'14 -~ 0-13

2'93 ± 0.16

4.04 ± 0"19

5.79 ± 0.22

7.25 ± 0.26

K6rperl~inge

12"8

116"7 --

83.7 ± 14"6 39.4 ±

3.8

51' 2 26"3

380"7 ± 217"9 ±

233.1 ± 54.0

31"5 19"2

435'6 i 115"5 ±

30"6 ±

9'7

211"1 ± 36"3

---

46-8

1173'5 ±

-2579-1 ± 392'5

--

--

ca 7000

3494"0 -- 460"4

Unterseite

O be rse i t e

418'2 ± 106'9

Oberseite

C h l o r i d z e l l e n z a h l (2 ± S N = 10) Thorax Abdomen

146-1

802"8

1475'1

3192'9

4337"0

ca. 7000

Zx

Hesperocorixa sahlbergi.

424.8 ~_ 72'5

Kopf

TABELLE 1. VERTEILUNG DER CHLORIDZELLEN IM INTEGUMENT DER EINZELNEN ENTWICKLUNGSSTADIEN VON ( A u f z u c h t der Tiere in L e i t u n g s w a s s e r , Leitf~ihigkeit 350/~ S • c m ~)

=

m

=

~"

¢3

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H. KOMNICKund W. WICHARD

dem l]bergang zur Plastronatmung zusammen: Ab 3. Larvenstadium ist die Ventralseite des Abdomens von einer anhaftenden Luftschicht bedeckt. Mit der H~iutung zur Imago verschwinden dann auch die Chloridzellen yon der Rtickseite, die nun von den Fliigeln bedeckt wird. Bei Hesperocorixa sahlbergi wurden darfiberhinaus auch die quantitativen Ver~inderungen der Chloridzellen im Verlauf der Ontogenese erfaBt. Dazu wurden die Zellen yon je 10 Tieren der 5 Larval- und des Imaginalstadiums ausgez~ihlt, wobei die Chloridzellen auf den Extremit~iten unberficksichtigt blieben. Die Anzahl der Chloridzellen auf dem K o p f der rmagines konnte wegen der starken W61bung der Kopfkapsel und des dichten Besatzes nicht exakt ausgez~ihlt werden; sie wurde n/iherungsweise durch Ausz~ihlung mit Hilfe eines Fl~ichenrasters und Absch/itzung der besetzten Kopffl~iche bestimmt. Die/Srtliche und zahlenm~iBige Verteilung der Chloridzellen in den einzelnen Entwicklungsstadien ist in Tabelle 1 wiedergegeben. Nach diesen Ausz~ihlungen l~iBt sich w~ihrend der Individualentwicklung eine stete Zunahme der Chloridzellen feststellen, die sprungweise von Stadium zu Stadium erfolgt. I m Endeffekt besitzen die Imagines rund 40 mal so viele Chloridzellen wie im 1. Larvenstadium. Trotz der Zunahme der absoluten Zahlen findet zweimal, n~imlich bei der H~iutung zum 3. Larvenstadium und zur Imago, gleichzeitig auch ein erheblicher Abbau von Chloridzellen statt. Die Zahlenzunahme und die Umverteilungen zeigen, dab Hesperocorixa auch bei gleichbleibender Salinit~it des Wohngew~issers zur Bildung und R~ickbildung von Chloridzellen bef~ihigt ist. Wie bereits fiJr die Chloridzellen yon Eintagsfliegenlarven (Komnick et al., 1972) und Steinfliegenlarven (Wichard und Komnick, 1973b, 1974d) sowie fiir die Chloridepithelien von K~Scherfliegenlarven (Wichard und Komnick, 1973a) nachgewiesen, besitzen die Chloridzellen von Hesperocorixa ebenfalls die F~ihigkeit, auch noch nach einer schonenden Fixation in Alkohol von auBen angebotenes Chlorid akkumulativ zu adsorbieren. W~ihrend die Chloridf~illung nach 5 Minuten Fixation in 50°~, Alkohol und anschlieBendem 2stfindigen Auswaschen in destilliertem Wasser negativ ausf~illt (Abb. l(e) ), wird sie wieder positiv, wenn die ausgewaschenen Pr~iparate vor der Chloridf~illung ! Stunde lang in 10 mM NaC1 gelegt werden (Abb. 1(f) ).

Feinstruktur der Chloridzellen yon Hesperocorixa sahlbergi AuBer durch den histochemischen Chloridniederschlag (Abb. I(d)) lassen sich die Chloridzellen von Hesperocorixa auch anhand ihrer charakteristischen Cuticuladifferenzierung orten (Abb. 2(a)), bei der es sich urn eine Porenp[atte handelt. Bereits bei lichtmikroskopischer VergrOBerung lassen die Porenplatten, deren Durchmesser ca. 7 /~ betr/~gt, zwei etwas unterschiedliche Differenzierungsmuster erkennen (Abb. 2(a) und (b)), die als Typ I und II bezeichnet werden. Typ I zeigt im D I K - M i k r o s k o p eine sternf6rmige Porenplatten der Chloridzellen yon Hesperocorixa sahlbergi Larven. (a) Totalpr~iparat eines Abdominaltergits aus einer Exuvie mit zahlreichen Porenplatten. DIK, 400 ×. (b) Porenplatte des Typs ! (oben) und des Typs ll (unten) bei st/irkerer Vergr013erung. DIK, 2000 y. (c und d) Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme einer Porenplatte (c) des Typs I und (d) des Typs 11. Unfixiertes Totalpr~iparat eines Abdominaltergits einer frischen Exuvie. 8000 :<. (e und f) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Porenplatte (e) des Typs Iund (f) des Typs 11 auf der Dorsalseite des Abdomens einer gefriergetrockneten Larve. 5000,'. ABB. 2, Unterschiedlich strukturierte

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ABa. 3. Ultradiinnschnitte durch Chloridzellen von Hesperocorixa sahlbergi Larven. (a) Chloridzelle des Typs I. 14,000 × . (b) Querschnitt durch die Porenplatte des Typs I. 17,000 x . (c) Flachschnitt durch die Porenplatte des Typs II. 10,500 × . (d) Flachschnitt durch den Apex einer Chloridzelle des Typs i unmittelbar unter der Porenplatte nach Infiltration mit kolloidalem Lanthanhydroxid. Der Pfeil markiert eine seitliche, mit Lanthan gefiillte Pore. 10,500 .

Chloridzellen von Wasserwanzen

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Struktur, w/ihrend Typ II eine ringfiSrmige Struktur aufweist. Von 1 400 an Exuvien ausgez~hlten Porenplatten waren 45% Typ I u n d 55% Typ II. Beide Typen ktinnen auch im Rasterelektronenmikroskop identifiziert werden. Typ I i s t an den strahlenf/Srmig angeordneten Oberfl/ichenrauhigkeiten zu erkennen (Abb. 2(e)), Typ II an einer Oberfl/ichenstrukturierung aus unregelm/iBig zirkul/ir verlaufenden Rillen, die an einen Fingerabdruck erinnern (Abb. 2(f)). Die Unterschiede, besonders das Fehlen eines Ringwulstes bei Typ II, lassen vermuten, dab die lichtmikroskopisch erkennbaren Strukturen der Porenplatten weniger durch die Oberfl/ichenstruktur, sondern durch die innere Strukturierung hervorgerufen werden. Aus Schnittpr~iparaten geht hervor, dab der Ringwulst des Typ [I nicht auf der/iuBeren, sondern auf der inneren Cuticulaoberfl/iche liegt (Abb. 5(a)). W/ihrend daher diese Struktur im rasterelektronenmikroskopischen Bild fehlt, erscheint sie im Transmissionsbild von Totalpr~iparaten der Cuticula wegen der gr/SBeren Dicke als ein elektronendichter Ring (Abb. 2(d)). Die vergleichende Elektronenmikroskopie von Total- und Schnittpr~iparaten erlaubt die Deutung weiterer Strukturdetails. Unterhalb der Porenplatten fehlt der procuticul~ire Anteil der Cuticula. Bei Typ II ist diese innere •ffnung der Cuticula etwa so groB wie die Porenplatte (Abb. 5(a) und 6(a) ), w/ihrend bei Typ I eine mehr trichterfiSrmige Aussparung vorhanden ist (Abb. 3(a) und (b)). Die kleinere Offnung des Trichters auf der Cuticulaunterseite erscheint sowohl im DIK- (Abb. 2(b)) als auch im Transmissionselektronenmikroskop (Abb. 2(c)) als zentrale kreisf/~rmige Struktur. Bei den radi/iren Streifen (Abb. 2(b) und (c)) handelt es sich um innere Verdickungsleisten der Porenplatte (Abb. 3(d)). Zwischen diesen Leisten liegen in radi/iren Reihen angeordnete Poren, die die Form kurzer Schlitze haben und mit ihrer L/ingsausdehnung vorwiegend zirkul/ir ausgerichtet sind (Abb. 2(c) und 3(b) ). Bei den Poren des Typs II iiberwiegen runde Formen. Auch bei diesem Typist meist eine radi/ire Aufreihung der Poren vorhanden (Abb. 2(d) und 3(c)). Im Vergleich zu den Porenplatten der Chloridzellen von Eintagsfliegenlarven (Komnick und Stockem, 1973) und Steinfliegenlarven (Wichard und Komnick, 1973b) sind die Poren hier deutlich weniger geordnet, auch ist ihre Weite von etwa 0-1-0.2 /z erheblich grtiBer. Der Poren sind von einem feinflockigen Material ausgeftillt, das sich auch entlang der Unterseite der Porenplatte erstreckt und gelegentlich auf der AuBenseite leicht aus den Poren hervortritt (Abb. 3(b) (c) und Abb. 6(a)). Trotz dieser Ausftillung stellen die Poren wahrscheinlich transcuticul~ire Diffusionswege bereit, so dab diese differenzierten Cuticularbereiche unmittelbar tiber den Chloridzellen Orte erh/Shter Permeabilit/it darstellen. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung gesttitzt, dab von auBen appliziertes kolloidales Lanthanhydroxid durch die Poren hindurch in den Spaltraum zwischen Chloridzellenapex und Cuticula eindringt (Abb. 3(d) ). Die Chloridzellen von Hesperocorixa sahlbergi sind mitochondrienreiche Einzelzellen (Abb. 4 und 5), die im Gegensatz zu den einzelligen Chloridzellen von Eintagsfliegen- und Steinfliegenlarven (Wichard et al., 1972; Wichard und Komnick, 1974a) einen coniformen Apex aufweisen, welcher auf dem Niveau der Cuticula liegt und dort den durch die fehlende Procuticula unter der Porenplatte geschaffenen Raum ausfiillt (Abb. 3(a) (b) 5(a), 6(a)). Der unterhalb der Cuticula gelegene Zellteil, der den Kern enth~ilt, ist in der Regel sehr stark ausgebaucht und grenzt zumindest mit einem Teil seiner Basis an den H~imolymphraum (Abb. 3(a) und 5(a) ). In der Regel sind die Chloridzellen ltickenlos in den Epithelverband der Hypodermis eingefiigt (Abb. 3(a), 5). Gelegentlich wurden jedoch auch stark erweiterte Interzellularr/iume beobachtet (Abb. 4(a) ) sowie eine mehr oder weniger starke Vorw/51bung der Zellbasis in den H/imolymphraum. G

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ABB. 4.

Chloridzellen von WasserWanzen

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Nach der zellul~iren Feinstruktur ktinnen ebenfaUs zwei Typen von Chloridzellen unterschieden werden, die sich den beiden Porenplattentypen zuordnen lassen. Die Chloridzellen des Typs I, die die Porenplatte mit radi/irer Strukturierung besitzen (Abb. 2(b) oben, 2(c) und (e)), haben einen relativ strukturarmen Apex (Abb. 3(a), (b) (d)). Dieser ist vorwiegend von elektronenlichtem Grundplasma ausgefiillt, das einen f/idigen Strukturaspekt zeigt und in dem gelegentlich vesikul/ire und tubul/ire Membranstrukturen eingebettet sind. Die apikale Zellmembran schmiegt sich weitgehend glatt der Porenplatte an; mitunter sind aber auch, vor allem in der Peripherie, vereinzelte Mikrovilli ausgebildet (Abb. 3(a)). Die dominierenden Strukturen des subcuticul/iren Cytoplasmas sind die anscheinend regellos verstreuten, cristaereichen Mitochondrien und vakuol~ire Schnittprofile (Abb, 3(a) und 4(a) ). Mitunter finden sich r/iumliche Assoziationen dieser beiden Strukturkomponenten in einer Art, die Copeland (1964) rein deskriptiv als "Mitochondrienpumpe" bezeichnet hat (Abb. 4(c)). Gelegentlich wurden offene Verbindungen zum InterzeUularraum beobachtet (Abb. 4(b)). Dies deutet daraufhin, dab es sich dabei nicht um isolierte Vakuolen, sondern ~ihnlich wie bei den Chloridzellen von Fischen (Ritch und Philpott, 1969; Harb und Copeland, 1969; Bierther, 1970) um Einfaltungen der basolateralen Zellmembran handelt. Die 6rtlichen Dilatationen und eventuellen Isolationen dieses Einfaltungssystems h/ingen miSglicherweise mit einer artefiziellen Schwellung und Fraktionierung durch die Fixierung zusammen (Ito, 1961; Sievers, 1964). Daneben finden sich reichlich lamell/ire, tubul/ire und vesikul/ire Schnittprofile kleinerer Dimension (Abb. 4), bei denen es sich um vorwiegend glattes endoplasmatisches Retikulum und, wie an der 6rtlichen Membranstapelung mit umgebenden Vesikeln erkenntlich, um Dictyosomen handelt. Verschiedene Vakuolen mit heteromorphem Inhalt sind teils vermutlich Lysosomen, teils mSglicherweise Anzeichen einer sekretorischen Aktivit/it der Zellen. Die Chloridzellen des Typs II besitzen die Porenplatte mit der zirkul/iren Oberfl/ichenstrukturierung (Abb. 2(b) unten, 2(d) und (f)). Ihr Apex ist durch einen dichten Faltensaum gekennzeichnet (Abb. 5(a) 6(a)). Aus Flachschnitten geht deutlich hervor, da6 es sich dabei nicht um Mikrovilli handelt, sondern um groBfl/ichige, polymorphe Einfaltungen der apikalen Zellmembran, die innig miteinander verschlungen sind (Abb. 6(b) ). Die cytoplasmatische Membranseite tr/igt einen dichten Partikelbesatz (Abb. 7), der bereits bei einer Reihe von Zellen mit Transportfunktionen beschrieben wurde (z.B. Noirot und NoirotTimoth6e, 1966; Gupta und Berridge, 1966; Komnick und Abel, 1971; Wichard und Komnick, 1974b). Die Membranfalten lassen einen schmalen peripheren Cytoplasmasaum frei (Abb. 6(b) ), der senkrecht zur Porenplatte ausgerichtete Mikrotubuli enth~ilt (Abb. 7). Unterhalb des Faltensaumes und in seiner Peripherie finden sich gelegentlich Vakuolen mit elektronendichtem Material (Abb. 6 und 7), das auch im extracellul/iren Spalt zwischen den Membranfalten (Abb. 6b) und in den Porenkan~ilen der Porenplatte (Abb. (6a)) angetroffen wird und auf eine zus/itzliche sekretorische Funktion der Zellen hindeutet. Der in der Cuticulaaussparung gelegene Apex der Chloridzellen wird peripher von zungenf~Srmigen Cytoplasmafortsatzen der umgebenden Epithelzellen begleitet (Abb. 6(b), Ann. 4. (a) Flachschnitt durch den subcuticuliiren Teil einer Chloridzelle des Typs I. 14,000 ×. (b) Einfaltung der basolateralen Zellmembran mit ampullenartigen Dilatationen (Pfeil). Die Pfeilk6pfe markieren den Interzellularspalt zwischen Chloridzeile und einer normalen Epithelzeile. 40,000 ×. (c) R~iumlicheAssoziation von Mitochondrien und dilatierten Zellmembraneinfaltungen. 22,000 ×. G2

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7). Unterhalb des apikalen Faltensaumes schliel3t sich eine Cytoplasmazone an, die eine besonders dichte Mitochondrienanh/iufung aufweist (Abb. 5(a) (b)). Die ausladende Peripherie des subcuticul~ren Zelleibes enth/ilt den Zelikern und eine vergleichsweise lockere Ausriistung mit Mitochondrien.

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Ann. 5. (a) Chloridzelle des Typs II einer Hesperocorixa sahlbergi Larve. 11,000 x. (b) Flachschnitt durch den subcuticul~iren Teil einer Chloridzelle des Typs II unterhalb des apikalen Faltensaumes. 25,000 x.

Chloridzellen von Wasserwanzen

ABB. 6. (a) Querschnitt durch die Porenplatte und den apikalen Faltensaum einer Chloridzelle des Typs II. 25,000 x . (b) Flachschnitt durch den apikalen Faltensaum einer Chloridzelle des Typs II. 30,000 x .

IOl

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AaB. 7. St/irkere AusschnittsvergrfBerungeines flachgeschnittenenFaltensaumes. 200,000 x.

DISKUSSION Die Ruderwanze Hesperocorixa sahlbergi besitzt im Epithei des Integuments besonders differenzierte Zellen, deren feinstrukturelle Organisation auf eine aktive Transportfunktion sowie zus/itzlich auf eine eventuelle sekretorische Aktivit/it hindeutet. Ihre Feinstruktur, die F/ihigkeit zur Chloridakkumulation und die Ausbildung einer Porenplatte, zeigen deutliche Parallelen zu den Chloridzellen anderer aquatischer rnsekten (Wichard und Komnick, 1971, 1973b, 1974a; Komnick und Abel, 1971 ; Komnick et al., 1972; Wichard et al., 1972; Kapoor und Zachariah, 1973 a, b) und rechtfertigen ihre Bezeichnung als Chloridzellen. Allerdings lassen sie sich nicht exakt in die ffir die Chloridzellen von Eintagsfliegenlarven aufgestellte (Wichard et al., 1972) und bislang auch ffir die Chloridzellen von Steinfliegenlarven (Wichard und Komnick, 1973b, 1974a) zutreffende Typenreihe einordnen. Nach der Zellenzahl gehOren sie zwar eindeutig zum einzelligen Typ, jedoch fehlt ihnen die bislang fiir den einzelligen Typ charakteristische apikale H6hle. Statt dessen besitzen sie einen coniformen Apex, der bislang nur beim mehrzelligen Typ angetroffen wurde. Dennoch ist eine Revision zum gegenw/irtigen Zeitpunkt verfrfiht, da die Feinstruktur der bisher nur durch histochemische Chloridlokalisation bei den fibrigen Wasserwanzen nachgewiesenen Chloridzellen noch nicht bekannt ist und die systematischen Untersuchungen fiber das m6gliche Vorkommen von Chloridzellen bei anderen aquatischen Insekten noch nicht abgeschlossen sind. Nach den bisherigen Erfahrungen an Ephemeropteren und

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Plecopteren und nach ersten Voruntersuchungen an anderen Wasserwanzen ist eine weitere strukturelle Variabilit/it der Chloridzellen von Wasserwanzen nicht ausgeschlossen. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit die Chloridzellen aquatischer Insekten in eine gemeinsame Typenreihe eingeordnet werden k6nnen. Die beiden bei Hesperocorixa sahlbergi aufretenden Typen unterscheiden sich vor allem dadurch, dab in einem Fall ein durch Einfaltungen der apikalen Zellmembran geschaffenes apikales Labyrinth, im anderen Fall ein durch Einfaltungen der basolateralen Zellmembran hervorgerufenes basales Labyrinth vorhanden ist. Da beide Typen auBerdem auch unterschiedlich strukturierte Porenplatten besitzen, ist es wenig wahrscheinlich, dab es sich dabei um verschiedene Funktionsstadien des gleichen Zelltyps handelt. Es miissen zumindest langfristig verschiedene Funktionsformen, d.h. zwei Zelltypen mit differenzierten Funktionen angenommen werden, wobei nicht ausgeschlossen ist, dab w/ihrend der H~iutungen eine Umdifferenzierung einzelner Zellen und ihrer Porenplatte erfolgen kann. Die unterschiedliche Zahl und Verteilung der Chloridzellen in den einzelnen Larvenstadien zeigt zumindest, dab sich neue Chloridzellen differenzieren und bereits vorhandene riickdifferenzieren k0nnen. Nach eigenen Beobachtungen an der Eintagsfliege Cloeon dipterum werden bei der H/iutung zur Subimago, also beim 1Dbergang von Wasser- zum Landleben, mit den gesamten Tracheenkiemen auch die dort liegenden Chloridzellen abgestoBen. Auch an den iibrigen K6rperstellen, die im letzten Larvenstadium noch Chloridzellen enthalten, lassen sich bei der Subimago und Imago durch histochemische Chloridf/illung keine funktionstiichtigen Chloridzellen mehr nachweisen. Bei dem epineustisch lebenden Wasserl/iufer Hydrometra stagnorum konnten mit dieser Methodik bei Larven und Imagines keine Chloridzellen nachgewiesen werden, hingegen sind sie bei den untersuchten Wasserwanzen mit Ausnahme der Imagines von Plea, die eine fiir ihre geringe K6rpergr~iBe ungew6hnlich derbe Cuticula besitzen, offenbar in allen Lebensstadien vorhanden. Das deutet daraufhin, dab ihre Funktion mit der aquatischen Lebensweise zusammenh/ingt. Ihr Vorkommen auf K6rperoberfl/ichen, die direkt dem Wasser ausgesetzt sind, l~iBt auBerdem vermuten, dab ihre Funktion den direkten Kontakt mit dem Wasser voraussetzt, was bei der angenommenen osmoregulatorischen Ionenabsorption ebenfaUs gefordert werden muB. Eine klare Beziehung zwischen Chloridzellenvorkommen und direktem Wasserkontakt geht insbesondere aus der Ab~inderung des Verteilungsmusters w/ihrend der Individualentwicklung yon Hesperocorixa sahlbergi hervor: Mit dem Auftreten des ventralen Luftbelages im 3. Larvenstadium fehlen die Chloridzellen auf der Abdomenunterseite und mit Ausbildung der Fliigeldecken sowie der darunter befindlichen Luftschicht im Imaginalstadium auch auf der Riickenseite. Eine entsprechende Beziehung geht auch aus der vergleichenden Betrachtung derjenigen Arten hervor, die in allen oder den meisten Entwicklungsstadien antersucht werden konnten. Auf den fliigelbedeckten RiJckenseiten der Imagines sind zuvor vorhandene larvale Chloridzellen zuriickgebildet. Der begrenzende Faktor fiir das Vorkommen yon Chloridzellen auf der Abdomenunterseite ist das auftreten des der Atmung dienenden Luftbelages. Das ist bei Naucoris und Notoneeta bereits im 1. Larvenstadium, bei Hesperocorixa im 3, Larvenstadium und bei Micronecta erst im Imaginalstadium der Fall, w/ihrend Nepa und Ranatra, die mit einem Atemrohr ausgestattet sind, auch im Imaginalstadium auf der Abdomenunterseite Chloridzellen besitzen. Die Frage, ob diese Beziehungen verallgemeinert werden k6nnen, bedarf allerdings der Untersuchung weiterer Arten. Orientierende Voruntersuchungen mit Hilfe der histochemischen Chloridf/iUung an Larven von 5 weiteren, unbestimmten Arten aus der Familie Corixidae lieBen das

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Vorhandensein von Chloridzellen erkennen, so da6 mit einer weiteren Verbreitung dieser Zellart im Integument von Wasserwanzen gerechnet werden kann. ZUSAMMENFASSUNG 1. Durch histochemische Chloridf~illung wurden Chioridzellen im Integument mehrerer Wasserwanzenarten der Familie Corixidae, Naucoridae, Nepidae, Pleidae und Notonectidae nachgewiesen. 2. Mit Ausnahme der Imagines von Plea leachi sind die Chloridzellen bei den untersuchten Arten in allen Lebensstadien vorhanden. Sie liegen an K6rperstellen, die direkten Kontakt zum Wasser haben, sodal3 ihr Vorkommen im Laufe der Individualentwicklung in zeitlicher Abh/ingigkeit von artspezifischem Auftreten des Luftbelages und dutch die Fliigelabdeckung eingeengt wird. 3. Eine Ausz/~hlung bei Hesperocorixa sahlbergi F1EB. ergab eine Zunahme von ca. 200 Chloridzellen im 1. Larvenstadium auf ca. 7000 bei den Imagines, wobei der Anstieg der Zellenzahl sprungweise mit den H/~utungen erfolgt und die zweimalige Riickbildung von Chloridzellen, die mit der Luftbedeckung der Abdomenunterseite im 3. Larvenstadium und mit der Fliigelbedeckung der Abdomenoberseite zusammenfhllt, durch eine gleichzeitige versthrkte Neubildung an anderen K6rperstellen iiberkompensiert wird. 4. Die Chloridzellen von Hesperocorixa sahlbergi sind Einzelzellen mit coniformem Apex, der von einer cuticulhren Porenplatte bedeckt ist. Mit ihren Zellmembrandifferenzierungen und ihrem Mitochondrienreichtum zeigen sie typische Merkmale ionentransportierender Zellen. Dutch den leicht variierten Feinbau der Porenplatte sowie dutch apikale Zellmembraneinfaltung in einem Falle und baso|aterale Zellmembraneinfaltungen im anderen Falle lassen sich zwei Typen von Chloridzellen unterscheiden. 5. Die Hauptfunktion der Chloridzellen von Wasserwanzen ist wahrscheinlich eine osmoregulatorische Ionenabsorption. Danksagung--Die Autoren danken Herrn Dr. E. Wolfram, Institut f~ir Angewandte Zoologie der Universit~it Bonn, fiir die Bestimmung der Corixidae, Frhulein B. Belai, ebenfalls Institut fi~r Angewandte Zoologic, fi~r Aufnahmen am Rasterelektronenmikroskop, sowie Frfiulein I. Baas fi~r sorgfhltige technische Assistenz.

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