Juristische Probleme im Umfeld des Verbandsarztes

Juristische Probleme im Umfeld des Verbandsarztes

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ARTICLE IN PRESS VERBANDSA¨RZTE DEUTSCHLANDS E.V.

SPORT OT

rthopadie ¨ raumatologie

SportOrthoTrauma 24, 212–214 (2008) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/SportOrthoTrauma doi:10.1016/j.orthtr.2008.07.002

VERBANDSA¨RZTE DEUTSCHLANDS E.V.

Juristische Probleme im Umfeld des Verbandsarztes Die Ta¨tigkeit eines Verbandsarztes kann unterschiedliche juristische Probleme mit sich bringen. Neben den besonderen Rechten und Pflichten des Verbandsarztes und dessen Betreuung von Sportlern im Ausland sind insbesondere im Zusammenhang mit Doping im vergangenen Jahr die gesetzlichen Bestimmungen verscha¨rft worden, um dadurch neben der Gesundheit und Fitness der Sportler nicht zuletzt auch einen fairen Wettkampf zu garantieren.

2. Doping a) Der Begriff Doping im Sport ist bislang noch nicht genau definiert worden. Regelma¨ßig wird darunter jedoch die Verabreichung pharmakologischer Gruppen von Wirkstoffen oder Doping-Methoden gema¨ß dem Europa¨ischen U¨bereinkommen gegen Doping an Sportler oder die Anwendung solcher Wirkstoffe und Methoden durch diese verstanden. Seit 2004 gibt die World Anti-Doping Agency (WADA) jeweils zum 1.1. eines Jahres eine Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden als internationalen Standard bekannt. Unerheblich ist es, ob die Verabreichung im Wettkampf oder privat (z. B. im Fitness-Studio) erfolgt. Durch das Gesetz zur Verbesserung der Beka¨mpfung von Doping im Sport vom 24.10.2007 hat der Gesetzgeber A¨nderungen im Arzneimittelgesetz (AMG) vorgenommen und dadurch Verscha¨rfungen in diesem Bereich getroffen, um Doping entgegen zu wirken.

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b) Das Dopingverbot ist in y 6 a AMG geregelt. Danach ist es verboten, Arzneimittel1 zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden. Dies hat zur Konsequenz, dass auch Blutdoping, das bisher vom Verbot des y 6 a AMG ausgenommen war, nun, da es sich dabei um ein In-den-Verkehr-Bringen durch den Arzt handelt, unter das Verbot fa¨llt. Demgegenu¨ber wird weder ein Doping durch den Einsatz von Lebensmitteln oder Nahrungserga¨nzungsmitteln vom Verbot des y 6 a AMG erfasst. Allerdings ist hier Vorsicht angebracht. Nicht wenige Produkte, die in anderen Staaten (z. B. Niederlande) zula¨ssigerweise als Nahrungserga¨nzungsmittel im Verkehr sind, gelten nach deutschem Recht als Arzneimittel. Wer diese Produkte dann in Deutschland anwendet, kann gegen y 6 a AMG verstoßen und sich damit gema¨ß y 95 Abs. 1 Nr. 2 a bzw. y 95 Abs. 1 Nr. 2 B AMG strafbar machen. Durch das Gesetz zur Verbesserung der Beka¨mpfung des Dopings im Sport ist im U¨brigen in y 6 a Abs. 2 a AMG ein Verbot fu¨r den Besitz von Arzneimitteln zu Doping-Zwecken in nicht geringer Menge aufgenommen worden. Dadurch kann jetzt auch das fru¨her straffreie Selbstdoping strafrechtlich geahndet werden. Bestimmt wird die nicht geringe Menge durch die DopingmittelMengen-Verordnung (DmMV) vom 22.11.20072. Der Strafrahmen fu¨r 1

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die Stoffe der im Anhang des U¨bereinkommens gegen Doping (Gesetz v. 2.3.1994 zu dem U¨bereinkommen vom 16.11.1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II 334) enthalten. BGBl. I 2607.

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Versto¨ße gegen y 6 a AMG in y 95 Abs. 1 AMG reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstraße bis zu drei Jahren. In besonders schweren Fa¨llen reicht der Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Besonders schwere Fa¨lle sind gema¨ß y 95 Abs. 3 Nr. 2 a AMG das Doping von Minderja¨hrigen und gema¨ß Nr. 2b das gewerbsma¨ßige Doping oder das Doping als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Doping verbunden hat. Beide Voraussetzungen ko¨nnen beim Verbandsarzt schnell erfu¨llt sein. Gewerbsma¨ßig heißt, in Ausu¨bung ’’seines Berufs und eine Bande liegt schon bei drei Mitgliedern vor3. Unterstellt, Verbandsarzt, Sportler und ein Verbandsfunktiona¨r arbeiten zusammen, liegt die Voraussetzung fu¨r eine Bande bereits vor. y 29 ff. Beta¨ubungsmittelgesetz (BtMG) beinhaltet eine besondere Strafbarkeit des Dopings mit Beta¨ubungsmitteln, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu fu¨nf Jahren geahndet werden kann. c) Durch das Gesetz zur Verbesserung der Beka¨mpfung des Dopings im Sport ist in y 98 a AMG ein erweiterter Verfall normiert, der in Verbindung mit y 73 d Strafgesetzbuch (StGB) eine Gewinnabscho¨pfung vorsieht. Ebenso neu eingefu¨hrt ist die origina¨re Zusta¨ndigkeit des Bundeskriminalamtes (BKA) fu¨r spezifische internationale Ermittlungsbefugnisse in y 4 Abs. 1 BKAG sowie die Pflicht, in den Beipackzettel einen Warnhinweis mit dem Text: ’’

1. Einfu¨hrung/Allgemeines

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BGH, Beschl.v. 22.3.2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321ff.

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Der 110. Deutsche A¨rztetag 2007 hat das systematische Doping zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen ausdru¨cklich verurteilt.

3. Besondere Rechte und Pflichten des Verbandsarztes Der Verbandsarzt hat besondere Rechte inne und unterliegt besonderen Pflichten. a) Selbstversta¨ndlich unterliegt er der Schweigepflicht wie jeder andere Arzt auch. Deshalb darf er sich gegenu¨ber der O¨ffentlichkeit bzw. den Medien z. B. bei Verletzungen prominenter Sportler nur a¨ußern, wenn eine wirksame Schweigepflichtentbindungserkla¨rung des Sportlers oder eine entsprechende vertragliche Vereinbarung des Sportlers mit dem Verein vorliegt. Derartige Vereinbarungen findet man z. B. im Profisport u.a. dahingehend, dass der Arzt gegenu¨ber Trainern und Verbandsgremien diejenigen Informationen offenbaren darf, die diese fu¨r eine sachgerechte Betreuung des Sportlers (auch zu seinem Schutz) beno¨tigen. Eine solche Erkla¨rung des Sportlers in Bezug auf den Verbandsarzt kann sich auf Trainer oder Verbandsgremien beziehen oder auch auf die O¨ffentlichkeit. Ohne eine derartige Erkla¨rung ist der Verbandsarzt nicht befugt, Informationen an Dritte weiter zu geben. b) Bei der Behandlung von Sportlern ko¨nnen dem Verbandsarzt besondere Rechte zukommen, die im Einzelfall vertraglich geregelt sind. Nicht selten darf allein der Verbandsarzt bei Sportlern als erste Anlaufstelle sportmedizinische oder sporttherapeutische Maßnahmen durchfu¨hren, da anderenfalls fu¨r den Sportler eine Vertragsstrafe droht. Eine derartige Klausel in Arbeitsvertra¨gen der Sportler begegnet keinen Bedenken und wurde auch vom LAG Berlin als zula¨ssig erachtet5. c) Haftungsrechtlich ist der Verbandsarzt Erfu¨llungsgehilfe des Ver-

bands. Solange der Verband keine ihn entlastenden Umsta¨nde vortra¨gt, haftet dieser jedenfalls neben dem Arzt. Ein Ausgleich im Innenverha¨ltnis wird im Regelfall vertraglich geregelt. Dass der Verbandsarzt freiberuflich ta¨tig ist, steht dem nicht entgegen6.

4. Betreuung durch den Verbandsarzt im Ausland Die Betreuung des Verbandsarztes im Ausland kann mit einigen Problemen verbunden sein. a) Zuna¨chst gilt die deutsche Approbation grundsa¨tzlich nur in Deutschland. Im Ausland gilt das Recht des Ta¨tigkeitsortes. Innerhalb der EU wirft dies keine Probleme auf, weil hier aufgrund der Dienstleistungsfreiheiten und auch der Richtlinien u¨ber die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Pru¨fungszeugnissen und Befa¨higungsnachweisen A¨rzte mit deutscher Approbation auch in anderen Mitgliedstaaten ta¨tig werden du¨rfen7. Gleiches gilt fu¨r solche Staaten, mit denen bilaterale Vereinbarungen geschlossen wurden. Gibt es derartige Vereinbarungen nicht und liegt auch keine Ausnahmegenehmigung vor, gilt die deutsche Approbation nicht. Wird also dieser (Verbands)arzt z. B. in den USA oder Kanada a¨rztlich ta¨tig, und sei es auch nur bei seinen Sportlern, handelt ’’ er ohne Approbation, was jedenfalls von den o¨rtlich zusta¨ndigen Beho¨rden u¨berpru¨ft werden ko¨nnte8. 5

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vgl. Urteil der 9. Kammer des LAG Berlin vom 25.08.2004, Az. 9 Sa 877/04. vgl. Urteil der 6 Kammer des LAG Mu¨nchen vom 03.04.2007, Az. 6 Sa 1288/06 so auch BGH 08.02 1974 BGHZ 62, 112, 124; BGH 17.12.1992 NJW 1993, 1704, 1705. Siehe insbesondere Lissel, in Ratzel/ Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, y 3 Europa¨isches Gesundheitsrecht . ’’

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zu ihrer Entfernung aus dem Dienst geahndet.

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Die Anwendung des Arzneimittels ’’(Bezeichnung) kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen fu¨hren (y 6 a Abs. 2 AMG). d) Mangels medizinischer Indikation kann Doping eine gefa¨hrliche Ko¨rperverletzung gema¨ß y 224 StGB darstellen. Daneben kann Doping den Tatbestand eines Vermo¨gensund/oder Wettbewerbsdelikts erfu¨llen. Denkbar ist eine Strafbarkeit wegen Betruges gema¨ß y 263 StGB zum Nachteil des Vereines, des Veranstalters, von Fo¨rderungsinstitutionen und zum Nachteil des Sponsors. Des Weiteren ko¨nnen Wettbewerbsversto¨ße Schadensersatzanspru¨che auslo¨sen. e) Schließlich ko¨nnen bei Doping auch berufsrechtlich fu¨r den betreffenden Arzt Konsequenzen entstehen, wie beispielsweise der Widerruf der Approbation nach y 5 Abs. 2 Bundesa¨rzteordnung (BA¨O). Hierbei kann Doping im Einzelfall die Unwu¨rdigkeit oder Unzuverla¨ssigkeit zum Fu¨hren des a¨rztlichen Berufs (y 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BA¨O) bedeuten, was dann sogar zwingend zu einem Widerruf fu¨hrt. Eine solche Unwu¨rdigkeit bzw. Unzuverla¨ssigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Beschluss vom 9.11.2006, Az. 3 B 7/06 bei mehrmaliger Verschreibung von Dopingmitteln zugunsten eines Inhabers eines Bodybuilding-Studios angenommen, was zum Widerruf der Approbation fu¨hrte. Außerdem stellt Doping einen Verstoß gegen die a¨rztliche Berufsordnung dar (yy 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 MBO), der prinzipiell berufsrechtlich geahndet werden kann4. Begehen beamtete A¨rzte Versto¨ße gegen das Dopingverbot, wird dies disziplinarrechtlich bis hin

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Bislang ist dies zugegebenrmaßen ein eher theoretisches Problem, die Rechtslage ist allerdings klar. siehe auch Ziff. 1.3.2 a) BBR 01/04, abgedruckt bei Bergmann, in: van Bu¨hren, y 11 Anhang II.

bandsa¨rzte seiner Mitgliedsverba¨nde eine Gruppenhaftpflichtversicherung abgeschlossen, die diese Deckungslu¨cke ausfu¨llen soll. Der genaue Inhalt der Gruppenversicherung (Deckungssumme, Haftpflichtbedingungen etc.) ist allerdings auch Vorstandsvertretern des Verbandsa¨rzte Deutschland e.V. im Einzelnen nicht bekannt. Die Frage, ob dieser Versicherungsschutz auch dann greift, wenn der deutsche Verbandsarzt wegen eines Schadensereignisses in den USA vor einem USamerikanischen Gericht verklagt wird (was prinzipiell mo¨glich ist) und in diesem Verfahren seine dort nicht gu¨ltige Approbation thematisiert wird, ist ungekla¨rt. Als sicher darf jedoch vermutet werden, dass jedenfalls fu¨r die punitive oder exemplary damages’’ (s.o.) kein De’’ckungsschutz besteht. ’’

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schra¨nkung, dass in Versicherungsfa¨llen in den USA/US-Territorien und Kanada, sofern dort ausnahmsweise nach den vorstehenden Fallgruppen Deckungsschutz besteht, abweichend von y 3 Ziff. III 4 AHB die Aufwendungen des Versicherers fu¨r Kosten (z. B. Anwaltskosten) auf die Versicherungssumme angerechnet werden. Wer diese Kosten aus zum Teil spektakula¨ren US-amerikanischen Haftpflichtprozessen kennt, mag erahnen, dass auch eine nach deutschen Vorstellungen ausreichend erscheinende Deckungssumme schnell aufgebraucht sein kann. Daru¨ber hinaus ist zu beachten, dass auch in diesen Ausnahmefa¨llen kein Versicherungsschutz fu¨r Entscha¨digungen mit Strafcharakter, insbesondere sog. punitive oder exemplary damages’’ besteht ’’ (Nordamerika-Klausel). Hat ein deutscher Verbandsarzt daher nur eine normale Arzthaft’’ pflichtversicherung, ist er fu¨r die Betreuung seiner Sportler im ’’ außereuropa¨ischen Ausland nicht hinreichend geschu¨tzt. Deshalb hat der Deutsche Sportbund fu¨r die Ver-

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b) Zudem kann ein Ta¨tigwerden im Ausland haftungsrechtliche Probleme aufwerfen. Nach den allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (y 4 Ziff. I.3 AHB) sind Haftpflichtanspru¨che aus im Ausland vorkommenden Schadensereignissen ausgeschlossen. Gema¨ß Ziff. 3 h) der besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen fu¨r die Haftpflichtversicherung A¨rzte, Medizinstudenten, Medizinstudenten im praktischen Jahr, Zahna¨rzte (BBR) sind grundsa¨tzlich aber auch Schadensereignisse mitversichert, welche im europa¨ischen Ausland auf Grund a¨rztlicher Ta¨tigkeit anla¨sslich eines voru¨bergehenden Auslandsaufenthaltes von ho¨chstens drei Monaten vorkommen. Gema¨ß Ziff. 3 i) BBR besteht Versicherungsschutz fu¨r im außereuropa¨ischen Ausland vorkommende Schadensereignisse, soweit sich der Patient im Zeitpunkt der a¨rztlichen Ta¨tigkeit im Inland aufgehalten hat9, Erste-Hilfe-Leistungen bei Unglu¨cksfa¨llen oder aus der Teilnahme an Kongressen resultieren. Ziff. 1.3.2. Abs. 2 BBR entha¨lt daru¨ber hinaus die Ein-

Korrespondenzadresse: Dr. Rudolf Ratzel Fachanwalt fu¨r Medizinrecht Sozieta¨t Dr. Rehborn Rechtsreferendar Christian Schulze Ottostraße 1 80333 Mu¨nchen