BIOCHIMICA ET BIOPH¥SICA ACTA
BBA
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POLAROGRAPHISCHES STUDIUM DER PHOTOLYSE UND PHOTOR E D U K T I O N VON RIBOFLAVIN UND 6,7-DIMETHYL-9-(FORMYLMETHYL )ISOALLOXAZIN EDUARD
KNOBLOCH
Institut fiir Pharmazie und Biochemie, Prag (Tschechoslowakei) ( E i n g e g a n g e n a m 31. Mai, 1966) (Revidiertes M a n u s k r i p t e i n g e g a n g e n a m i i. N o v e m b e r , 1966)
SUMMARY
Polarographic study of the ~bhotolysis and photoreduction of riboflavin and 6,7-dimethyl 9-(for~nylmethyl)-isoalloxazine The photolysis and photoreduction of riboflavin and 6,7-dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazine (IV) was studied by polarographic methods under anaerobic conditions. A quantitative comparison of the products of photolysis of riboflavin and Compound IV revealed that in acid, neutral and slightly alkaline medium, lumichrome and the reduced form of Compound IV are the principal products. In addition, riboflavin gives rise to a small amount of the leuco form and minute amounts of 6, 7dimethyl-9-(2'-hydroxyethyl)-isoalloxazine and lumiflavin as side products. Formaldehyde is produced by photolytic decomposition of the side chain of Compound IV. The dependence of the velocity of photolysis on the structure of the isoalloxazine derivatives and on the medium was studied. The investigation of the photoreduction of riboflavin in the presence of certain amino acids (histidine, proline, sarcosine, cysteine, methionine, as well as EDTA) revealed the presence of products which can be reduced on the mercury electrode. In the presence of cysteine an equivalent amount of cystine is formed during reduction of riboflavin. The published scheme of riboflavin photolysis and the photoreduction mechanism were discussed in the light of the experimental results obtained.
EINLEITUNG
Die Photolyse yon Riboflavin (I) wurde 1932 durch WARBURG UND CHRISTIAN1 entdeckt. Als Hauptprodukte dieses Prozesses wurden Lumiflavin und Lumichrom (II, III) isoliert und identifiziert 1-e. Die erste Stufe besteht nach KARRER7 in der Oxydation der Seitenkette an der 2' Stellung. Die pH und Ionenst~trke-Abh~ingigkeit wurde von HALWER8 studiert. Mit dem polarographischen Studium dieses Ph~tnomens beschAftigte sich als erster BRDI~KA9 und sp~ter KO~ENTI°,n. Durch diese Arbeiten wurde die Bildung von Lumichrom best~ttigt, welches man gut polarographisch neben Riboflavin bestimmen kann, weiterhin kann man mittels dieser Methode die Bildung einer reduzierten Substanz verfolgen, von welcher beide Autoren meinen, dasses sich um ein hypothetisches von KOHN3 vorausgesetztes Photolysezwischenprodukt Biochim. Biophys, Acta, 141 (1967) 19-26
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'Deuteroflavin' (IV) handelt. In diesen Arbeiten wird auch auf die Abspaltung der Seitenkette aufmerksam gemacht und nach KO~ENT entsteht durch die Spaltung der Ribosekette als H a u p t p r o d u k t Glycerinaldehyd. Die wichtigste Entdeckung der letzten Jahre auf diesem Gebiet wurde in der Arbeit von SMITH U~D 1V[ETZLER1~ gemacht, welche mittels der Dtinnschichtchromatographie das Schltisselprodukt des photolytischen Riboflavinzerfalls isolierte und dieses als 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin (IV) identifizierte. Einen wichtigen Beitrag ftir das Studium des Mechanismus der Photolyse und Photoreduktion yon Flavinen hat I-{OLMSTROM13 geliefert, der sich mit der Flashspektrometrie dieses Prozesses besch~tftigte. R I
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I m Laufe des Studiums der Photolyse von Riboflavin wurde die Photoreduktion als Begleiterscheinung bemerkt 9. Dieses Ph~inomen wuxde systematisch untersucht in Anwesenheit vieler Stickstoffhaltiger Substanzen durch FRISELL, CHUNG UND MACKENZIE14. Die Photoreduktion von Riboflavin wurde durch zwei Thesen erkl~irt. Die erste setzt voraus, dass durch die Lichtwirkung in Anwesenheit von speziellen Aktivatoren eine Spaltung des Wassers eintritt unter Bildung von HzOz (Ref. 15-17). Die zweite setzt voraus, dass bei dieser Reaktion die Seitenkette als Elektronendonator diene, die dabei irreversibel oxidiert wird. Diese schon von KOSCHARA6 gemeldete These wurde von (~STER, HOLMSTR6M,MOORE UND RADDA13,18-20 verfolgt. Die reversibele Photoreduktion von Riboflavin in Anwesenheit von EDTA wurde polarographisch bestitigt durch MERKEL UND NICKERSOI~.1. Dem Photoreduktionsmechanismus wird in der Literatur grosse Aufmerksamkeit gewidmet wegen der biochemischen Bedeutung dieser Substanz als EnergietibertrAger und photodynamisch aktiver Katalysator in der Natur18m, ~s. MATERIAL UND METHODE Die StromstArke-Spannungskurven wurden am Heyrovsky LP 55 Polarograph registriert. Die Quecksilbertropfelektrode Konstanten sind m = 1.48 mg/sec, t = 4.5 sec in o.i M KC1, Reservoirh6he 60 cm. Das Potential wurde gegen ges~ittigte Kalomelelektrode gemessen. Es wurde in inerter Atmosphiire gearbeitet (elektrolytischer H 2 oder reiner Nz). Die Bestrahlung wurde im Kalousekgef~iss mit Thermostatmantel durchgefiihrt. Als Lichtquelle diente eine 200 W Birne mit Zeiss GG-I 5 Filter (zur Eliminierung von Strahlungen mit Wellenl~ingen kiirzer als 400 nm). Das kristallinische Riboflavinpr~paxat des National Unternehmens Farmakon wurde nach Umkristallisierung aus Essigs~ure bentitzt, 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin (IV) wurde nach FALTA UND PETERING~4 synthetisch gemacht. 6,7-DimethylBiochim. Biophys. Acta, I41 (1967) 19-26
PHOTOLYSE UND PHOTOREDUKTIONVON RIBOFLAVIN
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9-(hydroxy~thyl)-isoalloxazin (V) wurde durch quantitative Reduktion mit Borohydrid aus IV gewonnen. Auch synthetischer Lumichrom wurde gebraucht. Die Substanzen IV und V wurden s~ulenchromatographisch auf Ionex Zerolith 225 (NI-I4+-form) gereinigt. Die Reinheit der bentitzten Substanzen wurde papierchromatographisch im System n-Butanol-Essigs~ture-Wasser kontroliert ~Sm. Die Infrarot-Spektra der isolierten Substanzen wurden mit dem Spektrometer Zeiss I R IO (KBr-Prisma) registriert.
ERGEBNISSE Die Photolyse wurde in verschiedenen Puffergemischen bei konstanter Temperatur (20 °) und Lichtintensit~t (200 W Birne) verfolgt. Die Polarogramme in Fig. I und 2 stellen den Photolysezeitverlauf dar von Riboflavin und 6,7-Dimethyl-9(formylmethyl)-isoalloxazin. Die Photolyse erweist sich durch die Bildung von Lumichrom, welches anf dem Polarogramm nach der Stufe bei E ½ ---- --0.580 V sichtbar ist und der Substanz welche durch die anodische Stufe bei E ½ = --0.327 V erkennbar ist. Die Potentialstufe E ½ ---- --0.327 V geh6rt dem prim~ren Photolyseprodukt dem 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin zu und ist wahrscheinlich dem Deuteroflavin identisch. Die Identifizierung ergibt sich aus der charakteristischen polarographischen Abh~ngigkeit dieser Substanz vom pH Wert. Dieses ist sehr verschieden von den anderen Isoalloxazinderivaten. Im sauren Gebiet wird IV in zwei Stufen reduziert. Die positivere Stufe geh6rt der protonisierten Form an. Ihre Dissoziationskonstante (pK~i = 2.80) wurde auf spektroskopischem Wege bestimmt. Die Identit~tt des Lumichrom wurde nach chromatographischer Trennung durch Infrarot-Spektren best~tigt. Die dritte Stufe bei E ½ --~ --0.47 ° V geh6rt dem Riboflavin an.
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Fig. I. Zeitverlauf der Riboflavinphotolyse (c = 1.5. IO a M) in Phosphatpuffer (pH 8). Kurven o, 5, 13, 24, 36 und 54 entsprechen den t3elichtungszeiten in Minuten. Kurvenanfang bei --o.i V. Potential gegen gesAttigte Kalomelelektrode. Abstand der Lichtquelle io cm. Fig. 2. Zeitverlauf der 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin Photolyse (c = 1.5. lO-4 M). Kurven o, 5, 13, 24, 36 und 50 entsprechen den Belichtungszeiten in Minuten. Anfang bei --o.i V. Potential gegen ges~ttigte Kalomelelektrode. Abstand der Lichtquelle 15 cm. Die Photolyse des 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin geht schneller vor als bei Riboflavin. Aus dem Polarogramm (Fig. 2) geht hervor, dass die Photolyseprodukte gut polarographisch charakterisierbar sind. Wesentlicll sind hier zwei Stufen sichtbar, welche bei den gegebenen Bedingungen in VerhAltnis I : I entstehen. Die Substanz, welche bei E ½ ~ --0.580 V reduziert wird, ist Lumichrom und das Reduktionsprodukt, dass dutch eine anodische Stufe bei E ½ = --0.327 V sichtbar wird, Biochim. Biophys. Acta, 141 (1967) 19-26
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die Leukoform von IV. Diese Stufe hat einen teilweise kinetischen Charakter. Die Identifizierung der beiden Produkte wurde neben der polarographischen Charakterisierung nach Trennung auch spektroskopisch durchgeftihrt. Ein weiterer Beweis ftir die Art der Hauptprodukte der Photolyse von IV ergibt sich aus der Reaktionskinetik. Unter der Voraussetzung, dass die Hauptprodukte der Photolyse Lumichrom und die Leukoform von IV sind, kann man durch wiederholte Photolyse und Reoxidation praktisch die ganze Menge von IV in Lumichrom tiberftihren. Die Berechtigung dieser Voraussetzung wird dutch das folgende Experiment best~tigt. Hier wurde im Puffergemisch (pH 7) die Photolyse von IV im ersten Zyklus durchgefiihrt. Im zweiten Zyklus erfolgte Beltiftung zwecks Reoxidation der Leukoform, nach Entfernung des O, im H,-Strom, wurde die folgende Stufe der Photolyse verwirklicht. Wie aus Fig. 3 (Kurve 3) ersichtlich ist, sind in dieser Stufe schon 3/4 der Substanz IV in Lumichrom tiberfiihrt. Diese Operation wird wiederholt, sodass nur noch 1/8 der urspriinglichen Substanz IV iibrig bleibt. Zwecks Eliminierung von H20 2, dass bei der Reoxidation der Leukoform entsteht, wurde eine kleine Menge (0.05 ml) Erythrozytenhaemolysats zugegeben. Durch dieses Experiment wurde best~tigt, dass das Hauptprodukt der Photolyse der Substanz IV unter anaeroben Bedingungen Lumichrom ist. Unter gleichen Bedingungen wie bei der Polarographie wurde die Photolyse auch papierchromatographisch verfolgt. Die modifizierte Methode von HAIS26,27wurde daftir beniitzt. Auf das Papier wurden die Photolyse Produkte von Riboflavin und der Substanz IV aufgetragen nebst Riboflavin, Lumichrom und den Substanzen IV und V als Vergleichssubstanzen. Es zeigt sich die Identit~t der Photolyse Produkte beider Isoalloxazinderivate. Als Hauptprodukte entstehen Lumichrom und die Leukoform von IV, als Nebenprodukte entstehen 6,7-Dimethyl-9-(hydroxy~thyl)-isoalloxazin, Lumiflavin und eine unbekannte Substanz mit einem RF-Wert von o.I. Die Substanz V RF
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Fig. 3- P o l a r o g r a m m der L u m i c h r o m b i l d u n g bei wiederholter P h o t o l y s e und R e o x y d a t i o n yon IV (c = 2. 5" IO- t M) in P h o s p h a t p u f f e r (pH 7). K u r v e I vor Belichtung, K u r v e 2 nach der P h o t o l y s e u n d R e o x y d a t i o n der ersten Stufe. K u r v e n 3 und 4 nach der Photolyse in der zweiten u n d d r i t t e n Stufe. K u r v e n a n f a n g bei - - o . i V. Potential gegen ges~ttigte Kalomelelektrode. Fig. 4. C h r o m a t o g r a m m der P h o t o l y s e p r o d u k t e von Riboflavin und 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin in P h o s p h a t p u f f e r (pH 8). (I) Riboflavin, (2) Lumichrom, (3) IV, (4) V, (5) Riboflavinphotolyseprodukte, (6) P h o t o l y s e p r o d u k t e von Substanz IV.
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wurde durch den RF-Wert und nach Isolation durch das Infrarot-Spektrum identifiziert. Es wurden die Banden bei 465, 608 und 127o cm-1 gefunden, welche ffir die prim~re alkoholische Gruppe charakteristisch sind welche auch beim Spektrum der Modellsubstanz nachgewiesen wurden. Wir setzen voraus, dass V durch Dismntation (Cannizzarosche Reaktion) aus IV entsteht. Lumiflavin entsteht unter diesen Bedingungen nur in sehr kleinen Mengen, was in Einklang steht mit den Befunden anderer Autoren. Bei dem Photolyse-Studium von IV wurde die Aufmerksamkeit auch dem Seitenketten-Zerfall gewidmet und es wurde festgestellt, dass das Zerfallprodukt Formaldehyd ist. Die experimentellen Beweise daffir gehen aus Fig. 5 und 6 hervor. Das Polarogramm (Fig. 5) wurde nach einer dreistufigen Photolyse im Puffergemisch bei pH 7 nach Alkalisierung registriert. Die Stufe des Oxidationsproduktes bei E ½ = --1.654 V wurde nach Zugabe von Formaldehyd erh6ht. Am Polarogramm (Fig. 6) ist die Identit~t der Formaldehydstufe auf Grund des polarographischen Verhaltens von Semicarbazonen von aliphatischen Aldehyden bestittigt. Das Semicarbazon yon Formaldehyd hat ein unterschiedliches Verhalten gegenfiber anderen Aldehyden und wird an der Quecksilbertropfelektrode im Puffergemisch bei pH 8 bei E ½ = --1.19o V reduziert. Das Semicarbazon von Acetaldehyd gibt im gleichen Medium die Stufe bei --1.3o8 V. Die PhotolyseabhAngigkeit von den experimentellen Bedingungen wurde nur orientierungsweise studiert. Es wurde in Einklang mit ]-IALwERs festgestellt, dass die Photolysegeschwindigkeitauch vom pH-Wert abh~ngig ist und in schwach alkalischen Medien schneller als in sauren Medien erfolgt. Weiterhin wurde der Einfluss von verschiedenen Substanzen auf die Photolysegeschwindigkeit geprtift. Wir beobachteten zum Beispiel, dass in Anwesenheit von Cystein das Riboflavin gegen die Photolyse geschfitzt wird, das Pyridin wirkt entgegengesetzt. Der Einfluss der L6sungsmittel auf die Photolyse wurde schon friiher, im Rahmen der Studien i~ber die AbhAngigkeit der Fluorescenzintensit~t und der L6sungsmittelzusammensetzung, geprfifW. Es wurde festgestellt, dass die Photolyse in wasserfreiem Medium schneller als in w~sserigem Medium erfolgt. Dem quantitativen Studium der Reaktionskinetik und des Reaktionsmechanismus wird eine kommende Arbeit gewidmet sein. Bei der Substanz IV geht die Photolyse schneller als bei Riboflavin vor, dagegen ist bei V (Hydroxy/ithylderivat) die Photolysegeschwindigkeit gegeniiber Riboflavin zu vernachl~tssigen. T .
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Fig. 5. P o l a r o g r a m m der S u b s t a n z I V (c = 2. 5. lO -4 M) n a c h dreistufiger P h o t o l y s e in P h o s p h a t puffer (pH 7) u n d t3berffihrung in alkalisches M e d i u m (pH 11.5). I~urve 2 n a c h Z u g a b e v o n F o r m a l d e h y d , K u r v e n a n f a n g bei - - o . I V. P o t e n t i a l gegen ges~ttigte K a l o m e l e l e k t r o d e . Fig. 6. D e r i v a t i v - P o l a r o g r a m m der S u b s t a n z IV n a c h der P h o t o l y s e in B r i t t o n - l R o b i n s o n P u f f e r (pH 8) (c = 5" lO-4 M). K u r v e i bei t3bersehluss y o n S e m i c a r b a z i d . K u r v e 2 n a e h Z u g a b e y o n F o r m a l d e h y d . K u r v e n a n f a n g bei o.o V. P o t e n t i a l gegen ges~ttigte K a l o m e l e l e k t r o d e .
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Die P h o t o r e d u k t i o n von R i b o f a v i n ist ein reversibeler Vorgang, er w i r d durch B i l d u n g der L e u k o f o r m charakterisiert. Bei diesem Vorgang t r a t e n stickstoffhaltige S u b s t a n z e n als E l e k t r o n e n d o n a t o r e n auf 2s. D e n reversibelen R t i c k g a n g der Riboflavinstufe k a n n m a n i m anodischen Gebiet b e o b a c h t e n u n d zugleich das A u f t r e t e n von O x y d a t i o n s p r o d u k t e von Aminos~uren n e b e n e i n a n d e r g u t verfolgen. Als Beispiel dieser R e a k t i o n ftihren w i t die P h o t o r e d u k t i o n von Riboflavin in Anwesenheit eines ~ b e r s c h u s s e s y o n E D T A an. Aus d e m P o l a r o g r a m m (Fig. 7) ist ersichtlich, dass m i t der Zeit die polarographische Stufe von Riboflavin in d e m anodischen Gebiet bis zur t o t a l e n R e d u k t i o n sinkt. I m P o t e n t i M g e b i e t e u m --1.27 ° V m a c h t sich die E n t s t e h u n g der O x y d a t i o n s p r o d u k t e von E D T A b e m e r k b a r . Sie ist nach Uberfiihren in ein alkalisches Medium besser ersichtlich, wie aus P o l a r o g r a m m (Fig. 8) hervorgeht. Aus d e m gleichen P o l a r o g r a m m ist auch ersichtlich dass das O x y d a t i o n s p r o d u k t n i c h t F o r m a l d e h y d ist wie FRISELL, CHUNG UND MACKENZIE v o r a u s g e s e t z t h a b e n 14. Dieses P o l a r o g r a m m zeigt, dass F o r m a l d e h y d bei einem m e h r n e g a t i v e n P o t e n t i a l als das u n b e k a n n t e O x y d a t i o n s p r o d u k t des E D T A reduziert wird. E i n Ahnliches Verh a l t e n b e m e r k t e n wir in Anwesenheit von H i s t i d i n , Prolin, Sarkosin, Methionin, Cystein, u n d anderen. I n Anwesenheit von Cystein wird Riboflavin reversibel reduziert bei einer gleichzeitigen B i l d u n g von Cystin wie aus Fig. 9 hervorgeht. Die anodische O x y d a t i o n des iiberschiissigen Cysteins verl~tuft bei E ½ = - - o . 4 9 o V der d e m R i b o f l a v i n r e d o x -
Fig. 7. Riboflavinphotoreduktion in Britton-Robinson Puffer (pH 8.5) (c = 2. lO_4 M in Anwesenheit von EDTA (2. io a M). Potential gegen ges&ttigte Kalomelelektrode. Der Zeitverlauf der Photoreduktion ist mit der Kurvenschar dargestellt. Fig. 8. Polarographische Registrierung der Bildung des Photooxydationsproduktes yon EDTA in Phosphatpuffer (pH 8). Konzentration vom Riboflavin 2- lO-4 M von EDTA 2- lO-3 M. Kurve I nach ~berftihrung in alkalisches Medium (pH 11.5). Kurve 2 nach Zugabe von Formaldehyd. Potential gegen gesAttigte Kalomelelektrode.
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Fig. 9. Polarogramm der Photoreduktion yon Riboflavin in Phosphatpuffer (pH 8) in Anwesenheit yon Cystein (2. lO-3 M), Riboflavin (2. lO.4 M). Potential gegen ges&ttigte Kalomelelektrode. 13iochim. Biophys. Acta, 141 (1967) 19-26
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potential sehr ~hnlich ist. Bei der Photoreduktion von Riboflavin kommt es in diesem System zu einem Gleichgewichtszustand, der durch die Gleichgewichtskonstante definiert ist. Dem kinetischen Studium dieser biochemisch so wichtigen Reaktion und dem interessanten Gleichgewichtszustand wird eine kommende Arbeit gewidmet sein. DISKUSSION
Die Photolyse der beiden Flavinderivate in saurem, neutralem und schwach alkalischem Medium ist durch Bildung von Lumichrom und der reduzierten Form von 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin charakterisiert. Neben diesen Produkten entsteht bei Riboflavin noch eine kleine Menge der Leukoform. Die Entstehung der reduzierten Formen von Isoalloxazinderivaten ist nicht in die Schemata der Photolyse eingeschlossen, welche in der letzten Zeit publiziert wurden 19 und welche auf die Vorstellung von KARRER fiber die Aktivierung der Seitenkette an der 2'Stellung und dem Protonenfibertrag auf den Stickstoff in i-Stellung begrtindet sind. Wir haben bis jetzt auch keinen Mechanismus gefunden der eindeutig die Entstehung von Lumichrom, der reduzierten Form und von Formaldehyd bei der Photolyse der Substanz IV erkl~ren wfirde. Die Entstehung des Nebenproduktes 6,7-Dimethyl9-(hydroxy/ithyl)-isoalloxazin erkl~tren wir durch Dismutation, man muss aber bemerken, dass wir das zweite Produkt dieser Reaktion (eine S~ure) nicht best/itigen konnten; wir nehmen an, dass es dem nicht identifizierten Produkt mit gelbgriiner Fluoreszens entspricht das eine gleiche Fleckgr6sse wie Substanz V mit RF ~ o.I aufweist. Den Einfluss der Sulfhydryl- und Disulfidverbindungen kann man durch das Unterdrficken der Radikalreaktionen, die katalytische Wirkung von Pyridin durch basische Katalyse der photochemischen Reaktion nach HALWER erkl~ren. Im Laufe der Photoreduktion von Riboflavin in Anwesenheit verschiedener Aminos~uren wie z.B. Histidin, Methionin, Prolin, Sarkosin, u.s.w., wurde best~tigt, dass diese Substanze bei Belichtung chemisch reagieren und polarographisch reduzierbare Produkte bi:den und deshalb wahrscheinlich keine Funktion als Aktivatoren haben, wie die frfihere Meinung fiber die Funktion dieser Substanzen war. Unsere Experimente liefern weitere Argumente dafiir, dass bei Photoreduktion von Riboflavin nicht Wasser, sondern Aminos~uren als Elektronendonatoren dienen. DANK
Ich danke an dieser Stelle Herrn Akademiker R. BRDI~KA,Direktor des physikalisch-chemischen Instituts der ~.S.A.V. fiir viele Diskussionen tiber diese Probleme und Herrn Dr. Ing. Z. BUD~.gfNSK~"ftir die Synthese der Substanzen IV und V. ZUSAMMENFASSUNG
Mittels Polarographie und Chromatographie wurde die Photolyse und Photoreduktion yon Ribofavin und 6,7-Dimethyl-9-(formylmethyl)-isoalloxazin (IV) unter anaeroben Bedingungen studiert. Die Photolyseprodukte von Riboflavin und Substanz IV wurden quantitativ verglichen und es wurde festgestellt, dass in saurem, neutralem und schwach alkalischem Medium als Hauptprodukte Lumichrom und die reduzierte Form von Substanz IV entstehen. Bei Riboflavinphotolyse entsteht weiterhin noch Biochim. Biophys. A~ta, i4i (i967) 19-26
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eine kleine Menge der Leukoform von IV, sowie Spuren von 6,7-Dimethyl-9-(hydroxy/tthyl)-isoalloxazin und Lumiflavin als Nebenprodukte. Es wurde nachgewiesen, dass das Produkt des Seitenkettenzerfalls der Substanz IV Formaldehyde ist. Die Abh/ingigkeit der Photolyse von der Struktm der Isoalloxazindefivate und des Milieus wurde studiert. Bei der Riboflavinphotoreduktion in Anwesenheit verschiedener Aminos~turen (Histidin, Prolin, Sarkosin, Cystein, Methionin sowie EDTA) entstehen an der Quecksilberelektrode reduzierbare Substanzen. In Anwesenheit von Cystein entsteht w/ihrend der Photoreduktion von Riboflavin eine /iquivalente Menge yon Cystin. Unter dem Gesichtspunkt dieser experimentellen Resultate wurden das Schema der Riboflavinphotolyse und der Mechanismus der Photoreduktion diskutiert. LITERATUR I O. WARBURG UND W. CHRISTIAN, Biochem. Z., 266 (1933) 377. 2 P. KARRER, H. SALOMON, K. SCH6PP, E. SCHLITER UND H. FRITSCHE, Helv. Chim. Acta, 17 (1934) IOLO. 3 R. KUHN UND TH. WAGNER-JAUREGG, Chem. Ber., 66 (1933) 195 TM 4 R. KUHN UND TH. WAGNER-JAUREGG, Chem. Ber., 66 (1933) 1577. 5 K. THEORELL, Biochem. J., 279 (1935) 156. 6 W. I~OSHARA, Z. Physiol. Chem., 229 (1939) lO3. 7 P. KARRER UND H. MEERWAIN, Helv. Chim. Acta, 18 (1935) 1126. 8 M. HALWER, J. Am. Chem. Soc., 73 (1951) 487 TM 9 R. BRDI~KA, Collection Czech. Chem. Commun., 14 (1949) 13o. io A. KO6ENT, Chem. List),, 47 (1953) 195. I I A. KO6ENT, Chem. Listy, 47 (1953) 652. I2 E. C. SMITH UND D. E. METZLER, J. Am. Chem. Soc., 85 (1963) 328. 13 B. HOLMSTR6M, Arkiv Kemi, 22 (1964) 281. 14 W. R. FRISELL, C. W. CHUNG UND C. G. MACKENZIE, J. Biol. Chem., 234 (1959) 1297. 15 G. STRAUSS UND W. J. NICKERSON, jr. Am. Chem. Soc., 82 (196o) 5007. 16 G. STRAUSS UND W. J. NICKERSON, J. Am. Chem. Soc., 83 (1961) 3o87. 17 L. P. VERNON, Biochim. Biophys. Acta, 36 (1959) 177. 18 G. OSTER, C. BELLIN UND B. HOLMSTR6M, Experientia, 18 (1962) 249. 19 W. M. MOORE, J. T. SPENCE, F. A. RAYMOND UND S. D. COLSON, f . Am. Chem. Soc., 85 (1963)
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