Theorie der Anfapgssuszeptibilitiit und der Magnetisierungskurve von hexagonalen Kobalt-EinkristaHen H. KRONM~LLER, H. T1L~UBLE, A. SEEGER UNDO. BOSER Max-Planck-Institut J~r Metallforschang, Stuttgart, und lnstitut fiir theoretische und angewandte Physik tier Technischen Hochschule Stuttgart (Deutschland) (Eingegangen den 12. August, 1965)
Z USA M M E N F A SS UNG Zur Berechnung yon Magnetisierungskurven und der Anfangssuszeptibilitiit wird eine mikromagnetische Theorie entwickelt, die den Einflufl innerer Spannungen auf reversible Magnetisierungsprozesse roll
beriicksichtigt. Die Theorie wird zur Deutung der Temperatur- und Verformungsabh~ngigkeit der Anfangssuszeptibilitiit hexagonaler Kobalt-Einkristalle angewandt.
SUMMAR Y A micromagnetic theory is developed for the calculation of magnetisation curves and initial susceptibility, which takes fully into account the influence of internal stresses on the reversible magnetisation
processes. The theory is used to explain the dependence of initial susceptibility of hexagonal single crystals of cobalt on temperature and dejbrmation.
RESUME Afin de permettre le calcul de la courbe d'aimantation et de la susceptibilit~ magn~tique initiale dcs mat~riaux ferromagn~tiques, on a d~velopp~ une th~orie bas~e sur l'aspect micromagn~tique des ph~nomdnes magn~tiques; cette th~orie tient compte enti~rement de l'influence de tensions internes sur les
mkcanismes d'aimantation r~versibles. La th~orie est utilis~e pour r interpr~tation de la variation, en fonction de la temperature et de la deformation plastique, de la susceptibilitd initiale de monocristaux de cobalt de structure hexagonale.
1. EINLEITUNG
eine starke Temperaturabh~ingigkeit aufweisen. Die Verformungsabhiingigkeit der Koerzitivfeldst~irke entspricht etwa derjenigen von Nickel und Eisen, wahrend die Verformungsabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it bei Raurntemperatur wesentlich schw~icher ist als bei den kubischen ferromagnetischen Metallen. Ziel dieser Arbeit ist die Deutung der Temperatur- und der Verformungsabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it, w~ihrend die Theorie der Koerzitivfeldstiirke in einer anschlieBenden Arbeit 2° behandelt wird. In Abschnitt 2 der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen einer mikromagne-
In mehreren friiheren Arbeiten wurden das plastische Iund das magnetische2'3'4'1 s Verhalten zylinderf6rmiger Kobalt-Einkristalle untersucht. Die ausfiihrlichste dieser Arbeiten, die sich mit der Temperatur- und Verformungsabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it und der Koerzitivfeldst~rke Hc befaBt4, werden wir im folgenden mit Co I bezeichnen. Von den experimentellen Ergebnissen ist besonders hervorzuheben, dab die Anfangssuszeptibilit~it ~(~und die Koerzitivfeldst~irke Hc im Temperaturbereich zwischen 500°K und 650°K
Materials Science and Engineering - Elsevier Publishing Company, Amsterdam - Printed in the Netherlands
92
H. K R O N M U L L E R , H. TR,~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
tischen Theorie der Magnetisierungskurve und der Anfangssuszeptibilit~it besprochen. Wir werden dabei die klassische, yon N6el 6 sowie Lawton und Stewart 7 rtir ideale Einkristalle entwickelte Phasentheorie verallgemeinern und auf Realkristalle mit inneren Spannungen erweitern. Im einzelnen werden wir die Anfangssuszeptibilit~it f'tir den idealen Einkristall (Abschnitt 3), den Realkristall, wie er beim Ziichten nach dem Bridgmanverfahren gewonnen wird 1 (Abschnitt 4), und den plastisch verformten Einkristall (Abschnitt 5) berechnen. Diese verschiedenen Einkristalle unterscheiden sich vor allem beziiglich ihrer innerer Spannungen, die im wesentlichen von Versetzungen hervorgerufen werden. In den Abschnitten 4 und 5 werden wir sehen, dab sich die Abweichungen der experimentellen Ergebnisse von den Vorhersagen rtir den idealen Kristall auf die Wechselwirkung zwischen Versetzungen und Blochwiinden zuriickrtihren lassen. Wie in Co I dargelegt wurde, gibt es in hexagonalem Kobalt infolge der verschiedenartigen Temperaturabh~ingigkeit der Kristallenergiekonstanten K1 und K 2 (siehe Fig. 1) drei TemperaturT
8
0
100 ~
200
400
~
I
eI
('K)
300
I
intervaUe I, II und III, die sich durch Zahl und Anordnung der magnetischen Vorzugsrichtungen und durch ihre Bereichsstruktur unterscheiden. Im Temperaturintervall I (0°K < T < 518°K) liegt die Magnetisierung beim Feld H = 0 parallel bzw. antiparallel zur hexagonalen Achse (c-Achse); im Temperaturintervall II (518°K< T<613°K) befinden sich die Vorzugsrichtungen auf einem Kegelmantel (dessen Offnungswinkel vonder Temperatur abh/ingt) um die c-Achse; und im Temperaturintervall III (613°K < T < 690°K) schlieSlich liegen die Vorzugsrichtungen in der Basisebene (senkrecht zur c-Achse). Unsere Rechnungen werden ergeben, dab in den Temperaturintervallen I und III die Magnetisierungs~inderung durch den kombinierten Proze8 "Blochwandbewegungen + Drehprozesse" erfolgt, w~ihrend im Temperaturintervall II der einfache Proze8 der Blochwandbewegungen ausschlaggebend ist. Diese Unterschiede haben starke Auswirkungen auf die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it und deren Empfindlichkeit gegeniiber inneren Spannungen. Denn wegen der hohen Kristallanisotropie von Kobalt werden die Drehprozesse durch inhere Spannungen kaum be-
,
J iT)
~'~'J
500
(500
i/I
518"1
~'o
I
I
I
I •
I
2
0
_~_
I -200
i -100
[ :-Achse
~
0
I I .100
T ('C) I
.
I
16oo
12oo
i
'
I
I
i
I
~ ~ .200//~300 ~
4OO
.400
O
"%. 1.3&o
.2~5
%.
I -2
I
16"13
I
;.E.
700
i Ix.
i
I
Fig. I. Tempcraturabh~ingigk¢it dcr S~ittigungsmagnctisicrung J, sowi¢ d¢r Kristallanisotropickonstantcn/(I und/(2 nach Lit. 12.
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
93
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
einflu6t, wogegen Blochwandbewegungen stark behindert werden. In den Temperaturintervallen I und III wird demzufolge der xa(T)-Verlauf weitgehend durch die Drehprozesse bestimmt, und es besteht nur ein schwacher Einflul3 innerer Spannungen. Im Temperaturintervall II hingegen wird der Temperaturgang durch die magnetoelastische Kopplungsenergie und die Temperaturabh~ingigkeit der Vorzugsrichtungen bestimmt. Verglichen mit den Temperaturintervallen I u n d III hat man hier einen sehr starken EinfluB innerer Spannungen auf die Magnetisierungskurve zu erwarten. Eine Priifung der theoretischen Ergebnisse ist hiernach auf zwei verschiedene Arten m6glich. Erstens durch einen Vergleich mit der gemessenen Temperaturabh~ingigkeit von X, (siehe Co I) und zum andern durch eine Untersuchung der Verformungsabhangigkeit. Die Voraussetzungen f'tir die zuletzt genannte Methode wurden durch friihere Arbeiten geschaffen, in denen die Verformungsabh~ingigkeit der Versetzungsdichte experimentell bestimmt wurde 1 und Verfahren zur Berechnung der Wechselwirkung zwischen Blochw~inden und Versetzungen in plastisch verformten Einkristallen entwickelt wurden 5.
2.
THEORIE DER M A G N E T I S I E R U N G S K U R V E U N D DER ANFANGSSUSZEPT1BILIT,~T
Die iibliche Methode zur Berechnung von Magnetisierungskurven grol3er, idealer ferromagnetischer Einkristalle, die im entmagnetisierten Zustand in magnetische Elementarbereiche (Weisssche Bezirke) unterteilt sind, war bislang die von N6el 6 sowie Lawton und Stewart 7 entwickelte Phasentheorie. In dieser Theorie bleibt die Mikrostruktur der Bereichsaufteilung weitgehend unberiJcksichtigt. Die Dom~inenw~inde spielen nur insofern eine Rolle, als sie die Trennw~inde zwischen den einzelnen Bereichen darstellen und damit die Gr613e der Weissschen Bezirke festlegen. In guter N~iherung darf angenommen werden, dab die spontane Magnetisierung Js in den einzelnen Bereichen parallel zu einer durch den Einheitsvektor n~ gekennzeichneten Richtung liegt. Die Obergangsbereiche zwischen den einzelnen Bereichen, die sog. Blochw~inde, nehmen nur 0,1-1 ~o des Gesamtvolumens ein. Ihre Ausdehnung wird daher vernachl~issigt. Im allgemeinen gibt es mehrere Richtungen n~, die im entmagnetisierten Zustand, beim Feld H =0, mit den sog. leichten Magnetisierungsrichtungen
iJbereinstimmen. Bei Nickel liegen bei Raumtemperatur insgesamt 8 solche Richtungen vor, bei Eisen sechs und bei hexagonalem Kobalt zwei. Die Bereichsstruktur wird durch die Phasenvolumina vi beschrieben. Das Phasenvolumen vi ist definiert als der relative Volumanteil all der Bereiche, die parallel zur Richtung n~ magnetisiert sind. Sind v° die Phasenvolumina im entmagnetisierten Zustand und n o die leichten Magnetisierungsrichtungen, so gilt hierfiir ~_, n,v ° = 0
(2.1)
i
mit der Nebenbedingung E v° = 1.
(2.2)
i
Beim Anlegen eines Magnetfeldes erf~ihrt der Kristall eine Magnetisierung J. Die Komponente J, der Magnetisierung parallel zu einer durch den Einheitsvektor n bestimmten Richtung betdigt J, = J s Z vini "n .
(2.3a)
i
Dabei bedeuten vi und ni die zum Magnetfeld H geh6renden Gleichgewichtswerte der Phasenvolumina und der Richtungen der spontanen Magnetisierung innerhalb der einzelnen Bezirke. Fiihren wir in G1. (2.3a) anstelle des Produktes n.n~ den Richtungskosinus cos ~ des Winkels 0q zwischen der Richtung n~ und der Richtung n ein, so lautet GI. (2.3a) J, = J s ~ vi cos cq.
(2.3b)
i
Bei Kenntnis der Phasenvolumina v i und der Magnetisierungsrichtungen n~ (bzw. der Winkel ~q) als Funktion des Feldes ist gem~iB (2.3b) die (statische) Magnetisierungskurve J , ( H ) vollkommen bestimmt. Zur Berechnung dieser Parameter wird angenommen, dab die Magnetisierungs~inderung reversibel und zeitunabh~ingig erfolgt. In den oben erw~ihnten Arbeiten 6.v werden die Gr6Ben vi und n~ mit Hilfe von geometrischen Oberlegungen und sog. Stabilit~itskriterien ermittelt; aul3erdem wird die freie Energie beziiglich der ~i minimalisiert. Hierbei wird vorausgesetzt, dab im Inneren der Kristalle keine magnetischen Pole auftreten, magnetische Streufelder also nur yon Oberfl~ichendivergenzen der Magnetisierung herriihren. Ein wichtiges Ergebnis der Phasentheorie war der Befund, dab in mehrachsigen idealen Kristallen, wie Eisen oder Nickel, die Magnetisierungs~indeMater. Sci. Eng., 1 (1966) 9 1 - 1 0 9
94
H. KRONMULLER, H. TR,~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
rung bei kleinen Magnetfeldern, d.h. im steilen Teil kosinus yj, sondern beziiglich der Winkel q~j= arc der Magnetisierungskurve, ausschliel31ich durch cos yj vorgenommen. Blochwandbewegungen erfolgt und keine DrehunDie gesamte vonder Magnetisierung abh~ingige gender spontanen Magnetisierung (Drehprozesse) freie Enthalpie setzt sich im wesentlichen aus vier aus den Vorzugsrichtungen n o bei H = 0 auftreten. Beitr[igen gem~iB Dieser ffir den idealen Einkristall wichtige Tatbe~bG= ~br + ~bs+ ~bu+ ~bu (2.6) stand ist bei Realkristallen nicht mehr erftillt. Wie an anderer SteUe gezeigt wurde s'9, treten im allgezusammen. Dabei bedeutet ~br die Kristallenergie, meinen sofort Drehung.en der spontanen Magneti~bs die Streufeldenergie, ~bu die magnetostatisehe sierung auf, sobald die Bewegung der Blochw~inde Energie im ~iul3eren Feld H und tpM die magdurch Gitterfehler, z.B. die inneren Spannungen netoelastische Kopplungsenergie zwischen der von Versetzungen, gehemmt wird. Die Anwendung spontanen Magnetisierung und den spannungsder Phasentheorie in ihrer urspriinglichen Form aktiven Gitterfehlern. Gegeniiber den in G1. (2.6) f'tihrt daher bei Realkristallen zu falschen Ergebaufgefiihrten Energiebeitr~igen dtirfen andere Beinissen. tr~ige, wie z.B. die Blochwandenergie, vernachDie bereits erw~ihnte Forderung, dab im Innern l~issigt werden. Mit Hilfe der Extremalbedingeines Ferromagnetikums keine Polbelegungen aufungen (2.4) ist es insbesondere m6glich, die treten sollen, ist nach N6el 6 gleichbedeutend mit N6elsche Hypothese der symmetrischen Drehungder Annahme, dab Drehungen der spontanen en 6 zu beweisen. Wir werden diesen Beweis in Magnetisierung, die im flachen Teil der MagnetiAbschnitt 3.2(b) an einem einfachen Beispiel ansierungskurve, bei grol3en Feldern auftreten, in deuten. Die Extremalbedingungen (2.4) und die benachbarten Bereichen symmetrisch zur BlochN6elsche Hypothese der symmetrischen Drehungwandnormalen erfolgen. Ein Beweis f'tir die Richtig- • en bilden im folgenden die Grundlage zur Bekeit dieser Forderung konnte von der Phasenrechnung der Magnetisierungskurve und der Antheorie nicht gegeben werden. fangssuszeptibilit~it Za in magnetisch einachsigen Um die angef'tihrten M~ingel der Phasentheorie, Kristallen. insbesondere die bei der Anwendung auf RealkriDie Anfangssuszeptibilit~it Xa folgt aus GI. (2.3) stalle auftretenden Schwierigkeiten, zu beheben, durch Differenzieren nach dem ~iuBeren Magnetwurde von verschiedenen Autoren eine mikrofeld H. Aus GI. (2.3a) erh~ilt man magnetische Theorie der reversiblen MagnetisieX =js[~Ov, On,, 7 rungsprozesse entwickeltS'9'l°'l 1,2 1. Anstelle der OH n_,o hi'n+ ~, vi-~-H n-.o'nJ ' (2.7a) Stabilit~itskriterien der alten Phasentheorie geht man in dieser Theorie davon aus, dab die freie oder aus GI. (2.3b) Enthalpie ~b~ des Kristalls im isotherm-isobaren Gleichgewicht ein Minimum besitzt. Die Paramu_.oCOS oq+ ~vt OH n-.oJ" (2.7b) eter v~ und n~ ergeben sich also aus den Extremalbedingungen Die beiden Glieder in G1. (2.7) haben eine einfache t3q~a = 0, (2.4a) Bedeutung, und zwar entspricht das erste Glied c3vi dem Anteil der Bloehwandbewegungen und das zweite Glied dem Beitrag der Drehprozesse zur 0yq) = 0, (2.4b) Anfangssuszeptibilitiit. J wobei die ),~!) J die Richtungskosinus von n~beztiglich eines beliebigen kartesischen Koordinatensystems bedeuten. Die Extremalaufgabe ist dabei unter Beriicksichtigung der Nebenbedingungen ~v,-- 1 ,
E(y}0)2= 1
(2..5)
J
durehzufiihren. H~iufig wird die Minimalisierung der freien Enthalpie nicht beztiglich der Richtungs-
3. MAGNETISIERUNGSKURVE UND ANFANGSSUSZEPTIBILIT.~T IDEALER KOBALT-EINKRISTALLE 3.1.
Vorbemerkun#
Wie wir in Abschnitt 2 gesehen haben, h~ingen die Magnetisierungskurve und die Anfangssuszeptibilit~it yon der Zahl und der Gr613e der Phasenvolumina vl und den zugeh6rigen MagnetisierungsMater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
95
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
richtungen n~ ab. In hexagonalem Kobalt treten unterhalb des Umwandlungspunktes bei 417°C drei Temperaturintervalle auf, die sich hinsichtlich ihrer magnetischen Vorzugsrichtungen und Zahl der Phasenvolumina stark voneinander unterscheiden. Man erwartet deshalb bei Kobalt eine ausgepriigte Temperaturabhiingigkeit der magnetischen Eigenschaften. Wie in Co I ausf'tihrlich dargelegt wurde, sind diese Unterschiede auf die verschiedenartige Temperaturabhiingigkeit der Anisotropiekonstanten K x und K 2 zuriickzuf'tihren. In Fig. 1 ist die Temperaturabh~ingigkeit der Anisotropiekonstanten K1 und K 2 nach Messungen yon Barnier, Pauthenet und Rimet ~2 wiedergegeben; ferner sind die Temperaturintervalle I, II und III eingezeichnet. Wir werden in den folgenden Abschnitten die Magnetisierungskurve und die Anfangssuszeptibilit~it in diesen drei Intervallen nach der in Abschnitt 2 skizzierten Theorie berechnen. 3.2. Temperaturintervall I (0°K < T < 518°K)
(a) Modell der Bereichsstruktur Im Temperaturintervall Iist beim Feld H = 0 die Vorzugsachse der spontanen Magnetisierung parallel oder antiparallel zur hexagonalen Achse des Kristalls (c-Achse). Sofern wir von den AbschluBbereichen an der Oberfl~iche des Kristalls absehen --diese nehmen nur einen kleinen Bruchteil des Gesamtvolumens des Kristalls ein--liegt demnach eine zweiphasige Bereichsstruktur vor. Wir bezeichnen diese Phasen mit 1 und 1. Im entmagnetisierten Zustande gilt v l = ~ = ½ (vgl. Fig. 2). Die einfachste Dom~inenstruktur, die man sich beim Feld H - - 0 aus zwei antiparallel magnetisierten Phasenvolumina aufgebaut denken kann, ist die in Fig. 2 wiedergegebene Scheibenstruktur. Dieses Modell erfaBt zwar keineswegs die Einzelheiten der Bereichsstruktur, insbesondere nicht die AbschluB-
c - A c h s e
T
/
T
I
Fig. 2. Modell der seheibenf6rmigen Bereichsstruktur im Temperaturintervall I.
5//5/z5
Fig. 3. Bereichsstruktur im Temperaturintervall I bei angelegtem ~iuBerem Feld H. Die Drehungen der spontanen Magnetisierung in den Phasen 1 und i sind als symmetriseh zur Bloehwandnormalen angenommen.
bereiche an der Oberfl~iche; die Einf'tihrung eines mittleren Abstandes L 3 zwischen den Blochw~inden entspricht vielmehr einer Mittelung fiber die tats~ichlich vorliegende Bereichsstruktur und ist, wie sich zeigen wird, ftir unsere Rechnungen vfllig ausreichend. Dieses Modell wurde auch von Kouve113'14 mit Erfolg zur Deutung der Druckabh/ingigkeit der Anisotropiekonstanten von Kobalt bentitzt. Bei einer zweiphasigen Domgnenstruktur erfolgt die Magnetisierungs~inderung beim Anlegen eines Magnetfeldes sowohl durch Wandverschiebungen als auch durch Drehprozesse. In unserem Scheibenmodell f'tihrt dieser kombinierte MagnetisierungsprozeB zu der in Fig. 3 angegebenen Anordnung der Blochw~inde und der Richtungen der spontanen Magnetisierung in den einzelnen Bereichen. Die Wandverschiebungen sind dabei durch eine .~uaderung der Phasenvolumina vl und ~ charakterisiert. Um die Allgemeinheit unserer Rechnung zu wahren, miissen wir annehmen, dab die spontane Magnetisierung in den Phasen 1 und T u m verschieden groBe Winkel ¢Px und ¢Px aus der c-Achse herausgedreht wird. Die N6elsche Forderung 6, dab an den Blochw~inden keine Streufelder auftreten sollen, l~iBt sich dann nur erftillen, wenn wir die Blochwandebene um einen Winkel 0 aus ihrer ursprtinglichen Lage herausdrehen, so dab die Magnetisierungsvektoren in den benachbarten Bereichen wieder symmetrisch zur Blochwandnormalen liegen. Die Polbelegungen wiirden natfirlich yon vornherein vermieden, wenn die Drehungen symmetrisch zur urspriinglichen Wandnormalen in der yon Wandnormalen und c-Achse aufgespannten Ebene erfolgen w(irden. Dies ware der Fall, wenn die Bedingung ~o1= q~TerfiJllt ware. Da es jedoch keinesfalls selbstverst~indlich ist, dab die freie Enthalpie bei symmetrischer Drehung der spontanen Magnetisierung ein Minimum besitzt, miissen wir unsere in Abschnitt 2 formulierte Extremalaufgabe zun~ichst mit verschiedenen Drehwinkeln ~o1 und q~x durchftihren. Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91 109
96
H. KRONMULLER,H. TRAUBLE, A. SEEGER, O. BOSER
(b) Berechnung der Mcujnetisierungskurven zylinderf6rmiger Einkristalle' Im folgenden betrachten wir zylinderf6rmige Einkristalle, d i e ein so grol3es Achsenverhiiltnis haben sollen, dal3 wir ihr magnetisches Verhalten durch dasjenige eines Ellipsoids ann~ihem dtirfen. Das magnetische Streufeld und die Streufeldenergie infolge der Oberfl~ichenpole k6nnen wir dann mit Hilfe zweier Entmagnetisierungsfaktoren Nil und N± parallel bzw. senkrecht zur Stabachse des Kristalls berechnen. Zwischen den be±den Entmagnetisierungsfaktoren besteht der Zusammenhang Nil +2N± = 4n.
(3.1)
Ftir sehr lange Kristalle ±st die Bedingung Nil ,~ N± erftillt. Ftir das in Fig. 2 dargestellte Scheibenmodell lauten die in Abschnitt 2 aufgef'tihrten Energiebeitriige folgendermal3en: 1. Kristallenergiedichte: ckx = vl(K1 sin 2 go1 + K 2 sin'* go0 + + v-f(K1 sin 2 got+K2 sin*~p-f) (3.2) 2. Streufeldenergiedichte infolge der Oberfliichenpole : ~S~--- ~NII 1 Jll2 +~N±J_~ 1 2 (3.3) 3. Dichte der magnetostatischen Energie im ~iul3eren Feld H parallel zur Stabachse: dpn = - nJii .
(3.4)
Fiir die Komponenten der Magnetisierung parallel und senkrecht zur Stabachse (Feldrichtung) ergibt sich aus GI. (2.3) be± Berticksichtigung der Nebenbedingungen (2.5): JII = Jsvl {c°s(goo - go1)+cos(goo + rpt)} - J~ cos (goo+ go-f) (3.5a) J± = J~ v l {sin (goo- go1) + sin(goo + go-f)}- J ~ sin(goo+q~),
(3.6a)
wobei goo den Winkel zwischen der c-Achse und der Stabachse der Kristalls bedeutet. Ftihren wir die Variationen ~~b~ = 0 und ~
= 0
aus, so zeigt sich, dab diese Bedingungen nur erFtillt werden kfnnen, wenn die be±den Drehwinkel got u n d qTt gleich grol3 sind. Damit ±st gezeigt, dab die N6elsche Hypothese 6 der symmetrischen Drehungen auch be± Kobalt zutrifft. In den Gln. (3.2) bis (3.6) diirfen wir somit setzen, got = goi = go (3.7)
Die Magnetisierungskomponenten JII und Jj. und die Energiebeitriige ~bx lauten dann JII = J,[2vl cos goo cos go-cos(goo+go)]
(3.5b)
J, = J,[2vl sin goo cos go-sin(goo+go)]
(3.6b)
~bx = K1 sin 2 go+K2 sin* go
(3.8)
~bs = ½Nil,/2 [2vl cos goo cos go-cos(go o + go)]2 + + ½N±J~ [2vl sin goo cos go- sin (goo+ go)]2(3.9) dPn = - H J s [ 2 v l cos gOo cos go-cos(goo+go)]. (3.10) Als Variationsparameter treten in den Gin. (3.8) bis (3.10) nur noch das Phasenvolumen Vl und der Drehwinkel go auf. Die Anwendung der Extremalbedingungen liefert nun folgende Bestimmungsgleichungen ftir vt und go: HJ~ cos goo = N±J2{2vl sin goo cos go-sin(goo+go)}sin goo+ +Niij2{2vl cos goo cos go-cos(goo+go)} cos gOo (3.11) 0 = 2K1 sin go cos go+4K 2 sin a go cos go+ +2HJsvl cos goo sin g o - H J, sin(goo+go)+ + NiJ2{2vl sin goo cos go-sin(goo+go)} x { - 2 v l sin goo sin go-cos(goo+go)}+ +Nil j2 {2vl cos goo cos go-cos(goo +go)} x { - 2 v l cos goo sin go+sin(goo+go)}. (3.12) Aus G1. (3.11) folgt f'tir das Phasenvolumen vl: Vl=½+
HJ~ cos goo+ ½J~2(N , -NIl) sin 2goo sin go 2J 2 cos go(N± sin 2 goo+ Nit cos2 goo) (3.13)
Gl. (3.13) in G1. (3.12) eingesetzt liefert fiir den Drehwinkel tp eine kubische Bestimmungsgleichung sin a go+ p sin go- q = 0 (3.14) mit K~ N± NI 1,12 (3.15) p = 2K 2 + 4K2(N± sin2goo+Nii cosZgoo) und HJ~N± sin goo q =4K2(N± sin2goo+Nii cos2goo)" (3.16) Die in unserem Fall interessierende reelle L6sung der kubischen Gleichung (3.14) lautet : sin go = ~/2 + ~ ¢ / ( - q)2 + (3)a + +~/q-~/(-2)2+(3)
3.
(3.17,
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
HEXAGONALEKOBALT-EINKRISTALLEN
97
Die be±den Magnetisierungskomponenten JII und ,/1 berechnen sich aus den Beziehungen
Die Feldstarke Ilk ergibt sich aus G1. (3.20),indem wir v~ = 1 setzen. Dann finden wir
H cos2goo+N±J~ sin go sin goo Jtl -N± sin2goo+Nii COS2goO (3.18)
Js [2K i(N± sin 2 goo+ Nil cos2 goo)+ N± Nil j2] [cos2 goo(2KI + N± j2)2 + N2 j~ sin2goo]½ (3.24) Beim Erreichen der FeldsRirke Ilk tritt in der Magnetisierungskurve ein Knick auf. Man bezeichnet diese FeldsRirke daher auch als sog. Knickfeldst~irke. Der Winkel (Ok, um den die spontane Magnetisierung be± der Knickfeldst~irke aus der cAchse herausgedreht ±st, betr~igt
und j± H cos goo sin goo- Nil Js cos goo sin go = N. sin 2 goo+ Nil cOS2 goO '
(3.19)
wobei f'tir sin go der gem~il3 G1. (3.17) berechnete Wert einzusetzen ±st. Durch Gl. (3.17) bis G1. (3.19) ±st die Magnetisierungskurve zylinderf6rmiger EinkristaUe im Bereich des kombinierten Magnetisierungsprozesses 'Wandbewegungen + Drehprozesse' vollsRindig bestimmt. Die Beziehungen (3.13) bis (3.19) wollen wir nun noch auf den Sonderfall, dab K 2 gegeniiber K~ vernachl~is~igt werden darf, spezialisieren. Dies ±st be± Kobalt unterhalb 400°K eine zul~ssige N~iherung. Die Kenngr6Ben des Magnetisierungszustandes in Abh~ingigkeit vom Feld lauten dann wie in GI. (3.20) gegeben (siehe unten). HJ~N± sin goo sin go = 2K 1(N± sin 2 goo+ Nil cOS2 go0) ÷ N± Nil ,/2, (3.21)
(
JII =
j2 + 2K1 sin 2 goo ( j2
I+Nfl
ctggoo)n
2K1 sin2goo
N± / + ctg2goo~,
(3.22)
N± //
HK1 sin 2goo J± = 2KI(N± sin2goo+Nit cos2 goo)+ N± Nii J 2 " (3.23) GI. (3.21) bis GI. (3.23) entnimmt man, dab sin go, JII und J± in dieser N~herung (K2=0) lineare Funktionen des ~uBeren Magnetfeldes sind. Dies gilt auch ftir das Phasenvolumen vt bei kleinen Feldst~rken. Bei Ber~cksichtigung der Anisotropiekonstanten K 2 erh~lt man dagegen fiir alle Kenngr~13en einen mit der Feldst~rke gekri~mmten Verlauf. Der kombinierte MagnetisierungsprozeB l~uft nur solange ab, bis sich bei einer kritischen FeldsRirke H benachbarte Blochw~nde ber~hren und gegenseitig annihilieren. Ab dieser Feldst~rke existiert dann nur noch die mit 1 bezeichnete Phase.
DI = ½ ÷
Hk =
j 2 N l sin goo sin (Ok---- [COS2 goo(2KI+ Nij2)2 + N±jg24 sin2 goo]~ (3.25) Die bisher abgeleiteten Beziehungen k6nnen leicht auf kugelf6rmige Einkristalle spezialisiert werden, 4n indem man Nil =N± =--~- setzt. Ftir diesen Fall wurden die Magnetisierungskurven von Kobalteinkristallen (be± Raumtemperatur) von Pauthenet und Mitarb.1 s, jedoch ohne Angabe expliziter Ausdriicke, berechnet. (c) Die Magnetisierunoskurve im Bereich reiner Drehprozesse (H > Ilk) Wie bereits erwiihnt, existiert oberhalb der Feldst~irke Hk nur noch eine einzige Phase. Die spontane Magnetisierung liegt noch nicht in Richtung des angelegten Feldes, sondern ±st infolge der Wirkung der Kristallenergie um einem bestimmten Winke} goo-go aus der Feldrichting ausgelenkt. Beim Erh6hen des Magnetfeldes erfolgt die weitere Magnetisierungszunahme durch Drehung der spontanen Magnetisierung in Richtung der Stabachse. Der Drehwinkel go der spontanen Magnetisierung bestimmt sich aus der Extremalbedingung (2.4) mit v~ = 1 und v2 =0. Eine explizite Berechnung des Drehwinkels go ±st jedoch nicht m6glich, weil sich G1. (3.12) auch ftir v~ = 1 nicht nach einer einfachen Winkelfunktion von go aufl6sen l~iBt. Dagegen l~iflt sich aus GI. (3.12) in einfacher Weise die Feldst~irke H als Funktion des Winkels go berechnen und zwar gilt : H = Js(Nii-Nl) cos (goo-go) +
K~ +2K 2 sin2 go J, sin (goo+go) " (3.26)
H(N±J~ +2K1) cos goo 2J~{[2K1 (N± sin 2 goo+ Nil cos2 goo)+ N± Nil j2] 2 _ N 2 H z j2 sin 2 goo}½'
(3.20)
Mater. Sci. Eng., 1 (1966)91-109
98
H. KRONMULLER, H. TR.~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
J,
K==O.~/./
/ N~ = 2#l"
/
N. - 0 ~o 52* =
J, = 1422 Gauss
J,I
KI =4,5 xlOe(erg/cm 3) K= = 1,5 x l O 6 ( e r g / c m 3)
--)
50( J~
0
0
l 1000
Or 2 O0
7
I 3000
I 4000
I BOO0
I 6000
~iusseres Feld N ( O e )
Fig. 4. Magnetisierungskurven fiir die Parallel- und die Normalkomponente der Magnetisierung nach GI. (3.18) und GL (3.19). Die der Berechnung zugrundegelegten Materialkonstanten sind im Bild angegeben. Die Magnetisierungskurven fiir /(2 =0 sind durch die strichpunktierten Kurven angedeutet.
G1. (3.26) liefert den Zusammenhang zwischen dem Drehwinkel der spontanen Magnetisierung und der Feldstiirke H. Die Magnetisierungskomponenten dll und J± als Funktion der Feldstiirke erhalt man aus den Beziehungen
dr1[ d ¢)u=o Z"=2dsc°s t#° c°s tP--dH n=o +2JsVl~--~ (cos
JII = J~ cos (q~o-q~(n)) ; J± = J, sin (~Oo-~o(n)). (3.27)
wobei die Differentiation bei H = 0 auszurdhren ist. Beriicksichtigen wir, dab bei H = 0 sin ~0= 0 und cos tp = 1 gesetzt werden dtirfen, so erh~ilt man aus G1. (3.28a)
In Fig. 4 ist eine nach den Gleichungen (3.16) bis (3.19) sowie den Gleichungen (3.26) und (3.27) ftir Raumtemperatur berechnete Magnetisierungskurve eines unendlich langen Einkristalls (Nil = 0) mit der Orientierung tpo = 52 ° aufgetragen. Als besonders interessantes Ergebnis i8t zu erw~ihnen, dab im Falle Nil = 0 die Quermagnetisierung J± im Bereich des kombinierten Magnetisierungsprozesses linear v o n d e r Feldst~irke abh~ingt, wiihrend JII einen gekrtimmten Verlauf aufweist.
(d) Anfangssuszeptibilitiit Die Anfangssuszeptibilit~it X= berechnet sich aus G1. (2.7b)"mit cos 0tl = cos(~Oo-~O) und cos ~t2 = cos(~Oo+~O). Mit der Nebenbedingung (2.5) ergibt sich dann
-
Js ~d cos(tpo+¢) u = o '
(3.28a)
• dvl d(sin ~o) X, = 2Js cos ~Oo dH n=o + J ~ s i n ¢ ° dH u=o" (3.28b) Das erste Glied in G1. (3.28b) entspricht dem relativen Anteil der Wandbewegungen und das zweite dem relativen Anteil der Drehprozesse zur gesamten Magnetisierungs~inderung. Setzen wir in G1. (3.28b) das Phasenvolumen Vl gem~il3 GI. (3.13) ein, so ergibt sich allgemein •
d(sin ~o)/
cos2qgo+N±Js sin tpo ~ d - H - I H =
Z, =
N± sin2~oo+NIi cos2tpo
o
(3.29)
Mater. Sci. Eng., 1 (1966)91-109
99
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
Zur weiteren Berechnung von X, ist aus G1. (3.17) sin ~ Ftir H--*0 zu bestimmen. Durch Reihenentwicklung der Kubikwurzeln von G1. (3.17) lgBt sich zeigen, dab im Grenzfall H--*0 sin t# denselben Wert annimmt wie Ftir K2 = 0. Wir diirfen daher in GI. (3.29) sin tp gem~iB G1. (3.21) einsetzen und finden dann j2
ctg2 tp °
2K1 sin 2 tpo ÷ Za =
//
ctg 2 tpo,~ . (3.30)
js2
I+NII ~2K1 sin2q~o +
N± //
G1. (3.30) k6nnen wir noch umschreiben, indem wir die Anfangssuszeptibilit~it ~ einer unendlich langen Probe einf'tihren. In diesem SonderfaU gilt Nil--.0,N± -,, 2ft. Mit ,/2 ctg 2 q~o Zff - 2K 1 sin 2 ~o° + ~ (3.31) lautet dann G1. (3.30)
z2 Z,-
(3.32)
I+NIIZ~
Nach G1. (3.35) ist Q unabhiingig von der Feldst~irke und nur eine Funktion der Materialkonstanten K1, J,, N± und der Orientierung des Kristalls. Die Feldst~irkeunabh~ingigkeit der G r 0 ~ Q im gesamten Feldst~irkebereich des kombinierten Magnetisierungsprozesses gilt jedoch nur im Rahmen der N~iherung, dab K2 gegeniiber K1 vernachl~issigt werden daft. An Hand von GI. (3.35) k0nnen wir einige einfache Zusammenh~inge zwischen den Magnetisierungsprozessen und den extremen Orientierungen des Kristalls diskutieren. Liegt z.B. die c-Achse parallel zur Stabachse des Kristalls, so gilt ~00=0 und Q = 0. In diesem Falle erfolgt also die Magnetisierung ausschlieBlich durch Wandbewegungen. Steht dagegen die c-Achse senkrecht auf der Stabachse des Kristalls, so ist tgo =~- und Q = 1. In diesem Falle erfahren die Blochw~inde keine Kraft und die Magnetisierungs~inderung erfolgt durch reine Drehprozesse. In Fig. 5 ist die Temperaturabh~ingigkeit der Gr6Be Q dargestellt. Man erkennt,
Im Grenzfall K 1 = 0 folgt aus GI. (3.32) 1
X, - - (3.33) NII • Als bemerkenswertes Ergebnis unserer Rechnung sei hervorgehoben, dab die Anfangssuszeptibilit~it nicht yon der zweiten Anisotropiekonstanten K2 abh~ingt. Die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it im TemperaturintervaU I ist demnach im wesentlichen auf diejenige der Anisotropiekonstanten K t zuriJckzufiihren.
o o,E o,5 0,4 o,3 o,2 o,1 o
(e) Magnetisierungsanteil der Drehprozesse Zweiphasengebiet der Magnetisierungskurve
Der Anteil der Drehprozesse zur Magnetisierung bei H = 0 ist durch das zweite Glied von GI. (3.28) gegeben. Fiir den relativen Anteil der Drehprozesse zur Magnetisierungs~inderung bei H = 0 ergibt sich d sin ¢#
,Is sintpo dH Q =
(3.34)
z,
sin 2 t#o = 2K1 1 +~cos 2tpo 1+
~
~o
~o
~o
"
Temperatur(*K)
Fig. 5. Temperaturabh~ingigkeit des relativen Anteils Q der Drehprozesse an der Magnetisierungs~inderung (t#o=52 °, N± =2n).
dab mit ansteigender Temperatur, d.h. abnehmender Anisotropiekonstanten Kl, der Anteil der Drehprozesse zur Magnetisierung zunimmt.
n=o
Ersetzen wir in G1. (3.34) d(sin q~)/dH gem~iB GI. (3.21), so finden wir Q=
,~o
im
1 1
2K1 \ 2 + NZ-j?)ctg 9o (3.35)
3.3. Temperaturintervall II (518°K < T < 613°K)
(a) Bereichsstruktur Die im Abschnitt 3.2 durchgefiihrte Berechnung der Anfangssuszeptibilitiit ftir K ~ > 0 war besonders einfach, weil im Temperaturintervall I h6chstens zwei Phasen auftreten. Im TemperaturintervaU II gibt es jedoch eine Vielzahl yon Vorzugsrichtungen, die auf einem Kegelmantel mit dem OffMater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
100
H. KRONMfJLLER, H. TR.~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
nungswinkel tpL gegen die c-Achse liegen. Der Offnungswinkel tpL ist durch die Anisotropiekonstanten Kx und K2 gem~iB folgender Beziehung bestimmt (vgl. Co I): / - Z- K _x sin ~PL = . 1 ~ . 7 • VZ~2
(3.36)
Bei der Vielzahl der im Temperaturintervall II auftretenden magnetischen Vorzugsrichtungen kann sieh theoretisch eine sehr komplizierte Bereichsstruktur ausbilden. Diese Situation wird auch nicht prinzipiell einfacher, wenn wir der sechsz~hligen Symmetrie in der Basisebene Rechnung tragen und anstelle der kontinuierlich verteilten Vorzugsriehtungen auf einem Kegelmantel die Vorzugsrichtungen auf sechs Achsen beschr~inken. Theoretisch ist es denkbar, dab sich beim Entmagnetisieren, wie in Fig. 6 veranschaulicht, eine zweiphasige Dom~inenstruktur mit den Vorzugsachsen 1 und ausbildet. Diese Bereiche sind deshalb gegentiber
~
Achse
Fig. 6. Die Magnetisierungsrichtungen der angenommenen vierphasigen Bereichsstruktur im Temperaturintervall II.
den andern ausgezeichnet, weil die Achse 1 i v o n s~imtlichen Vorzugsachsen den kleinstm6glichen Winkel mit der Stabachse des Kristalls einschlieBt. Die Normalkomponente a i d e r einzelnen Bereiche ist sehr klein und damit auch ihr Beitrag zur Streufeldenergie. AuBerdem ist bei diesen Bereichen, im Vergleich mit anderen, ebenfalls antiparallel magnetisierten Bereichen, bei einer Magnetisierungs~inderung der Gewinn an magnetostatischer Energie im ~iuBeren Felde am gr6Bten. Man darf daher annehmen, dab die Phasen 1 und i beim Entmagnetisieren bevorzugt ausgebildet werden. Andererseits ist das alleinige Auftreten der Phasen 1 und T --wiederum aus energetischen Griinden--sehr unwahrscheinlich, denn beim Magnetisieren wtirde, wie bei dem in Abschnitt 3.2 behandelten Fall, immer noch eine betr~ichtliche Streufeldenergie
infolge der Normalkomponente der Magnetisierung auftreten. Zur Vermeidung der damit verbundenen Streufeldenergie werden sich im Kristall daher neben den Phasen 1 und ] weitere Phasen ausbilden, die in der Lage sind, die Magnetisierungskomponente J± zum Verschwinden zu bringen. Diese zusStzlichen Phasen k6nnen bereits im entmagnetisierten Zustande vorliegen, oder aber sie werden je nach Bedarf erst im Laufe der Magnetisierungszunahme neu gebildet. Die einfachste Bereichsstruktur, die der Forderung J± = 0 Geniige leisten kann, ist eine dreiphasige Bereichsstruktur. Um jedoch die Magnetisierung des Kristalls durch 180°-Blochwandbewegungen gew~hrleisten zu k6nnen, legen wir im folgenden unseren Betrachtungen eine 4-phasige Dom~nenstruktur entsprechend Fig. 6 mit den zus§tzlichen Phasen 2 und ~ zugrunde. Die Phasen 2 und ~ werden dabei so gew~hlt, dab ihre Magnetisierungsrichtungen koplanar zur Achse l i sowie koplanar zur c-Achse und der Stabachse liegen. Physikalisch kann man die EinRihrung der Phasen 2 und 2 als eine Mittelung fiber s~imtliche anderen neben den Phasen 1 und T auftretenden Phasen auffassen. Die Richtungen 2 und ~ sowie die Phasenvolumina v2 und v~ stellen damit Effektivwerte der yon 1 und i verschiedenen Bereiche dar. Wie elektronenmikroskopische Untersuchungen gezeigt haben, tritt in diinnen Schichten im Temperaturintervall II tats~chlich eine vierphasige Bereichsstruktur auf 16. Diese Ergebnisse k6nnen mit gewissen Einschr~nkungen auch auf unsere zylinderf6rmigen Einkristalle iibertragen werden, da, wie oben besprochen wurde, durch das Magnetfeld und die Phasen 1 und T ebenfalls eine Ebene ausgezeichnet ist. (b) Anfangssuszeptibilit~t Wie wir bereits in Abschnitt 3.3(a) erw~hnt haben, ist eine vierphasige Dom~nenstruktur grunds~itzlich in der Lage, beim MagnetisierungsprozeB die Normalkomponente der Magnetisierung zu unterdriicken. Es liegen demnach ~hnliche Verh~ltnisse vor wie bei den magnetisch mehrachsigen Metallen Ni und Fe. Die einzige Hemmung, die bei idealen Einkristallen damit der Blochwandbewegung im Temperaturintervall II entgegensteht, riihrt yon der Zunahme der Polbelegungen an den Stirnfl~chen des Kristalls und der damit verbundenen Streufeldenergie her. Unter diesen Umst~nden erfolgt die Magnetisierungs~nderung allein durch Blochwandbewegungen. Drehprozesse treten nicht Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
HEXAGONALEKOBALT-EINKRISTALLEN auf, da kein inneres Feld vorhanden ist*. Fiir die Anfangssuszeptibilitiit ergibt sich dann 1 Z.
-
(3.37)
wobei ~ den gnetisierung iiberlegt sich litiit dieselbe
10l
Winkel zwischen der spontanen Maund der Basisebene bedeutet. Man leicht, dab f'tir die AnfangssuszeptibiBeziehung gilt wie G1. (3.31), wenn
NII
Die Anfangssuszeptibilitiit im Temperaturintervall II ist demnach bei einem idealen Einkristall nur vonder Geometrie der Probe, jedoch nicht vonder Temperatur abh~ingig. 3.4. Temperaturintervall III (T > 613°K) (a) Modell der Bereichsstruktur Im Temperaturintervall III sind s~imtliche Richtungen in der Basisebene magnetische Vorzugsrichtungen, wenn wir v o n d e r sechsziihligen Anisotropie in der Basisebene absehen. Es wiire hiernach denkbar, dal3 in der Basisebene ein zirkularer Magnetisierungsyerlauf besteht. Aus denselben Griinden wie in Abschnitt 3.3(a) sind aber beim Magnetisierungsvorgang diejenigen Richtungen ausgezeichnet, die den kleinsten Winkel mit der Stabachse bilden. Wir beschreiben daher die magnetische Struktur (beim Feld H = 0 ) durch eine Bereichsstruktur die aus antiparallel magnetisierten Bereichen mit den Magnetisierungsrichtungen 1 und i besteht, die durch 180°-Wiinde voneinander getrennt sind. Der MagnetisierungsprozeB l~il3t sich dann in iihnlicher Weise behandeln wie im Temperaturintervall I, mit dem Unterschied, dab die spontane Magnetisierung beim Feld H = 0 senkrecht auf der c-Achse steht. (b) Anfangssuszeptibiliti~t Die Anfangssuszeptibilitiit im Temperaturintervall Ill ergibt sich aus GI. (3.31), indem wir den rc Winkel ~Oodurch ~ - tpo ersetzen, da nunmehr die spontane Magnetisierung bei H = 0 parallel zur Basisebene liegt. FiJr kleine Auslenkungen der spontanen Magnetisierung aus der Basisebene lautet die Kristallenergiedichte ~bK = - ( K l + 2 K 2 ) sin2 ~b,
(3.38)
* Eine Magnetisierungsiinderungdurch reine Blochwandbewegungen (ohne Drehprozesse) ist in den folgenden Fiillen m6glich: (a) bei Proben mit einer Vorzugsachse,wenndas Feld parallel zu dieser Achse liegt; (b) bei Proben mit zwei (koplanaren) Vorzugsachsen, wenn das Feld in der Ebene dieser Achsen liegt; (c) bei Kristallen mit drei und mehr Vorzugsachsen, von denen aber nur jeweils zwei koplanar sind (z.B. Fe mit ( 100)-Vorzugsrichtungen und Ni mit (111)-Vorzugsrichtungen); hier kann das Feld eine beliebigeRichtunghaben.
wir dort q9o durch
~-
tpo und
K1 durch
- (K1 +2K2) ersetzen. Dann ergibt sich j2 + tg2 ~°° (3.39) X~ = --2(K1 + 2K2) cos 2 ~00 ---~ ' Im Gegensatz zu den Verhiiltnissen im Temperaturintervall I hiingt die Anfangssuszeptibilitiit nunmehr yon beiden Kristallenergiekonstanten ab. Wie im Temperaturintervall I existiert eine kritische Feldstiirke H k, bei der sich benachbarte Blochwiinde beriihren und eine der beiden Phasen verschwindet. Diese Feldstiirke H k ergibt sich aus G1. (3.24) indem wir wie bei der Anfangssuszeptibilitiit 7~ t p o d u r c h ~ - ~Po und K 1 durch - ( K l + 2 K 2 ) ersetzen. Die Rechnung liefert :
Hk= J s [ - 2(K1 + 2K2)(N± cos 2 ~Oo+ NIt sin 2 tPo) + N± Nil j2] {sin 2 Cpo[- 2(r~ +2K2)+ Nx J2] 2 + N 2 j ~ cos 2 ~ao}* (3.40) Oberhalb dieser Feldst~irke erfolgt die Magnetisierungsiinderung durch reine Drehprozesse. In diesem Bereich gelten dieselben Beziehungen wie sie for das Temperaturintervall I (Abschnitt 3.2(c)) abgeleitet wurden. 3.5. Vergleich mit dem Experiment Mit Hilfe der Gleichungen (3.30), (3.37) und (3.39) sowie der in Fig. 1 dargestellten Temperaturabh~ingigkeit von K1 und K2 k6nnen wir die Temperaturabhiingigkeit der Anfangssuszeptibilitiit in allen drei Temperaturintervallen berechnen. Das Ergebnis dieser Rechnung fiir zylindrische Einkristalle mit ~Oo=51 ° und Nil =1-~ ist in Fig. 7 wiedergegeben. Zum Vergleich sind in Fig. 7 zwei experimentelle Kurven aus der Arbeit Co I mit eingezeichnet. Die Orientierung und der Entmagnetisierungsfaktor dieser Kristalle entsprechen den oben angegebenen Werten. Wie man Fig. 7 entnimmt, stimmt die theoretische Kurve unterhalb 400°K und im Temperaturintervall III gut mit den MeBergebnissen iiberein. Dagegen ist die 13bereinstimmung im Temperaturintervall II sehr schlecht. Insbesondere fiillt auf, dab die AnfangssuszeptibiliMater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
102
H. KRONMi~ILLER, H. TR~,UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
K~=0 r......
KI= -2K= -'-q
I
//~- Achse ~4
H
/
/
it
/ / / /./" I I
I I i I 400 500 600 7~)0 Temperatur (*K) = Fig. 7. Vergleich zwischen der Anfangssuszeptibilifftt eines idealen Einkristalls und der gemessenen Temperaturabhiingigkeit der Anfangssuszeptibilitiit4. Die Reehnung wurde entsprechend den experimentellen Bedingungen f'dr Nil= I ~ und ~%=52 ° durchgertihrt. 100
200
300
tiit ihr erstes Maximum im Gegensatz zu den theoretischen Erwartungen gem~iB GI. (3.31) nicht bei K 1 = 0 (T = 518 °K), sondem erst bei 570°K erreicht. Insgesamt ist der Anstieg der Anfangssuszeptibilitiit im Vergleich zur Theorie im Temperaturintervall II nach h6heren Temperaturen verschoben. Die Abweichungen zwischen Theorie und Experiment treten demnach besonders in demjenigen Temperaturintervall auf, in dem die Magnetisierungs~inderung iiberwiegend durch Blochwandbewegungen erfolgt. Dieser Befund ist nach dem in der Einleitung Gesagten nicht weiter iiberraschend, denn danach wirkt sich der--bisher vernachliissigte-EinfluB yon Gitterst6rungen dann besonders stark aus, wenn die Magnetisierungsiinderung im wesentlichen auf Blochwandbewegungen zuriickzurtihren ist, also Drehprozesse eine untergeordnete Rolle spielen. Wir miissen daher beriicksichtigen, dab in reinen Kristallen eine Behinderung der Magnetisierungsvorgiinge, insbesondere der Blochwand-' bewegungen, durch die im Kristall vorhandenen inneren Spannungen stattfindet. Wir werden deshalb im folgenden Abschnitt 4 versuchen, den EinfluB der magnetoelastischen Kopplung zwischen inneren Spannungen und Blochw~inden auf die Anfangssuszeptibilitiit zu berechnen.
4. DIE ANFANGSSUSZEPTIBILIT,~.T UNVERFORMTER EINKRISTALLE BEI BERUCKSICHTIGUNG 1NNERER SPANNUNGEN
4.1. Die magnetoelastische Kopplunosenergie In einem aus der Schmelze geziichteten und anschlieBend bei hohen Temperaturen angelassenen Einkristall befinden sich in der Regel Versetzungen, deren Dichte bei "guten" Einkristallen 105-107 pro cm 2 betriigt. Diese "giinstigen" Bedingungen liegen bei Kobalteinkristallen nicht vor, da diese infolge des Umwandlungspunktes bei 417°C nur bei relativ niedrigen Temperaturen angelassen werden k6nnen. Nach elektronenmikroskopischen Durchstrahlungsaufnahmen von Thieringer 17 betriigt die Dichte der eingewachsenen Versetzungen bei unseren Kristallen etwa 10~ pro cm 2. Wegen dieser groBen Versetzungsdichte muB daher von vornherein mit einem merklichen EinfluB der Versetzungen auf die Magnetisierungsprozesse vor allem im Temperaturintervall II gerechnet werden. Die Lage der Blochw~inde wird durch die Versetzungen maBgeblich mitbestimmt. Wenn wir annehmen, dab die Versetzungen unbeweglich sind, so werden sich die Blochwiinde so anordnen, dab Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
die Energie ihrer Wechselwirkung mit den Versetzungen m6glichst klein ±st. Auslenkungen der Blochw~inde aus ihrer Gleichgewichtslage be± H = 0 haben daher im allgemeinen eine Zunahme der magnetoelastischen Kopplungsenergie zur Folge. Beschreiben wir die mittlere Auslenkung der Blochw~inde aus ihrer Gleichgewichtslage durch die Differenz der Phasenvolumina vl und ~ , so lautet die magnetoelastische Energiedichte be± kleinen Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage t~M = ½R(Vl -- p_f)2 ---=½R(1 - 2v0 2 .
(4.1)
Hier bedeutet R eine Wechselwirkungskonstante, die einem Mittelwert fiber s~imtliche Blochw~inde entspricht. Fiir R ergibt sich nach einer an anderer Stelle erl~iuterten Methode 5'1° 3'84La ~--~B R= ~ 12441c44b .
(4.2)
In G1. (4.2) bedeutet L 3 den mittleren Abstand benachbarter Blochw~inde, Fa(= LIL2) die mittlere Fl~iche der sich einheitlich bewegenden Wandfl~ichen, b den Betrag des Burgersvektors der Versetzungen (der Burgersvektor liegt in der Basisebene parallel zur Blochwandebene), 6n die Blochwanddicke und N die Flachendichte der Versetzungen, c44 und 244 sind die Tensorkomponenten der elastischen bzw. der magnetostriktiven Konstanten in der Voigtschen Bezeichnungsweise. Be± Raumtemperatur besitzen diese Materialkonstanten folgende Werte : c44 = 7,55 x 1011 erg/cm 3, 244=4,65 x 10 -4. Die Berechnung von R geht yon folgendem physikalischen Bilde aus: Es wird angenommen, dab die wichtigsten Bewegungshindernisse ftir die 180°-Blochw~inde Versetzungen sind. Da die Versetzungen nicht streng geradlinig verlaufen, sondern Richtungsschwankungen aufweisen, werden sie die Blochw~inde im allgemeinen durchstogen oder nur eine kurze Strecke ann~ihernd parallel zur Blochwand verlaufen. Dieser Tatsache wird durch Einffihren einer effektiven Wechselwirkungslange l Rechnung getragen. Diese Wechselwirkungsl~inge l gibt an, wie lang eine parallel zur Blochwand liegende Versetzung sein miil3te, um dieselbe Kraft auf die Blochwand auszuiiben wie die krummlinige Versetzung. Die Kraft, welche das Versetzungssegment der L~inge l auf die Blochwand parallel zur Blochwandnormalen austibt, wird nach einer von Peach und Koehler TM angegebenen Beziehung und mit Hilfe der von Rieder 19 bestimmten magnetostriktiven Eigenspannungen der 180°-Wand in Kobalt
103
berechnet. Durch eine statistische Analyse der Schwankungen von Anzahl und Anordnung der Versetzungen be± der Blochwandbewegung gelangt man dann zu Aussagen fiber die gesamte magnetoelastische Kopplungsenergie. Insbesondere l~i6t sich die Zunahme der magnetoelastischen Kopplungsenergie be± kleinen Auslenkungen der Blochw~inde aus ihrer Ruhelage und damit die Konstante R nach einem frfiher angegebenen Verfahren berechnen 5,1o. 4.2. Berechnung der Anfangssuszeptibilitiit im Temperaturintervall I Ffihren wir die in Abschnitt 2 formulierte Variationsaufgabe mit EinschluB der magnetoelastischen Kopplungsenergie ~bM gem~iB Gl. (4.1) durch*, so zeigt sich, dab eine exakte, explizite L6sung der Bestimmungsgleichungen fiir v 1 und tp nicht mehr m6glich ±st. Die Variationsaufgabe f'tihrt zu denselben Gleichungen wie im Falle des idealen Einkristalls (siehe Gl. (3.11) und G1. (3.12)), nur dab in GI. (3.11) zus~itzlich das G l i e d - R ( 1 - 2 v l ) auftritt. Ffir Nil = 0 und kleine Drehwinkel tp l~igt sich jedoch leicht eine N~iherungsl6sung angeben. Diese lautet : N ± J 2 +2K1COS2tpo + R sin2tpo Z~ = 2K1N iJ ~ sin tpo + R(2K 1+ N ±J2 cos2~o0) j 2 . (4.3) Nach G1. (4.3) macht sich die magnetoelastische Kopplungsenergie im Auftreten zus~itzlicher Glieder in den Nennern yon Gl. (3.31) bemerkbar. Da entsprechend den gemachten Voraussetzungen die magnetoelastische Kopplungsenergie nur die Wandverschiebungen, nicht aber die Drehprozesse beeinflussen soil, mfissen nach Abschnitt 3.2(e) ffir rt ~oo = ~ alle Glieder, die die Wechselwirkungskonstante R enthalten, verschwinden, da be± dieser Orientierung des Kristalls die Magnetisierungszunahme nur durch Drehprozesse erfolgt. G1. (4.3) geniigt dieser Forderung in der Tat. Man darf dies als einen Hinweis darauf auffassen, dab G1. (4.3) den EinfluB der magnetoelastischen Kopplungsenergie * Gl. (4.1) beriicksichtigt nur den Anteil der magnetoelastischen Kopplungsenergie der Blochw~nde rait den Versetzungen. Infolge der groBen Kristallenergie daft der Einflu6 der magnetoelastischen Kopplungsenergie auf die Drehprozesse in den Dom~inen vernachl~issigt werden.
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
104
H. KRONMULLER, H. TR.~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
der Blochwiinde richtig beschreibt. Mit Hilfe von G1. BlochwLnde richtig beschreibt. Mit Hilfe von GI. (4.3) k6nnen wir durch Vergleich mit den experimentellen Ergebnissen nun einen Wert fiir die Wechselwirkungskonstante R bestimmen. Am einfachsten liil3t sich dieser Vergleich bei der Temperatur durcht'tihren, for die K1 = 0 gilt. Dort lautet gemiil~ G1. (4.3) die Anfangssuszeptibilit~it Z~ =
J~ tg 2 q~o g cos2 q~o + N~-~-- "
(4.4)
Nach Fig. 7 betrggt die Anfangssuszeptibilit~it bei K1 = 0 Z° = 2 I~ee[" Mit q~o= 52° ergibt sich dann aus GL (4.4) R =2,5 x 106 erg/cm 3 . Dieser Wert fiir die Wechselwirkungskonstante ist von derselben Gr6Benordnung wie die Kristallenergiekonstante KI. 4.3. Temperaturintervall II Wie im Falle idealer Einkristalle gehen wir davon aus, dab sich die vier Phasen immer so einstellen, dab die Magnetisierungskomponente senkrecht zur Stabachse verschwindet. Wir nehmen auBerdem an, dab bei kleinen Feldern nur 180°-Wandbewegun gen auftreten, also nur die Phasentibergiinge 1 ~ i und 2 ~ 2 stattfinden*. Damit unter diesen Bedingungen die Normalkomponente ,/1 verschwindet, muB die Beziehung
(vl-v2) sin(q~o-~OD = (~-va-) sin(q~o+~OL) (4.5) gelten, wobei angenommen wurde, dab keine Drehprozesse auftreten**. Die Ausfiihrung der Variationsreehnung nach G1. (2.4) unter Beriieksichtigung der Nebenbedingungen (2.5) und (4.5) liefert )~.=
~
Nil sin 2q¢ + ~
sin 2q¢
q~o+q~L < ~ und q~L>~00 ist in GI. 4.6 q~=qh. zu setzen. Im Winkelbereich ~ - ~Oo<~0L< q~o gilt q / = q~o. Das Auftreten zweier Winkelbereiche for q¢ hiingt damit zusammen, dab die Beitriige der Phasenvolumen 2 und ~ zur Magnetisierung JII bei q~L+ q~o = ~ ihr Vorzeichen wechseln, wiihrend bei q~L= q~o die Beitriige der Phasen 1 und i zur Quermagnetisierung J± ihr Vorzeichen wechseln. G1. (4.6) entnimmt man, dab bei K1 = 0, wo ~o'= q~L= 0 gilt, die Anfangssuszeptibilit~it Null wird. Dies ist darauf zurtickzufiihren, dab wir bei der Berechnung des Ausdrucks (4.6) die Drehprozesse vollstiindig vernachliissigt haben. Da wir annehmen mfissen, daft zwischen den Temperaturintervallen I und II ein stetiger Obergang stattfindet, ist diese Annahme in der Umgebung von KI = 0 sicher nicht gerechtfertigt. Sicher ist auch hier der kombinierte Magnetisierungsprozel3 gegeniiber den reinen Wandbewegungen energetisch bevorzugt. Im folgenden skizzieren wir die Methode zur Berechnung der Anfangssuszeptibilitiit in diesem Temperaturintervall. Man erhiilt Z,, indem man die Beitr~ige der Phasen 1 und i sowie 2 und unabh~ingig voneinander wie in Abschnitt 4.2 bestimmt. In G1. (4.6) ist dann anstelle von Kt die Kombination ( - K1/Kz)(K1 + 2K2) einzusetzen. Im Falle der Phase 1 ist ~oo durch q~o- q3L und bei der Phase 2 q~o durch q~0+q~L ZU ersetzen. Sind Vl und v2 die Phasenvolumina der Phasen 1 und 2, so ergibt sich ftir die Anfangssuszeptibilit~it in der Umgebung von K~ = 0 Z2 = 2VlZ2 -
+2V2Xa~( -
K2 (Kx +2K2), q~o--q~L +
K1 (Ka + 2K2), tpo+q~L),
(4.7)
(4.6)
(1 - sin 2q~o sin 2~%)
Dabei wurde angenommen, dab die 180°-W~inde der Phasen 1 und I sowie der Phasen 2 und dieselbe Wechselwirkungsenergie besitzen. Fiir * 180°-Blochwiinde sind als Blochwiinde der zweiten Gruppe (vergl. Lit. 19) besonders leicht beweglich. ** Diese Niiherung ist erlaubt, well die magnetoelastische Kopplungsenergie in den Domiinen klein im Vergleieh zur Kristallenergie ist, so dab es energetisch gtinstiger ist, die Blochw~inde zu verschieben, als die spontane Magnetisierung zu drehen.
wobei X~ auf der rechten Seite von G1. (4.7) durch G1. (4.3) gegeben ist. 4.4. Temperaturintervall III Die Anfangssuszeptibilitiit in diesem Temperaturintervall erhalten wir durch ein ~ihnliches Vorgehen wie im Falle des idealen Kristalls, n~imlich indem wir in G1. (4.3) K1 durch - ( K l + 2 K 2 ) und q~o rc durch ~ - ~Oo ersetzen. Dies ftihrt auf den folgen-
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
105
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
den Ausdruck NLJ2+2K1 sin2 tPo + R cos2 ¢Po . 2 ~ =2K1N ±J2 cos2q~o + R(2KI + N ±J2 sin2tpo) J' " (4.8)
5. DIE ANFANGSSUSZEPTIBILITA.T PLASTISCH VERFORMTER EINKRISTALLE
Die in Abschnitt 4 abgeleiteten Beziehungen fiir die Anfangssuszeptibilit/it unter Einschlul3 der magnetoelastischen Kopplungsenergie gelten auch f'tir plastisch verformte Einkristalle. Ein Vergleich zwischen der gemessenen Verformungsabh/ingigkeit der Anfangssuszeptibilit/it und der nach G1. (4.3) berechneten gibt uns damit eine einfache M6glichkeit, die theoretischen Vorstellungen zu iiberpriifen. Die Verformungsabl-ffmgigkeit der Anfangssuszeptibilit/it kommt durch zwei Effekte zustande: 1. Mit wachsender Verformung nimmt die Versetzungsdichte und damit auch die Wechselwirkungskonstante R zu. 2. Bei der plastischen Verformung ~indert sich die Orientierung des Kristalls. Zu I: Nach elektronenmikroskopischen Untersuchungen des Gleitlinienbildes plastisch verformter Kobalteinkristalle 1 nimmt die Versetzungsdichte linear mit der Abgleitung a zu. Fiir die F1/ichendichte der Versetzungen gilt 32a N = No + 9bL - 3,5 x 109a/(0,029+a)
(1/cm 2) .
(5.1) Dabei ist No = 10 a cm -2 die Dichte der Versetzungen im unverformten Einkristall. Unter der Abgleitung a verstehen wir die auf das bet/itigte Gleitsystem umgerechnete Dehnung des Kristalls. Ferner bedeuten L,-~ 4 mm den mittleren Laufweg der Stufenversetzungen und b den Absolutbetrag des Burgersvektors. Zu 2: Die Orientierungs/inderung als Funktion der linearen Dehnung e des Kristalls ist durch folgende Beziehung gegeben: cos ~06 - cos cp_______~o l+e
(5.2)
cp0 bedeutet jetzt den Winkel zwischen der Stabachse und der c-Achse im plastisch verformten Kristall. Zwischen der Abgleitung a und der Dehnung e besteht der Zusammenhang
a = sin 2 (1 +e) sin cp6-sin tpo ,
(5.3)
wobei 2 den Winkel zwischen der Stabachse und der Gleitrichtung [1120] bedeutet. Mit Hilfe von G1. (5.1) und G1. (5.2) 1/il3t sich die Verformungsabh/ingigkeit der Anfangssuszeptibilit/it aus GI. (4.3) berechnen. Die Verformungsabh/ingigkeit wird dabei im allgemeinen nicht als Funktion der Abgleitung a, sondern in Abh/ingigkeit von der im Gleitsystem wirkenden Schubspannung z angegeben. Zur Umrechnung beniitzt man den experimenteU gefundenen linearen Zusammenhang z - z o = ~q,ta,
(5.4)
wo 9A den Verfestigungskoeffizienten (lkp/mm 2) und z0 die kritische Schubspannung bedeuten. Setzen wir in G1. (4.2) die bei Raumtemperatur vorliegenden Werte f'tir c44=7,55 x 10 tl erg/cm 3 und 244=4,65 x 10 -4 sowie b = 2 , 5 x 10 -s cm ein, so ergibt sich f'tir die Wechselwirkungskonstante R = 0,082 k/F-~
× x/N
(erg/cm).
(5.5)
Dabei wurde der mittlere Blochwandabstand L 3 entsprechend den in Co I mitgeteilten Ergebnissen gleich 4,3 × 10 -3 cm gesetzt. Fiihrt man in G1. (5.5) die Versetzungsdichte gem/il3 G1. (5.1)ein, so erh/ilt man R =0,48 x 104 x
x × x/~,029 + a
(erg/cm).
(5.6)
GI. (5.6) beriicksichtigt den wichtigsten Beitrag zur Verformungsabh/ingigkeit von R. In einer genaueren Rechnung mtil]te man auch die Abh/ingigkeit des Blochwandabstandes L3 und der Blochwandfl/iche F8 yon der Orientierung der Kristalle mit in Betracht ziehen.
6. DISKUSSION 6.1. Temperaturabhiingigkeit der Anfangssuszeptibilitiit Wie wir in Abschnitt 3.5 gesehen haben, beschreiben die fiir den Idealkristall abgeleiteten BezieMater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
IUO
H. KRONMULLER, H. TR.~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
hungen (3.30) und (3.39) die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it unterhalb 300°K und im Temperaturintervall III erstaunlich gut. Gr613ere Abweichungen von den theoretischen Vorhersagen f'tir den Idealkristall treten jedoch in der Umgebung von K1 = 0 und im ganzen Temperaturintervall II auf. Insbesondere erreicht die Anfangssuszeptibilit~it ihr erstes Maximum nicht bei K1 = 0 (518°K), sondern erst bei 570°K. Der Einflul3 der magnetoelastischen Kopplungsenergie wirkt sich demnach vor allem in jenen Bereichen aus, in denen die Magnetisierungs~inderung vorwiegend durch Blochwandverschiebungen erfolgt, oder aber die Anisotropiekonstante K~ klein ist. In den Temperaturintervallen I und III dagegen, wo Drehprozesse mal3gebend an der Magnetisierungszunahme beteiligt sind, spielt die magnetoelastische Kopplungsenergie nur eine untergeordnete Rolle. Dieses Verhalten ist auf die bei Kobalt relativ groBe Kristallenergie, die bei Drehprozessen zu tiberwinden ist, zurtickzuf'tihren. Die magnetoelastische Kopplungsenergie wird sich in diesem Falle nur dann auf den Magnetisierungsprozel3
auswirken, wenn sie in die Gr613enordnung der Kristallenergie kommt. Der EinfluB der magnetoelastischen Kopplungsenergie auf die Anfangssuszeptibilitat wurde in Abschnitt 4 behandelt. Es wurde gezeigt, dab die magnetoelastische Kopplungsenergie in erster Linie die Beweglichkeit der Blochw~inde herabsetzt. Dieser Effekt wird durch die Wechselwirkungskonstante R beschrieben. Zur Berechnung der Temperaturabh~ingigkeit yon Z= muB zun~ichst die Temperaturabh~ingigkeit von R bekannt sein. Eine wesentliche Schwierigkeit bei ihrer Berechnung besteht darin, dab die Temperaturabhiingigkeit der magnetostriktiven Konstanten von Kobalt bisher nicht gemessen wurde. Auch die Temperaturabh~ingigkeit der elastischen Konstanten ist nicht bekannt. Diese ist im allgemeinen jedoch nicht gr613er als diejenige des Schubmoduls und darf daher im Vergleich zu der zu erwartenden Temperaturabh~ingigkeit von 244 vernachl~issigt werden. Wir k6nnen somit nur die Temperaturabh~ingigkeit der Blochwanddicke 6B und des Blochwandabstandes L3 quantitativ be-
/
/
i o
~.o-
i
I
Zc- o o
I
1
•
I
100
i
i
i
200
I
I
I
300
400
500
Te mperatu r (*K)
P
Fig. 8. Die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it im Temperaturintervall I f'dr zwei verschiedene Werte von R, berechnet nach G1. (4.3). Die za(T)-Kurve des idealen Einkristalls entspricht der voll ausgezogenen Kurve. Die Kreuze ( x ) entsprechen den experimentellen Ergebnissen. R = 1,25 × 106 erg/cm 3 for T < 300°K; R = 2,5 x 106 erg/cm 3 fiir T > 300°K.
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
107
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
riicksichtigen. Die Temperaturabh~ingigkeit von &B und L3 ist durch diejenige der Anisotropiekonstanten Kt und K 2 bestimmt. Explizite Beziehungen ftir die Blochwanddicke der 180°-W~inde und den Blochwandabstand L3 wurden in Co I abgeleitet. Die Temperaturabh~ingigkeit von R infolge derjenigen von fib und L 3 ist unterhalb 300°K gering. Sie ist jedoch nicht mehr vernachl~issigbar in der Umgebung von K1 = 0. Ausgehend von dem nach G1. (4.4) bestimmten Wert fiir R bei K1 = 0 ktinnen wir auf Grund der bekannten Temperaturabh~ingigkeit von 6B und L 3 die Temperaturabh~ingigkeit von R i m Rahmen der oben erw~ihnten Vernachl~issigungen quantitativ berechnen. Die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it in den drei Temperaturintervallen ist dann durch G1. (4.3), G1. (4.6) und G1. (4.8) gegeben.
(a) Temperaturintervall I Die nach G1. (4.3) berechnete Anfangssuszeptibilit~it ist in Fig. 8 mit den experimentellen Ergebnissen verglichen. Unterhalb von 300°K wird die Temperaturabh~ngigkeit von Xo durch eine Wechselwirkungskonstante R=1,25 x 106 erg/cm 3 (bei Raumtemperatur) richtig wiedergegeben. Wie aus Fig. 8 hervorgeht, wird die Temperaturabhiingigkeit oberhalb 300°K besser durch eine Wechselwirkungskonstante R=2,5 × 106 erg/cm 3 (bei K1 =0; T = 518°K) beschrieben. Die erforderliche Verwendung zweier Werte f'tir R ist m6glicherweise auf eine starke Temperaturabh~ingigkeit der magnetostriktiven Konstanten im Temperaturbereich zwischen 300°K und 400°K zuriickzufiihren. Unter Umst~inden spielt auch die Temperaturabh~ingigkeit der Wechselwirkungslange I eine Rolle. (b) Temperaturintervall II In Abschnitt 4.3 haben wir ausgef'tihrt, dab im Temperaturintervall II, mit Ausnahme der unmittelbaren Umgebung von /(1 ~0, der MagnetisierungsprozeB durch Blochwandbewegungen erfolgt. Bei Kt ~ 0 ist die im Temperaturintervall II m6gliche mehrphasige Dom~inenstruktur noch nicht voll ausgebildet, und die Magnetisierungszunahme Fmdet wie im Temperaturintervall I durch den kombinierten MagnetisierungsprozeB statt. In erster N~iherung ist dann Xodurch G1. (4.7) gegeben, wobei vl =½ und v2 = 0 zu setzen ist. Mit zunehmender Ausbi|dung der Vierphasenstruktur erfolgt dann die Magnetisierungs~inderung immer mehr durch reine Blochwandbewegungen. Die Anfangssuszeptibilit~it f'tir diesen ProzeB ist
KI= - 2 K 2 13 12 11 10
t
I
\/ 4
"
k '\.\
i
3
"\.~.
/ I
2~./o /
i
I
i
1
/ V'
500
i
I I
t
I t
,
,
I
600
Temperatur (*K)
Fig. 9. Die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it in den Temperaturintervallen II und III nach GI. (4.6) und GI. (4.8) (. . . . . ) sowie Vergleich mit den experimentellen Ergebnissen ( - - O - - O - - ) .
durch G1. (4.6) gegeben. Die for R=2,5 x 10 6 erg/ cm 3 (bei T = 518°K) nach G1. (4.6) berechnete Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it ist in Fig. 9 mit den experimentellen Ergebnissen verglichen. Bereits ab 540°K vermag G1. (4.6) die Temperaturabh~ingigkeit von Z, richtig wiederzugeben. Insbesondere werden die bei 570°K und 613°K liegenden Maxima richtig beschrieben. Fiir die beiden Maxima l~il3t sich die folgende einfache theoretische Deutung geben: (1) Maximum bei 570°K. Die Temperaturabh~ingigkeit von Zo ist im Temperaturbereich zwischen 540°K und 595°K im wesentlichen durch die der leichten Magnetisierungsrichtung bestimmt. Gem~B GI. (3.36) h~ingt der Winkel ~pr. zwischen der c-Achse und der leichten Magnetisierungsrichtung im Temperaturintervall II von den Anisotropiekonstanten K1 und /(2 ab. Die Anfangssuszeptibilit~it erreicht nach G1. (4.6) ein Maximum, wenn eine der leichten Richtungen, die auf einem Kegelmantel liegen, parallel zur Stabachse liegt, also die Bedingung q~o= ~PL erf'tillt ist. Bei einem KristaU mit tpo = 52 ° sollte sich das Maximum bei 575°K befinden. Die Diskrepanz von 5°K zwischen Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
108
H. KRONMULLER, H. TR.~UBLE, A. SEEGER, O. BOSER
experimenteller und theoretischer Maximumstemperatur liegt innerhalb der MeBgenauigkeit f'tir K~ und K2 und der Temperaturmessung. Oberhalb des ersten Maximums verl~iuft die experimentelle Kurve teilweise betr~ichtlich unterhalb der MeBpunkte. Eine mfgliche Erkl~irung hierf'tir ware z.B., dab in diesem Temperaturbereich die Blochwandfl~iche Fn groB wird und damit R kleine Werte annimmt, weil hier ein Teil der Blochw~inde nahezu parallel zur Stabachse verl~iuft. (2) Maximum bei 613°K. Die erneute Zunahme der Anfangssuszeptibilit~it oberhalb von 590°K ist auf die Zunahme der Blochwanddicke 6a zurtickzuf'tihren. Wie in Co I gezeigt wurde, ist in diesem Temperaturintervall die Blochwanddicke der 180°W~inde durch ~in = 2nA ~ 2
(6.1)
Kt + 2Kz gegeben. G1. (6.1) entnimmt man, dab bei KI = - 2 K 2 6 s ~ m und R=0, also ~a -~-1/Nil gilt. Nach Fig. 1 ist die Bedingung K1 = -2K2 bei T = 613°K erf'tillt. Experimentell findet man das zweite Maximum bei 613°K bzw. bei 618°K (siehe Fig. 9). Die ~bereinstimmung zwischen Theorie und Experiment ist bei beiden Maxima so gut, dab an der Richtigkeit der hier vorgenommenen Zuordnung nicht gezweifelt werden kann. Zum SchluB unserer Diskussion des Temperaturintervalls II sei noch besonders darauf hingewiesen, dab nach der Theorie das erste Maximum vonder Orientierung des Kristalls abh[ingig ist, w~hrend das zweite Maximum nur von den Materialkonstanten K~ und K 2 abh~ingt.
sein, da bei den Blochw~inden, die in der Basisebene liegen, die Anisotropiekonstanten hfiherer Ordnung als K1 und/£2 f'tir die Blochwanddicke maBgebend sind und diese Anisotropiekonstanten voraussichtlich relativ klein sind. Einer groBen Blochwanddicke entspricht aber nach G1. (4.2) eine kleine Wechselwirkungskonstante. 6.2. Die Verformunosabhiinoigkeit der Anfangssus-
zeptibiliti~t Im Temperaturintervall I wurde bei Raumtemperatur die Verformungsabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it gemessen (siehe Fig. 14 in Co I). Die gefundene Abnahme wird durch die Zunahme der Wechselwirkungskonstanten R gem~iBG1. (5.6) und durch die Orientierungs~inderung der Stabachse entsprechend GI. (5.2) erkl~irt. Bei der plastischen Verformung wird die Basisebene in Richtung der Stabachse gedreht, d.h., der Winkel Cpo zwischen c-Achse und Stabachse nimmt zu und damit nach G1. (4.3) die Anfangssuszeptibilit~it ab. Mit Hilfe der in Abschnitt 5 abgeleiteten Beziehungen f'tir R und den Winkel tpo als Funktion der plastischen Verformung, wurde die Anfangssuszeptibilit~it gem~iB G1. (4.3) als Funktion von z-~0 ermittelt. Gute t.)bereinstimmung zwischen Experiment und Theorie l~iBt sich, wie Fig. 10 entnommen werden
0,5
Q3
(c) Temperaturintervall III Im Temperaturintervall III wurde die Temperaturabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it gem~iB GI. (4.8) f'tir R = 0 berechnet. Die Ergebnisse sind in Fig. 9 mit dem Experiment verglichen. Aus der guten l~lbereinstimmung beider Kurven miissen wir schlieBen, dab der EinfluB der magnetoelastischen Kopplungsenergie hier eine noch geringere Rolle als in Temperaturintervall I spielt. Die Griinde hierf'tir sind die folgenden: ,Einmal erfolgt die Magnetisierungszunahme im Intervall III durch den kombinierten MagnetisierungsprozeB, wodurch von vornherein der EinfluB der magnetoelastischen Kopplungsenergie zuriickgedr~tngt wird. Zum andern dtirfte die Blochwanddicke der 180°Blochwiinde im Temperaturintervall III sehr groB
o
0,1
o
exper'imentel
i
i
i
I
I
i
i
500
i
i
nach Lit, 4
(~
1
Fliessspannung
lr- l"o ( p / r n m = )
Fig. 10. Z~ in Abh~ingigkeit vonder plastischen Verformung. In Kurve 1 (R=0) ist nur die Orientierungs~inderung infolge der plastischen Verformung beriicksichtigt. In Kurve 2 ist gem~iB GI. (5.6) und GI. (5.2) sowohl der Zunahme der Wechselwirkungskonstanten R als auch der Orientierungs~inderung infolge der plastischen Verformung Rechnung getragen. Die Berechnung wurde fiir R = 12,5 x l0 s (0,029 + a)~ erg/cm 3 durchgefiihrt. Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109
109
HEXAGONALE KOBALT-EINKRISTALLEN
kann, fiir R=12,5 (0,029 + a)½ x106 erg/cm 3 erzielen. Dieser Wert entspricht einem Verh~iltnis l/FB= 10 cm-1. An Hand dieses Wertes k6nnen wir eine obere Grenze ftir die einheitlich bewegte Blochwandfliiche absch~itzen. Die Wechselwirkungsl~inge l ist h6chstens gleich der mittleren Liinge der Versetzungen, die zu ~ 0,02 cm l~stimmt wurde 1. Mit diesem Zahlenwert ergibt sich FB= 20 x 10-* cm 2. Tats~ichlich wird FB kleinere Werte besitzen, da die Wechselwirkungsl~inge im allgemeinen kleiner 'sein wird als die Versetzungsliinge. Bei kleinen Schubspannungen sind die Abweichungen der theoretischen Kurve von den experimentellen Werten am grfl3ten. Dies ist m6glicherweise auf eine Abhiingigkeit der Wechselwirkungsliinge l von der plastischen Verformung zuriickzut'tihren. Bei Schubspannungen z - z o > 400 p/mm 2 werden die MeBergebnisse von G1. (4.3)jedoch recht gut wiedergegeben. Insbesondere ist G1, (4.3) in der Lage, die mit zunehmender Verformung in Erscheinung tretende Verformungsunabh~ingigkeit der Anfangssuszeptibilit~it richtig zu beschreiben. Diese Siittigungserscheinung bei der Verformungsabhiingigkeit von Za ist darauf zuriickzufiihren, dab das zweite Glied im Nenner von GI. (4.3) bei groBen Verformungsgraden nicht mehr anw~ichst, da cos 2 ~Oo mit wachsender Verformung abnimmt und dadurch die Zunahme von R kompensiert wird. DANK
Die Autoren sind Hernn Dr. A. Hubert fiir wertvoile Diskussionen zu Dank verpflichtet.
LITERATURVERZEICHNIS 1 A. SEEGER,H. KRONM/3LLER,O. BOSERUND M. RAPP, Phys. Status Solidi, 3 (1963) 1107. 2 0 . BOSER, H. KRONMOLLER, A. SEEGER UND H. TR~,UBLE, Z. Angew. Phys., 15 (1963) 200. 3 0 . BOSER, H. KRONMOLLER, A. SEEGER UND H. TROUBLE, Proc. Intern. Conf. Magnetism, Nottingham, 1964, S. 720. 4 H. TR.~UBLE, O. BOSER, H. KRONM/.JLLERUND A. SEEGER, Phys. Status Solidi, 10 (1965) 283. 5 H. TROUBLE,in Moderne Probleme der Metallphysik, Bd. II, herausgeg, von A. SEEGER, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York. 1966. 6 L. NI~EL,J. Phys. Radium, 5 (1944) 241. 7 H. LAWTONUND K. H. STEWART,Proc. Roy. Soc. (London), A193 (1948) 72. 8 H. KRONMt3LLER,Z. Angew. Phys., 15 (1962) 197. 9 H. KRONMi~LLER, in Moderne Probleme der Metallphysik, Bd. 11. herausgeg, von A. SEEGER, Springer-Verlag, BerlinHeidelberg-New York, 1966. 10 A. SEEGER, H. KRONMULLER,H. RIEGER UND H. TRAUBLE, J. Appl. Phys., 35 (1964) 740. 11 L. G. ONOPRIENKO,Fiz. Metal. i Metalloved., 13 (1962) 149; 17 (1964) 350. 12 Y. BARNIER, R. PAUTHENETUND G. RIMET, Compt. Rend., 252 (1961) 2839. 13 J. S. KOUVEL, Symposium of Metallurgy of High Pressures
and High Temperatures, Dallas, 1963, AIME. 14 J. S. KOUVEL UND C. C. HARTELIUS, .]. Appl. Phys., 35 (1964) 940. 15 Y. BARNIER, R. PAUTHENETUND G. RIMET, Compt. Rend., 252 (1961) 3024. 16 P. J. GRUNDY END R. S. TEBBLE, J. Appl. Phys., 35 (1964) 923. 17 H.-M. THIERI~GER, Third European Regional Conf. on Electron Microscopy, Prag, 1964. S. 229. 18 M. PEACH UND J. S. KOEHLER,Phys. Rev., 80 (1950) 436. 19 G. RIEDER, Abhandl. Braunschweig Wiss. Ges., I l (1959) 20. 20 H. TR~,UBLE, H. KRONMiDLLER,A. SEEGERUNDO. BOSER, Mater. Sci. Eng., 1 (3) (1966) (folgende Ausgabe.) 21. R. M. BOZORTH, Phys. Rev., 96 (1954) 311.
Mater. Sci. Eng., 1 (1966) 91-109