Zur homogen-katalysierten regiospezifischen wasserstoffübertragung von sekundären alkoholen auf mehrkernige aromatische kohlenwasserstoffe

Zur homogen-katalysierten regiospezifischen wasserstoffübertragung von sekundären alkoholen auf mehrkernige aromatische kohlenwasserstoffe

Journal of Molecular Catalysis, 22 (1984) 373 373 - 387 ZUR HOMOGEN-KATALYSIERTEN REGIOSPEZIFISCHEN WASSERSTOFFUBERTRAGUNG VON SEKUNDAREN ALKOHOLEN...

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Journal of Molecular Catalysis, 22 (1984)

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ZUR HOMOGEN-KATALYSIERTEN REGIOSPEZIFISCHEN WASSERSTOFFUBERTRAGUNG VON SEKUNDAREN ALKOHOLEN AUF MEHRKERNIGE AROMATISCHE KOHLENWASSERSTOFFE B. FELL und G. MALETZ Lehr- und Forschungsgebiet Technische Chemie und Petrolchemie der RheinischWorringer Weg 1, D-5100 Aachen Westfiilischen Technischen Hochschule Aachen, (F.R.G.) (Eingegangen

den 9. Miirz, 1983)

Summary H4Ru(PPh3)s was found to be a catalyst precursor for the dehydrogenation of anthracene yielding 1,2,3,4-tetrahydroand 1,2,3,4,5,6,7&octahydroanthracene. Hydrogen transfer from secondary alcohols catalyzed by H2Ru(PPhJ, regiospecifically affects one terminal ring. 1,2- and 1,4-dihydroanthracene undergo disproportionation and isomerization. The influence of various reaction parameters is described. Nz shows an inhibitory effect. Kinetics of the transfer hydrogenation and a possible mechanism are discussed.

Zusammenfassung H4Ru(PPh,)s katalysiert die Hydrierung des Anthracen zu 1.2.3.4Tetrahydround 1.2.3.4.5.6.7.3Octahydroanthracen. Die durch H*Ru(PPh & und H&u( PPh s) s katalysierte Transferhydrierung mittels sekundtier Alkohole erfolgt regiospezifisch in einem terminalen Ring. 1.2 sowie 1.4Dihydroanthracen werden disproportioniert und isomerisiert. Der Einfluss verschiedener Reaktionsparameter wird beschrieben. N2 inhibiert die Reaktion. Die Kinetik der Transferhydrierung und ein miiglicher Mechanismus werden diskutiert.

Einfilhrung Im Zusammenhang mit Untersuchungen iiber die chemische Verwertung des bei der Hydrierung von Kohle anfallenden aromatischen Kohle61s [ 1 - 31, interessierten wir uns fur die MSglichkeiten einer regiospezifischen Teilhydrierung von polycyclischen Aromaten unter Einsatz von Homogenkatalysatoren. 0304-5102/84/$3.00

0 Elsevier Sequoia/Printed

in The Netherlands

374

Die Hydrierung von Mehrkernaromaten mit gebrluchlichen heterogenen Kontakten wie Raney Nickel, Cu-Cr-Oxid oder Edelmetallen ist in der Literatur ausfiihrlich beschrieben [4a - c]. Man beobachtet stets eine stufenweise Wasserstoffanlagerung, wobei die Reaktionskoordinate eine Vielzahl von Parallel- und Konsekutivreaktionen vorsieht. Zwar gelingt es, durch Wahl des Katalysators und der Reaktionsbedingungen bestimmte Routen zu bevorzugen bzw. Folgereaktionen zu unterbinden und somit recht hohe Regioselektivitiiten zu erzielen - etwa beziiglich der olefinanalogen K-Region oder des terminalen Ringes [5] -, doch resultieren in der Regel Gemische von Produkten unterschiedlichen Hydrierungsgrades. Bei vielen katalytischen Verfahren filhrt nun die Anwendung von Ubergangsmetallkomplexkatalysatoren in homogener Phase zu einer deutlichen Erhijhung der SelektivitCt an gewiinschten Produkten. Warend die homogene Hydrierung von Olefinen mit einer fast uniibersehbaren Vielzahl von Systemen unter milden Bedingungen durchgefiihrt wurde [ 61, besitzen nur verh%ltnism&sig wenige Komplexverbindungen die Fghigkeit, Wasserstoff katalytisch auf aromatische Substrate zu iibertragen. Beschrieben wird die Hydrierung mehrkerniger Aromaten und Heterocyclen in Gegenwart von Co2(CO)s unter Oxobedingungen [7] oder phosphanstabilisierter Carbonyle des Mangans und des Cobalts [El]. Bei Einsatz von Mn2(CO)s(PPh& Co2(C0)6(PPh3)2 sowie Fe(CO)s kann der benijtigte Wasserstoff in situ aus CO/H20 durch Konvertierung erzeugt werden [ 91. Benzolderivate wurden mit Ziegler-Systemen [lo], Rh( I)-Komplexen verschiedener Aminosauren [ 111, q3-allyl-tris(trialkylphosphit)-Cobalt [ 121 sowie Bis(hexamethylbenzol)Ruthenium [ 131 hydriert. Die isoelektronischen und isosteren Dimere [L’RhC1J2 [ 141 und [ LRuC12] 2 [ 151 benijtigen zur heterolytischen HrSpaltung eine Base wie Triethylamin als Cokatalysator, wiihrend die Hydridoderivate L2RuHC1(PPh3) und [Ru&H)@-Cl),L,]Cl such ohne Base aktiv sind [16a, b] (L = hexamethylbenzol, L’ = pentamethylcyclopentadienyl). In einigen Fiillen wurde die Bildung von Metallspuren im Reaktionsgemisch nachgewiesen, so dass hier der synchrone Ablauf von homogener und heterogener Katalyse angenommen wird [ 171. Der orthometallierte Dihydridoruthenatkomplex [ (PPh3)2(Ph2PC&I,)RuHJ-K+-CIOHs.EtZO, als homogenes Analogon zu komplexen Hauptgruppenmetallhydriden synthetisiert, katalysiert die Hydrierung von Naphthalin, Phenanthren und Anthracen mit hoher Selektivitiit zu den terminalen Tetrahydroprodukten [ 181. Durch Zusatz von 1%Crown-6 wird die Reaktion nicht beschleunigt, so dass die Verkniipfung der katalytischen Aktivitat mit dem anionischen Charakter bei der Hydrierung relativ unpolarer Substrate nahezu ausgeschlossen werden kann. Am Ausgangspunkt unserer Untersuchung stand die Frage, ob nicht such strukturell verwandte, mit geringerem Aufwand synthetisier- und handhabbare Verbindungen als Katalysatorvorstufen verwendet werden kijnnen. Vorrangige Zielvorstellung war dabei die ErhShung der Regioselektivitiit.

315

Zur Anthracenhydrierung

in Gegenwart

von Hydridorutheniumkomplexen

Als Substrat der mit verschiedenen Hydridokomplexen des Rhodiums und des Rutheniums durchgefiihrten Hydrierungsversuche wurde Anthracen 1 verwendet, weil sich dieser Kohlenwasserstoff sowohl bei heterogener als such homogener Arbeitsweise ah unter relativ milden Bedingungen reaktiv erwiesen hatte. Tabelle 1 gibt Auskunft iiber die Versuchsergebnisse. Die Komplexe H2Ru(PPh& und H&u(PPh,), katalysieren die Hydrierung des Anthracens zu Tetrahydroanthracen 5 sowie Octahydroanthracen 6. Die Reaktion erfordert eine verhiiltnismiissig hohe Katalysatorkonzentration und lange Reaktionszeiten. Einkernaromaten werden nicht angegriffen und kijnnen als Losungsmittel verwendet werden. Da H,Ru(PPh& bereits bei Atmosphtirendruck Hz unter Dissoziation eines Phosphanliganden addiert [ 191, kann generell H4Ru(PPh,), als aktive Spezies angenommen werden. Ihre Bildung wird beim Aufpressen des Wasserstoffes durch die Entftirbung der gelben L&sung angezeigt. Die hohere Aktivitfit des ‘Tetrahydridokomplexes’ kann darauf zuriickgefiihrt werden, dass die Gesamtphosphankonzentration des Systems erniedrigt, die Koordination des Substrats also erleichtert ist. Substitution eines Phosphanliganden durch den n-Akzeptor CO fiihrt hingegen zu einer

Bild 1. Polycyclische

Verbindungen.

376 TABELLE

1

Versuche zur Hydrierung von Anthracen Katalysatorvorstufe

C12Ru(PPh3)s HRuCl(PPh& HRuCl(PPhs)$’ HRuCl(PPhs)$ HzRu(PPh& H2Ru(PPhs)4 HzRu(PPh& H4Ru(PPhs)s H4Ru(PPhs)s H2Ru(CC)(PPhs)s HzRu(PPh& ClRh(PPh3)3 HRh(PPh3)4C

FC)

PH* (bar)

Ud (%)

Produkt (A/%)e

75 75 75 75 22 75 75 22 75 75 75 75 75

50 50 5 50 5 5 50 5 5 50 5ob 50 5

-

-

3.3 34.8 100 1.0 89.9 95.3 10.9 100 -

5 5 5 5 5 5 5 5 -

-

-

100

4 (16.7)

(3.3) (30.4) (85.1) (1.0) (78.0) (84.5) (8.7) (83.8)

a 20-father Uberschuss NEt3. bCO/H2. c Reaktionsmischung inhomogen. dUmsatz (V). e Ausbeute (Ai)= Stoffmenge des Produktes i/eingesetzte Stoffmenge An&z: 0.5 mmol 1;0.025 mmol Katal.; 15 ml Benzol; tR: 15 h.

6 (Spur) 6 (4.4) 6 (14.4) 6 6 6 6

(11.9) (12.8) (2.2) (16.1)

5 (76.7)

6 (15.5)

des Eduktes;

katalytisch inaktiven Verbindung; die Bildung des Carbonylkomplexes erklti ebenfalls, dass mit Synthesegas nicht hydriert werden kann. HClRu(PPhs), ist nur in Gegenwart einer Hilfsbase aktiv, wird jedoch unter den Reaktionsbedingungen nicht zu H2Ru(PPh,), umgesetzt. HRh(PPh& lag zum Teil in der Reaktionsmischung suspendiert vor, so dass katalytisch aktive Metallspuren nicht ausgeschlossen werden kiinnen. 4 als typisches Zwischenprodukt der heterogenen Hydrierung bestgtigt diese Annahme. Erwartungsgemgss sind die isolierten aromatischen Ringe von 4 und 6 in Gegenwart von H2Ru(PPh& inert. Das Hauptprodukt Tetrahydroanthracen wird ebenfalls nicht hydriert, so dass 6 nur auf direktem Weg aus koordiniertem Anthracen entstehen kann. Die Umsatz/Zeit-Kurve (Bild 2) zeigt in der Tat, dass 5 und 6 in einer Parallelreaktion gebildet werden.

Zur regiospezifischen Kohlenwasserstoffe

Transferhydrierung

mehrkerniger

aromatischer

Versuche zur Transferhydrierung von Anthmcen in Gegenwart verschiedener h ydrierak tiver Komplexe Die Wasserstoffiibertragung von geeigneten Donatorverbindungen wie Alkoholen, Formiat, Hydroaromaten sowie cyclischen Ether-n und Aminen auf ungesHttigte Substrate im einphasigen System stellt eine interessante

0

10

5

15

20

25

30

tRlhl-

Bild 2. Umsatz/Zeit-Kurve bei der Hydrierung von 1 in Gegenwart von HzRu(PPh&; Ansatz:vgl.Tab.1;TR:75°C;PH1:3bar;m=1,A=5,X=6.

Variante der katalytischen Hydrierung dar [20]. Seit den Arbeiten von Haddad et al. [ 211 finden Ubergangsmetallkomplexkatalysatoren zunehmende Beachtung [ 221. So wurden die hier eingesetzten Komplexe H2Ru(PPh,), und HRh(PPh,), unter anderem zur Transferhydrierung von Olefinen [ 231 sowie Aldehyden und Ketonen [24] verwendet. Fiir die homogen katalysierte Transferhydrierung mehrkerniger Aromaten ist uns jedoch kein Beispiel bekannt. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse von Versuchen zur Transferhydrierung des Anthracens in Gegenwart von Ruthenium- und Rhodiumkomplexen zusammengestellt. Als Wasserstoffquelle fand Isopropanol in hohem Uberschuss Verwendung. Urn der thermischen Zersetzung der Katalysatoren TABELLE

2

Versuche zur Wasserstoffiibertragung von Isopropanol auf Anthracen Katalysatorvorstufe

Lit.

Llism.

[LRuCh12 [R~2W-WW-C~)2L21~ LRuC12(PPhs) LRuClPPhsH C12Ru(PPh3)s HRuCl(PPhs)s HRuCl(PPhs)s/NEts H2Ru(PPhs)4 H4Ru(PPhs)s H2Ru(CG)(PPhs)s [ L’RhC1212 L’Rh(Cl)?(PPh3) C1Rh(PPh3)3 HRh(PPh3)4

30 31 30 32 33 34

THF THF THF THF Benz01 Benz01 Benz01 Benz01 Benz01 Benz01 THF THF Benz01 Benz01

35 19 37 38 33 39 40

L = Hexamethylbenzol; L’ = Pentamethylcyclopentadienyl; mmol Katal.; 5 ml Isopropanol(65 mmol); 12.5 ml L&m.;

Produkte (Ausbeute/% )

-

_-

1.3 53.3 40.0

5 (1.3) 5 (53.1) 5 (39.2)

-

-

An&z: 0.5 mmol 1; 0.025 TR: 75 “C; TV: 15 h.

sowie der Hydrogenolyse von Liganden [ 251 vorzubeugen, wurde eine relativ niedrige Reaktionstemperatur gewiihlt. Die in der Literatur als aktive Katalysatoren zur Hydrierung aromatischer Kohlenwasserstoffe beschriebenen Hexamethylbenzol-Ruthenium(II)Komplexe erwiesen sich wie ihre Pentamethylcyclopentadienyl-Rhodium(III)-Analoga such bei Zusatz von Triethylamin im Uberschuss als inaktiv. Ein mit [L’RhC1J2 bei 150 “C durchgefiihrter Versuch erbrachte unter Abscheidung eines Metallspiegels quantitativen Umsatz zu 4, 5 und 6. Die Transferhydrierung gelang hingegen unter milden Bedingungen mit den Katalysatorvorstufen H2Ru(PPh,), und H&u(PPhs),. Diese Reaktion zeichnet sich vor der mit den gleichen Katalysatoren durchgefiihrten Hydrierung mittels molekularen Wasserstoffs wie such der metallkatalysierten Transfervariante durch ihre Regiospezifitat aus. m

+

1

2 x”,”

[H2RutPPh3)J

-

a

+

2 )=O

(1)

5

Wie die Umsatz/Zeit-Kurve (Bild 3) zeigt, wird Octahydroanthracen (6) nicht gebildet. Als einziges Hydrierungsnebenprodukt wird 1.2-Dihydroanthracen (2) in sehr niedriger Konzentration nachgewiesen. Die Reaktion zeigt dariiberhinaus ausgeprlgte Substratselektivitlt. Wie such im Falle der Hydrierung mit H2Ru(PPh& werden nur mehrkemige Aromaten angegriffen, die den Anthracengrundkijrper enthalten. Sowohl Methylsubstitution als such Anellierung setzen die Reaktivitat deutlich herab. Aus Benz[a]anthracen 7 entsteht 8 (8.6%) mit intaktem Phenanthrensystem, 2-Methylanthracen 9 liefert beide terminalen Tetrahydroprodukte 10 (29.9%) und 11 (2.4%), wobei der unsubstituierte Ring bevorzugt gestittigt wird.

Bild 3. Umsatz/Zeit-Kurve bei der Transferhydrierung von 1 durch Isopropanol in Gegenwart von H2Ru(PPh&; Ansatz und Reaktionsbedingungen vgl. Tab. 2; H = 1,. = 2, A = 5.

379

Naphthalin, Phenanthren, Chrysen und Pyren sind inert, was wohl aus dem Zusammenspiel elektronischer und sterischer Faktoren, insbesondere der im Vergleich zu Anthracen hiiheren Delokalisierungsenergie [36] und dem Raumbedarf als Ligand, resultiert. Die partiell hydrierten Anthracenderivate 4, 5 und 6 reagieren ebenfalls nicht. ober das Verhalten heterocyclischer Substrate wird an anderer Stelle berichtet.

0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

tRI hI -

L,O

4.5

Bild 4. Umsatz/Zeit-Kurve bei der Transferhydrierung von 2 durch Isopropanol in Gegenwart von H2Ru(PPh3)4; An&z und Reaktionsbedingungen analog zu Tab. 2; n = 1, l = 2, A= 5.

Kine tische Be trach tung Setzt man das bei der Transferhydrierung des Anthracens als Nebenprodukt nachgewiesene 2 in die Reaktion ein, so beobachtet man neben der Hydrierung zu 5 Dehydrierung zu 1, das dann im weiteren Verlauf der Reaktion ebenfalls langsam zu 5 abreagiert. Bild 4 gibt die Konzentrationsverhaltnisse in der Anfangsphase wieder. Die vorliegenden Daten erlauben eine Entscheidung, welcher der beiden denkbaren Reaktionswege A und B bei Einsatz von 1 beschritten wird.

1

B

s

Ein Vergleich der Bilder 3 und 4 zeigt, dass 5 aus 2 oder aus 1 mit ungefiihr gleich grosser Geschwindigkeit gebildet wird. Diese Tatsache kiinnte mit der

380

hypothetischen Konsekutivreaktion A nur dann erkliirt werden, wenn bei der Umsetzung von 1 sich der ilberwiegende Teil dieser Verbindung schnell in 2 umwandeln wiirde (lz 1 3- k,) und so die Bildungsgeschwindigkeit von 5 von der Umsetzungsgeschwindigkeit von 2 bestimmt wiirde. Dies ist aber nicht der Fall, da bei der Hydrierung von 1 nur eine ganz geringe Stationtikonzentration von 2 gefunden wurde (Bild 3). Es muss also die direkte Bildung des Tetrahydroanthracens 5 aus 1 stark dominieren. Das verbleibende Dihydroisomere 3 wird ebenfalls zu 5 hydriert und zu 1 dehydriert. Ausserdem erfolgt eine relativ schnelle Isomerisierung zu 2, das infolge hiiherer Konjugation im Gleichgewicht iiberwiegt (Bild 5). Die doppelbindungsisomerisierende Wirkung des Katalysators wurde bereits am Beispiel des 1-Penten beschrieben [ 261. Das folgende Reaktionsschema gibt die beobachteten AblZufe wieder. Keine der dargestellten Reaktionen findet in Abwesenheit des Katalysators statt. Liisst man H2Ru(PPhs), ohne Wasserstoffquelle auf 2 oder 3 einwirken, so tritt Disproportionierung zu 1 und 5, sowie, bei Einsatz von 3 beobachtbar, Isomerisierung ein.

(3)

5 [

I = HzWPPW4

Einfluss der Reaktionsparameter Bild 6 gibt die Abhtingigkeit des Umsatzes von der Isopropanolkonzentration wieder. Fiir nennenswerte UmsZitze ist ein ca. fiinfundzwanzigfach molarer Uberschuss des H-Donators erforderlich. Hiihere Konzentrationen haben dann keinen signifikanten Einfluss mehr. Dass such ohne Zusatz von Isopropanol eine geringe Menge 5 gebildet wird, l&St sich auf die stijchiometrische Reaktion des Hydridokomplexes mit 1 zuriickfiihren. Die Reaktion ist 1. Ordnung beziiglich des Katalysators (Bild 7). Die Abweichung von der Linearitiit bei ICngeren Reaktionszeiten deutet darauf hin, dass die Desaktivierung der aktiven Spezies ebenfalls kon-

381

I; 100 90

3

80-

4

70-

=

60-

n /I-‘=

&7k:’

so) IO-!

o

io_

L_

0 0

0.5

1.0

1.5

LO

2.5

3.0

3.5

4.0

tR[hl

-

“PrlOH’“l

Bild 5. Umsatz/Zeit-Kurve bei der Transferhydrierung von 3 durch Isopropanol wart von H2Ru(PPh&; An&z und Reaktionsbedingungen analog zu Tab. 2; 0 = 3, A = 5.

-

n

in Gegen= 1, l = 2,

Bild 6. Transferhydrierung von 1 in Gegenwart von HzRu(PPh&; Einfluss der Isopropanolkonzentration auf die Ausbeute an 5; An&z: 0.5 mmol 1; 0.025 mmol HzRu(PPh&; Benz01 auf 17,5 ml; TR: 75 “C; tR: 15 h.

8Q-

I

ll’

7Q-

2

x

_ 6Q-

7Q-

I

Q

60.

M-

/ x

LO-

__--

3Q-

x---

x/

ES--

\

20

2.5

0.

i:

__-__--

Q

.

3Q-

,-x

__--

LO\

__--

2Q-

.-*

$ so-

,,I 5.0

7.5 qa+

I mol-%,

10.0 -

1’ . ?Q

30

LO

50

60

70

80

90

IQ0 Tp$YI-

110

120

130

Bild 7. Transferhydrierung von 1 durch Isopropanol; Einfluss der HzRu(PPh&-Konzentration auf die Ausbeute an 5; An&z: 0.5 mmol 1; 5 ml Isopropanol; Benz01 auf 20 ml; -) 15 h. TR:75’C;(----)3h,( Bild 8. Transferhydrierung von Einfluss der Reaktionstemperatur gen vgl. Tab. 2.

1 durch Isopropanol in Gegenwart von H*Ru(PPh&; auf die Ausbeute an 5; Ansatz und Reaktionsbedingun-

zentrationsabhlingig ist. Durch ErhShung der Temperatur kann die Reaktion nur in einem engen Interval1 beschleunigt werden. Bei ca. 85 “C!durchhiuft die Kurve ein Maximum (Bild 8). Oberhalb 100 “C findet man Spuren an 4 und 6, was auf die thermische Zersetzung des Katalysators unter Freisetzung von Metall hindeutet. Variation der Wasserstoffquelle Versuche mit verschiedenen prim&en und sekundiiren Alkoholen (Tabelle 3) zeigen, dass erstere unabhiingig von der Art des Alkylrestes nicht

382 TABELLE

3

Transferhydrierung von Anthracen Donators auf die Ausbeute an 5

in Gegenwart

R

H-Quelle R-CH?-OH

Ausbeute (%)

H

MeOH

-

Me Et Pent Ph

EtOH PrOH HexOH BenzOH

994 OJ 631

Ansatz: 0.5 mmol 1; 0.025 mmol HzRu(PPh&; TR: 75 “C; tR: 15 h.

5

von HzRu(PPh&;

Einfluss

des H-

H-Quelle R-CH(Me)--OH

Ausbeute (a)

Pr’OH 2-BuOH 2-HeptOH l-PhEtOH

32,7 29,2 36,3 59,7

25 mmol Alkohdl;

5

Benz01 auf 17.5 ml;

in der Lage sind, Wasserstoff in Gegenwart von H2Rh(PPh& auf Anthracen zu iibertragen. Dieses Verhalten kann durch die geringere Elektronendichte am Donator-C-Atom und die damit verbundene Erschwerung des Hydridtransfers auf den Katalysator erkltit werden. Ausserdem besteht die MBglichkeit, dass die entstehenden Aldehyde mit dem Katalysator unter Decarbonylierung und Bildung von inaktivem H2Ru(CO)(PPh& abreagieren, ein Vorgang, der bei der homogenen Olefinhydrierung in alkoholischer L&sung als desaktivierende Nebenreaktion beobachtet wurde [ 271. In der Tat weisen die IR-Spektren der nach Eindampfen der Reaktionsmischungen erhaltenen Katalysatorriicksttinde Carbonylbanden auf (1940 cm-‘), wenn prim&e Alkohole verwendet wurden. Bei Einsatz von Methylcarbinolen macht sich die unterschiedliche KettenlHnge des Alkylrestes nicht signifikant bemerkbar. Mijglicherweise kompensieren sterische Wechselwirkungen den induktiven Effekt. Die Hubertragung aus der Benzylstellung ist offensichtlich besonders begiinstigt. Die bei der homogenen Transferhydrierung von Olefinen und CarbonylVerbindungen bevorzugt als H-Quellen benutzten cyclischen Amine und Ether wie Piperidin, Indolin, Tetrahydro(iso)chinolin sowie Dihydrobenzofuran erwiesen sich hier als ungeeignet. Auch die Hydroaromaten Cyclohexen und 1,3Cyclohexadien konnten nicht zur Wasserstoffiibertragung auf Anthracen verwendet werden, obwohl der in Analogie zu der hier als Zwischenstufe im katalytischen Cyclus postulierten DihydroanthracenRu(O)-Verbindung aus H2Ru(PPh& und Styrol gebildete Komplex (CsHs)2Ru(PPh& die Disproportionierung von Cyclohexen katalysiert (uide infra)

cw. Inhibierung der Reak tion Die betrachtete Reaktion wird durch a-Donatoren, die mit dem Substrat erfolgreich urn freie Koordinationsstellen konkurrieren, deutlich verlangsamt. Liganden wie Triphenylphosphan im ijberschuss, Spuren von Thiophen, aber such schon das Nz-Molekiil haben inhibierende Wirkung. Be-

383

Bild 9. Transferhydrierung von 1 durch Isopropanol hibierung durch Nz; Ansatz und Reaktionsbedingungen

in Gegenwart von HzRu(PPh&; Invgl. Tab. 2; tR > 3 h; 3 bar N2.

kanntlich reagiert die hier verwendete Katalysatorvorstufe mit Nz unter Ligandensubstitution zu H2Ru(N,)(PPh,), [29a, b].. Die Inhibierung durch Nz erlaubt den Nachweis, dass die Reaktion tatsichlich koordinationskatalysiert abliiuft und Metallspuren als potentielle Heterogenkontakte keine Bedeutung haben. Ersetzt man niimlich das als Schutzgas verwendete Argon nach dreistiindiger Reaktionszeit durch Nz, zu einem Zeitptmkt also, da durch thermischen Zerfall des Komplexes gebildetes Metall bereits vorliegen sollte, so nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit deutlich ab (Bild 9). Mechanistisches Postulat Die_ im Vorhergehenden zusammengestellten experimentellen Daten sind in Ubereinstimmung mit dem nachfolgend diskutierten Katalysemechanismus (Bild 10). Koordination des Substrats 1 durch Ligandensubstitution gegen PPh3bzw. Solvensmolekiile leitet den katalytischen Cyclus ein. Die Hydridiibertragung auf das Quasi-1,3-Diensystem des terminalen Ringes fiihrt zu einem q3-Allyl-Komplex, der 2 bevorzugt vor 3 reduktiv eliminiert, welche als stabilisierende Liganden in der Koordinationssphtie des Ru( O)-Zentralatoms verbleiben. Analoge Reaktionsweisen der Komplexe H2Ru(PPh3), bzw. H,Ru(PPh,), mit hoheren l-Alkenen, Butadien sowie Styrol unter stiichiometrischer Hydrierung und Bildung von Ru(O)-Verbindungen sind in der Literatur beschrieben [ 28, 41a, b] . Der Styrolkomplex konnte isoliert und rijntgenographisch charakterisiert werden [ 421. Die Umkehrung dieses Reaktionsschrittes (oxidative Addition und reduktive Eliminierung) erkhirt die bei Einsatz von 2 und 3 beobachtete Dehydrierung. Dass dabei 3 eine hohere Reaktionsbereitschaft an den Tag legt, ist nicht verwunderlich, sind doch siimtliche fur die oxidative Addition in Frage kommenden H-Atome sowohl allyl- als such benzylstiindig. Oxidative Addition des sekundtien Alkohols und nachfolgende fl-Hydrid-Abstraktion aus der Hydridoalkoxystufe unter Freisetzung des Ketons bilden den Dihydridokomplex zuriick.

Bild 10. Fiir die Transferhydrierung von Anthracen wart von H*Ru(PPh& postulierter Mechanismus.

durch sekundiire Alkohole

in Gegen-

Das Hydrierungsprodukt 5 entsteht nun durch Insertion und reduktive Eliminierung, wobei die Umkehrung des Insertionsschrittes in der Isomerisierung 3 + 2 resultiert. Der Cyclus schliesst sich durch Dehydrierung eines zweiten Donatormolekiils und Riickbildung des Katalysators.

Experimentelles

Reagenzien Samtliche als Katalysatorvorstufen eingesetzten Ubergangsmetallkomplexe wurden nach literaturbekannten Vorschriften dargestellt (vgl. Tab. 2), durch spektroskopische Methoden charakterisiert und unter Argonatmosphtie aufbewahrt. 1.4-Dihydroanthracen 3 wurde durch Reduktion von 1.4.11.12-Tetrahydro-9.10~anthrachinon, erhalten aus 1.4-Naphthochinon und Butadien [45] mit Al(OPr’), und anschliessende Dehydratisierung mit HBr/HJ in Methanol dargestellt. Die Isomerisierung zu 1.2-Dihydroanthracen 2 erfolgte

385

durch

fiinfzehnstiindiges

Erhitzen

mit Natriumisoamylat

in Isoamylalkohol

1461. Nach [ 471 aus Anthracen dargestelltes Tetrahydroanthracen (5) wurde iiber das Pikrat gereinigt [ 481. Die iibrigen polycyclischen Kohlenwasserstoffe waren kommerzielle Produkte hoher Reinheit (EGA). Naphthalin wurde durch mehrstiindiges Riihren mit Natrium bei 180 - 200 ‘C!, Destillation und Resublimation, Phenanthren, Chrysen sowie Pyren durch Behandlung mit Raney-Nickel desulfuriert [ 431. In 9.10-Dihydroanthracen enthaltenes Anthracen wurde durch Umsetzung mit Maleinsiiureanhydrid entfernt [44]. benutzte Substanzen Als Losungsmittel bzw. Wasserstoffquellen wurden nach Standardmethoden getrocknet und von Sauerstoff befreit. Zur Hydrierung wurde nachgereinigter Wasserstoff (Linde) verwendet. Durchftihrung der Versuche Je nach Hohe des Reaktionsdruckes dienten starkwandige Schlenkgef&se oder mit Glaseinsiitzen versehene Stahlautoklaven als Reaktor. Das jeweilige ReaktionsgefZiss wurde mehrfach evakuiert und mit Argon begast, worauf man die Losungen des Substrates und des Katalysators sowie gegebenenfalls des H-Donators im Schutzgasgegenstrom mittels Spritzen einfiillte. Nach dem Spiilen mit 3 bar Hz und Einstellen des gewiinschten HzKaltdruckes unter Riihren (nur bei Hydrierungsversuchen) wurde der Autoklav in ein thermostatisiertes 6lbad getaucht. Die Regelung der Temperatur (‘1 “C) erfolgte iiber Kontaktthermometer; geriihrt wurde mittels Magnetriihrer bei hohen Drehzahlen. Wurde die Reaktion im Glasgef%ss durchgefiihrt, so gestattete ein Tauchrohr die Verfolgung des Reaktionsablaufes durch Probennahme. Andy tik Die quantitative Bestimmung des Umsatzes und der Ausbeuten erfolgte durch gaschromatographische Analyse (Carlo Erba 2900, 100 m OV 101 Glaskapillare, 70 - 230 “C, FID). Hydrierungsprodukte wurden durch GC-MS Kopplung (Varian 3700 MAT 112S, 70 eV) sowie Anreicherung mit authentischen Substanzen identifiziert. Anerkennung Wir danken dem Bundesminister fur Forschung und Technologie fiir die finanzielle Unterstiitzung der Arbeit, der Riitgerswerke AG fiir freundlicherweise zur Verfiigung gestellte Substanzproben. Literatur 1 B. Strobel, F. Friedrich, G. Kiilling, K.-G. Liphard und I. Romey, Erdiil Kohle, Erdgae, Petrochem., 34 (1981) 391. 2 U. Graeser und A. Jankowski, Erdiil Kohle, Erdgas, Petrochem., 35 (1982) 74.

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