Biochem. Physiol. Pflanzen (BPP) Bd. 166, S. 263-273 (1974) Institut fiir Biochemie der Pflanzen, Halle (Saale), des Forschungszentrums fiir Molekularbiologie und Medizin der Akademie der Wissenschaften der DDR
Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase hei Claviceps, Stamm SD 58 Von H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GROGER Mit 3 Abbildungen
Characterization of Tryptophan Synthase in Claviceps, Strain SD 58 Key Term Index: tryptophan synthase, purification, kinetic parameters, amitrole effect; Claviceps spec.
Summary Claviceps strain SD 58 originates from Pennisetum-ergot and produces under saprophytic conditions several clavine alkaloids. The influence of amitrole (3-amino-1,2,4-triazole) on the amount of tryptophan synthase (trp.sase) was investigated. Optimum conditions for derepression were achieved. In cells obtained from cultures supplemented with amitrole the activity of trp.sase in about ten to fifteen times as high as in cells of non supplemented cultures. A partial purified preparation of trp.sase was obtained by ammonium sulfate fractionation: The main activity (showing a 15 fold purification) was precipitated in the 30-50% (NH4 ) 2S04 fraction. Km values for the substrates (reaction 2) indol, serine, pyridoxal phosphate are 0,4 mM, 6 mM and 0,01 mM respectively. The pH optimum for reaction 2 activity of the enzym is 7,8. A stimulatory effect of univalent cations on the activity of trp.sase was observed with increasing order by adding of N·H4+, Na+, K+. Trypto· phan synthase was inhibited in the presence of indole acrylic acid. In reaction 2 the following patterns of inhibition were found: competitive with respect to serine, non-competitive with respect to indole and pyridoxal phosphate.
Einleitung
L-Tryptophan ist ein essentieller Baustein des Ergolinringsystems der Mutterkornalkaloide. Dariiber hinaus vermag diese aromatische Aminosaure die Bildung von Ergolinen bei einigen Claviceps-Stammen zu induzieren (8). Das unterstreicht die zentrale Bedeutung des Tryptophans fiir den Alkaloidstoffwechsel beim Mutterkorn. Man kann annehmen, daJ3 die Regulation der Biosynthese des Tryptophans, eines der Endprodukte der verzweigten Biosyntheseketten der aromatischen Aminosauren, im Laufe der Kulturentwicklung im besonderen MaJ3e die Alkaloidbildung beeinfluJ3t. Das letzte Enzym des Tryptophan-Grundzweiges, die Tryptophan-Synthase1) (Trp.Sase), ist bislang 1) Tryptophan-Synthase (L-Serin-hydrolase (lndol-addierend), EC 4.2.1.20) Abkiirzungen: Tryptophan-Synthase = Trp.Sase; Pyridoxal-5' -phosphat = Pyr P04 ; Indolacrylsaure = lAS; lndolglycerophosphat = InGP. 18*
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H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GRiiGER
bei Claviceps kaum untersucht worden. Die Trp.Sase katalysiert mindestens 3 Reaktionen: 1. Indolglycerophosphat + L-Serin -+ L-Tryptophan + Glycerinaldehydphosphat +H20 2. In dol + L-Serin -+ L-Tryptophan + H 2 0 3. Indolglycerophosphat ~ Indol + Glycerinaldehydphosphat Reaktion (1) ist unter physiologischen Bedingungen als Hauptreaktion anzusehen. Als Coenzym fur die Reaktionen (1) und (2) ist Pyridoxal-5-phosphat unbedingt erforderlich (Ubersicht 15). Die Trs.Sase ist wiederholt in Extrakten von Sklerotien sowie saprophytischen Kulturen von Claviceps nachgewiesen worden (6, 20, 21, 23). In sehr jungen Sklerotien von C. purpurea fand ErcH (6) Tryptophan-Synthase, der auch als erster bei einem C. purpurea-Stamm im Laufe der Submerskultur dieses Enzym bestimmte. Durch Zugabe von Indolyl-3-essigsaure zu einem Minimalmedium konnte der Enzymgehalt urn das Dreifache gesteigert werden. Nach EICH (6) lassen sich mit der Trp.Sase von C. purpurea sowie Neurospora crassa eine Reihe von im Benzolkern substituierten Indolen zu den entsprechenden Tryptophanderivaten umsetzen. Der Tryptophan-Synthasegehalt im Verlauf der Fermentation bei C. paspali und dessen Beziehungen zur Alkaloidsynthese untersuchten REHACEK et al. (20). Vor Beginn der Alkaloidsynthese wurde der hochste Enzymwert gefunden. Den Trp.Sase-Gehalt in Kulturen von Claviceps, Stamm SD 58, ohne und in Gegenwart von Tryptophan (,Repressionsbedingungen") untersuchten RoBBERS et al. (21). Die Tryptophan-Synthase in verschiedenen alkaloidfreien und alkaloidproduzierenden Claviceps-Stammen im Laufe der Kulturentwicklung unter Submersbedingungen bestimmten ScHMAUDER und GROGER (23). Versuche zur Anreicherung und Charakterisierung dieses Enzyms sind bislang nicht bekannt. Uber erste Ergebnisse zu dieser Problematik wird im folgenden berichtet. Material und Methoden Mutterkornstamm: SD 58 isoliert von Pennisetum-Mutterkorn, wahrscheinlich handelt es sich urn Claviceps fusiformis. Submers werden Elymoclavin und Agroclavin als Hauptalkaloide gebildet. N iihrliis ungen: NL 611 50,0 g Mannit; 50,0 g Saccharose; 5,4 g Bernsteinsiiure; Hefeextrakt Difco 3,0 g; KH 2 P0 4 1,0 g; MgS0 4 • 7 H 2 0 0,3 g; FeS0 4 • 7 H 2 0 10,0 mg; ZnS0 4 • 7 H 2 0 4,4mg; Aqua dest. ad 1000,0; pH eingestellt mit konz. Ammoniak auf pH 5,4. NL 614 wie NL 611 anstelle von 1 g KH2 P04 aber 0,1 g KH2 P0 4 • NL 720 Saccharose 200-300,0 g; Ammonzitrat 15,0g; KH2 P0 4 {),25 g; MgS04 • 7 H 2 0 0,3 g; FeS04 • 7 H 2 0 10,0 mg; ZnS0 4 • 7 H 2 0 30,8 mg; Aqua dest. ad 1000,0; pH 5,2 -5,4. Die Sterilisation der Niihrliisungen erfolgte im Autoklaven 30 min bei 110 °0. Amitrol wurde steril filtriert. Puffersysteme: 0,05 M Phosphatpuffer pH 7,8 unter Zusatz von 10-3 M 2-Mercaptoiithanol und 30% Glycerin. M-Puffer pH 7,2 (18) 56 ml 1,0 M KH 2 P0 4 -Liisung; 130 ml 1,0 M K 2 HPOc Liisung; 10-2 mol EDTA; 4 x 10-4 mol Pyridoxal-5'-phosphat; 10-2 mol D,L-Serin, mit Aqua bidest ad 1000,0 ml. Kultivation: Als Ausgangsmaterial diente Mycel von Fernbachkolben (NL 614) oder Agarriihrchen im Alter von 3-4 Wochen. Die Vorkulturen wurden 6-8 Tage in NL 611 geschiittelt und
Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase bei Claviceps, Stamm SD 58
265
anschlieBend ( etwa 8 ml Mycelsuspension) in die Hauptkulturen (NL 720) iibertragen. Die Bebriitung erfolgte auf Rundschiittelmaschinen des VEB Fanal, Bad Frankenhausen. Als KulturgefaBe dienten 500-ml-Langhals-Kolben, die mit 100 ml Nahrliisung beschickt waren. Temperatur 24° ± 1°. Analytische Methoden: Zur Alkaloidbestimmung wurde die Nahrliisung mit waBrigem NH3 alkalisch gestellt und erschOpfend mit Chloroform extrahiert. Die vereinigten Chloroformausziige haben wir im Vakuum zur Trockne gebracht, mit Weinsaure aufgenommen und mit van Urk's Reagenz angefarbt. Die Alkaloidwerte wurden Eichkurven entnommen. Zur Proteinbestimmung wurden die Extrakte in der friiher beschriebenen Weise (7) aufgearbeitet und nach LOWRY et al. (14) bestimmt. Gewinnung von Rohenzymextrakten: Frisches, gewaschenes Mycel wurde im Verhaltnis 1: 1,5 in 0,05 M Phosphatpuffer pH 7,8 suspendiert und mit der X-Press (AB Biox Schweden) aufgeschlossen. Das Homogenisat wurde 45 min bei 20000 g in der Kiihlzentrifuge K 24 (Janetzky) zentrifugiert. Der Uberstand diente als Rohenzymextrakt. Vor der Inkubation wurde der Extrakt iiber eine kurze Sephadex G-25-Saule gegeben. Aile Arbeiten erfolgten bei 0-4°. Fraktionierung: Zu 100 ml Rohenzymextrakt wurden 11 ml einer 1,5%igen Protaminliisung langsam unter standigem Riihren zugetropft. Nach 20 min zentrifugierte man in der Kiihlzentrifuge und verwarf das Sediment. Der Uberstand wurde mit festem, pulverisiertem Ammoniumsulfat auf die gewiinschte Sattigung gebracht. Nach Zugabe des Salzes wurde 20 min vorsichtig geriihrt und anschlieBend jeweils 40 min bei 20000 g zentrifugiert. Die Niederschlage der einzelnen Fraktionen wurden entweder in Phosphatpuffer pH 7,8 oder M-Puffer aufgenommen und iiber eine kurze Sephadex G-25-Saule (1,5 x 10 em) gegeben. Hi tzefall ung: Der Niederschlag der Fraktion 30-50% gesattigt mit Ammonsulfat wurde nach dem Entsalzen mit Sephadex G-25 in Phosphatpuffer + Glycerin aufgenommen und 5 min bei 55 oc unter standigem Riihren in einem Wasserbad (70 °0) erhitzt. Die Probe wurde danach in ein Eisbad eingestellt, zentrifugiert und der Uberstand zur Bestimmung verwendet. lnkubation: Ansatz in Anlehnung nach (10). 0,5 mM lndol; 80 mM D,L-Serin; 0,1 mM Pyridoxal-5' -phosphat; 1 mM red. Glutathion; 0,1 M Phosphatpuffer pH 7,8. Von den Enzymliisungen wurden je nach Aktivitat 0,1-0,3 ml zugegeben. Das Gesamtvolumen war 1,0 ml. Nach 20 min lnkubation bei 37 oc wurde die Reaktion durch Zugabe von 0,2 ml 5%iger NaOH gestoppt. Das nicht umgesetzte freie Indol wurde mit Toluol extrahiert und mit p-Dimethylaminobenzaldehyd umgesetzt. Anfarbezeit 60 min. Die Indolkonzentration wurde nach Messung der Extinktion (Filter S 57, d = 1,0 em) im Elko II mit Hilfe einer Eichkurve ermittelt. Enzymeinheit: 1 Enzymeinheit ist die Enzymmenge, die 0,1 ,uMol Indol/20 min zu Tryptophan umsetzt. Die spezifische Aktivitat ist die Anzahl der Enzymeinheiten pro mg Protein.
Ergebnisse und Diskussion
Versuche mit Amitrol Bei einigen Bakterien und Pilzen wurden Wechselbeziehungen zwischen den Biosynthesewegen von Tryptophan und Histidin gefunden (1, 2, 10). Generell wurde ftir das Phanomen der gegenseitigen regulatorischen Beeinflussung zwischen verschiedenen Stoffwechselwegen von JENSEN (10) der Begriff ,metabolic interlock" gepragt. Bei Histidin-auxotrophen Stammen von Neurospora waren bei limitierter Histidingabe die 5 Enzyme des Tryptophanzweiges dereprimiert (1, 2). Durch Zugabe von Tryptophan lie13 sich die Derepression nicht beeinflussen. Ein ahnlicher Effekt auf die Bildung der Trp.Sase konnte durch Zugabe von 3-Amino-1,2,4-triazol (Amitrol), erzielt werdcn (4, 11, 13). Die Wirkung des Amitrols ist auf Histidin-Mangel oder Akkumulation von Imidazolglycerophosphat, moglicherweise auch auf beide Effekte zurtickzuftihren (13).
266 Tabelle 1
H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GniiGER Der Einfluf3 von Amitrol auf den Tryptophan-Synthase-Gehalt beim Stamm SD 58. Die Kultivation erfolgte in verschiedenen Nahrliisungen. Amitrol-Gabe jeweils 6 h nach Beimpfung. Die Ernte erfolgte am 4. Kulturtag. FG = Frischgewicht).
Amitrol
NL611
NL 614
NL 720
mg/100 ml
FG. g/100 ml
Trp.Sase spez. Akt.
FG g/100 ml
Trp.Sase spez. Akt.
FG g/100 ml
Trp.Sase spez. Akt.
0 8,5 10,0 12,5 17,0 34,0
12 10 10 10 9
0,26 1,78 2,85 3,82 2,34
6,5 5,5 5,0 3,5 2,75
0,31 0,88 1,48 0,69 1,88
4 2,8 2,6 1,3 1,5 1,0
0,25 3,02 2,77 2,69 1,41 1,11
Eine Derepression einiger Tryptophanbiosynthese-Enzyme ist kiirzlich auch bei Saccharomyces cerevisiae gefunden worden (24). Wir untersuchten die Wirkung auf die Trp.Sase beim Stamm SD 58. Amitrol wurde zu verschiedenen Zeiten im Laufe der Fermentation appliziert. Eine optimale Stimulierung fanden wir bei Zugabe von 3-Amino-1,2,4-triazol 6 h nach der Beimpfung. Erfolgte die Applikation 48 h nach Beimpfung der Hauptkultur, so war praktisch keine Erhohung gegeniiber der unbehandelten Kontrolle feststellbar. In Tabelle 1 sind Versuche mit verschiedenen NahrlOsungen, an die steigende Amitrolmengen gefiittert wurden, zusammengestellt. In der Mannit-Saccharose-Ammonsuccinat enthaltenden NahrlOsung NL 611 (mit hoher Phosphatgabe) wird das Wachstum (ausgedriickt durch das Frischgewicht) erst bei einer Konzentration von 3 ,uMoljml beeinfluBt. Eine starkere Verminderung des Wachstums lieB sich bei der Kultivation in NL 614 (entspricht NL 611, aber nur 1/ 10 der Phosphatmenge) feststellen. Noch ausgepragter ist die Wachstumshemmung bei Verwendung von NL 720. Eine Derepression der Trp.Sase lieB sich in jedem Fall beobachten. Die spez. Aktivitaten Iagen etwa 10-15fach hoher als bei den Kontrollen ohne Amitrol. Ein ahnlicher starker Effekt wurde bei einem Wildstamm Sp~.
Akt/V.
2p 1,5 1,0
n 2 3 4 5
9 A Iter rrageJ
Abb. 1. Abhiingigkeit der Tryptophan-Synthase-Aktivitiit bei Amitrolzugabe vom Alter der Kultur. Amitrolzugabe 8 mg/100 ml NL 720, 6 h nach der Beimpfung.
267
Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase bei Clavicep$, Stamm SD 58 Tabelle 2 Partielle Reinigung der Tryptophan-Synthase des Stammes SD 58. Fraktion
Gesamtvolumen (ml)
Gesamtprotein (mg)
Gesamtaktivitat E
Rohextrakt
60
520
450
(NH4 ) 2 S04 - Fallung 4 0-30% 30-50% 6 6 50-70% 6 70-90%
32 41 19
420 22 3,6
spezif. Aktivitat 0,86
13,1 0,54 0,18
% der Gesamtaktivitat
Reinigung
100
1
93 4,9 0,08
15,2 0,64 0,21
von Neurospora crassa beschrieben (13). Untersucht man die Trp.Sase im Laufe der Fermentation bei Amitroleinsatz (6 h nach der Beimpfung), so findet man schon am 2. Kulturtag das Maximum der spez. Aktivitat. Der Gehalt sinkt dann allmahlich ab bis zum 5. Tag, urn bis zum 9. Tag drastisch abzufallen (Abb.1). In unbehandelten Kulturen la.f3t sich ein anderer Aktivitatsverlauf beobachten (23): Ein allmahlicher Anstieg bis zum 5. Tag, an dem das Maximum erreicht wird, und danach ein Abfall bis zum 10. Tag. Das Alkaloidspek:trum unseres Stammes lie.f3 sich durch Amitrol nicht beeinflussen. Die Amitrolwirkung auf Claviceps purpurea ist von IbiiAcEK et al. (12) untersucht worden. Nach Amitrolgabe (am 3. Kulturtag) stieg der Gehalt an Imidazolglycerol, verglichen mit der Kontrolle, stark an und erreichte am 9. Tag ein Maximum. Der Gehalt an freiem Tryptophan war in Amitrol-behandelten Kulturen zeitweise hoher, verglichen mit der unbehandelten Kontrolle. Der Alkaloidgehalt dieser Kulturen betrug 5 mgJLiter, nach Amitrolgabe 8 mgJLiter. Besonders auffallig ist die Anderung des Alkaloidspektrums durch Amitrol. Unter Normalbedingungen wurde Ergin, Ergometrin und Isosetoclavin gebildet. Nach Amitrolgabe aber Ergotamin, Ergocristin undErgocristinin! Anreicherung und Charakterisierung der Tryptophan-Synthase Ftir die folgenden Versuche wurden mit Amitrol behandelte Kulturen 3-4 Tage nach der Beimpfung verwendet. Der Rohextrakt wurde mit Protaminsulfat behandelt und anschlie.f3end eine fraktionierte Ammoniumsulfat-Fallung durchgeftihrt. Der Extrakt wurde mit festem pulverisiertem Ammonsulfat auf die gewtinschte Sattigung gebracht und die Sedimente an Sephadex G-25-Saulen, die mit Phosphatpuffer + Glycerin aequilibriert waren, entsalzt. Die Ergebnisse der partiellen Reinigung sind in Tabelle 2 zusammengefa.f3t. Das Maximum der Trp.Sase-Aktivitat lie.f3 sich in der Fraktion 30%50% gesattigt mit (NH4) 2S04 nachweisen. Dieser Schritt ftihrte zu einer 15fachen Anreicherung des Enzyms. Durch Hitzeeinwirkung auf das. Prazipitat der Fraktion 30-50% Sattigung mit (NH4) 2S04 ging die Aktivitat der Trp.Sase beim Stamm SD 58 vollstandig verloren. Eine lOfache Anreicherung der Aktivitat des 13-Komplexes der Trp.Sase durch 5mintitiges
268
H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GRiiGER
Erhitzen des Rohextraktes von Pisum sativum auf 70 oc ist von CHEN und BoLL (3) beschrieben worden. Auch bei Anabaena variabilis fiihrte ein Hitzeschritt zu einer 60fachen Anreicherung des B-Komplexes (22). Das aus einem Tryptophan-auxotrophen Stamm von Neurospora crass a isolierte und partiell gereinigte Trp.Sase-Praparat war weitgehend hitzestabil bei 65 °C. Es wurde aber sehr schnell bei 67 oc auch in Gegenwart von Pyridoxalphosphat und Serin inaktiviert (27). Versuche zur weiteren Anreicherung der Trp.Sase des Glaviceps-Stammes SD 58 durch Gelchromatographie an Sephadex verschiedener Korngro13e und unter Einsatz verschiedener Puffersysteme fiihrten bislang nicht zum Erfolg. Das pH-Optimum unseres Enzyms lag bei pH 7,8 und das Temperatur-Optimum bei 37 °C. Fiir die Reaktion 2 wurden bei Verwendung von partiell gereinigtem Enzym (Abb. 2) folgende KM-Werte gefunden: Indol: 0,4 mM; L-Serin: 6 mM; Pyridoxalphosphat: 0,01 mM ..:J__
v
1412
10 8 6
1234-581
tn~ol [mMT1
_J__ 14
v
12
4 2 50 Py;P04 [mM}- 1
100
Abb. 2. Lineweaver-Burk-Diagramme zur Ermittlung der KM- W erte. Die Bestimmungen wurden durchgefiihrt mit partiell gereinigter Tryptophan-Synthase des Stammes SD 58. Die Fraktion 30-50% Sattigung mit (NH4 ) 2S0 4 wurde an Sephadex G-25 entsalzt. Gemessen wurde Reaktion 2. V ist angegeben in p,Mol/20 min.
Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase bei Claviceps, Stamm SD 58
26~
Die Werte fiir Serin und Pyridoxalphosphat entsprechen etwa den Angaben fiir Neurospora (26). "tlberraschend hoch dagegen ist der KM-Wert fiir Indo!. Er ist etwa vergleichbar mit Angaben fiir E. coli (31). Die Stabilitat der Trp.Sase-Praparate aus verschiedenen Organismen ist sehr unterschiedlich. Das durch Ammoniumsulfat-Fallung (30-50%) und anschlie.Bende Sephadex G-25-Filtration partiell angereicherte Enzym des Stammes SD 58 ist in PhosphatGlycerin-Puffer bei -15 ac einige Tage ohne Aktivitatsverlust haltbar. Erfolgt die Aufbewahrung bei 4 ac so nimmt die Aktivitat nach 18 h urn 10-15% ab, bei Verwendung von M-Puffer sogar urn 70%. Ein starker Aktivitatsverlust wurde auch bei Verwendung von Tris-HCI-Puffer beobachtet. Nach 5 h war nur noch 10% der Aktivitat nachweisbar. Die Hemmung der Trp.Sase aus Euglena gracilis durch Tris-HCI-Puffer ist von LARA und MILLS (12) beschrieben worden. HEPES erwies sich als bestes Puffersystem bei einem aus einer Neurospora-Mutante isolierten Trp.Sase-Praparat und gab htihere Werte als Phosphat - wie auch als Tris-HCI-Puffer (27). In einer Reihe von Arbeiten ist der Einflu.B von einwertigen Ionen auf die Aktivitat der Trp.Sase untersucht worden. Tris-Puffer pH 7,8 mit einem Zusatz von NaCI ergab doppelt so hohe Aktivitaten, verglichen mit K-Phosphat-Puffer pH 7,8 (32) bei E. coli. Ebenfalls bei E. coli wurde von HATANAKA et al. (9) eine Stimulation durch einwertige Ionen auf die Reaktion Indo! - Tryptophan bei Einsatz der Komponente B der Trp.Sase beschrieben. Auffallig ist der starke stimulierende Effekt von NH4+-Ionen. Etwa 1 / 3 der Wirksamkeit wurde bei Zugabe von Li+-Ionen gefunden. Sehr viel weniger wirksam waren Na+ und K+. ScHWARTZ und BoNNER (25) fanden einen stimulierenden Effekt von KCI und NaCI his zu einer Konzentration von 1 M auf die Reaktion 2 der Tryptophan-Synthase bei Bacillus subtilis. Dabei erwies sich K+ etwas starker wirksam als Na+. Sie diskutieren einen stabilisierenden Effekt von K+-Ionen auf das Enzym und fanden eine Erhtihung der Thermostabilitat der Trp.Sase durch KCI. NH4 Cl ist ohne Einflu.B auf die Reaktion his zu einer Konzentration von 0,2 M. In hOheren Konzentrationen trat ein Hemmeffekt auf. Die aus Nicotiana tabacum-Zellkulturen gewonnene Tryptophan-Synthase wird positiv durch K+-Ionen beeinflu.Bt (5). Reaktion 2 der Trp.Sase aus Pisum sativum wird durch K+ starker als durch Na+ stimuliert (19). Die Trp.Sase-Aktivitat (Reaktion 2) aus Euglena gracilis wird durch K+-Ionen his zu einer Konzentration von 0,3 M nicht verandert. Dagegen wurde ein Optimum der Aktivitat bei 0,08 M K + bei Neurospora crassa (26) gefunden. Die eigenen Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefa.Bt. Die Enzymaktivitaten wurden sofort nach der Sephadex-Filtration bestimmt, da bei Verwendung von TrisPuffer unser Enzym wenig stabil war. Die 3 verwendeten Kationen (K+, Na+, NH4 +) stimulierten die Reaktion 2 unabhangig, ob sie als Chloride oder Phosphate gegeben wurden. Die hOchsten Aktivitaten lie.Ben sich bei Zugabe von K + (0,1 M) nachweisen. Etwas weniger wirksam war Na+ in der gleichen Konzentration. Den geringsten Effekt zeigte NH4 +. Die optimale Konzentration lag zwischen 0,05-0,1 M und ist etwa dem bei Neurospora gefundenen Wert vergleichbar. Somit ist nachgewiesen, da.B auch bei Claviceps die Trp.Sase-Aktivitat (Reaktion 2) durch einwertige Ionen positiv beeinflu.Bt
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H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GRiiGER
Tabelle 3 Einflu{J von einwertigen lonen auf die Trp.Sase-Aktivitiit des Stammes SD 58. Als Enzympraparation wurde die Fraktion 30-50% Sattigung mit (NH~) 2SO~ Amitrolbehandelter Kulturen eingesetzt. Zur Aufnahme des Proteinniederschlages und zur Filtration iiber Sephadex G-25 wurde 0,05 M Tris-HCI-Puffer pH 7,8 + 30% Glycerin verwendet. lm Finalvolumen von 1,0 ml (Phosphatpuffer durch Tris-HCI-Puffer ersetzt) waren 0,3 mg Protein Konzentration
Indolverbrauch nmol/20 min bei Zusatz von
(M)
KCI
0,01
17
8,6
8,6
0,05
51
42,7
8,6
51
42,7
0,1
69
60
42,7
60
51
25,6
0,5
60
42,7
42,7
60
25,6
17
0,8
43
34
42,7
25,6
8,6
17
Tabelle 4
NaCl
NH4 Cl
K2 HP04 8,6
NaH 2 P0 4 8,6
(NH4 )H 2 P04 17 42,7
Einflu{J von zweiwertigen lonen und SH-Giften auf die Tryptophan-Synthase-Aktivitiit des Stammes SD 58. Als Enzympraparation wurde die Fraktion 30-50% Sattigung mit (NH4 )zSO~ Amitrolbehandelter Kulturen eingesetzt. Zur Aufnahme des Proteinniederschlages und zur Filtration iiber Sephadex G-25 wurde Phosphatpuffer verwendet. Im Finalvolumen von 1,0 ml waren 0,8 mg Protein enthalten. In der Kontrolle betrug der Indolverbrauch 137 nmol/20 min = 100%- Konzentration der Zusatze: 1 mM.
Zusatz
Aktivitat in % bezogen auf Kontrolle = 100%
MgCl2
110-120
BaCl2
67
FeCl3
49
MnCl2
49
CaCl2
43
CoS04
43
FeS04
31
ZnCl2
10
CuSO~
0
HgCl2
24
Jodacetamid
19
p-ClHgC 6 H4 COOH
25
Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase bei Claviceps, Stamm SD 58
271
Trpsase
AktMttit
a
%
1
v
0,02
IAS[mM]
1
v
c
0,1
Indo/
...:!._
-v
_., 10
15
."2
0,02
~
5
[/M}" d
1
0,0010,0050,010,050,1 0.5 1
"
3
"/
0
~05/_
xx- x Q,1
se1m
0,2
[mMT.,
50 P/rPo.,. [mMT
100 1
Abb. 3. Einflu[J der Indolacrylsiiure auf die Aktivitiit der Tryptophan-Synthase. Das Trp.Sase-Praparat wurde gewonnen wie in Abb. 2 bescbrieben. a) Hemmkurve (0,22 mg Protein eingesetzt); b)-d) LINEWEAVER-BURK-Diagramme bei Variation von lndol (b), Serin (c) und Pyridoxalphosphat (d). Eingesetzt jeweils 0,6 mg Protein. Kurve 1 = ohne lAS; Kurve 2: 0,5 mM lAS; Kurve 3: 0,05 mM lAS. v ist angegeben in nMol/20 min.
wird. Die Wirkung eines bestimmten Ions scheint abhangig zu sein von der Herkunft des Enzyms und den jeweiligen Versuchsbedingungen (19). Weiterhin wurde die Wirkung von zweiwertigen Ionen und einiger SH-Gifte auf die Trp Sase-Aktivitat untersucht (Tabelle 4). Die Effektoren-Konzentration betrug jeweils 1 mM. Eine geringftigige Steigerung wurde bei Zugabe von Mg++ beobachtet. In allen anderen Fallen trat eine mehr oder minder stark ausgepragte Aktivitatshemmung ein. In Gegimwart von Cu++-Ionen wurde die Reaktion 2 vollstandig gehemmt. Bei Neurospora crassa hemmen Zn++ zu 70% und Co++ zu 38% sowie ON- zu 36% Reaktion 2 der Trp.Sase (29). Indolglycerophosphat (InGP) wirkt als Derepressor ftir Tryptophan-Synthase (13, 17, 28). Ftittert man Indolacrylsaure (lAS) an Kulturen von Neurospora crassa in einer 5 x 10-4 M-Konzentration, so kommt es zu einer 50%igen Wachstumshemmung sowie der Akkumulation von InGP und nachfolgend zu einer drastischen Erhohung des Trp.Sase-Gehaltes (28). MATCHETT (16) hat den moglichen Mechanismus der lAS-Wirkung untersucht. Er fand eine Hemmwirkung der lAS auf verschiedene von der Tryptophan-Synthase katalysierten Reaktionen. Indolacrylsaure bewirkt eine partiell kompetitive Hemmung gegentiber Serin in den Reaktionen 1 und 2. Der Hemmtyp gegentiber Indolglycerophosphat in Reaktion 1 sowie Indol in Reaktion 2 ist praktisch nicht inter-
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H. P. ScHMAUDER, M. SEIDLER und D. GROGER
pretierbar. lAS interferiert offenbar nicht mit der Bindungsstelle fiir lnGP bzw. lndol. Auch bei Claviceps SD 58 wirkt lAS hemmend auf die Tryptophan-Synthase (Reaktion 2) (Abb. 3). Fur lndol und Pyridoxalphosphat konnte eine nicht-kompetitive Hemmung nachgewiesen werden (Abb. 3). lAS zeigte bei unserem Objekt eine kompetitive Hemmung gegentiber Serin. Die Befunde lassen sich so interpretieren, dal3 die Bindungsstelle ftir Serin durch lAS blockiert wird, und untersttitzt damit die Befunde von MATCHETT (16) bei Neurospora: Die Akkumulation von lnGP in intaktem Mycel ist offenbar auf die Hemmung der Reaktion 1 der Tryptophan-Synthase zurtickzufiihren. Dadurch verarmen die Zellen an Tryptophan, und es kommt zu einer Aufhebung der feedback-Hemmung der Anthranilat-Synthase, welche schliel3lich zu einer vermehrten Produktion von lnGP fiihrt (16).
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Zur Kenntnis der Tryptophan-Synthase bei Claviceps, Stamm SD 58
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Manuskripteingang: 15. Marz 1974. Anschrift der Verfasser: Dr. H. P. ScHMAUDER, Dipl.-Biol. M. SEIDLER und Prof. Dr. D. GRoGER, Institut fiir Biochemie der Pflanzen, 401 Halle, Weinberg.