Flora, Abt. A, Bd. 157, S. 43-50 (1966) Aus dem Pharmakognostischen Institut der Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg
Uber den Stoffwechsel des Vicianins Von B. TSCHIERSCH Mit 2 Abbildungen im Text (Eingegangen am 20. Februar 1966)
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Nach den neuesten Untersuchungen entstehen die Aglykone der Blausaureglykoside aus Aminosauren. So wurde als Vorstufe des im Linamarin enthaltenen Acetoncyanhydrins das Valin nachgewiesen (4, 5), die Synthese des Dhurrinaglykons crfolgt aus Tyrosin (6,9) und fUr das Benzaldehydcyanhydrin des Prulaurasins und des Vicianins bildet das Phenylalanin die direkte Vorstufe (12,21). Neuere Untersuchungen haben aber auch erkennen lassen, daB die bisher als typische "sekundare Pflanzenstoffe mit Exkretcharakter" angesehenen Blausaureglykoside einen Umsatz aufweisen konnen. Sie werden in der Pflanze nicht nur synthetisiert und gespeichert, sondern, unter Freisetzung von Cyanid, auch wieder abgebaut (21). Ftitterungsexperimente mit radioaktiver Blausaure haben dartiber hinaus ergeben, daB hohere Pflanzen exogenes Cyanid assimilieren konnen (2,19,22). fiber eine Aufnahme und Entgiftung der Cyanwasserstoffsaure durch hohere Pflanzen liegen in der alteren Literatur bereits Angaben vor (13, 17, 18). Die Autoren vermuteten eine Entgiftung in Form von Blausaureglykosid. 1m Gegensatz dazu wurde bei der VerfUtterung von H14CN abcr 4_14C-Asparagin als Hauptmarkierungsprodukt erhalten. In den cyanogenen Glykosiden konnte keinc Radioaktivitat nachgewiesen wcrden. Neben dem 4_14C-Asparagin sind bereits nach sehr kurzer Ftittcrungsdauer die radioaktiv markierten Aminosauren p-Cyanoalanin und Asparaginsaure in den Pflanzen enthalten (20,21). Weiterhin ergab sich aus diesen Untersuchungen, daB das Primarprodukt der Cyanidassimilation, das p-Cyanoalanin, aus HCN und Serin gebildet wird (6, 21, 24). Abgesehen von einigen Vicia-Artcn, die das p-Cyanoalanin akkumulieren, setzen aIle bisher geprtiften Pflanzen diese Aminosiiure sehr schnell in Asparagin urn. Ftir den Stoffwechsel der HCN bzw. cyanogene Glykoside produzierenden Pflanzen sind diese Reaktioncn moglicherweise von Bedeutung. Der in den Glykosiden enthaltene Stickstoff kann in den Stoffwechsel zurtickflieBen. Der Metabolismus der Blausaureglykoside bildet damit einen Nebcnweg des Aminosaurestoffwechsels, der von Aminosiiuren tiber cyanogene Glykoside zu Aminosauren zurtickgeftihrt (vgl. Abb.l).
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B. TSClIIERtiCH
Bisher wurden bei den angeftihrten Vntersuchungen stets nur einige Reaktionsschritte nachgewiesen. Da an geeignetem Material aber der Ablauf der gesamten Re-' aktionsfolge direkt nachzuweisen sein mti13te, haben wir mit verschiedenen ViciaArten Ftitterungsexperimente angestellt, tiber deren Resultate an dieser Stelle berichtet werden solI.
n li fo o ti z
Material und Methoden Ais Untersuchungsobjekte wurden die beiden Unterarten, ssp. angustifolia und ssp. segetalis (THUILL.) GAUD., von Vicia angustifolia GRl'FB. gewahlt, die durch einen hohen Gehalt an f3-Cyanoalanin ausgezeichnet sind, die sich aber hinsichtlich ihres BIausaureglykosidgehaltes grundsatzlich unterscheiden. Nur in Vicia angustifolia ssp. segetalis ist das cyanogene Glykosid Vicianin enthalten, in der Unterart angustifolia jedoch nicht. Daneben wurden die cyanidfreien, aber durch einen hohen Canavaningehalt gekennzeichneten Pffanzen von Vi cia cracca L. eingesetzt. Zur Fiitterung der Pflanzen wurden jeweils 20 der 6 Tage alten Keimlinge mit den Wurzeln in eine Losung von 0,58 mg DL-Phenylalanin-a-uC (spezifische Radioaktivitiit: 4,47 mc/g) gebracht. Nach 24 Std. wurden die Keimlinge entnommen, mehrmals mit Wasser gewaschen, homogenisiert und mit 70 % Athanol extrahiert. Die Extrakte wurden bei Zimmertemperatur im Vakuum iiber konzentrierter Schwefelsaure eingetrocknet und mit 2 ml 50% Athanol aufgenommen. Aliquote Anteile dieser Losungen wurden zur papierchromatographischen Untersuchung, zur Autoradiographie und zur Bestimmung der in ihnen enthaltenen Radioaktivitat eingesetzt. Dariiber hinaus wurden je 1 ml dieser Losungen einer Hydrolyse mit 6 n HCl unterworfen und die Hydrolysate mit Hilfe von Dowex-l-Saulen in die saure Fraktion (Eluat) und in die basische Fraktion (Effluat) zerlegt (16). Durch die Hydrolyse waren ,B-Cyanoalanin und Asparagin in Asparaginsaure iiberfiihrt worden, die auf papierchromatographischem Wege abgetrennt und mit Ninhydrin abgebaut werden konnte (1). Die Extraktionsriickstande wurden ebenfalls mit 6 n HCl hydrolysiert, an Dowex-50-Saulen gereinigt (16) und zur papierchromatographischen Untersuchung sowie zur Bestimmung der eingebauten Radioaktivitiit verwendet. Bei den Versuchen zur Bestimmung des im Vicianin der mit Phenylalanin-a-uC versorgten Pflanzen von Vi cia angustifolia ssp. segetalis enthaltenen Radioaktivitat wurde das Cyanid nach enzymatischer Spaltung des Vicianins durch Mikrodiffusion abgetrennt und als Silbersalz gefalIt. Die Ermittlung der in den Proben enthaltenen Radioaktivitat erfolgte durch Messung mit dem Endfensterzahlrohr unter Verwendung von Eichpriiparaten.
Ergebnisse
Wahrend der 24sttindigen Ftitterung sind von den Keimpflanzen 20-30 % der gebotenen Radioaktivitat aufgenommen worden. Die Unterschiede, die bei der Aufnahme des Phenylalanins zu beobachten sind, konnen auf eine unterschiedliche Entwicklung der Keimlinge zurtickgeftihrt werden. Die Keimlinge von Vicia angustifolia ssp. angustifolia zeigten ein besonders intensives Wachstum. Etwas langsamer entwickelten sich die Keimlinge von Vicia cracca und noch geringer war da,s Wachstum der Keimlinge von Vicia angustifolia ssp. segetalis. Wie aus der Tabelle 1 ent-
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Uber den Stoffwechsel des Vicianins
nommen werden kann, entsprechen diese Unterschiede etwa dem Verhalten der Keimlinge bei der Aufnahme des Phenylalanins. Die beiden Unterarten von Vicia angustifolia liefern damit eine Bestatigung der bereits an anderen Pflanzen gemachten Beobachtung, nach der die blausaureglykosidflihrenden Rassen oder Unterarten gegenliber den cyanidfreien Pflanzen ein deutlich vermindertes Wachstum der Keimlinge zeigen (23). Der gro13te Teil der zugefiihrten Radioaktivitat ist in der lOslichen Fraktion der Kcimlinge enthalten. Daneben ist sie aber auch in den Proteinhydrolysaten nachweisbar (vgl. Tab. 1). Wie die papierchromatographische Untersuchung ergab, liegt die Radioaktivitat der Protcinfraktion ausschlie13lich als markiertes Phenylalanin vor. Etwa 30 % der aufgenommenen Radioaktivitat sind wahrend der 24stlindigen Flitterung in die Proteine eingebaut und damit weiteren Vmsetzungen in der loslichen Fraktion entzogen worden. Tabelle 1
Die Aufnahme von DL-Phenylalanin-a- 14 C durch Keimlinge verschiedener ViciaArten. Angaben in Imp/min/20 Keimlinge x 10 3 •
Vicia-Art
Y. angustifolia ssp. segetalis V. angustifolia ssp. angustifol. Y. cracca
Proteinfraktion
liisliche Fraktion
Gesamtaufnahme
Gesamtaufnahme in % der gebotenen Radioaktivitiit
33,2
76,7
109,9
19,6
39,9 42,1
115,4 83,0
155,3 125,1
22,3
27,6
In der lOslichen Fraktion ist die Hauptmenge der Radioaktivitat noch als Phenylalanin vorhanden. Daneben konnte bei allen Pflanzen ein relativ stark markiertes Abbauprodukt des Phenylalanins beobachtet werden. Es ergibt mit Ninhydrin keine Farbreaktion und erwies sich bei der Trennung an Dowex-50-Saulen sowie bei der papierelektrophoretischen Untersuchung als saure Verbindung. Nach dem Verhalten bei der papierchromatographischen Trennung in verschiedenen Losungsmittelsystemen handelt es sich bei ihr urn die trans-Zimtsaure, die als Stoffwechselprodukt des Phenylalanins bei hOheren Pflanzen verschiedentlich nachgewiesen worden ist. Flir un sere Betrachtungen sind jedoch zwei andere, durch Autoradiographie und durch direktes Ausmessen der Papierchromatogramme mit dem Zahlrohr nachweisbare markierte Verbindungen von gro13erem Interesse. Zunachst konnte festgestellt werden, da13 in Vicia cracca neben dem Phenylalanin und der Zimtsaure keine weiteren markierten Verbindungen vorhanden sind. Bei beiden Unterarten von Vicia angustifolia ist dagegen eine deutliche Markierung in der Position des ,8-Cyanoalanins
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B. TscHIERscH
gefunden worden. Auf dem Papierchromatogramm von Vicia angustifolia ssp. segetalis wurde daruber hinaus noch eine Markierung in der Position des Vicianins beobachtet. Durch enzymatischen Abbau des Vicianins und Isolation des freien Cyanids konnte fur diese Verbindung eine radioaktive Markierung in Hohe von 16600 Imp/ minjmMol festgestellt werden. Aus dies em Ergebnis geht hervor, da13 auch bei Vicia angustifolia ssp. segetalis die Bildung des Vicianins aus Phenylalanin erfolgt. Die in der Tabelle 2 angegebenen Werte lassen erkennen, da13 die Hauptmenge der in der hydrolysierten lOslichen Fraktion vorhandenen Radioaktivitat im Phenylalanin, im Effluat der Dowex-1-Saulen, enthalten ist. 1m Eluat der Dowex-1-Saulen ist nur eine relativ geringe Markierung nachweisbar. Das Hauptmarkierungsprodukt dieser Fraktion ist die Asparaginsaure. Fur die aus Vicia angustifolia ssp. segetalis bzw. angustifolia isolierten Asparaginsaurepraparate wurden 32300 ImpjminjmMol bzw. 43300 ImpjminjmMol ermittelt. Bei dem in entsprechender Weise aufgearbeiteten Extrakt der Keimlinge von Vicia cracca sind nur Radioaktivitatsspuren in der Asparaginsaure nachweisbar. Tabelle 2
Die Verteilung der Radioaktivitiit innerhalb der loslichen Fraktion verschiedener Vida-Keimlinge nach Fiitterung mit Phenylalanin-a- 14 C. Angaben in Imp/mini 20 Keimlinge x 10 3 •
Vida-Art
V. angustifolia ssp. segetalis V. angustifolia ssp. angustifol. V. cracca
Radioaktivitiit der basische FrakFraktion nach tion Hydrolyse (Effluat)
saure Fraktion (Eluat)
Asparaginsiiure
65,5
63,0
2,5
1,7
94,0 59,0
91,1 57,8
2,9 1,2
2,2 Spuren
Beim Abbau der Asparaginsaurepraparate mit Ninhydrin wurden fUr C-1 + C-4 8400 ImpjminjmMol bzw. 13200 ImpjminjmMol gefunden. Ein direkter Vergleich dieser Werte mit den ubrigen Angaben ist nicht moglich, da die Selbstabsorption des in dicker Schicht gemessenen Bariumcarbonats nicht bestimmt wurde. Trotzdem la13t das erhaltene Ergebnis den Schlu13 zu, da13 die Radioaktivitat der Asparaginsaure vorwiegend in den Kohlenstoffatomen 1 und 4 lokalisiert ist. Diskussion Uber den Abbau des Phenylalanins in hOheren Pflanzen ist bisher wenig bekannt geworden. Zwar hat man das Phenylalanin als Vorstufe zahlreicher Verbindungen erkannt, ein Abbauschema, wie man es fUr den Stoffwechsel dieser Aminosaure in
A
M h d d a s a s g
Uber den Stoffwechsel des Vicianins
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nl-CH2-*~H-COOH ~/
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NH2
Phenylalanin
(~-CH-*C V
6
~
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(CllH 19 0 S) Vicianin '----->-
H
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*C
CH 2-CH-COOH
II
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N
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OH
I,~___-I t
NH2 Serin
*C-CH 2-CH-COOH
II
I
N I
NH2 tJ-Cyanoalanin
t
* OC-CH 2-CH-COOH
I
I
NH2
NH2
1
Asparagin
* HOOC-CH 2-CH-COOH I NH2 Asparaginsaure Abb.1. Darstellung des Stoffwechsels der cyanogenen Glykoside am Beispiel des Vicianins.
Mikroorganismen oder Tieren entwickelt hat (11), ist aber fUr die hohere Pflanze bisher nicht aufgestellt worden. Einzelne Reaktionen scheinen jedoch fUr den Umsatz dieser Verbindung in der Pflanze von allgemeiner Bedeutung zu sein. Ein Beispiel dafUr bildet der Abbau des Phenylalanins zur trans-Zimtsaure. Diese von der Phenylalanindesaminase katalysierte Reaktion ist an intakten Pflanzen wiederholt festgestellt und auch an Enzympraparaten untersucht worden (3,8,10,14,15), insbesondere auch im Hinblick auf eine Verwendung der Phenylalaninabbauprodukte fur die Biosynthese des Lignins. So ist es verstandlich, daB boi den mit Phenylalanin-a-14C durchgefUhrten Futterungsversuchen auch die Bildung der Zimtsiiure beobachtet werden
B.
T~CHIERSCH
Vi cia angustifolia ss p. segetalis
Vicia cracca ssp. angustifolia
Phenylalanin
Phenylalanin
Phenylalanin
I
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_I-
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Vicianin
Vicianin
----1---T fi-Cyanoalanin
__ 1-
fi-Cyanoa lanin
J'i-Cyanoalanin
Asparagin
T Asparagin
I
----1---Asparagin
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Vicianin
Abb. 2. Schematische Ubersicht iiber den Stoffwechsel des ricianins. ( - - - - - -: Reaktion schwach; ------ Reaktion unmiiglich).
konnte. Ein unterschiedliches Verhalten der verschiedenen Vicia-Pflanzen wurde dabei nicht festgestellt. Ein anderer Weg des PhenylaJaninabbaus wurde bei Vicia angustifolia ssp. segetalis erwartet. Da sie das cyanogenc Glykosid Vicianin besitzt, muBte angenommen werden, daB ein Teil des a- 14C-Phenylalanins in das Cyan-14C-Vicianin umgesetzt wird. Diese Markierung konnte auf dem Papierchromatogramm und durch Abspaltung des Cyanids auf enzymatischem Wege nachgcwiesen werden. Auch in Vicia angustifolia ssp. segetalis wird also das Aglykon des Vicianins aus Phenylaianin gebildet. Daruber hinaus zeigt aber die hauptsachlich im f3-Cyanoalanin enthaltene und naeh Hydrolyse als Markierung der Asparaginsaure gemessene Radioaktivitat, daiS das markierte Vieianin auch abgebaut wird. Das dabei entstehende radioaktive HCN bildet eine Vorstufe des f3-Cyanoalanins. Nach unseren bisherigen Vorstellungen kann die radioaktive Markierung des f3-Cyanoalanins nur in dieser Weise erklart werden. Die in den Kohlenstoffatomen 1 + 4 der Asparaginsaure naehgewiesene, wahrseheinlieh aber nur im C-4 enthaltene Radioaktivitat und besonders die Tatsaehe, daB das in den Pflanzen vorhandene Serin keine Markierung aufweist, bestatigen diese Ansicht. Fur Vicia angustifolia ssp. segetalis muB deshalb der Ablauf der in der Abb. 1 angegebenen Reaktionskette angenommen werden. Ais Besonderheit ist dabei noeh hervorzuheben, daB von dieser Pflanze zwei lntermediarprodukte der Gesamtreaktion, das Vicianin und das f3-Cyanoalanin, akkumuliert werden. Ware der Versuch mit einer Art durchgefiihrt worden, die das f3-Cyanoalanin schnell weiter umsetzt, so konnte eine Markierung erst im Asparagin bzw. in der Asparaginsaure gefunden werden. Man hatte dann eine Verschmierung der Radioaktivitat und damit ein weniger eindeutiges Resultat erwarten mussrn.
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Nach unserem bisherigen Wissen gehOrte Vicia angustifolia ssp. angustifolia nicht zu den "Blausaurepflanzen", denn in ihr ist keine blausaureliefernde Verbindung nachzuweisen. Trotzdem wird auch durch die Keimlinge dieser Pflanze eine starkere radioaktive Markierung in das .B-Cyanoalanin eingebaut, wenn sie mit Phenylalanin-14C versorgt werden. Aus dem a- 14C-Phenylalanin entsteht das Cyan-14CVicianin, das bei ihnen aber nicht angehiiuft, sondern schnell in Zucker, Carbonylverbindung und H14CN gespalten wird, so da13 die radioaktive Markierung erst in dem auch von dies en Keimlingen akkumulierten .B-Cyanoalanin nachgewiesen werden kann. Beide Unterarten von Vicia angustifolia unterscheiden sich somit nicht in der Fahigkeit das Vicianin zu bilden, sondern nur im Hinblick auf die Akkumulation dieser Verbindung (vgl. Abb. 2). Ganz anders verhalten sich die Keimlinge von Vicia cracca. Erwartungsgema13 ist bei ihnen auf dem Papierchromatogramm in der Position des .B-Cyanoalanins keine Markierung vorhanden. Aber auch im Asparagin und in der Asparaginsaure dieser Pflanzen ist keine Markierung enthalten. Vicia cracca scheint deshalb nicht in der Lage zu sein, das Phenylalanin tiber Vicianin abzubauen. Lediglich nach Ftitterung mit H14CN bildet diese Art 14C-Cyanoalanin und 14C-Asparagin (21). Nach der herkommlichen Definition bildet das Vorhandensein des gebundenen Cyanids das Kriterium ftir die Einordnung einer Pflanze als "Blausaurepflanze". Dabei wurde vorausgesetzt, da13 nur diese "Blausaurepflanzen" zu einer Synthese der cyanogen en Glykoside befahigt sind. Aus der Literatur ist bisher kein Beispiel daftir bekannt, da13 eine Pflanze Blausaureglykoside bilden kann und sie nicht akkumuliert. Vicia angustifolia ssp. angustifolia liefert nun den Beweis, da13 dies durchaus der Fall sein kann. Damit ist aber auch die Moglichkeit gegeben, da13 weit mehr Pflanzen cyanogene Glykoside synthetisieren konnen als bisher vermutet wurde. Besonders fur die Pflanzen, die das .B-Cyanoalanin enthalten, mu13, unabhangig davon, ob sie die Blausaureglykoside akkumulieren oder nicht, eine Bildung dieser Verbindungen angenommen werden. Dartiber hinaus lassen die mitgeteilten Ergebnisse aber auch erkennen, da13 vergleichende Untersuchungen an "physiologischen Rassen" einer hoheren Pflanze zur experimentellen Bearbeitung spezieller Reaktionen des Stoffwechsels besonders gut geeignet sind .
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Zusammenfassung
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Durch Verfiitterung von Phenylalanin-a- 14 C an zwei verschiedene Unterarten von Vi cia angustifolia GRUFB. konnte sowohl fiir die Blausaureglykoside enthaltende Unterart segetalis (THUILL.) GAUD. als auch fiir die cyanidfreie Unterart angustifolia ein Abbau des Phenylalanins iiber Vicianin zum ,B-Cyanoalanin nachgewiesen werden. Hinsichtlich des Vicianinstoffwechsels unterscheiden sich die beiden Pflanzen nur dadurch, daJ.\ die Subspecies segetalis das Vicianin akkumuliert, wahrend diese Verbindung in Vida angustifolia ssp. angustifolia schnell umgesetzt wird. In Vicia cracca L. ist eine Bildung des Vicianins aus Phenylalanin nicht festzustellen. 4 Flora, Aht. A, Bd. 157.
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B. TSCIIIERSCl!
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