Über die Bedeutung des Trigonellins im pflanzlichen Stoffwechsel

Über die Bedeutung des Trigonellins im pflanzlichen Stoffwechsel

(Aus dem Institut fiir allgemeine Botanik und dem Institut flir organische Chemie der Universitat Ziirich) KUR ZE MITT EILU NG Ober die Bedeutung de...

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(Aus dem Institut fiir allgemeine Botanik und dem Institut flir organische Chemie der Universitat Ziirich)

KUR ZE MITT EILU NG

Ober die Bedeutung des T rigonellins im pflanzlichen Stoffwechsel Von

H. Wanner, H. Kende und P. Fahrni (Eingegangen am 15. April 1960)

1. Die Frage, welche Bedeutung dem Trigonellin im Stoffwechsel. zukommt, .kann bisher nicht einheitlich beantwo rtet werden. So herrscht in der Vitaminforschung eine Diskussion dariiber, ob das Trigonellin im tierischen Organismus zu Nikotinsaure demethyliert werde und dadurch gegen Pellagra wirksam sei. Wiirde eine solche Demethylierung eintreten, dann konnte Trigonellin wie Cholin oder Betain als ein Methyldonator angesehen werden. Diese These stellte J. KUHNAu (1942) auf und versuchte, sie durch entsprechende Versuche zu erharten. Experimente in vivo ergaben kein brauchbares Ergebnis, selbst dann nicht, wenn die mit Trigonellin gefiitterten Ratten vorher bei methylarmer Kost gehalten wurden. In Nierengewebekulturen konnte eine Demethylierung von 0,1 % der zugefiigten Trigonellinmenge nachgewiesen werden. W. CIUSA (1948) bewies durch Versuche in vivo, daB beim Menschen die gesamte zugefiihrte Trigonellinmenge unverand ert im Harn ausgeschieden wird. Nach CIUSA lasse auch diechemische Konstitution des Trigonellins es als wenig wahrscheinlich erachten, daB dessen Methylgruppe labil sei. Gewisse Mikroorganismen vermogen jedoch Trigonellin an Stelle von Nikotinsaure als Wachstumsfaktor zu verwenden. Dies ist der Fall bei Torula cremoris und, wie ein Vorversuch an unserem Institut zeigte, bei Schizosaccharomyces Pombe. Lactobacillus arabinosus wachst hingegen nur auf Medium mit Nikotinsaurezusatz und reagiert auf Trigonellin nicht. Auf

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diese beiden verschiedenen Verhaltensweisen von Torula cremoris und Lactobacillus arabinosus beruhen die mikrobiologischen Nachweismethoden von Trigonellin und Nikotinsaure (E. SNELL u. a., 1941; W. L. WILLIAMS 1946). Untersuchungen an hOheren Pflanzen, die zur Zeit an unserem Institut durchgeflihrt werden, deuten darauf hin, dal3 TrigoneIlin wahrend der Keimung zu Nikotinsaure abgebaut werden kann. Das Schicksal der N-Methylgruppe des Trigonellins ist weder in dies em Fall noch bei den Mikroorganismen bekannt.

II. In der vorliegenden Arbeit befal3ten wir uns mit der stoffwechselphysiologischen Bedeutung des TrigoneIlins in den Blattern von Coffea arabica. Diese Pflanze ist aus verschiedenen Grtinden ein gtinstiges Versuchsobjekt. Die Synthese des auch in Blattern in grol3eren Mengen vorhandenen Coffeins ist sicherlich abhangig von einer ausreichenden Versorgung mit Methylgruppen. Die gleichzeitige Bestimmung von Trigonellin und Coffein konnte somit Rtickschltisse tiber eine mogliche Funktion von Trigonellin als Methyldonator flir die Coffeinsynthese gestatten.

III. Werden Blatter oder junge Pflanzen mit Trigonellin geftittert, wird also der Trigonellingehalt der Blatter erhOht, dann konnte eine Verschiebung des Gleichgewichts der Methylierungsreaktion erwartet werden. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse einiger Versuche in dieser Richtung. Unter den gewahlten Versuchsbedingungen wird zusatzlich eingeflihrtes Trigonellin zusammen mit dem anfanglich vorhandenen innerhalb einer Fehlergrenze von 4 %wieder gefunden. Obwohl schon diese Versuche gegen eine Beteiligung des Trigonellins am Stoffwechsel sprechen, besteht doch anderseits noch die Moglichkeit, dal3 die Konstanz der Trigonellinkonzentration durch ein stationares Gleichgewicht bedingt ist. Zwischen den beiden Moglichkeiten kann nur mit Hilfe markierter Substanz entschieden werden. Wir haben zu diesem Zweck Trigonellin-N-methyP4C hergestellt und flir die Ftitterungsversuche verwendet. Gleichgtiltig ob die TrigoneIIinltisung durch Infiltration in Blattscheiben oder tiber die Zunge der Mittelrippe von Blattern geftitt.ert wurde, konnte in jedem Fall die gesamte Aktivitat des zugeflihrten Trigonellins nach Versuchsende wieder im isolierten Trigonellin gefunden werden (Tabelle 2). 11*

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H.

WANNER,

H.

KENDE

und P.

FAIIRNI

Tabelle 1 Infiltration von Trigonellin in Blattscheiben und Bestimmung des Tri. gonellingehaltes in den infiltrierten Blattscheiben. Versuchsanordnung: Versuch 8: Je 4 Scheib chen von 16 mm Durchmesser, aufbewahrt im Dunkeln, in wasserdampfgesattigter Atmosphare bei 20° C. Versuchsabbruch nach 24 Stunden. Versuch 12: Je 8 Scheib chen von 16 mm Durchmesser, aufbewahrt unter Belichtung, in wasserdampfgesattigter Atmosphare bei 20° C. Versuchsabbruch nach 48 Stunden. Trigonellingehalt bezogen auf Anzahl Scheibchen. Blattpaar 1 ist das jiingste Paar.

Scheibchen aus Blattpaar

Versuch

8

12

i

Total

I

I

1 2 3 4 1 2

a

b

Trigonellingehalt in Kontrollscheib chen

Infiltriertes Trigonellin

mg

mg

c Trigonellingehalt in infiltrierten Scheibchen am Ende des Versuches mg

0,48 0,35 0,41 0,33 0,56 0,49

0,90 0,90 1,00 1,00 0,48 0,42

1,37 1,40 1,38 1,30 1,06 0,93

0,47 0,50 0,38 0,30 0,58 0,51

2,62

4,70

7,44

2,74

Differenz aus c-b mg

Tabelle 2 Die absoluten Impulszahlen des infiltrierten, beziehungsweise gefiitterten und zuriickgewonnenen Trigonellins. Versuchsanordnung: Versuch 12: Siehe Tabelle l. Versuch 14: Ganze Kaffeepflanze gefiittert durch die Mittelrippe eines Blattes. Pflanze belichtet in Raum mit 70 % Luftfeuchtigkeit bei 20° C. Versuchsabbruch nach 48 Stunden. Versuch 17: Ganze Kaffeepflanze gefiittert durch die Mittelrippe eines Blattes. Pflanze bei 12stiindigem Tages- und Nachtrhythmus in Raum mit 70% Luftfeuchtigkeit 20° C. Versuchsabbruch nach 96 Stunden. Infiltrierte bzw. gefiitterte Trigonellinmenge Versuch

12 14 17

mg

Impulse pro Minute

0,90 1,08 0,82

505000 599000 459000

I

Riickgewonnene Trigonellinmenge Impulse pro Minute 494300 617840 545800

mg 0,88 1,11 0,81

In Versuch 12 enthielt die Infiltrationsfll).ssigkeit neben Trigonellin noch Hypoxanthin als moglichen Methyl-Acceptor. Das isolierte Coffein war auch in diesem Fall vOllig frei von Radioaktivitat.

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Damit diirfte bewiesen sein, daB unter den gegebenen Versuchsbedingungen das Trigonellin in den Blattem der Kaffeepflanze weder als Methyldonator wirkt, noch iiberhaupt chemisch verandert wird. In einer weiteren Mitteilung werden wir auf die Ursache der Abnahme des TrigonellingehaItes der Blatter mit zunehmendem Alter eingehen.

Experimentelles Die Versuche wurden mit Pflanzen von Coftea arabica, Sorte Bourbon, durchgefiihrt, welche im Gewachshaus aufgezogen wurden. Die Samen erhielten wir freundlicherweise von Ing. Agr. E. B. GERMECK vom Instituto Agronomico Sao Paulo in Campinas, Brasil. Die Fiitterung der Blatter mit der Versuchsliisung geschah in folgender Weise: a) Uber eine Zunge, die aus der Mittelrippe eines Blattes geschnitten und in die Liisung eingetaucht wurde. b) Durch Vakuum- Infiltration von Gewebsscheiben (16 mm 0), die symmetrisch aus den Blattern ausgestanzt wurde. Die Scheiben eines Blattpaares Mittelrippe zur wurden so auf 4 Portionen verteilt, daB die Unterschiede im Trigonellin- und Coffeingehalt innerhalb der einzelnen Blatter ausgeglichen wurden. Die 4 Portionen wurden teils als Kontrolle, teils als Versuchsobjekte verwendet. Die Blatter bzw. Blattscheiben extrahierten wir nach der von L. F. KOGAN u. a. (1953) ausgearbeiteten und von K. PAECR und M. V. TRACY (1955) angegebenen Methode. Die Extrakte wurden chromatographie rt, das Trigonellin bzw. das Coffein eluiert und quantitativ auf spektrophotomet rischem Wege bestimmt. Trigonellin-N-m ethyP4C wurde in folgender Weise synthetisiert: Eine benzolische Liisung von 4 mM Nicotinsauremet hylester und 2 mM radioaktives Methyljodid hat man in einem unter Hochvakuum abgeschmolzenen Bombenriihrchen unter LichtausschluB 24 Stunden auf 55° erwarmt. Nach dem Abkiihlen wurde das auskristallisierte Jodmethylat abgetrennt und sorgfaltig mit Benzol gewaschen. Das in wenig Wasser geliiste Jodmethylat wurde nun mit einem dreifachen UberschuB von frisch bereitetem Silberhydroxyd 20-24 Stun den bei 20° mit dem Vibrator verriihrt. AnschlieBend iiber wenig gereinigtem Hyflo klar filtriert, das Filtrat bei 30° im Vakuum eingedampft und der Riickstand aus Alkohol unter Zusatz von wenig Ather zweimal (unter Nachwaschen mit wenig inaktivem Material) umkristallisiert. Ausbeute nahezu quantitativ. Das erhaltene Trigonellin-N-m ethyP4C wurde im Hochvakuum bei 90° getrocknet. Spez. Aktivitat 3 mc/mmol.

Der Schweizer Kommission fUr Atomwissenschaft danken wir fiir die Bereitstellung materieller Hilfsmittel, femer Frau STAMPFLI und Fraulein BESSON fUr die AusfUhrung der Analysen.

Literatur CIUSA, W., 1948. La trigonellina e la trigonellinamide non si comportano "in vivo" come sostanze donatrici di metili. Acta vitaminologica 1,1-5. - KOGAN, L. F., DI CARLO, F. J., and MAYNARD, W. E., 1953. Determination of Caffeine and Trigonelline

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H. WANNER, H. KENDE und P. FAHRNI, tiber die Bedeutung usw.

in Coffee by Paper Chromatography. Anal. Chern. 25, 1118-1120. - KUHNAU, J., 1942. Zur Kenntnis des Trigonellins und seiner Beziehungen zum Pellagravitamin. Vitamine und Hormone 3, 74-88. - PAECH, K., U. TRACY, M. V., 1955. Moderne Methoden der Pflanzenanalyse Bd. IV, 301-302. Springer Verlag, Berlin-GottingenHeidelberg. - SNELL, E. E., and WRIGHT, L. D., 1941. A microbiological method for determination of nicotinic acid. J. BioI. Chern. 138, 675-686. - WILLIAMS, W. L., 1946. Yeast microbiological method for determination of nicotinic acid. J. BioI. Chern. 166, 397-406. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. H. WANNER, Zurich, Institut flir Allgemeine Botanik der Universitat.

Verantwortlich fiir die Redaktion: Prof. Dr. K. Mothes, Halle/Saale; liir den Anzeigenteil: DEWAG· Werbung, Filiale Leipzig, Leipzig C 1, Friedrich·Ebert-Stra1le 110, Rul 7851; zur Zeit gilt Anzeigen· Preisliste Nr. 3. Verlag VEB Gustav Fischer Verlag Jena, Villengang 2. Rul: 4141, 4142. Satz und Druck: Druckerei "Magnus Poser" Jena. Printed in Germany. Lizenznummer ZLN 5092;