Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten

Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten

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G Model

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ZEFQ-10379; No. of Pages 13

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) xxx (2019) xxx–xxx

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) journal homepage: http://www.elsevier.com/locate/zefq

Versorgungsforschung / Health Services Research

Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten Internal diagnostic validation of patients with a chronic wound - possibilities of identification on the basis of routine data Kristina Hagenström a,∗ , Matthias Augustin a , Ingrid Köster b , Kerstin Protz a , Jana Petersen a , Jochen Schmitt c , Ingrid Schubert b a Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Martinistr. 52, 20246 Hamburg, Deutschland b PMV forschungsgruppe an der Medizinischen Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Herderstraße 52, 50931 Köln, Deutschland c Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Fiedlerstraße 27, 01307 Dresden, Deutschland

a r t i k e l

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Artikel-Historie: Eingegangen: 17. September 2018 Revision eingegangen: 27. November 2018 Akzeptiert: 11. Februar 2019 Online gestellt: xxx

Schlüsselwörter: Routinedaten Diagnosevalidierung chronische Wunden Versorgungsforschung

z u s a m m e n f a s s u n g Hintergrund: Bislang liegen noch wenig versorgungsepidemiologische Daten zu Patienten mit chronischen Wunden (Ulcus cruris, diabetisches Fußulkus, Dekubitus) vor. Daten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden zunehmend für versorgungswissenschaftliche Fragestellungen herangezogen. Bei der Nutzung dieser primär für Abrechnungszwecke erhobenen Daten ist das methodische Vorgehen zur Falldefinition transparent darzulegen. Hierbei ist zu prüfen, ob die Zielgruppe mittels der kodierten Diagnosen und ggf. weiteren Informationen aus den Routinedaten valide definiert werden kann. Ziel dieses Beitrags ist daher, zum einen Kriterien zu entwickeln, mit deren Hilfe Patienten mit einer floriden (aktiven) chronischen Wunde in Routinedaten sicher bzw. als fraglich Erkrankte identifiziert werden können und zum anderen hierzu die entsprechenden Häufigkeitsschätzungen zu ermitteln. Methoden: Zunächst wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, um versorgungsrelevante Parameter bei Patienten mit einer chronischen Wunde zu identifizieren. Im nächsten Schritt wurden diese in einem mehrstufigen Konsentierungsverfahren hinsichtlich der Spezifität für die Wundversorgung, in spezifische, weniger spezifische und unspezifische Kriterien eingeteilt (Augenscheinvalidität). Darauf beruhend erfolgen drei verschiedene Falldefinitionen zur Identifizierung von floriden chronischen Wunden. Auf der Basis einer Versichertenstichprobe wurden Häufigkeitsschätzungen für verschiedenen Falldefinitionen vorgenommen (sichere und fragliche Fälle). Ergebnisse: Von den 21 in der Literatur identifizierten versorgungsrelevanten Parametern wurden acht Parameter als spezifische, sechs als weniger spezifische und acht als unspezifische Kriterien für die Identifizierung von Patienten mit floriden chronischen Wunden eingestuft. Bei alleiniger Heranziehung von Diagnosekodierungen für die Zielerkrankungen zeigt sich für das Beobachtungsjahr 2010 eine administrative Prävalenz chronischer Wunden von 1,13%. Erfolgt die Falldefinition unter Heranziehung der weniger spezifischen und/oder spezifischen Kriterien, sinkt die Prävalenz auf 0,79%; zieht man nur spezifische Kriterien heran, sinkt sie nur unwesentlich auf 0,78%. Diese Veränderungen zeigten sich beim Ulcus cruris und dem diabetischen Fußulkus, nicht jedoch beim Dekubitus. Hier zeigt sich bei alleiniger Betrachtung der Diagnosen die geringste administrative Prävalenz (0,18%), diese steigt jedoch etwas bei der Berücksichtigung wundrelevanter Behandlungen (spezifischer und weniger spezifischer Kriterien: 0,25%).

∗ Korrespondenzadresse: Dr. P.H. Kristina Hagenström, M.Sc., Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Martinistraße 52, 20246 Hamburg, Germany. Tel.: +49 (0) 40 7410 59513; Fax: +49 (0) 40 7410 40160. E-mail: [email protected] (K. Hagenström). https://doi.org/10.1016/j.zefq.2019.02.004 1865-9217/

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Schlussfolgerungen: Es ist möglich, anhand von wundrelevanten Behandlungen mittels Routinedaten Patienten mit einer floriden chronischen Wunde zu definieren und Schätzungen zur administrativen Prävalenz durchzuführen. Je nach Fragestellung lassen sich die Kriterien zur Falldefinition enger oder weiter fassen. Der Vergleich gibt Hinweise auf die interne Validität der Diagnosekodierung. Jedoch bedarf es weiterer Studien zur Überprüfung der externen Validität.

a r t i c l e

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Received: 17. September 2018 Received in revised form: 27. November 2018 Accepted: 11. Februar 2019 Available online: xxx

Keywords: administrative data diagnostic validation chronic wounds healthcare research

a b s t r a c t Objective: There are still few epidemiological data on patients with chronic wounds (leg ulcers, diabetic foot ulcers and pressure ulcers). Statutory health insurance (SHI) data is increasingly being used for questions relating to healthcare science. When using this data, which is primarily collected for billing purposes, the methodological procedure for defining cases must be presented transparently. Here, it must be checked whether the target group can be validly defined using the coded diagnoses and, if necessary, further information from routine data. Therefore, the aim of this contribution is, on the one hand, to develop criteria with the help of which patients with a florid (active) chronic wound can be identified safely or as doubtful cases in routine data and, on the other hand, to determine the corresponding frequency estimates. Methods: Initially, a literature research was carried out to identify parameters relevant to care in patients with chronic wounds. In the next step, these were divided into specific, less specific and non-specific criteria (visual validity) in a multi-stage consensus procedure with regard to the specificity for wound care. On this basis, three different case definitions are used to identify florid chronic wounds. Based on a SHI sample of insured persons, frequency estimates were made for various case definitions (safe and questionable cases). Results: Of the 21 parameters identified in the literature, eight were classified as specific, six as less specific and eight as non-specific criteria for the identification of patients with chronic florid wounds. Using diagnostic coding alone for the target diseases, an administrative prevalence of chronic wounds of 1.13% was observed for the year 2010. If a case is defined using the less specific and/or the specific criteria, prevalence drops to 0.79%; if only the specific criteria are used, prevalence drops only marginally to 0.78%. These changes were observed in patients with leg ulcers and diabetic foot ulcers, but not in patients with pressure ulcers. Here, the lowest administrative prevalence (0.18%) can be seen when only looking at the diagnoses, but this increases slightly when taking wound-relevant treatments into account (specific and less specific criteria: 0.25%). Conclusion: It is possible to define patients with a chronic florid wound on the basis of wound-relevant treatments using SHI data and to make estimates of administrative prevalence. Depending on the question, the criteria for defining cases can be narrowed down or broadened. The comparison provides information on the internal validity of diagnostic coding. However, further studies are needed to verify external validity.

Hintergrund Eine Wunde wird laut Definition als chronisch bezeichnet, wenn diese nicht innerhalb von acht Wochen abheilt oder eine durchgehende Behandlung der Grunderkrankung erforderlich ist [1]. Zu den chronischen Wunden gehören per se das Ulcus cruris (venosum, arteriosum oder mixtum), der Dekubitus (Druckgeschwür) und das diabetische Fußulkus. Ursächlich für ein Ulcus cruris und diabetisches Fußulkus sind chronische Gefäßkrankheiten bzw. Diabetes. Die Risikofaktoren für Dekubitus sind u. a. Auflagedruck und Druckverweildauer. Patienten mit einer chronischen Wunde haben einen hohen pflegerischen und medizinischen Versorgungsbedarf. Ihre Krankheitshistorie ist nicht selten geprägt durch jahrelange Wundverläufe sowie zahlreiche Rezidive und die damit verbundenen ausgeprägten Einschränkungen der Lebensqualität [3,4]. Chronische Wunden sind zudem mit hohen Krankheitskosten verbunden [5–7] und die Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden gilt bislang als unzureichend [8–13]. Schätzungen zur Prävalenz und Inzidenz chronischer Wunden in Deutschland divergieren je nach Ätiologie, Beobachtungsjahr, Land und Studiendesign. Zur besseren Versorgungsplanung und für einen zielgerichteten Einsatz vorhandener Ressourcen des deutschen Gesundheitssystems bedarf es neben epidemiologischer auch versorgungswissenschaftlicher Daten. Mithilfe von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) können Morbiditätsschätzungen, Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen,

Versorgungsmuster, Versorgungsqualität, Ressourcenverbrauch sowie Kosten analysiert und beschrieben werden [14,15]. Neben der zahlenmäßigen Bedeutung dieser Daten - 89% der deutschen Bevölkerung sind im Jahr 2018 gesetzlich krankenversichert [16] - liegt des Weiteren der wissenschaftliche Mehrwert im Populationsbezug sowie der sektorenübergreifenden und längsschnittlichen Verfügbarkeit der Daten. Die weiteren Vorteile der GKV-Routinedaten sind das Fehlen eines Recall- oder Selektionsbias. Da die GKV-Daten primär zu Abrechnungszwecken erhoben und im Rahmen von Sekundärdatenanalysen für Fragestellungen genutzt werden, für die sie primär nicht erhoben wurden, ist neben der Analyse auf Vollständigkeit und Plausibilität die Überprüfung der Validität der Angaben von hoher Bedeutung [15,17–19]. Zur Identifizierung von Versicherten mit einer chronischen Wunde auf Basis von GKV-Routinedaten bedarf es daher zunächst einer Prüfung der Validität der Diagnosen. Hierbei sollen sicher Erkrankte von fraglich Erkrankten – bzw. im Kontext chronischer Wunden: Versicherte mit einer floriden (aktiven) Wunde von Versicherten mit einer bereits abgeheilten Wunde (zurückliegendes Ereignis) — unterschieden werden. Bisherige epidemiologische Analysen auf Basis von GKV-Routinedaten berücksichtigten dies nicht [20] oder fokussierten nur auf eine Indikation und berücksichtigten darüber hinaus nur wenige wundrelevante Behandlungsmaßnahmen [21]. Somit untersuchen diese beiden Arbeiten unterschiedliche Ansätze zur Identifizierung chronischer Wunden (Diagnosevalidierung) und zeigten, je nach

Please cite this article in press as: Hagenström K, et al. Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2019), https://doi.org/10.1016/j.zefq.2019.02.004

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Ziehungsbzw. Identifizierungsalgorithmus, differierende geschätzte administrative Erkrankungshäufigkeiten chronischer Wunden [20,21]. Internationale Arbeiten sind aufgrund anderer Gesundheits- und Codiersysteme nicht übertragbar und fokussierten ebenfalls nicht auf die Identifizierung florider chronischer Wunden [22–24]. Ziel des Beitrages ist es daher, für Analysen auf GKV-Daten eine Empfehlung zur Identifizierung von Versicherten mit floriden chronischen Wunden anhand ausgewählter Kriterien zu geben (internes Validierungskonzept). Hierbei sollen in einem ersten Schritt Kriterien beruhend auf Informationen zur Wundbehandlung im Konsensusverfahren entwickelt und in einem zweiten Schritt unterschiedliche Falldefinition auf GKV-Daten übertragen und administrative Prävalenzen ermittelt werden. Dies soll zu einer Unterscheidung zwischen Patienten mit Hinweis auf das Vorliegen einer bereits abgeheilten chronischen Wunde (zurückliegendes Ereignis) und einer floriden chronischen Wunde führen. Material und Methoden Literaturrecherche zur Identifizierung versorgungsrelevanter Parameter Um Versicherte mit einer floriden chronischen Wunde möglichst valide (als ,,sichere‘‘ Fälle) zu identifizieren, können neben der Verschlüsselung der Diagnose weitere versorgungsrelevante Informationen über die Erkrankung aus den GKV-Daten berücksichtigt werden. Hierfür wurden Leitlinien, klinische Qualitätsindikatoren zur Versorgung von Patienten mit einer chronischen Wunde sowie diagnostische Standards gesichtet [8,25–31]. Recherchiert wurde in der Literaturdatenbank PubMed/Medline und zur vollständigen Identifizierung von Leitlinien manuell via Google. Für die Bereiche Leitlinien, Qualitätsindikatoren (diagnostische als auch therapeutische Kriterien) sowie diagnostische Standards nach Wundätiologie wurde eine eigenständige Recherche vorgenommen. Weitere Informationen zu den vorab definierten Einschlusskriterien und den jeweiligen Suchstrategien sind von der Erstautorin erhältlich. Konsentierungsverfahren Identifizierung von erkrankungsspezifischen Maßnahmen (Augenscheinvalidität) In einem Team von 11 Wissenschaftlern und Wundspezialisten (Pflegepersonal und Ärzten) wurden die aus der Literatur identifizierten erkrankungsspezifischen Maßnahmen der Wundversorgung in einem mehrstufigen Konsentierungsverfahren hinsichtlich ihrer Spezifität bewertet. Es erfolgte eine Unterteilung in spezifische, weniger spezifische und unspezifische Maßnahmen und damit in Kriterien zur Unterscheidung der Patientengruppen (Augenscheinvalidität). Als spezifisch wurden versorgungsrelevante Maßnahmen eingruppiert, die nur bei einer floriden Wunde Anwendung finden (rein wundspezifische Behandlung/Leistung) (z. B. Wundreinigung). Als weniger spezifisch wurden Maßnahmen bewertet, wenn diese u. a. auch zur Behandlung der Grunderkrankung Anwendung finden und somit kein ausreichendes Kriterium für eine Wundversorgung sind (z. B. Druckentlastung und druckverteilende Maßnahmen). Diese versorgungsrelevanten Maßnahmen deuten daher nur möglicherweise auf eine floride chronische Wunde hin. Unter unspezifisch wurden Maßnahmen subsummiert, die nicht wundrelevant sind und somit auch bei anderen Erkrankungen Anwendung finden (z. B. Allergiediagnostik). Bei der Bewertung der Spezifität handelt es sich somit nicht um ein diagnostisches Testverfahren, sondern lediglich um die Einteilung der erkrankungsspezifischen Information bzw. Leistung hinsichtlich ihrer Spezifität für eine akute Wundversorgung.

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Identifizierung von Verbandmitteln In der Datenbank der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) sind umfassende Informationen zu allen auf dem deutschen Markt befindenden Arzneimitteln und Medizinprodukten enthalten. Dabei können Verbandmittel per VDB-Schlüssel (Verbandstoffdatenbank) identifiziert werden. Über diesen Schlüssel sind ca. 27.000 Produkte als Verbandmittel oder Pflaster (VDB-Gruppe 35) definiert (Stand 2016). Nach Prüfung der VDB-Gruppe 35, der ABDA-Warengruppen AD09 (medizinische Verbände = ATC D09) und BA01 (Verbandstoffe) ist die Identifizierung von Verbandmitteln nur eingeschränkt möglich, da a) wundrelevante Verbandmittel nicht gruppiert sind, b) gruppierte Verbandmittel falsch klassifiziert wurden oder c) gruppierte Verbandmittel nicht wundrelevant sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Identifizierung von Verbandmitteln über die VDB-Gruppe 35 für die Ermittlung wundrelevanter Verbandmittel nicht geeignet. Auch die Identifizierung von Verbandmitteln per Anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem (ATC-Code) wird als nicht adäquat eingestuft, da die Mehrheit der Wundauflagen keinen ATC-Code besitzen. Für eine valide Identifizierung von wundrelevanten Verbandmitteln wurde daher folgende Herangehensweise entwickelt: In einem mehrstufigen Konsentierungsverfahren, bestehend aus einem weiteren Team von Wundspezialisten (5 Ärzte, Pflegende und Apotheker) wurden die Verbandmittel definiert, die als eindeutiger Marker zur Identifizierung einer floriden Wunde dienen. Dabei wurden Produkte ausgeschlossen, die keine eindeutigen Marker einer Wundbehandlung sind. Im ersten Schritt wurden die Verbandmittel in Oberund Untergruppen klassifiziert und im weiteren Schritt wurden diese mit Hersteller- und Handelsnamen (Mithilfe der LauerFischer) gelistet. Zur Überprüfung der Vollständigkeit fand eine händischen Prüfung bzw. Sichtung der ABDA-Warengruppen AD09 (medizinische Verbände = ATC D09), BA01 (Verbandstoffe) und VDB-Gruppe 35 statt. Anschließend wurden über den Handelsund Herstellernamen die Verbandmittel mit der jeweiligen Pharmazentralnummer (PZN) in der ABDA-Datenbank identifiziert und extrahiert. Reimporte der Originalprodukte wurden zusätzlich über den identischen Produktnamen gezogen. Die Aufbereitung und Entscheidungsfindung beider Konsentierungsverfahren erfolgte unabhängig und stufenweise. Zunächst erfolgte eine Bewertung der Teilnehmer selbst a priori und unabhängig voneinander, anschließend wurden die einzelnen Bewertungen bei Präsenssitzungen mit Hilfe eines Moderators vorgestellt, diskutiert und mehrheitlich konsentiert (Präsenssitzung zur Augenscheinvalidität am 09.02.2018 und zur Identifizierung von Verbandmitteln am 15.04.2016 und 09.08.2016).

Anwendung der Kriterien zur Falldefinition Datenbasis Zur Ermittlung von sicheren und fraglichen Fällen mit einer floriden chronische Wunde wurde eine zufällige 40%-ige Stichprobe aus ca. 5,8 Millionen Versicherten der DAK-Gesundheit (DAK-G) für das Jahr 2010 herangezogen (zum Zählungsstichtag 31.12.2010 – Gesamtkollektiv: alle Versicherte inkl. Familienversicherte; N = 2.319.584; 61% Frauen, Durchschnittsalter 47,4 Jahre). Diese Versichertenstichprobe wurde seitens der DAK-G pseudonymisiert und dem Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) für wissenschaftliche Fragestellungen nach Abschluss eines entsprechenden Forschungsvertrages auf Basis des Sozialgesetzbuches (SGB) und des Bundesschutzgesetzes (BDSG) zur Verfügung gestellt. Neben den Stammdaten der Versicherten wurden ambulante sowie stationäre Versorgungsdaten, Arzneimittel- und Hilfsmitteldaten analysiert. Die herangezogene Grundgesamtheit wird im Vergleich zu anderen querschnittlichen

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Populationsselektionen als guter Kompromiss für Prävalenz- und Inzidenzschätzungen empfohlen [32].

Als spezifisch eingestufte Kriterien Kausaltherapie

Falldefinition zur Bestimmung florider Fälle Es wurden insgesamt drei Falldefinitionen festgelegt. Patienten mit Ulcus cruris wurden hierbei über die ICD-10-GM-Codes I70.23, I70.24, I83.0, I83.2, I87.0 sowie über L97.- und L98.4 aufgegriffen. Patienten mit diabetischem Fußsyndrom wurden über E10 bis E14 jeweils mit dem Endsteller .74 und .75. identifiziert (Appendix Tabelle A1). Für Patienten mit Dekubitus wurden die Diagnosen L89.1 bis L89.3 sowie L89.9 herangezogen. Folgende Falldefinitionen wurden, je nach Ätiologie, berücksichtigt (siehe Tabelle 1): - Falldefinition 1: ≥1 stationäre Hauptentlassungsdiagnose und/oder ≥2 ambulant gesicherte Diagnose in mindestens zwei von vier Quartalen. In Bezug auf floride Wunden werden hierbei unsichere Fälle generiert. - Falldefinition 2: ≥1 stationäre Hauptentlassungsdiagnose und/oder ≥1 ambulant gesicherte Diagnose und ≥1 weniger spezifisch und/oder ≥1 spezifisch eingestuftes Kriterium. Diese Falldefinition führt zu fraglichen Fällen. - Falldefinition 3: ≥1 stationäre Hauptentlassungsdiagnose und/oder ≥1 ambulant gesicherte Diagnose und ≥1 spezifisches Kriterium. Diese Falldefinition identifiziert sichere Fälle. Bei den Diagnosen wurden ambulant nur die gesicherten und im Krankenhaus die Hauptentlassungsdiagnosen berücksichtigt, da diese die größte Validität aufweisen [33]. Zudem wurden die Diagnosecodes des Ulcus cruris, die anderenorts nicht klassifiziert sind (Ulcus cruris nicht näher bezeichnet) recodiert, wenn ein anderer Ulcus-Diagnoseschlüssel (arteriosum oder venosum) pro Versicherten innerhalb des Beobachtungsjahres vorlag. Darüber hinaus liegt bis heute keine Verschlüsselung eines Ulcus cruris mixtum nach ICD-10 GM vor. Um ein Ulcus cruris mixtum oder eine gemischte arterio-venöse Ulzeration am Unterschenkel handelt es sich, wenn bei einer Wunde am Unterschenkel beide kausal relevanten Grunderkrankungen, wie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und eine chronisch venöse Insuffizienz, vorliegen. Daher wurde zusätzlich ein Ulcus cruris mixtum klassifiziert, wenn beide Ulcus-Diagnoseschlüssel (arteriosum und venosum) pro Versicherten innerhalb des Beobachtungsjahres vorlagen. Statistik Die administrativen Schätzungen der Periodenprävalenzen (Jahresprävalenz) wurden entsprechend der jeweiligen Falldefinition mit ihren jeweiligen 95%igen-Konfidenzintervallen (KI) für das Beobachtungsjahr 2010 angegeben. Versicherte, die die jeweilige Falldefinition erfüllen, stellen für die Prävalenzschätzung den Zähler dar. Der Nenner wird gebildet aus allen Versicherten der Stichprobe. Zudem wurden die Prävalenzschätzungen nach Alter und Geschlecht auf die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland nach Destatis zum 31.12.2012 standardisiert (direkte Standardisierung). Die Analysen erfolgten mit SAS Version 9.4 deutsch (SAS Institute, Cary, North Carolina 27513-2414, USA). Ergebnisse A Konsentierung der wundspezifischen Kriterien Von den insgesamt 21 identifizierten versorgungsrelevanten Parametern wurden acht Parameter als spezifisch, sechs als weniger spezifisch und acht als unspezifische Kriterien eingestuft (Tabelle 2). Die als unspezifisch eingestuften Kriterien werden im Folgenden nicht ausführlicher beschrieben.

Kompressionstherapie: Eine der Säulen der kausalen Behandlung des Ulcus cruris venosum ist die Kompressionstherapie [9,10,27,34]. Die Unterlassung der Kompressionstherapie bei einem Menschen mit Ulcus cruris venosum stellt dementsprechend – von wenigen Kontraindikationen abgesehen (kritische Ischämie oder eine dekompensierte Herzinsuffizienz) – einen Behandlungsfehler und somit eine Fehl- bzw. Unterversorgung dieser Patienten dar [9,10,27]. Die Kompressionstherapie wurde, je nach System, sowohl den sicheren als auch den weniger spezifischen Maßnahmen zugeordnet. Folgende Kompressionsbehandlungen wurden als sicheres Identifizierungskriterium bewertet, da diese ausschließlich zur Behandlung des Ulcus cruris eingesetzt werden: Mehrkomponentensysteme, adaptive Kompressionsbandagen, zweiteiliges Kompressions-Kit mit Klettfixierungen (Abgaben über die PZN) und Ulkus-Strumpfsysteme (medizinische Kompressionswadenstrümpfe zur Ulcus-cruris-Behandlung, Hilfsmittelverzeichnis (Positionsnummer 170608)) [35]. Darüber hinaus kann die Kompressionstherapie als ambulante Leistung abgerechnet werden (GOP: 02313 Kompressionstherapie). Lokaltherapie Verbandmittel: Zur notwendigen Lokaltherapie chronischer Wunden zählen die Verbandmittel. Verbandmittel, die bei chronischen Wunden zum Einsatz kommen, sollen die Wunde vor dem Eindringen von Keimen schützen und u. a. überschüssiges Wundexsudat aufnehmen sowie ein feuchtes Mikroklima im Wundbereich aufrechterhalten. Zudem können einige Produkte unterstützende Substanzen wie Silber, Aktivkohle, Hämoglobin, Wachstumsfaktoren oder Kollagen enthalten, die neben der Aufrechterhaltung eines feuchten Wundmilieus eine Rolle im Heilungsprozess spielen bzw. ihn initiieren [36]. Daneben gibt es noch weitere Verbandmittel, die ein Verkleben mit dem Wundgrund verhindern sollen oder Träger von Arzneimitteln sind. Eine Verordnung bzw. Abgabe eines Verbandmittels wurde als eindeutiger Marker zur Identifizierung einer Wunde bewertet, da jede Wunde mit einem Verbandmittel versorgt wird und die Verbandmittel ausschließlich zur Versorgung einer Wunde Anwendung finden. Jedoch wurden Produkte ausgeschlossen, die keine eindeutigen Marker einer Wundbehandlung sind. Dazu gehören beispielsweise Hautschutzpräparate, da diese auch zur Pflege der parastomalen Haut und nicht ausschließlich zum Schutz von Wundrand und -umgebung eingesetzt werden (unspezifisches Kriterium). Lokale Unterdrucktherapie/Vakuumbehandlung: Zu den apparativen Verfahren gehört die Vakuumtherapie (Negative Pressure Wound Therapy, NPWT), welche durch einen Unterdruck vorhandenes Wundsekret und Blut absaugt. Da es sich bei dieser Behandlung um eine wundspezifische Therapie handelt, wurde diese als ein weiteres spezifisches Kriterium bewertet (Appendix Tabelle A2). Wundreinigung: Zur Unterstützung der Wundheilung ist eine Wundreinigung erforderlich. Bei einem Wunddébridement werden, ggf. unter Zuhilfenahme von Wundspüllösungen, abgestorbenes (avitales) Gewebe und die Wundheilung behinderndes Gewebe, wie Nekrosen, Beläge, Biofilm, Abfallstoffe, Verband-rückstände und Fremdkörper entfernt bzw. abgetragen. Die Durchführung eines Wunddébridements wird, wenn notwendig, bei allen Wunden regelmäßig empfohlen, bis die Wunde vollständig sauber und in einem stabilen Heilungsprozess ist. Zudem sind Kontraindikationen für bestimmte Débridementverfahren sowie bei Bedarf eine individuell angepasste systemische Schmerztherapie zu berücksichtigen [36]. Das Wunddébridement wurde als spezifischer Identifizierungsmarker eingestuft, da diese Behandlung

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Tabelle 1 Untersuchte Falldefinitionen zur Identifizierung von Versicherten mit einer floriden chronischen Wunde. Falldefinition 1

Diagnose

Lokaltherapie

Kausaltherapie

Leistung

(≥ 1 x stationäre Hauptentlassungsdiagnose ICD-10 GM UND/ODER ≥ 2 x ambulant (,,gesicherte‘‘) Diagnose ICD-10 GM in mindestens zwei von vier Quartalen ≥ 1 x ambulante (,,gesicherte‘‘) Diagnose ICD-10 GM) UND (≥ 1 x wundrelevante Verordnung (PZN) UND/ODER ≥ 1 x Lokale Unterdrucktherapie (OPS) UND/ODER ≥ 1 x Wundreinigung (GOP/OPS)* UND/ODER ≥ 1 x Wundspülung konserviert (PZN/OPS) UND/ODER ≥ 1 x Hauttransplantation (OPS) UND/ODER ≥ 1 x wundrelevante Kompressionstherapie (PZN, Hilfsmittel GOP)** UND/ODER ≥ 1 x Druckentlastung (Hilfsmittel) UND/ODER ≥ 1 x Druckverteilende Maßnahmen (Hilfsmittel) UND/ODER ≥ 1 x Wundbehandlung (GOP)* UND/ODER ≥ 1 x Wundverbände anlegen (OPS))*

Falldefinition 2

Falldefinition 3

Ulcus cruris

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

Ulcus cruris

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

Ulcus cruris

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

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Siehe Appendix Tabelle A2 Spezifisch eingestufte Kriterium: Mehrkomponentensysteme, adaptive Kompressionsbandagen, zweiteiliges Kompressions-Kit mit Klettfixierungen (Abgaben über die PZN) und Ulkus-Stumpfsysteme (medizinische Kompressionswadenstrümpfe zur Ulcus-cruris-Behandlung, Hilfsmittelverzeichnis) sowie ambulante Kompressionsbehandlung (GOP); Als weniger spezifisch eingestuftes Kriterium: Kurzzugbinden, Polstermaterialien (PZN) sowie medizinische Kompressionsstrümpfe (vierstellige Hilfsmittelpositionsnummer 1706).

**

regelhaft angewendet werden soll und es sich um eine reine Wundbehandlung handelt (Appendix Tabelle A2).

(GOP 30401 oder vierstellige Hilfsmittelpositionsnummer 1706) wird auch zur Ödembehandlung und somit bei Menschen ohne Wunden empfohlen.

Wundspezifische Leistungen Die in Tabelle A2 (Appendix) dargestellten wundrelevanten stationären oder ambulanten Leistungen können zudem über die GKV-Routinedaten verschlüsselt sein und auf eine floride Wunde deuten, da es sich um eine wundspezifische Leistungen handelt (siehe Wundbehandlung, Wundverbände anlegen).

Druckentlastung und druckverteilende Maßnahmen: Die Versorgung von Patienten mit einem diabetischen Fußulkus umfasst, neben der Einstellung der Stoffwechselsituation, die absolute Druckentlastung des betroffenen Fußes in Form einer individuell angepassten orthopädischen Schuhversorgung (Produktgruppe 31 des Hilfsmittelverzeichnisses). Diese spezialisierte Versorgung mit Verbandschuhen wird bei Wunden, aber auch bei Betroffenen mit Ödemen und Fußverformungen, angewendet. Zu den Hilfsmitteln gegen Dekubitus gehören druckverteilende Maßnahmen (Produktgruppe 11 ,,Hilfsmittel gegen Dekubitus‘‘ und 20 ,,Lagerungshilfen‘‘ des Hilfsmittelverzeichnisses).

Als weniger spezifisch eingestufte Kriterien Die folgenden Behandlungen (sechs von insgesamt 21 versorgungsrelevanten Behandlungen/Leistungen) wurden als weniger spezifische Kriterien eingestuft, da diese auch zur Behandlung der Grunderkrankung Anwendung finden und somit kein ausreichender Indikator für eine Wundversorgung sind. Kausaltherapie Kompressionstherapie: Produkte wie Kurzzugbinden, Polstermaterialien (PZN) sowie medizinische Kompressionsstrümpfe (Hilfsmittelpositionsnummer 1706) wurden als wenig spezifisch eingestuft, da diese auch zur Prävention dauerhaft getragen werden können [9,10,36]. Die intermittierende apparative Kompressionstherapie

Lokaltherapie Hyperbare Oxygenation: Seit September 2017 hat der Gemeinsame Bundesausschuss diese Leistungsausweitung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung beschlossen. Diese Therapieform wird bei Patienten angewendet, bei denen ein Sauerstoffmangel ursächlich für ungenügende Heilung ist (u. a. bei Innenohrerkrankungen, Wundheilungsstörungen, Knochenund Knochenmark-Erkrankungen). Die hyperbare Sauerstofftherapie stellt bei schwerem diabetischen Fußsyndrom (nach

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Ulcus crurisa

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

Identifizierung

Augenscheinvaliditätb Begründung

Diagnostik

Basis-Diagnostik / erweiterte Diagnostik / weitergehendeDiagnostikc

Die Erfassung des Gefäßstatus gehört zur Basisdiagnostik.

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GOP/OPS

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Abstrichentnahme

Eine Abstrichdiagnostik wird zum Nachweis von multiresistenten Erregern oder zur Antibiogrammbestimmung bei systemischen Infekten durchgeführt. Eine Wundbiopsie ist durchzuführen bei 1) unklarer Ätiologie oder 2) Wunddauer > 1 Jahr

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GOP

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GOP/OPS

3

Eine Allergiediagnostik (Epikutantest) wird bei Verdacht auf Kontaktallergien durchgeführt Bei Ulcus cruris venosum/mixtum sowie Ulcus cruris bei kompensierter peripherer arterieller Verschlusskrankheit und bei ödematösen Unterschenkeln und Füßen wird unter Beachtung von Kontraindikationen eine Kompressionstherapie durchgeführt Wenn indiziert, erfolgt eine zeitnahe, individuell angepasste, vollständige Druckentlastung. Erforderlich, wenn der Betroffene aufgrund von Ödemen, Fußverformungen oder Wunden in diesem Bereich eine spezialisierte Versorgung benötigt Wenn indiziert, erfolgen zeitnahe, individuell angepasste und zeitgemäße druckverteilende Maßnahmen, z. B. Matratzensysteme, Kissen

x

x

x

GOP/OPS

3

PZN/HiM/ GOP

1/2

HiM

2

Bei einem diabetischen Fußsyndrom ist generell eine adäquate Schuhversorgung erforderlich. Keine rein wundspezifische Anwendung

HiM

2

Wenn indiziert, wird als Kausaltherapie eine invasive bzw. operative Sanierung insuffizienter Venen oder ischämischer Arterien durchgeführt

(x)

GOP/OPS

3

Bei vorliegendem Dekubitus sind druckverteilende Maßnahmen, beispielsweise in Form von Matratzensystemen, erforderlich. Dies ist keine ausreichend wundspezifische Anwendung, da solche Hilfsmittel auch schon präventiv zum Einsatz kommen können Bei wie vielen der Versicherten der vorgenommene operative Eingriff korrekt indiziert war, kann aufgrund der fehlenden klinischen Informationen in den Sekundärdaten der GKV nicht untersucht werden. Keine rein wundspezifische Maßnahme

Biopsie

Allergiediagnostik

Kausaltherapie

Kompressionstherapie

Druckentlastung

Druckverteilende Maßnahmen

Operative Maßnahmen, Gefäßinterventiond

x

x

x

x

x

x

Abrechnungsziffern erlauben keine eindeutige Zuordnung der diagnostischen Maßnahmen. Keine rein wundspezifische Diagnostik/Abrechnungsziffer Es fehlen klinische Informationen in den Sekundärdaten der GKV. Keine rein wundspezifische Diagnostik/Abrechnungsziffer Wird nur bei unklarer Ätiologie und länger bestehender Wunddauer empfohlen. Keine rein wundspezifische Diagnostik/Abrechnungsziffer Nur bei Verdacht auf Kontaktallergien. Keine rein wundspezifische Diagnostik/Abrechnungsziffer Die Kompressionstherapie ist der Goldstandard einer kausalen Behandlung von Patienten mit einem Ulcus cruris

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Bedingung

G Model

Parameter

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Gruppe

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6

Please cite this article in press as: Hagenström K, et al. Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2019), https://doi.org/10.1016/j.zefq.2019.02.004

Tabelle 2 Mögliche versorgungsrelevante Behandlungen/Leistungen zur Identifizierung von Versicherten mit einer chronischen Wunde.

Lokaltherapie

Bedingung

Ulcus crurisa

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

Identifizierung

Augenscheinvaliditätb Begründung

Systemtische medikamentöse Therapie

Schmerzen werden unter Verwendung einer Schmerzskala individuell behandelt. Schmerzen beim Verbandwechsel werden vorausschauend abgefragt und prophylaktisch zeitnah vorab behandelt Jede chronische Wunde wird mit Verbandmitteln versorgt Kommt u. a. bei großflächigen Defektwunden, unterminierten Wunden, Wundhöhlen und -taschen als zusätzliche Versorgungsoption neben der lokalen Wundtherapie zum Einsatz. Inzwischen sind auch ,,Miniversorgungsoptionen‘‘ ohne Kanister für Hauttransplantate sowie Wunden mit mäßiger Exsudation verfügbar Bei Menschen mit diabetischen Fußwunden soll mit dieser Methode das Wundgewebe des Fußes mit mehr Sauerstoff versorgt und so die Heilung angeregt werden Kaltes Plasma hat eine antibakterielle, antientzündliche und wundheilungsfördernde Wirkung Dient zur Deckung von Hautdefekten

x

x

x

PZN

3

Keine rein wundspezifische Behandlung

x

x

x

PZN

1

Eindeutig wundspezifische Behandlung Eindeutig wundspezifische Behandlung. Im ambulanten Bereich ist eine Einzelfallentscheidung der Krankenversicherung erforderlich keine regelhafte Kassenleistung

Verbandmittel Lokale Unterdrucktherapie/Vakuumtherapie

Hyperbare Oxygenation

Kaltplasma

Hauttransplantationen Wundreinigung

Ein Wunddébridement wird bei allen chronischen Wunden regelmäßig (wenn nötig) durchgeführt, sofern keine Kontraindikationen vorliegen und die Schmerzen kontrolliert werden können Wundspülung konserviertf /unkonserviert

x

x

x

OPS

*

1

x

GOP OPS

2

Keine rein wundspezifische Anwendung, keine regelhafte Kassenleistung bis September 2017e

Eindeutig wundspezifische Behandlung, keine regelhafte Kassenleistung Keine rein wundspezifische Behandlung Eindeutig wundspezifische Behandlung

x

x

x

-

1

x

x

x

OPS

2

x

x

x

GOP/OPS*

1

x

x

x

PZN/OPS

2

Konservierte Wundspüllösungen sind nicht verordnungs- und erstattungsfähig. Daher sind sie nicht über die GKV-Daten zu erfassen, obwohl sie eindeutig auf eine wundspezifische Behandlung hinweisen. Unkonservierte Wundspüllösungen können auch für andere Indikationen, z. B. zur Infusionstherapie, zum Einsatz kommen. Keine rein wundspezifische Behandlung

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Parameter

G Model

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Tabelle 2 (Continued)

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Ulcus crurisa

Dekubitus

Diabetischer Fußulkus

Identifizierung

Augenscheinvaliditätb Begründung

Lokalantiseptik

Bei infektgefährdeten, kritisch kolonisierten oder infizierten Wunden sowie bei erhöhten spezifischen Risiko-Scores wird eine lokale Wundantiseptikf durchgeführt

x

x

x

-

1

Physikalische Therapie

Krankengymnastik/manuelle Lymphdrainage

x

x

x

HeM

3

x

HeM

3

*

Wundbehandlung

(x)

(x)

(x)

GOP

1

Eindeutig wundspezifische Behandlung. Da Wundantiseptika eine Arzneimittelzulassung haben, aber weder verordnungs- noch erstattungsfähig sind, können sie nicht über die GKV-Daten erfasst werden. Keine rein wundspezifische Behandlung Keine rein wundspezifische Behandlung Eindeutig wundspezifische Leistung

Wundverbände anlegen

(x)

(x)

(x)

OPS*

1

Eindeutig wundspezifische Leistung

Podologie Weitere relevante Leistungen

*

Aufschlüsselung der Leistung nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) oder dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (GOP/EBM): siehe Tabelle A2.

a

Ulcus cruris venosum, arteriosum oder mixtum

b

1 = als spezifisch eingestuftes Kriterium, 2 = als weniger spezifisch eingestuftes Kriterium, 3 = als unspezifisch eingestuftes Kriterium

c

Basisdiagnostik: z. B. Dopplersonographie, Ermittlung des Knöchel-Arm-Druck-Index (KADI oder auch ankle brachial index (ABI) genannt) per Taschendoppler, Lichtreflexionsrheographie/Photoplethysmographie, erweiterte Diagnostik: z. B. Duplex-Sonographie, Venen-Verschluss-Plethysmographie (VVP), Phlebographie, weitergehende Diagnostik: z. B. MRT und MR-Angiographie, computertomographische Angiographie (CT), Röntgenuntersuchung (Projektionsradiographie), orientierende neuropathische Untersuchung (z. B. Stimmgabel, Tip-Therm, Monofilament), digitale Subtraktionsangiographie (DSA), Kapillarmikroskopie, Lymphabflussszintigraphie, Lymphographie, Laser-Doppler-Fluxmetrie, transkutane Sauerstoffmessung d

Operative Maßnahmen: z. B. Operationen an Haut und Unterhaut, operative Wiederherstellung und Rekonstruktion von Haut und Unterhaut, lokale Exzision von erkranktem Gewebe an Haut und Unterhaut, inkl. Narbenkorrektur, radikale und ausgedehnte Exzision von erkranktem Gewebe an Haut und Unterhaut, andere Exzisionen an Haut und Unterhaut, operative Wiederherstellung und Rekonstruktion von Haut und Unterhaut, Entfernung oberflächlicher Hautschichten, temporäre Weichteildeckung, extrakorporale Zirkulation und Behandlung von Blut,. Gefäßinterventionen: z. B. therapeutische Katheterisierung und Kanüleneinlage in Gefäße, gefäßchrirurgische Operationen an den Blutgefäßen, Verödung/Lasern/Stripping von Varizen, Revaskulisierung

e GBA September 2017: Hyperbare Sauerstofftherapie bei schwerem diabetischen Fußsyndrom ist zukünftig auch ambulant und stationär eine ergänzende Behandlungsmöglichkeit ab einer Wundtiefe des sogenannten Wagner-Stadium II. f Nicht verordnungs- und erstattungsfähig (eindeutig wundspezifische Behandlung) HeM, HiM - Heil- und Hilfsmittel: Positionsnummern des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V GOP – Gebührenordnungsposition: ambulant ärztliche Leistungen (z. B. Diagnostik / Therapie) nach § 295 SGB V OPS – Operationen- und Prozedurenschlüssel: spezifische stationäre Maßnahmen nach § 301 SGB V über die amtliche Klassifikation zum Verschlüsseln von Operationen, Prozeduren und allgemeinen medizinischen Maßnahmen im stationären Bereich PZN – Pharmazentralnummer: Abgaben nach § 31 SGB V Arznei- und Verbandmittel

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Bedingung

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Weiterführende Therapie

Parameter

G Model

Gruppe

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Tabelle 2 (Continued)

G Model ZEFQ-10379; No. of Pages 13

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Wagner-Stadium II) zukünftig ambulant oder auch stationär eine ergänzende Behandlungsmöglichkeit dar. Hauttransplantation: Eine Hauttransplantation dient zur Deckung von Hautdefekten, wie Verbrennungen, Verätzungen oder Geschwüren (OPS 5-900, 5-902 bis 5-907). konservierten Wundspüllösungen sind Wundspülung: Die eine wundspezifische Behandlung, jedoch sind diese nicht verordnungs- und erstattungsfähig und können daher nicht über die GKV-Daten identifiziert werden. Die unkonservierten Wundspüllösungen können auch für andere Indikationen, z. B. zur Infusionstherapie, zum Einsatz kommen [37]. Daher handelt es sich hierbei um keine rein wundspezifische Behandlung und wurde daher als weniger spezifisches Kriterium eingestuft. Die unkonservierten Wundspüllösungen können über die Verordnungen oder Abgaben (PZN) oder über den stationären Prozedurenschlüssel (OPS 8-179.x Andere therapeutische Spülungen: Sonstige) identifiziert werden.

9

0,25% - 0,26%). Im Vergleich zu den anderen Wundarten zeigt sich ebenfalls die geringste Veränderung gegenüber Falldefinition 2 bei alleiniger Betrachtung spezifischer Kriterien (Falldefinition 3). Alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzen Mit über 60% litten durchschnittlich mehr Frauen als Männer unter einer chronisch floriden Wunde (Falldefinition 1: 65%; Falldefinition 2: 62%; Falldefinition 3: 63%). Dieser Unterschied lässt sich vor allem in der Altersgruppe der über 85-Jährigen feststellen. Ausgenommen sind hierbei Patienten mit einem diabetischen Fußulkus – hier haben mehr Männer als Frauen diese Wunddiagnose (Falldefinition 1: 57%; Falldefinition 2 und 3: 61%). Insgesamt zeigt sich das höhere Lebensalter entscheidend für das Auftreten einer chronischen Wunde jeglicher Genese. Diskussion

B Analysen verschiedener Falldefinitionen zur Identifizierung florider Wunden mittels GKV-Routinedaten Von den als spezifisch und weniger spezifisch eingestuften versorgungsrelevanten Kriterien können zehn anhand von GKVRoutinedaten analysiert werden, da diese zu den regelhaften Kassenleistungen gehören. Obwohl Kaltplasma und Lokalantiseptik als sehr wundspezifische Leistung eingestuft wurden, können diese anhand der GKV-Daten nicht analysiert werden, da sie, wie bereits in Tabelle 2 aufgeführt, bis heute nicht durch die GKV erstattet werden. Die hyperbare Oxygenation konnte ebenfalls nicht berücksichtigt werden, da diese erst seit September 2017 eine regelhafte Kassenleistung ist. Werden die unterschiedlichen Prävalenzen je nach Falldefinition betrachtet, zeigt sich bei alleiniger Betrachtung von Versicherten mit wundrelevanten Diagnosen (Falldefinition 1) eine administrative Gesamtprävalenz chronischer Wunden von 1,13% (95%-KI 1,12% - 1,14%) für das Beobachtungsjahr 2010 (Tabelle 3). Unter Berücksichtigung mindestens einer wundrelevanten Diagnose und eines als weniger spezifisch und/oder spezifisch eingestuften Kriteriums sinkt die Gesamtprävalenz auf 0,79% (95%-KI 0,78% - 0,80%) (Falldefinition 2). Werden nur die als spezifisch eingestuften Kriterien, neben mindestens einer wundrelevanten Diagnose, betrachtet, fällt die Gesamtprävalenz nur marginal auf 0,78% (95%-KI 0,76% - 0,79%) (Falldefinition 3). Altersund geschlechtsstandardisiert und hochgerechnet auf die deutsche Bevölkerung litten im Jahre 2010, je nach Falldefinition, zwischen 540.654 und 770.023 Personen in Deutschland an einer chronischen Wunde. Bei alleiniger Betrachtung von Versicherten mit einer Ulcuscruris-Diagnose (Falldefinition 1) zeigt sich eine Prävalenz von 0,90% (95%-KI 0,89% - 0,92%) für das Beobachtungsjahr 2010. Unter Hinzunahme mindestens einer wundrelevanten Diagnose und eines weniger spezifischen und/oder spezifischen Kriteriums sinkt die Prävalenz auf 0,57% (95%-KI 0,56% - 0,58%) (Falldefinition 2). Bei alleiniger Betrachtung der wundrelevanten Diagnose und mindestens einem als spezifisch eingestuften Kriteriums sinkt die Prävalenz weiter auf 0,56% (95%-KI 0,55% - 0,56%) (Falldefinition 3). Eine Änderung der Prävalenz zeigt sich auch bei Versicherten mit einem diabetischen Fußulkus. Falldefinition 2 führt zu einer deutlichen Reduktion der Fallzahlen. Zwischen Falldefinition 2 und 3 bestehen hingegen kaum Unterschiede in der Zahl der identifzierten Fälle. Bei Versicherten mit einem diagnostizierten Dekubitus zeigt sich hingegen die geringste Rate bei alleiniger Betrachtung der Diagnosen (Falldefinition 1: 0,18%; 95%-KI 0,18% - 0,18%) und eine Zunahme auf 0,25% unter Berücksichtigung eines weniger spezifischen und/oder spezifischen Kriteriums (Falldefinition 2: 95%-KI

Die Überprüfung der internen Validität von Diagnosen zur Identifizierung von Versicherten mit einer chronischen floriden Wunde ist bei der Nutzung von GKV-Routinedaten von Bedeutung, da durch die Fortführung der Diagnosekodierungen von bereits abgeheilten Wunden die Reliabilität der Aussagen eingeschränkt wird. Nur durch die Abgrenzung von sicheren (floride Wunde) zu unsicheren Fällen (bereits abgeheilte Wunde im Sinne eines zurückliegenden Ereignisses) können valide Aussagen über die Erkrankungshäufigkeit, Krankheitskostenschätzung und über die Versorgungssituation in Form von Über-, Unter- und Fehlversorgung dieser Patienten getätigt werden. In Deutschland gibt es bislang keine Untersuchungen zur Operationalisierung florider chronischer Wunden auf Basis von Routinedaten. Die bislang einzigen veröffentlichten Arbeiten von Heyer (2016) sowie Köster und Schubert (2015) [20,21] fokussieren sich entweder nur auf eine Indikation oder es findet keine Unterscheidung zwischen bereits abgeheilten und floriden Wunden statt. In der Arbeit von Heyer (2016) [21] werden darüber hinaus weitere Behandlungsmaßnahmen, die in dieser Arbeit als spezifisch eingestuft wurden, nicht berücksichtigt. Es wird üblicherweise empfohlen, chronische Erkrankungen im ambulanten Versorgungssektor mittels Diagnosekodierungen in mehreren Quartalen zu definieren [15]. Diese restriktivere Herangehensweise wurde bei Berücksichtigung weiterer versorgungsrelevanter Maßnahmen aufgehoben (Falldefinition 2-3), da chronische Wunden auch innerhalb eines Quartals abheilen können. In den stationären Versorgungsdaten ist der Anteil an Fehloder Verdachtsdiagnosen im Verlauf eines stationären Aufenthaltes relativ hoch [33]. Vor diesem Hintergrund werden auf Basis von GKV-Routinedaten häufig die Hauptentlassungsdiagnosen zur Identifizierung von relevanten stationären Behandlungsfällen herangezogen. Zudem kann die Identifizierung von Versicherten mit einer chronischen Wunde über die Hauptentlassungsdiagnose nach ICD-10 GM als valide eingestuft werden, da in früherer Publikation die Hinzunahme der stationären Nebendiagnosen zu keiner Veränderung der administrativen Erkrankungshäufigkeiten führte [11]. Die Identifizierung von Versicherten mit einer floriden chronischen Wunde allein auf Basis der kodierten Diagnosen zeigt erwartungsgemäß eine deutlich höhere Prävalenz im Vergleich zu den Schätzungen, die noch Informationen zu Behandlungen heranziehen. Davon ausgehend, dass bei einer floriden chronischen Wunde auch eine Behandlung erfolgt, bewerten wir die allein diagnosebezogene Prävalenz als Überschätzung der Erkrankungshäufigkeit. Dies zeigt sich vor allem beim Ulcus cruris und dem diabetischen Fußulkus. Beim diabetischen Fußulkus kann dies ggf. auf die mangelnde Spezifität der ICD-10-GM-Codes zurückgeführt werden. Der Diagnoseschlüssel umfasst das diabetische Fußsyndrom, welches

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G Model

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Tabelle 3 Administrative Prävalenz chronischer Wunden je nach definierter Falldefinition (Versichertenstichprobe der DAK für das Jahr 2010). Falldefinition 1

Gesamt (nicht additiv) Ulcus cruris arteriosum venosum nicht näher bez. Dekubitus Diabetischer Fußulkus

Falldefinition 2

Falldefinition 3

n

Prävalenz (%)

Standardisierte Prävalenz (%)a

n

Prävalenz (%)

Standardisierte Prävalenz (%)a

n

Prävalenz (%)

Standardisierte Prävalenz (%)a

26.214 20.960 1.955 12.995 6.481 4.095 3.327

1,13 0,90 0,08 0,56 0,28 0,18 0,14

0,94 0,75 0,07 0,46 0,23 0,15 0,13

18.377 13.275 1.608 4.887 7.024 5.913 2.331

0,79 0,57 0,07 0,21 0,30 0,26 0,10

0,67 0,48 0,06 0,17 0,26 0,21 0,09

17.998 12.909 1.585 4.689 6.877 5.887 2.321

0,78 0,56 0,07 0,20 0,30 0,25 0,10

0,66 0,47 0,06 0,17 0,25 0,21 0,09

a Direkte Standardisierung nach Alter und Geschlecht auf die Bevölkerung der BRD nach Destatis (31.12.2012) Die jeweiligen 95%-Konfidenzintervalle (KI) weichen nicht mehr als +/- 0,02 um den Punktschätzer ab Grundgesamtheit DAK-G Stichprobe: Stichtag 31.12.2010 (2.319.584).

Symptome oder Komplikationen subsummiert, die sich infolge eines Diabetes mellitus entwickeln können, wie Läsionen (Fußverletzungen), Hautveränderungen, Pilzbefall, Schwäche der Fußmuskulatur oder Verformung des Fußes bzw. Veränderungen der Fußstatik, ohne das eine Wunde vorliegt. Bei Versicherten mit einem Dekubitus scheint eine fortführende Verschlüsselung von zurückliegenden Krankheitsepisoden eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Werden vergleichbare nationale Studien zu chronischen Wunden auf Basis von GKV-Routinedaten herangezogen, zeigen sich je nach Falldefinition ebenfalls unterschiedliche Prävalenzschätzungen. Für das Jahr 2012 lag die Prävalenz des Ulcus cruris zwischen 0,28% und 0,70%, zwischen 0,18% und 0,28% beim Dekubitus sowie zwischen 0,08% und 0,29% bei diabetischen Fußwunden [20,21]. Bei allen Wundarten liegt die vorliegende Analyse (Falldefinition 2 und 3) zwischen diesen beiden Arbeiten. Dies lässt sich beispielsweise darauf zurückführen, dass Diagnosen betrachtet wurden, die nicht wundspezifisch sind oder wundrelevante Behandlungsmaßnahmen nicht berücksichtigt wurden. Deutlich höher lag der Anteil an diabetischen Fußwunden in der Arbeit von Köster und Schubert (2015) [20]. Dies lässt sich außerdem dadurch begründen, dass zusätzlich Diabetesdiagnosen berücksichtigt wurden, die eine neurologische, periphere vaskuläre oder sonstige nicht näher bezeichnete Komplikation beinhalten (E.10.-E14.4-.6), welche nicht in die vorliegende Arbeit eingingen. Jedoch deutet nur die Verschlüsselungen des Diabetes mit einem diabetischen Fußsyndrom (E.10.-E14.74-75) mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf eine Wunde hin. Eine Hinzunahme dieser zusätzlichen Diagnosen (E.10.-E14.4-.6) führte, als weitere Sensitivitätsprüfung, zudem nur zu einer marginalen Erhöhung der geschätzten Prävalenz. Werden sowohl nationale als auch internationale publizierte Primärstudien betrachtet, finden sich divergierende Prävalenzschätzungen, je nach Ätiologie, Beobachtungsjahr, Land und Setting. In einer nationalen Primärstudie aus dem Jahr 2003 wurde die Prävalenz des floriden Ulcus cruris venosum auf 0,1% geschätzt [38]. Die in dieser Arbeit vorgefundene administrativ geschätzte floride Prävalenz des Ulcus cruris venosum lag bei 0,5% im Jahr 2010. Die hier berichtete geschätzte Prävalenz des diabetischen Fußulkus mit 0,1% liegt im Vergleich zu anderen nationalen Primärstudien mit 2,9% deutlich niedriger. Allerdings weist diese Primärstudie eine vier-Jahresprävalenz zwischen 2000 und 2004 aus [39]. Auch Primärstudien von Patienten mit einem Dekubitus zeigen höhere Prävalenzschätzungen von 2,3% in Pflegeheimen (Jahr 2010) und 1,6% in Krankenhäusern (Jahr 2013) [40]. Jedoch wird im Unterschied zu der hier vorgelegten Studie ein selektives Setting betrachtet. Die Alters- und Geschlechtsverteilung bei den prävalenten Versicherten mit einer chronischen Wunde nach Ätiologie zeigen im

Vergleich zu bisher national und international publizierter Literatur ähnliche Ergebnisse auf [41–43]. Empfehlung Wir empfehlen, je nach Fragestellung, die als spezifisch oder weniger spezifisch eingestuften Kriterien zur Identifizierung von sicheren oder fraglichen Fällen (Patienten mit einer floriden chronischen Wunde) zu berücksichtigen. Mit den eher enger gefassten Kriterien können mit hoher Wahrscheinlichkeit Versicherte mit einer floriden chronischen Wunde identifiziert werden (sichere Fälle), wohingegen bei den eher weiter gefassten Kriterien möglicherweise auch Patienten mit bereits abgeheilten Wunden (falsch positive Wunden) einbezogen werden (fragliche Fälle). Jedoch zeigt sich, dass die Betrachtung von Diagnosen und mindestens einem spezifischen Kriterium nur zu einer marginalen Reduktion der Prävalenz im Vergleich zur Falldefinition 2, die auch weniger spezifische Kriterien heranzieht, führt. Die geringste Veränderung in der Prävalenz zwischen Falldefinition 2 und 3 zeigt sich bei Versicherten mit einem Dekubitus oder einem diabetischen Fußulkus. Dies deutet darauf hin, dass die als wenig spezifisch eingestuften Kriterien, wie beispielsweise die druckverteilenden Maßnahmen, Hauttransplantationen oder die unkonservierten Wundspüllösungen, bei der Behandlung und damit zur Identifizierung von Versicherten mit Dekubitus oder einem diabetischen Fußulkus eine untergeordnete Rolle spielen. Jedoch liegt die Prävalenzschätzung beim diabetischen Fußulkus im Vergleich zu anderen vergleichbaren Primärstudien deutlich niedriger, was darauf zurückzuführen ist, dass bislang keine eigene Verschlüsselung dieser Diagnose existiert. Zur Schätzung der administrativen Erkrankungshäufigkeit können die eher weiter gefassten Einschlusskriterien (fragliche Fälle) berücksichtigt werden, wohingegen bei Outcomestudien die engen Einschlusskriterien angewendet werden sollten [17]. Hierbei muss beachtet werden, dass bei Heranziehung von Versorgungsleistungen zur Falldefinition an eine Darstellung der Versorgungssituation (u. a. Inanspruchnahme, Versorgungsprozesse) hinsichtlich dieser Kriterien nicht mehr erfolgen kann [17]. Zukünftig bedarf es noch weiterer Prüfungen der externen Validität zur Einschätzung der Größenordnung nicht ausreichend bzw. adäquat differenziert kodierter Differentialdiagnosen oder von Kodierungen historischer Ereignisse. Für eine solche Einschätzung bedarf es einer zukünftigen Verknüpfung (Datenverlinkung) von GKV-Routinedaten und Primärdaten (z. B. Registern). Auf diese Weise würde auch eine Überprüfung der Reliabilität und der Gültigkeit der vorgefundenen Ergebnisse möglich werden. Solang dies nicht gegeben ist, empfehlen wir, für Prävalenz- und Inzidenzschätzungen auf der Basis von Routinedaten Sensitivitätsprüfungen durchzuführen.

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Stärken und Limitationen der Arbeit Mit der multiprofessionellen Herangehensweise beider Konsensusverfahren zur Identifizierung von erkrankungsspezifischen Maßnahmen und Verbandmitteln wurden erstmals Kriterien zur Identifizierung von sicheren oder fraglichen Fällen (Patienten mit einer floriden chronischen Wunde) auf der Basis von GKV-Routinedaten und einem Datensatz, der wundrelevante Verbandmittel des gesamten deutschen Marktes umfasst, entwickelt. Neben einer Vielzahl in der Literatur benannter Behandlungsoptionen ist unter anderem die Versorgung mit Verbandmitteln ein sicherer Hinweis auf eine floride Wunde, da idealerweise jede aktive Wunde mit einem Verbandmittel versorgt werden sollte. Die im Konsens entwickelte Herangehensweise zur Identifizierung von Verbandmitteln und des daraus resultierenden Datensatzes umfasst nicht nur Wundauflagen, die einer leitliniengerechten Versorgung entsprechen, sondern auch Auflagen, die sich auf dem deutschen Markt befinden und somit Anwendung in der Versorgung finden. Durch die beschriebene Vorgehensweise zur Identifizierung von Verbandstoffen können ca. 90% der am Markt befindlichen wundrelevanten Verbandmittel identifiziert werden (<10% sind weitestgehend unbekannte Hersteller sowie weitere Reimporte mit abweichendem Produktnamen). Neben dieser erstmaligen Aggregierung von Verbandmitteln des gesamten deutschen Marktes enthält dieser Datensatz eine Zuordnung der Verbandstoffe zu vorab definierten Ober- und Untergruppen. Die Identifizierung von Verordnungen dieser Verbandstoffe in den GKV-Routinedaten über Apotheken (Institutionskennzeichen (IK) 30) können anhand der GKV-Routinedaten hinreichend valide erhoben werden [19]. Abgaben über weitere relevante Versorger, wie Sanitätshäuser oder Homecare-Unternehmen können ebenfalls über das Institutionskennzeichen in den GKV-Routinedaten identifiziert werden (IK 33 und 59). Jedoch sollte das Vorhandensein aller relevanten Versorger, je nach vorliegender Datenquelle, genau geprüft werden. Bei der hier vorgestellten Vorgehensweise sind eine Reihe von Limitationen zu bedenken, die dem Charakter von Routinedaten geschuldet sind: Trotz der vorliegenden Empfehlung zur Identifizierung von Versicherten mit einer floriden chronischen Wunde kann die Reliabilität z. B. der geschätzten administrativen Erkrankungshäufigkeit eingeschränkt sein, durch a) die Verschlüsselung der Diagnosen sowie den hier ausgewählten Diagnosecodes, b) unversorgte Morbidität, c) fehlende Abrechnung/Verschlüsselung oder Erstattung von Wundbehandlungen, d) Patienten, die ambulant fälschlicherweise ausschließlich über das Arzneimittel- und Verbandbudget im Sprechstundenbedarf mit Verbandmitteln oder Kompressionsbinden versorgt wurden oder e) die betrachtete Population. Zu a) Durch eine nicht ausreichend bzw. nicht adäquat stattgefundene Differentialdiagnose kann es möglich sein, dass chronische Wunden falsch kodiert worden sind. Zudem können in den GKV-Routinedaten Mehrfachdiagnosen pro Versicherten vorliegen. Diese Mehrfachdiagnosen können medizinisch begründet, aber auch durch eine nicht ausreichende bzw. nicht adäquat stattgefundene Differentialdiagnose falsch zugeordnet sein oder es handelt sich um ein weiteres historisches Ereignis (bereits abgeheilte Wunde). In dieser Arbeit wurden u. a. Versicherte, bei denen ein nicht näher bezeichnetes Ulcus cruris und zugleich (innerhalb des Beobachtungsjahres) ein arteriell oder venös bedingtes Ulcus cruris verschlüsselt wurde, rekodiert und dem spezifisch kodierten Ulkus zugeordnet. Eine weitere Zuordnung von Mehrfachdiagnosen über zusätzliche versorgungsrelevante Parameter könnte erfolgen, wurden in dieser Arbeit aber nicht weiter verfolgt, da hierbei der Anteil an falsch positiven Zuordnungen nicht abschätzbar ist. Eine Einschätzung zur Größenordnung nicht ausreichend bzw. adäquat differenziert kodierter Differentialdiagnosen oder auch

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Besonderheiten zum Kodierverhalten des Behandlers (Weiterkodierung historischer Ereignisse) kann nicht erfolgen. Für eine solche Einschätzung bedarf es, wie bereits beschrieben, einer externen Validitätsprüfung. Eine Limitation für die Prävalenzschätzung liegt allerdings auch in den jeweils herangezogenen Codes, denn auch diese können enger – Kodierung der fünften Stelle – oder weiter gefasst werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die hier gewählten Kodierungen, insbesondere beim diabetischen Fußulkus, zu einer Unterschätzung führen, da Hausärzte möglicherweise andere Codes (E10-E14.5 mit peripheren Komplikationen oder E10-E14.73 mit multiplen Komplikationen) für diesen Sachverhalt wählen. Für Prävalenzschätzungen sind hier ggf. Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Zu b) Der Einfluss eines ,,Underreporting‘‘ durch unversorgte Morbidität wird als eher gering eingeschätzt, da es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, die den Patienten in seiner Lebensqualität sehr einschränkt und eine Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen daher wahrscheinlich ist. Zu c) Stattgefundene, aber nicht abgerechnete Leistungen können ebenfalls die Reliabilität einschränken. Beispielsweise wurde das Wunddébridement als sicheres Kriterium zur Identifikation florider Fälle eingestuft. Jedoch ergab eine Analyse auf Basis von Routinedaten, dass nur bei 4% der Versicherten mit einem inzidenten floriden Ulcus cruris eine Wundreinigung dokumentiert wurde [11]. Hingegen konnte in einer Primärstudie ein deutlich höherer Anteil mit 55% gezeigt werden [2]. Der geringe Anteil in den GKV-Daten kann zum einem darauf zurückgeführt werden, dass klinische Kontraindikationen (z. B. trockene Nekrosen bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit) vorlagen – welche anhand der Daten nicht kontrolliert werden können – oder zum anderen eine Wundreinigung nicht abgerechnet wurde (werden konnte), weil weniger als drei bzw. fünf Anwendungen im Quartal stattgefunden haben. Somit handelt es sich hierbei zwar um einen sehr spezifischen, aber wenig sensitiven Parameter zur Identifizierung von Versicherten mit einer floriden chronischen Wunde. Auch andere Behandlungen, wie die Kompressionstherapie, werden nur bei knapp 40% bis 50% der Versicherten mit einem venös bedingten Ulcus cruris angewendet [3,12,13]. Darüber hinaus können Behandlungen, die von der Kasse nicht erstattet werden (z. B. Lokalantiseptika oder konservative Wundspüllösung), in der Praxis durchaus Anwendung finden. Jedoch werden diese in der Versorgung nicht als einzige Maßnahme eingesetzt. Sie gehören somit nicht zu den primären Behandlungsmaßnahmen und schränken die Reliabilität der Aussage nicht ein. Diese defizitäre Versorgungssituation kann daher zu einer Unterschätzung der zu identifizierenden Versicherten führen. Zu d) Der Anteil an Verbandstoffen, die über den Sprechstundenbedarf abgegeben werden, wird als gering eingestuft, da es sich beim Sprechstundenbedarf ausschließlich um Sofort- oder Notfallversorgung des Patienten handelt und Verbandstoffe erstattungsfähig sind. Zu e) Bei Anwendung der Falldefinition und darauf beruhender administrativer Prävalenzen gilt als weitere Einschränkungen der GKV-Routinedaten, dass es sich um GKV-Versicherte handelt und daher keine Aussagen über Privatversicherte (11% der Bevölkerung [16]) getätigt werden können. Die hier durchgeführte Analyse beruht darüber hinaus auf den Daten einer Krankenkasse. Dies beeinträchtigt zwar nicht die Methodik, jedoch muss bei der Prävalenzschätzung davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse durch das kassenspezifische Klientel nicht ohne Einschränkungen auf die Gesamt-GKV sowie auf die Bevölkerung Deutschlands übertragen werden können. Auch durch eine Alters- und Geschlechtsstandardisierung der Daten ist dies nicht gänzlich aufzuheben [44]. Zur internen Konsistenzprüfung wäre ein Abgleich der administrativen Erkrankungshäufigkeiten anhand der vorliegenden Empfehlung

Please cite this article in press as: Hagenström K, et al. Interne Diagnosevalidierung von Patienten mit einer floriden chronischen Wunde - Möglichkeiten der Identifizierung auf der Basis von Routinedaten. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2019), https://doi.org/10.1016/j.zefq.2019.02.004

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zur Identifizierung von Versicherten mit einer floriden chronischen Wunde unterschiedlicher Datenquellen anzustreben. Die analysierten DAK-Daten aus dem Jahr 2010 geben zwar nicht die aktuellen Erkrankungshäufigkeiten wieder, jedoch können diese für die methodische Entwicklung zur Identifizierung von Versicherten mit floriden chronischen Wunden genutzt werden. Zudem wurden Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (HKP) nach SGB V (medizinische Behandlungspflege (Wundverbände anlegen, Wundbehandlung, Dekubitusbehandlung)) nicht berücksichtigt, da über die Datenqualität keine belastbaren Informationen vorlagen. Fazit Die vorliegende Arbeit liefert einen wichtigen Baustein, um auf Grundlage von Routinedaten – als große und wichtige Datenquelle der Gesundheitsversorgung und Versorgungsforschung – Versicherte mit einer floriden chronischen Wunde zu identifizieren und eine Schätzungen zur administrativen Prävalenz, Krankheitskosten und zur Versorgungssituation durchzuführen. Dabei können je nach Fragestellung die Kriterien zur Falldefinition enger oder weiter gefasst werden. Der vorliegende Vergleich von spezifischen und weniger spezifischen Kriterien gibt Hinweise auf die interne Validität der Diagnosenkodierung. Jedoch bedarf es zukünftig einer Prüfung der externen Validität, um die Größenordnung nicht ausreichend bzw. adäquat differenziert kodierter Differentialdiagnosen oder von Kodierungen historischer Ereignisse einschätzen zu können. Somit wird auch eine Überprüfung der Reliabilität und der Gültigkeit der vorgefundenen Ergebnisse ermöglicht. Interessenskonflikt K. Hagenström, K. Protz und J. Petersen haben keinen Interessenskonflikt. I. Schubert und I. Köster haben Forschungsgelder im Rahmen der BVmed-Studie zu chronischen Wunden erhalten. M. Augustin hat honorierte Beratungen vorgenommen und/oder Vorträge gehalten und/oder Reisekosten erstattet bekommen und/oder an klinischien Studien teilgenommen die von folgenden Firmen unterstützt wurden: 3M, AOK Bundesverband, Bayer Healthcare, Beiersdorf, Birken, Bode, B. Braun, BSN, BVmed, Coloplast, DAK, Diabet concept, Gerromed, GlaxoSmithKline, Johnson&Johnson, Lohmann&Rauscher, Medi, Medovent, Mölnlycke, Smith&Nephew, Schülke&Mayr, Söring, Sorbion, Systagenix, Urgo. J. Schmitt erhielt institutionelle finanzielle Unterstützung für selbst initiierte wissenschaftliche Studien von ALK, Sanofi, Pfizer, Novartis, MSD, BMBF, DFG, BMG, AOK Bundesverband, Initiative Qualitätsmedizin (IQM). Förderung Keine Danksagung Wir danken der DAK-Gesundheit für die Bereitstellung der Daten, die in der vorliegenden Studie analysiert wurden, und der Konsensusgruppe für die konstruktive Zusammenarbeit. Appendix A. Zusätzliche Daten Zusätzliche Daten verbunden mit diesem Artikel finden sich in der Onlineversion unter: doi:10.1016/j.zefq.2019.02.004.

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