Q 1966 by LYcademic Press Inc. Experimental
Cell Research
44, 129-138
129
(1966)
AUTORADIOGRAPHISCHE UNTERSUCHUNGEN DER DAUER DER S-PHASE UND DES GENERATIONZYKLUS DER BASALEPITHELIEN DES OHRES DER MAUS CH. In&tat
fiir
Medizinische
PILGRIM,
W. LANG
Strahlenkunde Isotopen..arschung
der Universittit der Universitiit
Eingegangen
und
W. MAURER
1
Wiirzburg Kiiln,
am 12. April
and Institut Deutschland
fiir
Medizinische
1966
Dauer der DNS-Verdopplung und die Generationszeit innerhalb der Ohr-Epidermis der Maus wurden zuerst von Sherman, Quastler und Wimber [14] nach Gabe von 3H-Thymidin mit der Methode der markierten Mitosen untersucht. Im Gegensatz zu vielen anderen Zellarten der Maus [2, 101, welche eine S-Phase von 6-8 Stunden haben, ergab sieh fiir die S-Phase der OhrEpithelien ein relativ groBer Wert von 30 Stunden und eine Generationszeit der Basalzellen der Ohr-Epidermis von ungefghr 22 Tagen. In dieser Arbeit wurde die gleiche Frage mit einer anderen Methode neu bearbeitet. Lurch kombinierte Gabe von 14C-Thymidin und 3H-Thymidin wurde der zeitliche Abstand von zwei aufeinanderfolgenden S-Phasen untersucht. Fiir die Generationszeit der Basalzellen der Ohr-Epidermis ergaben sich auf diesem Wege eine kontinuierliche Verteilung zwischen 30 und angentihert 100 Stunden und eine relativ konstante S-Phase von 18 Stunden. Eine Untersuchung nach der Methode der markierten hlitosen lieferte gleichfalls eine S-Phase von 18 Stunden. DIE
METHODISCHES Tiere.-Als Versuchstiere dienten 32 weirJeMBuse (15 + 1 g, Inzuchtstamm Kopenhagen). Die Tiere erhielten Wasser und Nahrung (Standard-D% Altromin R) ad libitum und wurden bei 22 + 1°C gehalten. Tier-Versuche und Injekt&-Priiparate.-Jedes Tier erhielt i.p. eine I. Injektion von 5 ,I& W-Thymidin (30 mC/mM; New England Nuclear Corp., Boston, USA) und nach verschiedenen Zeiten (i-91 Stunden) eine 2. Injektion von 200 ,uC3H-Thymidin (3000 mC/mM; Schwarz Bio-Research, Mount Vernon, USA). Eine Stunde nach der 2. Injektion erfolgte die TGtung der Tiere und die Entnahme der OhrMuscheln. Autoradiographisehe Technik.-Beide Ohr-Muscheln von jeder Maus wurden 24 Stunden bei 4°C in neutralem Formalin (6 per cent) fixiert. Bei allen Tieren wurde 1 Gegenwtirtige 9 - 661809
Adresse:
Institut
fiir
Medizinische
Isotopenforschung
der UniversitSit Experimental
Kiiln.
Cell Research
44
Ch. Pilgrim,
W. Lang
und
W. Maurer
eine Halfte des rechten und des linken Ohres mit der Schnittkante nach unten gemeinsam in Paraffin eingebettet. Die Schnitte (3 p) enthielten also das Epithel der Vorderseite und der Rtickseite von beiden Ohren. Zwei autoradiographische Techniken kamen zur Anwendung: (1) ES wurden ,,Einschicht“-Autoradiogramme mit einer 30 p dicken Emulsion hergestellt (lufttrocken gemessen; G5- und K2-Emulsion in Gel Form, Ilford London). Die Expositionszeiten betrugen 3-9 Wochen. Nach dem photographischen Prozess erfolgte die Farbung (HE) der Schnitte durch die Emulsion hindurch. (2) Es wurden ,,Doppelschicht“-Autoradiogramme hergestellt. Auf den Schnitt wurde zuerst ein 5 p dicker Stripping Film aufgebracht (Exp. Scientific Plates V 1062 unbacked, Kodak London). Diese 1. Emulsion wurde 1 Woche exponiert, entwickelt und fixiert. Nach dem Trocknen wurde anschliefiend eine 2. Emulsion von 30 p Dicke (trocken; G5, Ilford London) auf die 1. Emulsion aufgebracht, 4 Wochen exponiert, entwickelt und fixiert. Die Farbung (HE) der Schnitte erfolgte durch beide Emulsionen hindurch. Auswertung der Autoradiogramme.-Fiir die Bestimmung des Verhaltnisses der doppelt-markierten zu den 3H-markierten Kernen (ohne und mit 1%) in Abb. la wurden Einschicht-Autoradiogramme und Doppelschicht-Autoradiogramme verwandt (200-500 markierte Kerne pro Punkt). Zur Bestimmung der %-Spurenzahl/ Kern bei den doppelt-markierten Kernen (Abb. I b) dienten G5-Einschicht-Autoradiogramme (mindestens 50 Kerne pro Punkt). Die Bestimmung der 3H-Kornzahl/Kern bei den doppelt-markierten Kernen (Abb. 1 b) erfolgte auf Doppelschicht-Autoradiogrammen (mindestens 50 Kerne pro Punkt). Das ist deshalb moglich, weil bei diesen Doppelschicht-Autoradiogrammen die Nachweis-Empfindlichkeit der 2. Emulsion fur I%-Spuren durch die Wahl einer empfindlichen Emulsion (G5 ca 3mal empfindlicher als der Stripping Film V 1062) und durch lange Exposition (2. Emulsion wurde 4mal langer exponiert als die 1. Emulsion) gegenuber den Einschicht-Autoradiogrammen ca 12mal vergroflert wurde. Bei den in 2) angegebenen Expositionszeiten erzeugen dann doppelt-markierte Kerne in der 1. Emulsion ca 35 3H-Kiirner und in der 2. Emulsion ca 8 Y-Spuren. Auch die I%-Markierung fiihrt aber bei der Exposition der 1. Emulsion zur Erzeugung von Kornern. Vergleichende Untersuchungen zeigten, da13 von den ca 35 Kornern in der 1. Emulsion nur ca 1 Korn durch die l&C-Markierung zustande kommt. Auf Doppelschicht-Autoradiogrammen kann also such bei doppelt-markierten Kernen die $HKornzahl/Kern quantitativ bestimmt werden. Der Prozentsatz der IX-Mitosen (Abb. 1 c) wurde auf K2-Einschicht-Autoradiogrammen ausgezahlt, weil hier die Mitosen wegen des relativ kleinen Korns besser erkennbar waren (mindestens 100 Mitosen pro Punkt). Das gleiche gilt fur die Bestimmung der 12C-Spurenzahl/Mitose (Abb. 1 c) (mindestens 20 X-Mitosen). Diese Werte sind weniger genau. Da die Totung 1 Stunde nach der 3H-Thymidin-Injektion such mit 3H-markiert (nach Abb. 1 c: ca erfolgte, waren nur sehr wenige lY-Mitosen 4 per cent markierte Mitosen nach 1 Std.) Einige frtihe Prophasen konnten tibersehen worden sein.
Experimental
Cell
Research
44
S-Phase
und Generationszyklus
VERSUCHE
der Basal-Epithelien
UND
Doppelmarkierung der Ohr-Epithelien
des Ohres
131
ERGEBNISSE
mit 14C- und 3H-Thymidin
Zungchst wurden alle in der S-Phase befindlichen Kerne durch eine 1. Injektion von 14C-Thymidin mit 14Cmarkiert. Nach verschiedenen Zeiten zwischen 1 und 91 Stunden erfolgte eine 2. Injektion van 3H-Thymidin. Die Ohren wurden 1 Stunde spCter autoradiographisch untersucht. Diese Versuche hatten zwei Ziele: 1. Durch Ausztihlung der doppelt mit 14C-und 3Hmarkierten Kerne sollte festgestellt werden, mit welcher Geschwindigkeit die 14C-Kerne die S-Phase verlassen und wann der letzte 14C-Kern diese Phase verl5& 2. sollte untersucht werden, wie lange es dauert, bis die einzelnen 14C-Kerne nach Durchlaufen einer Mitose in eine neue S-Phase eintreten. Dabei miissen wieder doppelt-markierte Kerne entstehen. Ergebnisse Bei allen Versuchszeiten traten 3H- und doppelt-markierte Kerne nur in der Basalschicht auf. Bei einer Versuchsdauer bis zu wenigen Stunden war das such bei den 1X-markierten Kernen der Fall. Bei gri%eren Versuchszeiten traten 14C-Kerne in zunehmendem MaBe such aufierhalb der Basalschicht auf. Die Autoradiogramme wurden unter verschiedenen Gesichtspunkten quantitativ ausgewertet. Abb. 1 gibt die Ergebnisse wieder: Abb. 1 a: ,4uf den Autoradiogrammen wurden die Zahl der doppeltmarkierten Kerne und die Zahl der 3H-markierten Kerne (mit und ohne 14C> bestimmt. Abb. 1 a gibt den Prozentsatz der doppelt markierten Kerne bezogen auf alle Kerne mit einer 3H-Markierung wieder. Dieser Prozentsatz nimmt his 10-12 Std. linear ah. Er erreicht zu keinem Zeitpunkt den Wert Null. Abb. 1 b: Fiir einige Zeitpunkte wurde die (van der 2. Injektion herriihrende) mittlere 3H-Kornzahl/Kern der doppelt-markierten Kerne bestimmt. Diese Kornzahlen/Kern waren zu allen Zeitpunkten gleich. Das entspricht der Erwartung, weil die 3H-hlarkierung bei allen Tieren durch einen lStunden-Versuch zustande kommt. Im Gegensatz dazu nahm die (von der 1. Injektion herrtihrende) 14C-Spurenzahl/Kern der doppelt markierten Kerne zwischen 10 und 18 Stunden auf etwa die Hglfte ab, wie es bei einer mitotischen Teilung von 14C-Kernen zu erwarten ist. Abb. 1 c: Fiir die verschiedenen Zeiten wurde der Prozentsatz der 14C-markierten Mitosen bezogen auf alle Mitosen bestimmt. Dabei wurde eine etwa vorhandene 3H-Markierung nicht beachtet. Abb. 1 c entspricht dem von Experimental
Cell Research
44
132
Ch. Pilgrim,
W. Lang und W. Maurer
Quastler und Sherman [13] angegebenen l’erfahren der markierten Mitosen mit 3H-Thymidin. Die gefundene Kurve hat eine 50 per cent-Rreite von 18 Stunden und erreicht ein Plateau von annihernd 100 per cent. Fur einige Zeiten wurde aul3erdem die Zahl der 14C-Spuren pro Mitose ausgezahlt. Diese Zahlen nehmen ahnlich wie die W-Spurenzahl/Kern in hhb. 1 h bei gr6Beren Zeiten auf angenahert die Halfte ab. Der 3H-Index, cl. h. der Druchteil der bei der 2. Injektion in der S-Phase befindlichen Kerne zeigte bei den einzelnen Tieren zum Teil erhebliche Schwankungen. Er betrug im Mittel 4,.5 per cent bezogen auf alle Kerne der Epidermis. Die 3H-Indizes der einzelnen Tiere zeigten keine systematischen
a
Abb. l.-S-Phase markierung mit (a) W)
und Generations-Dauer r4C- mid SH-Thymidin.
Zahl der doppelt-markierten als Funktion des Zeitintervalls
(b) ‘%Xpurenzahl und valls zwischen den beiden
SH-Kornzahl Injektionen.
(c) Prozentsatz der W-markierten pro Mitose fur verschiedene Zeiten Experimental
Cell Research
44
dcr Basalzellen
der Ohr-Epidermis
Kerne bezogen auf alle 3H-markierten zwischen den beiden Injektionen. der doppelt-markierten
Kerne
Mitosen bezogen auf alle Mitosen nach Gabe von r*C-Thymidin.
(Maus) Kerne als Funktion
und mittlere
nach (mit
Doppelund ohnc
des Zeitinter14C-Spurenzahl
S-Phase
und Generationszyklus
der Basal-Epithelien
des Ohres
133
Schwankungen mit der Uhrzeit der zweiten Injektion, sondern nur regellose Unterschiede von Tier zu Tier. Gegeniiber friiheren Versuchen [ll] diirfte das damit zusammenhlngen, da13 die einzelnen Tierversuche zum Teil urn Tage und Wochen auseinanderlagen. Strahleneffekte infolge der ersten Injektion von 14C-Thymidin sind wegen der geringen Dosen (0.3 PC/g) k aum zu erwarten. Das gilt such fur die zweite Injektion von 3H-Thvmidin, und zwar trotz der hohen 3H-Aktivitaten _I (13 PC/g), weil 1 Stunde splter getiitet wurde. DISKUSSION
Bestimmung (Abb. 1 c)
der S-Phase aus dem Prozentsatz
der 14C-markierten Mitosen
Aus der Breite des Maximums der Kurve der markierten Mitosen in Abb. 1 c bei 50 % ergibt sich fur die S-Phase eine Dauer von 18 Stunden. Der steile Anstieg und Abfall des Maximums sprechen dafur, da13die Variationsbreite der S-Phase klein ist. Aus dem 50 %-Wert des Anstiegs zum Maximum erhalt man fur (G2 + l/2 M) einen Wert von 4,5 Stunden (M = Mitose-Dauer). Nach friiheren KurzzeitVersuchen mit 3H-Thymidin ist bei den Ohr-Epithelien der Maus der 3HIndex (Tagesmittel) 9mal griiBer als der Mitose-Index (Tagesmittel). Bei einem S von 18 Stunden ist dann M gleich 2 Stunden. Damit erhalt man fiir G2 einen mittleren Wert von 4,5-l = 3,5 Stunden. Die G2-Phase schwankt nach Abb. 1 c zwischen 1 und ca 8 Stunden. Der fur die S-Phase gefundene Wert von 18 Stunden ist kleiner als der von Sherman, Quastler und Wimber [14] fur die Ohr-Epithelien erhaltene Wert von 30 Stunden. Er ist aber deutlich griiBer als der fur viele andere Zellarten von Maus und Ratte gefundene Wert von 6-8 Stunden [2, lo]. Auch bei einigen anderen Zellarten wurden relativ groBe S-Phasen ermittelt, und zwar Werte bis zu 18 Stunden fiir die Spermatogonien der Maus [9], bis zu 26 Stunden fiir die Spermatogonien der Ratte [7], von 16 Stunden fiir die Leberparenchymzellen von 8 Wochen alten Ratten [12], von 18 Stunden fur die Parenchymzellen der Leber und die Tubuluszellen der Niere adulter Ratten [15] und S-Phasen von im Mittel 20 Stunden fur das Driisen-Epithel der Brustdriise der Maus [l]. Generationszeit und S-Phase nach der Zeit-Curve (Abb. la)
der doppelt markierten Kerne
Die infolge der 1. Injektion von 14C-Thymidin entstehende Subpopulation von 14C-Kernen wandert mit fortschreitender Zeit mehr und mehr aus der Experimental
Cell
Research
44
134
Ch. Pilgrim,
W. Lang und W. Maurer
S-Phase heraus. Diese 14C-Kerne durchlaufen dann G2 und treten anschlieBend in eine Mitose ein. Bei dem proliferierenden System der Ohr-Epithelien entsteht dabei im Steady State pro Mitose im Mittel nur eine neue 14C-Basalzelle mit der halben 14C-Spurenzahl/Kern. Nur diese ist weiterhin teilungsflhig und sphter bei einer 2. Injektion von 3H-Thymidin markierbar. Zum Zeitpunkt der Totung ist die Gesamtzahl aller 14C-markierten Kerne auf den Autoradiogrammen infolge von Mitosen griifler als die ,,Sub-Population der 14C-Kerne“ zum Zeitpunkt Null. Als Ma13 fur diese 14C-Sub-I-‘opulation wurde deshalb die Zahl der 3H-Kerne (mit und ohne 14C) infolge der 2. Injektion genommen. Innerhalb des gleichen Tieres konnen beide GroBen als gleich angenommen werden, wenn zeitlich konstante Verhaltnisse vorliegen. Der Prozentsatz der doppelt-markierten Kerne wurde deshalb auf die Zahl aller Kerne mit einer 3H-Markierung bezogen. Abb. 1 a gibt also an, welcher Prozentsatz der ,,Sub-Population von 14CKernen“ sich in spateren Zeitpunkten noch in der S-Phase befindet oder bereits in die nachste S-Phase eingetreten ist. In Parallele zu der sogenannten ,,Methode der markierten Mitosen“ nach Quastler und Sherman [13] kann die hier beschriebene Doppelmarkierung mit 14C- und 3H-Thymidin eine ,,Methode der markierten S-Phasen“ genannt werden. Dabei wird die Beobachtung der Mitose durch die Beobachtung der S-Phase und ihre Sichtbarmachung durch 3H-Thymidin ersetzt. Bei konstanter S-Phase und bei einer gleichmal3igen Verteilung der SKerne iiber die S-Phase ist ein zeitlich linearer Abfall der Zahl der doppelt markierten Kerne zu erwarten. Bei einer S-Phase von 18 Stunden (Abb. 1 c) sollte ihre Zahl bei 18 Stunden gleich Null werden. Tatsachlich fallt die gemessene Kurve in Abb. 1 a bis etwa 10 Stunden linear ab. Die geradlinige Extrapolation dieses Teils der Kurve schneidet die Zeitachse bei 18 Stunden (Abb. 1 a), wie es bei einem konstanten S van 18 Stunden zu erwarten ist. Im folgenden sol1 diskutiert werden, wie die zwischen 20 und 91 Stunden vorhandenen doppelt markierten Kerne gedeutet werden konnen. Einen Hinweis hierfur liefern die Zahlungen der 3H-Kornzahl/Kern und der 14CSpurenzahllKern der Abb. 1 b. Die zeitliche Konstanz der 3H-Kornzahl/Kern ist zu erwarten, da die 3H-Markierung bei allen Tieren auf 1-Stunden-Verzwischen 10 und 18 suchen beruht. Die Abnahme der 14C-Spurenzahl/Kern Stunden urn den Faktor 2 spricht dafiir, dal3 diese doppelt-markierten Kerne eine Mitose durchlaufen haben. Wegen der 3H-Markierung miissen sie sich schon wieder in einer neuen S-Phase betinden. Es ist bezeichnend, da13 zum gleichen Zeitpunkt, bei lo-12 Stunden, 1. der Abfall der 14C-Spurenzahl/Kern und 2. die Abweichung der Kurve in Abb. 1 a vom geradlinigen Verlauf Experimental
Cell Research
44
S-Phase
und Generationszyklus
der Basal-Epithelien
des Ohres
135
beginnt. Von diesem Zeitpunkt an treten offenbar Kerne nach Durchlaufen einer Mitose in die n~chste S-Phase ein. Weiterhin ist bezeichnend, da13 die Verminderung der 14C-Spurenzahl/Kern auf die Halfte bei etwa 18 Stunden beendet ist. Zu diesem Zeitpunkt haben offenbar die letzten 14C-Kerne die erste S-Phase, in der sie markiert wurden, verlassen. Zwischen lo-12 und 18 Stunden bestehen die doppelt-markierten Kerne aus zwei Gruppen, und zwar 1. aus solchen Kernen, welche sich noch in der 1. S-Phase behnden, weil sie sich zum Zeitpunkt Null erst am Anfang der S-Phase befanden und 2. aus solchen Kernen, welche zum Zeitpunkt Null schon am Ende der S-Phase lagen und welche sehr rasch G2, M und Gl passiert und eine 2. S-Phase erreicht haben. Daraus geht hervor, daB die doppeltmarkierten Kerne zwischen 20 und 91 Stunden eine Mitose durchlaufen haben, und da13 sie sich bereits wieder in einer neuen S-Phase behnden. Schon bei lo-12 Stunden treten solche Kerne auf. Varia tionsbreite
der Genera tionszeit
und der Gi -Phase
Das Auftreten von postmitotischen doppelt-markierten Kernen schon bei lo-12 Stunden zeigt, daB: (G2 + M)minimum + Gl mmlmum= lo-12 Stunden ist. Nach Abb. lc kann zu etwa 2 Stunden abgeschatzt werden. Fur Gl,,, erhllt man (G2 + wmin dann ca 10 Stunden. Diese Zellen haben eine Generationszeit von nur (lo-12 Std. + S) = ca 30 Stunden. Die Kurve in Abb. 1 a zeigt, da13 such Zellen mit erheblich gri%eren Generationszeiten vorhanden sind. So gibt die Zahl der doppelt-markierten Kerne z. B. bei 60 Stunden an, wieviel Kerne eine Generationszeit zwichen (60-S) und (60 + S) Stunden haben. Die WTerte der Abszisse in Abb. 1 a sind in diesem Sinne mittlere Generationszeiten. Die Zahl der doppelt markierten Kerne in Abb. 1 a gibt die Hluhgkeit solcher Generationszeiten wieder. Aus der Flache unter der Kurve in Abb. 1 a kann berechnet werden, da13 zwischen 20 und 60 Stunden 20 y0 der 14C-Kerne und zwischen 60 und 90 Stunden weitere 45 oh der 14C-Kerne eine 2. S-Phase erreicht haben. Bei dieser Rechnung wurde davon ausgegangen, da13 bei den Ohr-Epithelien aus einer Basalzelle durch Mitose im Mittel wieder eine teilungsfahige Basalzelle entsteht. Die restlichen 35 y0 der ,, 14C-Kerne“ sind in Abb. 1 a nicht zur Beobachtung gekommen. Es ist wahrscheinlich, daft bei ungefahr 100 Stunden ein Haufigkeits-Maximum der Generationszeit liegt. Da nach Abb. 1 c (G2 + M + S)mittel = ca 23 Stunden ist, wiirden die Gl-Werte eine Haufungsstelle bei ca 80 Stunden haben. Experimental
Cell Research
44
136
Ch. Pilgrim,
W. Lang und W. Maurer
Die meisten Zellen haben also relativ groBe Generationszeiten bzw. GlPhasen. Es existiert aber eine kontinuierliche Verteilung dieser Werte bis herab zu einer Generationszeit van ca 30 Stunden bzw. einer Gl-Phase von ca 10 Stunden. Die Kurve der l”C-llitosen in Abb. 1 c kann in ahnlicher Weise interpretiert werden. Der Abfall der 14C-Spurenzahl/Mitose auf die Halfte sollte (G2 + M) Stunden (ca 5,s Std.) spater als derjenige der 14C-Spurenzahl/ Interphase-Kern (Abb. 1 b) liegen. Die wenigen \Verte der 14C-Spurenzahl/ Mitose in Abb. 1 c widersprechen dem nicht. Die Ohr-Epithelien der Maus wurden von Sherman, Quastler und \Vimber [14] mit 3H-Thymidin nach der Methode der markierten Jlitosen untersucht. Fur die markierten Mitosen fand sich ein breites Maximum mit relativ langsamen Anstieg und Abfall. Aus der 50 %-Breite des Maximums wurde auf ein S = 30 Stunden geschlossen. Fur die Generationszeit der Basalzellen wurde aus dem 3H-Index ein ungefahrer W’ert von 22 Tagen berechnet. Diese n’erte sind erheblich griXIer als in dieser Yntersuchung. Wolfsberg [16] untersuchte die Epithelien des Vormagens der Maus mit der XIethode der markierten hfitosen. Danach tritt ein Teil der Epithelien nach einer Mitose sofort in eine Gl-Phase ein mit einer Generationszeit von 30 Stunden. Dagegen bleibt ein anderer Teil zunachst in einer GO-Phase von lingerer Dauer und tritt erst anschlieflend in eine Gl-Phase ein, wobei die gesamte Zeit zwischen zwei Mitosen einige \Vochen betragen kann. Zu den hier fur die Ohr-Epithelien beschriebenen Yerhaltnissen besteht eine deutlithe Parallele. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, da6 such bei den Epithelien des J’ormagens eine kontinuierliche \‘erteilung von Generationszeiten vorliegt. Gelfant [3, 4, 51 unterscheidet bei der Ohr-Epidermis und der Riickenhaut der Maus zwei Populationen von Epithelien. Danach tritt nur ein Teil der Zellen nach Durchlaufen der G‘J-Phase sofort in eine Mitose ein. Kin anderer Teil bleibt dagegen fur langere Zeit in tier G’L-Phase und tritt erst nach Ausliisung durch einen Reiz (z. R. \Vundsetzung) in die Mitose ein. Die vorliegende Arbeit kann hierzu keine Stellung nehmen, weil solche langlebigen nicht markiert und deshalb G’L-Kerne bei der 1. Injektion von 14C-Thvmidin y nicht beobachtet werden. Die Rate, mit der diese (nicht-markierten) G2Kerne schliefllich doch in die Mitose eintreten, mu13 aber vie1 kleiner als bei der hier untersuchten Population von 14C-Kernen sein, weil in Abb. 1 c der Prozentsatz der markierten Mitosen sehr nahe bei 100 “/b liegt.
Experimental
Cell
Research
44
S-Phase 3H-Index
und Generationszyklus
der Basal-Epithelien
des Ohres
137
und Generationszeit
Die in der Literatur oft durchgefiihrte Berechnung der Generationszeit aus der S-Phase und dem 3H-Index stiil3t bei den Basalzellen der Ohr-Epidermis auf Schwierigkeiten, weil die Zahl der echten (d. h. teilungsflhigen) BasalZellen nicht bestimmt werden kann. Auch kiinnen keine Aussagen iiber die Variationsbreite der Generationszeit gemacht merden. Nach der vorliegenden Arbeit ist bei einer mittleren Generationszeit von ca 100 Stunden und einer S-Phase von 18 Stunden fiir die Population der Basal-Zellen ein 3H-Index von 18 oh zu erwarten. FYir die gesamte Epidermis wurde ein 3H-Index von im Mittel 4,5 y0 ausgezghlt. Nach eigenen Zell-Zghlungen liegen 50-65 % aller Zellen und nach Untersuchungen anderer [ 141 55 y0 aller Zellen der Epidermis in der Basalschicht. Der hier gemessene 3H-Index spricht dafiir, daB nur ein Teil der in der Basalschicht gelegenen Zellen echte, noch teilungsfahige Basal-Zellen sind. Nach Greulich [6] und Leblond, Greulich und Pereira [8] enthtilt die Basalzellschicht neben teilungsftihigen such bereits differenzierte nicht mehr teilungsftihige Zellen. Auch langlebige G2-Kerne (Gelfant) [3, 4, 5 ] in der Basalschicht wiirden einen EinfluB auf die Deutung des 3H-Index der ,,basal gelegenen“ Zellen haben. SUMMARY
Mice were given a first injection of 14C-thymidine and then a second one of 3H-thymidine at times differing from 1 to 91 hr later. One hour after the second injection the animals were sacrificed, and autoradiograms were prepared from their ears. The number of double labeled nuclei in the ear epithelia on the autoradiograms was determined as a function of the time interval between the two injections. In addition the number of 14C-traces per nucleus and the number of 3H-grains per nucleus were determined. An S-phase duration of 18 hr was deduced from the curve expressing the number of double labeled nuclei as a function of time. The generation time was taken as the length of time between two sequential S-phases. These values continually varied between ca 30 and 100 hr. The S-phase was also determined from the same experimental material using the method of labeled mitoses, according to which the 14C-labeled mitoses were counted. The duration of the S-phase obtained by this method was also 18 hr.
Experimental
Cell Research
44
138
Ch. Pilgrim,
W. Lang und W. Maurer
LITERATUR 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
BRESCIANI, F., Exptl Cell Res. 38, 13 (1965). CAMERON, I. L. and GREULICH, R. C., J. Cell BioZ. 18, 31 (1963). GELFANT, S., International Society of Biology, Vol. 2. p. 229. Academic Press, New York, 1963. __ Exptl Cell Res. 26, 395 (1962). ~ ibid. 32, 521 (1963). GREULICH, R. C., in W. MONTAGNA and W. C. LOBITZ (eds.). The Epidermis, p. 117. Academic Press, New York, 1964. HILSCHER, W. und MAURER, W., Saturwiss. 49, 352 (1962). LEBLOND, C. P., GREULICH, R. C. and PEREIRA, J. M. P., in Advances in Biology of Skin, Vol. 5, p. 39. Pergamon Press, 1964. MONESI, V., J. Cell Biol. 14, 1 (1962). PILGRIM, CH. und MAURER, W., Exptl CeZl Res. 37, 183 (1965). PILGRIM, CH., LENNARTZ, I<. J., WEGENER, K., HOLLWEG, S. und MAURER, W.,Z. Zellforsch. 68, 138 (1965). POST, J. and HOFFMAN, J., Exptf Cell Res. 36, 111 (1964). QUASTLER, H. and SHERMAN, F. G., Exptl Cell Res. 17, 420 (1959). SHERMAN, F. G., QLJASTLER,H.~~~WIMBER, D. R., Exptt CeZI Res.25,114(1961). STBCKER, E. und HEINE, W. D., Beitr. path. And. 131, 410 (1965). WOLFSBERG, AL F., Exptt Cett Res. 35, 119 (1964).
Experimental
Cell Research
44