Über das assoziationsverhalten der syn- und anti-isomeren aliphatischer aldoxime

Über das assoziationsverhalten der syn- und anti-isomeren aliphatischer aldoxime

Press1975. Printedin Northern Ireland Spectrochimioa Acta, Vol. 31A, pp. 789 to 795. Pergamon ober das Assoziationsverhalten der syn- und anti-Isomer...

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Press1975. Printedin Northern Ireland Spectrochimioa Acta, Vol. 31A, pp. 789 to 795. Pergamon

ober das Assoziationsverhalten der syn- und anti-Isomeren aliphatischer Aldoxime* G. GEISELER, S. L&ZK und J. FRUWERT Sektion Chemie der Karl-Marx-Universitl, Leipzig G.D.R. (Received 20 May

1974)

Abstract-The association of the e?/n- and anti-isomers of n-heptane aldoxime and n-decsne aldoxime was studied by infrared spectroscopy. It has been found that in carbon tetrachloride the w&-isomers are much more strongly associated than the correspondingsyn-isomers. The reason for this behaviour is the different acceptor strength of the NOH-group in the isomers as could be con&med by NMR-studies of oxime solutions in presence of europium(III)-acetylacetonate as shift reagent. The results agree with those from earlier normal coordinate treatments. FR~HERE infrarotspektroskopische und thermodynamische Untersuchungen iiber das Assoziationsverhalten isomerer geradkettiger aliphatischer Oxime [l] haben ergeben, da13 die Oxime allgemein sehr vie1 starker assoziiert sind als vergleichbare Alkohole [2] und daB die Assoziationsneigung im Gegensatz zu der der Alkohole wachst, wenn die Oximgruppe vom Ende der Kohlenstoffkette in deren Mitte riickt. Als alleinige Ursache hierfiir erschien die unterschiedliche Art der Assoziation-die Oxime bilden cyclische Dimere und Trimere, die Alkohole bevorzugt Es drangte sich daher die Vermutung Assoziatketten-als wenig wahrscheinlich. auf, da13 die syn-anti-Isomerisierung eine entscheidendeRolle spielt. Kernresonanzuntersuchungen an Tetrachlormethan-Liisungen des kristallinen in reiner antiForm vorliegenden Caprylaldoxims erbrachten einen ersten und eindeutigen Hinweis [3]. Unter den gewahlten Bedingungen ist die Assoziation nicht nur konzentrationssondern such zeitabhangig, was bedeutet, da13 nicht nur eine Umlagerung in die syn-Form erfolgt sondern sich beide Isomere beziiglich ihrer Assoziationsfahigkeit such voneinander unterscheiden mussen. Urn diesen Befund zu erharten, haben wir das Assoziationsverhalten reiner Isomerer infrarotspektroAls Modellsubstanzen dienten n-Heptan- und n-Decanalskopisch untersucht. doxim. EXPERIBENTELLES

Die beiden Oxime wurden durch Umsetzung der entsprechenden Aldehyde mit Durch Umkristallisieren aus n-Heptan konnten die Hydroxylamin hergestellt. reinen anti-Formen beider Oxime erhalten werden. Ihre I.R.- undH-NMR-Spektren zeigten keine Verunreinigungen (Heptanaldoxim F.p. 55”C, Deoanaldoxim F.p. 30°C). Die Herstellung der reinen syn-Isomeren erfolgte in Anlehnung an PeikoviOTadid und Mitarbeiter durch saulenchromatographische Trennung eines zuvor * Teil der Dissertation S. Liick, Karl-Marx-Universitiit

(1971).

[l] G. GEISELERund J. FRUWERT, 2. @ye. Chem. N.F. 26, 111 (1960); G. GEISELER,K. QUITZSCH, R. GESEMANN und H. J. GESEMANN,2. phys. C&m. N.F. 35,10 (1962). [2] G. GEISELER, J. FRUWERT und E. ST~CKEL, 2. phya. Chem. N.F. 32,330 (1962). [3] G. GEISELER und G. MILLER, Spectrochim. Acta 29A, 345 (1973). 789

G. GEISELER, S. LOCK und J. FRUWERT

790

iiber liingere Zeit auf 80” gehaltenen Gleichgewichtsgemisches [4]. Ala Adsorptionsmittel diente ein im Hochvakuum bei 200°C entwassertes Supergel (Korngroge ~0,2 mm). Das zuerst austretende ayn-Isomere wurde anschliebend bei 25“C im Vakuum destilliert. Seine Einheitlichkeit konnte durch Diinnschichtchromatogramme und durch I.R.- bzw. H-NMR-Spektren gesichert werden. Ala Liisungsmittel diente in iiblicher Weise gereinigtes und sehr sorgfiiltig getrocknetes Tetrachlormethan. Fur die Intensitiitsmessungen stand das Gitterspektrometer Perkin-Elmer 621 zur Verfiigung. Gemessen wurde an der OH-Valenzschwingungsbande der nicht assoziierten Molekeln bei Konzentrationen im Bereich von 0,004 bis 0,04 Mol. 1-l sowie bei den Temperaturen 0, lo,20 und 3O’C. Die Temperaturkonstanz betrug f 0,Z”C. Bei der hijchsten Temperatur trat innerhalb der Mebdauer keine feststellbare der beiden Isomeren Isomerisierung ein. In Abb. 1 ist das Absorptionsverhalten des Decanaldoxims unter gleichen Bedingungen eranscvhaulicht. Wie aus den

(b)

4ooo

I 3500

3ocQ

I 2500

ir,

I 2oM)

I I500

I loo0

I 500

cm-’

Abb. 1. Infrarotspektren der Isomeren des n-Decanaldoxims in Tetrachlormethan (c = 0,05 Mol .1-l); (a) sywForm, (b) anti-Form.

Bandenintensitaten der OH-Valenzschwingung bei 3599 cm-l, aber such der NOValenzschwingung bei 925 cm-l und der CN-Valenzschwingung bei 1650 cm-l zu ersehen ist, zeigt das anti-Isomere eine deutlich grbflere Assoziationsneigung ala das syn-Isomere. Fur die Kernresonanzuntersuchungen wurde das Spektrometer HA-100 der Firma Varian verwendet.

[a] J.

PEICOVI~-TADI&

239 (1960).

M.

HR~NISLAVLICVIC-JAXO~LE~IC und S. NESIC, J. Chromatq.

21,

Syn-

und alati-Isomere

aliphetischer

Aldoxime

791

EROEBNISSE Zur Charakterisierung der Assoziation diente der Monomerengehalt a = B, ist die Integralabsorption der Monomeren bei der Konzentration c und B,I&; B, die bei unendlioh groDer Verdiinnung. In Tabelle 1 sind fiir die vier Alkohole einige aus den Intensitiitsmessungen ermittelten a-Werte zusammengestellt. Sie zeigen eindeutig, da13die anti-Isomeren betrachtlich starker assoziiert sind ala die syn-Isomeren. Wird die aus der Verkniipfung des Massenwirkungsgesetzes mit dem Lamber&Beerschen Gesetz sich ergebende allgemeingiiltige Gleichung [5] l-a

2Ca2

=

x12

+

i K&a

+

2K,4(Ca)2

+

f K16(Ca)2

+

. - .

auf die vorliegenden Systeme angewendet, so ergeben sich, wenn (1 - a)/2ca2 gegen ca aufgetragen wird, in allen Fallen Geraden, d.h. die Oxime bilden unter den gewiihlten Bedingungen wie erwartet nur Zweier- und Dreierassoziate. Alle bisherigen Befunde sprechen dafiir, da13es sich hauptsachlich urn cyclische Gebilde handelt. Sie werden offensichtlich bevorzugt durch OH * - - N-Briicken zusammengehalten, wie aus der Konzentrationsabhangigkeit der C==N- und NOValenzschwingung zu entnehmen ist [l]. Offenbar gilt dies fiir beide Isomere (T&belle 2). In Abb. 2 ist am Beispiel des anti-Decanaldoxims die (( 1 - a)/(2caa))/ca-Abhiingigkeit veranschaulicht. Die graphisch aus der Neigung und dem Ordinatenabschnitt Tab&e

1. Monomerengehalt

a in Abhiingigkeit Temperatur

von Konzentration

an&Heptanaldoxim

qwHeptanaldoxim cm01

0% . l-l]

a

c[Mol

0,347 0,384 0,523 0,603 0,662

0,030s 0,0237 0,0127 0,0082 0,0055

30% . l-l]

0,0297 0,0229 0,0175 0,0122 0,0079 0,0053

a 0,640 0,652 0,746 0,805 0,860 0,888

c[Mol

.

0% l-‘1

0,0312 0,0225 0,016O 0,006s 0,0052 0,004o

eyn-Decanaldoxim

. l-l]

0,0429 0,0435 0,OlQQ 0,0163 0,0103

a 0,299 0,300 0,427 0,468 0,638

30% a 0,285 0,334 0,385 0,545 0,599 0,621

c[Mol

. l-l]

0,0301 0,0264 0,0217 0,0154 0,0065 0,005o

a 0,534 0,554 0,592 0,641 0,809 0,843

anti-Decanaldoxim

0% CM01

und

c[Mol

30% . I-‘]

0,0414 0,042O 0,0192 0,0157 0,010o

a 0,556 0,570 0,687 0,755 0,780

[5] G. GEISELER und E. ST&EEL, Spectrochim

cm01

0% * l-l]

0,0249 0,0107 0,013s 0,0088 0,0063 0,005o

Actu

17, 1185

a 0,290 0,352 0,382 0,464 0,518 0,587

(1961).

cm01

30% - I-‘]

0,024O 0,OlQO 0,0133 0,0085 0,0066 0,0042

a 0,546 0,595 0,654 0,744 0,815 0,837

G. GEIBELER, S. LOCK und J. FRUWERT

792

Tabelle 2. Vallenzschwingungen beider Isomeren des Decanaldoxims im freien und assoziierten Zustand (gel&t in Tetrachlormethanc = 0,23 Mol * 1-l) v[cm-l] anti

Schwingung

ayn

C=N

st

mon. ass.

1648 1660

1643 1663

N-O

st

mon. ass.

926 897

930 912

Abb. 2. (( 1 - a)/( 2cae))/ca-Abhiingigkeitdes anti-Decanaldoxims in Tetrachlormethan. der Geraden gewonnenen Assoziationskonstanten sowie die aus ihrer Temperaturabhangigkeit berechneten Assoziationsenthalpien vermittelt Tabelle 3. Eine Fehlerabschatzung ergab, da13die Unsicherheit der Gleichgewichtskonstanten bei f7 bzw. &-9% und die der Enthalpiewerte bei &12 bzw. f15% liegt. W&rend die Gleichgewichtskonstanten das unterschiedliche Assoziationsverhalten der jeweiligen Isomeren deutlich widerspiegeln, lassen die Enthalpiewerte nur beschrankte und unsichere Aussagen ZU. Offensiohtlich sind bei allen pier Oximen die Dimeren strukturell ahnlich. Ihre Stabilitat wird von der Gr613e und der Orientierung des jeweiligen Kohlenwasserstoffrestes im Assoziat kaum Tabelle 3. Assoziationskonstantenund -enthalpien K12[1 . Mol-l] Oxim ay+Heptanaldoxim anti-Heptanaldoxim syn-Decanaldoxim anti-Decanaldoxim

K&l2 . Mo~-~]

00

100

2o”

30°

o”

loo

2o”

30°

AH,, AH,, [kcal . Mel-‘1

53 102 62 101

30 60 30 55

19 33 23 39

12 22 14

2190 2920 1390 6490

495 1260 695 2040

217 720 116 799

93 213 71 534

-8,2 -8,4 -7,s -8,2

21

-16,s -13,6 -17,4 -13,s

Syn- nnd urtti-Ieomere aliphatischer Aldoxime

793

Anders liegen die Verhliltnisse bei den Trimeren. Da sich die Assoziationsenthalpien der syn- und anti-Form urn etwa 3,5 kcal voneinander unterscheiden, ist zu vermuten, da13 hier sowohl cyolische als such nichtcyclische Trimere in unterschiedlichen Mengen vorliegen. In cyclischen Trimeren kijnnen die bevorzugt gebildeten OH * - - N-Briioken ala gestreckt angesehen werden, was bedeutet, da3 auf jede dieser H-Briicken eine Bindungsenergie von 5,5-6,0 kcal Mol-1 entfallen wiirde [6]. Wird im entsprechenden nichtcyclischen Trimeren der gleiche Betrag fiir jede der beiden H-Briicken angenommen, so erg&be sich fiir die Assoziationsenthalpie ein Wert von 11,0 bis 11,6 kcal. Fur den Fall der alleinigen Bildung linearer OH - - - 0-Briicken ware eine Assoziationsenthalpie von nicht mehr als etwa 10 kcal zu erwarten. Werden diese energetischen Daten als anniihernd zutreffend betrachtet, so folgt, da13in den Losungen der syn-Formen nur sehr geringe Mengen nichtcyclischer Trimerer, in den Losungen der antiFormen dagegen erhebliche Mengen vorliegen. ErfahrungsgemliB besitzen cyclische Assoziate eine grol3ere Lebensdauer ala vergleichbare nichtcyclische. Dies aber mu13zur Folge haben, da13bei den anti-Isomeren der relative Gehalt an Trimeren niedriger sein mu13als bei den syn-Isomeren. Wie aus Abb. 3 hervorgeht, ist das der Fall. Hier sind fur die beiden Isomeren des Heptanaldoxims die aus den Assoziationskonstanten bei 0°C berechneten Gleichgewichtszusammensetzungen dargestellt. Wegen des starken Ubergewichtes der Dimeren gegeniiber den Trimeren wirkt sich indessen der absolut nur kleine Gehalt an nichtcyclischen Trimeren kaum erniedrigend auf die Gesamtassoziation der anti-Isomeren aus. Da die OH-Valenzschwingungen der monomeren syn- und anti-Isomeren keine Frequenzunterschiede zeigen, konnen ihre Donatoreigenschaften in guter Nliherung

beeinfluBt.

Abb. 3. Assoziatverteilung der Isomeren des n-Heptanaldoxims methan bei O’C; (a) q+Form, (b) ~&Form. [6] G. GEISE~R,

J. Mol. Struct. 1, 305 (1967-68).

in Tetrachlor-

G. GEISELER, S. L~~cK und J. FRUWERT

794

als gleich betrachtet werden. Das unterschiedliche Assoziationsverhalten ist somit auf betrachtliche Unterschiede in den Ak zeptoreigenschaften der Oximgruppen zuriickzufiihren. Einen indirekten Hinweis hierfiir erbrachte eine Normalkoordinatenanalyse des syn- und anti-Acetaldoxims [7]. Unter Verwendung des allgemeinen Valenzkraftfeldes (GVFF) ergaben sich die in Tabelle 4 aufgefiihrten Bindungskraftkonstanten. Aus den Zahlenwerten kann gefolgert werden, daD Tabelle 4. Bindungskraftkonstanten der isomeren Acetaldoxime (Resse A; in mdyn . A-l) Bezeichnung

syn-Form

anti-Form

10,05 4,15 0,61 1,38

fCN

fN0

dccN &No

10,37 3,95 0,77 2,04

die Bindungsfestigkeit der CC- und NO-Bindung im syn-Oxim grijDer ist als im anti-Oxim und daB die x-Elektronen der Doppelbindung starker delokalisiert sind. Damit mu13 die Elektronendichte am Stickstoffatom des anti-Aldoxims gr6Ber sein als in der syn-Verbindung, d.h. das Stickstoffatom der anti-Form ist basischer als das der syn-Form, also ein starkerer Akzeptor, was im Sinne der experimentellen Ergebnisse bei gleicher Donatorstarke zu starkerer Assoziation fiihren muB. Einen direkten Beweis fiir die unterschiedliche Akzeptoreigenschaften der syn- und anti-Oxime bietet die Art des Einflusses geeigneter Verschiebungsreagenzien auf die Kernresonanzspektren [S]. Wird zu Lijsungen von Isomerengemischen des Decanaldoxims in Tetrachlormethan Europium(III)-acetylacetonat hinzugefiigt, verschieben sich alle von der Isomerie abhangigen Protonensignale der syn-Form nur unwesentlich, hingegen die der anti-Form betrachtlich nach tieferem Feld. In Tabelle 5 sind einige aus derartigen Untersuchungen ermittelten Verschiebungen aufgefiihrt . Aus diesem Befund kann unmittelbar geschlossen werden, Tabelle 5. Chemische Verschiebungen 6 in p.p.m. der Protonensignale eines Isomerengemisches des Decanaldoxims in Tetrachlormethan ohne und mit Zusatz von Europium(III)-acetvlacetonat

Bezeichnung des Protons OH OH CH CH CH, CH,

6 ohne Zusatz

anti aym anti syn anti syn

[7] G. GEISELER,H. B~HLIG, J.FRUWERT [S] C. C. HINCKLEY, J. Amer. Chem. Sot.

6 mit Zusatz (0,0034 Mol .1-l)

9,53 8,98 6,60 7,28 2,33 2,17

12,27 9,25 7,79 7,37 3,32 2,33

~~~B.NAQEL,J.

91,5160

(1969).

MoLStruct.

A6 2,74 0,27 1,19 0,09 0,99 0,16

18,49(1973).

Syn- und anti-Isomere

aliphatischer Aldoxime

795

da13 die NOH-Gruppe des anti-Oxims die bessere Akzeptoreigenschaft (griil3ere Basizitat) besitzt. Als Koordinationsstelle mu& wie aus allen bisherigen Ergebnissen zu schliel3en ist, das Stickstoffatom wirken. Dies erharten such die Ergebnisse aus der Normalkoordinatenanalyse und die von Sauvaitre und Deschamps mit der Hiickelschen LCAO-Methode an Oximem berechneten Ladungsdichte am Stickstoff- und Sauerstaffatom [9]. [9] H. SAUVAITRE undJ. DESCHAMPS, Tetrahedron Lett. 1761 (1967).

19