„Biologische Aktivität und Struktur – Wirkungsbeziehungen von Alkyl- und Arylcarbonsäurehydraziden bei Chlorella vulgaris“

„Biologische Aktivität und Struktur – Wirkungsbeziehungen von Alkyl- und Arylcarbonsäurehydraziden bei Chlorella vulgaris“

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r Biochem. Physiol. Pflanzen 174, 223-234 (1979)

"Biologische Aktivitat und Struktur Wirkungsbeziehungen von Alkyl- und Arylcarbonsaurehydraziden bei Chlorella vulgaris" CLAUS-RUDIGER KRAMER, EIKE BORNS und HEINZ BOHM Padagogische Hochschule "Wolfgang Ratke" Kothen, Sektion Chemie/Biologie

Biological Activity and Structure - Activity Relations of Alkyl- and Aryl Carbonic Acid Hydrazides by Chlorella vulgaris Key Term Index: Carbonic acid hydrazides, quantitative structure-activity relations; Chlorella vulgaris.

Summary With the aid of the efficiency factors of 11 alkyl carboxylic acid hydrazides and 12 monosubstituted benzhydrazides structure- activity relations of this group of substances were investigated. To test the biologi cal activity of the acid hydrazides we used a growth test with Chlorella vulgaris. The alkyl- and aryl-substituted acid hydrazides showed different structure-activity relations. In the case of the alkylcarboxylic acid hydrazides the correlations of the logarithms of the isoactive concentrations to the log P_l), n-, R w , MR- and MW-values as well as to the number n of the carbon atoms up to a chain length of 4 carbon atoms in any case showed linear relations. With the benzhydrazides the best structure-activity relations were found to the Hammett-a-constants. In all correlations studied exist simultaneous discrete functions for the para- and meta-derivatives. The importance of the resonance mechanisms for the discovered structure-activity relations of this group of substances is emphasized by the linear relations to the ffi-constants.

Einleitung Mikroorganismen haben einen fest en Platz als Testorganismen zur Beurteilung chemischer Noxen eingenommen. Photosynthetisch aktive EinzelIer, wie chlorococcale Aigen der Gattung Chlorella, bieten hierzu eine Vielzahl von Einsatzmoglichkeiten. Die Identitiit ihres photosynthetischen Apparates mit dem der hoheren Pflanzen erlaubt auf einem sehr wichtigem Gebiet des pflanzlichen Stoffwechsels und der damit verbundenen Wachstumserscheinungen Aussagen zu treffen, die tiber die eigene Art hinausgehen. Die bei den durchgefUhrten Untersuchungen eingesetzte einzellige Grunalge Chlorella vulgaris, Stamm BOHM und BORNS 1972/1 wird seit 1971 in den Kothener Laboratorien als Synchronkultur gehalten und steIIt das Basisobjekt eines von BnHM (1972) vorgestellten Chlorella- Testsystems dar. Der schnelle und direkte Kontakt des Effektors mit dem einzeIIigem Testorganismus erlaubt schon nach wenigen Stun den Aussagen zu seiner potentiellen Wirkung zu ma1) Abkiirzungen: P, Verteilungskoeffizent n, n- Werte nach HANSCH 15*

RM, Retentionswert MR, Molrefraktion MW, Molmasse

r

224

O.-R. KRAMEH U. a.

chen. Besonders geeignet erscheint uns der Wachstumstest, da das Zellwachstum auBerordentlich komplex mit allen Stoffwechselbereichen mittelbar oder unmittelbar verknupft ist. Allerdings erschwert diese Komplexitat auch die genaue Lokalisation eines Effektes obwohl dieser Test den EinfluB auf den Gesamtstoffwechsel quantitativ widerspiegelt. Die Stoffgruppe der Carbonsaurehydrazide, besonders die der Benzhydrazide, ist in zahlreichen Arbeiten an verschiedenen Testobjekten auf ihre biologische Aktivitat in den fiinfziger und seehziger .Jahren untersucht worden. In den meisten Arbeiten wird die Hemmwirkung von verschiedenen Carbonsaurehydraziden bzw. von deren Derivaten auf Mycobacterium tuberculosis (OFFE et al. (1952); CLAESEN et al. (1954) in vitro untersucht. Aber auch Staphylococcus aureus 209 P, Escherichia coli commwnior, Bacillus subtilis (FUJIKAWA et al. 1954), Bacillus welchii Typ A, Bacillus tetani Stamm ~ (Bi:iNICKE et al. 1954) und Influenza .A virus (KL"NDIN et al. 1964) werden in vitro durch Benzhydrazide gehemmt. Eine Totalhemmung wird meistens im Bereich von 10-4 bis 10-5 masseprozentigen Losungen beobachtet. In-vivo-Versuche fielen negativ aus. Zwischen den Hemmwirkungsdaten der einzelnen Hydrazidderivate bestehen keine groBen Unterschiede, so daB diese Daten fur durchzufiihrende Struktur-Wirkungs-Analysen nicht aussagekraftig genug sind. Wir fuhrten Untersuchungen zur biologischen Aktivitat von 11 Derivaten der homologen Reihe der Alkylcarbonsaurehydrazide und 12 Vertretern p- und m-substituierter Benzhydrazide auf Chlorella vulgaris mit dem Ziel durch, quantitative Struktur-Aktivitats-Beziehungen dieser Stoffgruppe zu finden. Gleichzeitig lassen die erhaltenen Ergebnisse allgemeine Aussagen uber die Brauchbarkeit des angewendeten Testes fur weitere mogliche Untersuchungen zur Struktur-Aktivitats-Beziehungen zu. Material uud Methodeu Gelestele Substanzen

Die fiir die Untersuchungen verwendeten Alkyl- ('l'abelle 1) und Arylcarbonsaurehydrazide ('l'abeUe 2) lassen sich mit Ausnahme von Nr. 9 nach allgemeinen Methoden von SAH (1940) und von KYAME et al. (1947) durch Umsetzung del' entsprechenden Oarbonsaureethyle~ter, die entweder kommerziell erhaltlich odeI' durch Alkoholyse del' Sauren nach iiblichen Vorschriften darstellbar sind, mit 70- bis 80prozentigem Hydrazinhydrat in guten Ausbeuten synthetisieren:

+ NH2 -

HN 2 . H 20

--+

-

H,O

R-O--f°

~NH-NH2

+ 02 H S OH (R: Alkyl, Aryl) Pivalinsaurehydrazid (Nr. 9) ist dUlch Erhitzen von Pivalinsaureethylester mit einem UberschuB von Hydrazinhydrat im Rohr bei 140 °0 zuganglich. Die Identifikation del' Substanzen erfolgte durch Elementaranalyse und Auswertung ihrer IRSpektren. Algenanzucht und Applikationstechnik

Del' von uns verwendete Stamm Chlorella vulgaris BEIJEHINCK 1890 Stamm BOHM und BORNS 1972/1 wurde bei 36,5 °0 und einem artspezifischen Licht-Dunkel-Wechsel von 8 Std. Licht und

Struktur - Aktivitatsbeziehungen von Carbonsaurehydraziden

225

4 Std. Dunkelheit synchronisiert. Das anorganische Nahrmedium basiert auf Angaben von KUIIL und LORENZEN (1964) und garantierte ein optimales Wachstum. Die Kultivierung der Ttstkulturen erfolgte in einem Licht-Karussel-Thermostat, der von BORNS et al. (1974) entwickelt wurde. Er garantiert fiir aile KulturgefaBe eine gleiche Belichtung und Temperierung, wobei als Lichtquelle 60 Leuchtstofflampen vom Typ "WeiB" und "Lumoflor" von je 8 Watt Verwendung fanden. Der Licht-Karussel-Thermostat erreicht so eine durchgangige Belichtungsintensitat von 28 Watt/m2 fiir aile 30 Kultivierungsplatze. Als KulturgefaBe fanden serienmaBig-produzierte Reagenzglaser der Abmessung 30/200 Verwendung, die vor ihrem Einsatz in einem Wachstumstest auf "Abweichung" hin untersucht wurden. Sie wurden wahrend des Tests von 10 L Luft je Stunde, mit einem CO 2 -Anteil von 2 Vol.-% durchstromt. Testbedingungen

Das Prinzip des Wachstumstestes besteht darin, daB definiert konzentrierte Suspensionen frisch geschliipfter Autosporen von Chlorella vulgaris (z. B. 4 X 1()6 Zellen/cm3 ) mit der Wirkprobe, die maximal 3 % des Volumens der Suspension betragt, in abgestuften Konzentrationen konfrontiert und parallel mit den unbehandelten Kontrollen belichtet werden. Die relative Wachstumsentwicklung wurde mit Hilfe der direkten Absorptionsmessung bei 680 mm nach 6 Std. Testdauer registriert (geeignet sind zur Bestimmung der relativen Wachstumsentwicklung auch nephelometrische Messungen bei 540 nm). Durch die Festlegung, daB die Differenz aus der Absorption der Kontrollosung und der Absorption der Ausgangssuspension 100% Wachstum entspricht, lassen sich durch Proportionen die Wachstumsprozente der behandelten Proben bestimmen. Die Hemmungswerte in Prozent erhalt man durch Erganzung zu 100%.

Ergebnisse und Diskussion

AIle untersuchten Carbonsaurehydrazide hemmten das Wachstum von Chlorella vulgaris beim Wachstumstest. Hierbei wurden in allen Fallen typische Abhangigkeiten der gezeigten Hemmung von den eingesetzten Konzentrationen der HydrazidlOsungen beobachtet. Das zeigte sich besonders bei der Korrelation der relativen Hemmwerte in Prozent zu den entsprechenden Logarithmen der Wirkkonzentrationen. Die so erhaltenen Dosis-Wirkungs- Kurven haben die typische Form von integrierten GauB- Kurven. Diese haben im Bereich von 15 % bis 85 % Hemmung einen linearen Teil. Die Abb. 1 zeigt die linearen Teile der Dosis-Wirkungs-Kurven einiger Alkylcarbonsaurehydrazide. Aus diesen Dosis- Wirkungs- Kurven wurden durch Interpolation die Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen, die 50% Hemmung verursachen, entnommen. Die von uns bestimmten Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen log C50 % sind in den Tabellen 1 und 2 enthaIten. Zwischen den isoaktiven Konzentrationen der Carbonsaurehydrazide, besonders bei den Alkylcarbonsaurehydraziden, bestehen relativ groBe Unterschiede. Sie variieren im Bereich von ~ 10- 2 bis ~ 10-5 M. Struktur-Aktivitiits-Beziehungen von Alkylcarbonsiiurehydraziden bei Chlorella vulgaris

Betrachtet man die - log-C50 %- Werte fur die Hemmwirkung der Alkylcarbonsaurehydraziden auf Chlorella vulgaris in Tabelle 1, so stellt man eine kontinuierliche Zu-

C.-R. KRAMER u. a.

226

Tabelle 1. Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen und der Verteilungsdaten log -P und MR-Wert von Alkylcarbonsaurehydraziden der allgemeinen Form RCONTVHNH 2 sowie n-Konstanten und 11'10 refraktionen der Alkylgruppen dieser Stoffgruppe.

A: Die -log CSo%-Werte wurden durch Interpolation aus den Dosis-Wirkungs-Kurven erhalten B und C: log P-Werte und II-Konstanten von Alkylcarbonsiiurehydraziden aus Verteilungsgleich gewichten im System n-Octanol/Wasser von KRAMER (1979). D: Die angegebenen R M-Werte einiger Alkylcarbonsiiurehydrazide wurden aus papierchromato graphischen RF-Werten von SATAKE et al. l1950) berechnet. E: Die MR-Werte wurden einer Zu sammenstellung von HANseR et al. (1973) entnommen. Mit den in der Tabelle 1 angegebenen Daten wurden die Korrelationen (1) bis (7) durchgefiihrt. Nr. R

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

H CH 3 C2 HS n-C 3 H7 i-C aH7 n-C 4 H 9 i-C4 H 9 s-C 4 H 9 t-C4 H 9 n-CSHl l n-C6 H 13

Kurzbezeichnung

B A -log Cso % log P

0 1 2 n3 i3 n4 i4 s4 t4 n5 n6

2,08 3,05 3,49 4,24 3,67 4,74 4,47 4,67 4,4 3,33/4,1 3,49

-5,0

-2,05 -1,58 -1,003 -0,62 -0,626 -0,105 -0,310 -0,33 -0,304 + 0,482 + 0,969

-4,0

C II

0 0,47 1,047 1,43 1,424 1,945 1,74 1,72 1,696 2,532 3,019

-3,0

D RM

E MR

0,955 0,609 0,23 -0,069 -0,14 -0,368 -0,368

0 5,65 10,3 14,96

-0,525

19,54

19,62 24,20

-2,0

log C(Hyd)

Abb. 1. Dosis- Wirkungs-Kurven einiger FeUsaurehydrazide. Aufgetragen wurde die relative Hemmwirkung auf Chlorella vulgaris in Abhiingigkeit von den L arithmen der Konzentration der getesteten Fettsiiurehydrazide. Von Interesse sind nur die linea Teile der Dosis-Wirkungs-Kurven. Sie dienen der Bestimmung der Logarithmen der isoaktiven K zentrationen -log Cso %· 0= Formhydrazid; 1 = Essigsiiurehydrazid; 2 = Propionsiiurehydrazid; n3 = n-Buttersiiurehyd zid; n4 = n-Valeriansiiurehydrazid.

T

227

Struktur - Aktivitatsbeziehungen von Carbonsaurehydraziden

Tab eJle 2. Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen und Verteilungsdaten (log P) von Benzhydraziden der allgemeinen Form RC6 H 4 CONHNH 2 und elektronische Substituentenkonstanten. A: Die -log C50 %- Werte wurden durch Interpolation den entsprechenden Dosis- Wirkungs-Kurven entnommen. B: Die log P-Werte wurden aus Verteilungsgleichgewichten von Benzhydraziden im System n-Octanol/Wasser bestimmt (KRAMER 1978). C: Die elektronischen Substituentenkonstanten a wurden einer Zusammenstellung von McDANIEL et al. (1958) entnommen. D: Die a+-Konstanten wurden von BROWN et al. (1958) zusammengestellt. E: Die ~-Werte wurden von HANSCH et al. (1973) bestimmt. Die in der Tabelle 2 enthaltenen Daten wurden fUr die Korrelationen (8) bis (15) benutzt. Nr.

R

12 13

H p-CHa moCHa p-NH2 m-NH 2 P-N02 m-N0 2 poOH m-OH p-OCHa p-CI m-CI

14

15 16 17 18 19 20 21 22 23

A -log C50 %

B log P

C

D

E

a

a+

~

3,43 3,82 3,25 3,21 2,90 4,60 4,60 3,45 3,2 3,7 4,0 3,4

0,232 0,728 0,740 -0,747 -0,855 0,353 0,231 -0,332 -0,082 0,251 1,12 1,lH

-0,17 -0,07 -0,66 -0,16 0,78 0,71 -0,37 0,12 -0,27 0,23 0,37

°

°

-0,31 -0,07 -1,3 -0,16 0,79 0,67 -0,92 -0,78 0,11 0,40

°

-0,13 -0,13 -0,68 -0,68 0,16 0,16 -0,64 -0,64 -0,51 -0,15 -0,15

nahme der Hemmwirkung mit groBer werdender Kettenlange des Alkylrestes bis zum n-Valeriansaurehydrazid (n4) fest. Eine Auftragung der -log C50 %-Werte als Funktion der log P- bzw. II- W erte (Abb. 2) und die GIeichungen (1) und (2), bestatigen diese FeststeIIung.

<5 -log C50 % = 1,32 log P + 4,93 bzw. n = 9, r = 0,975, s = 0,883 nCA-tome

(1)

-log CbO % = 1,32II + 2,2 (2) n = 9, r = 0,975, s = 0,883 Will man die Punkte n5 und n6 mit in die Korrelation -logCo5 %Ilog P einbeziehen, dann muB man davon ausgehen, daB es sich urn eine parabolische Funktion handelt. Eine solche mogliche Funktion laBt sich durch GIeichung (3) wiedergeben: -log C"O%

=

4,5

+ 0,5 log P -

1,5 (log P)2 - 0,29 (log P)3

(3)

n = 11, r = 0,951, s = 0,825 Den Funktionen (1) und (3) liegen unterschiedliche ModeIIe von quantitativen StrukturAktivitats- Beziehungen zugrunde. Die Gleichungen (1) bzw. (2), den en wir gegeniiber (3) den Vorzug geben, lassen sich theoreti3ch durch das VerteiIungsmodeII bzw. das ProteinbindungsmodeII nach FRANKE (1970) deuten. Nach diellen ModeIIen nehmen innerhalb der homologen Serien die negativen Logarithmen der isoaktiven Konzontrationen mit groBerwerdender Kettenlange bzw. den log P- oder II- W erten linear zu. GIeichzoitig

228

O.-R.

KRAMER

u. a.

nimmt auch die relative Sattigung log C50 %/C ges. (C ges. = Loslichkeit in M) innerhalb von homologen Reihen linear mit der Kettenlange zu. Da allgemein die Wasserloslichkeit innerhalb einer homologen Reihe schneller abnimmt als die isoaktiven Konzentrationen, wird an einer Stelle innerhalb der homologen Reihe C50 % = C ges. Dieser Fall scheint beim n-Valeriansaurehydrazid (n4) gegeben zu sein. Fiir das nachste Mitglied der Serie, dem n-Capronsaurehydrazid (n5), diirfte C ges. kleiner als C50 % sein, d. h. die fUr die Erzeugung des standardisierten biologischen Effektes notwendige Konzentration wird nicht mehr erreicht. Die Folge des Nichterreichens der isoaktiven Konzentration muB zu einem Abbruch bzw. zu einer starken Abnahme der Aktivitat fiihren, was durch die gefundenen Daten bestatigt wird. Auch die gefundenen Werte fUr -d log C50 %/d log C ges. = -0,972 und fUr -d log C50 %/d log P = 1,32 weisen auf ein Verteilungsmodell bzw. Proteinbindungsmodell hin. Entsprechende Literaturdaten, die durch FRANKE (1970) zusammengestellt wurden, liegen bei -1 und im Bereich von 0,70 bis 1,25.

5,0 n3 0

4,0

n5

~

0

[3

0

It>

U

g>

I

0

0

2.

n6

3,0

2,0 -2

-1

logP

o

Abb. 2. Korrelation zwischen den Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen von Alkylcarbonsiiurehydraziden bei Chlorella vulgaris und den Loganthmen der Verteilungsdaten P fur die Verteilung dieser Siiurehydrazide im System n-Octanol/Wasser. Zwischen den Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen und den Logarithmen der Verteilungsdaten besteht bis zum Punkt n 4 ein linearer Zusammenhang, d. h. mit groBer werdenden log PWert nimmt die Hemmwirkung in gesetzmaBigerweise zu [siehe dazu auch Gleichung (1)]. o = Formhydrazid; 1 = Essigsaurehydrazid; 2 = Propionsaurehydrazid; 3 = Buttersaurehydrazid, 4 = Valeriansaurehydrazid; 5 = Oapronsaurehydrazid; 6 = Onantsaurehydrazid. n = normales; i = iso; s = sekundares; t = tertiares.

r Struktur - Aktivitatsbeziehungen von Carbonsaurehydraziden

229

Bei einer Auftragung der -log C50 %-Werte als Funktion der RM-Werte von Hydraziden (Abb. 3), der RM-Werte von p-Alkylphenolen (Daten nach DUNN et al. 1974), der Molrefraktionen (MR), der Alkylreste (Abb. 4) und der Molmassen (MW) der Alkylgruppen wurden in allen Fallen fUr die Alkylcarbonsaurehydrazide bis zu einer Alkylgruppenkettenlange von 4 Kohlenstoffatomen Struktur-Aktivitats-Beziehungen gefunden. n

C.Atome

<5

-log C50 % = -1,84 RM (Hyd) + 3,94 n = 7, r = -0,910, s = 0,918

(4)

-log C50 % = 1,44 RM (p-Alkylphenole) n = 7, r = 0,972, s = 0,908

+ 3,89

(5)

-log C50 % = 0,128 MR + 2,16 n = 6, r = 0,987, s = 0,995

(6)

-log C50 % = 0,046 MW + 2,14 n = 6, r = 0,981, s = 0,995

(7)

5,0

n4 o

o

i4

n3 o

~ 4,0 ~ U 0)

-

o

2.

I o

3,0

1

2,0 -0,5

o

RM(H~d.)

0,5

1,0

Abb. 3. Auftragung der Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen von Alkylcarbonsiiurehydraziden bei Chlorella vulgaris als Funktion der R M - Werte dieser Siiurehydrazide. Die verwendeten RM-Werte wurden aus papierchromatographischen RF-Werten nach SATAKE et al. (1950) berechnet. Die Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen und die R M-Werte der untersuchten Alkylcarbonsaurehydrazide sind linear miteinander verkniipft [siehe dazu auch Gleichung (4)]. o = Formhydrazid; 1 = Essigsaurehydrazid; 2 = Propionsaurehydrazid; 3 = Buttersaurehydrazid; 4 = Valeriansaurehydrazid; n = normales; i = iso.

,.. 230

C.-R.

KRAMER U.

a.

Aus den gefundenen Daten und Struktur-Aktivitats-Beziehungen kann man ableiten, daJ3 die Wirkstoffmolekiile vollstandig in das Innere der bindenden hydrophoben Region iiberfUhrt worden sind. Damit laJ3t sich diese Substanzklasse in die erste Gruppe von homologen Reihen, der von FRANKE (1970) vorgeschlagenen Klassifizierung einordnen.

Struktur-Aktivitiits-Beziehungen von Benzhydraziden bei Chlorella vulgaris Obwohl die Wirkdaten der Benzhydrazide (Tabelle 2) sich mit denen der Alkylcarbonsaurehydrazide vergleichen lassen, findet man andere Struktur-Aktivitats-Beziehungen. So zeigt eine Auftragung der -log C50%- Werte der Benzhydrazide als Funktion der log P-Werte, wenn man die stark abweichenden Punkte fUr die Nitroderivate unberiicksichtigt laJ3t, daB fUr die para- und meta-substituierten Benzhydrazide 2 getrennte lineare Beziehungen vorzuliegen scheinen (Abb. 5).

para:

-log C50 % = 0,38 log P + 3,57 n = 5, r = 0,998, s = 0,287

(8)

meta:

-log C50 % = 0,21 log P + 3,17 = 4, r = 0,947, s = 0,212

(9)

11

5,0

4,0 ~

g

u 0) o -.J I 30 ,

2,0

o

4

8

12

16

20

Abb. 4. Korrelalion der Logarilhmen der isoakliven KOJlzentralionen von Alkylcarbonsiiurehydraziden bei Chlorella vulgaris zu den Molrefraklionen der Alkylgruppen dieser Siiurehydrazide. Diese Korrelation zeigt, daB zwischen der relativen Hemmwirkung der untersuchten Saurehydrazide und den MR-Werten der Alkylreste dieser Stoffgruppe ein gesetzmaBiger Zusammenhang besteht [siehe dazu Gleichung (6)]. o = Formhydrazid; 1 = Essigsaurehydrazid; 2 = Propionsaurehydrazid; n3 = Buttersaurehydrazid: n 4 = n-Valeriansaurehydrazid; t 4 = Pivalinsaurehydrazid.

52 8trnktur - Aktivitiitsbeziehungen von Carbonsaurehydraziden

0

4,5 ~

&l

p-N02

4P

~ I

p-CL

p-OCH

CJ -.J

ctm-NO~

3,5

P- CH 3

0

H 3,0

231

m-CH 3

m-CL

m-OH

ct m-NHa -0,5

0,5

logP

115

Abb. 5. Zusammenhiinge zwischen den Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen von Benzhydraziden bei Chlorella vulgaris zu den Logarithmen der Verteilungskonstanten P fur die Verteilung dieser Benzhydrazide im System n-Octanol/Wasser. Der Abbildung ist zu entnehmen, daB die para-Derivate besser wirken als die meta-Derivate. Mit Ausnahme der N0 2-Derivate findet man fur beide Gruppen unterschiedliche Korrelationsgeraden [siehe dazu auch Gleichung (8) u. (9)]. H = Benzhydrazid; NH2 = Aminobenzhydrazid; OH = Hydroxybenzhydrazid (Oxybenzhydrazid); OCHa = Methoxybenzhydrazid; CHa = Toluylsaurehydrazid; N0 2 = Nitrobenzhydrazid; Cl = Chlorbenzhydrazid; p = para; m = meta.

4,5

4,0 ~

0

II)

U

O"l 3,5 0

---

3,0

-0,6

-O,e

6'

O,e

0,6

Abb. 6. Beziehungen zu"ischen den Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen von Benzhydraziden bei Chi orella vulgaris zu den a-Konstanten nach Hammett. Man findet fur die p- und die m-Derivate getrennte lineare Beziehungen mit gleichem Anstiegen. Den Punkt der unsubstituierten Verbindung findet man zwischen beiden Termen. Die biologische Aktivitat ist hier eine Funktion der elektronischen Eigenschaften der Substituenten [siehe hierzu aurh die GIeiehungen (10) und (12)]. H = Benzhydrazid; NH2 = Aminobenzhydrazid; OH = Hydroxybenzhydrazid; CHa = Toluylsaurehydrazid; N0 2 = Nitrobenzhydrazid; CI = Chlorbenzhydrazid; p = para; m = meta.

r 232

C.- R.

KRAMER U.

a.

Almliche getrennte Funktionen fUr para- und meta-Derivate wurden z. B. auch fiir die Hydrolyse von Phenylglucoziden durch Emulsin von HANSCH et al. (1965) und bei der Ureasehemmung durch Benzohydroxamsauren von OKUMURA et al. (1972) festgestellt. Aus den Beziehungen (8) und (9) ergeben sich fiir -d log C50 %/d log P die Werte 0,38 fUr die para- und 0,21 fUr die meta-Derivate. Beide Werte sind bedeutend kleiner als der entsprechende Wert von 1,38 fUr die Alkylcarbonsaurehydrazide. 1m Gegensatz zu den -log C50 %/log P-Korrelationen lassen sich aIle bestimmten Wirkparameter mit elektronischen Substituentenkonstanten, wie O'-Konstanten (Abb. 6) oder O'+-Konstanten korrelieren. Die Abb. 6 ist der Abb. 5 sehr ahnlich, auch hier liegen fiir die para- und meta-Derivate getrennte lin'eare Beziehungen vor:

para: -log C50 % = 0,93 O'p + 3,88 n = 6, r = 0,986, s = 0,465 -log C50 % = 0,63 O'p + + 4,06 n = 6, r = 0,982, s = 0,465

(10)

(11)

meta: -log C50 % = 0,890'm + 3,04 n = 5, r = 0,934, s = 0,254 -log C50 % = 0,640' m+ + 3,16 n = 4, r = 0,934, s = 0,290

(12) (13)

Nimmt man auch fiir die Wirkung der Benzhydrazide an, daB die gefundenen StrukturAktivitats-Beziehungen durch das Proteinbindungsmodell beschreibar sind, so kann man schluBfolgern, daB eine fUr die biologische Wirkung wichtiges chemisches Geschehen vorliegt und daB Verteilungsgleichgewichte keine oder nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Eine mogliche Klarung dieses Sachverhaltes laBt sich aus den strukturellen Besonderheiten der Benzhydrazide ableiten, Die Struktur der Benzhydrazide ist im Vergleich zu der der Alkylcarbonsaurehydrazide dadurch gekennzeichnet, daB ein erweitertes konjugiertesll-Elektronensystem zwischen dem Phenylring und der Carbonylgruppe besteht, Dadurch werden die elektronischen Verhaltnisse bzw. die Polaritat der Carbonylgruppe und die Empfindlichkeit der Carbonylgruppe auf Einfliisse von Substituenten wesentlich beeinfluBt. Diese strukturellen und elektronischen Besonderheiten in Verbindung mit dem spezifischen Volumen der Benzhydrazide scheinen ein Eindringen der Wirkmolekiile in das lnnere der hydrophoben Region bzw. dessen Adsorption an der Oberflache des Proteinmolekiils zu verhindern und gleichzeitig irgendeine chemische Reaktion, sei es mit dem Zellprotein selbst oder eine von dies em Pr'otein katalysierten Reaktionen zu begiinstigen. DaB solche Resonanzmechanismen bei der Wirkung der Benzhydrazide eine Rolle zu spielen scheinen, bestatigen die gefundenen linearen Beziehungen der Korrelationen der -log C50 %-Werte als Funktion der entsprechenden 5r-Konstanten.

Struktur - Aktivitatsbeziehungen von Carbonsaurehydraziden

233

para:

(14)

-log. C50 % = +1,18 Sl' + 4,20 n = 6, r = 0,948, s = 0,465 meta:

-log C50 % = 0,58 Sl' + 3,42 (15) n = 5, r = 0,905, s = 0,254 Gleichzeitig scheinen die verschiedenen Werte fiir -d log C50 %/dSl' in den Gleichungen (14) und (15) durch die unterschiedlichen Resonanzanteile, die nach HANSOR et aI. (1973) bei (ip-Konstanten etwa 50% und bei (im-Konstanten etwa 30% ausmachen, determiniert zu sein. Diese grundsiitzlich unterschiedlichen Resonanzbeitriige der para- und meta-Substituentcn zur Ausbildung der konjugierten IT-Elektronensysteme und damit zur Auspriigung des spezifischen Charakters der CarbonyIgruppe scheinCl1 auch die Ursache fiir das Vorliegen von 2 unterschiedlichen Termen in den gezeigten Korrelationen zu sein. Eine weitere Miiglichkeit zur Erkliirung der 2 Terme, der wir aber nicht den Vorzug geben, besteht in der Miiglichkeit der Ausbildung von 2 Strukturisomeren der metaDerivate, die sich stark im Dipolmoment und somit in der Wirksamkeit unterscheiden. Uber den cigentlichen Wirkmcchanismus kiinnen keine niiheren Angaben gemacht werden, sie waren nicht das Ziel der Untersuchungen. Aus Vergleichen von C50%- W erten, die durch Absorptions- und Triibungsmessungen erhaltcn worden (wie z. B. fiir n-Valeriansiiurehydrazid bei einem Heterotrophtest): C50 % (Trlibung) "'" 8· 10-5 M, CoO % (Absorpton) ;0:::; 2,3' 10-5 M lii13t sich ableiten, da13 die Chlorophyllbildul1g stiirker gehemmt zu seil1 scheint als die Volumenzunahme und daB die Carbol1siiurehydrazide iiber die Atmung das Wachstum der hcterotrophcn Kultur beeinflussen. Literatur BOHM, H.: Das Chlorella-Testsystem (eine Ubersicht). Wiss. Hefte d. Pad. Inst. Kiithen 2, 9-16 (1973). - Konzeption fiir eine Anlage zur automatischen Produktion synchronen Zellmaterials einzelliger Griinalgen in Suspensionskultur. Wiss. Hefte d. Pad. Inst. Kiithen 2, 217-220 (1973). BO?>ICKE, R., und KRACHT, J.: Untersuchungen iiber die bakteriostatische Wirkung von Saurehydraziden gegen anaerobe Sporenbildner. Zeitschr. f. Hygiene 139, 140-254 (1954). BORNS, E.: Entwicklung und Bau einer weitgehend automatischen Testanlage fiir Phytopharmaka auf der Basis einzelliger Griinalgen. Dissertation A, Pad. Hochschule Potsdam 1974. BROWN, H. C., and OKAMOTO, Y.: Directive Effects in Aromatic Substitution XXX, Electrophilic Substituent Constants. J. Amer. Chern. Soc. 80, 4979-4987 (1958). CLAESEN, M., VAN DIJCK, P., and VANDERlIAEGlIE, H.: Note on the Tuberculostatic Activity of Benzoic Hydrazides. J. Pharm. and Pharmacol 6,127-128 (1954). DUNN, W. J., 111., and HANSClI, C.: Chemicobiological Interactions and the Use 01 Partition Coefficients in their Correlation. Chem.-Biol. Interactions (Amsterdam) 9, 75-95 (1974). FRANKE, R.: Homologe Serien hydrophober Verbindungen im Gleichgewicht zwischen einer waBrigen und einer hydrophoben Phase. II. BiologiEChe Aktivitat und hydrophobe Wechselwirkungen mit dem Rezeptor Acta bioI. med. germ. 2ii, 789-803 (1970).

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C.-R. KRAMER, u. a. Struktur -

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Anschrift der Verfasser: CLAUS-RuDIGER KRAMER, EIKE BORNS und HEINZ BOJnI, Piidagogische Hochschule "Wolfgang Ratke" Ktithen, DDR - 437 Ktithen, LohmannstraBe 23.