Flora, Abt. A, Bd. 157, S. G8-7H (lHGG) Aus dem Botanischen Institut der Universitat Rostock
Die Aktivitat der IES-Oxydase in phototropisch gereizten Pflanzen Von EIKE LIBBERT und HILDRUN BORMANN
luB das erh Ox rei wi lich nat
Mit 4 Abbildungen im Text (Eingegangen am 20. Marz 1H6G)
I. Einleitung Es ist lange bekannt, daB unglciche Auxinverteilung im sich krLunmenden Organ ein Glied der Reizkette zwischen phototropem (sowie auch geotropem) Reiz und Kriimmungsreaktion ist; die konvex werdende Flanke ist bei oberinlischen Pflanzen· teilen reicher an Auxin als die konkav werdende. Als Ursache dieser Ungleichverteilung wurde von CHOLODNY (1926) und WENT (1928) ein Quertransport von Auxin zur spateren Konvexseite hin diskutiert, von Gal~ton und seinen Mitarbeitern dagegen eine einseitige Oxydation de~ Auxins an der bclichteten Seite (vgl. GALSTON 1959). Fur einpn Quertransport von Auxin im photo- und geotropisch gereizten Organ sind, VOl' all em unter Verwendung von CH-markierter IES (=, Indol-3-essigsaure), jungst so uberzeugende Beweise geliefert worden (BRIGGS 1963, GILLESPIE und THIMANN 1963, GILLESPIE-PICKAX]) und THl"IANN 1964), daB fUr die Mitwirkung einer IES-Oxydase an der Krummungsreaktion (wenn uberhaupt) nur ein bescheidener Anteil ubrig bleiben kann. Trotzdem erscheint es lohnend, dip IES-Oxydase-Aktivitat in phototropisch gereizten Pflanzen, und zwar getrennt nach 1.icht- und Schattenflanke, zu untprsuchen; und sei es nul', um das Galstonsche Postulat definitiv zu widerlegen. Darin bestarken uns zwei Grunde: 1. \vurden kurzlich Ergebnisse publiziert (KONINGS 1965), nach denen in derFolge eines geotropischenReizes die lES-Oxydase-Aktivitat in Erbsenwurzeln abnimmt, und zwar an der Unterseite starker als an del' Oberseite; 2. fuI3en aile gegen die Galstonsche Hypothese vorgebrachten Argumente (ANDREAE und ANDREAE 1953, GOLDACRE 1904, KENTEN 1955, WAYGOOD und Mitarb. 1956 u. a.) auf indirekten Beweisftihrungen, z. B. auf der Grundlage, dal3 nath phototropischer Reizung die Gesam tauxinmenge im sich krlimmendcn Organ nicht abnimmt (VAN OVERBEEK 1933, VON GUTTENBEIW und ZETSCHE 1956, SUIBAOKA und IMASEKI 1957, BRIGGS 1963, GILLESPIE-PICKAIW und THIMANN 1964). Niemand scheint aber direkt die IES-Oxydasc-Aktivitiit in Licht- und Schattenflanken getestet zu haben.
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Die Aktivitiit der IES-Oxydase in phototropisch gereizten Pflanzen
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Die GALSTONSchen Vorstellungen tiber die Erhohung der IES-Oxydaseaktivitat durch Licht luBen vor allem auf Experimenten folgender Art (GALSTON und BAKER 1951): Ein Flavin-Enzym, das eine Komponente der IES-Oxydase darstellen solI, wird durch Licht aktiviert, meBbar als erhOhter H 2 0 2-AusstoB. Ein aus etiolierten Erbsen-Epicotylen gewonnenes Rohenzym (IESOxydase) gewinnt an Aktivitiit, wenn durch Dialyse native Inhibitoren entfernt werden; das gereinigte Praparat kann durch Belichtung nur wenig aktiviert werden; wenn aber die Inhibitoren wieder zugesetzt werden, kann die durch sie induzierte Hemmung der IES-Oxydase durch Blaulicht beseitigt werden. Die Lichtaktivierung des Enzyms solle demnach durch Aufhebung der nattirlichen Hemmung geschehen.
Unter diesen Gesiehtspunkten sehien es ratsam, fiir die vorliegende Untersuchung nicht gereinigte Enzympraparate zu verwenden, sondern Rohenzyme, die die nativen Enzyminhibitoren (und -cofaktoren bzw. -aktivatoren) noch enthalten, zumal naeh MORGAN (1964) Riboflavin (nach GALSTON eine Komponente der IESOxydase) an der liehtaktivierten ZerstOrung Hm Inhibitoren der lES-Oxydase beteiligt sein kann und aneh KONI:'
II. Methoden Anzucht: Keimpflanzen von Zea mays, Triticum aestivulil und Lens culillaris wurden im Dunkeln bei 27 aC und 80% reI. Luftfeuchtigkeit in Komposterde (Triticum in Quarzsand) aufgezogen, und zwar bis zu einer Lange der Coleoptilen bzw. Epicotyle von ca. 25 mm (3 bis 4 'rage alt). Wurzeln von Pisum sativum (8 bis 12 cm lang) wurden 10 bis 14 Tage alten Erbsenpflanzen entnommen, die im Gewiichshaus bei Tageslicht nnd 23 bis 25 aC in Hydrokultur (Leitungswasser) angezogen worden waren. Be Ii c h tun g: Coleoptilen bzw. Epicotyle wurden allseitig oder einseitig belichtet. Allseitig belichtet wurde im Gewachshaus mit etwa 13 x 106 Luxsekunden (Tageslicht + Neon-Zusatzlicht, 45 Minuten). Auf diese Dosis hatten alle 3 Objekte bei einseitiger Belichtung mit einer 3. positiven Krtimmung reagiert. Nach der Belichtung wurden die Objekte sofort zu Enzym- bzw. Effektor-Extrakten verarbeitet. Einseitig belichtet wurde im Dunkelraum (27 aC, 80% Feuchtigkeit) mit achsenparallelem Lichtbtindel. Alle Objekte wurden mit 2 verschiedenen Lichtdosen bestrahlt, von denen die eine
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EIKE LIEBERT und
RILDRlJ~
BORMANN
im Bereich der 2. positiven Kriimmung lag: Zea 7,2 (60 min), Triticum 5,4 (45 min), Lens 21,6 x 105 Luxsekunden (180 min). Die zweite Lichtdosis lag im Bereich der 3. positiven Kriimmung: Zea 8,6 (120 min), Triticum 6,4 (90 min), Lens 15,0 x 106 Luxsekunden (210 min). N ach Ende der Belichtung wurden die Objekte solange vor der Verarbeitung im Dunkeln gehalten, bis eine Kriimmung eintrat (2. positive Kriimmung: Zea 60, Triticum 75, Lens 0 Minuten; 3. positive Kriimmung: Zea und Lens 0, Triticum 30 Minuten). Rerstellung der Rohenzyme: Primarblatter der Weizencoleoptilen und Plumulae der Linsenepicotyle wurden entfernt. Einseitig belichtete Objekte wurden dann der Lange nach halbiert; die Gewichte gleicher Anzahlen von Licht- und Schattenhalften wichen nur geringfiigig voneinander abo Allseitig belichtete Objekte wurden nicht halbiert. Die einzelnen Proben wurden zerkleinert und mit Quarzsand in etwas Phosphatpuffer (pH 6,8; 0,15 Mol) 5 min zerrieben. Nach Zentrifugation (3500 D, 15 min) wurde das Uberstehende mit Phosphatpuffer auf 25 ml aufgeflillt und als Rohenzym verwendet. Rohenzym aus Erbsenwurzeln wurde ebenso hergestellt. Herstellung der Effektor-Extrakte (Inhibitoren plus Cofaktoren bzw. Aktivatoren): Rohenzyme wurden 5 min gekocht, dann zentrifugiert (4500 D, 15 min); der klare Uberstand wurde mit Puffer aufgefiillt und als Effektor-Extrakt benutzt. Die Effektor-Extrakte wurden nur gegen das Enzym aus Pisum- Wurzeln, nicht gegen die eigenen Rohenzympraparate getestet. Bestimmung der IES-Oxydase-Aktivitat: Die Dmsatzlosungen flir die Testung der Rohenzyme aus den belichteten Objekten bestanden aus IES (10- 4 g/ml), 2,4-Dichlorphenol (10- 4 Molll), MnCI 2 (10- 4 Molll) und dem Rohenzym aus 2,5 (Zea), 4 (Triticum) oder 3 (Lens) mg Frischgewicht/ml, alles in Phosphatpuffer (pH 6,8). Die Dmsatz16sungen flir die Bestimmung der Aktivitat der Oxydase-Effektoren aus den belichteten Objekten bestanden aus lES (10- 4 g/ml), Rohenzym aus 60 mg (Frischgewicht) Erbsenwurzeln/ml und dem lnhibitorextrakt aus 1,25 (Zea), 2 (Triticum) oder 23,3 (Lens) mg Frischgewicht/ml, ebenfalls in Phosphatpuffer (pH 6,8). 20 ml jeder Dmsatz16sung wurden (nach Vorwarmung der Einzelkomponenten auf 30°C) bei 30°C im Dunkeln inkubiert. Zu Beginn der lnkubation und in regelmaBigen Zeitabstanden wurden je 2 ml entnommen und auf ihren lES-Gehalt gepriift: 2 ml der Dmsatzlosung wurden mit 4 ml Salkowski-Reagens (nach GORDON und WEBER 1951: FeCI 3 + HCI0 4 ) versetzt; nach 1 Stun de wurde die Extinktion der rotgefarbten Probe photometrisch bei 530 nm bestimmt.
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III. Ergebnisse 1. Unbelichtete Pflanzen A. Rohenzyme. Die Rohenzyme aus den verwendeten Pflanzen bauen lES in einer 5stiindigen Inkubations zeit praktisch nicht ab, wenn keine Cofaktoren (Dichlorphenol, Mn + +) zugesetzt werden (pH 5,3 bis 7,6). Rohere Enzymkonzentrationen als 15 (Zea), 40 (Triticum) bzw. 4 (Lens) mg Frischgewicht/ml wurden allerdings nicht untersucht, da flir die spateren Versuche mit einseitiger Belichtung der Arbeitsaufwand zu groB geworden ware. Die hochste Konzentration des Rohenzyms aus Lens zeigt nach 3 Std. einen minimalen lES- D msatz.
Bei Zusatz beider Cofaktoren sind die Rohenzyme aller drei Objekte aktiv. Bei Zea (2,5 mg Frischgewichtjml) setzt nach etwa 2stiindiger lag-Phase ein linear der Zeit verlaufender IES-Abbau ein (vgl. Abb. 2). Bei Trit'icum beginnt nach lstiindiger lag-Phase ein anfangs rapider, von der 3. Stunde an fortlaufcnd geringer
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werdender Abbau; nach 5 Std. sind 70% der IES umgesetzt. Bei Lens ist der IESAbbau (ohne lag-Phase) in der 1. Std. am grof3ten, von der 2. bis 5. Stunde linear proportional der Zeit; nach 5 Stunden sind etwa 60 % der IES umgesetzt. Das Rohenzym aus Pisum- Wurzeln (60 mg Frischgewichtjml) setzt ohne Cofaktoren IES schnell um. Der Abbau ist in den ersten 20 min am starksten, um dann langsam abzunehmen (vgl. Abb. 1, 3, 4). Nach 90 bis 120 min sind 70 % umgesetzt, ein Wert, der bei langerer Versuchsdauer kaum noch iiberschritten wird.
B. Effektoren. Die aufgekochten, nicht enzymaktiven Extrakte aus ganzen Coleoptilen (im Gegensatz zu solchen aus halbierten, s. Seite 74) wirken als Oxydase-Inhibitoren, und
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Abb.1. Lens culinaris. Aktivitiit verschieden konzentrierter Effektor-Extrakte aus unbelichteten Epicotylen gegeniiber der IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln. Mittelwerte aus 2 Versuchen . • - • lES-Oxydase aus Pisum ohne Effektor-Zusatz. Ubrige Kurven: mit Zusatz von Effektor-Extrakt in den Konzentrationen (in mg Frischgewicht/ml): C - 0 3,3; 0 - 0 13,3; 6. - 6. 23,3; 0-033,3.
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zwar vor aHE'm durch 1nduktion einer lag-PhasE' (etwa 40 min bei Zea, vgl. Abb. 3; i E'twa 20 min bE'i Tritiw'fll, vgl. TabellE' 2). ::\al'h Ablauf der lag-Phase erreicht die Ge-I schwindigkeit del" Umsetzung diejenige in den Effektor-freiell Ansiitzen und uber- I schreitet sie (vgl. Abh. 3). Extrakte aus Epicotylen von LEnS dagegen zeigen sowohl 1nhibitor- als auch Cofaktor-Wirkung. Zilerst wird eine lag-Phase induziert, deren Dauer mit steigender Konzentration des Effektor-Extrakts zunimmt (Abb.1). Danach setzt aber ein rapider 1ES-Abbau ein, so daB bereits nach 60 min aIle Effektor-haltigen Enzymproben mehr 1ES umgesetzt haben als solche ohne 1ES. Die Starke der fOrdernden Wirkung del' Lens- Extrakte scheint unabhiingig zu sein von ihrer Konzentration (Abb. 1). - Der Abh. ] liegen 2 Versuche zugrunde, die beide die zunachst hemmende, , dann fordernde Wirknng der Effektor-Extrakte deutlich zeigen. Drei weitere Versuche (Tabelle 2) lassen dagegen kaum eine 1nhibitor-Wirkung erkennen, wahrend die Cofaktor-Wirkung sehr deutlich ist. Die Ursache fUr diese Differenz bleibt unbekannt.
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2. Allseitig belichtete Pflanzen
A. Rohenzyme. Die Rohenzyme aus allseitig belichteten Pflanzen haben dieselbe (Triticum, Lens) odeI' fast dieselbe (Zea) IES-umsetzende Aktivitat wie diejenigen aus unbelichteten Pflanzen (TabeHe 1). Die etwas abweichenden Verhiiltnisse bei Zea Whrt die Abb. 2 vor. Tabelle 1
IES-Oxydase-Aktivitiit der Rohenzyme aus unbelichteten und aus allseitig belichteten Objekten. Belichtung entspricht dem 3. positiven Kriimmungsbereich. Zahlen: Umgesetzte IES in pg/ml = in Prozent. - D = dunkel, unbelichtet; L = allseitig belichtet. - Mittelwerte aus 11 (Zea), 3 (Triticum) bzw. 5 (Lens) Versuchen.
Zea Inkubationsdauer (min) D
60 180 300
2 24 49
Triticum L
0
lG .,10
Lells
D
L
D
L
0 57 66
0 55
31 51 G3
30 50 64
G5
Selbst Lichtintensitiitcn, die del' 3. positiven Krummung aquivalent sind, konnen demnach nicht die Aktivitat del' 1ES-Oxydase verstarken. 1m Gegenteil scheint bei Zea (Abb. 2) nach Belichtung eine gewisse Aktivitatsminderung aufzutreten; dieser Effekt tritt aber nul' in 6 von) 1 Versuchen der Tabelle 1 bzw. Abb. 2 auf. B. Effektoren. Die aufgekochten Extrakte aus allseitig belichteten Pflanzen beeinflussen die Aktivitat der IES-Oxydase ebenso (Triticum, Lens) oder fast ebenso (Zea) wie diejenigen aus unbelichteten Pflanzen (Tabelle 2). Zea verhalt sich wieder etwas abweichend (Abb. 3); nach kurzer Inkubation sind zwar auch keine Unter-
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Abb. 2. Zea lila ys. IES-Oxydase-Aktivitat der Rohenzyme aus unbelichteten (. - . ) und allseitig belichteten (0-0) Coleoptilen. Belichtung entspricht dem 3. positiven Kriimmungsbereich. Mittelwerte aus 11 Versuchen.
schiede zwischen "belichtet" und "unbelichtet" festzustellen, aber nach 90 bis 120 Millutell scheint durch die Extrakte aus belichteten Coleoptilen die Oxydase weniger gehemmt zu werden als durch solche aus unbelichteten Coleoptilen. Wir haben Grund, dies en Effekt ftir insignifikant zu halt en : Erstens tritt er nur in 3 von 8 Versuchen auf; und zweitens stiinde ein verminderter Inhibitorgehalt nach Belichtung (Abb. 3) in Widerspruch zu verringerter Oxydase-Aktivitat nach Belichtung (Abb. 2). Tabelle 2
Aktivitat der Effektor-Extrakte aus unbelichteten und aus allseitig belichteten Objekten gegeniiber der IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln. Belichtung entspricht dem 3. positiven Kriimmungsbereich. - Zahlen: Umgesetzte IES in Ilg/ml = in Prozent. - D = dunkel, unbelichtet; L = allseitig belichtet, K = Kontrolle ohne Effektor-Extrakt. - Mittelwerte aus 8 (Zea), 4 (Triticum) bzw. 3 (Lens) Versuchen. Zea
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Triticum
Lens
Inkubationsdauer (min)
K
D
L
K
D
L
K
D
L
20 60 120
35 58 70
0 20 58
0 16 72
36 50 66
0 39
1 46 73
22
38 65
38 67
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Abb.3. Zea mays. Aktivitat der Effektor-Extrakte aus unbelichteten (. - . ) und allseitig belichteten (0-0) Coleoptilen gegenliber der IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln. Belichtung entspricht dem 3. positiven Krlimmungsbereich. Mittelwerte aus 8 Versuchen. + -+ : IES-Oxydase aus Pisum ohne Effektor-Zusatz.
3. Einseitig belichtete Pflanzen A. Rohenzyme. Einseitige Belichtung induziert keincn Unterschied in der IESOxydase-Aktivitat zwischen Licht- und Schattenflanke; das gilt fUr aIle 3 Objekte und fUr Lichtmengen der 2. und der 3. positiven Reaktion (Tabelle 3). B. Effektoren. Die Untersuchungen tiber den Effektor-Gehalt von Licht- und Schattenflanken phototrop gereizter Coleoptilen lieferten ein tiberraschcndes Ergebnis: Wahrend bei unbelichteten und aIlseitig belichteten Coleoptilen nur Inhibitoren der IES-Oxydase nachzuweisen waren (Abb. 3), sind in den Versuchen mit einseitiger Belichtung Inhibitor- und Cofaktor-Wirkungen zu finden (Abb. 4): Der Effektor-Extrakt induziert keine lag-Phase, doch hemmt die IES-Oxydase bei kurzer Inkubationsdauer (20 min) noch deutlich; spatestens nach 60 min aber wird die Oxydase durch die Extrakte gefordert (Abb. 4). Das gilt in gleicher Weise ftir Zea wie fUr Triticum, fUr Licht der 2. positiven wie der 3. positiven Reaktion (Tabelle 4). Entsprechende Versuche mit Lens liegen nicht vor; sie waren zu arbeitsaufwendig gewescn, da nur hochkonzentriertc Effektor-Extrakte aus Lens wirksam sind (vgl. Abb.1).
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Die Aktivitat der IES-Oxydase in phototropisch gereizten Pflanzen
,I Tabelle 3
IES-Oxydase-Aktivitat der Rohenzyme aus den Licht- und Schattenflanken einseitig belichteter Objekte. - Zahlen: Umgesetzte IES in flg/ml = in Prozent. S = Schatten-, L = Lichtflanke. - Mittelwerte aus je 3 Versuchen (Ausnahme: 3. positive Reaktion bei Zea: 8 Versuche).
Zea L
Inkubationsdauer (min) S 60 180 300 60 180 300
Tabelle 4
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Triticum
Lens
S
S
L
14 35 52
19 38 53
34 50 63
33 50 63
L
2. positive Kriimmung 2 2 0 0 56 54 28 28 66 71 69 65 3. positive Kriimmung 0 0 0 0 24 23 63 63 72 61 60 73
Aktivitat der Effektor-Extrakte aus den Licht- und Schattenflanken einseitig belichteter Objekte gegeniiber der IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln. - Zahlen: umgesetzte IES in flg/ml = in Prozent. - S = Schatten-, L = Lichtflanke, K = Kontrolle ohne Effektor-Extrakt. - Mittelwerte aus je 3 Yersuchen (Ausnahme: 3. positive Reaktion bei Zea: 4 Versuche).
Zea Inkubationsdauer (min) 20 60 120 20 60 120
K
Triticum S
L
K
2. positive Kriimmung 22 13 35 14 53 77 73 53 70 96 94 71 3. positive Kriimmung 33 11 3 23 56 73 78 41 100 57 68 95
S
L
15 69 88
19 60 81
15 56
18 57 74
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Das Auftauchen von Cofaktoren (oder Aktivatoren) der IES-Oxydase in den Yersuchen mit einseitiger Belichtung hat mit der phototropen Kriimmung ursachlich nichts zu tun, denn es ist gleichermaJ3en in der Licht- und der Schattenflanke zu verzeichnen. Wir sind deshalb der Ursache flir dieses Ergebnis nicht nachgegangen. Wir kiinnen zwar die Ungleichzeitigkeit der entsprechenden Versuche als Ursache flir die Differenz zwischen den Verhiiltnissen zwischen allseitig (Abb. 3) und einseitig (Abb. 4) belichteten Pflanzen ausschlieJ3en, da dieselbe Differenz auch bei zeitgleichen Versuchen auf tritt, mlissen aber die Anfertigung einer gro13en Schnittflache beim Halbieren der cinseitig belichteten Coleoptilen als miigliche Ursache beachten,
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Abb.4. Zea mays. Aktivitat der Effektor-Extrakte aus Licht- (0-0) und Schatten- I e-e) flanken einseitig belichteter Coleoptilen gegeniiber der IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln. Belichtung entspricht dem 2. positiven Kriimmungsbereich. Mittelwerte aus 3 Versnchen. • _ . : IES-Oxydase aus Pistlln ohne Effektor-Zusatz.
da an dieRer Schnittfliiche Enzym -Inhibitorcn oX~Tdicrt nn d inaktivicrt ,yerden kiinnen. Differenzen zwischen Licht- und Schattenflanke im Gehalt an Inhibitoren Hnd Cofaktoren del' IES-Oxydase gibt cs nicht. IV. Diskussion In den Rohenzymen aus etiolierten Coleoptilen von Zea und Triticum und Epicotylen von Lens wiesen wir eine IES-Oxydase nach, die innerhalb der gewahlten Versuchsdauer IES nur dann deutlich umsetzt, wenn Dichlorphenol und Mn + + als Cofaktoren geboten werden. PIL ET u. DUBOUCHET (1962) stellten bei etwa gleicher Enzymkonzentration flir etiolierte Triticum-Coleoptil en sehr geringe IES-Oxydase-Aktivitat beim Fehlen dieser Cofaktoren fest; und in etiolierten Coleoptilen von Zea tritt nach GILLESPIE-PICKARD und THIMANN (1964) keine IES-Oxydation in Erscheinung; einschliigige Versuche mit Lens-Epicotylen sind nicht bekannt.
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Die Aktivitat der IES-Oxydase in phototropisch gereizten Pflanzen
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Durch Kombination von Koehextrakten aus Zea, Triticum und Lens mit einer IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln stellten wir das Vorhandensein nativer Cofaktoren (oder Aktivatoren) und Inhibitoren der IES-Oxydase in allen drei Objekten sieher. Letztere wirken vor allem iiber die Induktion einer lag-Phase. DaB trotz des Vorhandenseins natiirlieher Cofaktoren die Rohenzyme aus Zea, Triticum und Lens ohne Zusatz weiterer Cofaktoren (Mn + +, Diehlorphenol) praktisch unwirksam sind, laBt sich einerseits mit der mutmaBlichen Verschiedenheit der natiirlichen und der zugefiigten Cofaktoren erklaren, andererseits damit, daB (nach SACHER 1962) in IES-Oxydase-Praparaten zunachst die nativen Inhibitoren abgebaut werden miissen, ehe kolorimetriseh ein IES-Umsatz nachzuweisen ist, und daB (ebenfalls naeh SACHER) die Cofaktoren Mn++ und Dichlorphenol die Inhibitor-Inaktivierung beschleunigen, also die lag-Phase verkiirzen.
AIle unspre Ergebnisse mit allseitig und einseitig belichteten Pflanzen s prech en daftir, daB Lich tm engen, die ein e zweite 0 der dritte p ositi ve Krtimmungsreaktion an unseren Objekten auslosen, die IES-OxydaseAktivita tim Obj ekt nich t beeinflu s sen, vor allem a uch keine Akti vi ta tsdifferenz zwischen Licht- und Schattenflanke induzieren. Trotzdem konnen wir der Auffassung G.HSTONS nicht endgtiltig widersprechen. Wir untersuchten die Oxydase in vitro; und feine Unterschiede in der Enzymaktivitat im Gewebe mtissen sich nicht unbedingt bei in-vitro-Experimenten widerspiegeln. Aber GALSTONS Theorie basiert auf in-vitro-Experimenten! Ein anderer Nachteil unserer Methode liegt darin, daB zwischen der Belichtung der Pflanzen und der Priifung der Enzymaktivitat eine bestimmte Zeit vergeht, innerhalb derer eine eventuell doch im Gewebe fixierte Ungleichheit der Enzym-Aktivitat sich wieder ausgeglichen haben kann. Trotzdem glauben wir auf Grund unserer Ergebnisse mit einiger Wahrscheinlichkeit ausschlieBen zu konnen, daB die Reizkette des Phototropismus tiber eine Veranrlerung der Aktivitat IES-oydierender Enzyme lauft. Das steht im Gegensatz zu den Befunden von KONINGS fUr die geotropische Reaktion. Auch pine Ungleichverteilung von Effektoren (Inhibitoren, Aktiva toren, Cof aktoren) der IE S- Oxy das e, s ei es d urch eins ei tige V erm inderung, Vermphrung oder durch Quertransport, wird durch unsere Ergebnisse als Glied der Reizkette des Phototropismus unwahrscheinlich gemacht. Beziehungen zwischen Belichtung pflanzlicher Gewebe und ihrem Gehalt an Inhibitoren der IES-Oxydase sind mehrfach untersucht worden, allerdings kaum unter Verwendung phototropisch wirksamer Lichtmengen. Eine fUr die GALSToNsche Theorie zu erwartende Abnahme solcher Inhibitoren fanden nUl" KONISHI und GALSTON (1964), wenn sie etiolierte Pharbitis-Keimlinge mit weiBem Licht eine Minute bestrahlten. Die tibrigen Autoren hoben hervor, daB mit der Belichtung der Inhibitorgehalt ansteigt (TANG und BONNER 1948, HILLMANN und GALSTON 1956/57, GALSTON 1959, SAG! und GARAY 1963). In allen Ul1seren Versuchen erhielten wir mit Coleoptilen (Zea, Triticum) einerseits und dicotylen Epicotylen (Lens) andererseits im Prinzip gleiche Ergebnisse. Wir betonpn das deshalb, weil nach neueren Befunden das phototropische Verhalten
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(Dosis-Wirkungs- Kurve!) mono- llnd dicotyler Keimlinge im wcsentlichen gleich ist (STEYER und LIBBEHT 1964). Zusammenfassung Aus etiolierten Coleoptilen von Zea mays und Triticum aestivum und Epicotylen von Lens culinaris extrahierte Rohenzyme enthalten eine nur in Gegenwart von 2,4-Dichlorphenol und Mn ++ aktive IES-Oxydase. Die Rohextrakte enthalten native Inhibitoren und Cofaktoren der IES-Oxydase, die sich durch Kombination der aufgekochten Extrakte mit einer IES-Oxydase aus Pisum- Wurzeln nachweisen lassen. Diffuse Belichtung der Coleoptilen oder Epicotyle mit Lichtdosen, die eine dritte phototrope Kriimmung verursachen, bewirken weder Anderungen in der IES-Oxydase-Aktivitat noch im Gehalt an Inhibitoren oder Cofaktoren des Enzyms. Phototrope Reizung der Objekte mit Lichtdosen, die die zweite oder dritte phototrope Kriimmung induzieren, verursachen keine Unterschiede zwischen der Licht- und der Schatten£lanke hinsichtlich der IES-Oxydase-Aktivitat und des Gehaltes an Inhibitoren oder Cofaktoren des Enzyms. Eine Beein£lussung der IES-Oxydase ist wahrscheinlich kein Glied in der Reaktionskette zwischen phototroper Reizung und Kriimmung.
Summary The Activity of the IAA Oxidase in Phototropic Stimulated Plants. Crude enzymes extracted from dark-grown coleoptiles of Zea mays and Triticum aestivum and epicotyls of Lens culinaris contain an IAA oxidase which is active only in the presence of 2.4-dichlorophenol and Mn + +. The crude extracts contain native inhibitors and cofactors of the IAA oxidase too, which are demonstrable by combining the boiled extracts with an IAA oxidase from pea roots. Diffuse illumination of the coleoptiles or epicotyls with light doses inducing the third positive phototropic curvature does neither induce variations in the activity of the IAA oxidase nor in the content of inhibitors or cofactors of the enzyme. Phototropic stimulation of the objects with light doses inducing the second or the third phototropic curvature does not induce differences between the illuminated side and the opposite one with regard to the activity of the IAA oxidase and to the content of inhibitors or cofactors of the enzyme. An alteration of IAA oxidase is not likely to be a link in the reaction chain between phototropic stimulation and curvature.
Literatur ANDREAE, W. A., and ANDREAE, S. A., 1953. Studies on indoleacetic acid metabolism. 1. The effect of methyl umbelliferon, maleic hydrazide, and 2.4D on indoleacetic acid oxidation. Canad. J. Bot. 31, 426-437. BRIGGS, W. R., 1963. Mediation of phototropic responses of corn coleoptiles by lateral transport of auxin. Plant Physiol. 38, 237-247. CHOLODNY, N., 1926. Beitrage zur Analyse der geotropischen Reaktion. Jb. wiss. Bot. 65, 447 bis 459.
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G~USTON,
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