Die historia francorum senonensis und der Aufstieg des Hauses Capet

Die historia francorum senonensis und der Aufstieg des Hauses Capet

Die:M’istoria Senonensis und ufs tieg des Hauses Capet Joachim Ehlers In this inquiry the author covfronts the historzographical view of the rise of...

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Die:M’istoria

Senonensis und ufs tieg des Hauses Capet Joachim Ehlers

In this inquiry the author covfronts the historzographical view of the rise of the capetians to power, as represented by the Historia Francorum Senonensis, with historical reality. He comes to the conclusion that the medieval historian, writing in thy thirties of the eleventh century, sought by the selection, combination, interpret&ion, and presentation of his passages to propagate a view which had originated at the archbishop’s court at Sens. The actual poCitica1motive was the dispute of Sens with Reims over coronation rights; it was this irhatexplains the anti-Capetian tendency ofthe author’s account of the dynastic change in 987. Moreover, it is possible to discern a political consciousness which was able to consider the WestFrankishl French monarchy as independent from dynastic considerations. We are thus dealing not with a historiographical statement of the Carolin
ZU den nach wie vor kontroversen Themen der Friihmittelalterforschung gehiirt jener Dynastiewechsel des Jahres 987, durch den im Westen die Herrschaft endgtiltig van den Karolingern auf die Kapetinger iiberging. Dabei sind sich die Sachkenner iiber den &.&eren Ablauf weitgehend einig (Lot 189 1; 1903; Favre 1893; E&e1 1899; Lauer 1900; 1910; Pr’ister 1885; Schramm 1960; Kienast 1974), twghrend seine Bewertung zu verschief lenen Auffassungen geftihrt hat. Das lieg insofern in der Natur der Sache, als wir es h’er mit einem komplexen Phgnomen zu tun haben, das nicht nur mehrere Deutuntren zuWt, sondern sie wegen serner Vielschi. htigkeit geradezu herausfordert. SchormIdie Frage, ob der Regierungsantritt Hugo Capets als ein Bruch mit der karolingischen Vergangenheit den Beginrl der frar.,z&ischen Geschichte bedeutet, l;i13t sich sehr verschieden beantworten (Lot 189 1:3$8ff’. ; 1970:68Off.; Flach 1866: 127t‘f.., 158ff: ; %!;rqmrn 1960: 1Off.; Petit-Dutaillis 197 1 ; z.5ff: ; Schalk 1943 : 14 1ff..; Kienast 1974:116; Briihl 1972), und die Roile de1 karolingischen Tradition kann so wenig festgelegt werdcn, wie sie es im Bewufitscin der Zeitgenossen war /,Ehlers 1976). Gerade deshalb aber wird es weiterftihren, sich nach d.er Reaktion auf‘ diesen Vorgang in der zei(thchen und rtiumlichen Umgebung Interpretationen der jtingzu erkundigen. sie jede wie Vergangenhei t, sten Zeitgeschichtsschreibun;g enth&, bleiben der Linie such jenseits aussagekrzftig sachlicher Richtigkeit (Beumann 1972a; 197%). DzSei ist die Qualit& der vorhandenen historiographischen Produkte ZUnschstvon untergeordneter Bedeutung, wenn such fti r Frankreic h im 10. und beginnenfestgestellt wurde, da13 den 11. Jahrhundert

Journal of Medieval History 4 (1978): l-26. @INorth-lIolland

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dort kaum Texte enstanden, die Regino, Widukind, Thietmar oder Liutprand vergleichbar waren (Bautier 1970 830). Vor diesem Hintergrund ist ein historisches Kompendium zu sehen, dessen eigenartige Bedeutung zuerst van Karl Ferdinand Werner in einer ebenso geistvollen wie gelehrten Untersuchung erschlossen wurde (Werner 1952:209ff.). Die M&or&z Francsrum Scnonmsis’ ist eine Geschichte des Frankischen kurzgefafite (spater westfrankischen) Reiches und setzt mit dem Jahr 688 ein. Sie ist in Sens entstanden, sehr wahrscheinlich gehorte der zun Kathedralklerus (Fliche Verfasser 19r)9a 20). Ub::r die Entst:hungszeit ist nur soviel auszumachen, daf3 \,ler letzte Eintrag, der zur Erstfassung gehort n konnte (Bautier 1970 :83 I), das Jahr 10 1,C betrifft! ; damals oder doch kurz darauf dtirfte das Werk geschrieben worden sein. 1% uns ist nicht SC, sehr das genaue Datum, sondern die relative Nahe zu den Ereignissen urn 987 von Bedeutung. Aus den zahlr-eichen sachlichen Ubereinstimmungen mit den Annales S. Cslumbae hat schon Georg Waitz geschlossen, da13 hier die Hsuptquelle fur die Historia vorlgge CMGH 9:339-40). Zusatzlich mag nit anderen, heute verIorenen Texten zu rechnen sein, aus denen der Verfaser seine Kenntnis bezog: Annalen und Erzbischofsgesten von Sens (Lot 189 1:340; Monod 11885:1155-6. Fliche 1909a22, 27, 53. Bautier 1870:83 1). Sichaheit, such iiber eine Kenn tnis der Annabs Bertiniuni, des Chronic-on Moissi2b*ense,Aimoins und Reginos, mul3 eine neue Edition bringen. Einen gewissen Einschnitt stellt fur den Iaufenden Bericht das Jahr 956 dar, van hier an ist offenbar miindliche dieion, ab etwa IO00 personliches Er-

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leben, in starker-em MaBe verarbeitet worDie Historia gewinnt jetzt mehr den. Selbstandigkeit, ohne daf3 aber die Zuverlassigkeit im einzelnen wachst (Lot 1891:338-45). Auch die eigene Zeitgenossenschaft des Verfassers hat ihn, so scheint es, nicht in die Lage versetzt, ein Werk von wirklichem Quellenwert fur die Ereignisgeschichte hervorzubringen. Das war such gar nicht seine Absicht. Bereits Karl Ferdinand Werner hat darauf hingewiesen, da13 die Historia mit bewuRten Unwahrheiten das Ende der Karolinger im Sinne einer bestimmten Tendenz darstellte und dabei so prononciert antikapetingisch verfalsch te, da& kijnigstreue Historiographen sich baid zu Anderungen veramaRt sahen (Werner 1952210-11). Besonders der grol3e Erfolg dieser ersten kurzgefafsten westfrankisch-fiqanzosischen Geschichte, die ein “fanatischer Anhanger der Karolinger” (Werner 1965: IO) zusammengestetlt hatte, sicherte i hrem Geschich tsbild weit I*eichende Wirkung, denn im 11. Jahshundert gab es keinen Abyifi aus vergleichbaren kapetingischer Sicht. Werner erkannte in der Hidoria “die legitiimistische Fiktion von der angeblichen (automatischen) Nachfolge Karls [van Niederlothringen] und seinem erst nachtragiichen S turz” (Werner 1952 : 203) und erklarte die dennoch gro&e Verbreitung eines solchen Textes3 mit einem formalen Argument (Werner 1965: 10; 1952:210-l 1): Obwohl die Darstcllung dem neuen Konigshaus nicht giinstig war, wurde sie wegen ihrer ubersichtlichen Kiirze doch gern angenommen, zumal es nichts anderes gab. Wenn sich nzit der Zeit die Meinung bildete, da13 die Anfange der Kapetinger den Schatten des Unrechtes trugen, so ware diese dann die

Folpe solcher Verbrei tung der Hi,ctoria gewesen, nicht aber ihre Ursache. Hierin sah Werner den Beginn einer Entwicklung, die schliealich zur r&us-Theorie ffihrte, mit der karolingische Tradition und kaperingisches Konigtum wieder vereinigt werden konnten. Fragt man nach den Motiven, die den Verfasser der Historia zu dieser seiner Haltung gebracht haben, so nahert man sich der zei tgenossischen Diskussion urn den Dynastiewechsel, und zwar an einem hochst bedeutsamen Punkt : Gerade damals stellte sich der CJbergang auf das neue Kijnigshaus such fur das BewuRtsein breiterer Kreise als nunmehr irreversibler Vorgang heraus. Robert 11. (996- 103 1) regierte in der Nachfolge seines Vaters Hugo Capet von einer vie1 starker auf dvnastische Kontinuitat gerichteten Stellung -aus als die frtihen robertinischen Konige Odo (888-98) und Robert I. (922-3). Was konnte urn diese Zeit einen Historiographen an der Domkirche von Sens veranlassen, in der hier beschriebenen Weise S tellung zu beziehen ? Blo&e Anhanglichkeit. an das karolingische Haus ist ein zu allgemeinei Bsweggrund und lost sofort die Fahndung nach den Ursachen aus, deretwegen sie ihrerseits zustande kam. Denkbar ware ein kirchenpolitischer Antrieb, denn Robert I I. fiirderte die monastische Reform und geriet damit in Gegensatz zum Episkopat. Die Historia ware dann als Kampfschrift aus dieser Situation heraus zu verstehen (Werner 1952:209). Zu fragen bleibt aber, ob solche Erklarungsversuche nicht zu einseitig nur auf das Ereignis van 987 ausgerichtet sind: Wenn die Historia von einer grundsatzlich prokarolingischerl Haltung bestimmt ware, mtil3te diese such in den Berichten zu

frtiheren Perioden fal3bar sein, und die Abneigung gegen Robert II. sollte das Bild von den ersten Regierungsjahren dieses Kijnigs mindestens beeinflufit haben. Wir brauchen also eine Untersuchung des gesamten Textes der Historia, urn mit dem Selektionsprinzip und der Darstellungsweise des Verfassers seine Gesinnung kennenzuiernen. Zugleich * erhoffen wir uns von solchem Durchgang einen Beitrag zur Verfassungsgeschichte, denn er macht Anschauungsformen deutlich, deren Kenntnis fiir die Beurteilung des westfrankisch-franzosischen Konigtums von einiger Bedeutung ist. Dabei sind naturgemal3 diejenigen Passagen und Wendungen von groRter Bedeutung, an denen der Verfasser von heute noch tiberprtifbaren objektiven Tatbestanden abweicht, wobei seibstverstandlich und Absicht Irrtum moglichst sicher geschieden werden mussen. Eine solche Gesamtuntersuchung kann hier aus Raumgrtinden nicht mit allen Einzelheiten vergelegt werden, wir wet-den uns daher auf’ einige markante Punkte beschranken. Von groI3er Bedeutung war zunachst der Ubergang des Konigtums auf Pippin, den die Historia im Jahre 7.50 (statt 75 1) in Form einer Wahl geschehen 1% Durch sie und die folgende Tonsurierung Childerichs 1II. wird der kdniglichen Nat hkommenschaft Chlodwigs ein Ende gesctzt: Anno domini 750 Pippinus electus est in regem, ,?t Childericus, pi de stir/x Chlodouei regis rema vlserat, tonsoratur. Hit defecit progenies Chkdovei regis (364.39f:). Wir werden im Bericht von 987 die Parallele finden. Auch beim Tolde Pippins ist mit der Wahl Karls und Ka.rlmanns das iI,erausgeste!lt Nachfolgeprinzip gleiche (364.42), wahrend fur 813 (statt 314) beim

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Wechsel der Rehierung auf Ludwig den Frommen sich gleicher Sprachgebrauch findet wie 74 1 zu Karlmann und Pippin: . . .regnum Francorum et imphum Romanorum suscepit (365. I4 ). Beide Voq@nge sind dlenn such insofern vergleichbar, als jedesmal eine fierrschafkeinweisung durch den Vater au+ schlaggebend ga$ esen ist (Biihmer 1966 :4 2a, 476t1,479b. .519-i; Schlesinger 1963:97). S&he Hochschstzung der KGnigswahl, die sogar Hcrrscherabsetzungen legitimiert, ist nattirlich ftir sich genommen noch kein I ndiz ftir historiographische Originalittit, dcnn sie bestgtigt nur eine hergebrachte und zu <*inem gutcn Teil karolingisch geprsgte Al Iw-hauu ng der Ereignisse samt ihrer jt-wiligen Rechtsgrundlage. Zum crsten Ma1 ftihrt im Bericht der Mstoria der Tod Ludwigs II. einen Vertreter jencr Familie empor, die auf ihrem Weg zum Kiinigtum das ngchste Jahrhundert wesentlich rnit bestimmen sollte. Ludwig hat, so heil3t es, 879 seinen kleinen Sohn Karl, den sp&eren Kari I I I., und das Reich in de1 Obhut Odos zuriickgelassen : . . defunctus est Hluhicu 5 rex Francorum, . . . relinqxcns j&m wim

~k~-wulur~ Karolum

appehtur,

nomine,

pi

Simplex

CUE ?-e&soin custodia Odonij princijh

%523ff:). Dirse Nachricht ist in mehrerer H incicht merkwtirdig, denn Ludwig I I. hat te nicht nur diesen einen Sohn, vor allem war er nicht der jilteste (Werner 19f,7 :456.33-4, 457.381. Zuerst bei Aimoin von Fleurv findet 5ich die Behauptung, 0~10 sei vdn c,n fi-tinkix-hen Grof3en mit der Regents& .rfi be;t dftragt worden ( P. 1.65); sie komml ;’ .so au, rlcm Krei5 der kapt r ingerfi-eundlxnen rrrc-ma~tischcn H istoriographie. Da Aim&n &*~a*~Work nat-h cigene;rt Zeugnis (3.1.127 1 i re 100.5, d.h. ein Jilhr nach dem Tod At~~~~~~ van Fleurv,I geschrieben hat, ist es rxit

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gro&er Sicherheit vor die Historia Francorum Senonensis einzuordnen. Hgtte eine grundsgtzlich prokarolingisch eingefsrbte Quelle d&e Sehweise iabernommen ? Urn hier ein Urteil abzugeben, miissen zuvor Ausmal3 und Bedeutung solcher Verkiirzl; ng wenigs tens angedeutct werden. Die Annah llertiniarzi berichten zu 8 79 ( 14 7-18) I da& dcr- sterbe2de Ludwig II. seinem Sohn Ludvi lg I II. durch den Bischof Odf) von Beauvais und den Grafen Albuin coronam et spakn UCreliquum regkm apparatum schickte. Ludv :,c I I I. war freilich, cbenso l,vie sein Bruder Karlmann, als Nachfblger nich t unun!. dicsen bciden Ehen haben sich aber die Schwierigkciten fhr die Legitimitgt aller drei Siihne Ludwigs Il. ergcben; noch fiir Witger ist um 959--60 Ansgard nur die wcata regina (303.10-l). Karl III. schli&\ich ist erst t‘tinf Monate nach dem Tod seines Vaters g&or-en ( Eckcl 1899 : 1f*.; H lawitschka 1968 236-7 1. Die Historia nahm also zum Problem dcr erstcn bcidcn Ludwig-Sahnc die Partei Gauzlins. Das mu13 schon deshalb mit BewuRtsein geschehen sein, weil nach dem Bericht der Annales Bertiniani Erzbisc hof Ansegis von

Sens Ludwig III. und Xarlmann in Ferrieres gekront hatte ( IHf.): Ein so wichriges Datum fur die Geschichte des Kronungsrechtes wird das Domkapitel von Sens such am Anfang des 11. Jahrhunderts noch im Gedachtnis gehabt haben, denn der Wet tbewerb mit Reims (Holtzmann 19 10: 117ff.; Schramm 1960: 113ff.; Briihl I950 : 7ff.) scharfte die Aufmerksamkeit. Uberdies hat Ludwig III. bei der notwendigen Reichsteilung Franzien und Neustrien der erhalten (Schramm 1960:65), Beherrscher des westfrtinkischen Kernraumes wurde also aufgrund redaktioneller Erwagungen Historiographen unseres fortgelassen. Eine zeitliche Lticke von fiinf Jahren (8 79-84) ist insgesamt schliefilich dadurch entstanden, da& such Karlmann nicht erwahnt wurde, obwohl er nach dem Tode Ludwigs III. 88‘2 allgemein Anerkennung fand (Favre 1893 :9 ; Eckel 1899:3). Die Eheverftigung Karls des Kahlen hat hier nachgewirkt. Ebensowenig diirfte aber das Schweigen iiber die Berufung Karls I II. von Ostfranken nach dem Tode Karlmanns auf Unkenntnis beruhen. Legitimitatsprobleme gab es hier kaum, denn Karl war zweifelsfrei ein Karolinger und seine Annahme im Westeu des Wahlrechts ais Vollzug geschah (Schlesinger 1963:123-4; 1965:850-l), auf das die Historia bislang gro&en Wert gelegt hatte, wenn es urn Nachfolgeund Erhebungsfragen ging. Offenbar hatte ihr Auto? aber ein so starkes westliches Reichs- und Sonderbewu&tsein, da13 er den Ostfranren als nicht zugehorig empfand und ubergehen wollte. Als Karl der Dicke 888 starb, war sein westfrankischer Namensvetter zehn Jahre alt. Nach dem Bericht der Historia stand er

unter der Regentschaft Odes, die nun angesichts de; Normannengefahr zum Kiinigtum ausgebaut wurde. Fran&i, Burgundiones et Aquitanenses proceres versammelten sich und wahlten Odonem principem...sibi in regem (365.26-7). Zum ersten Ma1 sah das Reich einen nichtkarolingischen K&rig. Die von der Historia angegebenen Umstande c!er Erhebung maigen den Tatsauhen entsprechen, denn Abbo von St-Germaindes-Pres (MGI-I 4:l10; Waquet 1942:98100) schildert diese so, da13 Walther Kienast eine “fortgesetzte Wahl” annehmen koi nte (1968b:Zff.; I968c: 13 lff.), das h+3t Erhebung durch Franken und Burgunjer 888, im folgenden Jahr Anerkennung drirch die Aqui tanier. Fur den I-Iistoriogral. nen von Sens war der gultige Schritt zu CCos Erhebung Wahl durch den Adel der drei groI3en Stamme. Mit dieser Meinung stand er nicht allein, Richer von Reims hat sie geteilt (Ehlers 1976). Nach dem Tode Odes, so he& es gleich im AnschluIS an die Wahlmeldung und ohne cl&al3 weitere Ereignisse seiner Regierungszeit crwahnt werden, recepit reLgnumKarolus Simfilex,jii’ius Hhdovici (365.28-9). Zwar hat 898 wieder eine Wahl stattgefunden (Kienast 1968b:ll; 1968c:139f.), aber aus dem Sprachgebrauch ist zu entnehmen, da13 die Historia sich hier auf die angebliche Einsetzung Karls als Nachfolger durch Konig Odo bezieht:... venit Karolus ad eum (SC. Odonem) ; quem i//e bkgne suscepit, deditque ei tantum e sibi quantum visum regrzo, f uit, Vedastini : promisitique maiori.. . ( Annales 7 9). Aufschlufireicher als das, was er moglicherweise meint, ist aber eine TatGeschichtsschreiber sache, die unser nachweislich unterscl-lagen hat: Karl der Einfaltige erhielt das Reich schon am 28.

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Januar (dem Todestag Karls des GroBen) des Jahres 893 durch Erzbischof Fulko von Rcims, der ihn zum Klinig weihte (Eckel 1899: 12). Natiirlich war das Datum kein Zufall, an dem Reims einen Ksnig namens Karl gegen den von Sens Gekrdnten p&entie1 te, und alle krgumente, mit denen ein karolingerfreundlicher Historiograph hgtte Ste!lung beziehen mtissen, waren nach dem Berich t Flodr>ards in der Historia Remensis ecclhze schcn durch Fulko von Reims an Kiinig Arnu!f geschrieben worden (4.5:5634 9: Odo geh6re nicht der stirps regia an und sci mithin tin Tyrann. Die Historia entzog sic-h dcm durch schweigendes ijbergehen und lie13 Karl erst mit dem Tod des Robertiners Kijnig -werden. Ohne Anfechtur,g durch ein Gegenkbnigtum, such ohne bemerkenswerte Taten und ZwischenMle wird Odes Regicrung in die Herrscherreihe gcstellt, spannungslos geht das Reich an Karl den Einfsltigen tiber. Sofort wei& die Ifi.rtmiaWichtiges zu melden (365.29ff.): Die %rmannen kommen wieder, werden aber dtlrch Herzog Richard von Burgund vertriehen. Im Kioster S. Columbae in Sens wird ein Erdbeben registriert, wghrend die Normannen auf einem neuen Zug Chartres agern; diesmal bringen ihnen der Herzog van Burgund und Robert von Franzien eine vcrnichtende Niederlage bei. Danach erscheint a.m Nordwesthimmel ein Stern, der vierzehln Tage lang starke Strahlen aussendet . andere merkwtirdige sind hier und wie Motivbiindel vor anschliesend erwghnten Ercignisse gesetzt. rolches Verfahren dam f’iir RegierungsForm geworden; eser hat es in den S. Cdumbae angelegte Kausalkette5 6

verstzrkt. Im Jahr gibt ngmlich eine Hungersnot in Frankreich
beruhte

Kiinigtum

Roberts auf einer Wahl durch die Franci (Flodoard 1905:lO); Burgunder und Aquitanier waren diesmal woh! nicht beteiligt (Kienast 196813: 11-12; 1968c: 140). Die Kriinung vollzog wieder der Erzbischof von Sens; Kriinungsort war zwar Reims, dessen Erzbischof Heriveus aber war krank und starb drei Tage sptiter. Eckel hat mit Recht die Frage offen gelassen, ob er im anderen Falle Widerstand geleistet htitte ( 1899: 1ZO), wie Richer versichert ( 1.82). Der von Robert eingesetzte Nachfolger, Seulf. hat immerhin die Familie Heriveus’ hartntickig verfolgt. Van langer Dauer war dicses Klinigtum freilich nicht, denn schon im folgenden Jahr fiel Robert, qui regrwm Francorum invaserat, be. Soissons im Kampf gegen Karl i366.4ff. ; E:kel 1899: 122ff.). Die negative Charakteristik. Roberts ist deutlich und kann nicht allein damit erkltirt werden, da13 solcher Schlachtausgang kurz nach der Erhebung als Gottesurteil verstanden worden wtire, wie das sonst vielfach geschehen ist (Cram 1955:ZOff.; Pietzcker 1964). An dilaser Stelle sind prokarolingische Tendenzen nicht auszuschlie&en, wenngleich doch dcr Wunsch nach einem starken Kiinigtum all; Motiv bedacht werden mu&: Karl III. war, wie die Historia nahelegen wollte, daftir nicht geeignet, aber aush Roberts Tod mag Zweifeln an seiner Heilsbeigabung Raum gelassen und damit seine Legitimitgt als fragwtirdig enthtillt haben. Ein Sonderfall wtire das jedenfalls in dieser Hinsicht nicht (Beumann 1950238ff; Wolfi-am 1963: 12Off.L Freilich wurde such Karl durch Soissons nicht glticklicher. Herbert von Vermandois, so f%hrt dcr Bericht fort (366,6ff.), lockte ihn r‘nch Peronne an der Somme, wo er ihn dann gefangen hielt (Flodoard 1905: 15). ‘Mit der Erwghnung Herberts weist die Historia

zugleich auf die grol3e norldfranzijsische Adelsfi-aktion hin, deren Gewicht eine bestimmende Kraft des Jahrhunderts war (Werner I960:87ff.). Die eheliche Verbindung Roberts mit dem Haus Vermandois, aus der Hugo Magnus stammte, wird oflenbar deshalb erwghnt (366.9-lo), weil sie die auBeren LJmst%nde bei der Wahl des zweiten Gegenkiinigs erkltiren ~011: Auf den Rat Hugos und der frgnkischen Gro&en erhob Herbert von Vermandois Rudolf von Burgund : . . . Roduyum, nobilem jlium Richardi, Burgundionum ducem, quem de sacro fonte susceperat, un’a cum. consilio Hugonis Magni.. . et procerum Francorum sublimavit (366.1OffJ. Wieder haben wohl nur die Franci mitgewirkt (Kienast 1968b:12.49; 1968c: 140.45). Vom karolingischen Parteistandpunkt aus war das genau so zu verurteilen wie die Wahl Roberts, aber es geschah nicht. Freilich war in Rudolf‘s Regierungszeit ein glgnzender Normannensieg gelungen (366.16ff.l: die monte Chalo (Flodoard Schlacht in 1905 :26ff.), am Chalmont nahe Melun :rn Seine-et-Marne. AuRerdem Departement war er Burgunder, Sohn Herzog Richards, den die Historiu schon als ttichtigen Normannenstreiter herausgestelit hatte. Mit Sens war das Horzogshaus tiberdies eng verbunden: Die Abtei S. Columbae war die Grablege Richards (366. If.), und sollte such Rudolf allfnehmen (366.19f.). Hugo van Franzien war der Taufpate Rudolfs, dessen Verbindung mit den Robertinern such nicht verschwiegen wurde, aber das Urteil hat eine burgundische Tendenz bestimmt. Sie ist das historiograph;sche Komplement zu einem den Befund, verfassungsgeschich tlichen herausgearbeitet hat Kiecast Walther ( 197 4 : 15ff.) : zur Rolle der franzijsischen Stgmme bei der Kenigswahl. 7

In St-Mbdard in Soissons wurde Rudolf gekront :366.14-15): mar in der Erzdiijzese R&m, * ber durch Walter von Sens (Eckel I899:125; Lauer 1910:11-12). Fur seine Regierrtngszeit (923-36) w&e die Historia nur den schon erwghnten Normannensieg zu melden, dann folgt sogleich die verhfiltnismti&ig breite Schilderung jener Berufung Ludwigs aus England, durch die mit einem Sohn Karls des Einfgltigen wiederum ein karolingischer Herrscher gewahlt werden sollte. Una cum Francis habe Hugo der Altere den Erzbischof Wilhelm (van Sens) nach England geschickt, damit er Ludwig in Fran&n zuruckfuhre (366.2OfT.). Auch im Hi&lick auf die Rolle des Herzogs von Franzien ist das richtig l Flodoajd 190.5 :63); ebenso wie im Bericht Flodoards wird deutlich, da13 die Annahme Ludwigs IV., die ja nichts anderes als eine Kiinigswahif darstellte, im Zusammenwirken Hugos mit nordfrauzosischen Grol3en stattgefunden hat. Francis bedeutet in dicscm Fallc “ganz Franzien”, wie Kienast (1968a: 1%,‘ts) deutlich zeigen konnte. Gegen Lemarienier f IYS: 142) ist such mit Kicn;lrt f 196Xb: 13ff.; 1968c: 14 Iff.) darauf hin,ruweisen, c&al%nicht alie primates des Rciches, la niche einmal Franziens, beteiligt gewesen sein mussen, was such fur den Bcrich t unserer Historia gelten durfte. Der Erzbischof van Sens ist hier zwar an der Einsetzung eines karolingischen Ronigs beteiligt, aber im Auftrag Hugos, so da& sich am Zusanrmenwirkenl der Robertitler mit .Fens nichts geandert hatte. Es wire zutreffend bcrichtet , daIS Ludwig IV. in Laon ge$albt wurcle, aber verschwiege;r, da13 es a Erzbischof von Reim> geschah. em Interesse fur das Abschatzen Parteistandpunktes der

Historia ist aber ihre Schilderung der Regierung Ludwigs IV. (366.26ff.j. Zwei Jahre nach der Kronung erscheinen an einem Februartag frtihmorgens sanguineae acies am ganzen Himmel, also eine ahnliche Erscheinung, wie es sie schon zur Zeit Karls III. gegeben hatte. Damals waren die Normannen gekommen, diesmal sind es die adhuc pagani, und beginnen Ungarn, Frantiam, Burgundiam atque Aquitaniam zu entvolkern. Als pagani (365.33) und gem incredula (365.25) waren schon die Normannen angefuhrt worden, so da13 hier ein bewuRter Parallelismus aufscheint, der tiber Sprachlichcs hinausgeht. Auf diesen Ungarnzug hin kommt es zu einem Aufstand der GroBen Franziens unter Fiihrung Hugos: Post haw rebellawerunt Francorum jwoceres contra Hludovicum regem, super omnes autem Hugo Magn~s. Der Anschlul3 betont nicht nur zeitlitzhe Folge, sondern begrtindet such die Handlungsweise der GroBen. Mit Voreingenornrnenheit gegen die Kapetinger, wie Fli.:he ( 1909a:45) gemeint hat, ist der Satz j( adenfalls nicht zu erklaren. Auf eine Hungersnot r-nit anschliel3ender Teuerung im ganzen regnum Francorum folgt sogleich die Gefangennahme Ludwigs IV. durch die Normanncn, wobei das Motiv fur diese Anordnung der Nachrichten aus dem unpassenden Anxhlul3 Deinde non post multis ( !) diebus ( !) hervorgeht: “Wer+ Tage nach einer Hungersnot” ist als Zcitbestimmung sinnlos, kausal verstanden aber gehort es in die hier verwendete Darstellungsweise. Ludwig IV. wurde in Rouera durch Verrat gefangengenommen und nach den Berichten Flodoards (1905:97ff.) und Richers ( 1.ZOZff.) 945 in Bayeux an Hugo van Fraraznen ubergeben. . . .multis ex Francorwn populo interemp:tis, consentiente Hugone Magna

lie13 denn such die Historia den ijberfall geschehen. SchlielSlich regnet es im Monat Mai Blut und im September des gleichen Jahres stirbt Ksnig Ludwig. Seine Regierungszeit hat die Nistoria also in drei Phasen gegliedert, deren jede wiederum zwei aufeinanderfolgende Sch‘ritte

enthalt : I. a: Himmelserscheinung plage

und

Ungarn-

:

b: Hugo Magnus ftihrt den Adelsaufstand: II. a: Hungersnot und Teuerung; b: Hugo Magnus stimmt &I- Festsctzung des !<6nigs zu. III. a: B lu tiger Regen ; b: Tod des Kdnigs. Was wollte die Historia mit dieser Komposition einiger weniger Handlungseinheiten zu einem trtiben Bild erreichen:’ Zweifellos war hier mit Bedacht ausgewghlt worden, den es kann kaum angenommen werden, da13 man i.:?Sens nicht mehr gewul3t hat. Da13 wir hier Tendenzgeschichte vor uns haben, ist deutlich, aber karolingerfreundlich mutet das vor allem deshalb nicht an, weil es der tatstichlichen Leistung Ludwigs IV. nicht entfernt gerecht wird. Dicsem Kdnig ist es immerhin gelungen, bis 954, also innerhalb von achtzehn Jahren, mit Zghigkeit, Ehregeiz und vie1 pers6nlichem Mut die karolingische Stellung wieder so weit zu festigen, da13 rex Francorum und dux Francorum fiir die AuBcnpolitik Ottos des GroRen mindestens gleichwertige Gr%cn warcn. Womsglich liegt aber gerade in diese_n Ma&stab die Ursache fur das Verhalten d?s

H istoriographen. In seiner politischen Wertskala stand, so scheint es, ein starkes west f&kisch-fi-anziisisches Kiinig!unl an oberster Stelle. Das I& sich nicht nur erschlie&en, sondern am Text zeigen. In einem stark episch gefgrbten Bericht, der bier nicht weiter untersucht werderl kann und wie ein Fremdkiirper in der knappen Erz2hlform unseres Textes steht, werden die burgundischen Ksmpfe nach dem Tod Herzog Giselberts 956 zwischen Bischof‘ Anscgis von Troyes unc! Brun von Kijln finerseits, dem Grafen von Troyes und dem Erzbischof von Sens andererseits geschildert. Dabei ist der Akzent gegentiber dcqn tatsRchliclaen Ablauf’ der Errignisse so verschoben (367.16), dal3 Kanig Lothar in schneller Reaktion auf diese Ereignisse hand& und zun2ctist allein, spzter mit Urb ter-stiitzung cler Herziige von Franzien und Burgund, g&nzende Erfolge gegcn den Kaiser erritigt. Zungchst bringt e1 Lothr-ingen atrieder unter seine Herrschaf’t und vertreibt 0 tto II. mitsamt seinem Gefolge aus der .Aachener Pfalr : . . . renovavit iti ditione sua Motharium regnum (367.17) ist als Bet,:hreibunR ftir das politische Gewicht des Zlqes (K.ien;ist 19’74:9 l-2) mit den iibrigen 1950:770a) Q~~ellenberichten (Bahmer frNch nicht vereirtbar. ‘bom Gegenscinlag Ottos II. wird mil f*abuliisen Etnzelheiten berichtet, die sonst ni-xgends tiberliefert sind: Post haec Otto imjlerator congregans exercitum suum, venit PaGsius; ubi interfectus est nepos ipsius Ottonis WI’ aliis pluribus ad portam civitatis, incense suburbia illius. Iactaverat namque se extollendo dicens, quad lanceam suam injigeret in portam civitatis Parisiorum (367 22ff.). Die Verteidigung der Stadt lag faktisch allein bei Hugo &pet. Auch dann, als die Robertiner

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Hugo und Heinrich (van Burgund) zum Heer Lothars gestol3en sind, ist es im Bild der Historia do& der Konig, dem Sieg und Verfoigung des Feindes zugeschrieben werden. Er ist der T:rager eines gemeinsamen Abwehrkampks gegen aul3ere Gegner. Wie gehihriich der Angriff Ottos II. fur Lothar war, wisstn wir aus zwei Briefen in der Sammfung Gerberts (3 1.56, 32.58-9), aus dcnen erschlossen werden kann, da13 Karl van Pi iederlothringen beim Einmarsch des kaiserlichen Heeres Laon eingenommen hat ut Id ; U-P Gegenkonig ausgerufen worden ist. 1riese Bedrohung hat den inneren nordfr(anzosischen (der Zusanmcnhalt Fiihrurgsschicht zweifellos im Hinblick auf ihr SonderbewuBtsein gestarkt. Man sollte darau$ nicht auf das Wirken einer “Staatsirice” schlie&en (Sproernberg 1959 :200), weil die einzelne polieische ,\ktion zu wenig in eine entsprechende Kontin&& zu stellen ist und zu- tiele Widersprtiche, zu viele divergierende Interessen daa Feld beherrsch ten. In der historiographischen Interpretation aner hat es doch wohl transper&ale Staatsvorstellungen (Beumann 1972~1 gegeben, und wir werden an anderer Stelle noch priifen konnen, mit welcher Inter-r&t wie wirkten. Das pragmatische Motiv fur Hugos Trer:\e gegentiber Lothar war vielleicht such das Gegenkiinigtum Karls von Niederlothringen (Mohr i 957 : 7 I Sff. ), weil ein vom deutschen Klinig gestiitztes karolingischer Herrscher im Westen die robertinische Position geschwacht spricht die Historia nicht, sonein ~~~erhaltnismal3ig unreignis zum grol3artigen TriAls der franzosische K&rig das

her

deutsche Heer bis Soissons verfolgte, gerietlen die Feinde in das FluISbette der Aisne. Weil sie die Furt nicht kannten, ertranken mehr, als im Kampf getijtet wurden; so viel, da& das Wasser von den Leichen verdrgngt wurdc und der Flu13 tiber die Ufer trat (367.26ff.). Daran ist nur so vie1 richtig, daB der Tr 143de,, Kaisers nicht uber den Flu13 gebracht wcrden konnte und mitsamt der Begleitnxtnnschaft verloren ging (Lot 1891:103-4.1 i. Lothar war an diesem Verfolgungszug gar nicht beteiligt (Uhlirz 1902: 117-18.39), aber fur eine nationale Tradition ist gcrade der Bericht unseres Autors bis ins 13. Jahrhundert nachweisbar hochst wirksam gewesen (Kienast 1974:956). Damit nicht genug: sol1 Lothar doch, wovon nach Richer (2.96) keine Rede sein kann, die Uberlebenden drei Tage und Nachte hindurch bis zur Maas gejagt haben, bevor er siegreich in Fruntiam zurtickkehrte. Post hnec non apposuit ultra Otto rex ut veniret, net ipse net exe&us eius, in Frantiam (367.34-5). Dem franzosischen Kijnig wird hier entgegen dem wirklichen Ablauf de-r Ereignisse eine Leistung zugeschrieben, die fur den Historiographen grcRe Bedeutung hatte. Die Landesverteidigung, die militgrische Vertretung des Reiches nach au&en, erschien nicht nur als Gemeinschaft sleistung von Robertinern und karoli ngischem Konig, sondern als Unternehmen Lothars, zu dessen Ilnterstiitzung er die Fi’rsten gerufen hatte. Der Verfasser mag subjektiv sog#ar der Meinung gewesen sein, im Einklang :mit den Tatsachen berichtet zu haben; wenn er das Hauptverdienst bei der Abwehr Ottos II. nicht Hugo Capet zuschrieb, so lag das kaum an seiner Neigung zu den Karolingern, wie aus einer sogleich angefugten Meld ung 1lervorgeht.

Lothar habe, so he& es (367.35ff.), noch im selben Jahr gegen den Willen Hugo Capets und seines Bruders Heinrich mit 0 tto II. in Reims Frieden geschlossen. De&t

n die

1891:342; Bahmer 1950:809a, 81 la; Uhlirz 1902133-4). Die Historia lgi13t den Kijnig seine Hand von Lothringen nehmen, nachdem sie ihn gerade auf die Hijhe eines machtpolitischen Erfolges redigiert hat, der unter den bisher von ihr berichteten Ereignissen schlechthin ohne Beispiel ist. Natiirlich kann ein einfather chronologischer Irrtum des Verfassers nich t mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, aber zwei Gesichtspunkte sprechen gegen diesen Einwand : Der AnschlulS In ipso anno, den such der vatikanische Codex Reg. ‘lat. 733 A, f. 3.9 bringt, ist absichtsvoller und prgziser als eine blol3e Jahreszahl; auI3erdem lassen sich in der Historia so viele Spuren bewul3ter und teilweise raffinierter Reilaktionst%tigkeit finden, da13 in einer so wichtigen Frage wie

der ZugehGrigkei t Lothringens nich t Gedankenlosigkei t die Feder geftihrt haben wird. Der Vorwurt’ einer Aufgabe \‘O11 Reichsgebiet, nach innen durch den Zeitansatz verschgrft vorgebracht, wird nach a&en abgeschwacht durch die Behauptung, e; habe sich urn ein Lehnsverhgltnis gehandelt. Diese folgenreiche Konstruktion erscheint pr&is formuliert zum ersten Ma1 in der Historia Francorum Senonerd, so da13 angenommen werden darf, ihr Verfasser habe sie erfunden. Zum mindesten dtirfte er gewuRt haben, wovon er als einer der ersten sprach. Er wollte einen Kijnig, der das Reich verteidigte, und hat dessen Rolle schijnfgrberisch umgeschrieben. Lo thar aber versagte als Erhalter der Substanz VOIdem deutschen K9nig; die Reaktion der Ftirsten wird berichtet, obwohl sie sich als Motiv fiir das Verlassen der Karolinger deuten laI3t. Mit der tristitia nordti-anzijsischer Herren legt sich ein Todesschatten auf die spzten Nachfahren Karls des Grol3en. Wodurch das Bild des Geschichtsgr hreibers ini einzelnen bestimmt wurde, L-*igt sich nun, wenn er in die cntschcidende Periode des Ubergangs der Monarchic eintritt. Das f:ncle der Karolinger, so deutete sich bereits an, wurde mi t der ijbergabe Lothringens eingeleitet. Enisprechend folgen als n&hste Meldungen nur noch Lothars ‘rod und Beisetzung in Reims (367.39) :;owie die Nachfolge seines Sohnes Ludwig (V.) (:36X SO-I). Dabei ist Lothars Tod auf 356 datiert; der Reginensis (3.11) hat 976, so da13 die richtige Zahl 987 bei Ch wohl auf Emendation des Herausgebers Duchesne zuriickgeftihrt werden mu&. Das falsche Todesjahr 982 nach neun Jahren Regierungs-

II

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Laudunis

et consiliarius ,%roli watr. Dieser

Bischof tiblergab eines Nachts Laon an Hetzog Hugo; Karl und seine Gemahlin wurden gebunden und in Gefangenschaft nach Orleans gebracht. Karl war, weil Hugo sich widersetzt hatte, noch nicht zum K&rig gesalbt. Eodem anno unctus est in regem Remis Hugo dux, et ipso anno Robertus, jlius eius, in regnum piissimus rex ordinatus est. Hit deficit regnunz Karoli magni (368.2ff.). &date

Soweit diese historiographisch folgenreiche Sicht der Historia Francorum Senonensis zum Ubergang des Ktinigtums au’ die Kapetinger. Dabei ist nun schon das einleitende Motiv recht eigenwillig, denn nur an dieser Stelle ist von einer Ehe Karls mit der Tochter Herberts (II. 1 von Troyes die Rede (Lot 1891:209-10.2). Aus den wirklichen politischen Verhgltnissen kann der Verfasser clurchaus den SchluB gezogen haben, da13 sie Hugo zur rebellio veranlaBt hstt-e, denn trotz aller fur die Zeit charakteristischen Wechselfalle war ein Bund der Vermandois mit den Karolingern ins Kalkiil d.er Erwartungen einzusetzen (Lot 1891:60, 145ff., 162, 194ff., 209, 226ff., 270, 376). Sympathien fii:- c’ie Grafen von Troyes lagen in Sens n.‘cfrt nur wegen der beschriebenen Ereignisse von 959 nahe, sondern such deshalb, weil die Grafschaft T’royes vom burgun&chen Herzogshaus zu Lehen ging (Werner 1960:114). Fur den Vdasser der His&& kann danach die eheliche Verbindung Karls mit einer Dame aus dem tiaus Vennandois kein legitimer Gnand fur Hugos Initiative gewesen sein, im Gegenteil : Weil die Ebenbtirtigkeit bier unbezweifeibar feststand, entkraftete er damit Adalberos viertc s Argument. Das erste ein Erbrecht gibt es nicht) hatte die kapetingische Partei selbst schon fallen

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lassen

:

D[ivae] m[emoriael Ludovico, Lotharii

fiso, orbi subtracto, si j&es superfuisset, earn sibi successisse dignum foret ‘Degann Kiinig Hugo

seine Rede bei der Erhebung Erzbischof Arnulfs von Keims im Jahre 989 (Richer 2.188). Das zweite Argument (Karl ist ungeeignet) wurde widerlegt durch die Feststellung, Hugo Capet habe Karl nicht besiegen konnen und sich deshalb des Verraters Ascelin bedienen mtissen, das dritte (Karl ist Vasall eines auslandischen Konigs) erkannte die Historia entsprechend ihrer Ansicht zur lothringischem Frage im Stillen an, unterdrtickte es aber und exwahnte deshalb such nicht Karls altesten Sohn Otto, obwohl er doch Nachfolger seines Vaters in Niederlothringen war, denn Otto stand fest auf seiten des Kaisers (Kienast 1974: 124). Zweifelhaft bleibt aber, ob der hier gemeldete Ehebund iiberhaupt bestanden hat. Gab es ihn nicht, so wurde seine Erfindung die eben skizzierte Tendenz nur unterstreichen, denn die von Adalbero bezweckte negative Wirkung seiner Rede auf die westfrankischen GroBen bestatigt sich dergestalt, da& die Historia eine Ehe als Motiv Hugos ansetzt, urn es gleichzeitig miiglichst wirksam zu entkraften. Fur die Zeitgenossen hatte dieser Punkt eine ganz andere Bedeutung als fur den modernen Leser, der bei einer kritischen Untersuchung des Textes nicht nur auf ‘I’hronfolgerecht und Wahlprinzip, Legitimitat und politische Lage achten sollte. Die Erzihlung Richers sagt eben nicht nur etwas tiber den Stil des Schriftstellers aus, wie Dhondt gemeint hat (1975: 1661, denn hier sind Rechtsfragen beruhrt. Ans&ze zu einer Untersuchung in diesem Sinne gab es schon frtiher (Ermolaef 1930: 116-7), such fur den bewufitseinsund sozialgeschichtlichen Aspekt liegen

grundliche Uberlegungrn vor (Schmid 1957 :ZZff.). Der Historiograph wolhe offensichtlich zeigen, da13 Hugo Capet im Unrecht war Aus dem Verhaltnis seines Berichtes zum &&eren Ablauf der Ereignisse lassen sich seine Motive erschliesen. Karl hatte, was die Historia nicht sagt, nach dem Wahlakt von Senlis Laon erobert und den Bischof Ascelin/Adalbero gefangengesetzt. Da13 Ascehn ein irregulgrer Bischof gewesen ware, steht nur hier; nach anderer Lesart war er drei Jahre Kanzler K&rig Lothars, wurde im Januar 977 von ihm zum Bischof von Laon nominiert und am 1. April des gleichen Jahres durch den zustandigen Erzbischof Adalbero von Reims geweiht (Additamenta 4081. Anders als es die Zeitenfolge der Historia will, kgmpfte Hugo Capet als gewahlter und gekrdnter Konig gegen Karl; such sein Sohn Robert w; Y schon vor der Einnahme Laons durch Karl am Jahresende 987 zum Mitkiinig gekront worden (Lot 189 I:2 17. I). Die Eroberung Laons ;st dem neuen Konig in der Tat nicht gelungen, aber die %toria verschweigt die Flucht Ascelins aus der belagertcn Stadt zu Hugo Capet, und dadurch erhalt die er sei der consiliarius Karoli Behauptung, gewesen, ihren Sinn. In einem Brief vom Ende September 988 warnte Erzbischof Adalbero van Reims den Gefangenen in Laon vor unbedachten, schandbaren Handlungen : . . . hoc xnum a!tende, ne ts praecipitem dederis, ut sutius fuerit alio modo perisse, quam post interitum tibi tuisque posteris eternum obfirobrium reliquisse (Gerbert 1966: 136.164). Das dtirfte sich auf einen Karl Ubertritt Ascelins zu moglichen beziehen, was in den Augen Adalberos von Reims Verrat am K&rig war. Tatsgchlich

mul3 es Geriichte gegeben haben, dal3 Ascelin Kat 1 von Niederlothringen heimlich begiinstigt hatte; Richer jedenfalls deutet den eiligen Ritt des Bischofs zum Konig gleich im AnschluIS an seine Flucht aus Laon als Rechtfertigungsversuch eines schwer Verdachtigten (2.176). Wie unklar und rasch wechselnd die Kons;ellationen dieser Monate waren, zeigr. ein Brief vom Jahresende 988, den vermutlich Adalbero von Reims an Ascelin geschrieben hat (Gerbert 1966: 140.167). Der Empfanger sol1 sich zur Beurteilung der Lage auf den neuesten Informationsstand bringen, bevor er an einer Versammlung der Grol3en teilnimmt : Verum quod huius temporis est: monemus, uti vestro colloquia perdiscatis, que appetenda, que vitanda vobis sint, priusquam nostri regni principum conventibus misceamini. Diese Komplikationen hat die Historia mit einer klaren Entscheidung beseitigt. Sie stellt Ascelin in diesem Stadium auf die Seite Karls und vereinfacht damit ein verworrenes Bild. Die Frage ist nur, in welchem Sinne und zugunsten welcher Sei te das geschah. Laon war mit Hilfe eines unehelichen Sohnes Konig Lothars namens Arnulf (Lot 189 1: 108.2) durch Karl erobcrt worden. Im Sommer des Jahres 988 hielten die Kiinige Hugo und Robert einen Hoftag in Compiegne, an dem unter anderem Adalbero von Reims, Ascelin von Laon und Sewinus von Sens teilnahmen. Zur Strafe fur Verrat wurden Arnulf und Einnahme Laons und Karl exkommunizicrt (Gerbert 1966 : 155.184, 217.258). Eine Abwendung von Karl vollzog Arnulf freilich schon bald im Zuge seiner Bemtihungen *urn das vakante Erzbistum Reims. Am 23. Januar 989 war Erzbischof Adalbero gestorben (Richer 2.182) und Arnulf bot Hugo an, seine Partei

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zu ergreifen und Karl von Niederlothringen zu verlassen, ja ihm selbst Laon wieder . . .a factione tirranica remotum auszuliefern. l&en ihn die Reimser SufTragane schon im 1966: 155.184). Natiirlich April Herbert konrnte er auf Ascelin zghlen, der seine Bischofsstadt wiederhaben wollte. Wirklich wurde Arnulf zum Erzbischof von Reims erhoben und mit feierlichsten Eiden auf den K&rig verpflichtet (Gerbert

1839:s. 161-Z; Coolidge 1965:38ff). Seine geringe Meinung vom Konigtum erleichterte ihm die Obergabe der Stadt Reims an Karl

schon im August 989; im Februar 990 verbreitete er sich in einem Brief (vielleicht an Bischof Gibuin von Chalons-sur-Marne) iiber das Regium nomen, quod spud Frances pene emortuum est und klagte, da13 propter impia tempera, propter perditissimorum hominum iniquia commenta clam agimus, quod palam non possumus (Gerbert 1966: 165.194). Ob hier

das Kiinigtum der Karolinger allein gcmeint ist, erscheint ebenso zweifelhaft wie die Laufbahn Arnulfs. Dieser Verrat zwang immerhin selbst Gerbert fur einige Monate auf’ die karohngische Seite: ?Xwiaugusti Lath. ariusl germanus /?atgr (SC. Karl van Niederlothringenj, her-es regnk regno expulsus est. Eius efnuli, ut opinio multorum est, interreges (SC. kiugo und Robert) creati sunt. Qgo iure legitimus heres exheredatus est, quo iure regno

pivatus? schrieb er Ende Januar/Anfang Februar an Ascehn (Gerbert 1966 : 164.1923). Anfang Mai aber war er schon wieder zufickgewechseh 1956: 1020a; (Bohmer Lot 1891253ff.; Uhlirz 1954: 11 I, 131ff.). Em Verrat brachte schlief3lich such den endgWgen Sieg der Kapetinger. Richer hat ausfuhrlich und dramatisch, wenn such im einzelnen phantasievoll, ertihit (2.216ff.1, wie Ascelin nach vorgeb-

lither Aussijhnung mit Karl diesen, seine und Arnulf in Famihe Laon zu nachtschlafender Zeit gefangennahm und an den Kdnig auslieferte. Solch abstof3ende Hinterlist, verbunden mit den menschlich anruhrenden, unwurdigen Umstinden der Ergreifung, mu13 selbst auf abgestumpfte und vielerfahrene Zeitgenossen so gewirkt haben, da& Ascelins Name zur fast archetypischen Bezeichnung des Verraters wurde, vergleichbar Judas oder Ganelon : . . . Ascelinus, ebdomada majori ante Pascha, in qua est cena Domini, velud Judas Christurn, et @se tradidit Carolum urteilt Ademar von

Chabannes (30.15 11, ein Zeitgenosse des Autors der Historia Francorum Senonensis. Fur die Epik sind s&he Motiviibernahmen 1926 1270-9, bekannt (Bbdier 326ff. ; Mireaux 1943: 125ff.; Fawtier 1933:21 lff.), und wie einer Legende nacherlebt ging die Tat in die Legende ein. Bei ihrer Neigung zur epischen Erzahlstruktur konnte sich die Historia solch spektakularem Ereignis kaum entziehen. Weil Ascelin als Typus aber allbekannt und festgelegt war, muRte die Geschichte, wenn man sie einmal aufnahtn, so vorgetragen werden, wie alle sie kannten und einschatzten. Daher scheint es gewagt, hier eine strikte Parteinahme zu folgern. Deutlich gegen Hugo Capet stellt sich der Historiograph in Sens freilich einmal mit der Betonung des Erbrechtes durch die Setzung ‘Sohn’ statt ‘Cnkel’ fur Karl von Niederlothringen, zum anderen mit der Verweigerung aller Rech tst i tel fur Hugo durch Verschweigen seiner Wahl und Kronung. Seine rebellio ist durch Karls Gemahlin nicht motivierbar; Zeitgenossen miigen dunkel in Erinnerung gehabt haben, da13 seinerzeit gegen Karl aufgrund einer Ehe Einwgnde erhoben wor-

den waren: diesen Komplex fanden sie hier wieder, aber zur Unkenntlichkeit entstellt. Ftihrten also Feindschaft gegen die Kapetinger, Neigung zu den Karolingern dem Verfasser seine Feder? Aus dem Bericht bis 987 ging das nicht hervor; ein weiterer Umstand wird, wenn wir ihn recht einordnen, fiir die Krisenjahre Klarheit schaffen. Bisher hatte die Familie der neuen Kanige i.::mer mit den Erzbischafen von Sens zusammengearbeitet ; jedenfalls waren alle robertinischen Gegenkiinige von ihnen gekrijnt worden. Seit 987 stand Hugo Capet mit dem Erzbischof von Reims gegen Karl. Die Krdnung fand, wie schon erwtihnt, in Noyon, nicht in Reims statt. Da13die Historia Reims anfiihrt, mag ein Irrtum sein, der sich aus der Parteienkonstellation ergab : Wer nicht genau informiert war, mochte aus Adalberos Wirken Reims als Krijnungsort erschliel3en. Schramm ( 1966 :84ff.) hat aufgrund der Canones Abbos von Fleury (4.478) ein Wahlprotokoll vermutet, das die einzelnen Teilnehmer 987 unterschrieben haben. Eine solche Aucteichnung sprgche fiir die feste Absicht des robertinischen Anhangs, sich einander nachpriifbar, also auf Dauer, Kurz darauf, maglicherzu verpflichten. weise am 30. Dezember 987, wurde Robert in Orh?ans, also in der Kirchc:nprovinz Sens, van Adalberu von Reims gekriint (Richer 2.166; Havet 1891295-6; Lot 1903:4). Diese doppelte enge Verbindung der neuen Dynastie mit Reims konnte in Sens nicht begrtil3t werden. Wenn man behaupten machte, die Historia Francorum Senonensis sei oder “prokarolingisch”, “antikapetingisch” so mu& man sehen, da13 diese Haltung den Bericht erst dann bestimmt, als Hugo Capet sich mit Reims verstgndigt. l)ie Ursache fiir

jene Tendenz liegt also nicht in der Treue zum 2lteren Herrscherhaus, sonderll in der Rivali t2t gegeniiber Reims : Dem N&enbuhler urn das Krijnungsrecht konnte vorgehalten werden, da& er gegen die Legitimitit geweihe habe. Die Bedeutung jenes Vorgangs hat die Historia mit dem Satz charakterisiert : Hit dejcit regnum Karoli Magni, es ist daher wichrig zu wissen, was damit gemeint ist. Wenn wir den gesamten Text daraufhin untersuchen, in welchem Sinn die Werter regnum, regnare, Fvanci und Francis verwendet werdenl, so zcigt sich der bekannte wechselnde Sprachgebrauch : Das regnum Francorum btie Kar! der Kahle; einen Teil der Francis bekam Lothar (=Lothringen, also glterer karoiingerzeitlicher Gebrauch von Francis) ; in die Francis wurde der Leichnam Karls des Kahlen zurtickgebracht, urn in St-Denis bestattet zu werden. Das regnum (mit oder ohne Zusatz) ist Objekt der kijniglichen Herrschaft im Westen fiir Karolinger und Kapetinger gleichermafien. Dieses regnum ist a s Teil der grtif3eren Einheit Gallia zu verstehern, die sich ihrerseits; aus Francis, Burgundia und Aquitania zusammensetzt. Im regnum Francwum gibt es einen dux Francorum, aber die Francis ist das Ziel der von auswgrtiger Unternehmung: karolingischen Kijnige; heimkehrenden gegen sie such richten sich Angriffe van au&en, die das Reich als politische Einheit meinen. Dieses regnum (Francorum) kann vom regnum Hlotharium abgesetzt werden: Es ist das Westreich unter der Regierung eines Kenigs, dessen dynastische Zugehirrigkeit demgegentiber eine Frage minderen Ranges ist. Insofern steht die Feststellung Hit defidt repurn Karoli Magni nicht nur sprachlich

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Satz Hit defecit prai;enies ~M&vei regis (364.40): Wieder stof3et.nwir bier auf transpersonale Staatsvorstelluqen, als Bsuch Dynastiewechsel die den empfinden, aber das regnum als solches nicht beriihrt sehen. Fur Sens ist das oichts weil seine Enbischijfe Ungewehnliches, schon 888,9 12 und 923 Kijnige aus an&rein a9s dem karolingischen Haus gekriint hatten. Das geschah sicherlich nicht in der Absicht, das regnum Francorum zu zerstoren, aber angesichts der handschriftlichen Bberlieferung, die fur unseren Text nur bis in die ersten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts zuriickreicht, kann nicht mit Sicherheit von einem Periodisierungsansatz gesprochen werden, der kurz nach dem Jahre 1000 konzipiert worden wgre. Wir kehren noch einmal zu unserer Feststellung zutick, da13jenes boshafte Gem2lde vom Herrschaftsantritt Kiinig Hugos aus der Feindschaft des Erzbischofs von Sens gegen Reims zu erklgren ist. Warum hatte sich unter Sewinus die Abwendung von den Robertinem vollzogen? Ein sicheres Urteil ist nicht moglich, weil die wenigen Nachrichten tiber seinen Pontifikat dessen erstes _‘ahrzehnt kaum betreffen. Bis auf einige Mitteilungen in den Ann&k S. Columk, der Historia Francorum S-i:, den Chroniken Odorans und Clarius’ sind fiir Sewinus nur die Briefe 107, I92 und vielleicht 203 der Sammlung Gel:berts einschltigig, ferner die Akten des Konzils van St-Basic. Immerhin konnte es sein, da.& a*st die GewiBheit uber die Rolle Adalberos von Reims bei Hugo Capets Weg zum KGnigtum Sewinus auf die andere Seite gerrieben hat. Set -.e wohlwollende Haltung gegeniiber dem Kloster St-Pierre-le-Vif in Sens deutet darauf hin. Der Erzbischof setzte par&A

dem

dort seinen Neffen Rainard, einen Month von S. Columbae, als Abt ein und holte Miinche aus St-Benoit-sur-Loire (Fleury) zur Untersttitzung des Reformwerkes (Odorannus 96; Clarius 49 1). Damals also mtissen Episkopat und monastische Reform, das den Robertinern dienstbare Kloster Fleury und der’ Erzbischof von Sena noch harmoniert haben. Bereits Hugo van Franzien war an der Reform des Klosters durch ado von Cluny beteiligt (Prou und Vidier 1900:44,llOff.; Regesta 18853606). Fleury blieb, im cluniazensischen Reformkreis, Kijnigskloster (Wol!asch 1973b:Sc’86). Wenn es aber eine solche Obereinstimmung gab, dann w&e such der historiographische Nachklang jener Pa,zteinahme Sewinus’ in der H&aria durch den Konflikt mit Reims eher bestimmt als durch kirchenpolitische Motive aus der Zeit Roberts des Frommen. Sicheres 1%&tsich freilich nicht sagen, such gibt es keine Quellen tiber die Beziehungen zwischen Sewinus und anderen Klostern in Sens. Immerhin ist der Inhaber des primatw Galliae (Odorannus 96 ; Fliche 1909b : 1648.) der einzige ernsthafte Gegner der neuen Konige im franzosi schen Episkopat, von dem die Quellen wissen (Gerbert 1966 107.136-7). Diese seine Haltung deutete rich auf dem Konzil von St-Basle-de-Verzy bei Reims am 17. und 18. Juni 99 1 an. Die Acta concilii Remensis (Gex%ert 1839) sind zwar eine sptiter geschriebene kusammenfassung Gerberts, die aber an clie Teilnehmer verschickt worde.1 ist und lieshalb zutreffend sein dtirfte (Lot 1903 :S %.I. Die Historia fiigt den Bericha tiber die Vo~geschichte dieser Versarnmlang unmittehaar an die Meldung vom E nde des Karlsreic:\es. In diebus illis erat L&Remensium civitate archi-

epixopus vir bonus et modestus, frater Hlotharii regis cx concubina, nomine Amuljus (368.13- 14).

Der bier so posi tiv charakterisierte Angehijrige des karolingischen Hauses, kein Bruder, sondern ein Sohn Kdnig Lothars (Lot 1891:108.2), hatte zunachst die Gefangenschaft seiner Verwandten in Orleans geteilt; K&rig Hugo hatte sich vergeblich bei Papst Johannes XV. bemtiht, seine Absetzung als Erzbischof von Reims zu erreichen (Lot 1891:262-3; 190325ff.). Nun versuchte er, ihn gegen das kanonische Recht durch eine Synode ihm willfahriger Bischofe absetzen zu lassen und berief daher jene Versammlung ein, von der die Historia im folgenden erzahlt. Das angeftihrte Motiv ist sicher nicht falsch : Hugo autem rex invidebat ei, volens exterminare progeniem Hlotharii regis (368.14-l 5). Zu

der Synode, an der die Bischiife von Amiens, Autun, Auxerre, Beauvais, Bourges, Langres, Laon, Mgcon, Noyon, Orleans, Senlis, Sens und Soissons (Gerbert 1839: 1.659-60) sowie eine Reihe von Abten mit Abbo von Fleury an der Spitze teilnahmen, war such Sewinus von Sens mit seinen Suffraganen geladen. Arnulf wurde abgesetzt, aber die Konige haben sehr wahrscheinlich beide keine Vorstellung von den Schwierigkeiten gehabt, auf die sie sich eingelassen hatten. Andercrsei ts math te das Versagen dcs Papstes, hinter dem deutsche Interessen vermutet wurden, die Versammlung zu einer Art Nationalkonzil der franzijsischen Monarchic und auf diese Weise zu einer wichtigen Phase der Entwicklung des Gallikanismus (Kien
Absetzung zugestimmt. Der konigliche Befehl aber se%so bedrangend gewesen, da13 die anderen Bischiife htitten nachgeben mussen. Sewinus freilich habe den Kiinig nich t gefiirch tet, ihm heftig widersprochen und damit den Zorn auf sich gezogen. Daraufhin sei vom Papst das Interdikt tiber alle verhgngt worden, die an den Beschlussen beteiligt waren und eine Gesandtschaft zu Sewinus abgegangen, der in Vertretung des Papstes eine Synode nach Reims berief, wo alles rtickgangig gemacht worden sei (368.17ff.). Verlauf und Folgen des Reimser Kirchenstreites van 991 bis 999 sind, soweit die Quellen Klarheit lassen, wohlbekannt (Lot 1903:31ff:., 82%:; Fliche I909b:I73ff., 185%; Uhlirz 1954:478ff.; Kienast 1974:124ff.), wir miissen daher hier nur kurz die Rolle des Sewinus von Sens im vorliegenden Bericht untersuchen. Sie ist nur im Zusammenhang mit Gruppieriqen der franzosischeh Kirche am Ende des IO. Jahrhunderts zu verstehen. Die von Cluny ausgehende Reformbewegung erfaRte immer weitere Kreise des Mtjnchtums (Sackur 1892-4; Hallinger 1950-l ; de Valous 1970; Wollasch I973a; 1973b) und rief, weil sie such gegen die Bischiife durchgesetzt werden m&e, Spannungen zwischen dem Episkopat und den ftihrenden Vertretern der monastischen Lebensform hervor. Gerade fur Sens mit Erzbischof Archembald (958-67) haben wir bei Clarius ein gutes Zeugnis fur diese Vtrhzltnisse (486ff.). Waren die Mdnche auf Rom venviesen, wenn sie Hilfe erhofften, so hatten sich die Bischofe auf naherliegende Dem poli tische Kr2fte zu konzentrieren. entsprechend war der Promotor des Konzils von St-Basle, Bischof Arnulf von Orleans, ein ebenso eifriger Anhgnger der Kapetinger

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Regierungszeit zeigen ihn als Retter der Enbischofsstadt Sens vor willkurlicher Herrschaft ihres Grafen Rainard (369.2741). Dabei fehlen in Reg. lat. 733 A, f. 4 die mit [ ] gekennzeichneten Zeilen 35-8 der Edition. Die Kunde von seinem Tod 103 1, der Nachfolge seines Sohnes Heinrich und eine Notiz uber die Heimsuchung der Stadt Paris durch eine Feuersbrunst drei Jahre spater sind offensichtlich nachgetragen und haben mit dem urspriinglichen Text nichts zu tun (369.42-3). Auch diese Zeilen fehlen Reg. lat. 733 A, f. 4, wo der Text mit ubi et deJ@nc&sest endet. Fassen wir abschliel3end zusammen, was unsere Untersuchung der Historia Francorum Sencwnsis im Hinblick auf deren Stellung zu den f&hen Kapetingern ergeben hat, so la&t sich in aller Kiirze folgendes sagen: I. Der Autor wtinschse sich vor allem anderen ein westfrainkischstarkes franzosisches Kiinigtum. Er setzte sich dabei weniger mit dynastischen Fragen auseinander als mit dem Problem einer wirksamen Vertretung des Reiches nach at&en. 2. Hinter diesem ersten Ziel trat die Frage, Lvelche westfrankische Familie den Kiinig stellte oder stellen sollte, so weit zuruck, da& von prokarolingischer Tendenz nich t gesprochen &erden kann. 3. Ein regional burgundisches Interesse erklart sich aus dem geographischen Standor-t des Geschichtsschreibers, spiegelt aber such die Stehung der westfrankischfranzosischen Stimme in der Reichsverfassung. 4. Spcrren eines frl;ihen I’+Jationalbewu& seins for-men das Geschichtsbild besonders fur die AuSenbeziehungen so, da& Stamme und Fursten unter diesem Gesichtspunkt beurteilt werden,

5. Solche Anschauungsformen wurden moglich durch weit entwickelte transpersonale Staatsvorstellungen, die einen Re:ichsbegriff ohne Bezug auf bestimmte Dynastien bilden konnten. 6. Das Urteil uber 987 wurde nicht von dynastischen Erwagungen bestimmt, sondern von der Rival&t zwischen Reims und Sens. 7. Eine’ antikapeti@sche Lesart war darnit fur die nachfolgende Historiographie nicht ausgeschlossen. Wie so oft, waren such hier Wirkurig, Motiv und Absichr des Verfassers verschiedene Dinge.

Noten 1 Den Titel hat Waitz formuliert. Verglichen wurde die erst spster entdeckte, vermutlich tilteste Hands&rift Vat. Reg. lat. 733 A, fos. l-4, von tier mir dank dem freundlichen Entgegenkommen der Vatikanischen Bibliothek Photographien vorlagen. Ihre Lesarten sind nur in den Fiillen angegeben, die fur unseren Zweck Bedeutung haben; die meisten taber nicht alle!) folgen dem Druck bei Duchesne (1641:349-54, = Ch bei Wait& Duchesne legte eine Handschrift aus der Bibliothek Petau zugrunde; aus ihr stammt such der Reginensis, so daR anzunehmen ist, da13 Duchesne ihn wohl verwendet, aber emendiert hat. Diese Handschrift ist nach tibereinstimmender Auskunft der Herren Kollegen Bernhard Bischoff (Munchen) und Peter Herde (Wtirzburg), fur deren liebenswtirdige Beratung ich an dieser Stelle herzlich danke, auf Anfang oder doch erste Halfte 12. Jahrhundert zu datieren. Herr Bischoff nimmt fur die Schrift englischen Ursprung an; wie die von Werner ( 1952:2 10.40) vermutete Provenienz Fleury damit zu vereinbaren ist, wtire gesondert zu tiberprufen. Zur Auffindung Lot ( 1936). Eine neue Edition darf von R.H. Bautier fur die Sources d’histoire medievale erwartet werden. Reg. lat. A, f. 4 zu 1015 den Eintrag, der such SS gedruckt ist, ohne den in [ Der Text in der mit ubi defunctus est SS 9:369.4 enthalt also mehr die zu 103 s Die Historia wurde unter anderem benulzt Hugo von Fleury, Richard Poitiers, Ordericus

nennt Karolus (van Niederlothringen) hater Ludovici. Sehweise in die Grundes Chroniques de France), den Hit deficit regalis linea Karoli magni (MGH SS Annalen von St-Germain-des-PrCs (MGH SS 3:168) 10: 139.18). und den Annalen von St-MPdard in Soissons (MGH SS 26:920) (Werner 1965:10, 1952:210-11). Ein 4 . Reg. lat. 733 .A, f. 1.2 1 gibt den Tod Karls des GroBen zu 8 17. Herrscherverzeichnis von Priamus bis zu Ludwig VII. 5 Direkte Abhangigkeit der Historia van den Annales S. Columbae zeigt uberdies der Text: Ann. S. Col. zu 919/20 (MGH SS 1;104; Duru 1850:204) Sequenti’ unno non minima inter regem et reliquos regni satrapas exorsa est dissensio, atque hat occasione plurimae perpetratae christiani populi strages aliaque quam maxima illata discrimina. Sed regni terrestri, super0 favente rege, tandem cunctorum adversantium cessit rebellio, atque consopita est contradictio. 6

Richer (2.82): Nam et Ludovici (IV.) patris Lotharii fuit, et ejus post dono, hujus Ottonis (II.1 pater, 0 tto obtinuit. Diese Stelle ‘ist der frtiheste Beleg, wenn donum als ‘Lehen’, nicht als ‘Schenkung’ verstanden wit-d. 7 364.25: regnare in Fran& (Dagobert); 28: Gailiam devasture !clie ‘Wandalen’, urn 7 17); 42: efigere in regno (Karl der GroBe 768). - 365.1: regnum Francorum suscipere (Ludwig der Fromme 8 13); 4 : regnum Fruncorum alicui auferre (Lothar 833); 5: regnum sibi restituere (Ludwig der Fromme); 10 : regnum Francorum obtinere (Karl der Kahle 840); 11: pars Fran&e (Lothringen); I7: in Frantiam deferre (den Leichnam Karls des Kahlen); 18: regnum suscipere (Ludwig II. 87 7); 19: ad Gullias venire (Papst Johannes VIII. 878); 24: regnum relinquere (Ludwig II. 8 79); 25 : per Gallias se di,@ndere (die Normannen 885-S); 28: regnum recipere (Karl der t Einfaltige 898); 38: per totam Galliam fames fuit (urn 940). - 366.5-6: regnum Francorum invudere robert 922); 24: reducere aliquem in Frtintiam (Ludwig IV. 936);

Hist.

Senon. SS anno

eius. hanc christiani cessavit.

1Off.) magna sed

inter plurimae Deo

et perpetratae illa

Burgundiam Aquitaniam urn 31: per regnum (vor 38: Francorum (Hugo Franzien). 367.17 Hlotharium (Lothringen 2 in reverti aus 97 32 in reverti von Maas 34: Frantiam non (Otto 978); : regnum benejcio (Lothar deutschen 980); in regnare V.I. 368.44: regnum (Robert 369.25-6 in revertere auf Capet). II. Burgund (1968a: hat Ergebnis Materialsammhrngen das und Jahrhundert Frunci “Nordfranzosen Maas, und definieren die als von besiedelte Ein Sinn = Gesamtreich der ist die Karolingcrzeit und nachgewirkt 1968a: : (die

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