Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien. Von A. Ursprung. Mit 3 Kurven im Text.
In den bisherigen Untersuchungen fiber die Saugkraft wurden stets einzelne Zellen gemessen 1). Ohne dieses Zurfickgehen auf die Zelle hatten mehrere bedeutsame Tatsachen nicht aufgedeckt werden konnen; ich erinnere an die Saugkraftverteilung in den Palisadenreihen, an die Umkehrung der Saugkraftkurve im welkenden Blattstiel, an den Endodermissprung, an die Beziehung zwischen Saugkraft und Wachstum in der Wurzelspitze 2). Die technischen Schwierigkeiten 3) erlaubten es aber nicht, ohne einen groBen Stab von Mitarbeitern, diese Zellmethode auf zahlreiche Pflanzen auszudehnen; und doch schien es wiinscbenswert, die Untersuchungen nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite zu fiihren, um eine Ubersicht zu gewinnen iiber I das Verhalten moglichst vieler Spezies und ganzer Pflanzengesellschaften. Diesem Bediirfnis ist die neue, vereinfachte Methode 4) entsprungen, deren bisherige Resultate kurz mitgeteilt werden sollen, auf Grund von Messungen der Herren Dr. G. Bl um (Alpen und Moor), F. J. Molz (AuBenfaktoren, Standorte der Ebene), V. Kan dij a (Periodizitat), Dr. 01. Hayoz (AuBenfaktoren). Zur Methode sei nur bemerkt, daB Kronblatter und Laubblattspreiten gewohnlich in Querstreifen untersucht wurden, unter moglichster Vermeidung starkerer Nerven. Die auf diese Weise erbaltenen 1) A. Ursprung und G. Blum, Zur Kenntnis der Saugkraft IV. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1921, 39, S. 70, und die hier zitierte Literatur. 2) A. Ursprung, Unsere gegenwiirtigen Kenntnisse fiber die osmotischen ZustandsgrllJ3en der Pflanzenzelle. Verh. d. naturf. Ges. Basel, Festband Hermann Christ, 1923, 35, S. 111. 3) tIber eine Erleichterung vgl. Formel 4 in Ursprung und Blum, Eine Methode zur Messung des Wand- und Turgordruckes der Zelle, nebst Anwendungen. Jahrb. f. wiss. Bot. 1924, 63. S. 27. 4) A. Ursprung, Zur Kenntnis der Saugkraft VII. Eine neue, vereinfachte Methode zur Messung der Saugkraft. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1923, 41, S. 338.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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Saugkrafte sind natiirlieh Durehsehnittswerte fur aile in Betraeht fallenden Gewebe.
I. Der Einflu8 der Au8enfaktoren auf die Saugkraft. Ieh sehieke die AuBenfaktoren voraus, wei! ihre Wirkung die Grundlage bildet zum Verstandnis des Obrigen. 1. Bodenfeuchtigkeit. Die foIgende Zusammenstellung bringt dieselbe Spezies am gleiehen Standort in kurzen Zwisehenraumen vor und naeh Regen. Man sieht, Differen;-
Saugkraft
Bellis perennis, Krone, Garten, 31. VII. Sh, vor Regen 12,4 Atm.} 7,1 Atm. " " " " 1. VIII. Sh,nach 36,3mm Regen • . . . . . . . • . . • . • . . • . . . 5,3 " Bellis perennis, Krone, Garten, 21. VIII.l:!h, vor Regen 22,S ., " " 23. VIII. 8 h, nach 23,6 mm { "Regen ". . . . . ... " ......... . 13,0 " 14,8 " Bellis perennis, Krone, Garten, 25. VIII. Sh, nach weiteren 4,6 mm Regen. ..... . S,o " Satureia alpin a, Spreite, Gerl:ill der Alpen, 30. VII. 34,5 { 11 h, vor Regen . . . • . . . . • . . . Satureia alpina, Spreite, Geroll der Alpen, 1. VIII. " } 21,0 " 11 h, nach sehr starkem Regen . . . . . 13,5 " DieSelbe Satureia, Krone, Geroll der Alpen, 30. VII. 12,0 { 11 h, vor Regen • . . . . . . . . . . • Dieselbe Satureia, Krone, Geroli der Alpen, 1. VIII. .. } 4,0 " 11 h, nach sehr starkem Regen . . . • . S,o " sempervivum tectorum, Spreite, Felsspalte der Alpen, { 31. VII. 14 h, vor Regen . . . . . . • . . . . . ca. 45,5 " Sempervivum tectorum, Spreite, FelsspaJte der Alpen, lS,O " 1. VIII. 15 h, nach sehr starkem Regen • . . . • ca. 27,5 " Biscutelia levigata, Spreite, Geroll der Alpen, 31. VII. 25,5 { 11 h, vor Regen . . .. .. . • . . . . . . . . " Biscutella levigata, Spreite, Geroll der Alpen, 1. VIII. 4,0 " 16 h, nach sehr starkem Regen . . • . . . . • . 21,5 " DieSelbe Biscutella, Krone, Gerl:ill der Alpen, 31. VI.1. " . . 14,5 { 11 h, vor Regen . . . . . . . . . . " " Dieselbe Biscutella, Krone, Geroll der Alpen, 1. VIII. 0,0 " 16 h, nach sehr starkem Regen " . . . . . .. 14,5 " Geranium silvaticum, Spreite, Geroll der Alpen, 31. VII. 21,5 { ISh, vor Regen . . . . . . • . . . • . . . • . " Geranium silvaticum, Spreite, Geroll der Alpen, 1. VIII. 0,0 " ISh, nach sehr starkem Regen . . . . . . . . . 21,5 " DaSSelbe Geranium, Krone, Gerllll der Alpen, 31. VII. 6,5 { ISh, vor Regen . . . • . • . . . • . . . . . • " Dasselbe Geranium, Krone, Geroli der Alpen, 1. VIII. 0,0 " ISh, nach sehr starkem Regen . . . . . . . . . 6,5 " campanula Rapunculus, Krone, Wald, 17. VII. 16 h, 13,7 { " \Vald, VIi. 7,6 " 14,2 mm Regen . . . . . . • . . . . . . . . . 6,1 potentillaanserina, Krone, Wald, 17. VII. llh, vor Regen S,1 " { " 2,0 " .. " " IS. VII. 16 h, nach " 14,2 mm Regen. . . . • . • . . • • . . . . . 6,1 {
1
,
J
} } } }
Ca:~a!~f:~~p~~cuiu~, Kr~~e,
·lEi.
8
}
"
}
568
A. Ursprung,
wie gewaltig die Saugkraftanderung sein kann, die ein starker Regen, besonders naeh einer langeren Troekenperiode, hervorzubringen vermag. Man erkennt aber aueh die auffallenden Versehiedenheiten im Verhalten versehiedener Arten am gleiehen Standort (Blattspreite von Sat u rei a und Geranium), ja sogar versehiedener Organe desselben Individuums (S a t u rei a Spreite und Krone). Unter den Laboratoriumsversuehen sei eine Topfpflanze von Chrysanthemum fruteseens herausgegriffen, deren Erde ziemlieh troeken war und dann stark begossen wurde (Versueh 1). DaB das Fallen der Saugkraft bei einem Regen, gleieh wie in Versueh 1, auf Wurzelabsorption zuruekzufuhren ist und nieht etwa auf Wasseraufnahme der Chrysanthemum frutescens. Nur Erde begossen. Versuch 2. Erde nicht begossen. Kunstlicher Regen ausschlieJUich auf Bliitter und Bluten. Saugkraft der Strahlbluten Zeit Saugkraft der Strahlbluten 19,1 Atm. Nun Erde begossen. 10h 12,4 Atm. Nun kunstl. Regen 14,0 11h 12,7 10,8 " 12h 11,3 " 7,4 " 13h 12,6 " 6,9 " 17h 4,7 " 11,7 "
Versuch 1. Zeit 10h 11h 12h 13h 17h 8h
"
"
oberirdisehen Teile, zeigt fur Chrysanthemum fruteseens Versueh 2, bei welehem die Pflanze einem kunstliehen Regen ansgesetzt war, mit Ansnahme des Topfes, der sieh in einem dieht sehlieBenden GlasgefliB befand 1). Die Bedeutung der Bodenfeuehtigkeit illustriert aueh ein Experiment mit Bellis per ennis, deren Wurzeln in ZuekerlOsungen versehiedener Konzentration gehalten wurden. Gemessen wurden die Laubblatter, deren anfangliehe Saugkraft 10 Atm. betrug.
Saugkraft der L6sung 0,0 Atm. 2,6 5,3 " 8,1 " 9,6 " 11,1 "
"
Die Saugkraft der Blatter stieg an nach 1 Tag urn nach 9 Tagen urn -0,3 Atm. + 0,5 + 2,5 " + 1,2 + 6,3 " + 7,9 "
"
-
2,0 Atm.
+ 8,2 Atm. + 10,5 + 14,2 " tot "
1) Allerdings gibt es FiilIe, in welchen auch oberirdieehe Organe Einrichtungen l!ur Wasseraufnahme besitzen.
fflrfll4I: &a
i
569
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
2. Luftfeuchtigkeit. a) Wasserkulturen. Junge Kulturen von Mais in Leitungswasser wurden aus Zimmerluft (70 % relat. Feuchtigkeit, Blattsaugkraft 5,3 Atm.) wahrend 4 Stunden in Glocken mit 1000;0 und 20% (CaOI 2 ) Feuchtigkeit fibertragen, ohne daB eine Anderung der Saugkraft zu konstatieren warl). Ein EinfluB auf die Saugkraft zeigte sich erst in einem zweiten Versuch nach zweitligiger Einwirkung. Luftfeuchtigkeit
Einwirkungsdauer
70% 100 % 20% 50% 100% 14 %
Saugkraft des Blattes
5,3 Atm. 5,3 5,3 " } dasselbe Blatt 5,0 " 4,5 " 7,1 "
4 Stunden 4
"
48 Stunden 48
"
"
b) Topfkulturen mit feuchter Erde. Es wurden Exemplare .derselben Bell i s benutzt, die spii.ter zu den Versuchen fiber die Periodizitii.t diente. Wii.hrend der ganzen Versuchsdauer erfolgte kein GieSen. Die Experimente mit dem nackten Topf gingen voraus, dann wurden Topf und Erde mit Stanniol umhfillt. Topf nicht mit Stanniol umhiillt EinLuftfeuchtigkeit wirkungs- Saugkraft des Blattes dauer Beginn 70 % dassel be rOO % Blatt 60 % dasselbe{ 60 % Blatt 100 %
6,7 Atm. 3 Stunden 6,7 ., 3 9,6 3 ,." 9.6 " 3 6,7 "
"
"
Topf samt Erde mit Stanniol umhiillt Luftfeuchtigkeit
I.Wl~~~:~SEin-
Saugkraft des Blattes
Beginn 100% 6,7 Atm.}daSSelbe 32% 3 Stunden 8,1" Blatt
32% 3 100% 3
".,
8,1 6,7
., "
}dasSelbe Blatt
Topf nackt: einer Schwankung der Luftfeuchtigkeit von 40 % entspricht eine Saugkraftschwankung von 2,9 Atm. Topf umhiillt: einer Schwankung der Luftfeuchtigkeit von 68 % entspricht eine Saugkraftschwankung von 1,4 Atm.
c) Topfkulturen mit ziemlich trockener Erde. Versuchspflanze wie in 2 b.
Dieselbe
1) Hier und im folgenden diente zur Herstellung eines Raumes mit 100 % Feuchtigkeit eine Glasglocke, die zum Teil mit feuchtem Filtrierpapier ausgekleidet war und in einem mit Wasser gefiillten Teller stand. Topf und Pfianze beriihrten weder das Wasser noch das Filtrierpapier. Zur Herstellung trockener Luft enthielt eine andere Glocke unten und oben (im Drahtnetz) CaCl2 •
A. Ursprung,
570
Topf nicht mit Stanniol umhiillt
Is
Topf samt Erde mit Stanniol umhiillt EinSaugkraft wirkungsdes Blattes dauer
. Einaugk raf t LuftLuftfeuchtigkeit wl~kungsdes Blattes feuchtigkeit auer
1
4 Stunden 5,3 Atm.} dassel be 100% dasselbeeOO % 4 Stunden 8,1 Atm. Blatt 60 % 4 4 7,3,. Blatt 35 % " 14,3" " 100 % 11 Stun de I 9,6Atm.}dasSelbe anderer{100 % 11 Stun de I 7,0 Atm., 60 % 1 " 14,3" 35 % 1 " 11,1" Blatt Topf Top£ nackt: einer Schwankung der Luftfeuchtigkeit von 40 % entspricht eine Saugkraftschwankung von bis 7,3 Atm. Topf umhiillt: einer Schwankung der Luftfeuchtigkeit von 65 % entspricht eine Saugkraftschwankung von bis 2,0 Atm.
Diese Versuche zeigen: 1. DaB die Saugkraft der Blatter mit zunehmender Luftfeuchtigkeit falIt und mit abnehmender Luftfeuchtigkeit steigt. 2. DaB dieselbe Anderung der Luftfeuchtigkeit die Blattsaugkraft urn so sHirker beeinfluBt, je trockener der Boden ist. 3. DaB die Luftfeuchtigkeit die Blattsaugkraft der Hauptsache nach nicht direkt beeinfluBt, indem sie auf das Blatt einwirkt, sondern indirekt, indem sie den Wassergehalt des Bodens verandert. Es folgt dies aus der, besonders bei trockener Erde, relativ geringen Beeinflussung der Saugkraft, wenn der Topf mit Stanniol umhiillt ist. So betragt die Anderung der Saugkraft im letzten Beispiel der Versuchsreihe c 1,5 Atm. statt 7,3 Atm., obschon die Luftfeuchtigkeit starker schwankt (65% statt 40%) und obschon die Erde noch trockener war als beim vorausgehenden Parallelversuch mit dem nackten Topf. Bringen wir die Topferde in die mit CaCl2 beschickte Glocke, so gibt sie Wasser durch Verdunstung abo Dies ist einmal physikalisch notwendig und deckt sich auch mit dem relativ hohen Stand des Hygrometers (60% statt 35% in Versuch c) und mit dem relativ starken Ansteigen der Saugkraft (7,3 Atm. statt 1,5 Atm.). DaB die Topferde im dampfgesattigten Raum Wasser aufnehmen kann, ist liingst bekannU); in Versuch b ergibt es sich daraus, daB beim Ubertragen aus CaCl2 in 100% Luftfeuchtigkeit die Saugkraft im nackten Topf starker sinkt als im umhiillten (2,9 Atm. bzw. 1,4 Atm.) fiber die Bedeutung des Sattigungsdefizites fiir die Saugkraft vergleiche man den Abschnitt iiber die periodischen Schwankungen. 1) Mitscherlich, Bodenkunde.
2. Aufl. 1913, S. 113.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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3. Temperatur. 1m Winter, bei niedriger Luft- und Bodentemperatur steigt die Saugkraft, wie Hell e b 0 r u s und Vi n c a zeigen, bedeutend an. Der Februarmessung ging eine wochenlange Kalteperiode voraus, in welcher
{ Helleborus foetidus, Perianth, Waldrand, 30. V.1923, 9h " " " , , 2 5 . II. 1924, 8h VinCaminor,Unt.BlattePidermis,,, 8.VI.1923,14 h { " " " " ,,27.II.1924, 8h
+ 90 - 20 +18 0 + 20
C 10,5Atm.} C 51,5 " C 7,5,,} C 23,5 "
die Lufttemperatur taglich oft bis - 100 C sank und der Boden fest gefroren war. Ende Mai und anfangs J uni blieb die Lufttemperatur stets fiber 0° und stieg bis fiber 200 C. Diese Messungen lassen nicht erkennen, inwieweit die hohe Wintersaugkraft durch die Lufttemperatur bedingt ist und inwieweit durch die Bodentemperatur. Anhaltspunkte zur Entscheidung dieser Frage lieferu einige Beobachtungen an submersen Pflanzen, die im Winter unter der Eisdecke hervorgeholt wurden. Bei Potamogeton Saugkraft {PO tam oge to n crispus, Blatt, Fischweiher, 27. 28. " " " " 20. JElodea canadensis, " " 28.
,
"
"
"
"
VI. II. VI. II.
1923, 1924, 1923, 1924,
9h 8h 9h 8h
6,0 Atm.} 4,5 " 4,5 4,0 "
"
}
und Elodea ist die Saugkraft im Winter auffallenderweise nicht bOher, sonderu sogar tiefer, obschon tiefe Temperatur nach Bacher 1) den osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse bei Elodea zum Ansteigen bringt. Es weist dies darauf hin, daB die hohen Wintersaugkrafte von Helleborus und Vinca weniger durch die tiefe BIattemperatur, als durch die erschwerte Wasseraufnahme aus dem gefrorenen Boden hervorgerufen sein dfirften. Allerdings kann bei dem Verhalten von Potamogeton und Elodea auch das Wachstum mitspielen. Denn die relativ hohe Saugkraft, welche bei diesen Submersen besonders im Sommer auffallen muE, wird wohl zum Teil damit zusammenhiingen, daB wachsende Zellen, soweit bekannt, eine oft ganz bedeutend bOhere Saugkraft besitzen, als sonst gleiche, aber nicht wachsende 2). 1) Bacher, Abhiingigkeit des osmotischen Wertes von einigenAuJilenfaktoren. Beih. z. Bot. Zentralbl. 1920, 37, 1. Abt., S. 63. 2) Ursprung und Blum, Eine Methode zur Messung des Wand- und Turgordruckes der Zelle, nebst Anwendungen. J ahrb. f. wiss. Bot. 1924, 63, S.41-98.
A. Ursprung,
572
Exakter sind Laboratoriumsversuche. Wasserkulturen von Mais ergaben dasselbe Resultat: Bei konstanter Luftfeuchtigkeit und gleicher Belichtung fallt die Saugkraft, wenn Luft- und Bodentemperatur steigen, es steigt dagegen die Saugkraft, wenn Luft- und Bodentemperatur fallen. Ahnlich wie die Temperaturanderung der ganzen Pflanze, wirkt Anderung der Blattsaugkraf.! bei konstanter Blatternperatur nach Ubertragung der Wurzel wiihrend 12 Stunden aus + 15° in 0" urn + 4,6 Atm.
aus
+ 15°
in + 30 0
urn
Atm.
°
Anderung der Blattsaugkraft nach Ubertragung der Bllitter wiihrend 12 Stunden aus + 18" in bis - 3" C, wiihrend die Wurzel gelangt aus +18"in +30" aUR + 18" in bis _3° um 0 Atm.
um + 6 Atm. und mehr, soweit die Zellen nicht schonabgestorben waren
die Temperaturanderung des Bodens bzw. del' Wurzel allein. Dagegen hatte das Sinken del' Blattemperatur allein keine ErhOhung del' Blattsaugkraft zur Folge, als die Wurzel gleichzeitig erwarmt wurde. In etwas anderer Weise waren Experimente mit Bellis angeordnet. Ein Blatt wurde der Lange nach halbiert und jede Halfte in Stanniol eingewickelt. Die eine Halfte verblieb bei 20 0, die andere wurde wahrend 13 Stunden auf - 10 C abgekiihlt. Hierauf betrug die Saugkraft del' abgekiihlten Hiilfte 8,1 Atm., die der Kontrollhalfte 7,5 Atm. Ein anderer ahnlicher Versuch ergab 8,1 Atm. und 7,0 Atm. 1m Gegensatz hierzu lieB eine Abkiihlung del' Freilandpflanzen auf - 10 C die Saugkraft bis auf 14 Atm. und sogar noch hOher ansteigen. Auch nach diesen Erfahrungen diirfte also die starke ErhOhung der Blattsaugkraft im Winter weniger auf der Abkiihlung der Blatter, als auf der Erschwerung der Wasseraufnahme durch die Wurzel beruhen. 4. Licht und Wiirmestrahlen.
Ais Lichtquellen dienten eine groBe Osramlampe und eine Liliputbogenlampe mit Linse ; die Warmestrahlen lieferte eine elektrischeHeizplatte. Nach thermoelektrischen Messungen betrug die Strahlungsenergie in del' Entfernung, in welcher die Versuchspflanze aufgestellt war: Osramlampe, Gesamtstrahlung.
. .
. .
. . .
.
.
crn' . 0,001 cal sec dicken 0,0001" " 0,01"" 0,001 " ,. 0,005""
. . .
Osramlampe, Lichtstrahlung (Zwischenschaltung einer 22 cm Wasserschicht) . . . . . . . . . Liliputbogenlampe mit Linse, Gesamtstrahlung. . . . . Liliputbogenlampe mit Linse, Lichtstrahlung . . . . . Sonnenstrahlung am 19. Miirz 1924, 15 h , Gesamtstrahlung .
Junge Maisblatter von feucht gehaltenen Sagemehlkulturen anderten ihre Saugkraft nicht nach folgender Bestrahlung: 16 Stunden Osram
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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Gesamtstrahlung; 2-6 1/ 2 Stunden Bogenlampe Gesamtstrahlung; 3 Stunden Heizplatte, die in nicht beruBtem Thermometer neben dem Blatt die Temperatur auf 50 0 C steigen lieB. Bliihende Topfexemplare von Anemone Hepatica, in etwas trockener Erde, erhOhten die Saugkraft der bestrahIten Perianthblatter urn ca. 1,8 Atm. (z. B. von 16,0 auf 17,8 Atm.) nach folgender Bestrahlung: 5 Stunden Bogenlampe, Gesamtstrahlung; 5 Stunden Heizplatte. Dagegen hatte 4% Stunden Lichtstrahlung der Bogenlampe, auch nach Konzentrierung aller Lichtstrahlen auf eine Bliite, keine Wirkung. 5. Wind.
Bei Wasserkulturen von Mais machte sich die Windwirkung erst bemerkbar, nachdem man dem Wasser eine ausreichende Menge osmotisch wirksamer Stoffe beigegeben hatte. Entsprechend war bei Topfflanzen von Chrysanthemum frutescens der EinfIuB des Windes erst nachweisbar, als sich in dem anfanglich fast gesattigten Boden nicht mehr so viel Wasser befand. Die SaugkrafUinderung bezieht sich jeweils auf eine sonst gleich behandelte, aber dem Wind nicht exponierte Kontrollpflanze. Z e a May s. Wasserkulturen. Anfangliche Saugkraft der Blatter in H 2 0 :5,5 Atm. Kultiviert in
Geschwindigkeit
Wind Dauer d. Einwirkung
5~ sec 15 " 5 " 15 " 5 " 15 "
0,1 Mol. { Rohrzucker 0,2 Mol. { Rohrzucker
Anderung der Saugkraft der Blattspreite um
8 Stunden
nicht nachweisbar
8" 8" 8" 8" 8,.
"" "" "" + 4,3 Atm. + 4,1 "
Chrysanthemum frutescens. Erde des Topfes anfanglich mit Wasser fast gesattigt, dann wahrend des ganzen Versuches nicht mehr begossen. Topf durch Stanniolumhiillung vor Verdunstung geschiitzt. Der Ventilator lief taglich 7-9 Stunden. Anfangssaugkraft der Zungenbliiten 5,0 Atm.
Geschwindigkeit
Wind Dauer der Einwirkung seit Versuchsbeginn 9 Stunden
6 m {
sec
36 60
" "
Anderung der Saugkraft der Bliiten (Zunge) um nicht nachweisbar
" fi Atm. im" Maximum
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A. Ursprung,
6. SauerstoffgehaJt des Bodens. DaB Sauerstoffarmut des Substrates die Saugkraft erhOht, wurde fiir die Wurzel von Vi ci a Fa b a schon friiher 1) gezeigt. Neuerdings wurden junge Maispflanzchen, deren Wurzeln in gewohnlichem Leitungswasser sich entwickelt hatten, in ausgekochtes und mit 01decke versehenes Leitungswasser iibertragen. Die gleichzeitigen Werte der im anfanglichen Medium verbIiebenen Kontrolle sind in Klammer beigefiigt. Saugkraft " " "
der Blatter im sauerstoffarmen Substrat, Anfangswert: " "" " "nach 1 Tag: ,. "" " "nach 2 Tagen: " "" " "nach 3 Tagen:
5,3 Atm. 5,3 Atm. (4,0 Atm.) 9,6 Atm. (5,3 Atm.) 9,0 Atm. (5,9 Atm.)
II.Zur ErkUirung der Wirkung der Au6enfaktoren. Nach der Beziehung: Saugkraft der Zelle = Saugkraft des Inhaltes - Wanddruck hiingt die Saugkraft der Zelle ab von der Saugkraft des Inhaltes und vom Wanddruck. Andert die Zelle durch Wasserabgabe oder -aufnahme ihr Volumen, so andert sich, ceteris paribus, sowohl die Saugkraft des Inhaltes als auch der Wanddruck. Die Saugkraft des Inhaltes hiingt aber ferner noch ab vom osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse, der von zahlreichen AuBenfaktoren beeinflu/3t wird, die erst zum Teil untersucht worden sind 2). Wenn z. B. im Verlaufe der Tagesperiode die Saugkraft eines Blattes vom Morgen bis zum Mittag steigt, so ist dieses Ansteigen, wie wir noch sehen werden, durch die Abnahme der Luftfeuchtigkeit bedingt. Bei der Analyse der Erscheinung haben wir zu unterscheiden 1. zwischen der Einwirkung der Luftfeuchtigkeit auf das Zellvolumen, das bekanntlich gegen Mittag sinkt 3) und dadurch die Saugkraft des Inhaltes erhOht und den Wanddruck erniedrigt. 2. ist zu beriicksichtigen die Einwirkung der abnehmenden Luftfeuchtigkeit auf den osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse, der bei den von Bacher und uns4) studierten Zellen ebenfalls an stieg. Man darf aber nicht vergessen, 1) Ursprung und Blum, Zur Kenntnis der Saugkraft V. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1921, 39, S. 147. - Russel (Brehm), Boden und Pflanze 1914, S.34. _ Mitscherlich, Bodenkunde. 2. Aufl. 1913, S. 150. 2) J. Bacher, Uber die Abhangigkeit des osmotischen Wertes von einigen AuBenfaktoren. Beih. z. Bot. Zentralbl. 1920, 37, 1. Abt., S. 63. 3) Man vergleiche die Dickenmessungen von Gr. Kraus bis Bachmann. Jahrb. f. wiss. Bot. 1922, 61, S. 372. 4) Ursprung und BI um, Uber die periodischen Schwankungen des osmotischen Wertes. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1916, 34, S. 105.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
575
daB der osmotische Wert bei Grenzplasmolyse bei verschiedenen Zellarten nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verschieden zu reagieren scheintl), wodurch die ErkHirung der SaugkrafUinderung wesentlich kompliziert wird. Das Gesagte gilt ffir den ausgewachsenen Zustand; weitere Verwickelungen stellen sich ein, wenn die Zellen wachsen 1). Noch auf einen anderen Punkt sei hier hinge wiesen. Es wird meist als ganz selbstverstandlich hingestellt, daB die Zellen beim Welken eines Organs bis zu jenem Saugkraftmaximum ansteigen, welches ihrem osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse entspricht. Demgegenfiber muE nun aber doch darauf aufmerksam gemacht werden, daB die Sache, nach den vorliegenden Tatsachen, durchaus nicht so einfach liegt. 1m welkenden Efeublatt, in welchem das allmahliche Ansteigen der Saugkraft der Zelle und des osmotischen Wertes bei Grenzplasmolyse verfolgt wurde, star ben aile gepriiften Zellen ab, lange bevor sie die hohen, der Grenzplasmolyse entsprechenden Saugkraftwerte erreicht hatten. Es zeigt dies, wie notig die experimentelle Kontrolle auch dann sein kann, wenn die Moglichkeit eines Trugschlusses fast ausgeschlossen scheint. Bis zu welchem Grade eine Zelle ihre osmotischen Reserven zu verwerten vermag, hiingt wohl von verschiedenen Umstanden ab und bedarf weiterer Untersuchung.
III. Die periodischen Schwankungen der Saugkraft und ihre ErkUirung. 1. Die tiiglicbe Periodizitiit, fiber welche bisher nur kurze Andeutungen vorlagen 2), wurde wahrend eines Jahres verfolgt an den Zungen der Blumenkrone und an den Laubblattern einer geffiUten Gartenbellis. Alle Versuchspflanzen wuchsen dicht nebeneinander in einem Beet, das wahrend der ganzen Beobachtungsdauer nicht begossen wurde und an wolkenlosen Sommertagen den direkten Sonnenstrahlen von 6h bis ISh exponiert war. Kfirzere Messungsreihen liegen noch von einer groBeren Zahl anderer Pflanzen vor. AIle Versuchspflanzen zeigen eine deutliche Tagesperiode. Dagegen kann die Saugkraftkurve - auch bei demselben Individuum an 1) Ursprung und Blum, Eine Methode zur Messung des Wand- und Turgordruckes der Zelle, nebst Anwendungen. Jahrb. f. wiss. Bot. 1924, 63, S. 18 bis 67. 2) Ursprung und Blum, Zur Kenntnis der Saugkraft. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1916, 34, S. 551.
576
A. Ursprung,
verschiedenen Tagen - recht verschiedene Gestalten aufweisen, unter denen in Fig. 1, drei wiedergegeben sind, zusammen mit den· entsprechenden Kurven der relativen Luftfeuchtigkeit und der Lufttemperatur. Den gewohnIichen VerI auf der Kurve, wie er im Sommer fUr Tage ohne starkere atmosphiirische Storungen in Freiburg charakteristisch ist, find en wir am 26. Juli 1923: Ansteigen der Saug25 Vl1.1923. 21 vlI.1 13.XJ.1923. 19xI.192 8.11.14.172023.2.5. 23.8.1114.1720. 14.17.20
12 •. 11
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10 ..
7 .. 6
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o .. Regenmenge mm Regendauer Bew(jlkung 6 Windst!lrke 3
Fig.!.
0.1
0.8 8 2
9 2/3
9 0
10 0
0.0 2 10 1 3
8 2
Tilgliche Periodizitl1t der Zungenbliiten von Bellis.
kraft yom Morgen bis urn die Mittagszeit und darauf Fallen bis zum anderen Morgen. Ein abweichendes Verhalten mit fast volliger Konstanz der Saugkraft zeigt der 13. November, und eine andere Abweichung bringt der 19. November, an welchem die Mittagszeit auffallenderweise nicht das Maximum, sondern das Minimum der Saugkraft aufweist. Fur die Zuruckfuhrung der Saugkraftschwankung auf die bewirkenden Ursachen, erscheint zunachst wichtig, daB die gewohnIiche Tageskurve der Saugkraft einen iihnIichen Verlauf zeigt wie die
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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Transpirationskurve 1); dies weist bereits auf Beziehungen zwischen Wasserbilanz und Saugkraft hin. Eine Bestatigung bringt ein Vergleich der Saugkraftkurve mit der Schwellungskurve: mit abnehmender Organdicke steigt die Saugkraft und umgekehrV). Un sere friiheren Beobachtungen zeigten, daB auch der osmotische Wert bei Grenzplasmolyse ahnliche tagliche Schwankungen ausfiihrt wie die Saugkraft, mit einem Maximum urn die MittagszeitS). Da die Kurven der Schwellung und des osmotischen Wertes in entgegengesetztem Sinne verlaufen, miissen sie sich gegenseitig unterstiitzen, so daB also die auf Volumanderungen heruhende Saugkraftschwankung durch die Anderungen des osmotischen Wertes noch gesteigert wird. Die Hauptrolle scheint die Volumanderung zu spielen, denn die tagliche Amplitude der Saugkraft steigt in der Belliskrone iiber 10 Atm. und kann unter giinstigen Umstanden bei geeigneten Versuchspflanzen sicher noch weit hOhere Werte erreichen (vgl. I,l), wahrend der osmotische Wert, soweit bekannt S), innerhalb engerer Grenzen schwankt. Eine klare Einsicht ist natiirlich erst moglich, wenn an demselben Organ die Schwankungen von osmotischem Wert und Saugkraft gleichzeitig verfolgt worden sind. Die Bedeutung der AuBenfaktoren fiir das Zustandekommen der Saugkraftkurve ist auf Grund der unter I mitgeteilten Beobachtungen festzustellen. Von den Faktoren, welche eine der Saugkraft ahnliche bzw. spiegelhildliche Tages-Periodizitat aufweisen, fallt in erster Linie die Luftfeuchtigkeit auf, deren Kurve auch in Fig. 1 wiedergegeben ist. Da. wie wir unter I, 2 sahen, die Saugkraft mit abnehmender Luftfeuchtigkeit steigt, scheint die Saugkraftkurve jedenfalls qualitativ auf die Schwankungen der Luftfeuchtigkeit zuriickfiihrbar. Zellvolumen \Iud osmotischer Wert bei Grenzplasmolyse, die Komponenten, aus denen die Saugkraft sich zusammensetzt, reagieren beide, soweit bekannt, auf Abnahme der Luftfeuchtigkeit in dem Sinne, daB die Saugkraft steigen muB'). Luft- und Bodentemperatur weisen ebenfalls periodische Tagesschwankungen auf, die fiir die Lufttemperatur aus Fig. 1 zu ersehen 1) Vgl. z. B. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen. II. Teil, S. 139f£. 2) Ursprung und Blum, Uber die periodischen Schwankungen des osmo- . tischen Wertes. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1916, 34, S. 113, und die hier zitierte Literatur, sowie Bachmann, Studien liber Dickeniinderungen von Laubblattern. Jahrb. f. wiss. Bot. 1922, 61, S. 372. 3) Ursprung und Blum, I. c. 8. 112. 4) Vgl. die Literatur liber die Dickeniinderung, sowie Biicher I. c., aber auch die Bemerkung in U r s p run g und B I u m, Eine Methode zur Messung des Wand- und Turgordruckes, I. c. S. 18. 37 Flora, Bd. 118/119.
578
A. Ursprung,
sind und fur die· Bodentemperatur am Bellisstandort in der obersten Schicht einen ahnlichen Verlauf zeigen 1). Da aber mit sinkender Temperatur von Luft und Boden die Saugkraft ceteris paribus steigt (vgl. I, 3), kann die ErkHirung nicht auf diesem Wege gesucht werden. Auchdie aufPflanze und Boden auffallende Sonnenstrahlung kann eine deutliche tagliche PeriodiziUit zeigen, mit einem Maximum um die Mittagszeit an wolkenlosen Tagen 1). Trotzdem fiillt sie fur die Saugkraftkurve kaum in Betracht, denn einmal ist der EinfluB von Licht- und Warmestrahlen gewohnlich gering (vgl. I, 4), und dann beschreibt die Saugkraft ihre ublichen Schwankungen auch an vollig sonnenlosen Tagen 2), wenn nur die Luftfeuchtigkeit entsprechend variiert (z. B. 18. IX. 1923). Bei der Luftdruckkurve 1) folgt schon aus derGestalt (zwei tagliche Maxima um 10 Uhr morgens und 10 Uhr abends), da2 eine Beziehung zur Saugkraft nicht zu erwarten ist, und dasselbe gilt fUr die Leitfa h i g k e it der Lufts). Reg e n und Win d fallen nicht in Betracht, weil ihnen eine entsprechende Periodizitat fehlt 4). Von den erwahnten AuBenfaktoren ist es somit, nach den vorliegenden Kenntnissen, in allererster Linie die Luftfeuchtigkeit, welcher wir die ~regelmaBigen taglichen Schwankungen der Saugkraft zuschreiben mussen. Die Bedeutung der Luftfeuchtigkeit fur die Saugkraft ergibt sich auch aus einer naheren Verfolgungder Gestalt beider Kurven. Wie am 26. VII. (Fig. 1), so falit in 57 von 66 Tageskurven das Maximum der einen mit dem Minimum der anderen zusammen. Die neun Ausnahmen erklaren sich meistens ohne Schwierigkeit durch Regen. WenD, wie am 13. XI. (Fig. 1), die Luftfeuchtigkeit fast nicht variiert, bIeibt auch die Saugkraft annahernd konstant. Entsprechend deckt sich das auffallende Minimum der Saugkraft um die Mittagszeit des 19. XI. mit einem ebenso auffallenden Maximum der Leuftfeuchtigkeit. Je starker die Luftfeuchtigkeit im Laufe eines Tages sich iindert, urn so starker andert sich ceteris paribus (d. h. vor allem bei gieichen 1) Hann, Lehrbuch der Meteorologie. 3. Auf1. 1915, S. 48, 35, 182; sowie eigene Messungen. 2) Der Himmel war iibrigens auch am 26. Juli stark bewillkt (Fig. 1). 3) R. Stoppel, Abbll.ngigkeit der Schlafbewegungen von Phaseolus usw. Zeitschrift f. Bot. 1916, 8, S. 635. - Schweidler und Sperlich, Die Bewegung der PrimD.rblll.tter usw. Zeitschr. f. Bot. 1922, 14, S. 577. - Hann, 1. c.; sowie miindliche Mitteilungen von Prof. Dr. Gockel, wonach im Sommer in Freiburg am Tage das Minimum auf 11-12h, das Maximum auf 16-17h fll.llt. . 4) tIber den Einflulil des Mondes vgl. Munro Fox, Lunar Periodicity in Reproduction. Proc. Roy. Soc. 1924, Ser. B, 95, p. 523.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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Niederschlagen) auch die Saugkraft. Dies ergibt sich aus nachstehender Tabelle, in welcher fiir einige Bellismessungen die taglichen Amplituden von Saugkraft und Luftfeuchtigkeit einander gegeniibergestellt sind. Aus der Tabelle folgt aber auch, daB durchaus keine Proportionalitat vorhanden ist, und daB derselben Feuchtigkeitsamplitude von 24%, 42% und 52 % recht verschiedene Saugkraftamplituden entsprechen. Die Erklarung dieser Abweichungen bringt die Regenkolonne; sie zeigt, daB dieselbe Schwankung der Luftfeuchtigkeit, wie leicht verstandlich (vgl. I, 2) eine urn so geringere Wirkung auf die Saugkrafthat, je groBer die Bodenfeuchtigkeit ist. Vergleichen wir (Fig. 1) am 26. VII. die Saugkraftamplitude von 5,8 Atm. mit der entsprechenden Amplitude der Luftfeuchtigkeit von 42 %; vergleichen wir ferner den Laboratoriumsversuch mit derselben Tagliche Amplitude der Datum 1923 13. 4. 26. 26. 27. 17. 26. 18. 10. 19. 13.
XI. X. IX. VI. IX. IX. VII. IX. VIII. IX. VII.
Luftfeuchtigkeit in % 6,0 24,0 24,0 37,0 40,0 42,0 42,0 48,0 52,0 52,0 64,0
Summe der Regenmenge am Versuchstage und den beiden Saugkraft der Bellisvorausgehenden Tagen krone in Atm. in mm
I
0,6 1,4 3,8 2,5 4,3 4,8 5,8 4,2 8,0 3,9 9,8
0,3 17,9 0,1 5,0 0,1 9,1 0,8 12,2 0,0 7,3 0,0
Be II i s (I, 2c), in welchem einer Feuchtigkeitsamplitude von 40 0/ 0 eine SaugkraftampIitude von 6,2 und sogar 7,3 Atm. entsprach, so sehen wir, daB sich die taglichen Schwankungen der Saugkraft nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ auf die Schwankungen der Luftfeuchtigkeit zuriickfiihren lassen. Eine nahere Analyse fiihrte uns friiher (I, 2) zum Schlusse, daB die Luftfeuchtigkeit der Hauptsache nach nicht direkt auf die oberirdischen Organe un serer Versuchsbellis einwirkt, sondern indirekt durch Veriinderung der Bodenfeuchtigkeit. Dies scheint mir auch fiir die Bodenkunde nicht ohne Interesse zu sein, da ich in der mir zuganglichen Literatur keine Angaben iiber tagliche Schwankungen im WassergehaIt des Bodens finden konnte. Bei unserer Bellis war eine Einwirkung der Leuftfeuchtigkeit auf den Boden relativ leicht, weil die Pflanzen am Rande eines erhOhten Beetes wuchsen. 37*
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A. Ursprung,
580
Luft- und Bodenfeuchtigkeit sind jedenfalls die Hauptfaktoren, welche den Verlauf der Tageskurve der Saugkraft bedingen. Natiirlich kommt es bei der "Bodenfeuchtigkeit" weniger auf den physikalischen Wassergehalt an, als auf den Widerstand, den der Boden einer ausreichenden Wasseraufnahme entgegensetzt 1). Der Raum fehlt zu einer eingehenden Besprechung der zahlreichen Tageskurven, aus der sich weitere Aufschliisse iiber den EinfluB der AuBenfaktoren und iiber deren Wirkung auf das Zellvolumen und den osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse ergeben wiirden. Erwiihnt sei nur noch, daB deutliche periodische Schwankungen auch im Zimmer bei Topfkulturen sich finden (z. B. tagliche Amplitude einer Pel a r g 0 n i u m krone 2,5 Atm.), und daB verschiedene Pflanzen und sogar verschiedene Teile derselben Pflanze sich recht verschieden verhalten Mnnen. Zur Illustration diene die kleine Zusammenstellung, in welcher die gleichzeitigen Messungen durch eine Klammer zusammenName {Di ervillea . . Bellis perennis {Diervillea . . Senecio vulgaris {Campanula Medium. Antirrhinum majus . {TrOpaeolum majus Bellis" perennis " .
Organ Krone
"
" Hiillkelch Krone
"
" Laubblatt Krone
Tiigl. Amplitude der Saugkraft in Atm.
Datum
I,H}
23. VI. 1923
2,7 2,7} 8,5 3,5} 5,2 1,4} 3,1 4,7
28. VI. 1923 19. VII. 1923 17. IX. 1923
gefaBt sind. Die Erklarung der Abweichungen in der taglichen Saugkraftamplitude ist zum Teil in Verschiedenheiten des Standorts (spezieU Luft- und Bodenfeuchtigkeit), zum Teil in Verschiedenheiten der Pflanzen und der Organe derselben Pflanze zu suchen. Die bisher besprochenen periodischen Schwankungen beziehen sich auf die Vegetationsperiode. Wahrend des Winters wurden Beobachtungenan den Laubblattern derselben Bellis angestellt; die erhaltenen Kurven sind aber wenig regelmaBig. Der Griinde diirften mehrere sein. 1m Gegensatz zu den Bliiten, die fiir zahlreiche Messungen von ein und demselben Kopfchen genommen werden konnten, stammten die fur eine Tageskurve benotigten Blattstreifen von verschiedenen Blattern derselben Pflanze und vielfach sogar von verschiedenen Pflanzen. Die unvermeidlichen individuellen Schwankungen muBten hierbei das 1) Ursprung und Blum, Zur Kenntnis der Saugkraft V. bot. Ges. 1921, 39, S. 139.
Ber. d. deutsch.
r
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
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Bild der taglichen Periode naturgemaB triiben. Dazu gesellt sich der nicht so leicht festzustellende quantitative EinfluB der vielen Regenund Schneefalle; besondere Schwierigkeiten bereiten nicht kontrollierte Faktoren, wie Gefrieren und Auftauen des Bodens, UngleichmaBigkeiten in der Schneedecke usw., die bei erneuten Studien zu berucksichtigen waren. Es ware sehr instruktiv gewesen, in Fig. 1 auch die Kurve des Sattigungsdefizites einzuzeichnen, welche einen der Saugkraftkurve ahnlichen Verlauf zeigt. Ich habe es aber doch vorgezogen neben der 15At
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Saugkraft vor aHem jene meteorologischen GroBen anzugeben, die direkt abgelesen wurden. Dabei bIieb kein Raum mehr ubrig fiir die Kurve des Sattigungsdefizites, die aber aus den angefuhrten Kurven der relativen Luftfeuchtigkeit und der Temperatur jederzeit leicht berechnet werden kann. Als Beispiel stelle ich fur den 26. VII. 1923 jedem Saugkraftwert ,den entsprechenden Wert des Sattigungsdefizites gegeniiber.
T5h 45 I 7h 30 Saugkraft . . . Silttigungsdefizit .
I
7,7 2,2
I
11,2 3,9
10h
12h
11,9 7,0
13.3 8;0
-
14h 30 16 h 30 20h30 22 h 30 13,5 9,7
12,2 8,1
9,9 2,6
7,8 0,0
. ;LL;""
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582
A. Ursprung,
2. Die jihrliche Periodizitiit wurde wiederum vornehmlich an Bell i s verfolgt. Die J ahreskurve liiBt sich in verschiedener Weise wiedergeben; in ausfiihrlicher Form durch Aneinanderfiigen samtlicher Tageskurven, in gedriingter Form, indem man sich auf die Tages-, Wochen- oder gar Monatsmittel beschrankt. Fig. 2 bringt die Schwankungen der 8 Uhr - Saugkraft der Belliskrone wahrend des J uli 1923. Da nicht von allen Tagen gleichviel Messungen vorliegen, wurde, um vergleichbare Zahlen zu erhalten, jeweils die Saugkraft von 8 Uhr morgens eingetragen. Ein Vergleich del' Kurve der Saugkraft mit derjenigen der Luftfeuchtigkeit zeigt, daB hier, im Gegensatz zur Tageskurve, keine Ahnlichkeit im Gesamtverlauf besteht. Dagegen ist eine Beziehung zum Wassergehalt des Bodens unschwer zu erkennen. Der langen Trockenperiode in del' ersten Julihalfte entspricht ein immer hOheres Ansteigen der Saugkraft, und wenn der Wassergehalt des Bodens auch nicht zahlenmiillig bekannt ist, so nimmt er doch zweifellos fortwahrend ab, und damit wachst der Widerstand, der von der Pflanze bei der Wasseraufnahme zu iiberwinden ist. Das Sinken der Saugkraft erklart sich yom 14. Juli an durch den nun einsetzenden Regen, und man sieht deutlich, wie mit zunehmender Bodenfeuchtigkeit auch die Saugkraft immer tiefer falIt. . Aber weder Regen noch Luftfeuchtigkeit Mnnen verstandlich machen, daB die Saugkraft schon am 13. Juli zu sinken beginnt. Die Sache blieb dunkel, bis sich in den Notizen die Bemerkung fand, daB Bellis am 13. Juli, entgegen den gegebenen Anordnungen, yom Gartner schwach bespritzt worden war. Das abermalige Ansteigen der Saugkraft in der zweiten Julihalfte deckt sich mit einer neuen Trockenperiode und das starke Sink en am 1. August mit starkem Regenfal!. Die Nebenminima yom 9. und 28. Juli sind durch vorausgehende Niederschlage verursacht. Nachdem wir friiher (1,1) gefunden hatten, daB die Saugkraft- besonders bei trockenem Boden - rasch auf einen Regen reagiert, wird es auffallen, daB am 17. J uli die Saugkraft, trotz starken Niederschlages, nicht fiel, sondern erst tags darauf. Dieses Nachhinken ist aber nur scheinbar, denn da die Saugkraftmessung in der Morgenfriihe erfolgte, der Regen aber erst spater einsetzte, konnte er sich natiirlich erst in del' Messung yom 18. Juli bemerkbar machen. Wie die Juli-Kurve, so erklaren sich auch die Kurven der Belliskrone fiir die iibrigen Monate. Dieselben weisen noch deutlicher darauf hin, daB ein isolierter, wenn auch starker Regen sich nicht lange bemerkbar macht, und daB eine langer dauernde Senkung der
r
583
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
Saugkraftkurve mit anhaltendem Regenwetter verbunden ist. Selbstverstandlich ist ferner, daB die Monatsamplitude der Saugkraft nicht von der Gesamtregenmenge des betreffenden Monats abhiingt, sondern von der Verteilung der Niederschlage. Eine Ubersicht iiber das ganze Jahr gibt Fig. 3, welche fiir die Bellisbliiten (ausgezogene Kurve) und die BellisbHitter (gestrichelte Kurve) die Monatsmittel der Saugkraft enthiilt. Diese Jahreskurve 1924.
1923. VI.
VII. VII!.
IX.
X.
x.1.
II.
XII.
III.
lV.
V
37Atm ..
36 " 18 " 17 " 16 "
~'\.\,
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15 " ~ 14 "
.i: 13 " g'12 "
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9 8 7 6 5
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Fig. 3. Jahres-Periodizitlit der Bliiten _ _ und Bl!l.tter ----------- von Bellis.
der Saugkraft zeigt ein 'erstes Maximum im August und ein zweites starkeres Maximum im Februar. Die Erkliirung ergibt sich zum Teil aus der Regenkurve, welche fiir jeden Monat die mittlere Regenmenge enthiilt. So entspricht der hohen Saugkraft des Juli und August ein geringes Regenmittel, wahrend das Saugkraftmillimum im Oktober mit einem Regenmaximum zusammenfallt; bis zum Februar steigt dann die Saugkraft wieder an, wahrend die Niederschlage abnehmen, und mit
584
A. Ursprung,
dem erneuten Fallen der Saugkraft nimmt auch der Regen wieder zu. Manche Einzelheiten sind aber mit Hilfe der summarischen Angaben der Regenmonatsmittel nicht erkHirbar. So steigt die Saugkraft vom J uni bis zum J uli bedentend an, wii.hrend un sere Regenknrve gar kein entsprechendes Verhalten zeigt. Die Sache kllirt sich aber sofort auf. wenn man die detaillierte Regenkurve der Monate Juni und Juli vergleicht. 1m J uli gab es (Fig. 2) nur zwei starke Regenfiille in der Mitte und am Ende des Monats, dazwischen herrschte groBe Trockenheit, welche die Saugkraft stark ansteigen lieB. 1m Juni waren die einzelnen Regenfli.lle schwli.cher, aber viel gleichmli.Biger fiber den ganzen Monat verteilt, so daB die Saugkraft stets tief gehalten wurde, trotz des etwas geringeren Regenmittels. In li.hnlicher Weise hlingt das Augustmaximum mit einer entsprechenden Verteilung der Niederschlage zusammen. Das hohe Wintermaximum (Fig. 3) von 17,6 Atm. (das bei Verwertung auch der weniger zuverllissigen Messungen sogar auf 36 Atm. ansteigen wfirde) koinzidiert nicht nur mit dem Niederschlags-, sondern auch mit dem Temperaturminimum 1). Dem letzteren dfirfte eine bedeutende Rolle zukommen (vgl. I, 3), hauptslichlich wohl in dem Sinne, daB die Wasseraufnahme aus dem gefrorenen Boden sehr erschwert und daher besonders bei fehlender Schneedecke eine starke Storung der Wasserbilanz herbeigeffihrt wird.
IV. Die Saugkraftverteilung in verschiedenen Organen derselben Pflanze. Die Maxima und Minima der neuen Messungen.
I
1m allgemeinen wurden die frfiheren Befunde 2) fiber die Verteilung der Saugkraft in der Pflanze in den Hauptzfigen bestiitigt. So finden wir in der Regel das Minimum in der Wurzel, das Maximum in der Blattspreite. Die Krone allerdings nimmt gewohnIich einen Zwischen wert ein, auch dann, wenn sie viel hOher inseriert ist als das Blatt. 1m einzelnen stOBt man dann auf mannigfacbe Abweichungen, ffir deren haufigste Typen, samt dEm Normalfiillen, einige Beispiele zusammengestellt sind. Es wurden FaIle notiert, in welchen die Saugkrlifte von Krone und Wurzel 'identisch waren (D r 0 s era rot u n d ifolia, Hieracium Pilosella, Sparganium erectum) oder wo die Epidermis des Stengels (Drosera rotundifoIia) oder der Spreite 1) Die Lufttemperaturfiel im Februar bis unter - 100 c. 2) U rs p run g und B 1u m, Besprechung unserer bisherigen Saugkraftmessungen. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1918. 36, S. 599.
Einige Resnltate der neuesten Saugkraftstudien.
585
Saugkraft in Atm. BlattWurzelspitze I spreite
I
Cardamine amara Veronica officinalis. . Sempervivum tectorum. Lychnis Flos cuculi Nigritella nigra . . Erinus alpinus Veronica Beccabunga
3,5 6,5 5,5 ca. 5,0 9,0 10,5 11,0
11,0 23,5 39,0 11,0 9,5 21,5 9,5
I
Krone 6,5 9,5 9,5 11,0 14,5 11,0 11,0
(Veronica Beccabunga) sogar etwas unter dem Wurzelwert lag l ). Ebenso kann der Kronenwert den Spreitenwert desselben Pflanzenindividuums uberragen. wie das am starksten bei Allium Schoenoprasum (Spreite9,0; Krone 18,0) und Nigritella nigra (Spreite 9,5; Krone 14,5) hervortrat. Nach den Untersuchungen am Efeublatt pflegte man der Nervepidermis eine kleinere Saugkraft zuzuschreiben als der ganzen Spreite. Scheint dies auch die Regel zu sein, so fan den sich doch bereits mehrfache Ausnahmen, die weiter zu verfolgen sind, z. B. D a p h n e Me z ereum (Nervepidermis 21,5; Spreite 14,5), Carduus defloratus (Nervepidermis 17,0; Spreite 11,0 und Nervepidermis 16,0; Spreite 15,0). Auffallend ist ferner, wie stark das Verhiiltnis der Blattnervepidermis zum Kronenmittel nicht nur bei verschiedenen Spezies, sondern bei derselben Art schwanken kann. Dieses Verhiiltnis ergab sich z. B. bei Aconitum Napellus in drei Messungen zu 11,0/16,0; 14,5/12,0; 19,5/12,5. Sehr variabel sind auch die osmotischen Beziehungen verschiedener TeiIe derselben Blute zueinander. Die nahere Verfolgung der Saugkraftverteilung, die nur kurz angedeutet werden konnte, ist von Interesse sowohl fur das Problem der Wasserversorgung im allgemeinen, wie auch fUr das spezielle Studium jedes Einzelfalles. Jedenfalls kann auch hier nicht genug vor einem voreiligen Generalisieren und Schematisieren gewarnt werden. An dieser Stelle seien noch die Maxima und Minima der bisherigen ca. 3000 Messungen mit der vereinfachten Methode zusammengestellt. Wurzelmaximum von 11,0 Atm. bei Veronica Beccabunga. 11. VI. 1923. Wurzelminimum von 1,5 Atm. bei Ranunculus flaccidu8. 22. VI. 1923. 1) Dabei ist nicht zu vergessen, daJil wir mit der neuen Methode nicht einzelne Zellen messen, sondern Mittel fiir ganze Gewebekomplexe erhalten. Die "Epidermis" wird hier einem mllglichst diinnen FHtchenschnitt gleichgesetzt, dem aber auch noch einige andere Zellen anhiingen diirften.
".: lEi':
L. -.
586
A. Ursprung,
Spreitenmaximum von fiber 44,5 Atm. bei Campanula glomerata. 10. VIII. 1923. (Winterwert von Efeu sogar 71 Atm.') 26. II. 1924.) Spreitenminimum von 3,2 Atm. bei Bell is per e n n i s. 5. I. 1924. Kronenmaximum von 34,5 Atm. bei Lot u sc 0 r n i cui a t u s. 10. VIII. 1923. Kronenminimum von 2,2 Atm. bei Geranium Robertianum. 21. IX. 1923.
V. Der EinfluB des Standortes auf die Saugkraft. Man wird a priori geneigt sein, an trockeneren Standorten auch hOhere Saugkrlifte zu vermuten. Diese Erwartung scheint im groBen und ganzen zuzutreffen; aber man wird sich doch daruber klar werden mussen, daB die gegenseitigen Beziehungen nicht so einfach liegen. Bei der Wasserversorgung einer Pflanze kommt es bekanntIich weniger auf die Aufnahme oder die Abgabe an, als auf die Bilanz. Diese aber kann selbst bei geringer Absorption aufrechterhalten werden, wenn der Verbrauch entsprechend reduziert ist, und durch die Einschaltung von Wasserspeichern lassen sich Aufnahme und Abgabe zeitlich weitgehend unabhangig machen. Die Wasserabsorption selbst hlingt bei gegebenem Boden naturlich nicht nur ab von der Saugkraft der Wurzel, sondern ebensogut auch von der Grolle ihrer absorbierenden Oberflache und von ihrer Gestalt, wird doch die Leistung eines tiefwurzeligen Systems ceteris paribus oft eine ganz andere sein, als die eines flachwurzeligen. Ebenso sind es morphologische, anatomische und physiologische Momente, welche neben den AuBenfaktoren die Transpiration beeinflussen. Ferner ist nicht zu vergessen, daB die Saugkraft einer Zelle nicht nur auf physikalischem Wege von den Volumschwankungen abhangt, sondern auch in komplizierterer Weise yom Wachstum und dem osmotischen Wert bei Grenzplasmolyse. Dementsprechend stellt die Saugkraft einer Zelle und noch mehr die Saugkraft eines Gewebestreifens eine Resultante dar aus zahlreichen Komponenten, unter denen der Standort wohl eine wichtige, aber keineswegs die einzige maBgebende Rolle spielt 2). Suchen wir nun den EinfluB des Standortes festzustellen, indem wir z. B. Alpen- und Ebenenpflanzen vergleichen, so mussen wir zunlichst bedenken, daB verschiedene Spezies schon an demselben Standort in ihrer Saugkraft differieren. Aber auch bei derselben Spezies zeigen die Individuen der Alpen vielfach einen anderen Bau als die der Ebene, so daB eventuelle Saugkraftdifferenzen nicht als der reine 1) Bedarf der Nachprfifung. 2) Vgl. UrRprung und Blum, Zur Kenntnis der Saugkraft V. deutscR bot. Ges. 1921, 34, S. 139.
Ber. d.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
587
Ausdruck der Standortsdifferenzen betrachtet werden diirfen. Und endIich weist sogar dasselbe Individuum an demselben Standort tagIiche und jahrHche Saugkraftschwankungen auf. "Ceteris paribus" messen wir die Saugkraft also nur dann, wenn wir dasselbe Individuum gleichzeitig an verschiedenen Standorten untersuchen. 1m Gegensatz zu dieser unerfiillbaren Forderung konnte es sich in der Praxis zunachst nUr darum handeln, moglichst viele Pflanzen an moglichst verschiedenen Standorten zu messen zu versuchen. Mehr war im ersten Sommer nicht zu erreichen. Aus dem auf diese Weise erhaltenen Zahlenmaterial wurden nun ausgezogen: a) die gleichzeitigen Messungen derselben Spezies an verschiedenen Standorten. b) alle Messungen derselben Spezies an verschiedenen Standorten. c) die Saugkraftmittel aller, an einem bestimmten Standort gemessenen Pflanzen. Die Resultate der Gruppe a sind natiirIich die zuverlassigsten; sie sind aber auch am wenigsten zahlreich, da die Forderung gleichzeitiger Untersuchung im allgemeinen urn so schwieriger zu erfiillen ist, je we iter die Standorte der Versuchspflanzen auseinander Iiegen. Eine groBere Serie von Messungen liefert Grllppe b; infolge der periodischen Schwankungen sind diese zu verschiedenen Zeiten ausgefiihrten Untersuchungen jedoch nur dann wirkIich vergleichbar, wenn es geIingt, sie auf dieselbe Zeit umzurechnen. Eine solche Umrechnung ist aber gegenwartig nicht moglich, da wir die Jahreskurve der Saugkraft nur fiir Bell i s kennen. Wir haben uns nun vorlaufig in der Weise geholfen, daB wir zu jedem Saugkraftwert der Gruppe b den entsprechenden (d. h. gleichzeitig gemessenen) Wert un serer Gartenbellis aufsuchten und mit ihm verglichen. Als Beispiel fiihre ich einige Messungen von Taraxacum in Wiese und Moor an. Der Vergleich geschieht durch die folgende Gegeniiberstellung, in welcher die run den Tar a x a cum
- 60 %
0
ff i c ina Ie: (1) Kulturwiese { 3,5 Atm.
<
[8,7 Atm.]
- 1 % } Moor relat 8,8 Atm. trocken (9) [8,9 Atm.] .
Klammern die Anzahl der Messungen, die eckigen Klammern die entsprechenden Belliswerte angeben; die Prozente endlich deuten an, urn wie viel die Saugkraft von Tar ax a cum kleiner (--Zeichen) oder groBer' (+-Zeichen) ist als die gleichzeitige Saugkraft der Kontrollbellis. Eine Taraxacummessung auf der Kulturwiese ergab also 3,5 Atm. (entsprechender Belliswert = 8,7 Atm.); neun Messungen auf dem Moor ergaben im Mittel 8,8 Atm., (Mittel der entsprechenden neun Belliswerte = 8,9 Atm.), 3,5 ist urn 60% kleiner als 8,7; 8,8 ist urn 1% kleiner als 8,9.
588
A. Ursprung,
Die Vergleiche a und b sind nur auf Pflanzen anwendbar, die an beiden Standorten vorkommen; sie miissen daher vielfach auf wenige Spezies beschrankt bleiben und schlieBen gerade die charakteristischsten, einem bestimmten Standort eigentiimlichen Arten aus. Diese Liicke sucht Vergleich c auszufiillen, welcher wiederum auf die entsprechenden Belliswerte Bezug nimmt. Da sich die meisten Messungen auf die Blumenkrone beziehen, und der verfiigbare Raum nur wenige Zahlen mitzuteilen erlaubt, beschranke ich mich in den folgenden Vergleichen, wo nichts Gegenteiliges bemerkt ist, auf die Kronenwerte. 1. Veriorfte und nicht veriorfte, offene Standorte der Ebene. Unter "vertorft" sind die verschiedenen Stellen eines Torfmoores zusammengefaBt, miter "nicht vertorft" alle spater angefiihrten Standorte der Ebene, mit Ausnahme des Waldes, in welchem die Krauter nicht "offen" stehen, sondern durch Baume geschiitzt sind. Zur weiteren Erlauterung der Darstellung der Versuchsresultate sei noch bemerkt, daB hier Gruppe a aus 10 Messungen besteht an· vier verschiedenen Arten, Gruppe b fiir den nicht vertorften Standort aus 20 Messungen an 10 Arten, fiir den vertorften Standort aus 41 Messungen an 10 Arten. a) (10) Standort nicht vertorft 12,1 Atm. < 12,9 Atm. Standort vertorft (10) +38% } + 13 % b) (20) Standort nicht vertorft { 12,2 Atm. < 13,0 Atm. Standort vertorft (41) [10,8 Atm.] [9,4 Atm.]
-1%
-1O%}
c) (95) Standort nicht vertorft { 9,6 Atm. > 9,3 Atm. Standort vertorft (76) [9,7 Atm.] [10,3 Atm.]
Die beiden ersten Vergleichsreihen ergeben die Saugkraft auf vertorftem Substrat etwas bOher, die dritte etwas tiefer. Aus a folgt das direkt, aus b und c am besten unter Beriicksichtigung der Prozentzahlen. Die Differenzen sind aber gering, so daB sie bei einer etwas groBeren oder kleineren Zahl von Messungen moglicherweise verschwinden oder sjch umkehren konnen. Zur Illustration greife ich aus Gruppe b drei FaIle heraus, welche zeigen, daB bei derselben Spezies die SaugTaraxacum officinale: (1) Kulturwiese - 60 % < -;- 1 % Moor, reI. trocken(9) Lin a ria v u I gar is: Frangula Alnus:
(2) Bahngeleise + 3 %> - 59 % Moor, reI. feucht (1) (1) Waldrand + 57 % = + 57 % Moor (1)
kraft auf nieht vertorftem Substrat gleich, groBer und kleiner sein kann als auf Torf. Das Studium aller Einzelfalle von a und b ergibt, daB sich der bOhere Moorwert fast stets leicht auf groBere physikalische Trockenheit zuruckfiihren laBt. DaB aber die Saugkraft einer Spezies auf trockenem Boden bOher wird, ist - wie wir noch sehen werden -
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
589
eine allgemein zu beobachtende Erscheinung. Natiirlich kommt es bei gegebenem Wassergehalt des Bodens auch noch auf die Kraft an, mit der seine Teilchen das Wasser anziehen, ebenso kann der Sauerstoffgehalt des Substrats eine Rolle spielen (vgl. I, 6). Endlich seien aus Gruppe c noch zwei submerse (exklusive Bliiten) Pflanzen herausgegriffen, die eine aus torffreiem, die andere aus Torfwasser. Die Prozentzahlen geben wieder die Kronenwerte im Vergleich Ranunculus flaccid us aus torffreiem Wasser: - 53%. Utricularia vulgaris aus Torfwasser: - 64%. zu Be Iii s. Von einer physiologischen Trockenheit des Substrats, die hier doch wohl ziemlich rein hiitte zum Ausdruck kommen konnen, ist ebenfalls nichts zu sehen. Auch unsere Befunde sprechen somit gegen Schimper 1). Eine Bestatigung und Erweiterung dieser Befunde bringt der
2. Vergleich verschiedener Stell en des Torfmoores. Es wurden untersucht Pflanzen in Torfwasser ganz submers (exklusive Bliite) , nur mit Stengelbasis in Torfwasser, Pflanzen auf relativ feuchtem und relativ trockenem Torfboden. a) (1) in Torfwasser mit Stengel basis 12,5 Atm. < 17,0 Atm. auf reI. trockenem Torf (1) a) (5) reI. feucbter Torf 9,5 Atm. < 10,0 Atm. reI. trockener Torf (5)
+1O%}
-6% b) (14) reI. feuchter Torf { 8,3 Atm. < 9,9 Atm. reI. trockener Torf (26) [8,8 Atm.] [9,0 Atm.] b) (4) in Torfwasser mit Stengelbasis
+ 41% + 6% { 11,0 Atm. < 15,6 Atm. [10,4 Atm.]
}
Torfboden (5)
lll,1 Atm.]
Von den einzelnen Spezies, welche die Gesamtresultate del' Gruppe b ergeben haben, sei Ran u n cuI us rep ens noch gesondert; angefiihrt: -20% + 51 % } (1) reI. feuchter Torf { 6,0 Atm. < 11,0 Atm. reI. trockener Torf (6) [7,5 Atm.] [7,3 Atm.] c)
... s-=i
Standort
Saugkraft
~il6l -~1::
~ al~ I
Mittel
lSI .... -=i
::s
In Torfwasser, ganz submers (exkt. Btiite) In Torfwasser, mit Stengel basis Auf relativ feuchtem Torf Auf relativ trockenem Torf . .
1 5 30 35
EntVergleich sprechend. mit Bellis- Bellis Mittel in Proz.
6,0 Atm. 16,5 Atm. 8,2 9,2 8,7 " 9,5 " 11,1 " 9,2 "
"
"
-64% -11% + 9 0;01 + 21%
1) Vgl. auch Stocker, Zeitschr. f. Bot. 1923, 15, S. 39; Montfort, Zeitschrift f. Bot. 1922, 14, S. 167.
Ii; iLi i- "
590
A. Ursprung,
In allen drei Versuchsreihen nimmt somit die Saugkraft zu mit der physikalischen Trockenheit des Substrates. Das Verhalten auf vertorftem Boden ist in dieser Hinsicht - wie wir noch sehen werden dasselbe wie auf nicht vertorftem.
3. AlpeD uDd fbeDe. Ausgeschlossen sind vom Vergleich die Wasser-, Moor- und Waldpflanzen, von denen in den Alpen keine Vertreter untersucht wurden. Die alpin en Standorte sind dieselben wie bei Me i e r 1). a) Hierher gehOrende Beobachtungen fehien. +26%} + 4% b) (21) Ebene { 14,3 Atm. < 16,6 Atm. Alpen (15) [13,8 Atm.] [13,2 Atm.] +4% -11%} c) (77) Ebelle { 10,7 Atm. > 13,7 Atm. Aipen (117) [10,3 Atm.] [15,4 Atm.]
Eine deutliche Saugkraftdifferenz zwischen Alpen und Ebene ist also aus unseren Versuchen nicht nachweisbar; nach b sind die Alpenwerte etwas bOher, nach c etwas tiefer, wenn man die maBgebenden Prozentzahlen beriicksichtigt. Es ware lehrreich, das VerhaIten der einzelnen Pflanzen kennen zu lernen. Da dies aus Raummangel nicht moglich ist, greife ich aus b drei Einzelfalle heraus, welche immerhin einen gewissen Einblick in das Zustandekommen des Gesamtresultates geben. - 46 %}AIPen, feuchter, + 14 % Saxifraga aizoides: (1) Ebene, sonniger Feis{8,0 Atm. >9,5 Atm. schattiger Fels [7,OAtm.] [17,7 Atm.] (1) -3% +42%} Lotus corniculatus: (1) Ebene, Wegrand {19,5 Atm. < 14,5 Atm. Aipenwiese (2) [20,0 Atm.] [10,2 Atm.] - 3% + 168 % } Humusband Lotus corniculatus: (1) Ebene, Wegrand { 19,5 Atm. < 29,5 Atm. (1) [20,0 Atm.] [11,0 Atm.]
S a x if rag a zeigt, daB nicht nur in Gruppe c, sondern auch in b FaIle mit tieferer Alpensaugkraft sich finden. Aus den Alpenwerten von Lotus - die beide am 10. VIII. 1923 gem essen wurden -- ersehen wir, wie verschieden die Differenz Alpen - Ebene bei derselben Spezies an demselben Tage sein kann. Lot u s laBt ferner erkennen daB die bOhere Alpensaugkraft weniger durch die klimatischen als durch die edaphischen Faktoren bedingt sein wird. Denn die Exposition war an beiden alpin en Standorten diesel be ; auf dem Humusband war aber die Humusschicht bedeutend diinner und muBte daher im wasserarmen 1) J. Meier, Zur Kenntnis des osmotischen Wertes der Aipenpflanzen. Mem. Soc. frib. scienc. nat. 1916.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
591
August 1923 rascher austrocknen als auf der Alpenwiese. DaB auch die klimatischen Faktoren mitspielen, schon dadurch, daB die starkere Insolation und der heftigere Wind das Austrocknen des Bodens in den Alpen begunstigen, ist ja selbstverstandIich. Bei Schroter 1) lesen wir, daB das Alpenklima fiir die Flora eine "lebhafte Vertrocknungsgefahr" mit sich bringt, trotz der Nebel und der hohen Niederschlage und der reichlichen Bodenfeuchtigkeit; "die Alpenflora muB sich auf starken Wasserentzug einrichten". Seit Fittings Untersuchungen an Wiistenpflanzen pflegt man bei lebhafter Vertrocknungsgefahr gerne auch eine hohe Saugkraft zu erwarten. Bei Alpenpflanzen schien diese Erwartung um so berechtigter, als Me i e r 2) schon vor langerer Zeit einen hOheren osmotischen Wert gefunden hatte. Trotzdem ergaben un sere Saugkraftmessungen keine hOheren Alpenmitte1. Wie erklart sich das? Der Me i e r sche Vergleich des osmotischen Wertes bei Grenzplasmolyse in den Alpen und in der Ebene wurde so gut durchgefiihrt, als das einem einzelnen Beobachter moglich war. Die" VergleichsbelIis" fehlte jedoch, und dam it fehIte auch die MogIichkeit, die taglichen und jahrlichen Schwankungen, deren Existenz damals ubrigens kaum bekannt~war, einigermaBen in Rechnung zu ziehen. Eine solche Korrektur vermag aber, wie un sere Saugkraftversuche zeigen, das Resultat hin und wieder umzukehren. Ferner muB immer wieder betont werden, daB osmotischer Wert bei Grenzplasmolyse und Saugkraft zwei durchaus verschiedene GroBen sind. Ein hOherer osmotischer Wert kann wohl mit einer hoheren Saugkraft verknupft sein, aber er muB es nicht; man vergleiche nur das verschiedene Verhalten von Saugkraft und osmotischem Wert in der geraden Wurzelspitze und bei der geotropischen Krummung 3). Zum osmotischen Wert sei noch folgendes bemerkt. Schon Meier (1. c. S. 59) hat den hOheren osmotischen Wert der Alp en pflanzen auch als Schutz gegen Erfrieren gedeutet; die Arbeit von A rr hen ius und Sod e r b 0 r g 2) bringt also auch in dieser Hinsicht nichts wesentlich 1) SchrOter, Pflanzenleben der Alpen. 2. Aun., S. 96, 100. 2) J. Meier, Zur Kenntnis des osmotischen Wertes der Alpenpflanzen. Mem. de la Soc. frib. d. scienc. nat. 1916. Recht unbefriedigend sind die Untersuchungen von Arrhenius und SOderborg, Der osmotische Druck der Hochgebirgspflanzen. Svensk Botanisk Tidskrift 1917, 11, p. 373. Es fehlen, auJler dem Vergleich mit Ebenenpflanzen, auch andere ganz elementare Dinge, so erfahren wir z. B. nicht, welches Plasmolytikum benutzt oder welche Zellen gem essen wurden. Die verschiedenen Zellen eines Blattes kOnnen aber grundverschiedene osmotische Werte besitzen. 3) U r s p run g und B 1u m, Eine Methode zur Messung des Wand- und Turgordruckes der Zelle. Jahrb. f. wiss. Bot. 1924, 63, S. 20, 21, 41-98.
592
A. Ursprung,
Neues. An der wintergrunen Alpenflora sind Schadigungen durch tiefe Kaltegrade im winds till en Raum nach S c h rot e r 1) auBerst selten. Sen n 2) ffihrt die ErhOhung des osmotischen Wertes bei tiefer Temperatur darauf zuruck, daB der bei der Assimilation gebildete Zucker weniger in Starke umgewandelt wird. Das Problem scheint mir aber doch komplizierter zu sein; einmal zeigen die ErhOhung nicht nur assimilierende Zellen, sondern auch chlorophyllfreie S),und dann ist die Natur der Stoffe, die bei der Starkelosung und -bildung in Betracht fallen, doch vielfach noch ganz unbekannt 4.). Wenn nun von Kennern des alpinen Pflanzenlebens einerseits die Vertrocknungsgefahr und die Notwendigkeit eines Transpirationsschutzes betont (Schroter), andererseits in der Regel eine starke Transpiration pro Flacheneinheit nachgewiesen wird (S en n) - viele Sukkulenten sind Pseudoxerophyten 5) - , so mochte ich dazu folgendes bemerken: Worauf es im Grunde ankommt, das ist die Aufrechterhaltung der Wasserbilanz, und das kann in sehr verschiedener Weise geschehen, durch Verwendung und Kombination morphologischer, anatomischer und physiologischer Einrichtungen. So bedingt z. B. dieselbe Transpiration pro Flacheneinheit einen ganz verschiedenen Wasserverlust der Pflanze, je nach der GroBe ihrer transpirierenden Oberflache. Mit derselben Wurzelsaugkraft werden ganz verschiedene Wassermengen aufgenommen, je nach der Natur des Bodens, je nach der Gestalt des Wurzel systems und der GroBe seiner absorbierenden Oberflache. . Sen n 6) schloB auf eine hOhere Wurzelsaugkraft in den Alpen aus den schon erwiihnten Versuchen Meiers und ferner aus der Beobachtung, daB die Alpenform bei einem geringeren Wassergehalt des Bodens welkt, als die Form der Ebene. Nun lassen sich die letztgenannten Versuche allerdings durch eine hOhere Alpensaugkraft erkliiren, aber diese Erklarungsmoglichkeit ist doch nur eine von mehreren. Mit einer entsprechenden VergroBerung der absorbierenden Wurzelflache ist iihnliches zu erreichen und eine Verringerung der Wasserabgabe muB denselben Erfolg haben. Selbst 1) S c h r II t e r, Pflanzenleben der Alpen, 2. Auf1., S. 96, 100. 2) G. Senn, Untersuchungen iiber die Physiologie der Alpenpflanzen. Verh. d. schweiz. naturf. Ges. 1922, II, S. 154. 3) J. Bilcher, lIber die Abhangigkeit des osmotischen Wertes von einigen AuJ3enfaktoren. Beih. z. Bot. Zentralbl. 1920, 37, 1. Abt., S. 63, und die hier zitierte Literatur. 4) Vgl. Anm. 3 auf S.591. 5) Benecke-Jost, Pflanzenphysiologie I, S. 85. 6) Senn, 1. c.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
593
eine Anderung der Blattstruktur, die das Welken weniger leicht erkennen laBt, kann eine Rolle spielen. Dazu gesellen sich eventuelle Verschiedenheiten in der Ausbreitung des Wurzelsystems oder des Bodenwassers, die bei demselben Gesamtwassergehalt der Topferde doch der absorbierenden Wurzeloberflache verschiedene Wassermengen zur Verfiigung stellen. Der ja auch von Sen n gewfinschte Vergleich der Wurzelsaugkraft in Alpen und Ebene steht immer noch aus, aber die inzwischen bekannt gewordenen Saugkraftverhliltnisse der oberirdischen 'feile machen hohe Wurzelwerte in den Alpen wenig wahr. scheinIich. Die Saugkraft ist nur eines von den vielen fiir die Wasserversorgung in Betracht fallenden Momenten. Sie gibt uns AufschluB fiber die osmotischen Anstrengungen, welche die Pflanze macht, um ihre WasserbiIanz aufrechtzuerhalten. DaB wir im Sommer in den Alpen keine hOheren Saugkrafte nachweisen konnten als in der Ebene, und daB somit eine hOhere Saugkraft auch nicht notig ist, kann nach unseren experimentellen Erfahrungen kaum verwundern. Denn der starke Wind und die starke Insolation bleiben auf die Saugkraft, soweit wir wissen, nahezu wirkungslos, solange der Boden genug Wasser enthiilt. Wie groB die Differenzen der Luftfeuchtigkeit im Sommer 1923 an unserem alpin en Standort und in der Ebene waren, wurde leider nicht notiert; sicherlich hlingt aber der EinfluB der Luftfeuchtigkeit auf die Saugkraft sehr stark ab yom Wassergehalt des Bodens. Wenn wir bisher keine hOheren Saugkraftmittel in den Alpen gefunden haben, so solI damit die Moglichkeit hOherer Alpenwerte keineswegs bestritten werden. Die tiefe Telllperatur speziell des Bodens dfirfte hier eine wichtige Rolle spielen, die in unseren Messungen yom Sommer 1923 allerdings nicht zum Ausdruck lwmmen lwnnte. Nach den frfiher (1,3) mitgeteilten Beobachtungen und Versuchen waren in den Alpen relativ hohe Saugkrafte zu erwarten, wenn der gefrorene Boden nur wenig Wasser abgibt, wenn gleichzeitig heftige Winde die schfitzende Schneedecke entfernt' haben und die Verdun stung gesteigert ist, wiihrend in der Ebene die Wasseraufnahme leicht vonstatten geht. Weiteren AufschluB bringt der
4. Vergleich verschiedener alpiner Standorte. Untersucht wurden Alpenwiese, Sauerwiese, Geroll, Humusband, FelsspaJte. Flora, Bd. 118i119.
38
iiSZiiii
,.
A. Ursprung,
594 a) (1) (1) (1) (1)
Alpenwiese FeJsspalte Geron GerOll
14,5 Atm. <: 29,5 21.5 Atm. <: 26,5 34,5 Atm. <: 37,0 39,0 Atm. <: 44,5
Atm. Humusband (1) Atm .. Felsritze (1) Atm. Humusband (1)} L bbl" Atm. Felsnische (1) au atter
- 19 % + 111 % } h) (4) Alpenwiese { 14,6 Atm. <: 18,7 Atm. Humusband (3) . [18,0 Atm.] [9,8 Atm.] 20 % + 91 % } + (3) GerOn { 13,8 Atm. <: 16,8 Atm. Humusband (2) [11,5 Atm.] [8,8 Atm.]
r
+
+ 61 % .~ + 82 % { S37 % Alpenwiese 114,5 Atm. <: Humusband 22,8 Atm. <: Felsspalte 21,5 Atm. t[9,O Atm.] [12,5 Atm.] [11,5 Atm.]
+
- 9% { + 72 % { 126 % FelsspaJte { 14,5 Atm. <: GerOlle 21,5 Atm. <: Humusband 21,5 Atm. [16,0 Atm.] [12,5 Atm.] [9,5 Atm.]
Die maximale Differenz zeigte wohl Lot usc 0 r n i cui a t us, der fast gleichzeitig auf der Alpenwiese 14,5 und im Geron 34,5 Atm. aufwies, was einen Saugkraftunterschied von ganzen 20 Atm. bedeutet. ,c) Standort Sauerwiese . Alpenwiese . GerOn Felsspalte Humusband
Saugkraft
Zahl der untersuchten Arten
Mittel
2 14 59 18 ::?2
14,3 Atm. 13,7 11,7 .," 13,8 12,5 "
"
IEntsprechen-I Vergleich mit des BellisMittel
Bellis in Proz.
23,8 Atm. 17,1 11,0 " 11,4 " 10,2
-40% -20% + 6% +21 % +23 %
"
Soweit sich der Wassergehalt des Bodens ohne spezielle Messungen beurteilen l1iBt, steigt die Saugkraft an mit zunehmender Trockenh,eit des Substrates. Die drei Versuchsreihen ergeben zum Teil dasselbe Resultat; so jst in a, b. und c die Saugkraft auf AJpen wiese und Geroll kleiner als auf dem H:umusband. Aber auch gewisse Differenzen kommen vor: die Saugkraft z. B. in der FeJsspalte ist bald kleiner, bald groBer als auf dem H:umusband und im Geroll. Die ,Moglichkeit solcher Unterschiede ist leicht verstandlich, da je nach der speziellen Beschaffenheit des Standortes die Wasserversorgung bald auf dem Geroll schwieriger sein kann als auf dem Humusband, bald umgekehrt. Besonders groBe Verschiedenheiten zeigen die Felsspalten, deren Humus- und Wassergehalt stark variiert. Die Inderung der Saugkfaft der Zelle kommt zunachst meist durch Inderung der Wasserversorgung. und damit des Volumens zustande; diese aber wird gewohnlich unterstUtzt durch eine Inderung
Einige Resultate del' neuesten Saugkraftstudien.
595
des osmotischen Wertes bei Grenzplasmolyse. Die Hauptbedeutung scheint dabei der Volumiinderung zuzufallen, konnten wir doch an Lot usc 0 r n i cuI a t u s Saugkraftdifferenzen von 20 Atm. nachweisen, wahrend Me i e r (1. c.) bei derselben Spezies und an denselben Standorten - aber allerdings zu anderer Zeit und an anderen Exemplaren - eine maximale Schwankung des osmotischen Wertes von nur5 Atm. gefunden hatte. 5. VergIeich verschiedener torffreier Standorte der Ebene. Die wichtigsten Standorte, nach ihrer Bodenfeuchtigkeit angeordnet, sind: Wasser, geschlossener feuchter Mischwald, Waldrand, Bahngeleise und Wegrand, Mauer, Felsblock und Felswand. "Standort feucht" bezieht sich im folgenden in erster Linie auf relativ groBen Wassergehalt des Bodens, mit dem aber meist auch groBere Luftfeuchtigkeit verbunden ist. a) (11) Standort relativ feucht 6,0 Atm.
< 8,2 Atm.
Standort relativ trocken (11)
Aus dieser Gruppe gleichzeitig gemessener Pflanzen, mogen zwei Einzelfiille Erwahnung finden, welche den EinfluB von Luft- und Bodenfeuchtigkeit deutlich zeigen.
<
Taraxacum officinale: Gartenwiese 5,5 Atm. 9,8 Atm. tl'ockener Gartenweg. Blattepidermis des Mittelnervs. Chelidonium majus, Krone: dichte Heeke 5,5 Atm. < 9,5 Atm. Mauer. . f-34% +5%} b) (32) Standort relativ feucht) 6,2 Atm. < 11,7 Atm. Standort relativ trocken (26). l[9,4 Atm.] [11,1 Atm.]
Auch hier seien zwei Einzelfiille erwiihnt. -44% +lO%}FeISChrysan them urn Leucanthemum: feuchterSand{ 4,5 Atm. < 16,0 Atm. : block [8,OAtm.] [14,5 Atm.] expon. -66 % 91 % } Con vol vul us sepi urn: Waldrand { 3,8 Atm. 15,3 Atm. Felswand expon. [11,3 Atm.] [8,0 Atm.] :
< +
c)
Standort Wasser, ganz submers (exkI. BIiite) Wald in Perolles Stengel basis in flie8endem Wasser Stengel basis in stehendem Wasser Waldrand in Perolles Waldl'and in Garmiswil . Bahngeleise und Wegrand . Mauer und Felsblock. Mol'assefels Flu8sand, trocken . Waldlichtung in Garmiswil.
c>~ I'"~
I~~~= ~~ N= =. . 1 21 6 8 22 3 33 7 4 7 4
Saugkraft del' Krone entsprechen- Vergleich mit Mittel des BellisBellis Mittel in Proz.
I
4,0 Atm. 6,9 6,1 " 5,9 " 8,3 " 10,5 " 11,3 " 12,0 " 9,9 " 8,6 " 14,6 "
"
8,5 Atm. 10,6 8,8 " 7,9 " 10,4 " 11,7 " 12,6 " 12,7 " 8,9 7,6 " 9,5 "
"
38*
-53% -35 % -31 % -25% -20% --10%
-10.%
6% +11% +13 % -
+54%
: . Ii
596
A. trrsprung.
Zunachst ersieht man aus a und b, daB auch hier wieder dem trockeneren Standort eine hOhere Saugkraft entspricht. Die angefiihrten Beispiele sind zum Teil recht instruktiv. Dieselbe Regel laBt sich im groBen und ganzen auch aus c erkennen: Leichtverstandlich ist, daB die Saugkraftminima bei den Submersen sich finden, und daB auch die ubrigen Wasserpflanzen sowie die Krauter des geschlossenen Waldes geringe Werte aufweisen. Auffallend sind dagegen die negativen Prozentzahlen an Standorten wie Mauer, Felsblock, Bahngeleise, die man fiir trockener halten wird als die, wenn auch nicht begossene Gartenerde. Der Grund hierfiir ist ein doppelter; er lip,gt in der Wahl der Vergleichspflanze und in der speziellen Beschaffenheit der Pflanzen, welche die genannten tl'ockenen Standorte besiedeln. DaB die Vergleichsbellis am Rande eines erhOhten Gartenbeetes wuchs, dessen Erde auch seitlich durch Verdunstung Wasser veri or und daher im Sommer 1923 recht trocken werden muBte, wurde schon erwahnt. Die Pflanzen der trockenen Stellen waren aber durch tiefgehende Wurzeln und andere zum Teil noch ungenugend bekannte Einrichtungen vor allzu starken StOrungen ihrer WasserbiIanz geschiitzt. Kurz erwahnen mochte ich noch die untergetauchten Organe, die ich nach eingehenderer Untersuchung spater in anderem Zusammenhange behandeln zu konnen hoffe. H 0 fl e r 1) meint, es ~ei "klar, daB fiir submerse Wasserpflanzen der vollturgeszente Zustand der normale sein muB". Tatsachlich haben wir bei den bisherigen Messungen, deren Zahl aUerdings noch nicht sehr groB ist, stets positive Saugkrafte gefunden; auch dann, wenn die betreffende Pflanze gar keine an die Luft grenzende Organe besaB. Ich fiihre im folgenden aus den \Torliegenden Blattmessungen die zurzeit bekannten Minima an. Dabei ist zu bedenken, daB die Untersuchung nach der vereinfa:chten Methode erfolgte, P otamogeton crispus, 22. VI. 1923, 8 h: 4,5 Atm. Elodea cana densis, 28. II. 1924, 9 h: 4,0 " Ranunculus flaccidus, 22. VI. 1923, 8 h : 4,5 " Myriophyllum verticillatum, 15. VI. 1923, 9 h : 4,5 " daB es sich also urn Mittelwerte ganzer Blattstreifen handelt. Es sei aber auch bemerl{t, daB Streifen aus der Krone von Con v 0 I v u Ius s e p i u m eine Saugkraft zeigten, die jedenfalls < 1 Atm. war, vielleicht sogar bei 0 lag, nachdem die Krone einige Stunden unter Wasser gelegen hatte. Die Sache soil genauer verfolgt werden, wobei auf den Mechanismus der Wasserversorgung, das Wachstum, die Gewebespannung, 1) H Il fIe r, Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1920, 38, S. 296.
Einige Resultate der neuesten Saugkraftstudien.
597
die Assimilation und die iibrigen den osmotischen Wert beeinflussenden Faktoren zu achten ist. AnschlieBend sei noch bemerkt, daB in jungen Sagemehlkulturen von Mais, welche deutliche Guttation zeigten, die Saugkraft der Blatter 5,6 Atm., die del' Wurzeln 4,8 Atm. betrug. An ahnlichen Exemplaren, die keine Guttation erkennen lieBen, ergab sich die Saugkraft der Blatter zu 5,6 Atm., die der Wurzeln zu 4,4 Atm. Auch hier handelt es sich urn Mittelwerte aus verschiedenen Geweben, die sich bei der Wurzel auch auf die Wachstumszone erstreckten.
VI. Die Saugkraft einzelner Arten. "Die Feuchtigkeit ist der groBe Regulator des Pflanzenlebens. Die Pflanzengesellschaften reagieren am starksten auf Anderungen im Feuchtigkeitsgehalt des Bodens" 1). Bei der Bedeutung der Wasserversorgung einerseits und ihrer Beziehung zur Saugkraft andererseits scheint die Ausdehnung der Saugkraftstudien auf die einzelnen Arten wiinschenswert. Dabei ist mit isolierten Einzelmessungen allerdings wenig anzufangen; das folgt schon aus den periodischen Schwankungen, die zwischen ganz verschiedenen Grenzen verlaufen konnen, was zum Teil von der Spezies und zum Teil yom Standort abhangt. So ergaben sieben verschiedene Messungen von Ran un cuI u s rep ens an derselben Moorstelle sieben verschiedene Saugkraftwerte zwischen 7,5 und 13,5 Atm., was beim Vergleich mit der Kontrollbellis - 21 % und 125 % entsprach. Wir werden also die periodischen Schwan· kungen an 'einem bestimmten Standort, das Verhalten an verschiedenen Standorten, wie iiberhaupt die Gesamtamplitude oder Variationsbreite der Saugkraft einer Art zu untersuchen haben. Und diese Resultate werden urn so wertvoller sein, je mehr gleichzeitige Parallelmessungen bei verschiedenen Arten sie enthalten. Aber auch der schon friiher begonnene Vergleich verschiedener Organe desselben Pflanzenindividuums und verschiedener Zellen desselben Organs wird auf weitere Spezies auszudehnen sein. DaB dabei noch weitere Momente in Betracht fallen kOnnen, zeigt z. B. die Beziehung zwischen Saugkraft und Wachstum, die in der Wurzelspitze und bei geotropischen Kriimmungen deutlich zum Ausdruck gelangt. Unter den etwas genauer verfolgten Arten sei Geranium Rob e r t ian u m herausgegriffen, als Beispiel fiir niedrige Saugkraftwerte, selbst bei starl{er Trockenheit. In der folgenden Tabelle ist fiir jede Messung von G e r an i u m die zugehOrige, d. h. gleichzeitige
+
1) C. SchrOter, Das Pflanzenleben der Alpen.
2. Auf!., S. 126.
598
r
A. Ursprung,
\ Saugkraft der Krone Gerani um VergieichsRobertianum Bellis
Datum 2. X. 17.X. 12. VI. 25. VI. 25. VI. 12. VII. 2. X. 13. VII. 12. VII. 1. X.
1923,14 h unter Pin us, Kroneu. Boden feucht schattiger Waid 1923, 9 h 1923, 16h " " 1923,14 h " " Zementblock 1923,14 h schattiger Waid 1923, 9h Mauer, schwacher Regen 1923,14 h Mauer 1923, 14h 1923, 9h " 1923, 2h
"
2,5 Atm. 4,0 4,5 " 5,5 5,5 " 6,0 " 6,0 "., 7,0 8,0 " 9,0 "
"
9,9 Atm. 6,0 10,0 " 9,6 " 9,6 " 16,5 " 9,9 " 23,5 " 16,5 11,1 " "
Saugkraft der Vergleichsbellis im Garten angegeben. Wahrend G eranium zwischen 2,5 und 9,0 Atm. schwankt, bewegt sich Bellis zwischen 6,0 und 23,5 Atm. Dem Bellismaximum von 23,5 Atm. vom 13. J uli entspricht ein G era n i u m wert von nur 7,0 Atm., obschon die Wasserversorgung des G era n i u m aus der Mauerritze, soweit sich das ohne ZerstOrung der Mauer beurteilen lieB, bedeutend schwieriger war, als die von Bellis aus dem Gartenbeet, und obschoh G era n i u m an der Siid-Mauer einen weit exponierteren Standort hatte. Bei dem auf einem Zementblock in sehr wenig Erde wachsenden Exemplar, konnte das Nichteindringen der Wurzel in den Boden mit Sicherheit festgestellt werden. Wahrend G era n i u m an der Siidmauer das Maximum von 9 Atm. aufwies, zeigte die Krone von S te II ari a aq ua tica am Wegrand 17,0 Atm., die Krone von Lin a ri a C y mba I a ria an einer Ost-Mauer 16,0 Atm., die Krone von Convolvulus sepium an einer Slid-Mauer 14,5 Atm. und von Saponaria officinalis, die neben Geranium wuchs, aber im Boden wurzelte - und offenbar leichter Wasser aufnehmen konnte - 12,5 Atm. Wahrend Geranium im Waldesschatten 4,5 Atm. aufwies, betrug die Saugkraft in der Krone eines benachbarten Ph y t e u mas pic a tum gleichzeitig liber 8 Atm. Dasselbe ResuItat ergibt sich beim Vergleich eines alpin en G. Robertianum mit anderen Pflanzen desselben Standortes. Dies zeigt die nachstehende Tabelle, aus welcher ferner hervorgeht, daB G. s i I vat i cum ein ahnliches Verhalten zu besitzen scheint wie 31. VII. 1923, 17h 31. VII. 1923, 17 h 31. VII. 1923, 12h 31. VII. 1923, llh 31. VII. 1923, h 31. VII. 1923, 98h
GerOll
"
l
" " " "
Geranium Robertianum Geranium silvaticum Campanuia rotundifolia Biscutella Ievigata Linaria alpina Erinus alpinus
7,5 Atm. 6,5 17,0 " 14,5 " 13,5 " 13,5 "
"
l
599
Einige Hesultate der neuesten Saugkraftstudien.
Rob e r t ian u m, was zum Studium weiterer Vertreter dieser Gattung anregt. 1m Gegensatz zu diesen Geranien mit relativ tiefen Saugkraften seien im folgenden noch einige Arten mit relativ hohen angefiihl't. 113. VIII. U3. VIII. {30. VII. \30. VII. { 3. VIII. \ 3. VIII. f 4. VIII. \ 4. VlIl. f 9. VIII. \ 9. VIII.
1923, 1923, 1923, 1923, 1923, 1923, Hl23, 1923, 1923, 1923,
llh Alpenwiese llh " GerMI lOh 10 h " 8 h Humusband 12h " lOh Felsspalte lIh " GertHl lOh ,. 6h
Doronicum grandiflorum Bellis perennis Helianthemum nummul. Gentiana lutea Dianthus Carthusianorum Erigeron alpinus Amelanchier ovalis Sedum album Melampyrum silvaticum Vaccinium Myrtillus
Krone ".,
" Blatt ., ,. ",.
24,5 Atm"} 12,0 ., 17,0 ,. \ f 8,5 44,5 " " 21,5 44,5 " \ 8,0 ",. f 44,5 ,. \ 18,0 ,. I
}
" J eder diesel' Arten ist eine andere, moglichst gleichzeitig gemessene mit niedrigerer Saugkl'aft beigefiigt. Die Differenzen sind, wie man sieht, schon bei den Bliiten, und noch mehl' bei den Laubblattern ganz bedeutende. Wahl'end die Saugkraft bei Am e I a n chi e r auf 44,5 Atm angestiegen ist, betragt sie bei Sed um nur 8 Atm. Schein en also die Saugkraftstudien wertvolle Aufschliisse zu versprechen, so wird man doch anderel'seits ihl'e Leistungsfahigkeit nicht iiberschiitzen diirfen. Es ist ja klar, daB die Saugkraft nur ein Glied einer Kette ist, in welcher morphologische, anatomische und andere physiologische Eigenschaften ineinander greifen.