Talanfa, Vol. 31, No. 1, pp. 69-72, 1984 Printed in Great Britain
0039-9140/84$3.00+ 0.00 Pergamon Press Ltd
ELEKTROCHEMISCHE UNTERSUCHUNG VON BIS(DIPHENYLDITHIOPHOSPHIN) DISULFID ANGEL SCHISCHKOV, SIIIVKO DENTSCHEVund CHRISTINA MALAKOVA Lehrstuhl fiir analytische Chemie an der Paissij Chilendarski-Universitlt-Plovdiv, VRB-4000 Plovdiv, Bulgarien (Eingegangen am 11. Februar 1983. Angenommenam 16. Juni 1983) Zusammenfasaung-Die elektrochemischen Untersuchungen von bis(Diphenyldithiophosphin) Disulfid (R&SF), und Diphenylquecksilberdithiophosphinat [(RS),Hg], erfolgten in kthanol-Lithiumperchlorat und Athanol-Schwefelsiiure Medium durch die Methoden der klassischen Polarographie, und Elektrolyse bei kontrollierbarem Potential und eine rotierende Scheibenelektrode. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dal3 RSSR nicht direkt auf einer Quecksilbertropfelektrode reduziert, sondem erst adsorbiert wird. AnschlieDend unterliegt es einer schnellen chemischen Reaktion unter Bildung von elektroaktivem (RS),Hg. Die Elektrolyse bei kontrollierbarem Potential bestiitigt, daB (RS),Hg eine Zwei-
elektronenreduktion eingeht, bei der als Hauptprodukt Diphenyldithiophosphinsaure (RSH) gebildet wird, wHhrend die Oxydation von RSH zur Erhaltung von (RS),Hg fiihrt. Obwohl das chemische und
das Adsorptionsgleichgewicht bei der Reduktion von RSSR und (RS),Hg sehr kompliziert ist, ist die coulometrische Generierung von RSH nicht schwer und erlaubt den Einsatz von RSSR als coulometrisches Reagens.
Die Wechselwirkung der Dithiophosphinsiiuren mit den Ionen einer grol3en Anzahl von Metallen ist eingehend untersucht.’ Als analytische Reagenzien haben sie zur Extraktionstrennung der Elemente vorwiegend mit spektrophotometrischer Registrierung Anwendung gefunden.*,’ Ein Teil der Dithiophosphinatkomplexe absorbieren kein Licht im sichtbaren Spektralbereich, was ihren extraktionsphotometrischen Nachweis betrgchtlich erschwert. In dieser Hinsicht erweisen sich die unterschiedlichen elektrochemischen Methoden, insbesondere Polarographie und Coulometrie, die ziemlich hliufig bei der Untersuchung der verschiedenen Klassen organischer schwefelhaltiger Reagenzien zum Einsatz kommen,4*5 als sehr wertvoll. Mit Hilfe der klassischen Polarographie, der Elektrolyse bei kontrollierbarem Potential und einer rotierenden Scheibenplatinelektrode wurde das Verhalten von RSSR hinsichtlich dessen Anwendung als coulometrisches Reagens untersucht. EXPERIMENTELLER TEIL Geriite Polarographen OH-103 und OH-105 (Radelkis, Ungam), Potentiostat P-5848 (UdSSR), rotierende Scheibenplatinelektrode,6 und Spektrophotometer Specord UV-VIS (DDR). Die Charakteristik der Kapillare in &hanol-O,2M Lithiumperchlorat war m = 3,51 mg/sec; t = 1,95 sec. Alle elektrochemischen Untersuchungen erfolgten bei 20 k 1”. Sauerstoff wurde mittels Durchleitung reines Argons aus der Lijsung entfemt. Als Vergleichselektrode diente eine geslttigte Kalomelelektrode. Reagenzien Ethanol, p.a., SchwefelsLure, pa., Lithiumperchlorat, ~.a., (Merck), und destilliertes Wasser. Es wurden Lijsungen 69
von genau bestimmten Mengen an 1 x lO_lM RSSR’ und 0,4 x 10m3M (RS),Hg verwendet. ERGEBNISSE UND DISKUSSION Elektrochemische LiCIOd Medium
Untersuchungen in k’thanol-0,2M
Polarographie von RSSR und (RS), Hg auf Quecksilbertropfelektrode. Auf dem Polarogramm sind zwei Reduktionswellen zu sehen (Abb. 1): Eljz der ersten
Welle liegt bei -0,45 V, Eli2 der zweiten dagegen bei -0,8 V. Die DiffusionsstrBme beider Wellen verlndern sich linear mit Zunahme der RSSRKonzentration. Die Reduktion des Disulfids erfolgt nach der Gleichung RSSR + 2e- + 2H++2RSH
(1)
Die Gleichung der polarographischen Welle . . Ede = E’ + 0,029 log y (2) ( > zeigt da13 E eine lineare Funktion von log (id - i)/i* mit einer Steigung von 0,029 V ist. Dies bestgtigten such die experimentellen Ergebnisse fiir Konzentrationen von 1 x 10-j bis 1 x 10m4M RSSR, nach denen die oben erwiihnte AbhPngigkeit als eine Gerade mit einer Neigung von 0,03@0,033 V erscheint. TrSigt man id gegen Hi auf, erhllt man eine durch den Ursprung laufende Gerade (H = Hijhe des Quecksilberniveaus). Diese Angaben weisen darauf hin, daD der elektrochemische Prozel3 durch die Diffusion begrenzt wird. Erhijht sich die Konzentration urn das Zehnfache, so verschiebt sich E,,, der ersten Welle nach den
ANGELSc~~sc~~ov et al.
IO
I
I
r/r
I
I
I
I
I
o,l 0,2 43 44 0.5 0.6 O.?0.6 0.9 1.0 E(V)
Abb. 1. Klassisches Polarogramm von 1 x 10e4MRSSR in Athanol-O,ZM LiCIO,
negativeren Potentialen unter Nichtbeachtung der linearen Abhlngigkeit & = E - 0,029 log &/2. Die in Athanol in Abwesenheit und dann in Gegenwart von RSSR aufgenommenen elektrokapillaren Kurdie auf einen ven zeigen eine Depression, AdsorptionsprozeB zuriickzufiihren ist (Abb. 2). Diese Angaben sprechen lIir einen komplizierten ProzeD bei der Red&ion von RSSR und Gleichung (1) gibt lediglich unvollstandig die Natur der elektrochemischen Wechselwirkungen wieder. Die fur 1 x 10e4M RSSR und 1 x 10e4M (RS)*Hg erhaltenen Polarogramme weisen identische Wellen auf, wobei E,,* von (RSXHg urn etwa 0,OS V nach den positiveren Potentialen als E,,2 von RSSR verschoben wird. (RShHg geht folgende elektrochemische Reaktion ein: (RS&Hg + 2e- + 2H+-+2RSH
+ Hg
Die Gleichung der polarographischen Welle ist mit Gleichung (2) identisch. Ein Gem&h von RSSR und (RS)*Hg ergab eine verzerrte Zwischenwelle, wobei die lineare Abhangigkeit des Potentials Ede von log(i, - i)/i* im Unterschied zu RSSR nicht befolgt wird, was auf einen Komplizierten ProzeB hindeutet. Polarographie von RSSR und (RS),Hg auf rotierena’er Scheibenplatinelektrode. Wird RSSR auf einer Quecksilbertropfelektrode direkt reduziert, ohne einer chemischen Reaktion zu unterliegen, so sollte es einer ebenfalls auf rotierenden Scheibenplatinelektrode mit annlihemd gleichen Potentialen reduziert werden. Die Polarogramme beider Verbindungen wurden auf einer zweimal mit heiber,
2.01
I I I I 0.2 0.4 0.6 06
I 1 I I.0 1.2 I.4
E(V)
Abb. 2. Elektrokapillarkurve von 1 x lo-)M RSSR in khanol42M
LiClO,; 1. in Abwesenheit Gegenwart von RSSR.
von RSSR: 2. in
konzentrierter Salpeterslure behandelten und nacheinander mit destilliertem Wasser und Athanol gewaschenen Platinelektrode erhalten. Die untere Grenze bei einer Kathodenpolarisation in b;thanol-O,2M Lithiumperchlorat liegt bei - 1,05 V gegen die geslttigte Kalomelelektrode. Fur RSSRLiisungen wurde in den Grenzen 0,0%1,05 V kein Kathodenpolarogramm erhalten. Fiir (RS)*HgLiisungen erschien eine Einzelwelle mit E,,* bei - 0,45 V. Bei einer zweiten Elektrolysierung der schon einma1 benutzten RSSR-Liisung ohne Entfernung des Quecksilberhlms auf der Platinelektrode wurde eine Kathodenwelle mit E,,* ihnlich wie fur (RS),Hg erhalten. Wird die Elektrode nach dem HgDithiophosphinatpolarogramm mit he&r, konzentrierter Salpetersiiure, dest. Wasser und Athanol gereinigt, so ergibt RSSR keine Kathodenwelle. Die Ergebnisse zeigen, daB RSSR vor der Elektroreduktion eine chemische Reaktion mit Quecksilber eingehen mul3. Auf reiner rotierender Scheibenplatinelektrode wird praktisch keine Kathodenwelle von RSSR beobachtet. Die lineare Abhiingigkeit des Stroms i,, von Hf und der RSSR-Konzentration beweist, da13 diese Reaktion mit groBer Geschwindigkeit verlauft. Elektrolyse von RSSR bei kontrollierbarem Potential. Zur Untersuchung der Elektrolyse bei kontrollierbarem Potential wurden Liisungen von 1 x lo-‘M RSSR in Athanol-O,2M Lithiumperchlorat eingesetzt. Das Volumen der elektrolysierten Losung betrug 50 ml und das des Quecksilbers 20 ml. Das Potential wurde bei - 1,00 V, der Hauptwelle von RSSR auf der Tropfelektrode, konstant eingehalten. Urn den Strom bei der Elektrolyse zu kontrollieren, wurde eine keinen elektroaktiven Stoff enthaltende Lijsung untersucht. Dabei war kein StromfluB zu beobachten. Nach Zugabe der RSSR-Losung bei offener Kette 1ieD sich auf der Quecksilberkathode ein weiDlicher Niederschlag erkennen. Sein UV-Spektrum zeigt ein Absorptionsmaximum &, = 260 nm und unterscheidet sich dadurch von RSSR mit A,,,,,= 220 nm. Die Analyse der erhaltenen IR-Spektren weist auf die Anwesenheit von (RS)*Hg mit Schmp. = 274 + 1” hin. Die mit dem praparativ gewonnenen (RS)*Hg verglichenen Angaben stimmen vijllig iiberein. Urn die Elektrolyseprodukte qualitativ zu bestimmen, wurden nach einer 0,2%igen Abnahme der Stromstlrke 20 ml der elektrolysierten Liisung entnommen und portionsweise zu je 10 ml zu Ni*+ und Co*+ Ionen enthaltenden Losungen getropft. Die erhaltenen Sedimente wurden mit Dichlorathan innerhalb von drei Minuten extrahiert. Gleich darauf wurden ihre Absorptionsspektren aufgenommen (Abb. 3). Sie zeigen eine viillige Ubereinstimmung mit den von Larionov u.a. erzielten Ergebnissen.* Die Zahl der am ReduktionsprozeD beteiligten Elektronen wurde fur zwei Bestimmungen ermittelt n = 2,02 k 0,06.9
71
Bis(Diphenylclithiophosphin) Disulfid Das Erhalten von (RS)2Hg ist ein Beweis dafiir, daB RSSR nicht direkt auf der Quecksilbertropfelektrode reduziert wird, sondern erst in eine zur Bildung von (RS),Hg fiihrende chemische Reaktion tritt, das als die elektroaktive Komponente erscheint. Zusammenfassend lagt sich folgern, daD RSH das Endprodukt der Elektrolyse ist. Die wahrscheinlichen Beziehungen von RSSR auf der Quecksilbertropfelektrode sind nach dem folgenden Schema wiederzugeben: RSSR + Hg-+Hg[RSSR],,, EIV)
Hg[RSSR],d, - 2c --+](RS)2Hg],, [(RS),Hg],,, + 2e- + 2H++2RSH
+ Hg
Die wahrscheinlichen Beziehungen von (RS), Hg auf der Quecksilbertropfelektrode sind schematisch folgenderweise zu veranschaulichen: (RS), HgtiS + 2e - + 2H ++ZRSH,,,
Abb. 4. Klassische Polarogramme von RSSR in 1. 0,5 x lo-4M; Medium. Athanol-l M &SO, 2. 1 X lo-4M; 3. 1,s x lo-4M; 4. 0,3 x 10-3M.
+ Hg
2RSHL6, + Hg=[(RS), Hg],, + 2e - + 2H +
4
[(RS), Hglad, + 2e- + 2H + -*2RSH + Hg Elektrochemische Schwefelsiiure
Untersuchungen
in rh’thanol-1M
0.2
fur unKurven polarographischen Die terschiedliche Konzentrationen sind auf Abb. 4 zu sehen. Wenn man die polarographischen Wellen bedingt in einzelne Potentialzonen einteilt, so erkennt man bei niedrigeren Konzentrationen nur einen storenden ProzeD, bei hijheren Konzentrationen dagegen drei solcher Prozesse. Zur Ermittling ihrer Natur wurden Elektrokapillarkurven in Ethanol-1M Schwefeldure Medium aufgenommen (Abb. 5). Die hier ebenfalls zu beobachtende Depression deutet auf das Vorhandensein eines sich auf dem Quecksilbertropfen adsorbierenden Stoffes hin. Bei hiiheren RSSRKonzentrationen nimmt die Adsorption zu und die verzogerte Stromzunahme lal3t auf die Bildung eines, die elektrochemische Reaktion hemmenden, unliisbaren Films von Molekiilen des Depolarisators auf der Quecksilberoberfllche schlieBen.
(a)
(b)
nm
“m
600
700600
600
700600
07 096 OS5
24 22
20
2.00s
I6
x 1000
0.4
0.6
0.8
I.0
1.2
I.4
1.6
E(V)
Abb. 5. Elektrokapillarkurven von 1 x lo-)M RSSR in Athanol-1M H,SO, Medium; 1. in Abwesenheit von RSSR; 2. in Gegenwart von RSSR.
Die schnelle Stromzunahme bei den nagativeren Potentialen 1aDt sich wahrscheinlich auf die Reduktion dieses Films zuriickfiihren, indem RSSR schnell mit Hg reagiert unter Bildung eines unlijsbaren Films aus (RS)2Hg, der jedoch bei Kathodenpotentialen, negativer als 0,12 V, reduziert wird. Es ergibt sich fur die erste Welle eine nichtlineare Abhlngigkeit der Stufenhohe von der Konzentration, die auf einen AdsorptionsprozeB hinweist. Der Strom dieser Welle ist ziemlich unabhlngig von fi, was einen kinetischen ProzeI3 voraussetzt. Die auf dem Plateau der po!arographischen Kurven gemessenen Striime sind Hi proportional und befinden sich in linearer Abhangigkeit von der RSSR-Konzentration, welches fur eine Einschrlnkung des elektrochemischen Prozesses durch die Diffusion spricht. Die qualitative Analyse der Produkte der Elektrolyse bei kontrollierbarem Potential zeigt ebenfalls, dag RSH ein Endprodukt ist. Wenn man von dem Verlauf komplizierter chemischer und elektrochemischer Prozesse absieht, so lassen die experimentellen Ergebnisse erkennen, daB such die coulometrische Generierung von RSH in Ethanol-1M Schwefelsaure Medium leicht erfolgt.
16 14
LITERATUR
cm-’
Abb. 3. Absorptionsspektren in Dichlorlthan, b = 1 cm, 1.
von (a) 1. (RS),Ni; 2. Ni’+ + RSSR nach Elektrolyse; (b) (RS),Co; 2. Co2+ + RSSR nach Elektrolyse.
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ANGELSCH~~CHKOV et al.
72
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Summary-The electrochemical behaviour of bis(diphenyldithiophosphine)disulphide (RSSR) and mercuric diphenyldithiophosphinate [(RS),Hg] in ethanol-lithium perchlorate and ethanol-sulphuric acid media was studied by the methods of classical polarography, and electrolysis at controlled-potential and at a rotating disc platinum electrode. The data obtained show that RSSR is not reduced directly on the dropping mercury electrode but is adsorbed. It then undergoes a rapid chemical reaction causing the formation of (RS),Hg, which is electroactive. The electrolysis at controlled potential proves that (RS),Hg undergoes a two-electron reduction, giving diphenyldithiophosphinic acid (RSH) as a main product, whereas the oxidation of RSH leads to the production of (RS),Hg. Regardless of the fact that the chemical and adsorption equilibria during reduction of RSSR and (RS),Hg are complex, the coulometric generation of RSH is not difficult to achieve, and permits the use of RSSR as a coulometric reagent.