Botanisches Institut der Universitat Heidelberg
Manifestation der Cytokinin abhangigen Morphogenese bei der Induktion von Moosknospen Manifestation of the Cytokinin depend Morphogenesis during the Induction of Buds in Moss Protonema MARTIN Bapp und JURGEN FELL S Abbildungen Eingegangen am 27. Februar 1976 . Angenommen am 16. Marz 1976
Summary Normal growing proton em a filaments of the moss Physcomitrella patens incorporate applicated He-glucose mainly into cell wall material with a homogenous distribution along the cells. This pattern of labelling changes drastically during bud formation induced by 10-5 m kinetin. 14 hours of treatment with cytokinin cause a concentration of labelled material at the most apical tip of the side branches, accompanied by a swelling of these cells forming the young bud. This change precedes the first cell division responsible for the three fac ed apical cell. Key words: mosses, bud formation, cytokinins, morphogenesis, growth pattern.
Einleitung Der Obergang des Protonemawachstums zum Knospenwachstum erfolgt bei Laubmoosprotonemen stets an definierten Stellen (Bapp, 1961). Die Knospenbildung kann durch Cytokinin spezifisch ausgelOst werden. Es ist damit ein Prozeg bekannt, bei dem ein Phytohormon an einer einzigen Zelle eine eindeutige morphogenetische Anderung bedingt. Man beginnt gerade die Anfangsschritte der Cytokininwirkung in diesem Prozeg zu erfassen (Bapp, 1974, 1976; GARDNER et ai., 1975), die auf der Anwesenheit spezifischer Cytokinin-bindender Proteine in den bei vielen Moosen allein zur Knospenbildung befihigten Caulonemazellen beruht. Zwischen diesem Schritt und der eigentlichen Morphogenese selbst klafft aber noch eine weite Lucke. Die vorliegende Untersuchung versucht deshalb, erste Veranderungen bei der Morphogenese der Knospenbildung aufzufinden und damit die Verbindung zu der hormonabhangigen Induktion herzustellen.
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Material und Methoden Die Versuche wurden mit Physcomitrella patens (ENGEL, 1968; STUMM et aI., 1975) durchgefiihrt. Die Anzucht erfolgte in Petrischalen auf Benecke-Agar (0,2 g NH 4 NO a ; 0,1 g CaC1 2 + 6 H 20; 0,1 g MgS04 + 7 H 20; 0,1 g KH 2 P0 4 ; 0,001 g FeC1 3 ; 20 g Agar pro 11 Aqua dest.). Nach dem Autoklavieren wurde die Nahrlosung mit NaOH auf pH 6,8 eingestellt. Der Agar war mit einem diinnen Cellophanblattchen bedeckt, urn die Moose leicht entfernen bzw. iibertragen zu konnen. Kinetin wurde dem Benecke-Agar vor dem Autoklavieren in der gewiinschten Endkonzentration von 10-5 Mol. zugegeben, urn optimale Knospenbildung zu erhalten (HAHN und Bopp, 1968). Zur autoradiographischen Untersuchung wurden die Protonemen auf 14C-Glucose kultiviert, wobei die von KNOOP et al. (1969) angegebene Methode Verwendung fand. Agar war dazu in vorgefertigte Schablonen von 4 ml zusammen mit 14C Glucose (5 ft Cilml) gegossen worden, dies diente als Substrat fiir 15 Tage alte Protonemen. Nach der gewiinschten Zeit (im allgemeinen 2 Stunden) wurden die Objekte auf Chromalaungelatine iiberzogene Objekttrager iibertragen und 1 Minute in Alkohol: Eisessig : Formol 4 0 /0 (6 : 1 : 3) fixiert und iiber Zwischenstufen in Aqua dest. iiberfiihrt. Nach Auftragen einer Photoemlusion auf die fixierten Protonemen erfolgte ein Exposition der Praparate fiir 14 Tage im Kiihlschrank. Zur Aufnahme im Stereoskanmikroskop fiihrte folgende Vorbehandlung zum besten Resultat: 1. Eine Minute fixieren in Alkohol: Eisessig : Formol im Verhaltnis 6: 1 : 3 oder Fixierung mit Glutaraldehyd. Nach srufenloser Alkoholentwasserung und Kritischpunkttrocknung werden die Objekte mit Leitsilber auf handelsiibliche Aluminium-Probenteller aufgeklebt und mit C-Au-C kegelformig bedampft. Es gelingt jedoch nur selten, mit dieser Methode nicht kollabierte Knospen zu erhalten.
Resultate 1. Abbildung 1 zeigt den Beginn einer Knospenanlage von Physcomitrella patens 3 Tage nach Kinetinbehandlung im Stereoskanmikroskop. Man erkennt die keulenformige Anschwellung des noch nicht weiter geteilten Fadens. Der Obergang zum Knospenwachstum beginnt mit einer Anschwellung der Spitzenregion der Zelle. Aus der normal en Entwicklungsabfolge laGt sich erkennen, daG ein Seitenfaden bereits in der Anlage als Knospe determiniert ist. Bei Funaria (Bopp, 1976) kann sich im Gegensatz dazu ein bereits angelegter noch sehr kurzer Faden auf Kinetinbehandlung hin in eine Knospe umwandeln. Einzelheiten dieser Entwicklung zur Knospe sollen durch Pulsmarkierung der Zellwande erfaGt werden. Zu verschiedenen Zeiten
Abb. 1: Stereoscanaufnahme eines Protonemas mit keulenfOrmig angeschwollenem Seitenast (junge Knospe) von Physcomitrella patens. Abb. 2: Protonema ohne Knospen, norma Ie Seitenfaden. ~ Einbau von 14C-Glucose gleichmaBig in den jungen wachsenden Zellen. Die Markierung erfolgte jeweils fiir 2 Stunden mit 14C-Glucose. Abb. 3: Wie Abb. 2. Die Spitzenzelle setzt sich mit der neuen Zellwand scharf von der folgenden Zelle ab, ebenso bei den Seitenfaden. Abb. 4: Innerhalb des Fadens lassen sich zuriickliegende Zellen nicht durch unterschiedliche Markierung abgrenzen. Z. PJlanzenphysiol. Bd. 79. S. 81-87. 1976.
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nach Beginn der Kinetinbehandlung wurde dazu 14C-Glucose appliziert. Zum Vergleich werden nicht Kinetin behandelte Caulonemen mit normalen Seitenfaden herangezogen. Ihre Verzweigung ist ahnlich regelmaBig wie bei Funaria mit dem Unterschied, daB Seitenfaden haufig paarweise auftreten. Abbildung 2, 3 und 4 stellen die Abfolge der Zellwandmarkierung wahrend der Seitenfadenentwicklung dar. Bei einer Markierungszeit von 2 Stunden sind auch alle Zellwande in zurlickliegenden Zellen durch gleichmaBige Verdickung ziemlich einheitlich markiert. Stark ere Glucoseeinlagerungen findet man immer in den wachsenden Spitzenzellen, sowie in den sich bildenden Seitenfaden. DaB es sich dabei in erster Linie urn Zellwandmarkierung handelt, geht aus folgendem hervor: 1. Neugebildete Querwande in Spitzen und Seitenfaden sind besonders stark markiert (Abb. 3), zurlickliegende Querwande werden dagegen liberhaupt nicht mehr markiert, 2. obwohl das Plasma in den Zellen polar verteilt ist, ist der Einbau der Glucose auch in alteren Zellen sehr gleichmaBig. Eine Untergliederung des markierten Fadens in einzelne Zellen kann deshalb nicht erkannt werden, wie dies z. B. bei Cytokinineinbau (vgl. Bopp. 1974) oder Thymidinmarkierung (KNOOP et al., 1969) ohne weiteres moglich ist. Die in den Chloroplasten vorhandene Starke wird eben falls nicht markiert, wahrend bei relativ kurzfristiger Leucinmarkierung (KNOOP, 1976) oder bei Thymidinmarkierung (KNOOP et al., 1969) Chloroplasten stets als klar markierte Bezirke hervortreten. 2. Die Verteilung der Silberkorner andert sich charakteristisch nach Behandlung des Protonemas mit Kinetin, was zur Induktion von Knospen flihrt. Die sichtbare Morphogenese beginnt immer mit einem Anschwellen der Zellen und einer gleichzeitigen Verringerung des Uingenwachstums (NEBEL und NAYLOR, 1968). Markierungsmuster, wie sie in unbehandelten Kontrollprotonemen nie zu finden sind, treten auf; die Markierung beschrankt sich auf einen schmal en Bereich in der Spitzenregion der Zelle bereits beY~r die ersten Zellteilungen, die zur dreischneidigen Scheitelzelle flihren, einsetzen (Abb. 5, 6, 7 und 8). In vielen Fallen (Abb. 6) ist eine deutlich keilformige Markierung zu erkennen. Die Zellwandbildung ist demnach im wesentlichen auf diesen Abschnitt der Zelle beschrankt. Der Unterschied zu normal sich entwickelnden Seitenfaden ist schon sichtbar, wenn 14 Stunden nach
A bb. 5: Einbau von 14e-Glucose fiir 2 Stunden, beginnend 14 Stunden nach der Applikation von 10-5 M Kinetin. ~ Junge Knospe, am verbreiteten Durchmesser deutlich zu erkennen mit auf die Apikalzone begrenzter Markierung, =~ normale Seitenfaden. Abb. 6 : Wie Abb. 5. Markierungsbeginn 16 stunden nach Kinetinapplikation. Abb. 7: Wie Abb. 5. Markierungsbeginn 18 stunden nach Kinetinapplikation. Die Knospen sind starker angeschwollen, der markierte Bereich etwas vergroBert. Abb. 8: Wie Abb. 5. Markierungsbeginn 20 Stun den nach Kinetinapplikation. 4 Knospen paarweise, die jiingeren (apikalen) mit geringerer Markierung. Z. Pflanzenphysiol. Bd. 79. S. 81-87. 1976.
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Beginn der Kinetinbehandlung 2 Stunden 14C-Glucose appliziert wird. Entsprechende Bilder erhalt man, wenn die Markierung 16, 18 oder 20 Stun den nach Kinetinapplikation beginnt, wobei die markierte Zone sich vergri:igert.
Diskussion Nach dies en Markierungsversuchen beginnen die morphologischen Knderungen der Knospenbildung damit, dag eine verstarkte Einlagerung von Zellwandmaterial nur noch in der Apikalregion der Zelle erfolgt, schon bevor es zur Abgrenzung einer Scheitelzelle kommt. Man sieht eine scharf begrenzte Region mit stark radioaktiver Markierung, wahrend die iibrigen Teile der Zelle nur noch ganz geringen Glucoseeinbau zeigen. Das Anschwellen zu einer keulenfOrmigen Zelle (Bopp und DIEKMANN, 1967, NEBEL und NAYLOR, 1968) beginnt also mit einem lokalen Zellwandwachstum im Bereich des Zellscheitels, wahrend die iibrigen Zellwande nur noch ganz geringfiigig verstarkt werden und deshalb z. B. bei der Praparation fiir die Stereoskanmikroskopie leicht kollabieren. Bei den sich schnell streckenden Protonemaseitenfaden erfolgt dagegen ein starker Einbau von Glucose auf die ganze Zellange. Entsprechend dieser Beobachtung fanden SETLER und dE MAGGIO (1972) eine unregelmagige Verteilung von Mikrotubuli auch in dem basalen Teil der zweidimensional wachsenden Zelle von Farnprothalien aber eine streng parallele Anordnung in den riickwartigen Abschnitten der im Rodicht wachsenden eindimensionalen Faden, die einem Protonemafaden entsprechen. Die von uns gefundene Wachstumsanderung stimmt auch iiberein mit dem durch Auf trag en von kleinen Harzpartikeln festgestellten Wachstumsverlauf beim Obergang vom ein- zum zweidimensionalen Wachstum der Farnprothallien (DAVIS et aI., 1974), wahrend das von STOCKWELL und MILLER (1974) gefundene ausgepragte Flankenwachstum, das auch in riickwartigen Zellen zu einer Zellverbreiterung fiihrt, wahrscheinlich als Colchicineffekt angesehen werden muK Man kann aber daraus schliegen, dag die geordnete Anordnung der Mikrotubuli diese seidiche Zellausdehnung verhindert, obwohl dort Zellwandmaterial eingelagert wird. Die angefiihrten Untersuchungen und unsere eigenen lassen den Obergang zum zweidimensionalen Wachs tum als eine Umschaltung der Anlagerung von Wandmaterial auf einen schmalen Bereich im apikalen Teil der Zelle erkennen. Dieses Material wird durch weitere Einlagerung nach augen gedrangt und fiihrt damit zur keulenformigen Anschwellung. An diesem Prozeg diirften auger im unmittelbaren Spitzenbereich Mikrotubuli kausal beteiligt sein (SETLER und dE MAGGIO, 1972). Wahrscheinlich bedingt Kinetin, das innerhalb von 8 bis 10 Stunden die ersten Anzeichen der Knospenbildung hervorruft (BRANDES, 1967), also in erster Linie diese Zellwandanderung, die dann je nach den sonstigen Bedingungen Gametophyten, wie es die Regel ist, kallusartige Wucherungen bei Physcomitrella (FELL, 1975) oder auch Sporophyten ergeben (MENON und LAL, 1972, 1974).
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Prof. Dr. MARTIN Bopp, Botanisches Institut der Un ivers it at, Hofmeisterweg 4, D-6900 Heidelberg 1, Bundesrepublik Deutschland.
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