Purinstoffwechsel und Riboflavinbildung bei Mikroorganismen

Purinstoffwechsel und Riboflavinbildung bei Mikroorganismen

Biochem. Physiol. Pflanzen (BPP), Bd. 161, S. 459 -468 (1970) Fachbereiche Biochemie (Biologische Abteilung) und Botanik der Sektion Biowissenschaften...

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Biochem. Physiol. Pflanzen (BPP), Bd. 161, S. 459 -468 (1970) Fachbereiche Biochemie (Biologische Abteilung) und Botanik der Sektion Biowissenschaften der Martin-Luther- Universitat Halle- Wittenberg

PurinstoHwechsel und Riboflavinbildung bei Mikroorganismen 3. Mitteilung. Wachstum und Riboflaviniiberproduktion von Candida guilliermondii (Cast.) Lang. et G.!) Purine Metabolism and Riboflavin Formation in Microorganisms 3. Growth and Riboflavin Overproduction of Candida guilliermondii (Cast.) Lang. et G. Von D. SCHLEE, K. ZUR NIEDEN, W. FRITSCHE und H. REIN BOTHE Mit 7 Abbildungen (Eingegangen am 14. Mai 1970)

Summary Growth and riboflavin production of the flavinogenic yeast, Candida guilliermondii, under the influence of different culture conditions have been investigated. Riboflavin overproduction ("flavinogenesis") is stated only in an iron-deficient medium. The addition of 10 flg FeCla/1 culture medium results in an inhibition of flavinogenesis to about 80 per cent as compared with "iron deficiency". Among the trace elements proved only cobalt was effective. Cobalt antagonizes the effect of iron in repressing flavinogenesis, presumably by competing with the uptake of iron. In iron-deficient media, growth rate is delayed. However, oxygen uptake is significantly higher (as revealed by estimation of the Qo,-value = fll 02/hr/mg dry weight). Flavinogenesis is observed only at urea concentrations over 0,2 mg/ml and with glucose concentrations in the range of 20-60 mg/ml culture solution. By increasing glucose concentrations growth rate is stimulated and flavinogenesis is suppressed. The immediate purine precursor of riboflavin formation is presumably formed by purine synthesis de novo. 6-Mercaptopurine, an inhibitor of purine synthesis de novo, is effective at concentrations of 100 flg/ml in inhibiting flavinogenesis. Resting cells in which nucleic acid breakdown is high have only a low flavinogenic rate.

1. Einleitung Die Hefe Candida guilliermondii hat die Eigenschaft, unter bestimmten Kulturund Entwicklungsbedingungen freies Riboflavin (150 bis 200 pg/ml) zu synthetiieren und in s,____ _ das Nahrmedium auszuscheiden. 1) Herm Professor Dr. Dr. h. c. multo K. MOTHES anlaBlich der 70. Wiederkehr seines Geburtstages gewidmet. 30*

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D. SOHLEE, K. ZUR NIEDEN, W. FRITSOHE und H. REINBOTHE

Fijr diese Dberproduktion ist Mangel an Eisen Voraussetzung (1, 2). Die Flavinogenese 1 ) setzt unter diesen Bedingungen beim Ubergang der Kultur von der exponentiellen zur verzogerten Wachstumsphase ein (2). Auch wahrend der exponentiellen Wachstumsphase synthetisiert die Hefe Riboflavin, da das Vitamin als Coenzym benotigt wird. Offensichtlich ist aber wahrend dieser Zeit die Synthese auf den Bedarf abgestimmt. Erst wahrend der Verzogerungsphase des Wachstums muB ein Defekt in der Stoffwechselregulation wirksam werden, der bei dies em Organismus die Uberproduktion auslOst. Das Einsetzen der Produktbildung bei Verminderung der Wachstumsrate und die Abhangigkeit von bestimmten Nahrlosungskomponenten sind fiir viele Sekundarmetabolite charakteristisch (3,4,5). Die Flavinogenese wird aus Purinverbindungen gespeist, wobei ein Einbau des nach Eliminierung von Kohlenstoffatom 8 verbleibenden Restes der Purinkomponente in den Pteridinanteil des Riboflavinmolekiils ohne strukturelle Veranderung erfolgt. Uber den Angriffspunkt des Eisens im Purin- bzw. Riboflavinstoffwechsel von Candida hat man zur Zeit nur wenig Kenntnisse. In der vorliegenden Arbeit wurden der EinfluB einer Reihe von Milieufaktoren auf die Riboflaviniiberproduktion untersucht und gleichzeitig optimale Bedingungen fiir die Riboflavinbildung durch Candida guilliermondii ermittelt.

2. Material und Methodeu Der verwendete Stamm von Candida guilliermondii (Cast.) Lang. et G. wurde von FRITSOHE (6) isoliert. Die verwendete NahrlOsung, die Entfemung von Eisen, das Kulturverfahren, die Trockensubstanz- und Riboflavinbestimmung sind ausfiihrlich bei SOHLEE et al. (2, 7) beschrieben. Der Proteingehalt wurde nach LOWRY et al. (8), der RNS-Gehalt nach Angaben von WOLLGIEHN und P ARTHIER (9) und Glucose mit der Anthronmethode (10) bestimmt. Die eingesetzten Kohlenstoff- und Stickstoffquellen wurden, sofem es bei den einzelnen Versuchen nicht anders vermerkt ist, vor dem Sterilisieren der NahrlOsung zugefiigt. Zur Beimpfung wurden Zellen einer 24 Std. alten Kultur verwendet. Bei den durch "eisenfreie Vorkultur" gekennzeichneten Versuchen wurde die Impfsuspension aus einer eisenfreien Fliissigkeitsvorkultur hergestellt. In den anderen Fallen wurden die Zellen von Schragagarrohrchen mit eisenfreier NahrlOsung abgespiilt. Der Eisengehalt der Nahrlosung wurde mit dem Biochemica-Testbesteck TC-FE, Ammoniak mit dem Biochemica-Testbesteck TC- UR der Fa. Boehringer und S6hne (Mannheim) bestimmt. 1) Die Ausdriicke "Flavinogenese" und "Riboflaviniiberproduktion" werden hier synonym gebraucht.

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3. Experimente nnd Ergebnisse

Der EinfluB von Eisen In einer friiheren Arbeit (2) hatten wir berichtet, daB bei einer Eisenkonzentration von 4 mg FeCls/l Nahrlosung keine Riboflaviniiberproduktion eintritt, wahrend bei einer weitgehenden Entfemung des Schwermetalls durch 8-Hydroxychinolin die Flavinogenese am Ende der exponentiellen Wachstumsphase einsetzt. Wir untersuchten den EinfluB verschiedener Eisenkonzentrationen und stellten fest, daB bereits 10 p,g FeCls/l die Flavinogenese zu etwa 80 % und 50 p,g FeCls/l zu 90% hemmen (Abb. 1). Dieser Eiseneffekt wird durch CaCOs (5 %) oder Athylendiamintetraessigsaure (EDTA) (10-SM) nicht aufgehoben. Das Wachstum wird, wie aus Abb. 1 hervorgeht, in viel geringerem MaBe durch den Eisengehalt der Nahrlosung beeinfluBt. Es ist in einem Eisenmangelmedium nur schwach verringert. In der Bilanz wird der Verbrauch an Glucose durch die Eisenkonzentration nicht beeinfluBt (Abb. 2). Die erste Phase der Kultivierung ist durch eine rasche Abnahme und Oxydation der Glucose charakterisiert. Das starke Absinken des pH-Wertes von pH 6,8 auf nahezu pH 2,0 kann durch Ausscheidung von organischen Sauren, insbesondere Brenztraubensaure, verursacht sein. Am Ende dieser Phase setzt unter Eisenmangel eine fiberproduktion von Riboflavin ein. 1m folgenden Abschnitt ist das Wachstum abgeschlossen, Glucose ist kaum mehr nachweis bar und der Gehalt an Pyruvat im Nahrmedium nimmt wieder abo Gleichzeitig steigt der pH-Wert an (Abb. 2) .

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Abb.1. EinfluB der Eisenkonzentration im Nahrmedium (10-400 {tg FeCia/l) auf Zellsubstanzsynthese und Riboflavinausscheidung durch C. guilliermondii nach 72 Std. Kulturdauer.

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D. SCHLEE, K. Glucose TG

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NJEDEN, W. FRITSCHE und H. REINBOTHE

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Abb.2. Wachstum, Glucoseverwertung und Riboflavinbildung von C. guilliermondii und Anderung des pH - Wertes in einer Eisenmangelkultur in Abhangigkeit von der Versuchsdauer. • - - . Trockeugewicht; /::,. ---- /::,. pH; X ---- X Riboflavin; 0-'-'-0 Glucosegehalt des Nahrmediums.

Eine Messung der Saucrstoffaufl1ahme durch Bestimmung des Q02 (fJ,l 02/Std./mg Trockensubstanz) liefert signifikant hohere Werte fur Eisenmangelzellen. J e alter die Kulturen sind, desto deutlicher wird der Unterschied in der Atmung unter den yerschiedenen Anzuchtbedingungen (Tabelle 1). Da offensichtlich unter Eisenmangelbedingungen ein groBerer Anteil der Glueose veratmet wird, laBt sich dic geringerc Zellausbeute erklaren. Bei den in allen weiteren Versuchen als Standardbedil1gung eingefuhrten Eisel1mangelkulturen wurde das Eisen durch Behandlung der NahrlOsung mit 8-Hydroxychinolil1 el1tfernt. Die Eisenkonzel1tration betragt dal1ach 4,6 flg/l Nahrlosung. Die hemmcl1de Wirkung von Eisen auf die Flavinogenese ist urn so ausgepragter je fruher das Schwermetall gegeben wird (Tabelle 2). Nach verschiedenen Zeiten Tabelle 1

Bestimmung des Q0 2 (pJ 02/Std./mg Trockensubstanz) von eisenhaltigen und Eisenmangelkulturen von C. guilliermondii

Alter der KultlH in Stunden

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Purinstoffwechsel und Riboflavinhildung bei Mikroorganismen 'l'abelle 2

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EinfluB von Eisen auf die Riboflaviniiberproduktion von C. guilliermondii. Zugabe von Eisen (400 ftg FeCl 3 /100 ml Nahrliisung) nach verschiedenen Kulturzeiten. Bestimmt wurde der Riboflavingehalt des Nahrmediums nach 72 Std. Fe-Zugabe nach Std.

°3 (+ Fe) 6 12 24 32 72(-Fe)

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1) RF Riboflavin; 'l'G 'l'rockengewicht.

wurdcn an eine "Eisenmangel-Kultur" 400 {lg FeCl3 /100 mlNiihrliisung appliziert, und die Riboflavinausscheidung in das Kulturmedium wurde verfolgt. EinfluB anderer Spurenelemente Bci Variation der Konzentration verschiedener Spurenelcmente (Zn, Mo, Co, B, Mn) zeigt nur Kobalt einen bemerkenswerten Effekt. Wie aus Abb. 3 hcrvorgeht, hebt eine Kobaltzugabe von 20 {lg CO(N03)2/ml Niihrliisung die hemmende Wirkimg von Eisen auf die Flavinogenese teilweise auf, wiihrend das Wachstum etwas vermindcrt ist. Unter Eisenmangelbedingungen steigert Kobalt die Riboflaviniiberproduktion aber nicht. EinfluB der Harnstoffkonzentration In Abb. 4 ist die Becinflussung von Wachs tum und Riboflavinbildung durch verschiedene Harnstoffkonzentrationen dargestellt. Bereits bei Konzentrationen von 0,1-0,2 mg Harnstoff/ml wird cin optimalcs Wachstum erreicht. Eine Riboflaviniiberproduktion dagegen erfolgt erst bei Harnstoff- Konzentrationcn iiber 0,2 mg/ml, die zu keiner Zunahme des Wachstums mehr fiihren. Bei der Hitzcsterilisation (1,5 Std. im Dampftopf) wird Harnstoff zu ctwa 20 % in Ammoniak und CO 2 gcspalten. Dics hat abcr keinen EinfluB auf Wachstum und Riboflavinbildung, wie Versuche zeigen, bei dencn Harnstoff gctrennt von der Niihrliisung mittcls eines Bakterienfilters sterilisiert wurde. Einfluf3 der Glucosekonzcntration Optimale Riboflaviniiberproduktion wird bei einer Ausgangskonzentration von 2-6 % Glucose erreicht (Abb. 5). Eine Glucosekonzentration iiber 6 % steigert die Wachstumsausbeute bei gleichzeitiger Unterdriickung der Flavinogenese. Geringe Glucosekonzentrationen (unter

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D. SCHLEE, K. ZUR NIEDEN, W. FRITSCHE und H. REINBOTHE

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3 4 Abb.3. EinfluB von Kobalt (20,ug Co(NO a)2/ml) auf Zellsubstanzsynthese und Riboflavinausscheidung durch C. guilliermondii bei Eisengegenwart (4 mg FeCla/1 = + Fe) und Eisenmangel ( -Fe). Abb. 4. EinfluB der Harnstoffkonzentration auf Zellsubstanzsynthese und Riboflavinausscheidung durch C. guilliermondii unter Eisenmangelbedingungen nach 48 Std. Kulturdauer.

2 %) sind ftir beide Prozesse ungtinstig. Wahrscheinlich herrscht Mangel an einer Energiequelle. EinfluB von 6-Mercaptopurin Wir vermuten, daB die Beziehung zwischen Wachs tum und Riboflavinbildung in einer Konkurrenz urn Purinverbindungen besteht. Frtihere Untersuchungen (2, 7) ergaben, daB appliziertes Guanin, Xanthin und Urat intensiv in Richtung Allantoin katabolisiert werden, wahrend Adenin und Hypoxanthin in starkerem MaB der Nucleotidsynthese zuflieBen. Die Umwandlung von Hypoxanthin in Xanthin stellt eine Schrittmacherreaktion im Purinabbau von C. guilliermondii dar (7). Zur Klarung der Frage tiber die Herkunft der "flavinogenen" Purine dienten Hemmversuche mit 6-Mercaptopurin und die Analyse ruhender Zellen. 6-Mercaptopurin hemmt einen Schritt in der Purinbiosynthese (11). Nach Zugabe von 100 pg Mercaptopurinjml NahrlOsung werden Wachstum und Riboflavinsynthese signifikant gehemmt. Nach einer Kulturdauer von 65 Std. ist die Riboflavinbildung noch zu ca. 40 % gegentiber der Kontrolle gehemmt, wahrend das Wachstum etwa dem Kontrollwert entspricht (Abb.6). Hier wird die bevorzugte Stellung der RNS-Synthese (Wachstum) gegentiber der Riboflavinbildung deutlich.

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Purinstoffwechsel und Riboflavinbildung bei Mikroorganismen TG

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Abb. 5. EinfluB der Glucosekonzentration auf Zellsubstanzsynthese und Riboflavinausscheidung durch C. guilliermondii unter Eisenmangelbedingungen nach 48 Std. Kulturdauer.

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Abb.6. Hemmung des Wachstums und der Riboflavinsynthese von C. guilliermondii durch 6-Mercaptopurin in einer Eisenmangelnahrlosung. 0--0 Wachstum ohne Inhibitor; . - - . Wachstum mit 100 {lg 6-Mercaptopurin/ml; /:,.----l::,. Riboflavinbildung ohne Inhibitor; .A.----.A. Riboflavinbildung mit 6-Mercaptopurin.

Wird 6-Mercaptopurin nach 16 Std. zu einer Eisenmangelkultur gegeben, die sich zu dies em Zeitpunkt in der stationaren Phase befindet, so bleibt das Wachstum unbeeinflu.Bt, wahrend die Riboflavinbildung unter diesen Bedingungen signifikant gehemmt ist.

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Ruhende Zellen von C. guilliermondii, die einen hohen RNS-Gehalt besa13en (12 % der Trockensubstanz) und die aus einer 12 Std. alten, eisenfrei angezogenen Kultur durch Uberimpfen in Phosphatpuffer erhalten wurden, bauen in den ersten 4 Std. rasch RNS abo Es erfolgt jedoch keine Steigerung der Riboflavinbildung, obwohl anzunehmen ist, da13 geniigend Purinmaterial vorliegt (Abb. 7).

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Abb.7. RNS-Abbau, Zellsubstanzsynthese und Riboflavinbildung von C. guillierrnondii in Phosphatpuffer, pH 7,0, unter Eisenmangelbedingungen.

Diese Ergebnisse und die Hemmversuche mit 6-Mercaptopurin machen es wahrscheinlich, da13 die Purinprakursoren der Riboflavinsynthese aus einer der novoSynthese von Purinverbindungen stammen und nicht aus dem Nucleinsaureabbau. 4. Diskussion

Fiir die Uberproduktion von Riboflavin durch C. guilliermondii ist Eisenmangel Voraussetzung. Durch Veranderung der Zusammensetzung der Nahrltisung beziiglich Kohlenstoff- und Stickstoffquelle und durch Variation der Milieubedingungen (Impfdichte, pH-Wert der Nahrli::isung, Beliiftung, Temperatur) kann die Flavinogenese beeinflu13t werden (12). Auffallend ist die vollige Unterdriickung der Riboflavinbildung bei Erhohung der Eisenkonzentration. Der Angriffspunkt des Eisens ist zur Zeit noch spekulativ (2,13). Eine Beeinflussung der flavinogenen Potenz durch Eisen ist auch von anderen Mikroorganismen bekannt. So wird die Riboflavinbildung von Clostridium acetobutylicum durch das Schwermetall gehemmt (14, 15, 16). Andere Candida-Arten (17) und Debaryomyces subglobosus (18) besitzen ebenfalls einen "eisenempfindlichen Weg" der Flavinogenese. 10 flg FeC13 /l Nahrli::isung wirken bei C. guilliermondii bereits stark hemmend auf die Riboflaviniiberproduktion. Andere Spurenelemente, wie Mangan, Kupfer, Zink, Zinn, Nickel und Aluminium iiben in einer Konzentration von 10 flg/ml keinen hemmenden Einflu13 auf die Flavinogenese aus (17).

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ENARI und KAUPPINEN (19) berichten, daB nach Kobaltgabe die zulassige Eisenkonzentration auf das Zehnfache erh6ht werden kann, ohne daB die Riboflavinsynthese von C. guilliermondii gehemmt wird . .Ahnliche Befunde werden auch von KNUSEL (20) angefiihrt. Unsere Versuche zeigen ebenfalls, daB bei maximaler Eisengabe (400 flg FeC13 /100 ml) in Gegenwart von Kobalt (20 flg CO(N0 3 )2/ml) noch eine deutliche Flavlnogenese stattfindet, die etwa die Halfte des Wertes von Eisenmangelkulturen erreicht. Da Kobalt unter Eisenmangelbedingungen keinen EinfluB auf die Flavinogenese ausiibt, kann man vermuten, daB Co-Ionen mit Eisen-Ionen um den Eintritt in die Zellen konkurrieren (19,21). Somit wiirde Kobaltgegenwart die fiir die Riboflaviniiberproduktion notwendigen "Eisenmangelbedingungen" schaffen. Eine andere Deutung dieses Befundes gibt WELKIE (22). Danach reduziert Kobalt die eisenkatalysierte Zerst6rung des Riboflavins durch H 2 0 2 , das im Stoffwechsel unter bestimmten Bedingungen anfallen kann (15). Zellsubstanzsynthese und Riboflaviniiberproduktion sind miteinander korreliert. So fiihrt eine Erh6hung der Glucosekonzentration zu einer Steigerung des Wachstums bei gleichzeitiger Unterdriickung der Flavinogenese. Auch setzt die Riboflaviniiberproduktion erst bei einer Harnstoffkonzentration ein, bei der die Zellsubstanzsynthese bereits optimal verlauft. Der Zusammenhang zwischen Wachstum und Riboflavinbildung besteht vermutlich in einer Konkurrenz um Purine (2, 23). Wahrend des exponentiellen Wachstums von C. guilliermondii ist die Riboflavinsynthese auf den physiologischen Bedarf eingestellt. Erst nach AbschluB des Wachstums kommt es zu einer "Fehlregulation" und somit zur beobachteten Uberproduktion von Riboflavin. Die Folge des Wachstumsstopps k6nnte eine Anhaufung von Intermediarprodukten sein, die aus der de novo-Purinsynthese angeliefert werden. Wie wir durch die Hemmversuche mit 6-Mercaptopurin und die Analyse von Ruhezellen wahrscheinlich machen konnten, stammt die Purinvorstufe der Flavinogenese aus der de novo-Purinsynthese.

Zusammenfassung Es wird die Beeinflussung der Zellsubstanzsynthese und der Riboflaviniiberproduktion von Candida guilliermondii (CAST.) Lang. et G. durch Variation der Niihrlosungskomponenten untersucht. Fiir eine optimale Riboflaviniiberproduktion sind Eisenmangelbedingungen, eine Harnstoffkonzentration iiber 0,2 mg/ml und eine Glucosekonzentration von 20-60 mg/ml Kulturmedium Voraussetzung. Eine Erhohung der Glucosekonzentration fiihrt zu einer Steigerung des Waehstums bei gleichzeitiger Unterdriickung der Flavinogenese. Bereits 10 flg FeCla/1 hemmen die Riboflavinbildung zu iiber 80 %. Von den anderen getesteten Spurenelementen zeigt nur Cobalt einen signifikanten Effekt im Sinne einer geforderten Riboflavinproduktion bei Eisengegenwart.

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D. SCHLEE, K. ZUR NIEDEN, W. FRITSCHE und H. REINBOTHE, Purinstoffwechsel usw.

In einem Eisenmangelmedium ist das Wachstum verringert, die Sauerstoffaufnahme (Qo, = pl 02/Std./mg Trockengewicht) dagegen erhiiht. 100 pg 6-Mercaptopurin/ml hemmen bevorzugt die Riboflaviniiberproduktion. Ruhende Zellen zeigen bei einem verstarkten Nudeinsaureabbau nur eine geringe Riboflavinsyntheserate. Die unmittelbare Purinvorstufe des Riboflavins stammt vermutlich aus der de novo-Purinsynthese und nicht aus einem Nucleinsaurekatabolismus.

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